Der EURO in der Krise

[Chloe]

Das Thema hatten wir schon.
Merkels Verhalten macht nur mit Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 Sinn. Sie will die Sache bis dahin verschleppen, und folgt diesbezüglich eben ihrem machtpolitischem Instinkt statt auf volkswirtschaftliche Vorschläge ihrer fachkundigen Mitarbeiter zu hören. Und warum sollte sie es auch ändern? ALLE Umfragen geben ihr momentan doch Recht mit dem, was sie tut.

Das setzt die ziemlich gewagte Annahme voraus, dass dieses Kartenhaus noch ein Jahr zusammenhält. Ganz abgesehen davon, dass sie es, sofern sie wiedergewählt wird, auch auszubaden hat, wenn es danach zusammenbricht.

Natürlich wissen sie es. Da ein Entwicklungsland Griechenland aber Deutschland nicht direkt schadet, ist es denen egal.

Ist dann Spanien auch ein Entwicklungsland, oder weswegen wird in diesem Fall genauso verfahren?

[irony]

Ich kriege Tag für Tag bestätigt, dass sie es nicht wissen.

Welche Bestätigungen sollen das sein? Volkswirte gibt es mehr als genug in den Ministerien und Ämtern, die werden auch Zusammenhänge erkennen und Dossiers aufbereiten und weiterreichen. Die Probleme, Risiken, usw. werden bekannt sein.

[Chloe]

Welche Bestätigungen sollen das sein? Volkswirte gibt es mehr als genug in den Ministerien und Ämtern, die werden auch Zusammenhänge erkennen und Dossiers aufbereiten und weiterreichen. Die Probleme, Risiken, usw. werden bekannt sein.

Die Bestätigung ist, dass ständig ein Kurs weiter verfolgt wird, der nachweislich nicht funktioniert hat, der gar nicht funktionieren kann, weil er elementarsten Gesetzmäßigkeiten zuwiderläuft, und der deshalb andauernd von Volkswirten aller möglicher Richtungen aus allen möglichen Gründen als untauglich bezeichnet wird.

Ja, es gibt genug Volkswirte in den Ministerien und in den Instituten, und ob du es glaubst oder nicht, ich kenne so einige darunter persönlich. Das nutzt nichts, wenn man sich von den eigenen Leuten nichts sagen lässt. O-Ton Frau Merkel auf die Frage von Günther Jauch, warum sie ihren Kurs weiter verfolgt, obwohl er ständig von Experten kritisiert wird: Sie müsse schließlich die Verantwortung tragen und nicht die Experten, und deshalb mache sie, was sie für richtig hält!

[irony]

Ja, es gibt genug Volkswirte in den Ministerien und in den Instituten, und ob du es glaubst oder nicht, ich kenne so einige darunter persönlich. Das nutzt nichts, wenn man sich von den eigenen Leuten nichts sagen lässt.

Es gibt z.B. auch Leute, die genau wissen, wie schädlich Rauchen ist, und trotzdem rauchen. Es gibt sogar Ärzte, die Kette rauchen.

[Chloe]

Es gibt z.B. auch Leute, die genau wissen, wie schädlich Rauchen ist, und trotzdem rauchen. Es gibt sogar Ärzte, die Kette rauchen.

Wir haben es aber hier, wenn man deiner These folgt, mit Leuten zu tun, die wissen, dass Rauchen schädlich ist, und andere Leute anweisen zu rauchen.

Ich weiß nicht, was dein Fachgebiet ist. Aber egal welches es ist, du wirst das vermutlich auch kennen. Wenn jemand über dein Fachgebiet etwas erzählt, dann merkst du, ob derjenige eine Ahnung hat, wovon er redet, oder nicht? Einfach daran, wie er bestimmte Zusammenhänge erklärt, wie er zu seinen Schlussfolgerungen kommt, ob er sie plausibel begründen kann, oder ob das, was er erzählt, elementarstes Wissen ignoriert. Und zwar unabhängig davon, ob er zu denselben Schlussfolgerungen kommt wie du, oder nicht.

