Grass geht es um Aufmerksamkeit, weiter nichts. Er fährt voll auf der Sarrazin-Schiene: "Schaut her, ich Volksheld spreche aus, was sonst keiner auszusprechen wagt!"
Was wirklich abstoßend ist und über "Israel-Kritik" weit hinausgeht, ist, dass er mit seiner Wortwahl und seinen Sprachbildern Israel in die Nähe von Nazi-Deutschland rückt - oder, wenn es ihm, wie er jetzt behaupet, um Nethanjau geht, diesen in die Nähe zu Hitler. Schirrmacher hat das in seiner "Gedichtsinterpretation" mE völlig richtig herausgearbeitet und auf den Punkt gebracht. Ich habe das oben schon verlinkt, will es aber doch noch mal zitieren:
Quelle hier: Eine Erläuterung: Was Grass uns sagen will - Feuilleton - FAZ
Das ist wirklich sehr verwandt mit der Schiene, auf der Sarrazin fährt. Auch der kam unter der Flagge "ich bin der Held, der ausspricht, was sich sonst keiner traut" daher und transportierte nebenbei mit seiner unterschwelligen Eugenik-Argumentation noch ganz andere Dinge mit. Dasselbe tut Grass hier, wenn er mit diesen Sprachbildern operiert. Und da Grass nicht irgendein Schreiberling ist, sondern Literaturnobelpreisträger, und dies auch nicht mal nebenbei sagte, sondern als Gedicht verfasste und in alle Welt zur Veröffentlichung schickte, darf man annehmen, dass diese Sprachwahl kein Zufall ist.
Auf Sarrazin ist die "man wird ja noch mal sagen dürfen"-Fraktion hereingefallen, und jetzt fällt sie auf Grass herein. Dabei geht es beiden in erster Linie um Aufmerksamkeit für sich selbst, und dieses Ziel haben beide ja erreicht.
Was wirklich abstoßend ist und über "Israel-Kritik" weit hinausgeht, ist, dass er mit seiner Wortwahl und seinen Sprachbildern Israel in die Nähe von Nazi-Deutschland rückt - oder, wenn es ihm, wie er jetzt behaupet, um Nethanjau geht, diesen in die Nähe zu Hitler. Schirrmacher hat das in seiner "Gedichtsinterpretation" mE völlig richtig herausgearbeitet und auf den Punkt gebracht. Ich habe das oben schon verlinkt, will es aber doch noch mal zitieren:
Man muss sich klarmachen, was dieser Meister der Sprache assoziativ aufruft. Es spricht ein potentiell „Überlebender“, der „allenfalls Fußnote der Geschichte“ sein wird, wenn man Israel nicht Einhalt gebietet. Im semantischen Kontext dieses Gedichts raubt er sich das Wort „Überlebende“ und damit die moralische Autorität der überlebenden Verfolgten des Dritten Reichs. Mehr noch, er spielt fast wörtlich auf die Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht vom 9.November 2008 an, auf der Charlotte Knobloch davor warnte, dass die Opfer des Holocaust zu „Fußnoten der Geschichte“ werden könnten.
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Aber das ist es nicht allein. Das ganze Gedicht durchzieht ein Subtext, ein lyrischer Etikettenschwindel, der, wenn man ein paar Begriffe verändert, wie die Schwundform eines Textes eines hellsichtigen Widerstandskämpfers des Jahres 1934 wirkt (der bekanntlich mit einer Ausnahme nie geschrieben wurde). ...Die Wortfelder, die Grass aufruft, vom Überlebenden bis zur Auslöschung eines Volkes, was nichts anderes als Holocaust heißt, sind eindeutig. Doch Grass hat noch mehr zu bieten, um sich die Zunge zu lösen, und das ist vielleicht sein stärkstes Stück. Er spricht nicht nur als künftiger Überlebender eines geplanten Völkermords, er sagt auch, was ihn davon abhielt, die „Wahrheit“ auszusprechen. Es sind nicht die Handlungen und Gedanken, die ihn zur Verstellung zwangen, sondern die genetische Herkunft. „Herkunft als Makel“ - er sagt nicht: „meine Generation“, „mein Land“, „unsere Geschichte“, „meine Geschichte“, er benutzt den genealogischen Begriff „Herkunft“. Und zwar aus schlichtem Grund. Denn jetzt teilt er auch diese Stigmatisierung mit den wahren Opfern des Rassismus.
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Aber das ist es nicht allein. Das ganze Gedicht durchzieht ein Subtext, ein lyrischer Etikettenschwindel, der, wenn man ein paar Begriffe verändert, wie die Schwundform eines Textes eines hellsichtigen Widerstandskämpfers des Jahres 1934 wirkt (der bekanntlich mit einer Ausnahme nie geschrieben wurde). ...Die Wortfelder, die Grass aufruft, vom Überlebenden bis zur Auslöschung eines Volkes, was nichts anderes als Holocaust heißt, sind eindeutig. Doch Grass hat noch mehr zu bieten, um sich die Zunge zu lösen, und das ist vielleicht sein stärkstes Stück. Er spricht nicht nur als künftiger Überlebender eines geplanten Völkermords, er sagt auch, was ihn davon abhielt, die „Wahrheit“ auszusprechen. Es sind nicht die Handlungen und Gedanken, die ihn zur Verstellung zwangen, sondern die genetische Herkunft. „Herkunft als Makel“ - er sagt nicht: „meine Generation“, „mein Land“, „unsere Geschichte“, „meine Geschichte“, er benutzt den genealogischen Begriff „Herkunft“. Und zwar aus schlichtem Grund. Denn jetzt teilt er auch diese Stigmatisierung mit den wahren Opfern des Rassismus.
Das ist wirklich sehr verwandt mit der Schiene, auf der Sarrazin fährt. Auch der kam unter der Flagge "ich bin der Held, der ausspricht, was sich sonst keiner traut" daher und transportierte nebenbei mit seiner unterschwelligen Eugenik-Argumentation noch ganz andere Dinge mit. Dasselbe tut Grass hier, wenn er mit diesen Sprachbildern operiert. Und da Grass nicht irgendein Schreiberling ist, sondern Literaturnobelpreisträger, und dies auch nicht mal nebenbei sagte, sondern als Gedicht verfasste und in alle Welt zur Veröffentlichung schickte, darf man annehmen, dass diese Sprachwahl kein Zufall ist.
Auf Sarrazin ist die "man wird ja noch mal sagen dürfen"-Fraktion hereingefallen, und jetzt fällt sie auf Grass herein. Dabei geht es beiden in erster Linie um Aufmerksamkeit für sich selbst, und dieses Ziel haben beide ja erreicht.
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