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    Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
    Eine konsequente Überwindung der Gewalt hat das Christentum, wie man sieht, nicht zustande gebracht.
    Der Ansatz zählt.

    Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
    Verglichen mit anderen Kulturen wie China war die Geschichte des christlichen Europas außerordentlich kriegerisch.
    Der war gut....
    "China" war lange Zeit führend in der Kriegskunst und -technologie und das aus guten Gründen. Nicht nur gab es dort schon im dritten Jahrhundert vor Christus den größten Krieg, den die antike Welt jemals und weltweit gesehen hat. Auch in späteren Zeiten wurden immer wieder Millionen von Soldaten mobilisiert, die ganze Regionen in Schutt und Asche gelegt haben.

    Das Chaos der "Drei Reiche", die sich trotz allem immer noch "Zhong Guo" nannten, ist in China jedem ein Begriff. Die Verwüstungen durch die Mongolen als "Außenstelle" der chinesischen Zivilisation brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen.

    Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
    Die Ausrottung der Indianer und die Versklavung von Millionen Afrikanern passt auch nicht wirklich zum Bild der moralisch überlegenen Religion.

    Hitler war kein Atheist, falls die Behauptung noch kommen sollte. Und wenn ich mir aussuchen müsste, ob ich in der Sowjetunion nach 1945 oder als Leibeigener im zaristischen Russland leben wollte, dann würde ich mich vermutlich für ersteres entscheiden.
    Komisch, immer wenn ich in anderen Diskussionen hier Stalin anführe, um zu sagen, dass der Kommunismus nichts taugt wird mir entgegengehalten: "Das war doch gar kein Kommunismus und überhaupt hast du den Kommunismus gar nicht richtig verstanden."

    Dann anworte ich hier mal auf derselben Schiene: Diejenigen, die in früheren Jahrhunderten im Namen der Kirche Gewalt angewandt haben, die haben nicht wirklich verstanden, was der junge Mann aus Galiläa gelehrt hat.

    Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
    Wenn das Unsinn ist, warum gabs den Niedergang dann nicht in der arabischen Welt und nur in der christlichen?
    Das Römische Reich hatte seine ganz eigenen und charakteristischen Problemzonen, von denen ich hier nur die aus meiner Sicht schwerwiegendsten nennen möchte:

    - eine für den Einzelnen erdrückende Steuerlast und Eintreibung der Steuern durch private Geschäftsleute,
    - Folter und Mord als gängige Methoden der Steuereintreibung,
    (Warum wohl hat der Zöllner eine eigene Geschichte in der Bibel bekommen? Man hielt sie weitläufig für besonders verdorbene Menschen.)
    - auf die Zeit des Imperium umgerechnet alle 7 Jahre Krieg, in denen sich aber vorwiegend Römer und Römer auf dem Schlachtfeld gegenüber standen,
    - die dadurch verursachte Entvölkerung der Städte, die fast ohne Menschen ihre bisherige Funktion als zivilisatorische Zentren nicht mehr wahrnehmen konnten,
    (Rom schrumpfte von ursprünglich 1,2 Millionen auf nur noch 300.000 Einwohner, weil die Stadt nicht mehr sicher war; von Bordeaux heißt es in Quellen aus den späten 3. Jahrhundert, dass die verbliebenen Bürger alle ihre Lebensmittel innerhalb der Stadtmauern anbauen konnten, usw.).
    - die Gier der Kaiser nach Geld, wodurch höhere zivilisatorische Leistungen wie z.B. Banken unmöglich umzusetzen waren,
    - die Sklavenhaltergesellschaft, die Menschen für Aufgaben verheizte, für die wir heute Maschinen verwenden, was im Gegenzug die technologische Entwicklung behinderte,
    - die inoffizielle Position des Imperators, für den es nie eine feste Nachfolgeregelung gab, was letzten Endes zu allen Zeiten eine Militärdiktatur begünstigte,
    - eine mit der Zeit zunehmende Rechtsunsicherheit und Durchdringung des gesamten Reiches von Korruption,
    - die Etablierung der Kirche als Staat im Staat, mit eigenen Gesetzen und eigener Rechtsprechung,
    - eine immobile Armee bestehend aus einer verweichlichten Soldateska ausgerechnet in Zeiten der Krise,
    - das Mittelmeer als "interne Wildnis", durch welche Handel und Kommunikation massiv behindert wurden.

    Nebenbei bemerkt sind die arabische und die römische Zivilisation um mehrere Jahrhunderte gegeneinander verschoben. Der weströmische Zusammenbruch hatte natürlich gar keine Auswirkungen auf die arabisch-islamische Kultur, weil diese zu jener Zeit noch gar nicht existierte.

    Die arabisch-islamische Zivilisation erlebte ihren Zusammenbruch später und auf eine ganz andere Weise. Die Zerstörung aller vier Kalifate hatte einen ganz erheblichen Einfluss darauf, dass sich die Kultur insgesamt auf sich selbst zurück zog und vergangener Blüte nachtrauerte.

    Zitat von Dannyboy Beitrag anzeigen
    Das musst du mal erklären, wieso die Verwüstungen des römischen Reiches, die zu einem ökonomischen und institutionellen Niedergang führten, keinen Niedergang der Wissenschaft auslösen können.
    Genau. Die "translatio imperii", die zur Kaiserkrönung Karls des Großen führte, war der Versuch der Kirche, wenigstens einen Teil der römischen Infrastruktur und Zivilisation zu retten. Natürlich gelang dies nicht vollständig und in den dunklen Jahrhunderten hatten die Menschen andere Sorgen als Wissenschaft.

    Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
    Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn die Kirche als einzige Wissenschaft betreibt und nichts dabei rauskommt, dann habe ich Recht und nicht du.
    In der Obhut der Kirche befanden sich alle überdauerten antiken Handschriften, die in liebevoller Arbeit immer wieder kopiert und somit vor dem endgültigen Untergang bewahrt wurden. Die Renaissance wäre ohne diese Archive unmöglich gewesen.

    Zitat von La Forge Beitrag anzeigen
    Die Kirche hatte lange Zeit kein Interesse an Wissenschaft oder Medizin.
    Ja, deswegen waren es auch Mönche und Nonnen, die sich schon ab dem 11. Jahrhundert mit Medizin und Botanik auseinander setzten. Die Klöster schufen viele Grundlagen unserer heutigen Zivilisation, gerade in der Wissenschaft. Auf wen geht noch gleich das Prinzip von "Okkams Rasiermesser" zurück?


    Zitat von Dannyboy Beitrag anzeigen
    Die fehlenden ökonomischen und sozialen Grundlagen. Es dauerte, bis die Urbanität wieder auf altem Niveau stand.
    Eine andere interessante Anekdote aus dem Geschichtsunterricht: In welchem Jahr erreichte die Stadt Köln - viertgrößte Stadt des Reiches - ihre römische Bevölkerungszahl erstmals wieder?
    SPOILER1896

    ----

    Falls ich einige Argumente übersehen haben sollte, so bitte ich um Nachsicht. Es waren in meiner Abwesenheit sehr viele.
    Zuletzt geändert von Liopleurodon; 02.02.2014, 20:05.
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      Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
      In der Obhut der Kirche befanden sich alle überdauerten antiken Handschriften, die in liebevoller Arbeit immer wieder kopiert und somit vor dem endgültigen Untergang bewahrt wurden. Die Renaissance wäre ohne diese Archive unmöglich gewesen.
      Das ist ja in Ordnung. Trotzdem hat sie nicht großartig was zur Wissenschaft selbst hervorgebracht.

      Und die reinen Bevölkerungszahlen der Städte darfst du hier auch nicht heranziehen, denn Köln war ganz sicher schon vorher wieder besser aufgestellt bevor die Bevölkerungszahl wieder erreicht wurde.

