Derzeit sind nach offizieller Statistik 3,5 Millionen Menschen als Arbeitslos gemeldet. Mindestens 1,5 Millionen weitere sind ebenfalls arbeitslos, aber nicht in von der Arbeitslosenstatistik erfasst (Stille Reserve, 58er-Regelung usw.). Aufgrund der Wirtschaftskrise wird die Arbeitslosenzahl in den nächsten Monaten weiter steigen. Ungefähr 5-6 Millionen Menschen befinden sich zudem in prekären Beschäftigungsverhältnissen wie Leiharbeit, befristeten Beschäftigungsverhältnissen und unfreiwilliger Teilzeitarbeit.
Rechnet man diese Zahlen zusammen, leben etwa ein Viertel der Arbeitnehmer und potentiellen Arbeitnehmer am Rande der Gesellschaft mit Folgeproblemen wie Armut, Stigmatisierung, sozialer Isolation usw. Berücksichtigt man auch noch die Kinder dieser Menschen, wird die Dimension dieses Problems erst so richtig deutlich.
Gleichzeitig wird der Druck auf die in regulären Beschäftigungsverhältnissen verbliebenen Beschäftigten massiv erhöht (unbezahlte Überstunden, Bespitzelung, Mobbing usw.).
Wenn in der Öffentlichkeit versucht wird, Arbeitslosigkeit zu erklären, wird das folgende Erklärungsmuster bemüht: Grundsätzlich gibt es genügend Arbeitsplätze, aber die Arbeitslosen sind halt zu wenig qualifiziert, zu blöd um sich zu bewerben, unflexibel und so weiter. Und manchmal ist auch noch von einem Vermittlungsproblem die Rede, d.h. Anbietern und Nachfragern von Arbeitskraft fällt es schwer, einander zu identifizieren. Die Ansätze zur Verringerung von Arbeitslosigkeit zielen dann dementsprechend auch darauf ab, den Druck auf die Arbeitslosen zu erhöhen und die Bundesanstalt für Arbeit abzuschaffen (FDP).
Leider wird dabei in der Regel ein sehr wichtiges Problem übersehen: Seit mehreren Jahrzehnten steht eine große Anzahl von Anbietern von Arbeitskraft (Arbeitnehmer) einer relativ kleinen Zahl von Nachfragern (Arbeitgeber) gegenüber. Es gibt also einen Angebotsüberhang. Das ist so offensichtlich, dass es ziemlich verwundert, warum dieses Argument in der öffentlichen Diskussion kaum genannt wird. Das bedeutet letztlich, man kann sich noch sehr sehr anstrengen, weiterbilden und flexibilisieren – die freien Arbeitsplätze sind begrenzt und so bleiben immer ein paar (Millionen) Dumme übrig, die am Ende leer ausgehen.
Diese Einsicht führt auch zu einem ganz anderen Instrument zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit: die Arbeitszeitverkürzung, zum Beispiel die Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden. Wenn 30 Millionen Erwerbstätige ihre Arbeitszeit um 5 Stunden pro Woche (von 40h auf 35h) reduzieren, entsteht theoretisch eine zusätzliche Nachfrage nach Arbeitskräften in Höhe von etwa 4 Millionen. In der Realität dürften es nicht ganz so viele sein, aber es dürfte deutlich werden, dass man bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ein beträchtliches Stück weiter wäre.
Anstatt die Arbeitszeit zu verkürzen, wurde sie in den letzten Jahren sogar noch verlängert z.B. die Wochenarbeitszeit in Teilen des öffentlichen Dienstes, Zunahme unbezahlter Überstunden, Rente mit 67. Ganz schön paradox.
Das größte Hindernis auf dem Weg zur Durchsetzung einer solchen Arbeitszeitverkürzung dürften die verbliebenen Normalarbeitnehmer sein, weil diese natürlich zunächst Gehaltseinbußen hinnehmen müssten. Tatsächlich aber bedeutet eine Arbeitszeitverkürzung eine Verbesserung der Lebensqualität für alle Menschen:
- Für die bisher Arbeitslosen bedeutet dies eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation und ihres pychischen Wohlbefindens (das Gefühl, wieder gebraucht zu werden).
