Zitat von McWire
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zu 1: man muss hier unterscheiden zwischen Krümmung des Raumes und Krümmung der Raumzeit. Die hängen zwar beide miteinander zusammen, sind aber nicht dasselbe. Ein Wurmloch z.B. beruht auf der Krümmung des Raumes. Die Raumzeit ist dabei zwar auch gekrümmt, entscheidend für das Wirkprinzip ist aber, dass der Raum gekrümmt ist. Ganz anders beiner Warpblase vom Alcubierre-Typ, wo der Raum in der vorderen Blasenwand kontrahiert und in der hinteren Blasenwand expandiert, und der Raum im Blaseninneren mit der Blase mitgeführt wird. Hier ist nur die Raumzeit gekrümmt, nicht der Raum. Der Raum expandiert und kontrahiert nur, er ist nicht gekrümmt. Die Raumzeit ist dabei gerade so gekrümmt, dass sich die Expansion und Kontraktion ergibt.
Um sich klarzumachen, wie eine Krümmung der Raumzeit zu einer Expansion/Kontraktion des Raumes führt, kann man als Analogie die Erdoberfläche betrachten, mit dem Längengrad als Zeitkoordinate und dem Breitengrad als Raumkoordinate: wandert man vom Nordpol aus Richtung Äquator (zunehmender Längengrad = voranschreitende Zeit), wird der Breitenkreis, an dem man sich gerade befindet, immer größer (=Expansion des Raumes). Wandert man vom Äquator Richtung Südpol, wird der Breitenkreis immer kleiner (=Kontraktion).
Auf der Startseite erwähntest du außerdem noch Raumfaltung. Damit verbinde ich, dass man sich den Raum in eine höherdimensionale Umgebung eingebettet vorstellt, in der der Raum gefaltet werden kann, ähnlich wie ein Blatt Papier, wodurch Punkte, die im Raum weit auseinanderliegen, in der höherdimensionalen Umgebung nahe zusammengeführt werden. Das aber würde dann eher zu Kategorie 2 zählen.
Zu 2: ein höherdimensionaler Raum ist nur eine Variante eines Hyperraum-Konzepts. Eine andere Variante wäre ein Parallelraum, der Seite an Seite mit dem Normalraum existiert, und die gleiche Dimensionenzahl wie dieser hat. Es sollte erwähnt werden, dass diese Vorstellung kein höherdimensionales Einbettungsmedium erfordert, das beide Räume enthält, jedenfalls nicht solange man sich immer nur in einem der beiden Räume befinden kann, und keine kontinuierliche Bewegung "dazwischen" möglich ist. Auch die gekrümmte Raumzeit der allgemeinen Relativitätstheorie ist nicht in eine höherdimensionale Umgebung eingebettet, deswegen würde auch eine Raumfaltung wie oben beschrieben die Grenzen der ART sprengen.
Ebenso muss ein Hyperraum nicht notwendigerweise eine Abkürzung sein, es könnte auch so sein, dass dort einfach höhere Geschwindigkeiten zulässig sind. AFAIK trifft das z.B. auf Perry Rhodan zu. Und bei der Abkürzungsvariante gäbe es noch die Unterteilung, dass entweder Raumfaltungs-like der Normalraum im Hyperraum verbogen ist (hierfür wird häufig die Analogie einer Kugeloberfläche gebracht, wo der Weg durch's Kugelinnere kürzer ist als über die Oberfläche), was freilich eine Höherdimensionalität erfordern würde, oder aber dass jedem Punkt des Normalraumes ein Punkt im Hyperraum entspricht, und die Abstände im Hyperraum kleiner sind (so eine Art MIP-Mapping).
zu 3: das verstehe ich jetzt nicht so ganz. Auf der Startseite sprachst du von Zustandsänderung, jetzt sagst du was exotischen Eigenschaften im Mikrokosmos. Du erwähntest Tunnelung, meinst du den Tunneleffekt, bei dem der Herr Nimtz gemessen haben will, dass der überlichtschnell sei? Nimtz' Resultate lassen sich auf einen Interpretationsfehler zurückführen: er lässt ein Wellenpaket tunneln und misst die Geschwindigkeit anhand der Ankunftszeit des Maximums des Wellenpakets. Theoretisch ergibt sich aber, dass das getunnelte Paket verkürzt ist, und das Maximum daher dichter an der Frontwelle liegt, so dass die auf diese Weise gemessene Geschwindigkeit zu hoch ist. Mehr dazu, falls es interessiert, unter:
Superluminales Tunneln
Aber ist das nicht Überlichtgeschwindigkeit?
