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Ist es so schlimm, in Deutschland Patriot zu sein?

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    Zitat von newman Beitrag anzeigen
    Wir leben aber nicht mehr im 19. Jahrhundert. Es gibt klare und stabile politische Rahmenstrukturen. Jetzt geht es vor allem darum mit welchen Inhalten diese Strukturen gefüllt werden sollen.
    Um Phänomene wie den Patriotismus zu verstehen ist es aber nützlich, sich mit deren Geschichte und Entstehung zu beschäftigen. Natürlich ist der Patriotismus des 19. Jahrhunderts "von gestern"; viele Ideen, die damals gedacht wurden, sind aber auch heute noch gültig und gut.


    Was wäre denn das Gegenteil von dieser Form des internationalen Patriotismus?
    Da gibt es mindestens zwei Gegenpole: Der eine ist eben der dumpfe Nationalismus/Faschismus, der andere der "Weltkommunismus".

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      Zitat von Pyromancer Beitrag anzeigen
      Da gibt es mindestens zwei Gegenpole: Der eine ist eben der dumpfe Nationalismus/Faschismus, der andere der "Weltkommunismus".
      Weltkommunismus würde ja eine übertriebene Form von Internationalität bedeuten und Nationalismus wäre eine chauvinistische Übertreibung der Vaterlandsliebe. Sie wären also Extremausprägungen der zwei Schlagworte international und Vaterlandsliebe, bei denen aber jeweils eines von beiden wegfallen würde. Nach deiner Vorstellung von internationalem Patriotismus muss aber beides gemeinsam erfüllt sein, Internationalität und nationalstaatliche Organisation.

      D.h. im Gegensatz zu deiner Position ständen eigentlich nur die beiden politischen Extreme. Von der heutigen Sozialdemokratie, Liberalismus bis zu Konservativen würden alle in deine Idee vom internationalem Patriotismus passen, nur eben mit unterschiedlichen Betonungen der zwei Schlagworte? Du würdest also eine eher weite Definition von Patriotismus vertreten.

      Ein ganz anderer Konflikt existiert m.E. zwischen der christlichen Zwei-Welten-Lehre und Patriotismus. Die Aufforderung zur Nächstenliebe zwingt zu politischer Aktivität, die Verehrung weltlicher Konstrukte ist jedoch verboten. Ähnliches findet sich bestimmt auch in anderen Weltanschauungen, die ich weniger kenne.

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        Zitat von newman Beitrag anzeigen
        Weltkommunismus würde ja eine übertriebene Form von Internationalität bedeuten und Nationalismus wäre eine chauvinistische Übertreibung der Vaterlandsliebe. Sie wären also Extremausprägungen der zwei Schlagworte international und Vaterlandsliebe, bei denen aber jeweils eines von beiden wegfallen würde. Nach deiner Vorstellung von internationalem Patriotismus muss aber beides gemeinsam erfüllt sein, Internationalität und nationalstaatliche Organisation.

        D.h. im Gegensatz zu deiner Position ständen eigentlich nur die beiden politischen Extreme. Von der heutigen Sozialdemokratie, Liberalismus bis zu Konservativen würden alle in deine Idee vom internationalem Patriotismus passen, nur eben mit unterschiedlichen Betonungen der zwei Schlagworte? Du würdest also eine eher weite Definition von Patriotismus vertreten.
        Ich denke, man kommt beim Thema Patriotismus nicht weiter, ohne sich ganz tief mit dem Thema Freiheit zu beschäftigen. Der Patriotismus befindet sich nämlich mit nichten ideologisch zwischen Faschismus und Weltkommunismus, er befindet sich auf der Achse Zwang---Freiheit ganz rechts, während Faschismus und Weltkommunismus sich ganz links befinden; und alles, was heute politisch so kreucht und fleucht, tummelt sich dazwischen.
        Aber wie gesagt, ich sehe das Thema durch die bürgerlich-liberale Brille, und die Realität - auch im 19. Jahrhundert - war bestimmt nicht so, wie ich sie mir in meinen verklärt-romantischen Vorstellungen ausmale.

        Ein ganz anderer Konflikt existiert m.E. zwischen der christlichen Zwei-Welten-Lehre und Patriotismus. Die Aufforderung zur Nächstenliebe zwingt zu politischer Aktivität, die Verehrung weltlicher Konstrukte ist jedoch verboten. Ähnliches findet sich bestimmt auch in anderen Weltanschauungen, die ich weniger kenne.
        Man muss schon einige Verrenkungen machen, um aus der Bibel einen Zwang zur politischen Aktivität herzuleiten; leichter ist da das Gegenteil, das Hinnehmen der Zustände und (bei schlimmer Unterdrückung) das Lindern der Symptome.

