Nachdem nun „These are the Voyages“ gelaufen ist und damit nicht nur „Enterprise“, sondern eine ganze Generation „Star Trek“ endet möchte ich noch einmal zum Rückblick auf die letzten Jahre der vermutlich größten Sciencefiction-Serie überhaupt aufrufen und mir meine Eindrücke von der Seele schreiben:
Enterprise – „Die Serie die keiner haben wollte“ oder „Der missglückte Versuch Star Trek in ein neues Jahrtausend zu führen“
Erinnern wir uns an die Ausgangssituation. „Star Trek“ hatte mit „Das nächste Jahrhundert“ seinen absoluten Höhepunkt. Zwar wird „Deep Space Nine“ von vielen Fans und Kritikern als die beste „Star-Trek“-Serie überhaupt angesehen, an die Quoten von „Das nächste Jahrhundert“ kam man jedoch nie heran. Und auch „Voyager“ hatte seine (zwar weitaus kleinere, dafür aber) eingeschworene Fan-Gemeinde, musste aber ab der vierten Staffel jedes Jahr um einen Fortbestand der Serie bangen.
Es stand also nicht gut um „Star Trek“ als man beschloss eine fünfte Serie aus der Taufe zu erheben.
Doch warum sollte es bei dieser „Serie V“ gehen?
Trotz kleiner Spannungen in der vierten Staffel „Deep Space Nine“ ist man mit den Klingonen immer noch „Best Friends“. Mit den Romulanern (bei „Das nächste Jahrhundert“ noch der absolute Übergegner) ist man dank der Zusammenarbeit beim Dominionkrieg und den Ereignissen von „Nemesis“ auch viel vertrauter geworden – die U.S.S. Titan verhandelt sogar im Moment mit ihnen wegen einer Aufhebung der neutralen Zone. Odo bringt den Wechselbälgern soeben bei, dass wir Solits doch nicht sooo schlimm sind. Die Cardassianer haben sich am Ende mehr oder weniger selbst befreit und kämpfen nun an der Seite der Föderation. Und selbst die Borg sind dank der von der Voyager mitgebrachten Zukunfts-Technologie keine wirkliche Bedrohung mehr.
Ja es war nicht leicht eine Fortsetzung zu „Deep Space Nine“ und „Voyager“ zu finden. Alle wichtigen unabgeschlossenen Handlungsbögen von „Das nächste Jahrhundert“ sind mehr oder weniger beendet (außer über Spocks Desitenten-Gruppe hat man leider nichts mehr erfahren). Man hatte also drei Möglichkeiten. Entweder im 24. Jahrhundert einen neuen Gegner einführen (was jedoch storymäßig fast schon unmöglich wäre, da keine der wirklich wichtigen „Star-Trek“-Rassen nach dem Dominionkrieg für einen weiteren Konflikt ausgerüstet war), weiter in die Zukunft vordringen (und sich damit noch weiter von Gene Roddenberrys Erbe entfernen) oder einen Schritt zurück – ein so genanntes Prequel – zu machen.
Rick Berman und Brannon Braga entschieden sich für die vielleicht einzig richtige Möglichkeit. Wieder in die Zeit vorzudringen wo noch wilde Klingonen hinter jedem Mond lauerten und Romulaner noch das tun was sie am Besten können, intrigieren.
Das ganze Konzept hatte nur ein Problem: Rick Berman und Brannon Braga haben keine Ahnung von der Original-Serie oder dem restlichen „Star Trek“, das nicht von ihnen stammt. Und wie kann man die Vorgeschichte zu etwas schreiben wo man das Original nicht kennt? Was dabei herauskam waren unzählige Kontinuitätsbrüche, was schon viele Fans dazu verleitete „Enterprise“ als nicht canon anzusehen. Fehler, die Manny Coto und sein Team in der vierten Staffel (soweit es überhaupt noch möglich war) ausbaden konnten.
