Es wäre mir wohl gar nicht aufgefallen, wenn nicht ständig irgendwelche Internetseiten Werbung a la "Was machen Sie am 11. September" schalten würden. Tatsächlich wird es nächste Woche schon 10 Jahre her sein, dass Mohammed Atta mit seinen Kollegen von Terroristen, Schurken, Mördern, Gläubigen, Freiheitskämpfern, Gangstern, Geisteskranken (oder wer sie auch immer wie bezeichnen möchte) mithilfe gekaperter Flugzeuge die Türme des World Trade Centers in Schutt und Asche legten und einen Flügel des Pentagon ramponierten, wobei rund 3000 Menschen ihr Leben ließen.
Ich weiß noch wie unserer Geschichtslehrer m nächsten Schultag mit nicht wenig Pathos Daten an die Tafel schrieb: 1.09.39, 7.12.41, 9.11.89, 11.09.01. Die Botschaft dahinter sollte wohl sein, dass wir mit dem 11. September (oder 9/11 wie man es in unserer amerikanisierten Welt auch nennt) einen entscheidenden Wendepunkt in der Weltgeschichte miterlebt hätten.
Doch kann man dieses Urteil bestätigen, nun wo wir eine Dekade Zeit hatten, die Konsequenzen zu beobachten und einzuordnen?
Auf der einen Seite hat sich tatsächlich eine ganze Menge seit den 90'er Jahren geändert. Man erinnere sich, rund 10 Jahre vor den schwersten terroristischen Anschlägen der Geschichte (Staatsterrorismus nicht mitgerechnet) löste sich die Sowjetunion in ihre Bestandteile auf. Wagemutige Analysten sprachen da vom "Ende der Geschichte" und tatsächlich schienen geopolitische Kräftemessen ein Phänomen der Vergangenheit zu sein. Die wichtigsten Fragen des Jahzehnts waren die, wie weit man die Dot-com-Blase noch aufblasen kann, bis sie platzt, und ob der Präsident der Vereinigten Staaten sich im Oval Office von seiner Praktikantin einen hat blasen lassen. Davon abgesehen genoss man den Frieden und strebte danach reicher und reicher zu werden; der auf dem Papier letzte große Kommunistenstaat bildete da keine Außnahme. Ja sicher, am A.... der Welt kam es gelegentlich noch zu Reibereien (Haiti, Somalia, Kosovo z.B), aber außer einigen unverbesserlichen Weltverbesseren interessierte das eigentlich niemanden und selbst die Weltverbesserer gingen nicht so weit, für die Linderung der Probleme die Leben der Landsleute zu riskieren.
Dann kommt der 11.September und in den Jahren darauf führt der Westen zwei große Kriege in der arabischen Welt, die beide ziemlich daneben gehen und Billionen von $ + zehntausende von Leben kosten. Dazu wird ein globaler Krieg gegen den Terrorismus, speziell die islamistische Terror-Organisation Al-Qaida, ausgerufen. Das in den 90'er Jahren eher belächelte huntingtonsche Bild vom "Krieg der Kulturen" manifestierte sich in abgeschwächter Form in einem zunehmend negativen Bild, dass sich Muslimen und Westlern von ihrem Gegenüber machen.
Und wo stehen wir heute? Der islamistische Terror schaffte es in den 10 Jahren nicht mehr in den USA Zähne zu zeigen und nachdem er einen kurzen Zwischenstopp in Westeuropa eingelegt hatte, verschwand er schließlich ganz von den westlichen Gefilden. Spät verlor Al-Qaida mit Osama Bin Laden schließlich seine ikonische Führungsfigur, aber bereits vorher lernten zahlreiche Führungspersonen vorzeitig ihren Schöpfer kennen.
Die Organisation wurde aus Afghanistan und schließlich auch dem Irak gejagt. Ein trauriger Rest steckt heute u.a im Yemen (einem Land also, das so heruntergekommen ist, dass selbst die CIA dort nicht hin will) und träumt nostalgisch von ihrem 10. Jahrhundert Kalifat, das es nie mehr geben wird. Militärisch, politisch und ideologisch ist der islamische Fundamentalismus gescheitert.
