Der EURO in der Krise - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Der EURO in der Krise

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Zitat von Pyromancer Beitrag anzeigen
    Ich argumentiere, dass die schöne Theorie des deficit spending in der Praxis nicht funktioniert, weil der zweite Teil, das Zurückzahlen der Schulden in der Boom-Phase, bisher in der freien Wildbahn nicht beobachtet wurde.
    Grütze, natürlich funktioniert das in der Praxis. Es gibt genug Beispiele dafür, auch und gerade in jüngerer Vergangenheit: Skandinavien, Kanada, Neuseeland.

    Die Welt besteht nicht nur aus Deutschland und Österreich. Auch wenn das für viele Deutsche und Österreicher schwer zu verstehen ist.

    Kommentar


      Zitat von Uriel Ventris Beitrag anzeigen
      Aber wie einer in diesem Thread schon angemerkt hat: ich freue mich, wenn in Deutschland die Rezession ankommt, und die Merkel dann doch ihre Liebe zu Konjunkturpaketen wiederentdecken wird.
      Ich weiß nicht. Ich hatte schon immer den Verdacht, dass die Konjunkturpakete auf Steinbrücks Mist gewachsen sind, und vor ein paar Monaten hat mich jemand auf ein Interview hingewiesen, in dem sie sagte, dass sie sich von anderen von der Notwendigkeit der Konjunkturpakete überzeugen ließ. Es ist durchaus möglich, mE sogar wahrscheinlich, dass sie das heute für falsch hält.

      Heute ist im Spiegel ein bisschen Wirtschaftsgeschichte:

      Was Griechenland von Großbritannien lernen kann - SPIEGEL ONLINE

      Riesenschulden, tiefe Rezession und eine Regierung, die partout nicht sparen will. Die Rede ist nicht von Griechenland 2012, sondern von Großbritannien 1945. Damals rettete John Maynard Keynes sein Land vor der Staatspleite - und liefert einen Hinweis, wie es mit der Euro-Krise weitergehen könnte.
      Natürlich ist das große Problem weiterhin, dass im Unterschied zu GB Griechenland nicht abwerten kann. Deshalb hinkt dieser Vergleich.

      Ich bin heute mehr denn je davon überzeugt, dass Keynes Modell der Ökonomie fundamental richtig und um Welten brauchbarer als das neoklassische ist.

      Kommentar


        Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
        Grütze, natürlich funktioniert das in der Praxis. Es gibt genug Beispiele dafür, auch und gerade in jüngerer Vergangenheit: Skandinavien, Kanada, Neuseeland.

        Die Welt besteht nicht nur aus Deutschland und Österreich. Auch wenn das für viele Deutsche und Österreicher schwer zu verstehen ist.
        Das berühmteste ist ja der New Deal. Schon der zeigt, dass deficit spending das einzige Mittel ist, um ohne Vergewaltigung der Bevölkerung aus einer Krise herauszukommen.

        Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
        Ich weiß nicht. Ich hatte schon immer den Verdacht, dass die Konjunkturpakete auf Steinbrücks Mist gewachsen sind, und vor ein paar Monaten hat mich jemand auf ein Interview hingewiesen, in dem sie sagte, dass sie sich von anderen von der Notwendigkeit der Konjunkturpakete überzeugen ließ. Es ist durchaus möglich, mE sogar wahrscheinlich, dass sie das heute für falsch hält.
        Man kann aber trotzdem sagen, dass die Konjunkturpakete (Abwrack-Prämie usw.) zwar an mindestens 20% der Verschuldung schuld sind, aber Deutschland ohne sie nicht da wäre, wo es jetzt ist, nicht?

        Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
        Ich bin heute mehr denn je davon überzeugt, dass Keynes Modell der Ökonomie fundamental richtig und um Welten brauchbarer als das neoklassische ist.
        Ja.

        Hast du einen Link zu einer Seite, wo das Modell zwar detailliert, aber in verstänlicher Sprache geschrieben ist? Meine letzte Stunde VWL ist schon ein bisschen her und ich bin aus der Übung (für Wikipedia braucht man teilweise schon eine Wikipedia).

        Kommentar


          Zitat von Uriel Ventris Beitrag anzeigen
          Man kann aber trotzdem sagen, dass die Konjunkturpakete (Abwrack-Prämie usw.) zwar an mindestens 20% der Verschuldung schuld sind, aber Deutschland ohne sie nicht da wäre, wo es jetzt ist, nicht?
          Natürlich. Ich wollte damit nur sagen, dass sie nicht die treibende Kraft dahinter war und es heute eventuell anders machen würde.