      Es ist auch offensichtlich, dass das Wissen förmlich quasi explodierte, NACHDEM die Kirche den größten Teil ihrer Macht verloren hatte und nicht währenddessen.
      Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
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        Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
        Es gab nachweislich Kontakt von Hinduismusund Römischem Reich:
        Der Hinduismus: Geschichte und Gegenwart - Axel Michaels - Google Books
        Und zwar genau zu der Zeit, in der das Christentum entstand. Und da steht explizit, dass der Hinduismus Einfluss ausgeübt hat.

        Wie gesagt, wenn du die Entstehung ds Christentums nur auf das römische Reich beziehst, dann verstehst du es falsch.
        Dennoch bin ich der Meinung, dass man das Christentum vor dem Hintergrund der römischen Gesellschaft sehen muss, als deren Gegenpol es sich entwickelte. Der Stern von Bethlehem zur Geburt Jesu war möglicherweise sogar in direkter Konkurrenz zum Stern der römischen Imperatoren und deren brutaler Unterdrückung im heutigen Israel gedacht.

        Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
        Das ist ja in Ordnung. Trotzdem hat sie nicht großartig was zur Wissenschaft selbst hervorgebracht.
        Die Bewahrung der Archive an sich ist schon eine wichtige Funktion.

        Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
        Und die reinen Bevölkerungszahlen der Städte darfst du hier auch nicht heranziehen, denn Köln war ganz sicher schon vorher wieder besser aufgestellt bevor die Bevölkerungszahl wieder erreicht wurde.
        Woran sonst soll man es messen außer an der Bevölkerung?

        Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
        Es ist auch offensichtlich, dass das Wissen förmlich quasi explodierte, NACHDEM die Kirche den größten Teil ihrer Macht verloren hatte und nicht währenddessen.
        Auch ein großes Feuer beginnt mit einer kleinen Glut. Es waren Mönche, welche die Zeit und die Informationen hatten, um die Grundlagen der modernen Zivilisation zu legen.
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          Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
          Auf demselben Niveau, wie in anderen Regionen, mit denen man Kontakt hat.
          Das kann nur als Kriterium gelten, wenn auch alle anderen Bedingungen zwischen den Regionen gleich sind. Ansonsten konfundierst du deine Hypothese.

          Wie viele Kriege brauchst du als Beleg?
          Versuch es mit richtigen Belegen. Also solche, die den "islamischen Gelehrten als Feind der christlichen Kirche" belegen. Und zwar durchgängig. Das es einige wenige Kriege mit islamischen Staaten gab, spielt keine Rolle. Die allermeisten Kriege führten christliche und islamische Staaten jeweils untereinander und nicht gegeneinander.

          Den gabs schon davor, wenn man betrachtet, wie lange vor dem Ende die römische Kultur stagniert ist.
          Ja, nein, vielleicht. Zehn Historiker haben da elf Meinungen. Stagnation ist allerdings kein Zusammenbruch.

          Ich würde dich bitten, mehr auf die Netiquette zu achten. Wenn du keine Argumente vorbringen kannst, dann lass den Teil aus.
          Ich würde dich bitten, mehr belegbare Argumente und weniger Verschwörungstheorien vorzubringen.
          Und vor allem deine "Belege" sorgfältiger auf deine Hypothesen auszurichten.
          Du willst einen Kausalzusammenhang belegen. Dazu bedarf es viel mehr, als nur einen Effekt zu zeigen.
          Der Umstand, dass der Zusammenbruch erfolgte, als das Christentum in Westeuropa keineswegs so fest im Sattel saß, sprechen dagegen.
          Das es lange dauerte, sich davon zu erholen, kann, muss aber nicht mit dem Christentum zutun haben. Möglicherweise wäre ohne die katholische Kirche als verbindende Institution in Westeuropa die Situation noch viel schlimmer gewesen.
          Sie förderte zumindest den Austausch der Kulturen indem sie eine europäische Klammer bildete und eine Lingua franca etablierte.

          Die Behauptung, das Christentum hätte Einfluss auf die Wissenschaft gehabt, stammt von Liopleurodon aus Beitrag #8035
          Im übrigen gingen die Universitäten aus dem Dom- und Klosterschulen hervor. Reicht das als Beleg für den einfluss der Kirche?
          Soll das jetzt ein negativer Einfluss sein?

          Dafür hätte ich gerne einen Beleg.
          Als Beleg sollte das Fehlen außerkirchlicher Bildungsinstitutionen reichen. Die römische Bildungselite wurde von germanischen Kriegerbünden verdrängt, die wenig Bildungsbeflissenheit zeigten. Wie lange dauerte es, bis es für Herrscher wieder selbstverständlich war, lesen und schreiben zu können?

          Was hat das mit der Wissenschaft zu tun?

          Warum hat die christliche Wissenschaft nicht selbst für Wissen gesorgt? Es geht ja hier offensichtlich nicht um Wissen, das die Römer hatten. Was also willst du mir damit sagen?
          Weil ihr die Mittel und eine Zeit lang auch die Interessen fehlten. Die karolingische Renaissance hielt nicht lange an.

          Wozu brauchst du da eine Arbeitsteilung?
          Weil nur Spezialisten signifikante technische Verbesserungen hervor bringen. Wer nur ein Produkt herstellt, kann seine Techniken kontinuierlich optimieren.
          Wer heute eine Kutte webt, morgen Butter stampft und übermorgen Bier braut, hat dazu wenig Gelegenheit.

          Kommentar


            Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
            Wenn das Unsinn ist, warum gabs den Niedergang dann nicht in der arabischen Welt und nur in der christlichen?
            @Spocky: Sagt der römische Zusammenbruch mit den anschließenden dunklen Jahrhunderten überhaupt irgendetwas im Vergleich zu dem der arabischen Kultur aus, die doch durch so viele Jahrhunderte voneinander getrennt waren und aus jeweils ganz anderen Ursachen erfolgten? Falls nicht, so taugt dieser Vergleich nicht zur Abwertung der Leistungen der Kirche und des Christentums insgesamt.

            Und um es noch einmal für die Mitleser zusammen zu fassen: Auch die arabisch-islamische Zivilisation erlebte ihren Niedergang, der bis heute anhält.
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              Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
              Dennoch bin ich der Meinung, dass man das Christentum vor dem Hintergrund der römischen Gesellschaft sehen muss, als deren Gegenpol es sich entwickelte. Der Stern von Bethlehem zur Geburt Jesu war möglicherweise sogar in direkter Konkurrenz zum Stern der römischen Imperatoren und deren brutaler Unterdrückung im heutigen Israel gedacht.
              Das Christentum hat sich nicht als Gegenpol zur römischen Gesellschaft entwickelt, sondern im Gegenteil, es war etwa 150 Jahre Staatsreligion im weströmischen Reich.

              Edit: Worum es ja ursprünglich in diesem Teil der Diskussion ging war folgendes: Du hattest ja behauptet, dass die Lehren Jesu neu waren. Ich hab dir gezeigt, dass dem eben nicht so war, weil eben auch der Hinduismus seine Einflüsse hatte. Selbst wenn das Christentum wirklich zu 99 % auf die römische Gesellschaft zurückzuführen wäre (was nicht der Fall ist), dann kannst du nicht wegleugnen, dass da eben auch andere Dinge eine Rolle spielten.

              Glaube mir, das ist eine These, die nicht von mir kommt und für die sich schon viele Menschen sehr viel Mühe gegeben haben: Es gibt wirklich nichts (kein Wunder und keine Lehre), was in der Bibel zum ersten Mal auftaucht.


              Woran sonst soll man es messen außer an der Bevölkerung?
              Du kannst nicht einzelne Städte rauspicken und das als Beleg sehen. Die gesamte Weltbevölkerung jedenfalls hat nichts davon gemerkt und es gab in den 1.000 Jahren Mittelalter ganz andere Städte, die prächtig florierten, wie Florenz oder Venedig. Im Mittelalter war in Deutschland Aachen auch weit wichtiger als Köln.