Da den beiden deshalb auch nicht so viele Prequel-Geschichten eingefallen wären (und es vermutlich auch schon erste Konzepte für ein Sequel zu „Das nächste Jahrhundert“, welches im 31. Jahrhundert spielt, gab) beschloss man das Ganze mit einem Temporalen Kalten Krieg zu würzen. Die Idee dieses ist ja eigentlich nicht schlecht. Allerdings hat man hier wiederum weder auf die bisherige „Star-Trek“-Kontinuiität noch auf temporale Physik geachtet. Zumal man von den Suliban (die Ähnlichkeit des Wortes zu den afghanischen Tuliban ist nicht zu übersehen) und ihrem FuturGuy nie wieder etwas hört.
Wie anfangs geschrieben waren die „Star-Trek“-Quoten schon vor „Enterprise“ nicht mehr berauschend. Das Zuseherverhalten hatte sich verändert. Konnte man bei „Das nächste Jahrhundert“ das Publikum noch mit einer 45-minütigen Ethik-Diskussion unterhalten, will dieses nun von Serien wie „Stargate“ oder „Andromeda“ verwöhnt vorwiegend eines sehen: Action. Und genau das wollten Rick Berman und Brannon Braga ihnen in der neuesten „Star-Trek“-Serie bieten. 2001 startete „Enterprise“ mit dem Werbeslogan „Star Trek, welches nicht für Star-Trek-Fans gemacht ist“ mit überwältigendem Erfolg (der Pilotfilm „Broken Brow“ brachte die besten „Star-Trek“-Quoten seit Jahren). Doch schon bald zeigte sich, dass „Enterprise“ keine wirkliche Zielgruppe hatte und nur wenige die Serie wirklich verfolgen wollten. Für die „Star-Trek“-Fans war einfach zu wenig von dem dabei, was sie in den vergangenen 4 Serien so liebten. Und für die anderen Zuseher gab es einfach noch zu viel „Star Trek“. Schon in der ersten Staffel verlor „Enterprise“ mehr als die Hälfte seiner Zuseher und Mitte der zweiten Staffel brachte die Folge „Morgengrauen“ die schlechtesten „Star-Trek“-Quoten aller Zeiten. Erstmaligst seit „Das nächste Jahrhundert“ musste eine „Star-Trek“-Serie noch vor seiner dritten Staffel um eine Fortsetzung bangen.
Diesen neuen Kurs, ganz auf den Durchschnitts-Amerikaner zugeschnitten, merkt man auch schon bei der Wahl der Crew. Nach einem reifen Franzosen (Picard), einem Schwarzen (Sisko) und einer Frau (Janeway) nimmt mit Archer wieder ein Weltraumcowboy alles Kirk Platz am Chefsessel einer „Star-Trek“-Serie.
Die restliche Crew setzt sich aus dem üblichen Quotenbabe (T’Pol), dem Nice-Guy von Nebenan (Tucker), dem coolen Waffennarr (Reed), der hübschen aber schüchternen Telefonisten (Hoshi) und dem Quoten-Alien (Phlox) zusammen.
0 Risiko – ja nichts riskieren.
Dazu kam auch noch eine Schaffungs-Krise der beiden Chef-Autoren. Nachdem die beiden über 11 Jahre an „Star Trek“ gearbeitet haben, schienen ihnen keine neuen Geschichten mehr einzufallen. Trotz des neuen Kurses brachte „Enterprise“ eine laue Aufwärmrune nach der anderen hervor (wie man unter anderem an der unglaublichen Entführungs-Serie des Jonathan Archer merkt). Dass man dann in einer Prequel-Serie sogar schon auf die Borg zurückgreifen muss, zeigt wohl wie verzweifelt die beiden zu diesem Zeitpunkt waren.
