Nach einer Diskussion im Thread kam die Frage auf, was denn eigentlich das "kopernikanische Prinzip" ist, an dem ich meine Freude entdeckt habe.
Natürlich könnte man das ganze auch anders nennen. Das "kopernikanische Prinzip" wird in der Regel so verstanden, dass die Erde keinen speziellen Platz im Universum einnimmt, sondern bloss ein Planet unter vielen etc. ist. Es wurde benannt nach Niklaus Kopernikus, der in Europa als Erster (seit der Antike) die Erde aus dem Zentrum des Universums rückte.
Nach dem kopernikanischen Prinzip ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Ort, an dem wir uns befinden, bzw. die Zeit, in der wir leben, in irgend einer Form besonders speziell sind. Dies lässt sich statistisch begründen: Wenn der Grossteil des Raumes bzw. der Zeit bezogen auf irgend etwas, egal was, relativ homogen ist, und nur wenige Regionen bezogen auf dieses etwas, "speziell" sind, dann ist es, falls wir uns zufällig über das Universum verteilen, äusserst unwahrscheinlich, dass wir gerade in einer "speziellen" Region / Zeit landen: Viel wahrscheinlicher ist es, dass wir im "homogenen" Gebiet landen.
Wenn wir also sehen, dass es in der Milchstrasse 10'000 planetarische Nebel gibt, die jeweils ein Volumen von etwa 1 Kubiklichtjahr haben, dann ist es angsichts der 10^13 Kubiklichtjahre Volumen unserer Milchstrasse sehr unwahrscheinlich, dass sich unser Sonnensystem im inneren eines planetarischen Nebels befindet. Die Wahrscheinlichkeit lässt sich auch ausdrücken: 10000 / 10^13 = 0.000000001 oder 0.0000001%!
Ebenso ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass wir in einer Zeit leben, in der ein Asteroid von 10 km Durchmesser die Erde trifft. Ein solcher Asteroid fällt im Schnitt vielleicht einmal in 50 Millionen Jahren auf die Erde. Wenn wir ein durchschnittliches Menschenleben von 80 Jahren ansetzen, dann beträgt die Chance, einen solchen Asteroidenimpakt zu erleben, 80/50'000'000 = 0.0000016 oder 0.00016%.
Diese Überlegungen lassen sich nun verallgemeinern.
Wir möchten nun herausfinden, wie lange die Menschheit noch zu leben hat. Natürlich lässt sich das eigentlich unmöglich sagen. Aber wir schliessen die "inneren Ursachen" jetzt mal aus und schauen nur auf diejenigen "Aussterbensgründe", die von aussen kommen, also aus dem All. Wir müssen auch voraus setzen, dass wir keinen Einfluss darauf nehmen können. (Bei Asteroideneinschlägen ist dies evtl. nicht gegeben, ebenso nicht der Bau von Schutzunterkünften bei, sagen wir mal, einer nahe gelegenen Supernovaexplosion, etc etc.)
Unsere grobe Beobachtung geht nun mal nur davon aus, dass wir auf diese Ereignisse weder Einfluss nehmen noch Schutzmassnahmen treffen können. Es geht bloss darum, die Aussagekraft (oder eben gerade nicht ) des kopernikanischen Prinzips, auf die Statistik angewendet, zu demonstrieren.
Weiter gehen wir davon aus, dass es die Menschheit nun schon 30'000 Jahre gibt, seit dieser Zeit gibt es den Homo sapiens sapiens, den sogenannten "modernen Menschen".
Weiter gehen wir einfach mal davon aus, dass die Menschheit nicht bis in alle Ewigkeit existieren wird.
Sehen wir uns mal das oben abgebildete Schema an: Es stellt die Menschheitsgeschichte dar. Der Anfang (grün), den grössten Teil der Existenzzeit (blau), der Niedergang und das Ende (orange). Der blaue Zeitabschnitt wird nun so gewählt, dass er 95% der Menschheitsgeschichte ausmacht.
Wenn wir also zu einer beliebigen Zeit in der Menschheitsgeschichte leben, leben wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% im blauen Bereich, und mit jeweils 2.5% im grünen oder roten Bereich.