              Auch ein großes Feuer beginnt mit einer kleinen Glut. Es waren Mönche, welche die Zeit und die Informationen hatten, um die Grundlagen der modernen Zivilisation zu legen.
              Beinahe alles, was unsere moderne Zivilisation ausmacht, musste GEGEN den Willen der Kirche erkämpft werden: Die Menschenrechte (insbesondere die Frauenrechte) und der größte Teil der Wissenschaft und Technik (Stichwort: Hexerei und Teufelswerk) ohnehin.

              Dass das alles im Mittelalter nur auf kleiner Glut gehalten wurde, das ist ja gerade das, was ich kritisiere. Man hätte das Feuer längst viel früher entfachen können

              Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
              @Spocky: Sagt der römische Zusammenbruch mit den anschließenden dunklen Jahrhunderten überhaupt irgendetwas im Vergleich zu dem der arabischen Kultur aus, die doch durch so viele Jahrhunderte voneinander getrennt waren und aus jeweils ganz anderen Ursachen erfolgten? Falls nicht, so taugt dieser Vergleich nicht zur Abwertung der Leistungen der Kirche und des Christentums insgesamt.
              Ja, das sagt was aus, denn nirgends sonst in der Geschichte hat es nach dem Untergang einer Kultur jemals so lange gedauert, bis deren "Eroberer" diese überflügeln konnten.

              - - - Aktualisiert - - -

              Zitat von Dannyboy Beitrag anzeigen
              Das kann nur als Kriterium gelten, wenn auch alle anderen Bedingungen zwischen den Regionen gleich sind. Ansonsten konfundierst du deine Hypothese.
              Wenn du da keinen Spielraum aktzeptierst, dann gibt es in der Weltgeschichte überhaupt keine Vergleichsmöglichkeiten mehr.

              Versuch es mit richtigen Belegen. Also solche, die den "islamischen Gelehrten als Feind der christlichen Kirche" belegen. Und zwar durchgängig. Das es einige wenige Kriege mit islamischen Staaten gab, spielt keine Rolle. Die allermeisten Kriege führten christliche und islamische Staaten jeweils untereinander und nicht gegeneinander.
              Immerhin haben die Kriege zwischen den Religionen dazu geführt, dass die innerreligiösen Feinde zusammengehalten haben. Welche Feindschaft war da wohl größer?

              Ich würde dich bitten, mehr belegbare Argumente und weniger Verschwörungstheorien vorzubringen.
              Ich hab keine Verschwörungstheorie vorgebracht, ich hab eine Vermutung aufgestellt. Diese Vermutung beruhte auf belegbaren Argumenten, nämlich dass man sich die Chance entgehen ließ, etwas leicht untersuchbares näher in Augenschein zu nehmen.

              Wenn du da schon Verschwörungstheorien witterst, dann kann ich dir leider nicht helfen.

              Und vor allem deine "Belege" sorgfältiger auf deine Hypothesen auszurichten.
              Du willst einen Kausalzusammenhang belegen. Dazu bedarf es viel mehr, als nur einen Effekt zu zeigen.
              Der Umstand, dass der Zusammenbruch erfolgte, als das Christentum in Westeuropa keineswegs so fest im Sattel saß, sprechen dagegen.
              Das es lange dauerte, sich davon zu erholen, kann, muss aber nicht mit dem Christentum zutun haben. Möglicherweise wäre ohne die katholische Kirche als verbindende Institution in Westeuropa die Situation noch viel schlimmer gewesen.
              Sie förderte zumindest den Austausch der Kulturen indem sie eine europäische Klammer bildete und eine Lingua franca etablierte.
              Sie aktzeptierte aber auch keine anderen Meinungen und verfolgte gerade diejenigen, die wissenschaftlich etwas auf dem Kasten hatten. Diese wurden entweder mundtot oder mausetot gemacht, wenn deren Ergebnisse nicht mit dem christlichen Weltbild in Einklang zu bringen waren und das auch noch über das Mittelalter hinaus.

              Genauso kann, muss es aber nicht an der KK gelegen haben, dass es einen innereuropäischen Austausch gab. Den gab es nämlich auch schon, bevor die Kirche ihre Macht entfaltet hatte.

              Soll das jetzt ein negativer Einfluss sein?
              Es ist in jedem Fall ein Einfluss und wenn der Einfluss nicht viel kreatives bewirkt hat, dann war er zumindest auch nicht positiv.


              Als Beleg sollte das Fehlen außerkirchlicher Bildungsinstitutionen reichen. Die römische Bildungselite wurde von germanischen Kriegerbünden verdrängt, die wenig Bildungsbeflissenheit zeigten. Wie lange dauerte es, bis es für Herrscher wieder selbstverständlich war, lesen und schreiben zu können?
              Wenn das ein Beleg ist, dann ist es auch einer, dass die Konkurrenz der Post bis zum 1.1.11 nicht in der Lage war, Briefe unter 50 g zu verschicken.

              Natürlich gabs keine Konkurrenz, wenn es ein Monopol gibt und wenn die Kirche über Jahrhunderte predigt, dass jeder in seinem gottgegebenen Stand bleiben soll, dann verhindert man auch Konkurrenz. Andersgläubige wurden ohnehin die ganze Zeit verfolgt und ausgerottet. Wenn du Beispiele willst, dann Google mal nach Hypatia.


              Weil ihr die Mittel und eine Zeit lang auch die Interessen fehlten. Die karolingische Renaissance hielt nicht lange an.
              Wenn man nicht die Mittel und schon gar nicht das Interesse hat, dann sollte man das Wissen auch nicht monopolisieren.


              Weil nur Spezialisten signifikante technische Verbesserungen hervor bringen. Wer nur ein Produkt herstellt, kann seine Techniken kontinuierlich optimieren.
              Wer heute eine Kutte webt, morgen Butter stampft und übermorgen Bier braut, hat dazu wenig Gelegenheit.
              Achso, du meinst global. Ich war davon ausgegangen, du meintest die Arbeitsteilung speziell auf den Zement gemünzt.

              Auch im Mittelalte gab es eine Arbeitsteilung. Nicht jeder war Landwirt oder Scheider, oder Zimmermann...
              Zuletzt geändert von Spocky; 03.02.2014, 14:21.
              Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
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                Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                Das Christentum hat sich nicht als Gegenpol zur römischen Gesellschaft entwickelt, sondern im Gegenteil, es war etwa 150 Jahre Staatsreligion im weströmischen Reich.
                Der letzte Teil des Satzes ist zwar richtig, der erste jedoch falsch. Das Christentum vertrat in manchen Punkten drastisch andere Positionen, als sie den Römern vertraut waren. Tödlich war vor allem die Kollision der Lehre vom einzigen Gott und seinem Sohn auf Erden und dem römischen Gottkaiser. Wegen dieser Konkurrenz wurden die Christen anfangs verfolgt (und sekundär wegen des arbeitsfreien Sonntages, der sich nicht mit dem Militärwesen vertrug). Andererseits machte gerade die Lehre vom gütigen Gott und die Aussicht auf Erlösung nach dem Tod die neue Religion attraktiv für Menschen, die unter der römischen Knechtschaft besonders zu leiden hatten.

                In der Bibel werden viele Zustände der römischen Gesellschaft angeprangert und Alternativen aufgezeigt.

                Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                Du kannst nicht einzelne Städte rauspicken und das als Beleg sehen. Die gesamte Weltbevölkerung jedenfalls hat nichts davon gemerkt
                Wir reden hier über Europa.

                Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                und es gab in den 1.000 Jahren Mittelalter ganz andere Städte, die prächtig florierten, wie Florenz oder Venedig. Im Mittelalter war in Deutschland Aachen auch weit wichtiger als Köln.
                Zuallererst drehte sich die Diskussion um die Zustände direkt nach den Römern. Die nachrömische Zeit war gekennzeichnet von Chaos, Gewalt und Krieg. Schon die letzten Generationen der Römer haben schwer gelitten. Alle Städte des Reiches lagen in Ruinen und die Menschen zogen aus den Städten fort, weil es dort nicht mehr sicher war. Wo wir heute eine Landflucht haben und die Menschen der Arbeit wegen in die Städte ziehen, da war das in spätrömischer Zeit genau umgekehrt. Die Städte waren ein gefährlicher Ort zum Leben, weil sie ständig von irgendeiner Armee angegriffen wurden. Allerdings war die römische Kultur auf die Stadt als Lebensmittelpunkt ausgerichtet. Und diese Basis brach ihnen weg.