Anstelle jedoch im letzten Moment den Kurs umzureißen und wieder zu den alten anspruchsvollen „Star-Trek“-Geschichten zurückzukehren, beschloss man sich noch mehr auf das 0815-Publikum zu spezialisieren. „Action und Sex“ lautet die Devise. Und das soll das Publikum in der dritten Staffel noch mehr als je zuvor serviert bekommen.
„Star Trek, das nicht für die Star-Trek-Fans gemacht ist“. In keiner „Enterprise“-Staffel spürt man das so sehr wie in dieser. Nachdem die Enterprise sich in die delphische Ausdehnung wagt, verlässt man erstmals das „Star-Trek“-typische Terrain und zeigt mit den Xindi neue Feinde, welche in einer Prequel-Serie absolut nichts zu suchen hätten. Berman und Braga verlegten den Irak-Krieg in den Weltraum. „Star Trek“ hat zwar schon immer aktuelle Themen behandelt, anstelle jedoch zu kritisieren wird diesmal (zumindest bis zum finalen 7-Teiler) Bushs Außenpolitik gutgeheißen. Denn der Zweck heiligt alle Mittel. Das ist die Haupt-Message von Staffel 3.
Leider konnte auch dieser Kurs-Wechsel nichts bewirken. Im Gegenteil. Die Quoten der dritten Staffel waren im Durchschnitt noch schwächer als die der zweiten Staffel. Bermans und Bragas Versuch „Star Trek“ mit mehr Action und Sex in ein neues Jahrtausend zu führen ist wohl endgültig gescheitert, wodurch die beiden beschließen das sinkende Schiff zu verlassen und Manny Coto, welcher in der dritten Staffel zum Autorenstab gestoßen ist, das Ruder zu überließen.
Cotos Ausgangssituation könnte nicht beschi***er sein. Der Cliffhanger von „Zero Hour“ ist zwar vom Überraschungsmoment her genial, eine Fortsetzung dazu jedoch (fast) unmöglich. Coto tat allerdings das einzig richtige, mit „Sturmfront“ die ganze Temporaler-Kalter-Krieg-Geschichte ein für allemal (zwar mehr schlecht als recht) abzuschließen und sich mehr auf das Prequel-Konzept zu konzentrieren.
Und auch sonst kehrte Coto endlich wieder zu den guten alten „Star-Trek“-Geschichten zurück, versuchte Bermans und Bragas Fehler so gut es ging auszubessern und lieferte alles in allem eine wirklich gute STAR-TREK-Staffel ab.
Leider jedoch gibt es seit Lazarus und Jesus kein „von den Toten auferstehen“ mehr. Und Star Trek war zu jenem Zeitpunkt schon lange tot. Die abgesprungenen Fans kamen nicht wieder. Zeit also für die Serie ein für allemal zu begraben.
Eine Ära „Star Trek“ geht zu Ende.
Leider jedoch ließen es sich Berman und Braga nicht nehmen das Serien-Finale selbst zu schreiben. Natürlich musste dieses von der Gründung der Föderation handeln (immerhin arbeite die Serie vom Pilot-Film an gezielt auf dieses Ereignis hin), die Archer/Shran-Freundschaft, welche vor allem in der letzten Staffel eine große Rolle spielte sollte aufgelöst werden und noch dazu ein Abschied für ganz „Star Trek“ für lange Zeit. Um letzteres zu erreichen baute man halt Riker und Troi sowie die Enterprise D aus „Das nächste Jahrhundert“ ein.
All diese guten Zutaten schmecken aber leider nur, wenn auch die Mixtur stimmt. Leider jedoch zeigten Berman und Braga, dass sie in ihrem Jahr „Star-Trek“-Pause nicht wirklich etwas dazugelernt haben. Alles auf Action, Sex und ein eher maues Drehbuch aufgebaut.
„Enterprise“ endet leider genauso wie die Serie begonnen hat.