Nach der Finanzkrise 2008, die nach einer kurzen Erholungspause von der Finanzkrise 2011 abgelöst wurde, ist der Westen, der über den Irakkrieg noch gepalten war, nun einheitlich kriegsmüde geworden. In den USA kann selbst ein Ron Paul den ein oder anderen Zuspruch erhalten, wenn er seine "Bring the Boys home"-Reden schwingt und in Deutschland lässt sich mit Durchhalteparolen schon seit Jahren kein politisches Kapital mehr gewinnen. Statt fremde Staaten aufzubauen richten sich die Anstengungen mehr und mehr darauf, die eigenen existierenden Staaten vom Zusammenbruch zu bewahren. Ground Zero wird noch einige Jahre Baustelle bleiben bis das neue - selbstverständlich größere- WTC vollständig errichtet sein wird, aber schon jetzt erinnert nur noch wenig an die vergangene Zerstörung und das vergangene Chaos. Selbst die Serie, die wie keine andere den Existenzkampf gegen die Feinde der Zivilisation in überzeichneter Weise wiedergab und unrühmliche Entgleisungen wie Waterboarding oder Abu Ghraib zur 4 ten Potenz erhob, ist inzwischen abgesetzt. Jack Bauer ist in Rente gegangen...wenn er diese als Bundesbeamter noch ausgezahlt bekommt.
Aber um wieder auf meine Ausgangsfrage hinauszukommen. Wenn ein Lehrer im Jahre 2020 nach einem mutmaßlich weltbewegenden Ereignis wieder auf die Idee kommen sollte, wichtige Daten der Weltgeschichte an die Tafel zu schreiben: Sollte der 11.September 2001 eines dieser Daten sein?
Ich neige dazu, dies zu verneinen, zumindest wenn man wirkliche Wendepunkte der Geschichte wie den japanischen Angriff auf Pearl Harbor, den Beginn des ersten Weltkriegs oder dem Ende der Sowjetunion als Vergleichsmaßstab heranzieht.
(Über Verschwörungstheorien zum 11.September gibt es bereits einen eigenen Thread, den die Crackpots des P&G-Forums bei Bedarf bitte nutzen, statt diesen seriösen Thread zu beschmutzen. Danke!)
Ich weiß noch wie unserer Geschichtslehrer m nächsten Schultag mit nicht wenig Pathos Daten an die Tafel schrieb: 1.09.39, 7.12.41, 9.11.89, 11.09.01. Die Botschaft dahinter sollte wohl sein, dass wir mit dem 11. September (oder 9/11 wie man es in unserer amerikanisierten Welt auch nennt) einen entscheidenden Wendepunkt in der Weltgeschichte miterlebt hätten.
Doch kann man dieses Urteil bestätigen, nun wo wir eine Dekade Zeit hatten, die Konsequenzen zu beobachten und einzuordnen?
Auf der einen Seite hat sich tatsächlich eine ganze Menge seit den 90'er Jahren geändert. Man erinnere sich, rund 10 Jahre vor den schwersten terroristischen Anschlägen der Geschichte (Staatsterrorismus nicht mitgerechnet) löste sich die Sowjetunion in ihre Bestandteile auf. Wagemutige Analysten sprachen da vom "Ende der Geschichte" und tatsächlich schienen geopolitische Kräftemessen ein Phänomen der Vergangenheit zu sein. Die wichtigsten Fragen des Jahzehnts waren die, wie weit man die Dot-com-Blase noch aufblasen kann, bis sie platzt, und ob der Präsident der Vereinigten Staaten sich im Oval Office von seiner Praktikantin einen hat blasen lassen. Davon abgesehen genoss man den Frieden und strebte danach reicher und reicher zu werden; der auf dem Papier letzte große Kommunistenstaat bildete da keine Außnahme. Ja sicher, am A.... der Welt kam es gelegentlich noch zu Reibereien (Haiti, Somalia, Kosovo z.B), aber außer einigen unverbesserlichen Weltverbesseren interessierte das eigentlich niemanden und selbst die Weltverbesserer gingen nicht so weit, für die Linderung der Probleme die Leben der Landsleute zu riskieren.