          Hast du einen Link zu einer Seite, wo das Modell zwar detailliert, aber in verstänlicher Sprache geschrieben ist? Meine letzte Stunde VWL ist schon ein bisschen her und ich bin aus der Übung (für Wikipedia braucht man teilweise schon eine Wikipedia).
          Ohje... aus dem Stehgreif leider nicht. Das was üblicherweise kursiert, firmiert unter "neoklassische Synthese" oder irgendeiner Abart von dieser und hat mit Keynes nicht mehr viel zu tun. Êine Seite, die mir grade einfiel und die ganz gut war, gibt es offenbar nicht mehr. Wenn ich noch auf etwas komme, reiche ich es nach.

          Kommentar


            Vielleicht hilft da ja die Homepage der Keynes-Gesellschaft weiter: Keynes-Gesellschaft

            Habe selber (noch) nicht alles gelesen, wäre aber doch seltsam wenn Keynes Theorie dort nicht in aller Ausführlichkeit erklärt würde.

            Kommentar


              Die sieht ganz gut aus, danke. Die 20 Seiten von Krugman unter "Kurzdarstellungen" sollten eigentlich was taugen. Bei Krugman kann man davon ausgehen, dass er Keynes auch wirklich gelesen hat (was nicht bei allen, die darüber reden, gesichert ist).

              Das hier sieht auf den ersten Blick auch halbwegs vernünftig aus:

              Handelsblatt macht Schule | Keynes

              Kommentar


                @Chloe
                Dieser Satz macht mich Aufmerksam:

                Sie wird häufig irrigerweise als eine spezielle Theorie dargestellt, die nur für tiefe Depressionen oder nur in der sehr kurzen Frist gültig ist.
                Hattest du nicht gesagt, das deficit spending nach Keynes sei etwas für Ausnahmesituationen?

                Kommentar


                  Ja, dabei bleibe ich auch. Das ist aber kein Widerspruch zu der von dir zitierten Aussage.

                  Die Keynes'sche Theorie ist nicht nur eine Theorie des Deficit Spending. Sie ist eine modellhafte Beschreibung, wie eine Volkswirtschaft funktioniert, die sich in mehreren grundsätzlichen Punkten von der klassischen/neoklassischen/neuklassischen unterscheidet. Diese Beschreibung gilt unabhängig von der Konjunkturphase.

                  Die Empfehlung des Deficit Spending in der Rezession bzw. Depression ist eine von vielen Folgerungen aus dieser Beschreibung. Nirgendwo in der GT steht ein Wort davon, dass in der Vollbeschäftigung oder nahe der Vollbeschäftigung Deficit Spending betrieben werden soll.

                  Kommentar


                    Welches System siehst du dann für "gute" Zeiten vor? Konsolidierung der Schulden, Steuererhöhungen, großflächiche Infrastrukturinvestitionen usw.?

                    Das wäre nur vernünftig. Sparen in den guten Zeiten, damit man in den schlechten genug hat, um die Krise zu überwinden.

                    Eigentlich braucht es keinen Keynes, um solche makroökonomischen Probleme zu lösen; "spare in der Zeit, dann hast du in der Not" würde es (ungefähr) auch tun.

                    Kommentar


                      Nein, für sowas braucht es in der Tat keinen Keynes. Dafür reicht der gesunde Menschenverstand. Der, vorausgesetzt man kombiniert ihn mit ein paar Grundkenntnissen in Buchhaltung und volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung, bringt einen oft ohnehin ziemlich weit in der Ökonomie.

                      Das Essenzielle ist für mich, gerade wenn es um die Eurokrise geht, dass man versteht, dass eine Volkswirtschaft anders als ein Privathaushalt funktioniert, und dass auch ein Staatshaushalt anders als ein Privathaushalt funktioniert. Die Einnahmen eines Staatshaushalts sind nicht unabhängig von seinen Ausgaben, und jeder Rückgang der Investitionsausgaben einer Volkswirtschaft heißt schon allein wegen der I=S-Identität, dass auch die Ersparnisse rückläufig sind. Allenfalls kann das durch erhöhte Importe kompensiert werden, was wieder die Leistungsbilanz verschlechtert.