                In Italien haben sich die Goten unter Odoaker sehr gründlich darum bemüht, alle Reste der römischen Infrastruktur zu zerstören und durch ihre eigene Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu ersetzen. Aus den nördlichen Grenzregionen wurden Römer zu Zehntausenden deportiert, um eine erneute Reichsgründung zu verhindern. Für Rom selbst kam das Ende mit der Belagerung durch die Langobarden, die zur Bezwingung der Stadt die zwölf Aquädukte einrissen. Ihrer Wasserversorgung beraubt wurde die Stadt fast unbewohnbar. Die Bevölkerung Roms sank auf nur noch 12.000 Menschen. Gemessen von den besten Zeiten an ist dies ein Verlust von 99%.

                Wichtig ist nun, dass die nachrömischen Königreiche zum einen (überwiegend) germanisch geführt wurden und die Kultur der Germanen war eben nicht auf Städte ausgerichtet, jedenfalls nicht auf so große. In der Gotenbibel wird z.B. Jerusalem als eine Burg nach germanischer Art beschrieben und das ist eine deutlich kleinere Einheit als das echte Jerusalem zu römischer Zeit.

                Auch ist der einstige Flächenstaat in eine Unzahl kleiner und kleinster Königreiche zerbrochen, die sich zudem auch noch spinnefeind waren. Die Germanen lebten und dachten innerhalb viel engerer Grenzen als die Römer und hatten dementsprechend eine viel kleinere Ökonomie zur Verfügung. In manchen Regionen wie der Bretagne wurde der Gebrauch von Münzgeld eingestellt. Es gibt Schriften aus England in jener Zeit, wo 80 Mann unter Waffen als großes Heer galten. Die Städte waren nur noch ein Schatten ihrer selbst, meist viel kleinere Versionen der römische Orte und erbaut auf und zwischen deren Ruinen. Wo der römische Kaiser noch aus dem ganzen Reich Steuern eintreiben und mit genügend Arbeitskräften eine gut befahrbare Straße von 500 Kilometern bauen lassen konnte, da hatten die nachrömischen Reiche noch nicht einmal im Ansatz vergleichbare Ressourcen zur Verfügung. Sie hatten noch nicht einmal ein Interesse daran, solch lange Straßen zu bauen, wenn sie selbst nur einen kleinen Teil davon kontrollieren konnten.

                Das ist die Situation, von der wir für die Zeit nach den Römern ausgehen müssen. Nördlich der Alpen gab es für lange Zeit nichts, was das Ausmaß und den Lebensstandard der römischen Stadtkultur erreichte. Lehnswesen und Leibeigenschaft bremsten die Entwicklung zusätzlich aus.

                Venedig und die anderen Städte in Norditalien waren übrigens günstiger gelegen, das muss man dazu schon sagen.

                Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                Beinahe alles, was unsere moderne Zivilisation ausmacht, musste GEGEN den Willen der Kirche erkämpft werden: Die Menschenrechte (insbesondere die Frauenrechte) und der größte Teil der Wissenschaft und Technik (Stichwort: Hexerei und Teufelswerk) ohnehin.
                Nichtsdestotrotz waren Kirchenleute oft die am höchsten gebildeten Menschen ihrer Zeit und gehörten auch zu denjenigen, die wenigstens ein bisschen technisches und botanisches Verständnis hatten. Oft leiteten in einem Königreich Mönche die Buchführung und Gesetzgebung, denn sie waren die einzigen, die sich damit auskannten.

                Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                Dass das alles im Mittelalter nur auf kleiner Glut gehalten wurde, das ist ja gerade das, was ich kritisiere. Man hätte das Feuer längst viel früher entfachen können
                Die Rahmenbedingungen waren nicht günstig dafür, aber es lag nicht an der Kirche alleine.

                Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                Ja, das sagt was aus, denn nirgends sonst in der Geschichte hat es nach dem Untergang einer Kultur jemals so lange gedauert, bis deren "Eroberer" diese überflügeln konnten.
                Siehe oben, die Möglichkeiten waren begrenzt. Auch profitierten die Araber von mehreren eigenen Faktoren. Zum einen ist die arabische Kultur günstigerweise genau in der Region entstanden, in der vorher Babylon und die alten Zivilisationen des Zweistromlandes lagen. Ich war in Berlin in der Babylon-Ausstellung gewesen und dort wurde anhand mittelalterlicher Handschriften gezeigt, welches hoch entwickelte Wissen im Bereich der Medizin, Astronomie, Technik etc. von den Babyloniern auf die Araber übergegangen ist (nicht überraschend, denn die Hochkultur bestand in der Region weiter). Zusätzlich brachten die Araber mit dem Koran und dem Propheten ein außerordentlich starkes Sendungsbedürfnis mit, das ihren Kriegszügen einen großen Schwung verlieh. Als drittem Faktor drängten die Araber in das von den Römern hinterlassene Machtvakuum. Das christliche Ägypten z.B. wechselte die Seiten, weil man hoffte, auf diese Weise der römischen Steuerlast entkommen zu können.

                Gerüstet mit dieser günstigen Ausgangsposition und getragen davon, dass die islamischen Araber größtenteils zusammen hielten und ihre Feinde eher außerhalb des Islam sahen, konnten sie florieren. Unter den Kalifen war das Leben gut, die Zivilisation erblühte. Vom Ende der Kalifate jedoch - und speziell der Art und Weise, in der dies geschah - hat sich die Kultur jedoch niemals wieder erholt.

                In kleinem Maßstab ist dies in Al-Andalus zu sehen. Dort bestand unter den Kalifen eine sehr weltoffene und wohlhabende Gesellschaft. Cordoba galt als Perle der Zivilisation und als ebenbürtig zu Bagdad. Unglücklicherweise waren es die eigenen Leute, die den Palast von Cordoba niederbrannten und die Familie des Kalifen töteten (Berber, die den Reichtum ihrer arabischen Herren für sich beanspruchten). In der Folge setzten sich zunehmend fundamentalistische Strömungen des Islam durch, welche langfristig die Gesellschaft zersetzten, die Einheit zerstörten und es den Kastiliern relativ einfach machten, die arabischen Fürstentümer eines nach dem anderen zu schlucken.

                Wenn in späteren Quellen in arabischen Schriften vom Kalifat von Cordoba die Rede ist, dann oft mit einem traurigen Unterton. Sehr sehenswert ist übrigens diese Dokumentation:

                Auf YouTube findest du die angesagtesten Videos und Tracks. Außerdem kannst du eigene Inhalte hochladen und mit Freunden oder gleich der ganzen Welt teilen.


                Das Ende der kalifatischen Zivilisation kam zwar erst 1258, dafür aber in einem beispiellosen Blutbad, als Bagdad einem Gegner zum Opfer fiel, dem die fast wehrlose Stadt nicht gewachsen war. Ein Enkel Dschingis Khans marschierte mit der größten mongolischen Armee, die jemals rekrutiert wurde gegen Bagdad. Seine Befehle waren einfach und nicht misszuverstehen: "Übernimm die Stadt oder zerstöre sie." Einfach und geradlinig wie die Mongolen damals waren, wurde der Befehl umgesetzt. Niemand kann heute mit Sicherheit sagen, wieviele Menschen dabei ums Leben gekommen sind. Als bester Schätzwert wird heute meisten die Zahl von 800.000 Toten genannt. Der Kalif und seine Familie wurden getötet und damit auch die letzte kalifatische Blutlinie beendet. Da die Kalifen aber ihre Autorität aus ihrer Abstammung von der Familie des Propheten ableiteten, brach das gesamte System in sich zusammen. Nach dem Untergang von Bagdad gab es nie wieder einen allgemein akzeptierten Kalifen. Der Islam verlor seine zentrale Autorität.

