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    Chinas Aufrüstung -ein Alarmzeichen?

    Hallo Jungs ich wollte mal in diesen Thema eure Meinung zu dem derzeitigen China hören.

    Chinas Aufrüstung - ein Alarmzeichen

    Vor dem Hintergrund der jüngsten Taiwan-Krise und neuer Kriegsdrohungen im Vorfeld der taiwanesischen Präsidentschaftswahlen vom 18. März dieses Jahres haben die jüngste Erhöhung des chinesischen Verteidigungshaushalts um 12,7% auf 120,5 Milliarden Yuan (29 Milliarden D-Mark) und die zusätzliche Bewilligung von weiteren 5,6 Milliarden Yuan für die Streitkräfte (sowie für bewaffnete Polizei und Justiz) die latenten Bedrohungsperzeptionen bei Chinas Nachbarn verstärkt.1 Dies gilt umso mehr, als die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts Chinas in den vergangenen beiden Jahren auf 7,8 bzw. 7,1% abgerutscht ist und die Erhöhung der Verteidigungsausgaben auch deutlich über jener des Staatshaushalts (7,9% gegenüber 1999) lag.

    Unabhängige Analysen, die u.a. auch den Energieverbrauch als zuverlässigen Indikator für das Wirtschaftswachstum berücksichtigen, konstatieren sogar ein noch geringeres Wachstum, das unter sechs Prozent gelegen haben soll. Die diesjährige Erhöhung des Verteidigungshaushalts – zweistellig wie stets in den vergangenen elf Jahren – bestätigt einen Trend der letzten Jahre, wonach die Modernisierung der chinesischen Volksbefreiungsarmee (VBA) offenbar nicht mehr wie in der Vergangenheit unter Deng Xiaoping eindeutig der ökonomischen Entwicklung Chinas untergeordnet ist.
    Da China vor gewaltigen innenpolitischen und insbesondere sozio-ökonomischen Herausforderungen seines Transformationsprozesses steht und bis heute nicht auf Gewalt als Instrument zur Durchsetzung politischer Ziele verzichten will, kommt der politischen Rolle der chinesischen Streitkräfte in der Innen- und Außenpolitik besondere Bedeutung zu.2 Auch kann ein außenpolitisch aggressiver agierendes China nicht ausgeschlossen werden, das aus eigener Sicht nach einem Jahrhundert der „Schande und Erniedrigung“ seinen Platz in der Staatengemeinschaft noch nicht gefunden hat.

    Westliche Strategien der Einflussnahme von außen auf China dürfen sich daher nicht allein auf das wirtschaftliche Instrument der Einbindung Chinas beschränken. So wird die Bedeutung der zivil-militärischen Beziehungen für die innen- und außenpolitische Stabilität noch immer nicht hinreichend erkannt. Die VBA versteht sich heute mehr denn je als der eigentliche Garant chinesischer Staatssouveränität und bildet die treibende politische Kraft bei den Wiedervereinigungsbemühungen Chinas, die einerseits den Zusammenhalt der Volksrepublik wahren, anderereits jegliche separatistische Tendenzen und Unabhängigkeitsbestrebungen (in Taiwan, Tibet, Sinkiang, der Inneren Mongolei, der Mandschurei und den Grenzregionen) schon im Keim ersticken sollen. Darüber hinaus besteht unter den westlichen Experten weitgehende Einigkeit darüber, dass im Zuge des politischen Vakuums nach dem faktischen Ausscheiden Deng Xiaopings und der Übergangsperiode bis zur Machtkonsolidierung Jiang Zemins das politische Gewicht der chinesischen Militärelite, besonders in der Außen- und Sicherheitspolitik, deutlich zugenommen hat.3
    Gleichzeitig ist die politische Kontrolle zunehmend erodiert, wie am politischen Beschluss des Jahres 1997 abzulesen war, ein neues „Nationales Verteidigungsgesetz“ zu erlassen, das die Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas über die Volksbefreiungsarmee wieder stärken soll.4 Darüber hinaus darf auch die wirtschaftliche Bedeutung der Streitkräfte nicht übersehen werden, die bis 1998 mit etwa 20 000 Firmen einen jährlichen Umsatz von mindestens acht Milliarden D-Mark erwirtschafteten.