Um zu einem endgültigen Fazit dieses doch SEHR AUSFÜHRLICHEN Rückblicks zu kommen. „Enterprise“ hätte eine verdammt gute Serie werden können und hat mit Sicherheit auch seine guten Elemente und Episoden (wem es zum Beispiel bei Zafram Cocrains „Where non man has gone before“-Rede beim Pilotfilm nicht kalt den Rücken hinab gelaufen ist, kann sich mit Fug und Recht als absoluter Warmdusch-Trekkie bezeichnen). Nur wollte es die Serie halt irgendwie allen recht machen und nur nichts riskieren. Was dabei jedoch herausgekommen ist, ist dass Berman und Braga es im Endeffekt niemanden recht gemacht haben.
Ich für meinen Teil bin mir auf jeden Fall sicher, dass wenn man Manny Coto von Anfang an mit der Serie betraut hätte, dass „Enterprise“ nicht nur weit besser geworden wäre, sondern dass wir uns jetzt gerade auf eine fünfte Staffel freuen würden.
Ruhe in Frieden, „Star Trek“.
Kurz noch ein paar persönliche (mehr oder weniger) Highlights von „Enterprise“:
Staffel-Reihenfolge:
1. 4. Staffel (trotz schwachem Auftakt und Finale)
2. 3. Staffel (der finale 7-Teiler kann ziemlich viel rausreißen)
3. 1. Staffel (eigentlich waren die ersten rund 13 Folgen ganz ok)
4. 2. Staffel (IMO die mieseste „Star-Trek“-Staffel seit der dritten Staffel von TOS)
Top-Folgen:
1. Vulkan-Trilogie (sehe ich eigentlich als große 2-Stunden-Folge an)
2. „Lieber Doktor“ (Humor gepaart mit einer interessanten Ethik-Frage – toll)
3. „Affliction“ (hätte das Zeug zur besten „Enterprise“-Folge überhaupt gehabt, leider jedoch stört der riesige „Reset-Button des zweiten Teils)
4. „Stigma“ (endlich widmet sich „Star Trek“ mal dem Thema Aids)
5. „Null Stunde“ (Xindi-Finale, Föderations-Gründung, Nazi-Cliffhanger und Shran machen die Folge zu einem absoluten Highlight der Serie)
6. „Azati Prime“ (extrem spannend, kinoreife Machart – nach den vielen mauen Folgen endlich die große Wende bei „Enterprise“)
7. „Aufbruch ins Unbekannte“ (der erste Teil ist einfach nur genial – beim zweiten nimmt leider die Action etwas zu sehr Überhand)
8. „United“ (DIE Folge, welche den Weg zur Föderationsgründung ebnet)
9. „Alleine“ (herrliche Charakter-Folge mit viel Humor)
10. „In guter Hoffnung“ (die vermutlich lustigste „Enterprise“-Folge überhaupt)
Flop-Folgen:
1. „Kopfgeld“ (die wöchentliche Archer-Entführung gepaart mit einer an Pon Farr leidenden Vulkanierin)
2. „Ebenbild“ („Star Trek“ setzt sich für medizinisches Klonen ein – na toll!)
3. „Regeneration“ (die endgültige Entmystifizierung der Borg)
4. „Die Brutstätte“ (natürlich muss man als Crew meutern, wenn der Captain auf einmal davon spricht, dass es selbst im Krieg Regeln gibt)
5. „Cogenitor“ (Message der Woche: Vor Leid ja die Augen verschließen)
6. „Der Kommunikator“ (eine der unlogischsten „Star-Trek“-Folgen überhaupt)
7. „Vermisst“ (fast 1:1-Kopie der Folgen „Todesangst beim Beamen“ und „So nah und doch so fern“ mit viel zu abruptem Ende)
8. „Anomalie“ (Kopie der „Voyager“-Folge „Die Leere“ mit Captain Folterknecht Archer)
9. „Der Vorbote“ („Wir brauchen Antworten, keine Moral!“ sagt wohl schon alles, oder?)
