Am vergangenen Mittwoch lief im Ersten die Polit-Talkshow HART ABER FAIR zum Thema "Die SPD am Abgrund - Was bringt der Schritt nach vorn?". Zu Gast war u.a. Oscar Lafontaine. Im Laufe der Sendung hat ein anderer Gast, STERN-Journalist Michael Jürgs , Lafontaine als Demagogen beschimpft ("bezeichnet" scheint mir bei dem gezeigten Verhalten nicht das richtige Wort), vor allem seine Aussage bez. SPDlern als Gründern der SED hatte er angegriffen, da Lafontaine seine Meinung im Vergleich zu 1996 offenbar geändert hatte. Um das zu unterstreichen zeigte Moderator Frank Plasberg Ausschnitte aus Lafontaines 96er Rede.
Moment! Gast Jürgs nennt einen Punkt, der mit dem Thema der Sendung herzlich wenig zu tun hat, und genau dazu hatte die Redaktion einen Beitrag vorbereitet?! Was war das denn? Zufall?! Wenn, dann ein sehr, sehr großer.
Und was kam danach?! Auch ein Zitat von Lafontaine aus einer älteren ANNE WILL-Sendung, in welchem er behauptete, Angela Merkel habe in Moskau studiert, was nur linientreuen DDR-Bürgern gestattet war, wurde in Form eines redaktionellen Beitrags vorgeführt. Und Herr Plasberg verkündete dann frei heraus, die Recherchen der eigenen Redaktion hätten dies nicht bestätigen können.
Wie bitte?! Wieso ging es denn plötzlich um Lafontaines Glaubwürdigkeit? Sollte es nicht eigentlich um den Zustand der SPD gehen?! Wieso hatte die Redaktion dann etwas völlig Themenfremdes offensichtlich eingeplant?
Nun nannte Herr Lafontaine noch seine Quellen, erst Wikipedia (wofür er erstmal ausgelacht wurde), und dann die Merkel-Biografie von Prof. Gerd Langguth. Plasberg kündigte an, im Faktencheck, welcher am Folgetag auf der Internetseite der Sendung nachzulesen sein sollte, diesen Punkt zu klären. Darauf komme ich später noch zurück, da der Faktencheck noch anderweitig von Bedeutung ist.
In der Sendung behauptete Lafontaine ebenfalls, 25% der in Deutschland Beschäftigten bekämen nur 15.000 Euro oder weniger pro Jahr.
Nun zum Faktencheck.
Zu der Merkelbiografie von Prof. Langguth steht dort
*Hervorhebung von mir.
Um das festzuhalten: In der Biografie steht ausdrücklich, Merkel habe ihren späteren Mann bei einem Jugendaustausch mit Physikstudenten u.a. in Moskau kennengelernt, und obwohl der Faktencheck das entsprechende Zitat noch selbst präsentiert, wird Lafontaines Behauptung angeblich widerlegt?! Was soll ein Jugendaustausch mit Physikstudenten in Moskau denn anderes bedeuten, als dass man da in Moskau studiert? Und die Kernaussage, für eine solche Reise hätte man linientreu sei müssen, besonders als Pastorentochter, wird schlicht entgegengebracht
Das war's? Keine Ausführung, warum Merkel auch als Nicht-Linientreue studieren und ins Ausland reisen durfte? Kommt mir doch etwas komisch vor.
Und an wendete man sich noch, um die Frage zu klären?
Hugo Müller-Vogg?! Ausgerechnet der Chef-Merkelbeweihräucher der BILD soll eine qualifizierte Quelle sein?! Plasberg hat sich in der Sendung darüber amüsiert, dass Lafontaine Wikipedia als eine seiner Quellen nannte. Und seine eigene Redaktion nennt tatsächlich jemanden wie Müller-Vogg als Quelle?! Die schämen sich offenbar auch vor gar nichts! Und dann auch noch seine Begründung: Er hat ja mit Frau Merkel mal über ihre Ausbildung gesprochen und da hat sie das nicht erwähnt. Hallo?! Und das soll beweisen, dass Frau Merkel NICHT in Moskau studiert hat? Da kann ich auch sagen, dass ich mit meinem Kumpel mal über Süßigkeiten gesprochen, und weil er dabei Snickers nicht erwähnt hat, hat er die auch noch nie gegessen.