Dann kommt der 11.September und in den Jahren darauf führt der Westen zwei große Kriege in der arabischen Welt, die beide ziemlich daneben gehen und Billionen von $ + zehntausende von Leben kosten. Dazu wird ein globaler Krieg gegen den Terrorismus, speziell die islamistische Terror-Organisation Al-Qaida, ausgerufen. Das in den 90'er Jahren eher belächelte huntingtonsche Bild vom "Krieg der Kulturen" manifestierte sich in abgeschwächter Form in einem zunehmend negativen Bild, dass sich Muslimen und Westlern von ihrem Gegenüber machen.
Und wo stehen wir heute? Der islamistische Terror schaffte es in den 10 Jahren nicht mehr in den USA Zähne zu zeigen und nachdem er einen kurzen Zwischenstopp in Westeuropa eingelegt hatte, verschwand er schließlich ganz von den westlichen Gefilden. Spät verlor Al-Qaida mit Osama Bin Laden schließlich seine ikonische Führungsfigur, aber bereits vorher lernten zahlreiche Führungspersonen vorzeitig ihren Schöpfer kennen.
Die Organisation wurde aus Afghanistan und schließlich auch dem Irak gejagt. Ein trauriger Rest steckt heute u.a im Yemen (einem Land also, das so heruntergekommen ist, dass selbst die CIA dort nicht hin will) und träumt nostalgisch von ihrem 10. Jahrhundert Kalifat, das es nie mehr geben wird. Militärisch, politisch und ideologisch ist der islamische Fundamentalismus gescheitert.
Nach der Finanzkrise 2008, die nach einer kurzen Erholungspause von der Finanzkrise 2011 abgelöst wurde, ist der Westen, der über den Irakkrieg noch gepalten war, nun einheitlich kriegsmüde geworden. In den USA kann selbst ein Ron Paul den ein oder anderen Zuspruch erhalten, wenn er seine "Bring the Boys home"-Reden schwingt und in Deutschland lässt sich mit Durchhalteparolen schon seit Jahren kein politisches Kapital mehr gewinnen. Statt fremde Staaten aufzubauen richten sich die Anstengungen mehr und mehr darauf, die eigenen existierenden Staaten vom Zusammenbruch zu bewahren. Ground Zero wird noch einige Jahre Baustelle bleiben bis das neue - selbstverständlich größere- WTC vollständig errichtet sein wird, aber schon jetzt erinnert nur noch wenig an die vergangene Zerstörung und das vergangene Chaos. Selbst die Serie, die wie keine andere den Existenzkampf gegen die Feinde der Zivilisation in überzeichneter Weise wiedergab und unrühmliche Entgleisungen wie Waterboarding oder Abu Ghraib zur 4 ten Potenz erhob, ist inzwischen abgesetzt. Jack Bauer ist in Rente gegangen...wenn er diese als Bundesbeamter noch ausgezahlt bekommt.
Aber um wieder auf meine Ausgangsfrage hinauszukommen. Wenn ein Lehrer im Jahre 2020 nach einem mutmaßlich weltbewegenden Ereignis wieder auf die Idee kommen sollte, wichtige Daten der Weltgeschichte an die Tafel zu schreiben: Sollte der 11.September 2001 eines dieser Daten sein?
Ich neige dazu, dies zu verneinen, zumindest wenn man wirkliche Wendepunkte der Geschichte wie den japanischen Angriff auf Pearl Harbor, den Beginn des ersten Weltkriegs oder dem Ende der Sowjetunion als Vergleichsmaßstab heranzieht.
(Über Verschwörungstheorien zum 11.September gibt es bereits einen eigenen Thread, den die Crackpots des P&G-Forums bei Bedarf bitte nutzen, statt diesen seriösen Thread zu beschmutzen. Danke!)
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