Zitat von Jobe
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In Orwells Roman war es ja auch vor allen Dingen die Mittelschicht, die überwacht, manipuliert und kontrolliert werden musste, damit sich die Oberschicht jede Freiheit nehmen konnte. In der Unterschicht waren die Kontrollen lockerer, da man davon ausgehen konnte, dass diese sich niemals organisieren und wehren würde.
Der Autor war sich also durchaus bewusst, welche Gesellschaftsschicht das Potential mit sich brächte, eine Regierung zu stürtzen und sich aufzulehnen. Deshalb setzt die ozeanische Regierung auf Kontrolle dieser immerwährenden Gefahr. Wer hätte denn auch zu Orwells Zeiten damit rechnen können, dass die klassische Mittelschicht sich mittlerweile nahezu in Ober- und Unterschicht aufgelöst hat und praktisch nicht mehr vorhanden ist?
Dazu musste man nur an der Bildung der Mittelschichtsbürger sparen und bereits in den Grundschulen massive soziale Selektion betreiben. Die Realschulen sind heute schließlich die neuen Hauptschulen, oder? Dazu kommt das Verblödungsprogramm durch das Fernsehn. Fertig ist die Deppenherrschaft.
Pierre Bouille hat in seiner Satire "Planet der Affen" zudem bereits beschrieben, wie sich selbst der intelligenteste Wissenschaftler irgendwann seinem Umfeld anpasst, um zu einer Gemeinschaft gehören zu können, ohne die Menschen nun einmal schwer existieren können. Und wenn dieses Umfeld eine Horde Affen ist, kann man noch so klug sein. Man degeneriert zu Gunsten des Gefühls der Zugehörigkeit.
Welche Rolle die Medien bei der Machtergreifung dubioser Kräfte spielen können, hat u.a. John Christopher in seiner Vorgeschichte zur "Tripods"-Trilogie geschildert, in der die Leute durch das Fernsehn zunächst einmal an die Anwesenheit und das Aussehen der Außerirdischen gewöhnt wurden, um ihnen nach und nach zu suggerieren, ihr Leben in deren Hände zu legen. "Dank sei den Dreibeinern"
Ich befürchte, irgendwelche Konzernfuzzies und Politiker sind große SF-Fans und haben all diese Warnungen als Anleitung für die kultivierte Pflege der eigenen Machtbesessenheit, Skrupellosigkeit und Raffgier missverstanden. Dumm, dass SF von so vielen Leuten meist als trivial belächelt wird oder sogar Fans des Genres von lächerlichen Botschaften, die einem mit dem Holzhammer eingeprügelt würden reden, wenn ein Autor oder Regiesseur in einem Werk eindeutig sozialpolitische Stellungen bezieht.
Warnungen werden leider immer erst dann ernst genommen, wenn es zu spät ist, aber was will man sagen oder schreiben gegen das Herabsinken der Nacht?
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