Bei Frau Merkel und Herrn Rösler merkt man als Volkswirt, dass sie nicht wissen, wovon sie reden, weil sie Sachverhalte völlig falsch einordnen und Zusammenhänge nicht erkennen, die selbst bei gegensätzlichsten politischen Positionen unter Ökonomen unstrittig sind. Bei Schäuble ist es etwas besser, aber ein wirklich fundiertes Verständnis hat er ebenfalls nicht.

[irony]

Bei Schäuble ist es etwas besser, aber ein wirklich fundiertes Verständnis hat er ebenfalls nicht.

Natürlich haben richtige Experten auch mehr Ahnung, was los ist, als die, die Entscheidungen treffen, aber das heißt nicht, dass diejenigen, die die Entscheidungen treffen, nicht wissen, was los ist. Um zu sehen, dass Griechenland den Bach runter geht, muss man auch kein Experte sein.

[Chloe]

Natürlich haben richtige Experten auch mehr Ahnung, was los ist, als die, die Entscheidungen treffen, aber das heißt nicht, dass diejenigen, die die Entscheidungen treffen, nicht wissen, was los ist. Um zu sehen, dass Griechenland den Bach runter geht, muss man auch kein Experte sein.

Nein, aber um zu sehen, warum es den Bach runter geht. Und daran hapert es. Bei Griechenland mag es noch nicht einmal so offensichtlich sein, aber im Fall Spanien und Portugal ist es offensichtlich, dass die Ursachen falsch eingeschätzt und dementsprechend die völlig falschen Maßnahmen verordnet werden. Aber selbst für Griechenland gilt es. "Sie sparen nicht genug" und "die Hilfsgelder werden verplempert" ist so offensichtlich falsch, dass inzwischen selbst von der Springer-Presse und vom Focus widersprochen wird.

[Uriel Ventris]

Ist dann Spanien auch ein Entwicklungsland, oder weswegen wird in diesem Fall genauso verfahren?

Ich sagte nicht, dass Griechenland ein Entwicklungsland IST, sondern dass es dazu gemacht wird.

Das mit Spanien gibt natürlich zu denken, ja. Aber wenn ein paar Forumsleute wie wir das verstehen, verstehen die das in den Bundesministerien auch. Der Krux: es liegt nicht in ihrem Interesse. Hilfskredite kann man der Bevölkerung nocht grenzwertig gut verkaufen, aber Geldmittel zum Aufbau der griechischen Industrie? Das bringst du in der derzeitigen Situation einfach nicht durch.

[Eye-Q]

Die Bestätigung ist, dass ständig ein Kurs weiter verfolgt wird, der nachweislich nicht funktioniert hat, der gar nicht funktionieren kann, weil er elementarsten Gesetzmäßigkeiten zuwiderläuft, und der deshalb andauernd von Volkswirten aller möglicher Richtungen aus allen möglichen Gründen als untauglich bezeichnet wird.

Weil Merkel und Co so oder so als Saubermänner da stehen werden. Du scheinst tatsächlich nur von dir auf alle anderen zu schließen, dass sie es nämlich genauso ("glasklar") sehen wie du..?! Ich wage zu behaupten, dass dem nicht so ist. Und deswegen fahren Merkel und Co ihren Kurs - und das doch anscheinend relativ erfolgreich, oder lässt die Popularität was anderes schließen?
Dies wird jedenfalls letztendlich ein ins Gegenteil gekehrter Phyrrus-Sieg sein...

[Chloe]

Weil Merkel und Co so oder so als Saubermänner da stehen werden. Du scheinst tatsächlich nur von dir auf alle anderen zu schließen, dass sie es nämlich genauso ("glasklar") sehen wie du..?!

Ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst. Habe ich nicht x-mal geschrieben, dass ich der Meinung bin, dass sie keinen Durchblick haben.

Und deswegen fahren Merkel und Co ihren Kurs - und das doch anscheinend relativ erfolgreich, oder lässt die Popularität was anderes schließen?

