Ich habe einen interessanten Artikel über das Verhältnis von Neoliberalismus und Rechtsextremismus gefunden, der einige von uns rechtzeitig vor der Bundestagswahl aufrütteln sollte.
Der Autor Christoph Butterwegge (Professor für Politikwissenschaft) arbeitet darin heraus, dass Neoliberalismus und Rechtsextremismus auf verschiedenen Ebenen Berührungspunkte aufweisen. Ich versuche, die wesentlichen Thesen einmal für euch herunterzubrechen:
1. Neoliberale und Rechtsextreme weisen ähnliche Denkstrukturen auf:
- Wettbewerb und Höchstleistung werden von beiden Ideologien als treibende Kräfte der gesellschaftlichen Entwicklung angesehen. Der Starke (z.B. ein Marktteilnehmer oder eine Volksgemeinschaft) setzt sich gegenüber dem Schwachen durch und erhält damit den Anspruch auf alles, während dem Unterlegene bestenfalls ein Überleben am Existenzminimum zugestanden wird. Für den Schwachen (z.B. Arbeitlosen, Behinderten) zeigen Neoliberale und Rechtsextreme wenig Verständnis.
- Das anzustrebende Ziel von Neoliberalen und Rechtsextremen ist nicht die Gleichheit der Menschen. Vielmehr wird versucht, soziale Ungleichheit ideologisch zu rechtfertigen: sie ist das Ergbnis einer notwendigen sozialen Auslese.
- Damit korrespondiert eine Art "Standortnationalismus", d.h. ein Bewusstsein, dass sich das eigene Land in einem Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsstandorten befindet. Gegen die Konkurrenten könne man sich nur mittels Rückbesinnung auf die eigenen Tugenden (z.B. deutscher Erfindergeist, Tüchtigkeit, Opferbereitschaft) durchsetzen. Der Stolz auf die eigene Nationalität ("Du bist Deutschland") wird dabei instrumentalisiert, um soziale Einschnitte zu legitimieren. Dieser Nationalismus wirke als politisch-ideologischer Kitt, der dafür sorgt, dass die Gesellschaft nicht auseinanderfällt.
2. Der neoliberale Staat nimmt selbst immer mehr die Züge eines totalitären Staates an:
- Aufgrund der Privatisierung gesellschaftlichen Eigentums (z.B. Energieversorgung, kommunale Wohnungsbestände, Bundesbahn, Telekom) gibt die Politik die Möglichkeiten zur Gestaltung von Gesellschaft aus der Hand. Zudem werden neoliberale Ideen (z.B. Deregulierung, Umverteilung von Unten nach Oben) von der Politik häufig als alternativlos dargestellt. Dadurch werde die Demokratie natürlich ausgehöhlt, denn Demokratie bedeutet teilhaben und mitbestimmen.
- Die Spaltung der Gesellschaft in eine reiche Elite und eine pauperisierenden Bevölkerungsmehrheit führt letztlich zu Spannungen und zur Bedrohung des inneren Friedens der Gesellschaft, der nur mit Sicherheitspolitik (Überwachung, Gewalt) einigermaßen aufrechterhalten werden könne.
3. Neoliberale Politik bereitet den Nährboden für Rechtsextremismus:
- Der Neoliberalismus versetzt Nationalstaaten und Standorte in eine Konkurrenzsituation. Diese befinden sich in einem Wettbewerb z.B. um niedrige Löhne und niedrige Steuern. In einer solchen Situation entsteht ein Diskriminierung begünstigendes Klima, denn da wo Menschen um knappe Arbeitsplätze und Ressourcen konkurrieren, entstehen schnell Konflikte zwischen Einheimischen und Fremden oder interkulturelle Konflikte.
- Die Übermacht der Ökonomie über die Politik zerstört den Glauben vieler Menschen, dass Gesellschaft vom Einzelnen überhaupt noch gestaltbar ist. Politik und Demokratie verlieren damit insgesamt an Attraktivität und demokatisches Engagement wird verhindert.
- Neoliberale Politik hat u.a. zu einer Prekarisierung von Arbeit (z.B. Leiharbeit, 1-Euro-Job, befristete Arbeitsverhältnisse) und zu einer Verschärfung von sozialer Ungleichheit geführt. Es liegt auf der Hand, dass die Betroffenen darauf mit Wut und Verzweiflung reagieren. Unter solchen Bedingungen ist es z.B. auch der NPD gelungen, sich an Montagsdemonstrationen zu beteiligen, ohne dass andere Beteiligte darauf mit Empörung reagieren. Je stärker die Verlierer der neoliberalen Modernisierungspolitik unter der sozialen Kälte leiden, desto mehr sehnen sie sich nach emotionaler Nestwärme, die ihnen die Rechtsextremisten mit ihrer Lagerfeuerromantik und Heimatverbundenheit in Aussicht stellen.
Zum Selberlesen:
Butterwegge, Christoph (2008): Marktradikalismus und Rechtsextremismus. In: Neoliberalismus. Analysen und Alternativen. Wiesbaden: VS Verlag.
