Zitat von Starwars fan
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Allerdings wird unter Kosmologen die Vorstellung einer Anfangssingularität schon seit längerem als überholt angesehen. Es gibt eine Reihe von Alternativmodellen, teilweise auf der Grundlage von Quantengravitationstheorien, von denen sich allerdings noch keine als allgemeine Lehrmeinung durchgesetzt hat. In einigen davon, darunter der von mir vertretenen ewigen Inflation von Andrej Linde, expandiert das Universum seit ewigen Zeiten, ohne dass es je einen Anfang gegeben hätte, eine relativ große Zahl anderer Modelle enthält einen Big Bounce, d.h. das Universum kollabierte bis zu einem Zeitpunkt in der endlichen Vergangenheit, zu dem dann der Kollaps in eine Expansion umschlug, ohne dass eine Zustand unendlicher Dichte erreicht wurde, und in einigen weiteren Modellen hat das Universum wie in der traditionellen Urknalltheorie einen Anfang, der jedoch nicht singulär war.
Auffallend an diesen Modellen ist, dass in einigen von ihnen die Energieerhaltung tatsächlich verletzt wird. Die Sache ist nämlich die, dass die Energieerhaltung über das Nöther-Theorem mit der Homogenität der Zeit zusammenhängt - welche in der ART aber nur bei zeitunabhängiger Raumzeitmetrik erfüllt ist. Daher ist es in der ART möglich, Energie zu erzeugen oder zu vernichten, jedoch nur global, d.h. nur für das Universum als Ganzes, nicht lokal. In Lindes Theorie z.B. gefindet sich der überwiegende Teil des Universums ständig in einen Zustand beschleunigter Expansion - die Energiedichte bleibt dabei konstant, während das Volumen ständig anwächst, insgesamt wird dadurch die Energie immer größer. Lokal ist das aber nicht nutzbar: die in einem beliebigen festen Volumenelement steckende Energie wird, von Zuflüssen aus Nachbarelement abgesehen, nicht größer. Die technischen Möglichkeiten zur Energiegewinnung werden dadurch stark eingeschränkt: wollte man die global erzeugte Energie aufsammeln, müsste man dazu das ständig wachsende Raumvolumen abfliegen.
Den umgekehrten Effekt der Energievernichtung gibt es übrigens auch, und zwar bei der kosmischen Hintergrundstrahlung: solange das Universum expandiert, verliert jedes Photon der Hintergrundstrahlung Energie durch die Rotverschiebung, die Zahl der Photonen bleibt jedoch konstant, so dass die Gesamtenergie aller Photonen immer kleiner wird. Generell kann man Energieerzeugung und -vernichtung bei der kosmischen Expansion mit dem Druck in Verbindung bringen: positiver Druck (Hintergrundstrahlung: p=rho/3, mit rho=Energiedichte) -> Energievernichtung, verschwindender Druck (staubartige Materie: Druck auf kosmischen Skalen vernachlässigbar klein) -> Energieerhaltung, negativer Druck (Inflatonfeld in Lindes Theorie: p=-rho) -> Energieerzeugung.
Interessant ist folgendes: obwohl die ART Energieerzeugung prinzipiell erlaubt, und das Modell der Urknall-Anfangssingularität auf der ART beruht, kommt ausgerechnet für den Urknall die Möglichkeit der Energieerzeugung nicht zum Tragen. Das hängt damit zusammen, die zur Energieerzeugung nötige Zeitabhängigkeit der Metrik an einer Anfangssingularität gar nicht mehr gegeben ist, da dort die Metrik singulär ist.
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