                Annals of History: Invaders : The New Yorker

                So viel erstmal zu den unterschiedlichen Faktoren beim Aufstieg der christlichen und der islamischen Kultur.
                Zuletzt geändert von Liopleurodon; 03.02.2014, 16:06.
                "En trollmand! Den har en trollmand!"

                Kommentar


                  Wie kam es zum Zerfall der Ziviisation in Europa und wieder zum Erwachen?

                  Dieser Ausflug in der Geschichte weckt mein Interesse, da ich hier doch große Wissenslücken aufweise. Mein Bruchwissen besteht Großteils aus Resterinnerung von Schulwissen, Hörensagen und TV-Dokus.


                  In einer TV-Doku wurde mal ausgesagt, dass mit dem Untergang Roms auch die europäische Zivilisation zerfiel und darauf etwa drei Jahrhunderte Barbarei folgten. Es kam zu unvorstellbaren Grausamkeiten, bis hin zum sog. "Blutigen Adler". (Betrifft dies den Zeitraum von ca. 500 bis 800?)

                  Durch die Kreuzzüge gelangten die Europäer an das vergessene, antike Wissen, dass die Araber bewahrt hatten. Dieser Wissens-Import befähigte die Euorpäer (die IMHO längst verlernt hatten Steingebäude zu bauen), lt. d. o.g. TV-Doku, Steinburgen zu bauen. Sofern ich mich nicht sehr täusche, kam noch ein gewaltiger Vulkanausbruch (vermutlich der Krakatau, Stufe 7) hinzu, dem wohl das frühe Mittelalter den Namen "Finsteres Mittelalter" verdankt.

                  Thomas von Aquin (*1225 - † 1274) war AFAIK der erste Theologie, der Exegese betrieb (könnte man umschrieben als die Deutung der Bibel durch den "Filter" der Wissenschaft) und zwar mit Hilfe griechischen Philosophie von Aristotélēs (Ἀριστοτέλης). Verdankte Aquin dieses Wissen letztenendes Al-Andalus (‏الأندلس‎)?

                  Allgemein gilt die Renaissance als "Erwachen" der europäischen Kultur. In jener Zeit wurde insbesondere der Platonismus populär. Doch bereits im Spätmittealter war Aquin der Aristotelismus vertraut. Ist der Unterschied zur Renaissance wirklich so groß?
                  Immerhin kam es in dieser Zeit zu unvorstellbaren Grausamkeiten. Die Hexenverfolgung wurde schon genannt. Hinzufügen möchte ich, dass es noch zu Luthers Lebzeiten zu Greuel entsetzlichen Ausmaßes kam, als sog. Lutheraner in Rom einfielen. Dieser Schandfelck der Renaissance stand der Bartholomäusnacht nichts nach.

                  Kann man zusammenfassend sagen, dass der Prozess des Untergangs Roms zum Zerfall der frühmittelalterlichen, euorpäischen Kultur führte, und dass das exportierte Wissen aus den Kreuzzügen und aus Al-Andalus die Evolution der Zivilisation in Europa von neuem beflügelte?

                  Zum Abschluss noch eine Frage: Wirkte die Dogmatik der mittelalterlichen katholischen Kirche nicht geradezu Erstarrend für den Fortschritt, oder habe ich hier ein falsches Bild.
                  Der grausame Ermordung der Philosphin Hypatía (Ὑπατία) in der Spätantike hatte Spocky bereits angesprochen. Verzögerte dies nicht bereits wissenschaftlichen und kulturrellen Fortschritt.

                  Kommentar


                    Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
                    Der letzte Teil des Satzes ist zwar richtig, der erste jedoch falsch. Das Christentum vertrat in manchen Punkten drastisch andere Positionen, als sie den Römern vertraut waren. Tödlich war vor allem die Kollision der Lehre vom einzigen Gott und seinem Sohn auf Erden und dem römischen Gottkaiser. Wegen dieser Konkurrenz wurden die Christen anfangs verfolgt (und sekundär wegen des arbeitsfreien Sonntages, der sich nicht mit dem Militärwesen vertrug). Andererseits machte gerade die Lehre vom gütigen Gott und die Aussicht auf Erlösung nach dem Tod die neue Religion attraktiv für Menschen, die unter der römischen Knechtschaft besonders zu leiden hatten.

                    In der Bibel werden viele Zustände der römischen Gesellschaft angeprangert und Alternativen aufgezeigt.
                    Die Christen wurden anfangd im römischen Reich verfolgt, das ist richtig. Dies geschah auch durch Römer, das ist ebenfallsrichtig, aber bereits in den ersten drei Jahrhunderten haben schon die Christen fleißig andere Christen verfolgt. Selbst der allererste Märtyrer Stephanus starb in Folge der Auseinandersetzung von Judenchristen und Heidenchristen durch Steinigung.

                    Wenn man davon ausgeht, dass ein Martyrium immer auch zu einer Heiligsprechung berechtigt (was es tut und das sogar ohne Wunder), dann kann die Anzahl der Opfer in anbetracht der Anzahl der Heiligen aus dieser Zeit damals gar nicht so groß gewesen sein, wie von der Kirche gerne dargestellt wird.


                    Wir reden hier über Europa.
                    Es gibt nicht mal einen kleinen Einbruch bei der Weltbevölkerung. Da Europa nicht so unbedeutend war, was die Anzahl der Menschen angeht, muss die Gesamtzahl entweder durch wundersame Weise kompensiert worden sein, oder mein Argument liegt nicht so weit daneben.


                    Zuallererst drehte sich die Diskussion um die Zustände direkt nach den Römern. Die nachrömische Zeit war gekennzeichnet von Chaos, Gewalt und Krieg. Schon die letzten Generationen der Römer haben schwer gelitten. Alle Städte des Reiches lagen in Ruinen und die Menschen zogen aus den Städten fort, weil es dort nicht mehr sicher war. Wo wir heute eine Landflucht haben und die Menschen der Arbeit wegen in die Städte ziehen, da war das in spätrömischer Zeit genau umgekehrt. Die Städte waren ein gefährlicher Ort zum Leben, weil sie ständig von irgendeiner Armee angegriffen wurden. Allerdings war die römische Kultur auf die Stadt als Lebensmittelpunkt ausgerichtet. Und diese Basis brach ihnen weg.

                    In Italien haben sich die Goten unter Odoaker sehr gründlich darum bemüht, alle Reste der römischen Infrastruktur zu zerstören und durch ihre eigene Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu ersetzen. Aus den nördlichen Grenzregionen wurden Römer zu Zehntausenden deportiert, um eine erneute Reichsgründung zu verhindern. Für Rom selbst kam das Ende mit der Belagerung durch die Langobarden, die zur Bezwingung der Stadt die zwölf Aquädukte einrissen. Ihrer Wasserversorgung beraubt wurde die Stadt fast unbewohnbar. Die Bevölkerung Roms sank auf nur noch 12.000 Menschen. Gemessen von den besten Zeiten an ist dies ein Verlust von 99%.
                    Die wurden aber nicht alle getötet und sie verschwanden auch nicht über Nacht. Lt. Wiki war der Rückgang von 1.000.000 auf 20.000, also nicht ganz so drastisch, wie von dir dargestellt und das über einen Zeitraum von 300 Jahren. Da war bestimmt auch Stadtflucht dabei.

                    Nichtsdestotrotz waren Kirchenleute oft die am höchsten gebildeten Menschen ihrer Zeit und gehörten auch zu denjenigen, die wenigstens ein bisschen technisches und botanisches Verständnis hatten. Oft leiteten in einem Königreich Mönche die Buchführung und Gesetzgebung, denn sie waren die einzigen, die sich damit auskannten.
                    Natürlich, wer andere gebildete Menschen gezielt umbringt - siehe z. B. der Fall Hypatia - der stellt natürlich die geistige Elite. Wenn man anderen jegliche Chance auf Bildung vorenthält, oder man sie kaltstellt, dann bleiben nunmal keine Alternativen.