Der Autor Christoph Butterwegge (Professor für Politikwissenschaft) arbeitet darin heraus, dass Neoliberalismus und Rechtsextremismus auf verschiedenen Ebenen Berührungspunkte aufweisen. Ich versuche, die wesentlichen Thesen einmal für euch herunterzubrechen:
1. Neoliberale und Rechtsextreme weisen ähnliche Denkstrukturen auf:
- Wettbewerb und Höchstleistung werden von beiden Ideologien als treibende Kräfte der gesellschaftlichen Entwicklung angesehen. Der Starke (z.B. ein Marktteilnehmer oder eine Volksgemeinschaft) setzt sich gegenüber dem Schwachen durch und erhält damit den Anspruch auf alles, während dem Unterlegene bestenfalls ein Überleben am Existenzminimum zugestanden wird. Für den Schwachen (z.B. Arbeitlosen, Behinderten) zeigen Neoliberale und Rechtsextreme wenig Verständnis.
- Das anzustrebende Ziel von Neoliberalen und Rechtsextremen ist nicht die Gleichheit der Menschen. Vielmehr wird versucht, soziale Ungleichheit ideologisch zu rechtfertigen: sie ist das Ergbnis einer notwendigen sozialen Auslese.
- Damit korrespondiert eine Art "Standortnationalismus", d.h. ein Bewusstsein, dass sich das eigene Land in einem Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsstandorten befindet. Gegen die Konkurrenten könne man sich nur mittels Rückbesinnung auf die eigenen Tugenden (z.B. deutscher Erfindergeist, Tüchtigkeit, Opferbereitschaft) durchsetzen. Der Stolz auf die eigene Nationalität ("Du bist Deutschland") wird dabei instrumentalisiert, um soziale Einschnitte zu legitimieren. Dieser Nationalismus wirke als politisch-ideologischer Kitt, der dafür sorgt, dass die Gesellschaft nicht auseinanderfällt.
2. Der neoliberale Staat nimmt selbst immer mehr die Züge eines totalitären Staates an:
- Aufgrund der Privatisierung gesellschaftlichen Eigentums (z.B. Energieversorgung, kommunale Wohnungsbestände, Bundesbahn, Telekom) gibt die Politik die Möglichkeiten zur Gestaltung von Gesellschaft aus der Hand. Zudem werden neoliberale Ideen (z.B. Deregulierung, Umverteilung von Unten nach Oben) von der Politik häufig als alternativlos dargestellt. Dadurch werde die Demokratie natürlich ausgehöhlt, denn Demokratie bedeutet teilhaben und mitbestimmen.
- Die Spaltung der Gesellschaft in eine reiche Elite und eine pauperisierenden Bevölkerungsmehrheit führt letztlich zu Spannungen und zur Bedrohung des inneren Friedens der Gesellschaft, der nur mit Sicherheitspolitik (Überwachung, Gewalt) einigermaßen aufrechterhalten werden könne.
3. Neoliberale Politik bereitet den Nährboden für Rechtsextremismus:
- Der Neoliberalismus versetzt Nationalstaaten und Standorte in eine Konkurrenzsituation. Diese befinden sich in einem Wettbewerb z.B. um niedrige Löhne und niedrige Steuern. In einer solchen Situation entsteht ein Diskriminierung begünstigendes Klima, denn da wo Menschen um knappe Arbeitsplätze und Ressourcen konkurrieren, entstehen schnell Konflikte zwischen Einheimischen und Fremden oder interkulturelle Konflikte.
- Die Übermacht der Ökonomie über die Politik zerstört den Glauben vieler Menschen, dass Gesellschaft vom Einzelnen überhaupt noch gestaltbar ist. Politik und Demokratie verlieren damit insgesamt an Attraktivität und demokatisches Engagement wird verhindert.
- Neoliberale Politik hat u.a. zu einer Prekarisierung von Arbeit (z.B. Leiharbeit, 1-Euro-Job, befristete Arbeitsverhältnisse) und zu einer Verschärfung von sozialer Ungleichheit geführt. Es liegt auf der Hand, dass die Betroffenen darauf mit Wut und Verzweiflung reagieren. Unter solchen Bedingungen ist es z.B. auch der NPD gelungen, sich an Montagsdemonstrationen zu beteiligen, ohne dass andere Beteiligte darauf mit Empörung reagieren. Je stärker die Verlierer der neoliberalen Modernisierungspolitik unter der sozialen Kälte leiden, desto mehr sehnen sie sich nach emotionaler Nestwärme, die ihnen die Rechtsextremisten mit ihrer Lagerfeuerromantik und Heimatverbundenheit in Aussicht stellen.
Zum Selberlesen:
Butterwegge, Christoph (2008): Marktradikalismus und Rechtsextremismus. In: Neoliberalismus. Analysen und Alternativen. Wiesbaden: VS Verlag.
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