Kiessling ist verbittert, weil seine Familie für den Brückenschlag der Bahn zum zweiten Mal enteignet wurde. Kurz nach der Wiedervereinigung hatte Kiessling die große Weide zurückerhalten, die seine Eltern in der DDR an die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft abtreten mussten. Wenig später wollte die Bahn sie ihm für 6000 Mark abkaufen. Er habe abgelehnt, sagt Kiessling. Eines Tages habe er dann aus dem Amtsblatt erfahren, dass die Bahn »in die Nutzung« seiner Wiese »eingetreten« sei.
Zu Beginn der Planung versuchte die Bahn ihr Vorhaben noch damit zu rechtfertigen, dass auch Güterzüge die Strecke nutzen würden. Doch für den Güterverkehr hat die Verbindung kaum Bedeutung: Im Frachtverkehr verlaufen die wichtigen Nord-Süd-Routen weiter westlich über Fulda und Würzburg sowie weiter östlich über Leipzig, Hof und Regensburg. Auf der neuen Hochgeschwindigkeitstrasse könnten Güterzüge nur nachts fahren, wenn keine ICEs unterwegs sind. Tagsüber würden sich beide gegenseitig behindern, da sie unterschiedlich schnell fahren. Aus Alibigründen »wird die Bahn vielleicht fünf Güterzüge pro Tag fahren lassen«, vermutet Holzhey. »Aber das ist nichts, was diese Strecke rechtfertigt.«
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