Der EURO in der Krise

[Gast]

Unter ernsthaften Verhandlungen stelle ich mir schon ein bischen was anderes vor als mal zu Fragen "Seid ihr dafür? Ja oder Nein?".

Es ist allerdings nicht so, dass mich das bei diesem Windei überraschen würde.

[Leandertaler]

Unter ernsthaften Verhandlungen stelle ich mir schon ein bischen was anderes vor als mal zu Fragen "Seid ihr dafür? Ja oder Nein?".

Es ist allerdings nicht so, dass mich das bei diesem Windei überraschen würde.

Worüber sollen sie denn groß reden? Entscheiden kann die griechische Regierung doch ohnehin nicht viel und mit einer Partei, die sich nicht zu Verhandlungen mit der Troika bekennt, deren Ergebnis erst später feststehen wird und bestenfalls eine leichte Abmilderung des Sparkurses sein kann, zu koalieren ist relativ sinnfrei.
Die einzige Alternative dazu wäre die Staatspleite und dann wohl auch der Euro Ausstieg. Und wenn das irgendwie zu verkraften ist, dürfte sich die EU damit auch nicht erpressen lassen, sonst zieht Portugal dann genau die gleiche Nummer ab.

Mein Tipp: In ein paar Wochen wird neu gewählt und dann gibt es entweder eine Koalition aus ND und PASOK oder die Pleite.

[Chloe]

Endlich, endlich fängt die SPD an aus ihrem Dornröschenschlaf aufzuwachen.

Schuldenkrise: SPD droht mit Ablehnung des Fiskalpaktes - Zeit Online

Dazu brauchte es wohl die Frankreich-Wahl.

Auch die SPÖ fängt an zu meckern. Und aus Frankreich hört man, Frankreich werde den Fiskalpakt, "in dem Zustand, in dem er sich befindet" nicht ratifizieren.

[Leandertaler]

Syriza wird wohl auch keine Koalition zusammen kriegen. Die ND hat heute wenig überraschend wieder erklärt nicht mit denen koalieren zu wollen. Zwar hat die Demokratische Linke ihre Unterstützung zugesagt, zusätzlich bräuchten sie aber noch PASOK, die rechten Unabhängigen Griechen und entweder die Kommunisten oder die Nazis. Das wird also ziemlich sicher auch nichts.
Bei der Zeit spekuliert man, dass Syriza die Verhandlungen nur vortäuscht und nach Neuwahlen auf ein Linksbündnis aus Syriza (dann mit den 50 Bonus-Sitzen), PASOK und den Demokratischen Linken hofft.

Und der Kurs soll dann wohl in diese Richtung gehen:

6.52pm: Faisal Islam, Channel Four's economics editor, is in Athens today. He's been meeting with members of Syriza, and it appears that the group is using the risk of Greece leaving the eurozone as a weapon with which to force better terms out of its international partners.

I asked top Syriza official if Greek euro exit was a card to play: "that's what we insist we will use in hard negotiations with The Troika"
— Faisal Islam (@faisalislam) May 8, 2012

[Chloe]

Ich dachte, für Bündnisse wie Syriza gilt die 50 Sitze-Klausel nicht?

[Leandertaler]

Ich dachte, für Bündnisse wie Syriza gilt die 50 Sitze-Klausel nicht?

Das ist wohl so, beim Guardian hat man dann allerdings darüber spekuliert, ob das die entscheidende Frage ist oder die, wie lange es braucht, um aus einem Bündnis rein rechtlich eine Partei zu machen.
Wie realistisch das ist, weiß ich nicht, anders scheint eine Regierung ohne die ND aber ziemlich ausgeschlossen, wenn die Unanbhängigen Griechen und die Kommunisten nicht mitmachen.

[Chloe]

Leider nur auf Englisch: Die Ursprünge und Folgen der Währungsunion, oder "wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen." Mehrere hundert Seiten Dokumente über die Entstehung der Währungsunion von 1994 bis 1998, von der Bundesregierung dem Spiegel auf Anfrage zur Verfügung gestellt, die dokumentieren, dass die Kohl-Regierung genau wusste, wo die Probleme lagen.

Operation Self-Deceit: Euro Struggles Can Be Traced to Origins of Common Currency - SPIEGEL ONLINE

Zum selben Thema lief gestern eine Doku auf ZDF:

Die Griechenland-Lüge - ZDF Mediathek

Target2-Saldo der Bundesbank aktuell: 644 Milliarden.

[Leandertaler]

Womöglich gibt es doch noch eine Regierung, die Demokratische Linke scheint neuerdings zu einem Kompromiss bereit zu sein:

I offered Venizelos to form an ecumenical government with trustworthy political personalities, a government to last until the EU elections of 2014 and thus under two conditions: That the country remains in the EU and the euro zone and that it will work towards a gradual disengagement from the Memorandum of Understanding.