10. „These are the Voyages“ (zwar nicht so schlecht wie manch andere „Enterprise“-Folgen, als Serienfinale jedoch unbrauchbar)
Enterprise – „Die Serie die keiner haben wollte“ oder „Der missglückte Versuch Star Trek in ein neues Jahrtausend zu führen“
Erinnern wir uns an die Ausgangssituation. „Star Trek“ hatte mit „Das nächste Jahrhundert“ seinen absoluten Höhepunkt. Zwar wird „Deep Space Nine“ von vielen Fans und Kritikern als die beste „Star-Trek“-Serie überhaupt angesehen, an die Quoten von „Das nächste Jahrhundert“ kam man jedoch nie heran. Und auch „Voyager“ hatte seine (zwar weitaus kleinere, dafür aber) eingeschworene Fan-Gemeinde, musste aber ab der vierten Staffel jedes Jahr um einen Fortbestand der Serie bangen.
Es stand also nicht gut um „Star Trek“ als man beschloss eine fünfte Serie aus der Taufe zu erheben.
Doch warum sollte es bei dieser „Serie V“ gehen?
Trotz kleiner Spannungen in der vierten Staffel „Deep Space Nine“ ist man mit den Klingonen immer noch „Best Friends“. Mit den Romulanern (bei „Das nächste Jahrhundert“ noch der absolute Übergegner) ist man dank der Zusammenarbeit beim Dominionkrieg und den Ereignissen von „Nemesis“ auch viel vertrauter geworden – die U.S.S. Titan verhandelt sogar im Moment mit ihnen wegen einer Aufhebung der neutralen Zone. Odo bringt den Wechselbälgern soeben bei, dass wir Solits doch nicht sooo schlimm sind. Die Cardassianer haben sich am Ende mehr oder weniger selbst befreit und kämpfen nun an der Seite der Föderation. Und selbst die Borg sind dank der von der Voyager mitgebrachten Zukunfts-Technologie keine wirkliche Bedrohung mehr.
Ja es war nicht leicht eine Fortsetzung zu „Deep Space Nine“ und „Voyager“ zu finden. Alle wichtigen unabgeschlossenen Handlungsbögen von „Das nächste Jahrhundert“ sind mehr oder weniger beendet (außer über Spocks Desitenten-Gruppe hat man leider nichts mehr erfahren). Man hatte also drei Möglichkeiten. Entweder im 24. Jahrhundert einen neuen Gegner einführen (was jedoch storymäßig fast schon unmöglich wäre, da keine der wirklich wichtigen „Star-Trek“-Rassen nach dem Dominionkrieg für einen weiteren Konflikt ausgerüstet war), weiter in die Zukunft vordringen (und sich damit noch weiter von Gene Roddenberrys Erbe entfernen) oder einen Schritt zurück – ein so genanntes Prequel – zu machen.
Rick Berman und Brannon Braga entschieden sich für die vielleicht einzig richtige Möglichkeit. Wieder in die Zeit vorzudringen wo noch wilde Klingonen hinter jedem Mond lauerten und Romulaner noch das tun was sie am Besten können, intrigieren.
Das ganze Konzept hatte nur ein Problem: Rick Berman und Brannon Braga haben keine Ahnung von der Original-Serie oder dem restlichen „Star Trek“, das nicht von ihnen stammt. Und wie kann man die Vorgeschichte zu etwas schreiben wo man das Original nicht kennt? Was dabei herauskam waren unzählige Kontinuitätsbrüche, was schon viele Fans dazu verleitete „Enterprise“ als nicht canon anzusehen. Fehler, die Manny Coto und sein Team in der vierten Staffel (soweit es überhaupt noch möglich war) ausbaden konnten.