- Die bisherigen 40h-Arbeitnehmer hätten einen Gewinn an Freizeit und Arbeitsplatzsicherheit (da es leichter wäre, im Falle eines Jobverlustes eine neue Stelle zu bekommen). Zusätzlich lassen sich höhere Lohn- und Gehaltsforderungen durchsetzen, da bei einer Arbeitszeitverkürzung die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt und damit auch der der Wert von Arbeit. Weiterhin können im Durchschnitt kürzere Arbeitswege realisiert werden, da man dann auch leichter am Wohnort einen Arbeitsplatz finden kann.
- Auch für die Arbeitnehmer kann eine Arbeitsverkürzung einen Gewinn bedeuten, denn die Arbeitskräfte sind ausgeruhter und haben mehr Zeit, um sich in ihrer Freizeit weiterzubilden. Aus Sicht der Arbeitgeber nachteilig ist allerdings, dass Anreize geschaffen werden müssen, um die Beschäftigten im Betrieb zu halten, denn die Arbeitnehmer befänden sich dann in einer sehr viel stärkeren Position.
- Für den Staat bedeutet eine Arbeitszeitverkürzung und eine deutliche Verringerung der Arbeitslosigkeit eine Entlastung der Sozialversicherungssysteme und eine Erhöhung der Einnahmen. Die gewonnenen Mittel können dann anderweitig gewinnbringend eingesetzt werden oder in Form von Entlastungen an die Bürger und Arbeiter weitergegeben werden. Zusätzlich würde die Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer überwunden, was der Demokratie sicher gut tun würde.
Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit nicht zu einer Verringerung des Lebensstandards für die breite Masse der Bevölkerung führt, wie man vielleicht befürchten könnte. Das ist historisch auch gar nicht belegbar, denn zu Zeiten der 100-Stunden-Woche ging es der Bevölkerung ja auch nicht unbedingt besser als heute, um es vorsichtig auszudrücken. Die 40-Stunden-Woche ist einfach nicht mehr zeitgemäß, genauso wie die 100-Stunden-Woche in den 1960er Jahren nicht mehr zeitgemäß war. Man muss sich nur vergegenwärtigen, welchen Fortschritt es in den letzten 100 Jahren gegeben hat. Mussten früher 80% der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt werden, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen, reichen heute 2% aus und Deutschland kann immer noch eine Menge Lebensmittel exportieren. Ähnliches lässt sich auch in anderen Wirtschaftsbereichen beobachten zum Beispiel in der Finanzbuchhaltung, wo Buchungssoftware viele kaufmännische Gehilfen verdrängt hat.
Was spricht denn überhaupt noch gegen eine Verkürzung der Arbeitszeit?
Rechnet man diese Zahlen zusammen, leben etwa ein Viertel der Arbeitnehmer und potentiellen Arbeitnehmer am Rande der Gesellschaft mit Folgeproblemen wie Armut, Stigmatisierung, sozialer Isolation usw. Berücksichtigt man auch noch die Kinder dieser Menschen, wird die Dimension dieses Problems erst so richtig deutlich.
Gleichzeitig wird der Druck auf die in regulären Beschäftigungsverhältnissen verbliebenen Beschäftigten massiv erhöht (unbezahlte Überstunden, Bespitzelung, Mobbing usw.).
Wenn in der Öffentlichkeit versucht wird, Arbeitslosigkeit zu erklären, wird das folgende Erklärungsmuster bemüht: Grundsätzlich gibt es genügend Arbeitsplätze, aber die Arbeitslosen sind halt zu wenig qualifiziert, zu blöd um sich zu bewerben, unflexibel und so weiter. Und manchmal ist auch noch von einem Vermittlungsproblem die Rede, d.h. Anbietern und Nachfragern von Arbeitskraft fällt es schwer, einander zu identifizieren. Die Ansätze zur Verringerung von Arbeitslosigkeit zielen dann dementsprechend auch darauf ab, den Druck auf die Arbeitslosen zu erhöhen und die Bundesanstalt für Arbeit abzuschaffen (FDP).
Leider wird dabei in der Regel ein sehr wichtiges Problem übersehen: Seit mehreren Jahrzehnten steht eine große Anzahl von Anbietern von Arbeitskraft (Arbeitnehmer) einer relativ kleinen Zahl von Nachfragern (Arbeitgeber) gegenüber. Es gibt also einen Angebotsüberhang. Das ist so offensichtlich, dass es ziemlich verwundert, warum dieses Argument in der öffentlichen Diskussion kaum genannt wird. Das bedeutet letztlich, man kann sich noch sehr sehr anstrengen, weiterbilden und flexibilisieren – die freien Arbeitsplätze sind begrenzt und so bleiben immer ein paar (Millionen) Dumme übrig, die am Ende leer ausgehen.
