Zitat von Drakespawn
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Der Begriff "Setting" bezeichnet grob übersetzt den Ort der Handlung, den Schauplatz. Innerhalb der Science-Fiction gibt es verschiedene, typische Settings. Das New York der Zukunft ist ein Setting. Ein fremder Planet ist ein Setting. Der Weltraum ist ein Setting.
Science-Fiction ist ein Genre.
Ein Genre definiert sich u.a. über jeweils typische Settings.
Ein Western spielt in der Regel in einem Amerika des 17. - frühen 20. Jahrhunderts. Er kann in der Wildnis der Berge spielen, auf Indianergebiet, in einer Westernstadt oder gerne auch während einer Reise mit Planwagen quer durchs Land.
Darüber hinaus definiert sich ein Genre über typische Figurenzeichnungen.
Der Westernheld ist in der Regel ein wortkarger Einzelgänger. Dann gibt es in vielen Western den Gesetzeshüter, den Revolverhelden, den Banditen, den Großgrundbesitzer uvm.
Dann definiert sich ein Genre noch über typische Handlungselemente und seine spezielle Mythologie, also die inhaltlichen und subtextuellen Themen, mit denen er sich beschäftigt. Im Western wäre das die Verarbeitung des Sezessionskriegs oder der Indianerkriege. Oft geht es um Werte, die sich die frühen Amerikaner in die Verfassung geschrieben haben. Hierbei geht es um die Kreation uramerikanischer Heldenfiguren, aber auch gerne um deren Demontage uvm.
Welchem Genre ein Werk zuzuordnen ist hängt einfach davon ab, welche Unterscheidungsmerkmale die gesamte Geschichte dominieren. "Der Mann der Liberty Valance erschoss" ist in erster Linie ein Western. Er hat alle typischen Merkmale des Genres: Den wortkargen Revolverhelden, den terrorisierenden Banditen, das Setting eines verschlafenen Ortes innerhalb einer im Entstehen begriffenen Nation uvm. Selbstverständlich erzählt dieser Western im Grunde eine Kriminalgeschichte, die aber in ihrer Umdeutung für das Westerngenre ganz andere Aussagen bekommt, die über den typischen Subtext eines normalen Krimis weit hinaus gehen.
Das selbe gilt für die Science-Fiction. Blade - Runner ist weit mehr als ein Krimi, denn die Kriminellen, die gesucht werden sind künstliche Lebensformen auf der Suche nach ihrem Schöpfer, der ihnen ein längeres Leben gewähren soll. Ohne dieses SF-Element käme ein normaler Krimi niemals zu den Aussagen, auf die dieser Film hinaus will. Auch bei Alien verhält es sich nicht anders. Natürlich bedient sich der Film einiger Elemente des Horrorfilms, kommt aber durch seine Verwurzelung in der SF zu typischen, sozialkritischen SF-Aussagen, die ohne den Science-Fiction-Background nicht zu erreichen wären. Die scharfe Kritik an der Profitgier und Skrupellosigkeit diverser Konzerne, die in die Entwicklung von und den Handel mit Vernichtungswaffen involviert sind, würde sofort wegfallen, wenn das Alien lediglich ein Monster aus der Hölle wäre.
Bei Genreeinteilungen geht es immer um die handlungsbestimmenden Elemente. So ist Hamlet beispielsweise noch lange keine Geister- oder Horrorgeschichte, bloß weil eine Geistererscheinung darin vorkommt. Man zählt die Geschichte nicht einmal zur Phantastik. Handlungsbestimmend ist der innere Zwiespalt des Prinzen und seine Vermutung einer höfischen Intrige, die er nicht beweisen kann. Ob ihn da nun der Geist seines Vaters in seinen Überlegungen und Handlungen bestärkt (was ohnehin vielmehr metaphorisch zu verstehen ist) oder ob er dessen Tagebuch finden würde, wäre völlig egal. Es würde nichts am Fortgang der Handlung und an der Aussage der Geschichte ändern. Erst wenn der Geist stärker und direkter ins Geschehen involviert wäre, könnte man von Phantastik sprechen. Würde beispielsweise Hamlet die verdächtigten Personen hinrichten, um sie dem Geist seines Vaters zu opfern, damit dieser wieder auferstehen oder Erlösung finden kann, dann könnte man die Geschichte dem Horrorgenre zuordnen.
Also ein Setting ist ein Setting und ein Genre ist ein Genre.
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