Dies ist wichtig: Die Chance, dass wir im blauen Bereich leben, beträgt 95% - nur 2.5% für die Anfangs- und Schlussphase. Dies ist nur Mathematik.
Nun wissen wir aber nicht, an welchem Punkt der Menschheitsgeschichte wir uns befinden. Um dies etwas einzugrenzen, betrachten wir zwei Fällen:
1. Fall: Die Menschheit hat den Grossteil (97.5%) ihrer Geschichte noch vor sich.
In diesem Fall befinden wir uns gerade am Anfang der "Normalzeit". (Roter Pfeil = HEUTE) Da wir uns aber noch immer im blauen Bereich befinden, die "Normalzeit" also soeben begonnen hat, können wir jetzt mit dieser Annahme eine Schätzung darüber machen, wie lange die Menschheit noch zu leben hat.
Nochmals zur Erinnerung: Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich im blauen Bereich befindet, beträgt 95%. Darauf bauen wir auf. Wir wollen nur Aussagen machen, die eine Wahrscheinlichkeit von 95% haben. An der Stelle im blauen Bereich, an dem wir uns zur Zeit befinden, hat die Menschheit 97.5% ihrer Zeit noch vor sich.
Da wir nun wissen, dass die 2.5% den 30'000 Jahren entsprechen, die bereits vergangen sind, können wir ausrechnen, wie lange die Menschheit dann noch zu leben hätte: nämlich 97.5 / 2.5 = 39 mal länger, als sie schon gelebt hat: Also 1170000 Jahre.
2. Fall: Die Menschheit hat den grössten Teil (97.5%) ihrer Geschichte bereits hinter sich.
Nun befindet sich die Menschheit in der heutigen Zeit zwar noch immer im blauen Bereich (wiederum, Roter Pfeil = HEUTE), aber die Menschheit steht vor ihrem Ende. Da wir wissen, dass die 30'000 Jahre 97.5% der Menschheitsgeschichte entsprechen, können wir ausrechnen, wie lange die Menschheit noch zu leben hat: nämlich 2.5% / 97.5% = 1/39. Also nur noch 1/39 der 30'000 Jahre, rund 769 Jahre.
Nun haben wir also das Ergebnis: Da wir uns mit 95% Wahrscheinlichkeit in dem blauen Bereich befinden, und für den blauen Bereich gilt, dass die Menschheit in dem Fall noch zwischen 769 und 1170000 Jahre zu leben hat - können wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% sagen, dass sie eben nur noch so lange zu leben hat.
Es kann natürlich sein, dass wir uns zur Zeit im grünen oder im orangen Bereich befinden, die Menschheit also entweder noch viel länger (nur zu 2.5% wahrscheinlich) oder noch viel weniger lang (ebenfalls zu bloss 2.5% wahrscheinlich) zu leben hat.
Die Aussage ist also: Eine Welt, die schon so lange existiert hat, wird nicht morgen untergehen... Zumindest ist das nicht sehr wahrscheinlich.
Wir könnten statt 95% auch 99% nehmen: Was geschieht dann: Dann ist die Zeit in Fall 1 einfach 198 (99% / 0.5%) mal grösser, im Fall 2 198 mal kleiner als die 30'000 Jahre, also 5'940'000 Jahre und 152 Jahre. Die Aussage hier: Die Menschheit existiert mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% noch zwischen 152 und 5940000 Jahre. Wir sehen, dass die Grenzen mit zunehmender "Sicherheit" (99% statt 95%) auseinander driften. Je verlässlicher wir das Ergebnis haben wollen, desto ungenauer wird die Aussage: bei 100% Sicherheit kommt deshalb logischerweise auch raus, dass die Menschheit irgendwann zwischen jetzt (0) und nie (unendlich) ausstirbt - eine Aussage, die zweifellos wahr ist.
Wenn wir hingegen die Sicherheit herunter nehmen, werden die Zeiten genauer: mit 50% Sicherheit wird die Menschheit zum Beispiel noch zwischen 10'000 und 90'000 Jahre existieren - und mit 0% Sicherheit exakt 30'000 Jahre.
Diese mathematische Spielerei ist also bloss eine Art, das kopernikanische Prinzip aufzufassen.