Da den beiden deshalb auch nicht so viele Prequel-Geschichten eingefallen wären (und es vermutlich auch schon erste Konzepte für ein Sequel zu „Das nächste Jahrhundert“, welches im 31. Jahrhundert spielt, gab) beschloss man das Ganze mit einem Temporalen Kalten Krieg zu würzen. Die Idee dieses ist ja eigentlich nicht schlecht. Allerdings hat man hier wiederum weder auf die bisherige „Star-Trek“-Kontinuiität noch auf temporale Physik geachtet. Zumal man von den Suliban (die Ähnlichkeit des Wortes zu den afghanischen Tuliban ist nicht zu übersehen) und ihrem FuturGuy nie wieder etwas hört.
Wie anfangs geschrieben waren die „Star-Trek“-Quoten schon vor „Enterprise“ nicht mehr berauschend. Das Zuseherverhalten hatte sich verändert. Konnte man bei „Das nächste Jahrhundert“ das Publikum noch mit einer 45-minütigen Ethik-Diskussion unterhalten, will dieses nun von Serien wie „Stargate“ oder „Andromeda“ verwöhnt vorwiegend eines sehen: Action. Und genau das wollten Rick Berman und Brannon Braga ihnen in der neuesten „Star-Trek“-Serie bieten. 2001 startete „Enterprise“ mit dem Werbeslogan „Star Trek, welches nicht für Star-Trek-Fans gemacht ist“ mit überwältigendem Erfolg (der Pilotfilm „Broken Brow“ brachte die besten „Star-Trek“-Quoten seit Jahren). Doch schon bald zeigte sich, dass „Enterprise“ keine wirkliche Zielgruppe hatte und nur wenige die Serie wirklich verfolgen wollten. Für die „Star-Trek“-Fans war einfach zu wenig von dem dabei, was sie in den vergangenen 4 Serien so liebten. Und für die anderen Zuseher gab es einfach noch zu viel „Star Trek“. Schon in der ersten Staffel verlor „Enterprise“ mehr als die Hälfte seiner Zuseher und Mitte der zweiten Staffel brachte die Folge „Morgengrauen“ die schlechtesten „Star-Trek“-Quoten aller Zeiten. Erstmaligst seit „Das nächste Jahrhundert“ musste eine „Star-Trek“-Serie noch vor seiner dritten Staffel um eine Fortsetzung bangen.
Diesen neuen Kurs, ganz auf den Durchschnitts-Amerikaner zugeschnitten, merkt man auch schon bei der Wahl der Crew. Nach einem reifen Franzosen (Picard), einem Schwarzen (Sisko) und einer Frau (Janeway) nimmt mit Archer wieder ein Weltraumcowboy alles Kirk Platz am Chefsessel einer „Star-Trek“-Serie.
Die restliche Crew setzt sich aus dem üblichen Quotenbabe (T’Pol), dem Nice-Guy von Nebenan (Tucker), dem coolen Waffennarr (Reed), der hübschen aber schüchternen Telefonisten (Hoshi) und dem Quoten-Alien (Phlox) zusammen.
0 Risiko – ja nichts riskieren.
Dazu kam auch noch eine Schaffungs-Krise der beiden Chef-Autoren. Nachdem die beiden über 11 Jahre an „Star Trek“ gearbeitet haben, schienen ihnen keine neuen Geschichten mehr einzufallen. Trotz des neuen Kurses brachte „Enterprise“ eine laue Aufwärmrune nach der anderen hervor (wie man unter anderem an der unglaublichen Entführungs-Serie des Jonathan Archer merkt). Dass man dann in einer Prequel-Serie sogar schon auf die Borg zurückgreifen muss, zeigt wohl wie verzweifelt die beiden zu diesem Zeitpunkt waren.
Anstelle jedoch im letzten Moment den Kurs umzureißen und wieder zu den alten anspruchsvollen „Star-Trek“-Geschichten zurückzukehren, beschloss man sich noch mehr auf das 0815-Publikum zu spezialisieren. „Action und Sex“ lautet die Devise. Und das soll das Publikum in der dritten Staffel noch mehr als je zuvor serviert bekommen.