    Rüstung in den neunziger Jahren
    Der dreiwöchige Grenzkrieg zwischen der Volksrepublik China und Vietnam im Februar/März 1979 bildete den Ausgangspunkt der chinesischen Militärreformen und der ersten Modernisierungsbestrebungen. Dies führte zu einer grundlegenden Neueinschätzung der Natur zukünftiger Kriege und Bedrohungen bereits in den achtziger Jahren.
    Unter Jiang Zemin wurde die Modernisierung der chinesischen Streitkräfte nicht nur fortgesetzt, sondern signifikant beschleunigt. Im September 1997 wurde beschlossen, bis zum Jahr 2000 die Streitkräfte um weitere 500 000 Mann auf 2,6 Millionen Soldaten zu reduzieren, um so zusätzliche finanzielle Ressourcen für die Rüstungsmodernisierung freizusetzen. Mit Abschluss der zweiten Etappe der gegenwärtigen Heeresreform im Jahr 2001 soll das Land einen durchschnittlichen Entwicklungsstand erreicht haben, während mit dem Ende der dritten Etappe bis zum Jahr 2049 die Volksbefreiungsarmee eine führende Rolle in der Welt einnehmen soll. Um die Professionalisierung voranzutreiben, wurde zu Beginn des Jahres 1999 die Wehrdienstzeit aller Teilstreitkräfte auf zwei Jahre reduziert. Gleichzeitig wird auch die weitere Restrukturierung der Streitkräfte forciert. So wurden Anfang 1999 sechs der insgesamt 21 Armeegruppen von der bisherigen Divisions- auf eine neue, kleinere und flexiblere Brigadestruktur reorganisiert, um die operative Schlagkraft zu erhöhen.
    Die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise in Asien, die auch zu einschneidenden Kürzungen der Verteidigungshaushalte geführt hat, hat die Bedrohungsperzeptionen auf Seiten der ASEAN-Staaten noch gestärkt, da Chinas militärische Aufrüstung von der Asien-Krise nicht betroffen ist.5 Während die meisten westlichen Experten die Höhe des chinesischen Verteidigungshaushalts auf das Drei- bis Fünffache des offiziellen Haushalts schätzen, da weder Rüstungsbeschaffungen noch Forschungs- und Entwicklungsgelder oder die Renten für mehr als fünf Millionen Soldaten berücksichtigt sind, könnte dieser Haushalt unter Berücksichtigung realer Kaufkraftparitäten bereits 1994 diejenigen Indiens und sogar Japans übertroffen haben.6

    Da nach den Tienanmen-Ereignissen 1989 der Westen ein umfassendes Rüstungsembargo über China verhängt hat, blieb Peking keine andere Wahl, als die traditionellen Rüstungsbeziehungen zu Israel und vor allem zu Russland zu intensivieren. Da die chinesische Militärelite nach wie vor mit den Produkten aus der eigenen Rüstungsindustrie außerordentlich unzufrieden ist, wurden seit Anfang der neunziger Jahre modernste russische Waffensysteme für die Luft- und Seestreitkräfte beschafft. Zu den spektakulärsten Rüstungskäufen gehören u.a. der Kauf von 72 Kampfflugzeugen, von zwei hochmodernen Zerstörern, die mit jeweils acht modernen Marschflugkörpern vom Typ SS-N-22 Sunburn (Reichweite: 120 km) ausgerüstet sind, sowie von vier U-Booten der Kilo-Klasse. Im August 1999 wurde zudem der Kauf von 40 bis 60 Kampfflugzeugen vom Typ Su-30 MKK mit modernsten Raketen im Wert von zwei Milliarden Dollar vereinbart. Des Weiteren sollen zwei bis drei U-Boote der Kilo- oder Amur-Klasse, zwei bis drei weitere Sovremenny-Zerstörer sowie zusätzlich 40 Kampfflugzeuge beschafft werden. Während die Zerstörer mit ihren Marschflugkörpern eine effektive Bedrohung für die amerikanischen Flugzeugträger und Zerstörer darstellen, soll der Kauf der modernen russischen Kampfflugzeuge (Reichweite 1600 km) der Erringung und Behauptung strategischer Luftüberlegenheit dienen, die eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche maritime Operationen im Südchinesischen Meer oder für eine glaubwürdige Invasionsdrohung gegenüber Taiwan bildet. Bis zum Jahr 2010 dürfte Peking über mehr als 1000 moderne Kampfflugzeuge sowie eine entsprechende Zahl von Tankflugzeugen und maritimen Patrouillenflugzeugen verfügen; damit würde sich das militärische Kräftegleichgewicht zwischen China einerseits und Taiwan sowie den ASEAN-Staaten andererseits allmählich verschieben.