Sie lässt sich auf viele Alltagssituationen anwenden. Allerdings muss man dabei darauf achten, dass man sie nicht in Situationen anwendet, die für die untersuchte Variable eindeutig NICHT "normal" sind. Also kann man nicht die verbliebene Lebensdauer des irakischen Regimes unter Saddam Hussein abschätzen, wenn amerikanische Truppen soeben Bagdad besetzen. Oder die Dauer einer Beziehung, wenn die Freundin einen soeben im Bett mit einer anderen erwischt...
(Für die Alltagsbeispiele verwende ich jeweils die Zahl 40 statt 39, damit lässt sichs leichter Rechnen)
Beispiele:
Ich will mir im Laden ein Fahrrad kaufen, will es mir aber nochmals überlegen. Da es das letzte Fahrrad dieses Modells ist, das lieferbar ist, frage ich mich: Ist es wohl morgen noch da? Was tun? Das kopernikanische Prinzip sagt: Wenn das Fahrrad schon lange dasteht, ist es äusserst unwahrscheinlich, dass es gerade morgen gekauft wird. Konsequenz: Man fragt den Händler, wie lange das Fahrrad schon im Laden steht. Er meint dann beispielsweise: "Seit 2 Monaten". Gut, damit lässt sichs rechnen: 2 Monate, 60 Tage. 60 / 40 = 1.5. Also kann man sagen: Falls nichts ungewöhnliches passiert, befindet sich das Fahrrad mit einer Wahrscheinlichkeit von 97.5% auch noch morgen im Laden. Falls diese "Sicherheit" genügt, kann man beruhigt nach Hause gehen und sich das ganze nochmals überlegen.
Oder:
Für alle, die die USA am liebsten zerstört sähen: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir gerade in der Zeit leben, in der die USA zerstört werden oder sich gerade in ihrer Endform ausbilden. Aber schauen wir uns die Fakten an:
Entstanden 1776, das sind 228 Jahre. 228 / 40 = 5.7. Also noch eine Amtszeit mindestens, im "schlimmsten Fall" noch 40 * 228 = 9120 Jahre, dann ist es vorbei... Die USA wird es also mit 95% Wahrscheinlichkeit noch zwischen 5.7 und 9120 Jahre geben.
Oder:
Für einen Flug stehen mir zwei Flugzeugtypen zur Verfügung: Entweder einen brandneuen Airbus (Baujahr 2003) oder eine uralte (aber gut gewartete) DC-3. Womit fliege ich sicherer?
Der Airbus ist vielleicht 400 Tage im Dienst, die DC-3 aber seit 18000 Tagen. Daraus ergibt sich: Der Airbus wird mit 2.5% Wahrscheinlichket innerhalb der nächsten 40 Tage abstürzen oder ausser Dienst gestellt werden (dies müsste man dann noch einbeziehen), während die DC-3 mit 2.5% Wahrscheinlichkeit erst in 450 Tagen abstürzen oder ausser Dienst gestellt werden wird. Bei gleicher Wahrscheinlichkeit die längere Dauer bzw. bei gleicher Dauer (entsprechend) die kleinere Wahrscheinlichkeit für einen Absturz macht die DC-3 zum Flugzeug meiner Wahl. Es ist einfach sehr unwahrscheinlich, dass nach 18'000 Tagen Dienst ausgerechnet der heutige Tag derjenige ist, an dem dieses altgediente Flugzeug abstürzt.
Statistisch gesehen liegt man mit solchen Abschätzungen in 95% der Fälle drin. Das ist auch nicht erstaunlich - eben weil die Bedingungen dieser Rechnung so gelegt wurden, dass eine wahre Aussage entsteht. Ob die USA nun in 10 oder erst in 1000 Jahren untergehen - man hätte es "gewusst" ("Ich habs dir ja gesagt!"). Bloss wenn es 1 oder 10000 Jahre dauert, wäre man daneben gelegen - aber eben, diese Ereignisse sind mit Absicht so ausgelegt, dass sie bloss eine Wahrscheinlichkeit von 5% haben.
Ich bin gespannt, was eure Meinung dazu ist und ob euch noch andere Beispiele einfallen, in denen man dieses Prinzip anwenden könnte.
