Das Bildungssystem der Vereinigten Staaten

[xanrof]

Neues vom US-Bildungssystem:

Ich hatte anderer Stelle (zB hier, #81) schon mal geschrieben, dass der Zustand und das Niveau einzelner Schulen sehr stark von den lokalen Verhaeltnissen (zB County = Landkreis, Bezirk) abhaengt. Dies betrifft sowohl Inhalte der Lehrplaene als auch die materielle Ausstattung der Schulen.
Bzgl. der Lehrplaene gibt es zwar Gesetze der einzelnen Bundesstaaten; diese Minimalanforderungen sind jedoch sehr allgemein gehalten. Dies ist eine Folge des ausgepraegten Foerderalismus in den USA, der so gut wie alle ''innenpolitische'' Kompetenzen an die Bundesstaaten oder an darunter liegende Ebenen verteilt.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es verstaendlich, dass es kaum nationale (also USA-weite) Lehrplan-Vorgaben gibt. Tatsaechlich gibt es aber solche nationalen Lehrplaene (national standard guidelines), deren Umsetzung ist jedoch freiwillig.
Allerdings hat es sich gezeigt, dass viele Bundesstaaten und Bezirke diesen Richtlinien folgen, obgleich einige Staaten (zB Tennessee) Gesetze zur ''Lehrfreiheit'' verabschiedet haben (academic freedom laws), die es einzelnen Lehrern freistellen, beide Seiten umstrittener Themen zu lehren.

Von Zeit zu Zeit werden diese Standards ueberarbeitet (Artikel bei New Scientist) , das (vor)letzte Mal geschah dies 1996. Vor kurzem wurde nun fuer die wissenschaftlichen Faecher erneut eine Ueberarbeitung durchgefuehrt und die Ergebnisse veroeffentlicht (Next Generation Science Standards).

Ein interessanter und neuer Punkt findet sich unter den Lernzielen fuer ''earth systems / human impacts''.
Hier wird ausdruecklich auf die Notwendigkeit fuer Energiesparen, auf nachhaltiges Denken fuer Ressourcen und auf die menschliche Ursachen der globalen Erwaermung hingewiesen. Mit der Vermittlung dieser Lehrinhalte soll bereits ab Kindergarten/Preschool begonnen werden (K-ESSC3). (Quelle: APPENDIX J Science Technology Society and the Environment_0, pdf document)

Together, advances in science, engineering, and technology can have—and indeed have
had—profound effects on human society, in such areas as agriculture, transportation,
health care, and communication, and on the natural environment. Each system can
change significantly when new technologies are introduced, with both desired effects and
unexpected outcomes. (NRC, 2012, p. 210).

Ok, das Ganze ist nicht verpflichtend, aber viele setzen es denoch um. Und es ist ein grosser Sprung,verglichen mit den kategorischen Klimawandel-Leugnungen frueherer US Administrationen.

Toll finde ich auch, dass bereits in fruehen Jahren auf die theoretischen Grundlagen von Forschung und Wissenschaft eingegangen bin: Wie ist der Prozess zur Erkenntnisgewinnung (Appendix H - The Nature of Science in the Next Generation Science Standards 4.9.13)?

The nature of science is included in the Next Generation Science Standards. Here
we present the NOS Matrix. The basic understandings about the nature of science are:

• Scientific Investigations Use a Variety of Methods
• Scientific Knowledge is Based on Empirical Evidence
• Scientific Knowledge is Open to Revision in Light of New Evidence
• Scientific Models, Laws, Mechanisms, and Theories Explain Natural Phenomena
• Science is a Way of Knowing
• Scientific Knowledge Assumes an Order and Consistency in Natural Systems
• Science is a Human Endeavor
• Science Addresses Questions About the Natural and Material World

Die Verinnerlichung dieser Erkenntnisse wuerde ich mir manchmal auch hier im Forum bei manchen Usern wuenschen.

[Spocky]

Irgendwo kann man sich doch über die Republikanische Partei in den USA nur noch an den Kopf langen.

Der neueste ist der, dass sich ein republikanischer Abgeordneter darüber ärgerte, dass Obama nicht bei der Charlie Hebdo Gedenkveransteltung teilgenommen hat, wozu er meinte, es sei sogar für Hitler wichtiger gewesen, nach Paris zu kommen.

https://de.nachrichten.yahoo.com/us-republikaner-vergleicht-obama-hitler-081747113.html

Hallo? Haben die da drüben keine Ahnung von europäischer Geschichte?