    Kosovo
    Für Chinas Militär waren der Kosovo-Konflikt und die unglückliche Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad am 7. Mai 1999 ein willkommener Anlass, die Außen- und Sicherheitspolitik der politischen Führung massiv zu kritisieren, um so zusätzliche finanzielle Ressourcen für die Streitkräfte zu mobilisieren. Nach dem politischen Beschluss vom 22. Juli 1998, fast alle wirtschaftlichen Tätigkeiten der Armee einzustellen, da dies zu weitverbreiteter Korruption, Schmuggel, Missmanagement und einer drastischen Reduzierung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte geführt hatte, sah sich Jiang Zemin wiederholt mit Forderungen nach einer zusätzlichen Erhöhung des Verteidigungshaushalts konfrontiert. Nach Ansicht der Militärelite lag die in den letzten beiden Jahren beschlossene Erhöhung deutlich unter den Verlusten, die die Armee aus der Einstellung der Wirtschaftstätigkeiten zu verkraften hatte. So hatte die politische Führung die Profite aus den Wirtschaftsunternehmen bewusst niedrig beziffert. Inzwischen wurde die Einstellung der Wirtschaftstätigkeiten verlangsamt und teilweise sogar wieder zurückgenommen.
    Der Kosovo-Konflikt war ebenso wie der Golf-Krieg für das chinesische Militär ein erneuter Schock. Gleichzeitig führte dies zu einer lebhaften Diskussion über die Richtung und Strategie der zukünftigen Außen- und Sicherheitspolitik.7 Bis heute hält Peking an den offiziellen Verschwörungstheorien fest, hat die nationalistischen Aufwallungen bewusst innenpolitisch instrumentalisiert und mit Forderungen nach westlicher Kompromissbereitschaft bei Fragen des WTO-Beitritts und anderen strittigen Themen verknüpft. Die schon seit längerem in China aufgestaute Frustration gegenüber den USA schlug nach der Bombardierung der Botschaft in Belgrad in eine offene antiamerikanische und antiwestliche Stimmung um.

    Mehr als alle anderen Streitpunkte mit den USA und dem Westen bildete so der Kosovo-Konflikt einen Kristallisationspunkt, der die unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der zukünftigen Weltordnung zwischen dem Westen und China offen legte. Bereits unmittelbar nach der Bombardierung der Belgrader Botschaft beschloss das Politbüro unter Jiang Zemin zusätzliche Verteidigungsausgaben. Nach Hongkonger Quellen sollen sogar noch aus dem laufenden Etat des Jahres 1999 für große Infrastrukturprogramme 20 Milliarden Yuan zusätzlich für Verteidigungsprojekte zur Verfügung gestellt worden sein. Diese Summe soll bis zum Jahr 2003 auf insgesamt 100 Millarden Yuan aufgestockt werden. Darüber hinaus soll der Staatsrat im Sommer 1999 weitere 80 Milliarden Yuan zur Beschaffung neuer Waffensysteme bewilligt haben. Demnach wäre der Verteidigungshaushalt für 1999 mit dann 215,2 Milliarden Yuan fast doppelt so hoch gewesen wie ursprünglich veranschlagt (120 Milliarden Yuan).8

    Regionale Stabilität
    Seit Anfang der neunziger Jahre haben in China die ungelöste Taiwan-Frage, umstrittene territoriale Ansprüche gegenüber zahlreichen asiatischen Nachbarstaaten in der Süd- und Ostchinesischen See und vor allem die Verschlechterung der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und Japan das Gefühl der eigenen Verwundbarkeit weiter verstärkt.
    Das historisch erklärbare Gefühl der Verwundbarkeit Chinas kontrastiert jedoch inzwischen mit einem zunehmend selbstbewusst vorgetragenen Machtanspruch auf regionaler und globaler Ebene, das auf einem ebenso historisch begründeten Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen Staaten und Nationen beruht. Die heutige Friedens-, Reform- und Modernisierungspolitik ist aus chinesischer Sicht kein Selbstzweck, sondern wird als Instrument zur wirtschaftlichen und militärischen Stärkung der Nation verstanden. Zudem werden nicht nur die ungelösten Probleme im Verhältnis zu Taiwan, sondern auch die Territorialansprüche im Südchinesischen Meer als innenpolitische Angelegenheit betrachtet, die keine ausländische Einmischungen duldet.