„Star Trek, das nicht für die Star-Trek-Fans gemacht ist“. In keiner „Enterprise“-Staffel spürt man das so sehr wie in dieser. Nachdem die Enterprise sich in die delphische Ausdehnung wagt, verlässt man erstmals das „Star-Trek“-typische Terrain und zeigt mit den Xindi neue Feinde, welche in einer Prequel-Serie absolut nichts zu suchen hätten. Berman und Braga verlegten den Irak-Krieg in den Weltraum. „Star Trek“ hat zwar schon immer aktuelle Themen behandelt, anstelle jedoch zu kritisieren wird diesmal (zumindest bis zum finalen 7-Teiler) Bushs Außenpolitik gutgeheißen. Denn der Zweck heiligt alle Mittel. Das ist die Haupt-Message von Staffel 3.
Leider konnte auch dieser Kurs-Wechsel nichts bewirken. Im Gegenteil. Die Quoten der dritten Staffel waren im Durchschnitt noch schwächer als die der zweiten Staffel. Bermans und Bragas Versuch „Star Trek“ mit mehr Action und Sex in ein neues Jahrtausend zu führen ist wohl endgültig gescheitert, wodurch die beiden beschließen das sinkende Schiff zu verlassen und Manny Coto, welcher in der dritten Staffel zum Autorenstab gestoßen ist, das Ruder zu überließen.
Cotos Ausgangssituation könnte nicht beschi***er sein. Der Cliffhanger von „Zero Hour“ ist zwar vom Überraschungsmoment her genial, eine Fortsetzung dazu jedoch (fast) unmöglich. Coto tat allerdings das einzig richtige, mit „Sturmfront“ die ganze Temporaler-Kalter-Krieg-Geschichte ein für allemal (zwar mehr schlecht als recht) abzuschließen und sich mehr auf das Prequel-Konzept zu konzentrieren.
Und auch sonst kehrte Coto endlich wieder zu den guten alten „Star-Trek“-Geschichten zurück, versuchte Bermans und Bragas Fehler so gut es ging auszubessern und lieferte alles in allem eine wirklich gute STAR-TREK-Staffel ab.
Leider jedoch gibt es seit Lazarus und Jesus kein „von den Toten auferstehen“ mehr. Und Star Trek war zu jenem Zeitpunkt schon lange tot. Die abgesprungenen Fans kamen nicht wieder. Zeit also für die Serie ein für allemal zu begraben.
Eine Ära „Star Trek“ geht zu Ende.
Leider jedoch ließen es sich Berman und Braga nicht nehmen das Serien-Finale selbst zu schreiben. Natürlich musste dieses von der Gründung der Föderation handeln (immerhin arbeite die Serie vom Pilot-Film an gezielt auf dieses Ereignis hin), die Archer/Shran-Freundschaft, welche vor allem in der letzten Staffel eine große Rolle spielte sollte aufgelöst werden und noch dazu ein Abschied für ganz „Star Trek“ für lange Zeit. Um letzteres zu erreichen baute man halt Riker und Troi sowie die Enterprise D aus „Das nächste Jahrhundert“ ein.
All diese guten Zutaten schmecken aber leider nur, wenn auch die Mixtur stimmt. Leider jedoch zeigten Berman und Braga, dass sie in ihrem Jahr „Star-Trek“-Pause nicht wirklich etwas dazugelernt haben. Alles auf Action, Sex und ein eher maues Drehbuch aufgebaut.
„Enterprise“ endet leider genauso wie die Serie begonnen hat.