                      Das ist alles keine Glaubensfrage oder Ideologie, sondern simple Buchhaltung. Überhaupt ist eines der Hauptmerkmale der Keynes'schen Theorie, dass sie auf simpler (volkswirtschaftlicher) Buchhaltung basiert. Vieles kann man sich ohne viel Theorie aus ganz einfachen Bilanzidentitäten ableiten.

                      Man sollte eigentlich nicht glauben, dass darum mehr als ein halbes Jahrhundert gestritten wird. Aber so ist das halt, wenn man sich mit Leuten auseinanderzusetzen hat, die eher wie eine Sekte als wie Wissenschaftler agieren.

                      Kommentar


                        Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
                        Nein, für sowas braucht es in der Tat keinen Keynes. Dafür reicht der gesunde Menschenverstand. Der, vorausgesetzt man kombiniert ihn mit ein paar Grundkenntnissen in Buchhaltung und volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung, bringt einen oft ohnehin ziemlich weit in der Ökonomie.
                        So ist es komischerweise meistens. Böse Zungen würden sagen, manche Wissenschaften würden absichtlich komplizierter gestaltet, damit man sie möglichst ungestört von der Öffentlichkeit diskutieren kann.

                        Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
                        Man sollte eigentlich nicht glauben, dass darum mehr als ein halbes Jahrhundert gestritten wird. Aber so ist das halt, wenn man sich mit Leuten auseinanderzusetzen hat, die eher wie eine Sekte als wie Wissenschaftler agieren.
                        Die wären?

                        Kommentar


                          Na, die neoklassischen/neuklassischen Makroökonomen, besonders die in Chicago lehrenden, die aus Gründen, die nach meiner Meinung mit Wissenschaft oder auch nur mit gesundem Menschenverstand nichts zu tun haben, darauf bestehen, dass das Volkseinkommen und die Arbeitslosenquote von allein zu irgendwelchen gottgegebenen "natürlichen Größen" konvergieren, die zum Wohle aller sind, solange man sich nur tugendhaft genug verhält und sich nicht widersetzt. Merkel ist doch allen Indizien nach überzeugte Anhängerin.

                          Kommentar


                            Ich denke nicht, dass Merkel nach irgendeiner ökonomischen Schule handelt.

                            Die handelt nach dem Mund des Volkes. Und das Volk hat es nun mal gerne, wenn die bösen Schuldenknaben zum Sparen gezwungen werden und Deutschland der Musterknabe ist.

                            Kommentar


                              Ich weiß nicht, ob du da Merkel nicht unschuldiger machst als sie ist. Wer hat denn gleich zu Anfang der Krise die Stammtische auf die Bäume getrieben mit (faktisch falschen) Aussagen, es könne nicht sein, dass die Deutschen soviel mehr arbeiten als die Griechen, Spanier, Italiener .... und dann das alimentiert werde? Das war Merkel.

                              Die Deutschen sind normalerweise ein ziemlich solidarisches Volk. Wenn es irgendwo Leuten schlecht geht, ist das Spendenaufkommen regelmäßig enorm hoch. Niemand fragt, ob und welcher Teil der Misere auf das Konto korrupter Regierungen geht. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Situation anders zu verkaufen. Gut, mit Griechenland hätte es wohl früher oder später Probleme gegeben mit der Begründung. Aber die Situation in Portugal, Irland, Spanien und auch Italien hätte man auch anders darstellen können. Merkel und die Koalition war und ist hier die Meinungsführerin.

                              Kommentar


                                Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
                                Heute ist im Spiegel ein bisschen Wirtschaftsgeschichte:

                                Was Griechenland von Großbritannien lernen kann - SPIEGEL ONLINE

                                Natürlich ist das große Problem weiterhin, dass im Unterschied zu GB Griechenland nicht abwerten kann. Deshalb hinkt dieser Vergleich.

                                Ich bin heute mehr denn je davon überzeugt, dass Keynes Modell der Ökonomie fundamental richtig und um Welten brauchbarer als das neoklassische ist.
                                Die Finnen waren mit ihrem harten Sparkurs in den 90ern anscheinend aber auch nicht so ganz unerfolgreich, wobei das für ein paar Jahre sicher ziemlich unangenehm war. Die Währung haben sie damals allerdings auch kräftig abgewertet.
                                Krisenpolitik in Finnland: Ein Pfandmodell aus der Mottenkiste - taz.de
                                I am altering the movie. Pray I don't alter it any further.

                                - George Lucas

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X