    Im Zusammenhang mit diesem ambivalenten „Unter- und Überlegenheits-Paradigma“ der „strategic culture“ beim Verständnis von Konflikten, der Bestimmung potenzieller Feinde und des Einsatzes von Streitkräften als Instrument der Politik musste auch die sich abzeichnende Verschärfung der Ressourcenverknappung seit Mitte der achtziger Jahre weitreichende Auswirkungen auf Chinas Außen- und Sicherheits- politik haben. Die Volksrepublik repräsentiert gegenwärtig mit 1,3 Milliarden Menschen etwa 22% der Weltbevölkerung, die aber nur auf sieben Prozent des globalen landwirtschaftlich nutzbaren Bodens leben. Gleichzeitig wird die chinesische Bevölkerung bis zum Jahr 2020 trotz rigider Geburtenkontrolle vermutlich auf 1,5 Milliarden Menschen anwachsen.
    Dies hat erhebliche Folgen für den Nahrungsmittel- wie den Energiebedarf, der sowohl auf Grund des Anstiegs der Bevölkerungszahl als auch der fortgeschrittenen Industrialisierung, Urbanisierung und Erhöhung des Lebensstandards rapide ansteigen wird. Gleichzeitig kann China aber immer weniger auf eigene Energieressourcen zur Deckung seines Bedarfs zurückgreifen. Aus Sicht chinesischer Verteidigungsexperten erfordert dies den Aufbau einer Hochseeflotte, welche die maritimen Ressourcen und vor allem die für China in den nächsten Jahrzehnten so kritische Abhängigkeit von offenen Seewegen im Südchinesischen Meer und im Indischen Ozean sichern und verteidigen kann. Daher sollen langfristig schlagkräftige Seestreitkräfte aufgebaut werden, die bis zum Jahr 2049 auch mit den Seestreitkräften der Vereinigten Staaten konkurrieren können.

    Unilaterale Sicherheit
    Diese Modernisierungsanstrengungen basieren letztlich auf außenpolitischen Strategien unilateraler Sicherheit. Diese führen zu zusätzlicher Unsicherheit auf der anderen Seite, da deren Sicherheitsbedürfnisse keine Berücksichtigung finden. Vor allem Experten der VBA stehen neuen außen- und sicherheitspolitischen Konzeptionen „gemeinsamer Sicherheit“ nach wie vor skeptisch bis ablehnend gegenüber. Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, wenn Peking die Stärkung der Streitkräfte seiner Nachbarstaaten – allen voran Taiwan, Japan und Indien – massiv kritisiert und wenig Verständnis für deren Sicherheitsbedürfnisse aufbringen kann. Dies zeigt sich besonders augenfällig bei den gegenwärtigen Debatten in Japan und Taiwan über die Schaffung eines Raketenabwehrsystems, das China mit seiner Raketen- und Nuklearwaffenrüstung wesentlich provoziert hat, zumal beide bisher auf eine eigene Nuklearwaffenentwicklung verzichtet haben.9
    So hat China in den letzten Jahren seine Nuklear- und Raketenrüstung gegenüber der Taiwan-Straße forciert, die bis zum Jahr 2005 auf 650 bis 800 Systeme aufgestockt werden soll. Zudem beschleunigt Peking die Entwicklung land- und seegestützter Marschflugkörper, die bereits innerhalb der nächsten Jahre der Armee zur Verfügung stehen sollen. Gleichzeitig hat es weitreichende Luftabwehrraketen des russischen Typs S-300 PMU1 disloziert, um so taiwanesische und amerikanische Luftoperationen in einem möglichen Konflikt massiv einzuschränken.

    Darüber hinaus ist Peking nicht bereit, seine eigene Nuklear- und Raketenrüstung auf Grund innen- wie verteidigungspolitischer Überlegungen signifikant einzuschränken oder gar einzufrieren. Vor diesem Hintergrund sollte sich Peking eigentlich nicht über die indische Nuklearwaffenrüstung wundern, die weniger mit der pakistanischen als vielmehr mit der chinesischen Nuklearwaffenbedrohung gerechtfertigt wurde. Daher kann es auch nicht überraschen, dass sich gerade in den letzten Jahren die strategische Rivalität zwischen China und Indien sowie China und Japan weiter verschärft hat. So hat Tokio jüngst angeboten, mit bewaffneten Patrouillenbooten seiner Küstenwache die Malakka-Straße und das Südchinesische Meer gegen zunehmende Piratenangriffe zu schützen. Im Gegensatz zu früheren Jahren ist dieser Vorschlag von einigen ASEAN-Staaten ausdrücklich begrüßt worden. Indien wiederum hat kürzlich angekündigt, im Oktober gemeinsame Seemanöver mit Vietnam und Japan im Südchinesischen Meer abzuhalten.

