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Evolution der Wirbeltiere

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    Evolution der Wirbeltiere

    Gestern fand zum ersten mal der Kurs "Evolution der Wirbeltiere" statt und was ich da neues erfahren habe, finde ich so interessant, dass ich euch die Kernpunkte nicht vorenthalten möchte.

    Zunächst erklärte und der Dozent, dass wir, um die Evolution richtig zu verstehen, vollkommen umdenken müssen. Die meisten Menschen sehen Evolution nur als etwas, aus dem wir als Krone der Schöpfung hervorgingen, aber wir sollten das ganze mal nicht aus der Sicht des Menschen, sondern mal aus dem einer Kuh sehen. Diese könnte ja auch über uns denken, "die haben noch keine Hörner entwickelt, sie haben noch keinen 5-kammrigen Magen entwickelt, die können noch nicht mal Zellulose verdauen, die müssen ja ziemlich primitiv sein".

    Es macht also wenig Sinn, in der Evolution von fortschrittlich und rückständisch zu sprechen.

    Des weiteren erklärte er uns etwas, was mir selbst auch schon eine Weile klar geworden ist, nämlich dass die klassische Einteilung der Wirbeltiere in 5 Klassen (Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere), die noch aus einer Zeit stammt, als man noch nichts von Evolution wusste, absoluter Humbug ist.

    Bei den Fischen unterscheidet man heute alleine 4 Klassen, nämlich Panzerfische (ausgestorben), Knorpelfische, Knochenfische und Kiefernlose, wobei letztere Einteilung nach dem Nichtvorhandensein eines Merkmals auch nicht so hinhaut und diese Gruppe noch weiter unterteil werden muss. Die EInteilung in Vögel und Säugetiere dagegen ist ziemlich natürlich und wird auch so bleiben, Allerdings wird es auch für Amphibien und vor allem für Reptilien noch weitere Unterscheidungen geben müssen. So weigert sich mein Dozent inzwischen, Dinosaurier noch als Reptilien zu bezeichnen, vor allem weil sie den Vögeln wohl näher stehen, als den restlichen Reptilien.

    Ein weiterer mir vollkommen neuer Sachverhalt war die Entstehung des Skeletts. In der Schule lernt man ja stets, dass sich das Skelett entwickelt hat, um uns zu stützen, was aber nicht direkt richtig ist, wenn man neuen Erkenntnissen glauben soll. So wären die Muskeln beispielsweise alleíne imstande, ein Lebewesen aufrecht und in Form zu halten (freilich gilt dies nicht mehr für uns, da wir uns an unser Skelett angepasst haben). Die frühen Vorläufer der Wirbeltiere - die möglicherweise umbenannt werden, da nicht alle Vertebrata auch wirklich Wirbeln tragen, dafür aber alle einen Schädel besitzen, weshalb auch schon der Begriff Craniota immer weiter an Bedeutung gewinnt - basaßen nur verschiedene Muskelschläuche, deren Zwickelräume zur Stabilisierung mit Flüssigkeit gefüllt waren und die verschiedene Septen zwischen den Berührflächen besaßen, die die Form weiter stabilisierte (vielleicht find ich noch ein Bild dazu im Netz, oder schaut euch einfach mal die Faserung eines Lachssteaks ganz genau an). Da diese Zwickel bei Bewegungen stabil bleiben, konnten sich darin andere Dinge ausbilden. Als Beleg für diese Hypothese sieht man die Form der Wirbel bei Fischen an, die ähnlich gabaut sind, wie diese Diaboli aus dem Jonglierspiel und genau solche Zwickelräume nachformen, oder den Verlauf der Nerven- und Blutbahnen, die genau die Zwickel zwischen den Muskeln ausnutzen und somit systematisch angeordnet sind, in den Leibeshöhlen, wie dem Bauchraum aber vollkommen unsystematisch angeordnet sind. Die Knochen versteifen das Tier zusätzlich, was die Fortbewegung ökonomischer macht, da die Versteifung nicht durch Muskelkraft aufrecht erhalten werden muss und so geht man heute davon aus, dass sich die Knochen primär als Methode des Energiesparens entwickelten.

    Es ging dann auch noch um die Anordnungen der Muskeln und um die Entstehung der Flossen, aber dazu schreib ich mal die Tage noch mehr. Ich will euch ja auch nicht mit Informationen erschlagen
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    #2
    Aber es ist häufig in der Evolution so, dass Dinge, die für eine Aufgabe ursprünglich "entwickelt" wurden, plötzlich für eine andere Aufgabe eingesetzt werden.

    Ich habe z.B mal gehört, die Wirbelsäule sei entstanden, als die Fische die Barriere vom Salz- zum Süßwasser überwanden.

    Die Fische, die nun im Fluss lebten, hatten ein Problem: Der Organismus, der sich Milliarden Jahre lang im Ozean entwickelt hatte, war es gewohnt, eine relativ konstante Konzentration an Mineralien vorzufinden.

    Im Fluß galt dies nicht. Abhängig vom Niederschlag schwankte die Konzentration der Mineralien sehr stark.