Die Popularität kommt daher, dass die Resultate dieses Kamikaze-Kurses bisher nur in den Krisenländern, aber nicht in Deutschland sichtbar sind. Erschwerend kommt hinzu, dass über diese Resultate oder jedenfalls das, was sie für die Menschen dort bedeuten, geschweige wodurch sie verursacht sind, von den deutschen Mainstream-Medien kaum berichtet wird. In den letzten paar Wochen ein bisschen mehr, aber es ist immer noch die Ausnahme. Deshalb ist der Median-Wähler der Meinung, es geht nicht aufwärts dort, weil halt nicht genug gespart wird und die Rettungsgelder verschleudert werden oder in irgendwelchen dunklen Kanälen landen. Wenn das zutreffen würde und die wesentliche Ursache für die Probleme wäre, wäre Merkels Kurs ja richtig. Es trifft aber nicht zu.

Dies wird jedenfalls letztendlich ein ins Gegenteil gekehrter Phyrrus-Sieg sein...

Selbst wenn es Merkels Strategie ist, diesen Kurs bis nach der Wahl durchzuziehen und dann kehrt zu machen, zeigt das eine krasse Fehleinschätzung der Lage. Griechenland hält das nicht noch ein Jahr durch. Spanien vermutlich auch nicht. Vielleicht hofft sie, dass Draghi das über die Zeit rettet, aber ob das funktionieren wird, ist fraglich. Die EZB kann nur die Spreads drücken und versuchen, das Bankensystem vor dem völligen Zerfall zu bewahren, im Hinblick auf Ankurbelung der Konjunktur aber hat die Geldpolitik längst das Ende ihrer Möglichkeiten erreicht.

[Gast]

Das Thema hatten wir schon.
Merkels Verhalten macht nur mit Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 Sinn. Sie will die Sache bis dahin verschleppen, und folgt diesbezüglich eben ihrem machtpolitischem Instinkt statt auf volkswirtschaftliche Vorschläge ihrer fachkundigen Mitarbeiter zu hören. Und warum sollte sie es auch ändern? ALLE Umfragen geben ihr momentan doch Recht mit dem, was sie tut.

Eine der alternativen Lösungsvorschläge beinhaltet unter anderem, dass in Deutschland mal die Löhne zumindest aufhören zu sinken. Insofern ist das nicht nur Machterhalt, sondern Machterhalt gepaart mit knallharter Ideologie (Lohnsenkung = gut).

@Eye-Q
Was genau meinst du mit "ins Gegenteil gekehrter Phyrrus-Sieg"? Dieser ganze Scheiß wird uns knallhart um die Ohren fliegen, dann wird es auch mit Muttis Popularität vorbei sein. Wobei... der Stammtisch hat seine Ausrede ja schon: Der Grieche war's!

[Seether]

Das Schema is doch eh klar.
Der Laden fliegt uns um die Ohren, Merkel fliegt aus dem Amt in 5 oder 9 Jahren; dann dürfen die Sozen wieder mit den Grünen ran, machen die Reformen, die keienr machen wollte, und landen danach wieder im Umfragekeller. :P

[Eye-Q]

Ich habe keine Ahnung, wie du darauf kommst. Habe ich nicht x-mal geschrieben, dass ich der Meinung bin, dass sie keinen Durchblick haben.