    Nukearstreitkräfte
    Auch auf globaler Ebene versucht China, das militärstrategische Gleichgewicht in den nächsten Jahren zu verändern und hat daher dem Ausbau seiner Nuklearstreitkräfte Priorität eingeräumt. Während China gegenwärtig über lediglich 300 strategische und 150 taktische Nuklearsprengköpfe verfügt, könnte die Zahl der strategischen Nuklearsprengköpfe im nächsten Jahrzehnt auf 600 bis 900 steigen. Während die anderen vier anerkannten Kernwaffenstaaten ihre Nuklearwaffenrüstung entweder auf dem jetzigen Stand eingefroren haben (Großbritannien und Frankreich), oder aber wie die USA und Russland ihre strategischen Nuklearwaffenpotenziale vertraglich auf weniger als 2500 Sprengköpfe reduzieren wollen (START-III), ist China bisher in keinen START- oder INF-Vertrag eingebunden und kann somit fast ungehindert sein Nuklearwaffenarsenal quantitativ wie qualitativ ausbauen. Mit einer Erhöhung auf 600 bis 900 Sprengköpfe würde sich das Verhältnis der Sprengkopfzahl Chinas gegenüber einem gemeinsamen Arsenal von Russland und den USA bis zum Jahr 2010 dramatisch verändern. Da Russland nach dem Jahr 2007 aber nur über 800 bis 900 Sprengköpfe verfügen wird, ist eine militärstrategische Parität bei den Nuklearwaffenarsenalen zwischen beiden Staaten nur noch eine Frage der Zeit. Russland hätte dann durch seine eigenen Rüstungsexporte und vor allem Technologietransfers selbst wesentlich zur Verschiebung des militärischen Kräftegleichgewichts in Asien und der Welt beigetragen. Dies könnte vor allem zulasten der eigenen Sicherheit gehen – eine Erkenntnis, der sich viele russische Sicherheitsexperten noch weitgehend verschließen.

    Da China zugleich im Rahmen seiner eigenen flexiblen Abschreckungsdoktrin nukleare und konventionelle Kriegführungsoptionen zunehmend miteinander verknüpft, kommt dem Nuklearwaffendispositiv bei regionalen Kriegen unter High-Tech-Bedingungen in erster Linie eine Abschreckungsfunktion zu. Danach sollen äußere Mächte – wie die USA – von einer militärischen Intervention abschreckt werden, während China seine überlegenen konventionellen Streitkräfte zur Durchsetzung politischer Ziele wirkungsvoll einsetzen könnte.
    Deshalb hat die Entwicklung des Nuklearwaffenarsenals auch für die kleineren Nachbarstaaten Chinas hohe sicherheitspolitische Relevanz. Die Volksrepublik ist somit weniger an der Herstellung eines wirklichen militärischen Gleichgewichts als vielmehr am Aufbau wirkungsvoller militärischer Abschreckungskapazitäten gegenüber den Vereinigten Staaten interessiert, um durch eine „asymmetrische Kriegführung“ deren Verwundbarkeit und damit Interventionsschwelle deutlich anzuheben. Vor diesem Hintergrund antagonistisch geprägter Sicherheitsperzeptionen und -konzeptionen können sich die Sicherheitsdilemmata in Ostasien weiter verschärfen.