[Athena Tyrol]

@ Spocki - Nein, haben sie nicht.
Ich wurde in Amerika mal gefragt, ob denn bei uns immer noch die Schweiz dazugehört (?) und ob wir die Schäden vom Krieg schon beseitigt haben... (Wohlgemerkt, das war 2012....)

[xanrof]

Irgendwo kann man sich doch über die Republikanische Partei in den USA nur noch an den Kopf langen. ...
Hallo? Haben die da drüben keine Ahnung von europäischer Geschichte?

Von europäischer Geschichte allgemein haben sie (also die Highschool-besuchende Masse) tatsächlich keine Ahnung. Nur 1. und 2. WK und -meist- der Fall der Mauer wird fast überall behandelt.

Bzgl der obigen Story war's wohl eher die unüberlegte Aussage eines Idioten, was wegen der Parteizugehörigkeit auch kein Widerspruch ist.

[Vidar]

Von europäischer Geschichte allgemein haben sie (also die Highschool-besuchende Masse) tatsächlich keine Ahnung. Nur 1. und 2. WK und -meist- der Fall der Mauer wird fast überall behandelt.

Echt? Die behandeln den 1. und 2. WK? Ein Freund von mir war zu einem Schüleraustausch in den Staaten (ist jetzt ca. 1 Jahre her) und wurde dort von einem Lehrer welche eine Swastikaflagge als Schmuck in seinem Büro hängen hatte direkt mit Hitlergruß begrüßt, der freute sich total mal einen der "Echten" vor sich zu haben.
Wäre mal ein Lehrplan interessant...

[xanrof]

@ Spocki - Nein, haben sie nicht.
Ich wurde in Amerika mal gefragt, ob denn bei uns immer noch die Schweiz dazugehört (?) und ob wir die Schäden vom Krieg schon beseitigt haben... (Wohlgemerkt, das war 2012....)

Kannst du aus dem Stegreif heraus US-Bundesstaaten aufzählen, welche an Mexico und/oder an Kanada grenzen? Was ist mit den US-Territorien im Pazifik? Oder zumindest die 13 Gründerstaaten?

Ich wette, daß nicht.
Und warum auch?

Warum sollte der durchschnittliche Ami (aus deren Sicht) die Geografie von Europa so genau kennen.
Die USA haben Beziehungen in alle Welt, daher werden im Unterricht alle Regionen gleich(schlecht) behandelt.
Europa (und v.a. Dtl) hat wegen der neueren europäischen Geschichte starke Beziehungen v.a. zu den USA, daher ist es nicht verwunderlich, wenn "wir" mehr über "die" wissen statt umgekehrt.

Und die Frage nach den Kriegsschäden kann durch Nichtwissen aufgekommen sein,
es kann aber auch ein echtes Interesse sein, ob es noch irgendwo "Restschäden" gibt.
Mit Blick auf die 5000 Weltkriegsbomben, die jährlich gefunden werden ist das eine Frage,
die nicht zwingend verneint werden kann.



- - - Aktualisiert - - -

Echt? Die behandeln den 1. und 2. WK?

Na hör mal, wenn das glorreiche Amerika schon Nazideutschland besiegt, dann muss das doch den Kids vermittelt werden.

...von einem Lehrer welche eine Swastikaflagge als Schmuck in seinem Büro hängen hatte direkt mit Hitlergruß begrüßt, der freute sich total mal einen der "Echten" vor sich zu haben.
Wäre mal ein Lehrplan interessant...

Tja, solche Typen gibt es wohl überall. Und Lehrpläne werden im wesentlichen auf County-Ebene (d.h. Landkreise) erstellt. Von seitens der Schulbehörden (Bundesstaatsebene) gibt es nur einen rudimentären Rahmenplan mit Mindestvoraussetzungen, der eingehalten werden muss.

Offen gestanden, die Lehrpläne in manchen Gegenden Utahs machen mir mehr Sorgen., denn da steckt System dahinter.

[Spocky]

Von europäischer Geschichte allgemein haben sie (also die Highschool-besuchende Masse) tatsächlich keine Ahnung. Nur 1. und 2. WK und -meist- der Fall der Mauer wird fast überall behandelt.