[Chloe]

Laut neuesten Umfragen könnte sich die Syriza Hoffnungen machen, bei Neuwahlen stärkste Partei zu werden. Sie käme auf 25 Prozent. Sollte sie es schaffen, vor den Wahlen rechtlich zur Partei zu werden und den 50 Sitze-Bonus erhalten, dann würde es richtig interessant, und man würde herausfinden, ob die Troika mit ihren Drohungen, die Zahlungen einzustellen, tatsächlich nur blufft. Ich vermute das. Denn natürlich wurden heute ungeachtet aller Drohungen 4,2 Mrd nach Griechenland überwiesen - natürlich auf das Sperrkonto. Eher symbolisch hat man die Zahlung um 1 Mrd gekürzt, nicht ohne zu versichern, dass die Griechen dennoch ihren Verpflichtungen nachkommen können. Dies stützt die Vermutung, dass die Zahlungen weiter fließen werden, da es ausschließlich um die Rettung der Gläubigerbanken und -länder geht.

Währenddessen kann der griechische Staat seine Rechnungen an griechische Unternehmen nicht bezahlen, die deshalb Pleite gehen. Aber Hauptsache, die Gläubigerbanken sind bedient.

[Gast]

Die Merkel nervt mit ihrem "Kein Wachstum auf Pump". Was für ne bekloppte Aussage ist das schon wieder?

[Chloe]

Madame Non wird sehr schnell eine Volte drehen, wenn die Rezession vollends in Deutschland ankommt - und sie wird ankommen. Mit dem Finger auf andere in Not zu zeigen ist leicht, während man selbst in guten Zeiten das Geld zum Fenster rauswirft. In der letzten Rezession in Deutschland war Madame Non mit Konjunkturpaketen sehr schnell.

Ja, das Vorbild Deutschland. Selbst in guten Zeiten ist sie dabei, 1,2 Milliarden pro Jahr an Betreuungsgeld zu verteilen. Selbst in guten Zeiten kriegen Merkel und Schäuble keinen ausgeglichenen Haushalt hin.

Und in schlechten Zeiten? Abwrackprämie, Kurzarbeitergeld, Investitionsanreize hier, Liquiditätshilfen dort - fast 150 Milliarden hat die GroKo mit Konjunkturpaket I und II von 2008 bis 2010 in die deutsche Wirtschaft reingepumpt. Bankenrettungen sind hier noch nichtmal eingerechnet. Aber von Griechen, Spaniern, Portugiesen in einer ungleich schwereren Rezession eisernes Sparen verlangen. Dümmer und verlogener geht's nicht mehr.


.
EDIT (autom. Beitragszusammenführung) :
Chloe schrieb nach 20 Minuten und 46 Sekunden:

Neueste Zahlen aus Griechenland - vom Querschüsse-Blog, sehr empfohlen für jeden, der auf neueste Zahlen Wert legt:

Griechenland: Industrieproduktion mit -8,5% zum Vorjahresmonat -Querschuesse

Griechenland: Jugendarbeitslosigkeit steigt auf 53,8% - Querschuesse

Als beschäftigt gilt bereits Jeder, der mehr als 1 Stunde die Woche gegen Entgelt gearbeitet hat, auch im elterlichen Haushalt/Betrieb oder einen Arbeitsplatz hat, von dem er vorübergehend abwesend war.[ILO-Definition, Anmerkung von mir] Mit den letzten Sparbeschlüssen in Griechenland beziehen alle Arbeitslosen nur 12 Monate Arbeitslosengeld in Höhe von armseligen 359 Euro je Monat und danach fallen die Betroffenen ins soziale Nichts. Jugendliche beutelt nicht nur die hohe Jugendarbeitslosigkeit von saisonbereinigten 53,8%, sondern auch die Jugendlichen mit einem Job werden skandalösen Zumutungen ausgesetzt, mittels der beschlossenen Außerkraftsetzung aller Branchentarifverträge und kollektiven Tarifvereinbarungen für Arbeitnehmer unter 25 Jahren. Damit können Arbeitgeber direkt die Löhne für Jugendliche auf den Mindestlohn für Jugendliche von nur noch 511 Euro Brutto im Monat absenken.

Mich treibt schier zur Weißglut, wenn ich in irgendwelchen Zeitungs-Forenkommentaren lese, wir würden den Griechen aus deutschen Steuergeldern "das süße Nichtstun" finanzieren.

[Leandertaler]

Die Merkel nervt mit ihrem "Kein Wachstum auf Pump". Was für ne bekloppte Aussage ist das schon wieder?