Und zu seiner Behauptung bezüglich der 25% Beschäftigten in Deutschland, welche 15.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen?!
Wer hat denn was von Vollzeitarbeitnehmern gesagt?! Lafontaine sprach von ALLEN Beschäftigten, nicht nur von Vollzeitarbeitnehmern.
Lafontaine hatte innerhalb der Sendung auch von drei Spitzen-CDUlern, die einst Spitzen-SEDler waren. Zu dieser Behauptung findet sich im Faktencheck nicht ein einziges Wort. Warum nicht?!
Hart aber fair: Faktencheck zur Sendung vom 10.09.2008
Fazit: HART ABER FAIR schien mir bisher eigentlich eine sehr gute Sendung zu sein. Doch mir scheint, diese Sendung wurde dazu benutzt, um Lafontaines Glaubwürdigkeit anzugreifen. Nach dem, wie sich Herr Plasberg & Co. allerdings gegeben haben, stelle ich eher deren Glaubwürdigkeit in Frage.
Zum Thema interessant:
NachDenkSeiten.de| "Hart aber fair" - eine PR-Agentur mit angeschlossenem Fernsehsender
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Moment! Gast Jürgs nennt einen Punkt, der mit dem Thema der Sendung herzlich wenig zu tun hat, und genau dazu hatte die Redaktion einen Beitrag vorbereitet?! Was war das denn? Zufall?! Wenn, dann ein sehr, sehr großer.
Und was kam danach?! Auch ein Zitat von Lafontaine aus einer älteren ANNE WILL-Sendung, in welchem er behauptete, Angela Merkel habe in Moskau studiert, was nur linientreuen DDR-Bürgern gestattet war, wurde in Form eines redaktionellen Beitrags vorgeführt. Und Herr Plasberg verkündete dann frei heraus, die Recherchen der eigenen Redaktion hätten dies nicht bestätigen können.
Wie bitte?! Wieso ging es denn plötzlich um Lafontaines Glaubwürdigkeit? Sollte es nicht eigentlich um den Zustand der SPD gehen?! Wieso hatte die Redaktion dann etwas völlig Themenfremdes offensichtlich eingeplant?
Nun nannte Herr Lafontaine noch seine Quellen, erst Wikipedia (wofür er erstmal ausgelacht wurde), und dann die Merkel-Biografie von Prof. Gerd Langguth. Plasberg kündigte an, im Faktencheck, welcher am Folgetag auf der Internetseite der Sendung nachzulesen sein sollte, diesen Punkt zu klären. Darauf komme ich später noch zurück, da der Faktencheck noch anderweitig von Bedeutung ist.
In der Sendung behauptete Lafontaine ebenfalls, 25% der in Deutschland Beschäftigten bekämen nur 15.000 Euro oder weniger pro Jahr.
Nun zum Faktencheck.
Zu der Merkelbiografie von Prof. Langguth steht dort
Zitat von Faktencheck
Um das festzuhalten: In der Biografie steht ausdrücklich, Merkel habe ihren späteren Mann bei einem Jugendaustausch mit Physikstudenten u.a. in Moskau kennengelernt, und obwohl der Faktencheck das entsprechende Zitat noch selbst präsentiert, wird Lafontaines Behauptung angeblich widerlegt?! Was soll ein Jugendaustausch mit Physikstudenten in Moskau denn anderes bedeuten, als dass man da in Moskau studiert? Und die Kernaussage, für eine solche Reise hätte man linientreu sei müssen, besonders als Pastorentochter, wird schlicht entgegengebracht
Nach Ansicht von Prof. Langguth sei "Merkel auch keine überzeugte Kommunistin" gewesen.

Und an wendete man sich noch, um die Frage zu klären?