Natürlich könnte man das ganze auch anders nennen. Das "kopernikanische Prinzip" wird in der Regel so verstanden, dass die Erde keinen speziellen Platz im Universum einnimmt, sondern bloss ein Planet unter vielen etc. ist. Es wurde benannt nach Niklaus Kopernikus, der in Europa als Erster (seit der Antike) die Erde aus dem Zentrum des Universums rückte.
Nach dem kopernikanischen Prinzip ist es sehr unwahrscheinlich, dass der Ort, an dem wir uns befinden, bzw. die Zeit, in der wir leben, in irgend einer Form besonders speziell sind. Dies lässt sich statistisch begründen: Wenn der Grossteil des Raumes bzw. der Zeit bezogen auf irgend etwas, egal was, relativ homogen ist, und nur wenige Regionen bezogen auf dieses etwas, "speziell" sind, dann ist es, falls wir uns zufällig über das Universum verteilen, äusserst unwahrscheinlich, dass wir gerade in einer "speziellen" Region / Zeit landen: Viel wahrscheinlicher ist es, dass wir im "homogenen" Gebiet landen.
Wenn wir also sehen, dass es in der Milchstrasse 10'000 planetarische Nebel gibt, die jeweils ein Volumen von etwa 1 Kubiklichtjahr haben, dann ist es angsichts der 10^13 Kubiklichtjahre Volumen unserer Milchstrasse sehr unwahrscheinlich, dass sich unser Sonnensystem im inneren eines planetarischen Nebels befindet. Die Wahrscheinlichkeit lässt sich auch ausdrücken: 10000 / 10^13 = 0.000000001 oder 0.0000001%!
Ebenso ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass wir in einer Zeit leben, in der ein Asteroid von 10 km Durchmesser die Erde trifft. Ein solcher Asteroid fällt im Schnitt vielleicht einmal in 50 Millionen Jahren auf die Erde. Wenn wir ein durchschnittliches Menschenleben von 80 Jahren ansetzen, dann beträgt die Chance, einen solchen Asteroidenimpakt zu erleben, 80/50'000'000 = 0.0000016 oder 0.00016%.
Diese Überlegungen lassen sich nun verallgemeinern.
Wir möchten nun herausfinden, wie lange die Menschheit noch zu leben hat. Natürlich lässt sich das eigentlich unmöglich sagen. Aber wir schliessen die "inneren Ursachen" jetzt mal aus und schauen nur auf diejenigen "Aussterbensgründe", die von aussen kommen, also aus dem All. Wir müssen auch voraus setzen, dass wir keinen Einfluss darauf nehmen können. (Bei Asteroideneinschlägen ist dies evtl. nicht gegeben, ebenso nicht der Bau von Schutzunterkünften bei, sagen wir mal, einer nahe gelegenen Supernovaexplosion, etc etc.)
Unsere grobe Beobachtung geht nun mal nur davon aus, dass wir auf diese Ereignisse weder Einfluss nehmen noch Schutzmassnahmen treffen können. Es geht bloss darum, die Aussagekraft (oder eben gerade nicht ) des kopernikanischen Prinzips, auf die Statistik angewendet, zu demonstrieren.
Weiter gehen wir davon aus, dass es die Menschheit nun schon 30'000 Jahre gibt, seit dieser Zeit gibt es den Homo sapiens sapiens, den sogenannten "modernen Menschen".
Weiter gehen wir einfach mal davon aus, dass die Menschheit nicht bis in alle Ewigkeit existieren wird.
Sehen wir uns mal das oben abgebildete Schema an: Es stellt die Menschheitsgeschichte dar. Der Anfang (grün), den grössten Teil der Existenzzeit (blau), der Niedergang und das Ende (orange). Der blaue Zeitabschnitt wird nun so gewählt, dass er 95% der Menschheitsgeschichte ausmacht.
Wenn wir also zu einer beliebigen Zeit in der Menschheitsgeschichte leben, leben wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% im blauen Bereich, und mit jeweils 2.5% im grünen oder roten Bereich.
Dies ist wichtig: Die Chance, dass wir im blauen Bereich leben, beträgt 95% - nur 2.5% für die Anfangs- und Schlussphase. Dies ist nur Mathematik.