Nunja, ich habe das mit ein, zwei weiteren Schlüssen ausgeweitet. Ich sehe es ähnlich (genauso?) wie zB irony.
Ich behaupte auch, dass mit Kalkül im Dauerfeuermodus Nebelkerzen gezündet werden. Mal schauen ob sich meine Annahme, dass Merkel&Co so oder so als jene dastehen die nichts falsches gemacht hätten, als richtig erweisen wird.
Es gibt mE mehr oder weniger 2 Möglichkeiten:
1. das was Merkel und Co behaupten ist richtig, dann wäre das ja um so besser für sie, weil sie ja dann recht gehabt hätten.
2. Es ist nicht richtig und der ganze Laden fliegt uns um die Ohren. Dann wird im Dauerfeuer auf die Griechen und Südländer gefeuert, dass sie den ganzen Bockmist zu verantworten haben. Denn "wir" Deutschen (auch wenn ich nun in dem Fall keiner oder nur halber bin, aber der einfachheit halber ) haben ja unsere Hausaufgaben gemacht, unsere Wirtschaft brummt, alles paletti nur die ollen und doofen da unten haben den ganzen Karren in den Dreck gezogen.
Im Gegensatz zu dir und SF Junky bin ich nicht so zuversichtlich, dass die Leute da einen Zusammenhang zwischen Merkel&Co und explodierten € sehen... Kann mich aber natürlich auch irren. Hat nicht erst hier (oder woanders) SF Junky nicht auch was zu Kohl angemerkt..? Anstatt wegen der Spendenaffäre etc. eins auf den Deckel zu bekommen, war er Langzeitkanzler und wurde doch erst vor kurzem wegen der Einheit oder so geehrt? Dieses "Unglück" könnte auch Merkel widerfahren: in 10-15 Jahren als jene die für im Stahlgewitter um den € gekämpft hat - oder so.

Und mit umgekehrten Phyrrussieg meinte ich: eigentlich bedeutet der Begriff, wie bekannt und es ja das Wort bereits beinhaltet, ja einen teuer erkauften Sieg; unter Umständen kann er auch teurer sein als eine Niederlage gekostet hätte, nichtsdestotrotz ein Sieg. Mit negativ meinte ich, dass Merkel&Co weiterhin ihre Linie fahren, die Wahlen gewinnen und dafür den € aber dafür sprengen. Sie hätte(n) dann zwar einen (Wahl)Sieg eingefahren, dafür aber die Gemeinschaftswährung abgeschafft. Nur muss damit gerechnet werden, dass man keine Freude am (Wahl)Sieg haben wird, weil die Krise dann auch Deutschland (u.a.) eingeholt haben wird und ordentlich durchschütteln. Insofern hätten alle verloren.
Nur, und wie weiter oben geschrieben, ich wäre mir nicht so sicher, dass Merkel&Co für ihre Linie/Haltung vor der Wahl verantwortlich gemacht würden.

[Chloe]

Ich bin auch nicht sicher, dass Merkel und Co verantwortlich gemacht werden. Das ändert aber nichts daran, dass sie im Amt damit beschäftigt sein wird, den Trümmerhaufen zusammenzukehren, den sie maßgeblich mit verursacht hat. Regieren, wenn die Krise im eigenen Land ankommt, wird kein Vergnügen. Schau dir doch mal das Geschrei an, das jetzt schon wegen des Anstiegs der EEG-Umlage veranstaltet wird. Was glaubst du, was hier los wäre, wenn ähnliche Maßnahmen wie in Spanien oder Gott bewahre Griechenland beschlossen würden? Ob die Leute nun den Zusammenhang sehen oder nicht, sie wird es ausbaden müssen, wenn sie wiedergewählt wird.

Wenn sie den Kurs nicht ändert, dann steht nicht nur die Gemeinschaftswährung, sondern auch der Binnenmarkt auf dem Spiel. Denn Austritte aus der Währungsunion aufgrund von drohenden Staatsbankrotten sind ohne Kapitalverkehrskontrollen und vermutlich auch Handelsschranken oder Sonderwirtschaftszonen nicht zu bewerkstelligen (letzteres ist ja jetzt schon in der Diskussion). Das mag bei einzelnen kleinen Ländern für den Binnenmarkt zu verkraften sein. Aber nicht, wenn es um große Länder wie Spanien oder gar um Kernländer geht.

[Eye-Q]

Ausbaden, wie auch immer das dann aussehen mag, wird sicherlich nicht angenehm werden. ABER, und wenn Merkel&Co es tatsächlich schaffen: wenn sie nicht dafür verantwortlich gemacht werden, kanns ihnen ja JETZT egal sein. Denn so wie es im Moment aussieht, sieht es eben eigentlich recht fein für sie aus. Insofern, warum also ihren Stil wechseln? Sie fahren gut damit anstatt JETZT anders, und damit angeblich unpopulärer, zu fahren...