    Also wurde ein "Mineralienspeicherstreifen" für "schlechtere Zeiten" im Rücken angelegt. Daraus enwickelte sich die Wirbelsäule.

    Sie hat ihre ursprüngliche Funktion längst verloren und eine völlig andere erhalten.

    Das finde ich faszinierend.
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      #3
      Wirklich sehr interessant, Spocky. (Es gibt bei uns eine ähnliche Vorlesung, vielleicht sollte ich die auch besuchen, dann könnten wir uns gegenseitig ergänzen...)

      Man könnte die Evolution auch vom Standpunkt des einzelenen DNA-Strangs betrachten (wie Stanislav Lem in "Also sprach Golem"): Jede "Entwicklung" von Eigenarten ist daraus hervorgegangen, dass sich Fehler im ursprünglichen, quasi perfekten DNA-Strang bildeten, sog. Mutationen. Nur jene Lebewesen, die trotz dieser Mutationen überleben konnten, haben sich weiter entwickelt. Im Laufe von 4 Milliarden Jahren haben sich bereits extrem viele Fehler in den ursprünglichen DNA-Strang eingeschlichen, und die Lebewesen, die am weitesten davon abweichen, bezeichnen wir heute als die "am höchsten entwickelten"...
      So sieht man das ganze mal von der anderen Seite und aus der Krone der Schöpfung wird so quasi der Ar... der Schöpfung... ;-)
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        #4
        Dazu ein paar Klarstellungen:
        Ein Irrtum ist meiner Meinung nach die Aussage, durch die Evolution würden die Lebewesen immer KOMPLEXER (folglich intelligenter) werden. In der Tat aber geht es nur um die Fähigkeit, zu überleben.
        --> Vielen Bakterien geht es prächtig, obwohl sie furchtbar einfach gestrickt sind. Und sie denken garnicht daran, sich in eine komplexere Richtung zu entwickeln.

        Ein weiterer im Volksgedankengut festsitzender Irrtum:
        Ihr kennt vielleicht Charles Darwins 'The Survival of the Fittest'. Das wurde, wie gemeinhin bekannt ist, mit 'Nur die Starken überleben'. Das ist jedoch ziemlicher Quatsch. Denn 'the Fittest' bedeutet in etwa 'die am meisten Angepassten', also die, die sich am besten an die Umwelt anpassen.
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          #5
          Ich finde es absolut klasse, wenn hier einer total begeistert von seinem Studium erzählt und uns dran teilhaben läßt...

          Also bitte schön weiter in diesem spannenden Thema *g*

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            #6
            Re: Evolution der Wirbeltiere

            Hallo!

            Original geschrieben von Spocky
            weshalb auch schon der Begriff Craniota immer weiter an Bedeutung gewinnt - basaßen nur verschiedene Muskelschläuche, deren Zwickelräume zur Stabilisierung mit Flüssigkeit gefüllt waren und die verschiedene Septen zwischen den
            Dieses Konzept ist ja heute bei Wirbellosen wie Regenwürmer immer noch sehr verbreitet.
            Ich seh schon, ich muss mir noch ein paar Freifächer suchen... bzw. interessantere Professoren als die meinigen...

            MfG,
            Fermat Sim

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              #7
              @ LG: Dein Post widerspricht ja nicht dem meinen. In der Tat war es so, dass sich in diesen Zwickeln (und auch auf der Haut) zunächst Mineralablagerungen bildeten. Ob diese nun primär eine Funktion erfüllten, oder nicht, dazu sagte mein Dozent auch nichts.

              Es ist sogar meistens so, dass Dinge, die "für" eine Funktion entwickelt wurden, sich später als äußerst hilfreich und notwendig für eine andere Sache erweisen. So soll dies ja auch für den Übergang von den Flossen zu den Beinen gelten. Dies ist im übrigen auch das Promotionsthema meines Dozenten gewesen, über das er uns noch einiges erzählen möchte, worauf ich schon sehr gespannt bin.

              @ Bynaus: Fänd ich echt cool, wenn du das machen würdest. Mich würde wirklich auch interessieren, wie das Thema anderswo gelehrt wird.
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                #8
                Entstehung der Flossen

                Entstehung der unpaarigen Flossen

                Die unpaarigen Flossen an der ober- und an der Unterseite der Fische entstanden wohl aus Kielen, die von den epidermalen Schuppen gebildet wurden, die dann noch durch flossenträger, endoskelettale Stäbe, verstärkt wurden.

                Wenn man die Brustflossen wegdenkt, kann man sich das Endstadium einigermaßen gut vorstellen.

                Entstehung der paarigen Flossen

                Die paarigen Flossen könnten sich möglicherweise bei bodennah lebenden Arten zuerst gebildet haben. Diese haben meist eine flache Unterseite, wodurch vereinfacht gesehen ein dreieckiger Querschnitt entsteht, wie man ihn sich vielleicht bei diesem Barsch vorstellen kann.