                    Die Rahmenbedingungen waren nicht günstig dafür, aber es lag nicht an der Kirche alleine.
                    Ja, aber andere hätten es vielleicht besser gemacht


                    Siehe oben, die Möglichkeiten waren begrenzt. Auch profitierten die Araber von mehreren eigenen Faktoren. Zum einen ist die arabische Kultur günstigerweise genau in der Region entstanden, in der vorher Babylon und die alten Zivilisationen des Zweistromlandes lagen. Ich war in Berlin in der Babylon-Ausstellung gewesen und dort wurde anhand mittelalterlicher Handschriften gezeigt, welches hoch entwickelte Wissen im Bereich der Medizin, Astronomie, Technik etc. von den Babyloniern auf die Araber übergegangen ist (nicht überraschend, denn die Hochkultur bestand in der Region weiter). Zusätzlich brachten die Araber mit dem Koran und dem Propheten ein außerordentlich starkes Sendungsbedürfnis mit, das ihren Kriegszügen einen großen Schwung verlieh. Als drittem Faktor drängten die Araber in das von den Römern hinterlassene Machtvakuum. Das christliche Ägypten z.B. wechselte die Seiten, weil man hoffte, auf diese Weise der römischen Steuerlast entkommen zu können.

                    Gerüstet mit dieser günstigen Ausgangsposition und getragen davon, dass die islamischen Araber größtenteils zusammen hielten und ihre Feinde eher außerhalb des Islam sahen, konnten sie florieren. Unter den Kalifen war das Leben gut, die Zivilisation erblühte. Vom Ende der Kalifate jedoch - und speziell der Art und Weise, in der dies geschah - hat sich die Kultur jedoch niemals wieder erholt.
                    Das deckt sich jetzt aber weder mit dem, was Dannyboy schrieb, noch mit dem, was ich in Erinnerung habe. Meines Wissens haben die Araber erst zusammengehalten, nachdem die Christen bereits einen Kreuzzug durchgeführt hatten. Die Entzweiung trat auch bereits kurz nach dem Tod des Propheten ein, also so haut das nicht hin.

                    Zum Rest werd ich mir erstmal die Dokus ansehen.
                    Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
                    endars Katze sagt: “nur geradeaus” Rover Over
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                    Kommentar


                      Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                      Die Christen wurden anfangd im römischen Reich verfolgt, das ist richtig. Dies geschah auch durch Römer, das ist ebenfallsrichtig, aber bereits in den ersten drei Jahrhunderten haben schon die Christen fleißig andere Christen verfolgt. Selbst der allererste Märtyrer Stephanus starb in Folge der Auseinandersetzung von Judenchristen und Heidenchristen durch Steinigung.

                      Wenn man davon ausgeht, dass ein Martyrium immer auch zu einer Heiligsprechung berechtigt (was es tut und das sogar ohne Wunder), dann kann die Anzahl der Opfer in anbetracht der Anzahl der Heiligen aus dieser Zeit damals gar nicht so groß gewesen sein, wie von der Kirche gerne dargestellt wird.
                      Das ist jetzt nicht wirklich ein Argument gegen die von mir eingebrachte These, das Christentum sei teilweise als Kontrast zur damaligen römischen Gesellschaft entstanden.

                      Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                      Es gibt nicht mal einen kleinen Einbruch bei der Weltbevölkerung. Da Europa nicht so unbedeutend war, was die Anzahl der Menschen angeht, muss die Gesamtzahl entweder durch wundersame Weise kompensiert worden sein, oder mein Argument liegt nicht so weit daneben.
                      Für wie zuverlässig hältst Du die von Dir zitierte Bevölkerungskurve?

                      Außerdem habe ich nicht gesagt, dass die Römer wie die Fliegen gestorben seien. Ich sagte, die Städte haben sich durch Wegzug entvölkert, weil sie zu unsicher waren. Die ständigen Kriegszüge speziell ab dem 3. Jahrhundert müssen jedoch auch viele Opfer unter der Zivilbevölkerung gefordert haben.

                      Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                      Die wurden aber nicht alle getötet und sie verschwanden auch nicht über Nacht.
                      Siehe oben, habe ich auch nicht behauptet.

                      Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                      Lt. Wiki war der Rückgang von 1.000.000 auf 20.000, also nicht ganz so drastisch, wie von dir dargestellt und das über einen Zeitraum von 300 Jahren. Da war bestimmt auch Stadtflucht dabei.
                      Erst einmal sind die Zahlen jetzt nicht wirklich so sehr verschieden. Nach meinen Quellen hatte Rom auf seinem Höhepunkt etwa 1,2 Millionen Einwohner, auf seinem Tiefpunkt nur noch 12.000. Den Zeitraum von 300 Jahren habe ich in meinen Ausführungen implizit eingeschlossen. Es ändert jedoch nichts daran, dass Rom genauso wie die anderen Städte im Westen größtenteils entvölkert wurde.

                      Noch Reisende aus der Zeit um 1400 beschreiben Rom als eine ärmliche Stadt, mit für die riesige Fläche ziemlich wenigen Menschen, die inmitten der antiken Ruinen lebten.

                      Zum Nachlesen oder -sehen:
                      Rom: Bauwerke der Caesaren (1) - N24.de
                      Teil 1 und 2

                      Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                      Natürlich, wer andere gebildete Menschen gezielt umbringt - siehe z. B. der Fall Hypatia - der stellt natürlich die geistige Elite. Wenn man anderen jegliche Chance auf Bildung vorenthält, oder man sie kaltstellt, dann bleiben nunmal keine Alternativen.
                      In Rom waren in der Oberschicht Privatlehrer weit verbreitet, bei denen es sich überwiegend um griechische Sklaven handelte. Dieses System brach mit den Römern weitgehend zusammen. In den Jahrhunderten danach waren die Klöster fast die einzigen Orte, an denen man Lesen und Schreiben lernen konnte. Und dazu passend natürlich Aufgaben in der Verwaltung.

                      Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                      Das deckt sich jetzt aber weder mit dem, was Dannyboy schrieb, noch mit dem, was ich in Erinnerung habe. Meines Wissens haben die Araber erst zusammengehalten, nachdem die Christen bereits einen Kreuzzug durchgeführt hatten. Die Entzweiung trat auch bereits kurz nach dem Tod des Propheten ein, also so haut das nicht hin.
                      Die Verhältnisse im frühen Mittelalter waren meinen Quellen zufolge noch etwas anders. Die kalifatische Zivilisation hatte eine gewisse einigende Wirkung, zumal man durch Expansion eine Menge Aggression erst einmal kanalisieren konnte.

                      Sicher gab es auch interne Konflikte, aber die wurden als nicht so wichtig wahrgenommen wie der Kampf gegen die Ungläubigen und die Bewahrung des Islam nach außen.
                      Und die Kriegsbeute selbstverständlich. Angeblich hat das islamische Heer bei Tours und Poitiers trotz mehrfacher zahlenmäßiger Überlegenheit die Schlacht deswegen verloren, weil die Krieger die Zelte mit ihrer Beute nicht lange alleine lassen wollten.

                      Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                      Zum Rest werd ich mir erstmal die Dokus ansehen.
                      Gerne.

                      Worauf ich mich bei den Römern übrigens oft beziehe ist dieses Buch hier:

                      James Paton Isaac: Factors in the Ruin of Antiquity. A Criticism of Ancient Civilization.
                      Factors in the Ruin of Antiquity: A Criticism of Ancient Civilization - James Paton Isaac - Google Books

                      Sehr lebhaft geschrieben und gut zu lesen, Quellen sehr sauber und gründlich recherchiert.