Ja, aber gerade wenn sie den 2. WK lernen, müssten sie doch auch wissen, wann und warum Hitler in Paris war. Ich meine, immerhin wusste der Mann, dass er da war und das kam auch nur ein einziges Mal vor.

Bzgl der obigen Story war's wohl eher die unüberlegte Aussage eines Idioten, was wegen der Parteizugehörigkeit auch kein Widerspruch ist.

Darum ja auch die spezielle Erwähnung der Partei und dass dies kein Einzelfall ist.

Davon abgesehen ist das noch nicht mal die schlimmste Aussage. Da fand ich das mit den Forderungen nach Sklaverei - und das von der Partei, die gegründet wurde, um selbige Abzuschaffen (Lincoln wird im Grab rotieren) - bzw. dem Erschießen oder doch zumindest nur verweigern von Erster Hilfe für Schwule noch weitaus schlimmer.

[xanrof]

Ja, aber gerade wenn sie den 2. WK lernen, müssten sie doch auch wissen, wann und warum Hitler in Paris war. Ich meine, immerhin wusste der Mann, dass er da war und das kam auch nur ein einziges Mal vor.

Deswegen schrieb ich ja, dass ich denke, dass dies einfach nur ne unüberlegte Aussage war. Ein schnell rausgerotzter Spruch, der wohl cool klingen sollte aber nach hinten los ging.

Davon abgesehen ist das noch nicht mal die schlimmste Aussage. Da fand ich das mit den Forderungen nach Sklaverei - und das von der Partei, die gegründet wurde, um selbige Abzuschaffen (Lincoln wird im Grab rotieren) - bzw. dem Erschießen oder doch zumindest nur verweigern von Erster Hilfe für Schwule noch weitaus schlimmer.

Nun ja, mit diversen Zitaten republikanischer Abgeordneter lassen sich ganze Bibliotheken füllen.

Immer wieder nett*: die Vergewaltigungsthematik



(* die Sarkasmus-Tags kann ich mir hoffentlich sparen)

[Spocky]

Erschreckend, diese Liste. Selbst ich kannte davon bisher nur das orange hinterlegte Zitat. Offensichtlich krieg ich trotz zahlreicher auf FB abonnierter US Amerikaner nicht wirklich viel mit von da drüben

Noch schlimmer ist ja, dass das nur der erste Teil von insgesamt 8 ist:

http://goprapeadvisorychart.com

[Schatten7]

seid nicht so hochnässig^^

Ich wurde schon gefragt (von deutschen in D.) ob es stimmt das man in Warschau Polarlichter sehen kann und ob in Polen Eisbären frei herumlaufen.

Und für Russen ist alles bei uns *bei Berlin*.

[Thomas W. Riker]

Ich wurde schon gefragt (von deutschen in D.) ob es stimmt das man in Warschau Polarlichter sehen kann ...

Also sehr, sehr selten kann man in Nordhessen Polarlichter sehen und Warschau ist etwas nördlicher.

[endar]

Och Leute, wie gut kennt ihr euch denn mit amerikanischer Geschichte aus?
Wann endete der amerikanische Bürgerkrieg?
Wer war Präsident während des Zweiten Weltkriegs und warum fällt seine Präsidentschaft aus dem Rahmen?
Welchen sonderbaren Ruf haben die Menschen in Wisconsin und warum?

Ist das bei uns soviel besser?
Ich habe vor einigen Jahren, als ich bei einem Arzt arbeitete, meine Kollegen mal testweise gefragt, wer der letzte Reichspräsident war, wer der erste Bundeskanzler und wann der Zweite Weltkrieg begann. Es war kein Ruhmesblatt.

Eine Französin fragte mich einmal, warum ich den Kaffee mit einer "Bodum-kanne" mache und nicht mit einer Maschine. Ich erzählte ihr, dass der Allierte Kontrollrat 1945 Kaffeemaschinen für alle Zeiten in Deutschland verboten hätte. Sie hat es geglaubt und vielleicht glaubt sie es noch heute.
Deswegen sind aber nicht alle Franzosen doof.

[Sternenkreuzer]

Ja gut also ich bin ja stud. Historiker, aber manchmal muss ich sagen habe ich gewisse Daten, die man leicht nachsehen kann, nicht im Kopf. Muss ich zugeben.

