Anfang Juni, also vor gut vier Wochen, wurde in einer Fachzeitschrift ein Artikel publiziert, der ein psychologisches Experiment mit knapp 700000 Nutzern von Facebook beschreibt. Dieses Experiment wurde ohne Wissen der Nutzer durchgefuhrt.
Article Full Text: http://www.pnas.org/content/111/24/8788.full
Dieses Experiment wurde im Jahre 2012 durchgeführt und dauerte eine Woche. Dabei ging es darum, dass eine Gruppe von über 300000 Nutzern einen manipulierten News-Feed in ihrem FB-Account zu sehen bekam. Die Manipulationen erstreckten sich dahingehend, dass die Nutzer entweder vorwiegend positive oder vorwiegend negative Meldungen von den "Freunden" erhielten. Das folgende Posting-Verhalten der unfreiwilligen Nutzer wurde dazu aufgezeichnet und ausgewertet, ob diese ihrerseits als Reaktion einen Trend zu mehr positiven oder mehr negativen Meldungen entwickelten. Inklusive einer nicht manipulierten Kontrollgruppe wurde so die Freundes-News von 700000 Menschen automatisiert auf ihre "Stimmung" ausgewertet.
Inzwischen schlägt diese Aktion einige Wellen im Netz und in den Medien, zB
Everything We Know About Facebook's Secret Mood Manipulation Experiment - Robinson Meyer - The Atlantic
Facebook-Experiment: Ärger um manipulierte Newsfeeds - SPIEGEL ONLINE
Nutzer empört über geheimen Test: Facebook manipulierte Nachrichtenstrom - n-tv.de
Bei der öffentlichen "Empörung" geht es allerdings vorwiegend um den heimlichen und manipulierenden Umgang von FB mit seinem Produkt, den Nutzerdaten. Dies ist insofern verblüffend, da dies nun wirklich gar nichts Neues ist. Es ist in den Nutzerregeln klar beschrieben, was FB mindestens kann und auch tut. Es wäre zudem sogar extrem überraschend, wenn dieses Datenpotential nicht auch von der Wissenschaft verwendet würde.
Allerdings ging es bisher noch nie um die bewuste Manipulation von sehr vielen Menschen als wissenschaftliches Experiment.
Das ist neu.
Und unethisch.
Und daher ist der Punkt, der mich persönlich stört, die offenbar mangelnde ethische Urteilsfähigkeit der beteiligten Forscher, der zuständigen Ethik-Kommission des Institutes und der verantwortlichen Redakteure der Fachzeitschrift (Proceedings of the National Academy of Sciences). Wenn eine der Beteiligten dann entsprechend argumentiert: " “I was concerned,” Fiske told The Atlantic, “until I queried the authors and they said their local institutional review board had approved it—and apparently on the grounds that Facebook apparently manipulates people's News Feeds all the time.” ", klingt das wir barer Hohn.
Das mus man sich mal auf der Zunge vergehen lassen: Ein psychologisches Experiment zur Manipulation mehrerer hunderttausend Menschen sei ethisch vertretbar, weil ein Konzern das eh die ganze Zeit mache...
Meine Meinung: Hier haben die Kontrollstrukturen zur ethischen Überprüfung wissenschaftlicher Arbeit mehrfach versagt.
Was denkt ihr darüber?
(PS: Das wenig überraschende Ergebnis des Experimentes findet ihr in den verlinkten Artikeln.
Allerdings dürften sich auch v.a. Regierungen und Geheimdienste dafür interessieren.
)
Article Full Text: http://www.pnas.org/content/111/24/8788.full
Dieses Experiment wurde im Jahre 2012 durchgeführt und dauerte eine Woche. Dabei ging es darum, dass eine Gruppe von über 300000 Nutzern einen manipulierten News-Feed in ihrem FB-Account zu sehen bekam. Die Manipulationen erstreckten sich dahingehend, dass die Nutzer entweder vorwiegend positive oder vorwiegend negative Meldungen von den "Freunden" erhielten. Das folgende Posting-Verhalten der unfreiwilligen Nutzer wurde dazu aufgezeichnet und ausgewertet, ob diese ihrerseits als Reaktion einen Trend zu mehr positiven oder mehr negativen Meldungen entwickelten. Inklusive einer nicht manipulierten Kontrollgruppe wurde so die Freundes-News von 700000 Menschen automatisiert auf ihre "Stimmung" ausgewertet.
Inzwischen schlägt diese Aktion einige Wellen im Netz und in den Medien, zB
Everything We Know About Facebook's Secret Mood Manipulation Experiment - Robinson Meyer - The Atlantic
Facebook-Experiment: Ärger um manipulierte Newsfeeds - SPIEGEL ONLINE
Nutzer empört über geheimen Test: Facebook manipulierte Nachrichtenstrom - n-tv.de
Bei der öffentlichen "Empörung" geht es allerdings vorwiegend um den heimlichen und manipulierenden Umgang von FB mit seinem Produkt, den Nutzerdaten. Dies ist insofern verblüffend, da dies nun wirklich gar nichts Neues ist. Es ist in den Nutzerregeln klar beschrieben, was FB mindestens kann und auch tut. Es wäre zudem sogar extrem überraschend, wenn dieses Datenpotential nicht auch von der Wissenschaft verwendet würde.
Allerdings ging es bisher noch nie um die bewuste Manipulation von sehr vielen Menschen als wissenschaftliches Experiment.
Das ist neu.
Und unethisch.
Und daher ist der Punkt, der mich persönlich stört, die offenbar mangelnde ethische Urteilsfähigkeit der beteiligten Forscher, der zuständigen Ethik-Kommission des Institutes und der verantwortlichen Redakteure der Fachzeitschrift (Proceedings of the National Academy of Sciences). Wenn eine der Beteiligten dann entsprechend argumentiert: " “I was concerned,” Fiske told The Atlantic, “until I queried the authors and they said their local institutional review board had approved it—and apparently on the grounds that Facebook apparently manipulates people's News Feeds all the time.” ", klingt das wir barer Hohn.
Das mus man sich mal auf der Zunge vergehen lassen: Ein psychologisches Experiment zur Manipulation mehrerer hunderttausend Menschen sei ethisch vertretbar, weil ein Konzern das eh die ganze Zeit mache...
Meine Meinung: Hier haben die Kontrollstrukturen zur ethischen Überprüfung wissenschaftlicher Arbeit mehrfach versagt.
Was denkt ihr darüber?
(PS: Das wenig überraschende Ergebnis des Experimentes findet ihr in den verlinkten Artikeln.
Allerdings dürften sich auch v.a. Regierungen und Geheimdienste dafür interessieren.

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