Das wird sie sich wieder von der schwäbsichen Hausfrau abgeguckt haben und ist die etwas freundlichere, weil hinter vorgeschobenen Prinzipien versteckte, Version von: Mir gebet nix!

[Area51 1/2]

Mich treibt schier zur Weißglut, wenn ich in irgendwelchen Zeitungs-Forenkommentaren lese, wir würden den Griechen aus deutschen Steuergeldern "das süße Nichtstun" finanzieren.

Die griechische Industrie hat, es in der Form wie sie in Europa gibt nie gegeben.
Griechenland ist kein Industrieland.
Tourismus und Ackerbau waren schon immer die größte Einnahmequelle des Staates.
Wobei der Tourismus dieses Jahr, so wie die letzten 2 Jahre stark zurückgegangen ist.
Die Agrarwirtschaft wird sowieso von der EU bestimmt.
D.h. in Griechenland, so wie in anderen EU Länder wird nur ein Anteil der Produkte von der EU gekauft...der Rest wird meistens "weggeschmissen".
Dabei ist es verboten seinen Rest an Produkte außerhalb der EU zu verkaufen...
Einmal hat es ein Minister gewagt Rohöl an Serbien zu verkaufen und der war danach "weg"....

Also auch wenn die Griechen Abnehmer für ihre Agrarprodukte finden Bzw. haben dürfen sie diese nicht verkaufen...

Leider kommt das Geld aus der EU nicht an den man sondern an die Banken...
Wie soll die Wirtschaft angekurbelt werden wenn das nötige Geld für den Handel fehlt?

Die Bürger haben nicht mehr die Kraft zu konsumieren (worauf sich die Märkte verlassen) somit gehen Geschäfte zu und der Markt schrumpft zusammen. Es ist keine Wirtschaftshilfe die dort ankommt. Nur eine Geldspritze für die Banken....die wiederum keine Kredite mehr ausgeben.
Wie lässt sich sonst die Situation erklären?
Es kommen Milliarden an aber alles verschwindet irgendwo...nur nicht an den Markt!
Löhne die unzumutbar sind, Schulen die dicht machen, Krankenhäuser denen das nötige fehlt, Geschäfte die tagtäglich schließen...so sieht es im Moment aus dort.
Und die Parteien streiten sich wer an die Macht kommen wird. Keiner dieser "Retter" kümmert sich (oder hat sich überhaupt) für den Alltag in Griechenland gekümmert...
Alles nur Gerede und Futter für die Medien...

[Chloe]

Also, Venizelos ist auch gescheitert mit der Regierungsbildung, hieß es eben in den heute-Nachrichten.

Dann wirds wohl Neuwahlen geben. Auf ein Neues.

[Chloe]

EU verlangt mehr Einsparungen: Warum Spaniens Agenda 2010 nicht funktioniert - Süddeutsche.de

Die Botschaft aus Brüssel ist klar: Spanien soll noch mehr sparen, gleichzeitig aber mehr tun, um seine dramatische Arbeitslosigkeit zu verringern. ... Auch Währungskommissar Olli Rehn ließ am Freitag offen, wie das gehen soll, und beließ es bei der mantrahaft vorgetragenen Formulierung, die Kommission habe "volles Vertrauen in die Entschlossenheit der spanischen Regierung, die Haushaltsziele des Stabilitätspakts zu erreichen". Aus Berlin verlautete: "Es ist möglich, in jedem Fall gegenzusteuern und die Defizitsituation zu verbessern".

Mein Gott, sind das Idioten. Wie soll man das denn noch kommentieren. Verlangen von der spanischen Regierung das Unmögliche, ohne auch nur im Ansatz zu erklären wie das funktionieren soll, obwohl alle Welt sieht, dass es offensichtlich nicht funktioniert.

Währenddessen verzockt JP Morgan Chase innerhalb von sechs Wochen zwei Milliarden, und Spanien muss die viertgrößte Bank des Landes "retten", weil die in Giftpapieren erstickt und die spanische Regierung ja so viel Geld fürs Bankenretten übrig hat.


.
EDIT (autom. Beitragszusammenführung) :
Chloe schrieb nach 22 Minuten und 1 Sekunde:

Banco de España: Feuer aus allen Rohren - Querschuesse

...die Daten verbergen noch einen richtigen Hammer, denn unglaubliche 62,9% der gesamten Nettoforderungen des gesamten Eurosystems (Kreditgewährung aus den geldpolitischen Operationen minus Einlagefazilität) bestanden im März 2012 nur gegenüber spanischen Banken ...

Oh je... die Bankia war wohl nicht die letzte Rettungsaktion.