Quelle Hugo Müller-Vogg
Ebenfalls gesprochen haben wir mit dem Merkel-Biographen Hugo Müller-Vogg. Er hat uns seine Stellungsnahme noch einmal schriftlich zukommen lassen:
"Nein, Angela Merkel hat nicht in Moskau studiert. Ich weiß das von Frau Merkel persönlich, mit der ich bei der Arbeit an dem Buch "Angela Merkel: Mein Weg" sehr ausführlich über ihre Ausbildung gesprochen habe. Es gibt übrigens einen unverdächtigen Zeugen für die Richtigkeit der Merkelschen Aussage: Der Bundesgeschäftsführer der LINKEN, Dietmar Bartsch, der selber in Moskau studiert hat. In meiner BILD-Kolumne "Berlin intern" schrieb ich dazu am 3.Juni 2008: "Dass Merkel nicht in Moskau studiert hat, bestätigt Dietmar Bartsch, der Bundesgeschäftsführer der Lafontaine-Partei. Der muss es wissen: Er selber durfte 1986 in Moskau studieren. Warum aber verbreitet Lafontaine Unwahres? Bartsch : "Ein Missverständnis." Wenige Tage, nachdem Oskar Lafontaine zum ersten Mal die Mär von Merkels Moskau-Studium erzählt hatte, gab es ein Pressefrühstück der Fraktion der LINKEN. Dort wurde Lafontaine mit der Aussage Bartschs konfrontiert. Seine Antwort: Wer so gut Russisch spricht, wie Frau Merkel, muss in Moskau studiert haben" - eine wohl aberwitzige Beweisführung.
Anmerkung der "hartaberfair"-Redaktion: Wir haben auch mit Herrn Bartsch gesprochen. Aktuell wollte er sich nun nicht mehr äußern.
Ebenfalls gesprochen haben wir mit dem Merkel-Biographen Hugo Müller-Vogg. Er hat uns seine Stellungsnahme noch einmal schriftlich zukommen lassen:
"Nein, Angela Merkel hat nicht in Moskau studiert. Ich weiß das von Frau Merkel persönlich, mit der ich bei der Arbeit an dem Buch "Angela Merkel: Mein Weg" sehr ausführlich über ihre Ausbildung gesprochen habe. Es gibt übrigens einen unverdächtigen Zeugen für die Richtigkeit der Merkelschen Aussage: Der Bundesgeschäftsführer der LINKEN, Dietmar Bartsch, der selber in Moskau studiert hat. In meiner BILD-Kolumne "Berlin intern" schrieb ich dazu am 3.Juni 2008: "Dass Merkel nicht in Moskau studiert hat, bestätigt Dietmar Bartsch, der Bundesgeschäftsführer der Lafontaine-Partei. Der muss es wissen: Er selber durfte 1986 in Moskau studieren. Warum aber verbreitet Lafontaine Unwahres? Bartsch : "Ein Missverständnis." Wenige Tage, nachdem Oskar Lafontaine zum ersten Mal die Mär von Merkels Moskau-Studium erzählt hatte, gab es ein Pressefrühstück der Fraktion der LINKEN. Dort wurde Lafontaine mit der Aussage Bartschs konfrontiert. Seine Antwort: Wer so gut Russisch spricht, wie Frau Merkel, muss in Moskau studiert haben" - eine wohl aberwitzige Beweisführung.
Anmerkung der "hartaberfair"-Redaktion: Wir haben auch mit Herrn Bartsch gesprochen. Aktuell wollte er sich nun nicht mehr äußern.
Und zu seiner Behauptung bezüglich der 25% Beschäftigten in Deutschland, welche 15.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen?!
Matthias Rumpf, OECD: Bezogen auf die Vollzeitarbeitnehmer ist diese Behauptung falsch.
Lafontaine hatte innerhalb der Sendung auch von drei Spitzen-CDUlern, die einst Spitzen-SEDler waren. Zu dieser Behauptung findet sich im Faktencheck nicht ein einziges Wort. Warum nicht?!
Hart aber fair: Faktencheck zur Sendung vom 10.09.2008
Fazit: HART ABER FAIR schien mir bisher eigentlich eine sehr gute Sendung zu sein. Doch mir scheint, diese Sendung wurde dazu benutzt, um Lafontaines Glaubwürdigkeit anzugreifen. Nach dem, wie sich Herr Plasberg & Co. allerdings gegeben haben, stelle ich eher deren Glaubwürdigkeit in Frage.
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