Aus dem Nachbarthread, Teil 2:
das Missverständnis liegt hier vielmehr bei dir. Und zwar verwechselst du Eigenzeit und Koordinatenzeit. Dass die Hand weniger altert, betrifft ihre Eigenzeit, also die Zeit, die für die Hand selbst verstreicht. Wenn man aber davon spricht, ob ein Ereignis in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft liegt, dann macht das generell nur Sinn, wenn man sich auf die Koordinatenzeit bezieht. Wenn ein Ereignis in der Gegenwart liegt, dann bedeutet es, dass sich auf einer raumartigen Hyperfläche befindet, die durch t = jetzt definiert ist, wobei t die Koordinatenzeit ist. Ein in der Vergangenheit liegendes Ereignis liegt auf einer Hyperfläche mit t < jetzt, ein in der Zukunft liegendes Ereignis auf einer Hyperfläche mit t > jetzt.
Ein von der Eigenzeit ausgehender Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsbegriff würde keinen Sinn ergeben, da die Eigenzeit nur pro Weltlinie definiert ist.
Eine Zeitreise in die Vergangenheit würde sich also dadurch definieren, dass man zu einer früheren Koordinatenzeit, zu einer raumartigen Hyperfläche mit einer früheren Zeitkoordinate, zurückgehen würde, wobei die eigene Eigenzeit unverändert voranschreiten würde. Ein Zurückgehen in der eigenen Eigenzeit wäre tatsächlich kaum denkbar, aber für das, was man gemeinhin unter einer Zeitreise versteht, auch gar nicht erforderlich.
wenn man die Endsingularität in einem schwarzen Loch betrachten will, hat man in Grunde zwei Möglichkeiten. Die eine ist, dass man eine rein raumzeitliche Sichtweise zugrundelegt, ohne Rückgriff auf ein Koordinatensystem, das eine Unterscheidung zwischen Raum und Koordinatenzeit zulassen würde. Dann macht es aber keinen Sinn davon zu sprechen, irgendetwas sei "hier, im Raum", da ein Raumbegriff dann eben nicht definiert ist, sondern nur ein Raumzeitbegriff, und ein Eigenzeitbegriff.
Die andere Möglichkeit ist, von einem Koordinatensystem auszugehen. Durch Konstantsetzen der Zeitkoordinate kann man dann einen Raumbegriff definieren, in Gestalt einer raumartigen Hyperfläche. Die Konstruktion von Koordinatensystemen ist in der ART allerdings ziemlich beliebig, entsprechend auch die Beurteilung, ob die Singularität jetzt, in der Zukunft oder überhaupt nicht existiert.
Beispiel Schwarzschildkoordinaten: diese sind nur auf die Raumzeitregion außerhalb des schwarzen Loches anwendbar, also nicht auf den Bereich innerhalb und somit auch nicht auf die Singularität, in Schwarzschildkoordinaten existiert die Singularität somit schlicht nicht, was dazu passt, dass ein Teilchen, das in das schwarze Loch fällt, den Ereignishorizont erst in unendlich ferner Schwarzschild-Koordinatenzeitzukunft überschreitet.
Anderes Beispiel Kruskalkoordinaten: die Singularität existiert erst ab einer bestimmten Zeit, vorher nicht. Noch anderes Beispiel Eddington-Finkelstein-Koordinaten: die Singularität existiert jetzt gerade, allerdings sind Hyperflächen, die durch t = const definiert sind, innerhalb des schwarzen Loches nicht raumartig, wenn t die Eddington-Finkelstein-Koordinatenzeit ist.
hier muss man jedoch anmerken, dass die Begriffe der Exergie und der Anergie (der nicht nutzbare Teil der Energie) nur dann sinnvoll sind, wenn man eine gegebene Temperatur voraussetzt. Wird z.B. in einem System, das die Temperatur T hat, die Entropie Delta_S erzeugt, so wird dadurch von der inneren Energie U des Systems der Anteil Delta_U = T Delta_S entwertet, sprich: von Exergie in Anergie überführt.