Nun wissen wir aber nicht, an welchem Punkt der Menschheitsgeschichte wir uns befinden. Um dies etwas einzugrenzen, betrachten wir zwei Fällen:
1. Fall: Die Menschheit hat den Grossteil (97.5%) ihrer Geschichte noch vor sich.
In diesem Fall befinden wir uns gerade am Anfang der "Normalzeit". (Roter Pfeil = HEUTE) Da wir uns aber noch immer im blauen Bereich befinden, die "Normalzeit" also soeben begonnen hat, können wir jetzt mit dieser Annahme eine Schätzung darüber machen, wie lange die Menschheit noch zu leben hat.
Nochmals zur Erinnerung: Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich im blauen Bereich befindet, beträgt 95%. Darauf bauen wir auf. Wir wollen nur Aussagen machen, die eine Wahrscheinlichkeit von 95% haben. An der Stelle im blauen Bereich, an dem wir uns zur Zeit befinden, hat die Menschheit 97.5% ihrer Zeit noch vor sich.
Da wir nun wissen, dass die 2.5% den 30'000 Jahren entsprechen, die bereits vergangen sind, können wir ausrechnen, wie lange die Menschheit dann noch zu leben hätte: nämlich 97.5 / 2.5 = 39 mal länger, als sie schon gelebt hat: Also 1170000 Jahre.
2. Fall: Die Menschheit hat den grössten Teil (97.5%) ihrer Geschichte bereits hinter sich.
Nun befindet sich die Menschheit in der heutigen Zeit zwar noch immer im blauen Bereich (wiederum, Roter Pfeil = HEUTE), aber die Menschheit steht vor ihrem Ende. Da wir wissen, dass die 30'000 Jahre 97.5% der Menschheitsgeschichte entsprechen, können wir ausrechnen, wie lange die Menschheit noch zu leben hat: nämlich 2.5% / 97.5% = 1/39. Also nur noch 1/39 der 30'000 Jahre, rund 769 Jahre.
Nun haben wir also das Ergebnis: Da wir uns mit 95% Wahrscheinlichkeit in dem blauen Bereich befinden, und für den blauen Bereich gilt, dass die Menschheit in dem Fall noch zwischen 769 und 1170000 Jahre zu leben hat - können wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% sagen, dass sie eben nur noch so lange zu leben hat.
Es kann natürlich sein, dass wir uns zur Zeit im grünen oder im orangen Bereich befinden, die Menschheit also entweder noch viel länger (nur zu 2.5% wahrscheinlich) oder noch viel weniger lang (ebenfalls zu bloss 2.5% wahrscheinlich) zu leben hat.
Die Aussage ist also: Eine Welt, die schon so lange existiert hat, wird nicht morgen untergehen... Zumindest ist das nicht sehr wahrscheinlich.
Wir könnten statt 95% auch 99% nehmen: Was geschieht dann: Dann ist die Zeit in Fall 1 einfach 198 (99% / 0.5%) mal grösser, im Fall 2 198 mal kleiner als die 30'000 Jahre, also 5'940'000 Jahre und 152 Jahre. Die Aussage hier: Die Menschheit existiert mit einer Wahrscheinlichkeit von 99% noch zwischen 152 und 5940000 Jahre. Wir sehen, dass die Grenzen mit zunehmender "Sicherheit" (99% statt 95%) auseinander driften. Je verlässlicher wir das Ergebnis haben wollen, desto ungenauer wird die Aussage: bei 100% Sicherheit kommt deshalb logischerweise auch raus, dass die Menschheit irgendwann zwischen jetzt (0) und nie (unendlich) ausstirbt - eine Aussage, die zweifellos wahr ist.
Wenn wir hingegen die Sicherheit herunter nehmen, werden die Zeiten genauer: mit 50% Sicherheit wird die Menschheit zum Beispiel noch zwischen 10'000 und 90'000 Jahre existieren - und mit 0% Sicherheit exakt 30'000 Jahre.
Diese mathematische Spielerei ist also bloss eine Art, das kopernikanische Prinzip aufzufassen.