                Dadurch ergeben sich dann an den Seiten ebenfalls solche "Kanten". Allerdings ist es in dem Fall schlecht, wenn sich solche Kiele über die gesamte Länge bilden würden, da dann der komplette Fisch versteift würde und sich nicht mehr bewegen könnte. Deshalb konnten diese sich nur an bestimmten Stellen ausbilden, wo eine Beweglichkeit ohnehin stören ist, wie im Vorderkörper (Brustflossen). Die Bauchflossen könnten eventuell dazu dienen, den Schwanz als "Paddel" zu stabilisieren und den Vortrieb sowohl zu verstärken, als ihn auch weniger energieaufwändig zu machen.
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                  #9
                  @Spocky
                  So was interessantes lernt man im Geologiestudium
                  Man ich hoffe du berichtest uns mehr darüber.
                  ***Wer bist du? (Vorlonen!) Was willst du? (Schatten!)***
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                    #10
                    Original geschrieben von Sebi.T
                    @Spocky
                    So was interessantes lernt man im Geologiestudium
                    Man ich hoffe du berichtest uns mehr darüber.
                    Du kannst dir sicher sein, dass ich noch mehr berichten werde

                    Zum Pflichprogramm gehört der Kurs allerdings nicht, weshalb auch nicht alle Geologen was darüber erfahren. Ich kenn viele, die mit Paläontologie überhaupt nichts am Hut haben. Lernen kannst du das übrigens auch im Biologie-Studium. Etwa ein Drittel derer, die in der Vorlesung sitzen sind Biologen mit Nebenfach Paläontologie/Evolutionsbiologie.
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                      #11
                      Man könnte die Evolution auch vom Standpunkt des einzelenen DNA-Strangs betrachten (wie Stanislav Lem in "Also sprach Golem"): Jede "Entwicklung" von Eigenarten ist daraus hervorgegangen, dass sich Fehler im ursprünglichen, quasi perfekten DNA-Strang bildeten, sog. Mutationen. Nur jene Lebewesen, die trotz dieser Mutationen überleben konnten, haben sich weiter entwickelt. Im Laufe von 4 Milliarden Jahren haben sich bereits extrem viele Fehler in den ursprünglichen DNA-Strang eingeschlichen, und die Lebewesen, die am weitesten davon abweichen, bezeichnen wir heute als die "am höchsten entwickelten"...
                      So sieht man das ganze mal von der anderen Seite und aus der Krone der Schöpfung wird so quasi der Ar... der Schöpfung... ;-)
                      Nun, als Gedankenexperiment ist das sicherlich faszinierend, doch wo genau ist der Beleg dafür, dass der allererste DNA-Strang auch nur "quasi" perfekt war?

                      Immerhin widerspricht DAS dann ganz gehörig der darwinistischen Idee, da sollte man schon mehr aufbringen als eine philosophische Betrachtungsweise... was also zeichnete das allererste Basenpaar denn aus?
                      »We do sincerely hope you'll all enjoy the show, and please remember people, that no matter who you are, and what you do to live, thrive and survive, there are still some things that make us all the same. You, me, them, everybody!«

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                        #12
                        @ Sterni: Diese Frage wird niemand beantworten können. Das erste Basenpaar wird es ohnehin nicht geben, da dieses schon außerhelb jeglicher Zelle existiert haben muss und in der ersten Zelle muss es schon als größere Sequenz vorhanden gewesen sein.

                        Wie die DNS aber entstanden ist, das ist im Moment das größte Rätsel in der Evolution, das noch niemand lösen konnte.
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                          #13
                          Ich stimme Spocky zu.
                          Was ich meinte, als ich "quasi perfekt" schrieb, war, dass die Sequenz aus der Sicht der Sequenz selber perfekt, also ursprünglich ist. Ich hatte nicht die absicht, "perfekt" absolut durch die Sequenz zu definieren, sondern relativ, von einem bestimmten Ausgangszustand aus gesehen. Wie primitiv dieser Ausgangszustand ist, spielt eigentlich keine Rolle.
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                            #14
                            Eine basische Sequenz hat mit nahezu absoluter Sicherheit keine eigene Sicht der Dinge... ist ja nichtmal klar ob das schon "Leben" ist oder nur zufällig zusammengefundenes Mineral-Gemisch... so wie in "All Good Things" ...: "ah sie haben sich verfehlt"

                            Ausserdem: wenn sie so perfekt gewesen bzw "sich gefunden haben" soll, wieso gab es dann eine Veränderung? Wer sich für perfekt hält wird sich nicht freiwillig ändern wollen
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                              #15
                              Nein, natürlich nicht. Aber ich musste ja aus ihrem Standpunkt aus sprechen, um zu zeigen, was ich mit zunehmenden Fehlern meine. Natürlich weis die Basensequenz nichts davon... :-)

                              Aber warum es eine Veränderung gab, ist schnell erklärt: Durch kosmische Strahlung und chemische Mutation schleichen sich Fehler in die ursprüngliche Sequenz ein, und nur jene, die trotz des Fehlers überleben, haben die Chance, sich fortzupflanzen.
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