    Perspektiven
    Der Rückgriff auf Nationalismus und offene Fremdenfeindlichkeit und deren innenpolitische Instrumentalisierung durch die chinesische Führung symbolisiert die ideologische Erosion und die damit verbundene Unsicherheit und Angst der Führung des Landes vor grundlegenden innenpolitischen Reformen. Wie die jüngsten außenpolitischen Krisen bei der Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad und des erneuten Aufflammens der Taiwan-Krise einmal mehr gezeigt haben, waren die chinesischen Streitkräfte der eigentliche Gewinner im innenpolitischen Tauziehen. Die Parteiführung sah sich gezwungen, als besänftigende Geste die außenpolitische Rhetorik zu verschärfen, den virulenten Nationalismus innen- und außenpolitisch zu instrumentalisieren und zusätzliche finanzielle Ressourcen von anderen Etats für weitere Erhöhungen des Verteidigungshaushalts zu mobilisieren.
    Der Kauf von Rüstungstechnik darf jedoch nicht gleichgesetzt werden mit militärischen Fähigkeiten. Es wird vieler Jahre intensiven Trainings und der Entwicklung adäquater operativer Einsatzkonzeptionen bedürfen, bevor die Volksbefreiungsarmee die erworbenen Waffensysteme im Verbund der einzelnen Teilstreitkräfte und Waffengattungen effektiv einsetzen kann. Berücksichtigt man allerdings die gegenwärtigen militärischen Trends insbesondere auf beiden Seiten der Taiwan-Straße, dann steht zu befürchten, dass Taiwans gegenwärtiger militärischer Vorsprung zunehmend erodiert und sich im Laufe des nächsten Jahrzehnts zugunsten Pekings verschiebt.10 Dies könnte Peking dazu verleiten, ein größeres Risiko einzugehen, um dann beispielsweise die Taiwan-Frage endgültig militärisch zu „lösen“.
    Doch ebensowenig kann ausgeschlossen werden, dass die gegenwärtig offensichtliche Kluft zwischen den macht- und militärpolitischen Ambitionen Chinas und den wirklichen militärischen Fähigkeiten nicht kleiner, sondern eher größer wird, da sich die Volksbefreiungsarmee und die Rüstungsindustrie zahllosen Herausforderungen gegenübersehen, die zu bewältigen sie außerordentliche Mühe kosten dürfte. Einstweilen aber bleibt vor allem den Nachbarstaaten Chinas nichts anderes übrig, als die chinesischen Ambitionen zur Grundlage der eigenen langfristigen Verteidigungsplanungen zu machen, während gleichzeitig auf dem Gebiet der Außen- und Wirtschaftspolitik die Einbindung Chinas in die internationale Gemeinschaft weiter vorangetrieben werden muss.

    Wenn Europas Vergangenheit nicht Asiens Zukunft werden soll, muss die internationale Gemeinschaft entsprechende Strategien, Instrumente und Wege finden, eine aufsteigende Großmacht wie China konstruktiv international einzubinden. Dies gilt auch und insbesondere für die chinesischen Streitkräfte und die Herstellung militärischer Transparenz; hierzu kann auch Europa einen wichtigen Beitrag leisten.


    Was meint ihr dazu werden die Chinesen zu einer echten Bedrohung oder kann man sie noch ignorieren?
    Zuletzt geändert von -Ragnarok-; 20.06.2005, 12:21.
    Die vernünftigen Menschen passen sich der Welt an; die unvernünftigen versuchen, sie zu
    verändern. Deshalb hängt aller Fortschritt von den Unvernünftigen ab.

    #2
    Aus welchen Archiv kommt den der Artikel? Der muss ja mindestens 6 oder 7 jahre alt sein...?!

    Deng Xiaoping ist tot, Jiang Zemin im Ruhestand und die D-Mark wurde auch schon vor längerer Zeit abgeschafft....

    Aber die Kernaussage des Artikels sit heute aktueller den je, aber wir wollen sicherlich nicht noch eine Diskussion zum Thema China anangen, dafür gibt es schon genug Threads.

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      #3
      Sollte der Artikel nicht aus deiner Feder stammen, würde ich mal eine Quellenangabe dazu machen.
      Ansonsten finde ich auch, dass es genügend Threads zu diesem Thema bereits gibt.
      "Education is the most powerful weapon which you can use to change the world."Nelson Mandela
      DEUTSCHE AIDS-HILFE-DRK
      ÄRZTE OHNE GRENZEN-AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND

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        #4
        Hier mal nen aktueller Artikel zum Thema China: http://www.zeit.de/2005/25/Sinisierung_neu

        Dreht sich zwar nicht ums Militär, ist aber dennoch interessant
        "Also wahrscheinlich werde ich heute abend defnitiv nicht zurückschreiben können..."
        "Da werd' ich vielleicht wahrscheinlich ganz sicher möglicherweise definitiv mit klarkommen."

        Member der NO-Connection!!

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