Sie lässt sich auf viele Alltagssituationen anwenden. Allerdings muss man dabei darauf achten, dass man sie nicht in Situationen anwendet, die für die untersuchte Variable eindeutig NICHT "normal" sind. Also kann man nicht die verbliebene Lebensdauer des irakischen Regimes unter Saddam Hussein abschätzen, wenn amerikanische Truppen soeben Bagdad besetzen. Oder die Dauer einer Beziehung, wenn die Freundin einen soeben im Bett mit einer anderen erwischt...
(Für die Alltagsbeispiele verwende ich jeweils die Zahl 40 statt 39, damit lässt sichs leichter Rechnen)
Beispiele:
Ich will mir im Laden ein Fahrrad kaufen, will es mir aber nochmals überlegen. Da es das letzte Fahrrad dieses Modells ist, das lieferbar ist, frage ich mich: Ist es wohl morgen noch da? Was tun? Das kopernikanische Prinzip sagt: Wenn das Fahrrad schon lange dasteht, ist es äusserst unwahrscheinlich, dass es gerade morgen gekauft wird. Konsequenz: Man fragt den Händler, wie lange das Fahrrad schon im Laden steht. Er meint dann beispielsweise: "Seit 2 Monaten". Gut, damit lässt sichs rechnen: 2 Monate, 60 Tage. 60 / 40 = 1.5. Also kann man sagen: Falls nichts ungewöhnliches passiert, befindet sich das Fahrrad mit einer Wahrscheinlichkeit von 97.5% auch noch morgen im Laden. Falls diese "Sicherheit" genügt, kann man beruhigt nach Hause gehen und sich das ganze nochmals überlegen.
Oder:
Für alle, die die USA am liebsten zerstört sähen: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir gerade in der Zeit leben, in der die USA zerstört werden oder sich gerade in ihrer Endform ausbilden. Aber schauen wir uns die Fakten an:
Entstanden 1776, das sind 228 Jahre. 228 / 40 = 5.7. Also noch eine Amtszeit mindestens, im "schlimmsten Fall" noch 40 * 228 = 9120 Jahre, dann ist es vorbei... Die USA wird es also mit 95% Wahrscheinlichkeit noch zwischen 5.7 und 9120 Jahre geben.
Oder:
Für einen Flug stehen mir zwei Flugzeugtypen zur Verfügung: Entweder einen brandneuen Airbus (Baujahr 2003) oder eine uralte (aber gut gewartete) DC-3. Womit fliege ich sicherer?
Der Airbus ist vielleicht 400 Tage im Dienst, die DC-3 aber seit 18000 Tagen. Daraus ergibt sich: Der Airbus wird mit 2.5% Wahrscheinlichket innerhalb der nächsten 40 Tage abstürzen oder ausser Dienst gestellt werden (dies müsste man dann noch einbeziehen), während die DC-3 mit 2.5% Wahrscheinlichkeit erst in 450 Tagen abstürzen oder ausser Dienst gestellt werden wird. Bei gleicher Wahrscheinlichkeit die längere Dauer bzw. bei gleicher Dauer (entsprechend) die kleinere Wahrscheinlichkeit für einen Absturz macht die DC-3 zum Flugzeug meiner Wahl. Es ist einfach sehr unwahrscheinlich, dass nach 18'000 Tagen Dienst ausgerechnet der heutige Tag derjenige ist, an dem dieses altgediente Flugzeug abstürzt.
Statistisch gesehen liegt man mit solchen Abschätzungen in 95% der Fälle drin. Das ist auch nicht erstaunlich - eben weil die Bedingungen dieser Rechnung so gelegt wurden, dass eine wahre Aussage entsteht. Ob die USA nun in 10 oder erst in 1000 Jahren untergehen - man hätte es "gewusst" ("Ich habs dir ja gesagt!"). Bloss wenn es 1 oder 10000 Jahre dauert, wäre man daneben gelegen - aber eben, diese Ereignisse sind mit Absicht so ausgelegt, dass sie bloss eine Wahrscheinlichkeit von 5% haben.
Ich bin gespannt, was eure Meinung dazu ist und ob euch noch andere Beispiele einfallen, in denen man dieses Prinzip anwenden könnte.
Kommentar