Und bei Zustandsänderung der Raum-Zeit-Struktur frage ich mich, inwieweit sich eine solche von Kategorie 1 abgrenzen ließe.
Zitat von McWire
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Zitat von McWire
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Wie schon erwähnt braucht die ART keine Einbettung der gekrümmten Raumzeit oder des gekrümmten Raumes. Wurmlöcher, wie sie die heutige Physik bereits in der Theorie kennt, fallen allein in die Kategorie 1. Zur Veranschaulichung des Wurmlochprinzips wird zwar zuweilen eine gekrümmte 2D-Fläche eingebettet in einen 3D-Raum dargestellt, dieser 3D-Raum ist aber nur ein Hilfsmittel zur Illustration. Das bedeutet nicht, dass es eine Einbettung des gekrümmten 3D-Raumes in einem 4D-Raum gäbe.
Zitat von McWire
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Die Kategorie 1 fällt praktisch auch weg:
- Wurmlöcher sind zwar von der ART erlaubt, man hat aber keine Möglichkeit zu steuern, wo sich der Ausgang bildet, man würde also bei Erzeugen eines künstlichen Wurmlochs an einem völlig zufälligen Ort im Universum landen, von daher nicht praktikabel.
- Für die Alcubierre-Warpblase schließlich bräuchte man nicht nur großen Mengen negativer Energie, diese müsste sich auch noch mit der Blase mitbewegen, und das nicht innerhalb der Blase, wo dies möglich wäre, sondern in den Blasenwänden, wo die Krümmung aber nicht ausreicht, um dies ohne Verletzung der RT zu ermöglichen. Eine passende Analogie zum Alcubierre-Antrieb lautet: man muss erst mit Unterlichtgeschwindigkeit die Schienen verlegen, über die man dann mit Überlichtgeschwindigkeit fahren kann. Dieses Thema werde ich beim Erläutern meines FTL-Konzepts noch einmal aufgreifen.
Mein eigenes FTL-Konzept werde ich in einem seperaten Posting erläutern.
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EDIT (autom. Beitragszusammenführung) :
Agent Scullie schrieb nach 1 Stunde, 7 Minuten und 28 Sekunden:
Ok, kommen wir zu meinem eigenen FTL-Konzept
Grundsätzlich gibt es zwei Probleme zu lösen. Das erste, fundamentalere, unter Laien und Scifi-Autoren aber leider weniger bekannte, ergibt sich aus der Relavität der Gleichzeitigkeit:
Relativität der Gleichzeitigkeit ? Wikipedia
Bild:Minkowski-Diagramm - Kausalität.png ? Wikipedia
Betrachtet man zwei Ereignisse A und B, von denen A im Zentrum des dargestellten Minkowski-Diagramms sei und B sich im grau dargestellten Bereich befinde, dann folgt aus der Lorentz-Transformation, dass keine vom Bezugssystem unabhängige Aussage über die zeitliche Reihenfolge von A und B möglich ist. Man beachte die Raumachsen x und x', im System (x,t) kann B später sein als A, während es im System (x',t') umgekehrt ist. Das hat zur Folge, dass ein Bewegung, die in (x,t) überlichtschnell ist (Reise von A zu B), in (x',t') eine Reise rückwärts in der Zeit ist.