Das eindrucksvollste Beispiel dafür, dass entwertete Energie sehr wohl wieder in nutzbare Energie umgewandelt werden kann (also Anergie in Exergie) ist die Wärmekraftmaschine, wie sie z.B. durch einen Verbrennungsmotor realisiert ist. Ein theoretisches Modell hierfür ist der Carnotsche Kreisprozess, bei dem grob gesprochen folgendes passiert: das Arbeitsmedium bezieht aus einem heißeren Wärmebad der Temperatur T2 die Wärmemenge Delta_Q2 = T2 Delta_S, wobei Delta_S die übertragene Entropie ist, und gibt anschließend an ein kälteres Wärmebad der Temperatur T1 < T2 die geringere Wärmemenge Delta_Q1 = T1 Delta_S ab, wobei die Differenz zwischen beiden Wärmemengen in nutzbringende Arbeit umgewandelt wird. Es wird also entwertete Energie wieder aufgewertet, und zwar durch den Kontakt zum kälteren Wärmebad.
Wesentlich dabei ist, dass die durch die Entropie entwertete Energie von der Temperatur abhängt. Je niedriger die Temperatur, desto weniger Energie wird durch die gleiche Entropiemenge entwertet.
Zitat von Mondwinter
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Ein von der Eigenzeit ausgehender Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsbegriff würde keinen Sinn ergeben, da die Eigenzeit nur pro Weltlinie definiert ist.
Eine Zeitreise in die Vergangenheit würde sich also dadurch definieren, dass man zu einer früheren Koordinatenzeit, zu einer raumartigen Hyperfläche mit einer früheren Zeitkoordinate, zurückgehen würde, wobei die eigene Eigenzeit unverändert voranschreiten würde. Ein Zurückgehen in der eigenen Eigenzeit wäre tatsächlich kaum denkbar, aber für das, was man gemeinhin unter einer Zeitreise versteht, auch gar nicht erforderlich.
Zitat von Mondwinter
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Die andere Möglichkeit ist, von einem Koordinatensystem auszugehen. Durch Konstantsetzen der Zeitkoordinate kann man dann einen Raumbegriff definieren, in Gestalt einer raumartigen Hyperfläche. Die Konstruktion von Koordinatensystemen ist in der ART allerdings ziemlich beliebig, entsprechend auch die Beurteilung, ob die Singularität jetzt, in der Zukunft oder überhaupt nicht existiert.
Beispiel Schwarzschildkoordinaten: diese sind nur auf die Raumzeitregion außerhalb des schwarzen Loches anwendbar, also nicht auf den Bereich innerhalb und somit auch nicht auf die Singularität, in Schwarzschildkoordinaten existiert die Singularität somit schlicht nicht, was dazu passt, dass ein Teilchen, das in das schwarze Loch fällt, den Ereignishorizont erst in unendlich ferner Schwarzschild-Koordinatenzeitzukunft überschreitet.
Anderes Beispiel Kruskalkoordinaten: die Singularität existiert erst ab einer bestimmten Zeit, vorher nicht. Noch anderes Beispiel Eddington-Finkelstein-Koordinaten: die Singularität existiert jetzt gerade, allerdings sind Hyperflächen, die durch t = const definiert sind, innerhalb des schwarzen Loches nicht raumartig, wenn t die Eddington-Finkelstein-Koordinatenzeit ist.
Zitat von Mondwinter
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Das eindrucksvollste Beispiel dafür, dass entwertete Energie sehr wohl wieder in nutzbare Energie umgewandelt werden kann (also Anergie in Exergie) ist die Wärmekraftmaschine, wie sie z.B. durch einen Verbrennungsmotor realisiert ist. Ein theoretisches Modell hierfür ist der Carnotsche Kreisprozess, bei dem grob gesprochen folgendes passiert: das Arbeitsmedium bezieht aus einem heißeren Wärmebad der Temperatur T2 die Wärmemenge Delta_Q2 = T2 Delta_S, wobei Delta_S die übertragene Entropie ist, und gibt anschließend an ein kälteres Wärmebad der Temperatur T1 < T2 die geringere Wärmemenge Delta_Q1 = T1 Delta_S ab, wobei die Differenz zwischen beiden Wärmemengen in nutzbringende Arbeit umgewandelt wird. Es wird also entwertete Energie wieder aufgewertet, und zwar durch den Kontakt zum kälteren Wärmebad.
Wesentlich dabei ist, dass die durch die Entropie entwertete Energie von der Temperatur abhängt. Je niedriger die Temperatur, desto weniger Energie wird durch die gleiche Entropiemenge entwertet.
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