                      Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                      In einer TV-Doku wurde mal ausgesagt, dass mit dem Untergang Roms auch die europäische Zivilisation zerfiel und darauf etwa drei Jahrhunderte Barbarei folgten. Es kam zu unvorstellbaren Grausamkeiten, bis hin zum sog. "Blutigen Adler". (Betrifft dies den Zeitraum von ca. 500 bis 800?)
                      Die Zeit passt. Rom fiel 476, über das Ausmaß der Grausamkeiten liest man verschiedene Dinge. Es wird sogar manchmal geschrieben, dass der Übergang von der römischen zur nachrömischen Gesellschaft für viele normale Römer nicht so schwerwiegende Folgen hatte. Der Grund war recht simpel und wieder mal typisch römisch: Das Steuersystem und die Last der Steuern hatte viele normale römische Bürger finanziell ruiniert und in die Schuldknechtschaft getrieben, so dass sie fortan ihr Leben als coloni für einen Großgrundbesitzer fristen mussten, der im Austausch ihre finanziellen Verpflichtungen beglich. Statt des römischen kam dann ein germanischer Herr, dem sie genauso verpflichtet waren. Manchmal blieb auch alles beim alten, in manchen Regionen blieb sogar die Sprache erhalten, weil der römische Anteil trotz aller Not immer noch die Mehrheit der Bevölkerung ausmachte.

                      Es gibt sogar Berichte aus manchen Städten im heutigen Frankreich, wo die Einwohner sich angeblich im Stadion die Spiele ansahen, während eine germanische Horde gerade ihre Stadt plünderte. Es war ihnen egal. Sie selbst waren schon unfrei und aus ihrer Sicht konnte es kaum noch schlimmer werden.

                      Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                      Durch die Kreuzzüge gelangten die Europäer an das vergessene, antike Wissen, dass die Araber bewahrt hatten.
                      Die Kontaktzone in Spanien war näher und direkter.

                      Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                      Dieser Wissens-Import befähigte die Euorpäer (die IMHO längst verlernt hatten Steingebäude zu bauen), lt. d. o.g. TV-Doku, Steinburgen zu bauen.
                      Darüber kann ich nicht so viel sagen. Technische Idioten waren die Germanen jedenfalls nicht. Sie hatten auch vorher schon von römischen Fachleuten profitiert, die als Steuerflüchtlinge oder politische Flüchtlinge das Reich verlassen mussten. Zum Ende hin bestand zwischen Römern und Germanen überwiegend technologischer Gleichstand, die Römer hatten ihren Vorsprung verloren.

                      Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                      Sofern ich mich nicht sehr täusche, kam noch ein gewaltiger Vulkanausbruch (vermutlich der Krakatau, Stufe 7) hinzu, dem wohl das frühe Mittelalter den Namen "Finsteres Mittelalter" verdankt.
                      Der Vulkanausbruch ist real, die Zuordnung zum Krakatau bisher spekulativ. Der Ausdruck "Finsteres Mittelalter" oder "Dunkles Zeitalter" wurde jedoch von den Gelehrten der Renaissancezeit oder spätestens im frühen 19. Jahrhundert geprägt mit dem Ziel, sich selbst und die eigene Epoche vom Mittelalter abzugrenzen. Dass bei den dem Mittelalter zugeschriebenen Verhältnissen mitunter stark übertrieben wurde, gilt heute als gesichert.

                      Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                      Zum Abschluss noch eine Frage: Wirkte die Dogmatik der mittelalterlichen katholischen Kirche nicht geradezu Erstarrend für den Fortschritt, oder habe ich hier ein falsches Bild.
                      Ja, dem würde ich mich anschließen.

                      Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                      Der grausame Ermordung der Philosphin Hypatía (Ὑπατία) in der Spätantike hatte Spocky bereits angesprochen. Verzögerte dies nicht bereits wissenschaftlichen und kulturrellen Fortschritt.
                      Die Römer hatten besondere Freude an grausamen Hinrichtungen. War der Tod dieser Philosophin aus römischer Sicht denn so ungewöhnlich?
                      Zuletzt geändert von Liopleurodon; 04.02.2014, 01:41.
                      "En trollmand! Den har en trollmand!"

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                        Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
                        Das ist jetzt nicht wirklich ein Argument gegen die von mir eingebrachte These, das Christentum sei teilweise als Kontrast zur damaligen römischen Gesellschaft entstanden.
                        Nein, das war auch eher als Kommentar zu der von dir angesprochenen Christenverfolgung gemeint.

                        Aber zu deiner These auch noch folgendes: Man kann in der Bibel aber auch Anpassungen an die Römer feststellen. Wenn man sich die Evangelien ansieht, dann werden die zunehmend mit ihrem Erscheinungszeitraum immer judenfeindlicher, vor allem dann bei Johannes. Jesus (wenn es ihn gab) war sicher nicht judenfeindlich, er war selbst Jude.

                        Für wie zuverlässig hältst Du die von Dir zitierte Bevölkerungskurve?

                        Außerdem habe ich nicht gesagt, dass die Römer wie die Fliegen gestorben seien. Ich sagte, die Städte haben sich durch Wegzug entvölkert, weil sie zu unsicher waren. Die ständigen Kriegszüge speziell ab dem 3. Jahrhundert müssen jedoch auch viele Opfer unter der Zivilbevölkerung gefordert haben.
                        Ich denke mal, dass zumindest die europäischen Anteile halbwegs haltbar sind, weil es dazu auch Dokumente gibt. Ich denke nicht, dass man die exakte Anzahl an Aborigines jemals feststellen kann, weil sie keine Schriftsprache kannten.

                        Ich kam ja überhaupt nur auf die Bevölkerung, weil du sie als direktes Maß für die Erholung der Gesellschaft vorgestellt hast, was sicher nicht zutreffend ist.



                        Erst einmal sind die Zahlen jetzt nicht wirklich so sehr verschieden. Nach meinen Quellen hatte Rom auf seinem Höhepunkt etwa 1,2 Millionen Einwohner, auf seinem Tiefpunkt nur noch 12.000. Den Zeitraum von 300 Jahren habe ich in meinen Ausführungen implizit eingeschlossen. Es ändert jedoch nichts daran, dass Rom genauso wie die anderen Städte im Westen größtenteils entvölkert wurde.

                        Noch Reisende aus der Zeit um 1400 beschreiben Rom als eine ärmliche Stadt, mit für die riesige Fläche ziemlich wenigen Menschen, die inmitten der antiken Ruinen lebten.

                        Zum Nachlesen oder -sehen:
                        Rom: Bauwerke der Caesaren (1) - N24.de
                        Teil 1 und 2
                        Das ist mir schon bekannt, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass andere Städte zu der Zeit längst wieder florierten. Angenommen, Rom hätte sich bis heute nicht erholt und wäre sogar komplett ausgestorben, würde man dann daraus schließen können, dass die Gesellschaft sich seit dem Untergang des Römischen Reiches immer noch nicht erholt hat oder sogar untergegangen ist? Das denke ich jedenfalls nicht


                        In Rom waren in der Oberschicht Privatlehrer weit verbreitet, bei denen es sich überwiegend um griechische Sklaven handelte. Dieses System brach mit den Römern weitgehend zusammen. In den Jahrhunderten danach waren die Klöster fast die einzigen Orte, an denen man Lesen und Schreiben lernen konnte. Und dazu passend natürlich Aufgaben in der Verwaltung.
                        Du weichst mir aus. Natürlich waren das die einzigen Orte, aber nur, weil die Kirche keine Alternativen zuließ und heidnische Gelehrte sogar ermordet wurden. Selbst christliche Gelehrte wurden noch bis übers Mittelalter hinaus verfolgt und entweder kaltgestellt (Galilei 1616 und 1633) oder ermordet (Bruno 1600).

                        Hypatia wurde 415 oder 416 ermordet. Es liegen also sowohl Anfang als auch Ende der Verfolgung außerhalb des Mittelalters (Hypatia war auch lange nicht die erste) und wenn du dir die Geschichte der Inquisition ansiehst, dann wirst du feststellen, dass wirklich durchweg Gelehrte systematisch verfolgt wurden.


                        Die Verhältnisse im frühen Mittelalter waren meinen Quellen zufolge noch etwas anders. Die kalifatische Zivilisation hatte eine gewisse einigende Wirkung, zumal man durch Expansion eine Menge Aggression erst einmal kanalisieren konnte.