Um zu einem endgültigen Fazit dieses doch SEHR AUSFÜHRLICHEN Rückblicks zu kommen. „Enterprise“ hätte eine verdammt gute Serie werden können und hat mit Sicherheit auch seine guten Elemente und Episoden (wem es zum Beispiel bei Zafram Cocrains „Where non man has gone before“-Rede beim Pilotfilm nicht kalt den Rücken hinab gelaufen ist, kann sich mit Fug und Recht als absoluter Warmdusch-Trekkie bezeichnen). Nur wollte es die Serie halt irgendwie allen recht machen und nur nichts riskieren. Was dabei jedoch herausgekommen ist, ist dass Berman und Braga es im Endeffekt niemanden recht gemacht haben.
Ich für meinen Teil bin mir auf jeden Fall sicher, dass wenn man Manny Coto von Anfang an mit der Serie betraut hätte, dass „Enterprise“ nicht nur weit besser geworden wäre, sondern dass wir uns jetzt gerade auf eine fünfte Staffel freuen würden.
Ruhe in Frieden, „Star Trek“.
Kurz noch ein paar persönliche (mehr oder weniger) Highlights von „Enterprise“:
Staffel-Reihenfolge:
1. 4. Staffel (trotz schwachem Auftakt und Finale)
2. 3. Staffel (der finale 7-Teiler kann ziemlich viel rausreißen)
3. 1. Staffel (eigentlich waren die ersten rund 13 Folgen ganz ok)
4. 2. Staffel (IMO die mieseste „Star-Trek“-Staffel seit der dritten Staffel von TOS)
Top-Folgen:
1. Vulkan-Trilogie (sehe ich eigentlich als große 2-Stunden-Folge an)
2. „Lieber Doktor“ (Humor gepaart mit einer interessanten Ethik-Frage – toll)
3. „Affliction“ (hätte das Zeug zur besten „Enterprise“-Folge überhaupt gehabt, leider jedoch stört der riesige „Reset-Button des zweiten Teils)
4. „Stigma“ (endlich widmet sich „Star Trek“ mal dem Thema Aids)
5. „Null Stunde“ (Xindi-Finale, Föderations-Gründung, Nazi-Cliffhanger und Shran machen die Folge zu einem absoluten Highlight der Serie)
6. „Azati Prime“ (extrem spannend, kinoreife Machart – nach den vielen mauen Folgen endlich die große Wende bei „Enterprise“)
7. „Aufbruch ins Unbekannte“ (der erste Teil ist einfach nur genial – beim zweiten nimmt leider die Action etwas zu sehr Überhand)
8. „United“ (DIE Folge, welche den Weg zur Föderationsgründung ebnet)
9. „Alleine“ (herrliche Charakter-Folge mit viel Humor)
10. „In guter Hoffnung“ (die vermutlich lustigste „Enterprise“-Folge überhaupt)
Flop-Folgen:
1. „Kopfgeld“ (die wöchentliche Archer-Entführung gepaart mit einer an Pon Farr leidenden Vulkanierin)
2. „Ebenbild“ („Star Trek“ setzt sich für medizinisches Klonen ein – na toll!)
3. „Regeneration“ (die endgültige Entmystifizierung der Borg)
4. „Die Brutstätte“ (natürlich muss man als Crew meutern, wenn der Captain auf einmal davon spricht, dass es selbst im Krieg Regeln gibt)
5. „Cogenitor“ (Message der Woche: Vor Leid ja die Augen verschließen)
6. „Der Kommunikator“ (eine der unlogischsten „Star-Trek“-Folgen überhaupt)
7. „Vermisst“ (fast 1:1-Kopie der Folgen „Todesangst beim Beamen“ und „So nah und doch so fern“ mit viel zu abruptem Ende)
8. „Anomalie“ (Kopie der „Voyager“-Folge „Die Leere“ mit Captain Folterknecht Archer)
9. „Der Vorbote“ („Wir brauchen Antworten, keine Moral!“ sagt wohl schon alles, oder?)
10. „These are the Voyages“ (zwar nicht so schlecht wie manch andere „Enterprise“-Folgen, als Serienfinale jedoch unbrauchbar)
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