Wichtig ist aber für mich, dass ich die Informationen in ein passendes Schema einordnen kann.
Und vor allem die Sache mit dem Aliierten Kontrollrat und der Kaffeemaschine. Man muss halt bedenken, dass sowiso ne Menge Fehlinformationen in der Bevölkerung kursieren.
Man darf eines nicht vergessen: Die Deutschen sind leider nicht so schlau wie sie glauben und zweitens sind manche auch mehr so technisch ausgerichtet. Da ist es dann egal ob der so und so Krieg dann oder dann stattfand. Da ist dann HTML Programmierung wichtiger, wovon ich eben nur so ein wenig Ahnung habe.

[Ace Azzameen]

Och Leute, wie gut kennt ihr euch denn mit amerikanischer Geschichte aus?
Wann endete der amerikanische Bürgerkrieg?
Wer war Präsident während des Zweiten Weltkriegs und warum fällt seine Präsidentschaft aus dem Rahmen?
Welchen sonderbaren Ruf haben die Menschen in Wisconsin und warum?

Das sind dann aber schon deutlich tiefgreifendere Fragen. Auch wenn ich dir prinzipiell Recht geben muss, in dem Punkt dass auch in Deutschland die Allgemeinbildung ein wenig auf der Strecke bleibt, hab ich ernste Zweifel, dass (prozentual) so viele Amerikaner die Bundeskanzlerin oder den Bundespräsidenten kennen, wie bei den deutschen den US Präsidenten. Genauso wie ich mal ganz blauäugig davon ausgehe, dass mehr Deutsche die USA auf einer stillen Karte finden, als anders herum.

[endar]

Das sind dann aber schon deutlich tiefgreifendere Fragen.

Nein. Das kommt dir nur so vor. Klar, die Schweizer/Österreicher/Deutschen hier im Forum kennen sich geographisch und politisch in Europa wohl ganz gut aus, aber das in erster Linie eine ganz normale Kenntnis zur eigenen Heimat.

Die Frage zu Wisconsin ist zudem gar nicht besonders wissenschaftlich. Wenn man da wohnt, weiß man das mit einer gewissen Sicherheit. Die Wisconsener gelten als etwas zurückgeblieben (Brutstätte der Triebtäter), auch weil/obwohl da viele ursprünglich Deutsche wohnen. Für Amerikaner werden das völlig normale Fragen sein.

Ist halt so: Ein Münchener kennt München, einer Berliner Berlin. Wie kommts, dass der Berliner München nicht kennt?

Auch wenn ich dir prinzipiell Recht geben muss, in dem Punkt dass auch in Deutschland die Allgemeinbildung ein wenig auf der Strecke bleibt, hab ich ernste Zweifel, dass (prozentual) so viele Amerikaner die Bundeskanzlerin oder den Bundespräsidenten kennen, wie bei den deutschen den US Präsidenten.

Über die Kanzlerin kann man gerne reden, ob man die kennen sollte, aber warum sollte ein Amerikaner den Bundespräsidenten kennen? Das ist ein völlig unwichtiges Amt.

Die meisten Deutschen kriegen sicher unsere Nachbarstaaten zusammen. Aber kennen von den Regierungschefs unserer höchstens ein oder zwei mit Namen. Damit wir uns nicht missverstehen: ich nehme mich dabei gar nicht aus.

Der Punkt ist: Was wir als Mitteleuropäer für "Allgemeinbildung" halten, sieht zwei, drei Länder südlich, östlich und westlich schon ganz anders aus.

Genauso wie ich mal ganz blauäugig davon ausgehe, dass mehr Deutsche die USA auf einer stillen Karte finden, als anders herum.

Und, finden diese Deutschen auch den Bundesstaat Wisconsin, wenn man sie fragt?
Wie viele Deutsche können wohl auf Anhieb ohne Internet Mali auf der Karte zeigen? Oder Taiwan? Oder Aserbaidschan?

Peinlich wird es natürlich, wenn Amerikaner heute den Irak und andere aktuelle Kriegsschauplätze nicht kennen. Aber wie viele Deutsche fänden Afghanistan auf dem Atlas? Naja, ich glaube, ich habe meinen Punkt verdeutlicht.