Diese Einsicht führt auch zu einem ganz anderen Instrument zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit: die Arbeitszeitverkürzung, zum Beispiel die Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden. Wenn 30 Millionen Erwerbstätige ihre Arbeitszeit um 5 Stunden pro Woche (von 40h auf 35h) reduzieren, entsteht theoretisch eine zusätzliche Nachfrage nach Arbeitskräften in Höhe von etwa 4 Millionen. In der Realität dürften es nicht ganz so viele sein, aber es dürfte deutlich werden, dass man bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ein beträchtliches Stück weiter wäre.
Anstatt die Arbeitszeit zu verkürzen, wurde sie in den letzten Jahren sogar noch verlängert z.B. die Wochenarbeitszeit in Teilen des öffentlichen Dienstes, Zunahme unbezahlter Überstunden, Rente mit 67. Ganz schön paradox.
Das größte Hindernis auf dem Weg zur Durchsetzung einer solchen Arbeitszeitverkürzung dürften die verbliebenen Normalarbeitnehmer sein, weil diese natürlich zunächst Gehaltseinbußen hinnehmen müssten. Tatsächlich aber bedeutet eine Arbeitszeitverkürzung eine Verbesserung der Lebensqualität für alle Menschen:
- Für die bisher Arbeitslosen bedeutet dies eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation und ihres pychischen Wohlbefindens (das Gefühl, wieder gebraucht zu werden).
- Die bisherigen 40h-Arbeitnehmer hätten einen Gewinn an Freizeit und Arbeitsplatzsicherheit (da es leichter wäre, im Falle eines Jobverlustes eine neue Stelle zu bekommen). Zusätzlich lassen sich höhere Lohn- und Gehaltsforderungen durchsetzen, da bei einer Arbeitszeitverkürzung die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt und damit auch der der Wert von Arbeit. Weiterhin können im Durchschnitt kürzere Arbeitswege realisiert werden, da man dann auch leichter am Wohnort einen Arbeitsplatz finden kann.
- Auch für die Arbeitnehmer kann eine Arbeitsverkürzung einen Gewinn bedeuten, denn die Arbeitskräfte sind ausgeruhter und haben mehr Zeit, um sich in ihrer Freizeit weiterzubilden. Aus Sicht der Arbeitgeber nachteilig ist allerdings, dass Anreize geschaffen werden müssen, um die Beschäftigten im Betrieb zu halten, denn die Arbeitnehmer befänden sich dann in einer sehr viel stärkeren Position.
- Für den Staat bedeutet eine Arbeitszeitverkürzung und eine deutliche Verringerung der Arbeitslosigkeit eine Entlastung der Sozialversicherungssysteme und eine Erhöhung der Einnahmen. Die gewonnenen Mittel können dann anderweitig gewinnbringend eingesetzt werden oder in Form von Entlastungen an die Bürger und Arbeiter weitergegeben werden. Zusätzlich würde die Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer überwunden, was der Demokratie sicher gut tun würde.
Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit nicht zu einer Verringerung des Lebensstandards für die breite Masse der Bevölkerung führt, wie man vielleicht befürchten könnte. Das ist historisch auch gar nicht belegbar, denn zu Zeiten der 100-Stunden-Woche ging es der Bevölkerung ja auch nicht unbedingt besser als heute, um es vorsichtig auszudrücken. Die 40-Stunden-Woche ist einfach nicht mehr zeitgemäß, genauso wie die 100-Stunden-Woche in den 1960er Jahren nicht mehr zeitgemäß war. Man muss sich nur vergegenwärtigen, welchen Fortschritt es in den letzten 100 Jahren gegeben hat. Mussten früher 80% der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt werden, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen, reichen heute 2% aus und Deutschland kann immer noch eine Menge Lebensmittel exportieren. Ähnliches lässt sich auch in anderen Wirtschaftsbereichen beobachten zum Beispiel in der Finanzbuchhaltung, wo Buchungssoftware viele kaufmännische Gehilfen verdrängt hat.
Was spricht denn überhaupt noch gegen eine Verkürzung der Arbeitszeit?
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