Da außerdem nach dem Relativitätsprinzip beide Systeme (x,t) und (x',t') gleichberechtigt sind, würde, wenn man annimmt dass FTL-Reisen erlaubt seien, nichts dagegen sprechen, zunächst von A aus in (x,t) mit hoher Überlichtgeschwindigkeit, also praktisch entlang der schwarzen x-Achse, zu reisen, und nach Erreichen des Zielorts (z.b. die schwarze Pfeilspitze) dann in Gegenrichtung entlang einer nach unten verschobenen blauen x'-Achse in den Vergangenheitslichtkegel von A zu gelangen.
Die Relativität der Gleichzeitigkeit in Verbindung mit der Gleichberechtigung aller Inertialsysteme führt daher bei erlaubten FTL-Reisen zu hübschen kausalen Schleifen.
Das ist auch einer der Gründe, warum in der ART Wurmlöcher sowohl für Raumreisen als auch für Zeitreisen verwendet werden: das Relativitätsprinzip erlaubt es nicht, beides hinreichend voneinander abzugrenzen.
In der Scifi-Literatur wird dieses Problem praktisch überhaupt nicht beachtet. Vermutlich ist den meisten Autoren dieser Aspekt der Relativitätstheorie gar nicht bekannt. Tatsächlich gibt es aber eine sehr einfache Lösung: man muss das Relativitätsprinzip, die Gleichberechtigung aller Inertialsysteme, fallenlassen, und ein bevorzugtes Bezugssystem einführen, das eine absolute Gleichzeitigkeit definiert. Nehmen wir z.B. an, im obigen Minkowski-Diagramm sei (x,t) dieses System. Dann folgt daraus, dass eine Reise entlang der blauen x'-Achse in negative x'-Richtung nicht mehr zulässig ist, da sie im bevorzugten System eine Reise rückwärts in der Zeit wäre.
Durch Annahme eine bevorzugten Bezugssystems können also überlichtschnelle Reisen ohne Auftreten kausaler Schleifen, ohne Kausalitätsverletzung, möglich sein.
Wenn man genauer hinsieht, stellt man aber fest, dass diese Lösung durchaus in der Literatur Verwendung findet, auch wenn sich der Autor dessen gar nicht bewusst ist. In Robert A. Heinlein's Roman "Von Stern zu Stern" z.B. fliegen Raumschiffe mit hoher Unterlichtgeschwindigkeit und unterliegen dabei der Zeitdilatation, zur Kommunikation mit der Erde benutzen sie aber Telepathenpaare, die instantan kommunizieren können. Dabei fällt auf, dass für den Partner auf der Erde die Gedanken des Partners im Raumschiff durch die Zeitdilatation verlangsamt sind. Der Partner im Raumschiff aber empfindet die Gedanken seines Partners auf der Erde beschleunigt, in eklatantem Widerspruch zum Relativitätsprinzip, nach dem beide, Raumschiff und Erde, Inertialsysteme und damit gleichberechtigt sind, und sich daher gegenseitig als zeitdilatiert sehen müssten. Heinlein verwendet also ein bevorzugtes Bezugssystem, gegenüber dem das Raumschiff sehr viel schneller bewegt ist als die Erde, und legt zugrunde, dass telepathische Signale in diesem System instantan sind.
Vergleichbares findet man auch in anderen Serien. So werden FTL-Flüge - egal ob in ST, SW, BSG, ... - einhellig so dargestellt, dass dabei keine Zeitdilatation auftritt, die Borduhren von Raumschiffen im FTL-Flug offenbar mit Uhren auf der Erde oder anderen Planeten synchron sind. Nach dem Relavititätsprinzip müsste man aber fragen: warum sollen die Borduhren ausgerechnet mit der Erdzeit synchron sein? Warum nicht mit der Zeit eines beliebigen anderen, relativ zur Erde mit beliebiger Unterlichtgeschwindigkeit bewegten Inertialsystems? Man erkennt unschwer, dass hier einfach ein bevorzugtes System angenommen wird, mit dem die Borduhren synchron laufen.
Die Diskussion des zweiten, bekannteren, aber weniger fundamentaleren Problems folgt im nächsten Posting.
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