                        Sicher gab es auch interne Konflikte, aber die wurden als nicht so wichtig wahrgenommen wie der Kampf gegen die Ungläubigen und die Bewahrung des Islam nach außen.
                        Und die Kriegsbeute selbstverständlich. Angeblich hat das islamische Heer bei Tours und Poitiers trotz mehrfacher zahlenmäßiger Überlegenheit die Schlacht deswegen verloren, weil die Krieger die Zelte mit ihrer Beute nicht lange alleine lassen wollten.
                        Die Kriege unter den Muslimen begannen praktisch mit dem Tod Mohammeds und wenn man sich die Gewichtung der Märtyrer ansieht, dann waren die internen Kriege weit wichtiger als die gegen Andersgläubige.

                        @ Halman + Liopleurodon: Über das Thema "Wie kam es zum Zerfall der Ziviisation in Europa und wieder zum Erwachen?" würde es sich sicher lohnen, in einem eigenen Thread zu diskutieren. Vielleicht kann den ein Mod mal erstellen.
                        Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
                        endars Katze sagt: “nur geradeaus” Rover Over
                        Klickt für Bananen!
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                          Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                          Aber zu deiner These auch noch folgendes: Man kann in der Bibel aber auch Anpassungen an die Römer feststellen. Wenn man sich die Evangelien ansieht, dann werden die zunehmend mit ihrem Erscheinungszeitraum immer judenfeindlicher, vor allem dann bei Johannes. Jesus (wenn es ihn gab) war sicher nicht judenfeindlich, er war selbst Jude.
                          Genau dazu hab ich gestern eine Doku gesehen:

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                            Zitat von Spocky Beitrag anzeigen
                            Aber zu deiner These auch noch folgendes: Man kann in der Bibel aber auch Anpassungen an die Römer feststellen. Wenn man sich die Evangelien ansieht, dann werden die zunehmend mit ihrem Erscheinungszeitraum immer judenfeindlicher, vor allem dann bei Johannes. Jesus (wenn es ihn gab) war sicher nicht judenfeindlich, er war selbst Jude.
                            Von den synoptischen Evangelien ist Matthäus' am judenfeindlichsten. Das ist aber keine Anpassung an Rom das ist eine Abgrenzung der Christen und da ganz expilzit der Judenchristen (Matthäus Schreiber war(en) wohl ebensolche) von den Juden.
                            Aus Sicht eines Judenchristen zur Zeit der Urchristen kann es wohl nichts Schlimmeres geben als einen Juden, der dem Messias nicht folgt. Das dürfte auch die Motivation judenfeindlicher Passagen bei Johannes sein. Rom selbst war nicht judenfeindlich. Zu Zeiten Jesu waren 10 % der Bewohner des Imperiums jüdisch.

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                              Zitat von Tibo Beitrag anzeigen
                              Von den synoptischen Evangelien ist Matthäus' am judenfeindlichsten. Das ist aber keine Anpassung an Rom das ist eine Abgrenzung der Christen und da ganz expilzit der Judenchristen (Matthäus Schreiber war(en) wohl ebensolche) von den Juden.
                              Aus Sicht eines Judenchristen zur Zeit der Urchristen kann es wohl nichts Schlimmeres geben als einen Juden, der dem Messias nicht folgt. Das dürfte auch die Motivation judenfeindlicher Passagen bei Johannes sein.
                              Das finde ich nachvollziehbar. Generell waren die Römer außerordentlich tolerant gegenüber anderen Religionen. Zum einen, weil sie selbst mehrere Götter kannten und ein paar mehr oder weniger dann auch nicht tragisch waren, zum anderen aus praktischen Gründen. Es gibt in Spanien die Ruinen eines Parthertempels, weil dort eine aus Parthern rekrutierte Legion stationiert war und es den Soldaten auch in religösen Dingen an nichts fehlen sollte.

                              Zitat von Tibo Beitrag anzeigen
                              Rom selbst war nicht judenfeindlich.
                              Mal abgesehen davon, dass man den in Judäa permanent schwelenden Aufruhr ein für alle Mal niederschlagen wollte.

                              Zitat von Tibo Beitrag anzeigen
                              Zu Zeiten Jesu waren 10 % der Bewohner des Imperiums jüdisch.
                              Und nur ein Jahrhundert später ist die hebräische Sprache aus Judäa verschwunden, weil sich die Überlebenden in alle Richtungen verstreuten.

                              Zitat von Spocky
                              Die Kriege unter den Muslimen begannen praktisch mit dem Tod Mohammeds und wenn man sich die Gewichtung der Märtyrer ansieht, dann waren die internen Kriege weit wichtiger als die gegen Andersgläubige.
                              Die Kriege unter den Moslems erreichten aber nur selten das Ausmaß der Expansionszüge. Und solange es die Kalifen gab, hatte man einen zentralen Bezugspunkt und eine Autorität, unter der man sich versammeln konnte. In Mesopotamien und im alten Bagdad speziell lebten Sunniten und Schiiten nebeneinander. Man rieb sich aneinander, das ist richtig, aber anders als im heutigen Bagdad schlug man sich normalerweise nicht gegenseitig die Köpfe ein. Bagdad war einst die zweitgrößte Stadt der Welt und selbst nach unseren Maßstäben unglaublich reich. Mit so vielen internen Kriegen wäre das gar nicht möglich gewesen.

                              Andererseits waren die Emotionen mitunter heiß genug, um jegliche Vernunft in den Wind zu schlagen. Das Zerwürfnis zwischen dem letzten Kalifen und seinem Großwesir wird als Grund für den Fall von Bagdad genannt, weil der Wesir den Kalifen betrogen und die Stadt den Mongolen in die Hände gespielt hatte. So soll der Wesir dem Kalifen vorgetäuscht haben, dass das anrückende mongolische Heer gar nicht so groß sei und überhaupt habe doch schon sein Vater die Mongolen zurückgeschlagen, und nein, ein Zusammenziehen weiterer Truppen sei vollkommen unnötig...

                              Und das alles nur, weil der Kalif einmal in einem unbedachten Moment das Gedicht eines beliebten schiitischen Dichters in den Fluss geworfen haben soll.

                              Immerhin waren die Mongolen so abergläubisch, dass sie seine Hinrichtung entlang islamischer Überlieferung durchführten. Es hieß angeblich, dass das Blut des Kalifen niemals die Erde berühren dürfe, weil dies eine große Katastrophe zur Folge hätte. Den meisten Quellen zufolge wickelten sie ihn in einen Teppich ein und ließen ihn von Pferden zu Tode trampeln. Sein Blut berührte nicht die Erde und es gab kein Erdbeben, also haben sie wohl alles richtig gemacht.
                              Zuletzt geändert von Liopleurodon; 04.02.2014, 13:40.
                              "En trollmand! Den har en trollmand!"

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                                Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
                                Mal abgesehen davon, dass man den in Judäa permanent schwelenden Aufruhr ein für alle Mal niederschlagen wollte.
                                Das ist aber nicht judenfeindlich, die Situation in Judäa hätte man gleicher Lage der Dinge mit Nichtjuden nicht anders bewertet. Dort war es unruhig und Rom hatte halt eine wirksame Methode zur "Befriedung" die wurde gegen alle Religionen eingesetzt.

                                - - - Aktualisiert - - -

                                Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
                                Das finde ich nachvollziehbar. Generell waren die Römer außerordentlich tolerant gegenüber anderen Religionen. Zum einen, weil sie selbst mehrere Götter kannten und ein paar mehr oder weniger dann auch nicht tragisch waren, zum anderen aus praktischen Gründen. Es gibt in Spanien die Ruinen eines Parthertempels, weil dort eine aus Parthern rekrutierte Legion stationiert war und es den Soldaten auch in religösen Dingen an nichts fehlen sollte.
                                Naja man hat das schon kritisch gesehen, dass die Juden Cäsars Göttlichkeit nicht anerkannten, sonst ist das aber wohl so gewesen wie du sagst.

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