Captain Proton, sein Assistent Buster Kincaid und seine Sekretärin Constance Goodheart sind uns vor allem durch Tom Paris‘ Holodeck-Abenteuer vertraut. In diesem Buch geht es jedoch überhaupt nicht um eine Holodeck-Version von Captain Proton. Viel mehr versucht das Buch „Captain Proton: Defender of the Earth“ den Stil eines 30er-Jahre Science-Fiction-Magazins (oder „Scientifiction“-Magazins, wie man damals wohl sagte) nachzuahmen. Star Trek-Fans kennen eine solche Art Magazin wahrscheinlich am besten aus der Deep Space Nine-Episode „Jenseits der Sterne“.
Um ein solches Magazin nachzuahmen finden sich in diesem Buch mehrere Inhalte, in denen es vorrangig um das fiktive Captain Proton-Universum geht: Zum einen eine längere, abgeschlossene Captain Proton-Story namens „Children of the Glass“. Ein Kapitel einer Fortsetzungsgeschichte, „Death of the Patrol“. Und noch zwei abgeschlossene Kurzgeschichten namens „Scream and scream again“ sowie „The forgotten and lost Race“. Als „Special Features“ sind noch enthalten „The City of the Future“, „The Planets of the Future“ sowie Leserbriefe. Ich gehe mal auf alle Bestandteile des Buches gesondert ein:
„Children of the Glass“: Oh Mann! Also diese Story bietet vom ersten bis zum letzten Satz wohl genug Anlässe, ungläubig die Hände vors Gesicht zu schlagen. In dieser Geschichte verschlägt es Captain Proton & Co. von einem waghalsigen Abenteuer ins nächste (Riesenspinnen, Kometenschiffe, Monstervögel, Seeungeheuer, Amazonenfrauen und Zwergenmänner, etc.), lose zusammengehalten von einer Story rund um größere Mächte im Hintergrund und stets durch neue Elemente erweitert. Dazu kommt ein wirklich schlechter Schreibstil. (Unglaublich wie schnell eine Seite gefüllt wird, wenn in jedem zweiten Satz das Wort „Interspacial Cross-Galactic Door“ und die restlichen Sätze ungefähr lautet wie „Constance Goodheart screamed“, „Constance screamed“, „Constance screamed again“. )
Anderseits ist dieser schlechte Stil auch sehr schnell als reine Absicht des Autors zu entlarven und wenn man sich das erst einmal verinnerlicht hat und es schafft, sich abzuhärten und das Buch nicht nach den ersten drei Seiten weglegt, dann kann man wirklich seinen Spaß mit „Children of the Glass“ haben. Etwas seltsam wirkt es zwar, wenn die Welt von Captain Proton bewusst sehr farbenfroh beschrieben wird, während man seine Abenteuer nur in Schwarz-Weiß kennt, aber natürlich muss man auch hier bedenken, dass es sich um eine Erzählung in diesem Universum und nicht um eine Schilderung eines Holodeck-Abenteuers oder einer Serie handelt. Apropos Serie: Wie die Proton-Serials enden auch die einzelnen Kapitel mit einem Cliffhanger.
„Death of the Patrol“ (Kapitel 2): Getarnt wie der Teil einer Fortsetzungsgeschichte (Kapitel 1 existiert natürlich nicht) erzählt „Death of the Patrol“ ein weiteres Abenteuer von Captain Proton. Zwar wird gleich am Beginn eine Gefahrensituation aufgelöst, aber ziemlich bald erfährt Captain Proton von seinem neuen Auftrag: Der teuflische Doktor Chaotica hat sich mithilfe von Verstand-aussaugenden Riesenameisen der Flotte der Raumpatrouille der Erde bemächtigt. Mithilfe der Königin der Ameisen macht sich Proton auf die Suche von Chaoticas Basis und die Zurückeroberung der Schiffe.
Ja, die Story von „Death of the Patrol“ ist fast genauso krass wie die einzelnen Kapitel von „The Children of the Glass“. Aber es gibt auch Positives zu vermerken: Constance Goodheart schreit weniger herum (dafür richtet sie sich öfter die Frisur und ihr Kleid zurecht ) und die Beteiligung von Protons Erzfeind Chaotica macht die Geschichte auch gleich etwas interessanter.
„Scream and scream again“: In dieser abgeschlossenen Kurzgeschichte steht zwar Constance Goodheart im Mittelpunkt, aber genauso wie in den anderen Geschichten in diesem Buch sagt sie auch diesmal kein einziges Wort. Wir erleben dieses „kleine Abenteuer“ (es geht tatsächlich darum, dass sie von Außerirdischen geschrumpft wird, um leichter entführt zu werden) zwar aus ihrer Perspektive, aber mehr als Schreien und Captain Proton bewundern tut sie eigentlich nicht. Aber ganz lustig, dass sie ihre ohrenbetäubenden Schreie auch selbst als ihr Markenzeichen erkannt hat und sie bewusst einzusetzen vermag.
„The forgotten and lost Race“: In dieser Geschichte geht es um Protons anderen Helfer, Buster Kincaid. Buster fiel bislang in den anderen Geschichten eher sehr negativ auf, da er absolut unwissend war, sich von Proton alles erklären lassen musste und dem Captain ständig seine Bewunderung ausdrückte. In dieser kleinen Geschichte darf er jedoch ein wenig selbst den Action-Helden spielen und zur Befreiung von Proton und Constance eilen, als diese gefangengenommen werden. Einerseits schön, dass Buster hier erstmals wirklich was zu tun bekam. Anderseits auch wieder witzig, dass die Geschichte wieder genauso endet, wie es zur vorherigen Schilderung des Charakters von Buster Kincaid passt.
Special Features: „The City of the Future“, „The Planets of the Future“ sind pseudo-dokumentarische Berichtserien, die aus der Perspektive des Captain-Proton-Universums geschrieben sind. So erfahren wir einerseits etwas über die futuristische, überkuppelte und wetterkontrollierte Stadt Seattle im Jahr 2000, als auch für den Planeten Merkur und seine sonderbaren Bewohner. Eigentlich ganz lustige und vor allem fantasievolle Lektüren (Merkur eher mehr als Seattle). Als absolutes Highlight dieses Buches empfand ich aber die fingierten Leserbriefe. Die weit auseinandergehenden Meinungen bei den Lesern („Zu wenig/zu viel Abenteuer“, „Zu wenig/zu viel Charakterentwicklung“, “Dauernd wissenschaftliche Ungenauigkeiten“, etc.) findet man eigentlich exakt genauso in jedem Star Trek-Forum. Besonders erwähnenswert sei da noch der abschließende Leserbrief von einem sehr jungen Leser des Magazins namens Benny Russel.
Bewertung des gesamten Buches: Es ist kaum möglich, eine Bewertung abzugeben, die dem Buch gerecht wird. Der eine wird es sicher für den größten Schrott aller Zeiten halten, der andere für ein Meisterwerk der Satire. Ehrlich gesagt hätte ich für beide Standpunkte absolut Verständnis, wobei ich persönlich mich mit der Zeit wirklich gut über das Buch amüsieren konnte und vor allem die Special Features sehr mochte. Daher gibt es von mir 4 von 6 Sternen! Aber ich denke, dass bei diesem Buch die Meinungen weiter als bei den meisten anderen Star Trek-Romanen auseinandergehen werden.
Anmerkung: Alle Geschichten und Inhalte dieses Romans stammen von Autor Dean Wesley Smith, der im Buch verschiedenste Pseudonyme trägt.
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