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          Zitat von Pyromancer Beitrag anzeigen
          Ich denke, man kommt beim Thema Patriotismus nicht weiter, ohne sich ganz tief mit dem Thema Freiheit zu beschäftigen. Der Patriotismus befindet sich nämlich mit nichten ideologisch zwischen Faschismus und Weltkommunismus, er befindet sich auf der Achse Zwang---Freiheit ganz rechts, während Faschismus und Weltkommunismus sich ganz links befinden; und alles, was heute politisch so kreucht und fleucht, tummelt sich dazwischen.
          Aber wie gesagt, ich sehe das Thema durch die bürgerlich-liberale Brille, und die Realität - auch im 19. Jahrhundert - war bestimmt nicht so, wie ich sie mir in meinen verklärt-romantischen Vorstellungen ausmale.
          Dass Patriotismus bei Freiheit rechts steht leuchtet mir nicht so ganz ein. Freiheit ist stark mit Individualismus verknüpft. Patriotismus dagegen ist gruppenorientiert. Unpatriotisch sind doch i.d.R. jene, die nicht ans hehere Gruppenwohl denken.


          Man muss schon einige Verrenkungen machen, um aus der Bibel einen Zwang zur politischen Aktivität herzuleiten; leichter ist da das Gegenteil, das Hinnehmen der Zustände und (bei schlimmer Unterdrückung) das Lindern der Symptome.
          In einem demokratischen System ist die Trennung zwischen politisch und unpolitisch nicht so ohne weiteres möglich. Der Kaiser ist plötzlich das Volk. Ich bin als Wahlberechtigter Christ und Kaiser in einem.

          Die Frage ist auch, geht man davon aus, dass Wohl und Weh top-down vom System bestimmt wird oder bottom-up von der Summe individueller Entscheidungen. Es ist eine Mischung aus beidem und eine Trennung ist gar nicht so leicht möglich. Wenn ich mich aus Nächstenliebe im Altersheim enagiere, kann ich mein Engagement gedanklich nicht von der Frage trennen, wie ich beim Gang zur Wahlurne über die Finanzierung von Altersheimen abstimme.

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            Zitat von newman Beitrag anzeigen
            Dass Patriotismus bei Freiheit rechts steht leuchtet mir nicht so ganz ein. Freiheit ist stark mit Individualismus verknüpft. Patriotismus dagegen ist gruppenorientiert. Unpatriotisch sind doch i.d.R. jene, die nicht ans hehere Gruppenwohl denken.
            Das "Patria" in der Vorstellung der Patrioten ist aber ein freiwilliger Zusammenschluss gleichberechtigter Menschen, eine Interessens- und Schicksalsgemeinschaft, der Unterdrückung jeglicher Art fremd ist. Wie gesagt, historisch gesehen wurde in Deutschland die Forderung nach einem einigen Vaterland immer im gleichen Atemzug genannt wie die Forderung nach Presse- und Versammlungsfreiheit, Verfassung, Wahlrecht, etc. Der "Anti-Patriot" ist dabei nicht der, dem das Ganze egal ist, sondern der, der das Volk aktiv unterdrückt und auf Seiten der Tyrannen steht.

            In einem demokratischen System ist die Trennung zwischen politisch und unpolitisch nicht so ohne weiteres möglich. Der Kaiser ist plötzlich das Volk. Ich bin als Wahlberechtigter Christ und Kaiser in einem.

            Die Frage ist auch, geht man davon aus, dass Wohl und Weh top-down vom System bestimmt wird oder bottom-up von der Summe individueller Entscheidungen. Es ist eine Mischung aus beidem und eine Trennung ist gar nicht so leicht möglich. Wenn ich mich aus Nächstenliebe im Altersheim enagiere, kann ich mein Engagement gedanklich nicht von der Frage trennen, wie ich beim Gang zur Wahlurne über die Finanzierung von Altersheimen abstimme.
            Ich sehe da ehrlich gesagt die Verknüpfung zum Thema Patriotismus nicht.

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              Interessant wie da die Definitionen und Implikationen aufeinandertreffen und auseinanderdriften.

              Wenn ich dem Patrioten ein Gegenstück gegenüberstellen sollte, dann wäre das der Egoist.

              Patriotismus ist Gemeinschaftsdenken. Wir halten zusammen, damit es uns und unseren Kindern und Kindeskindern gutgeht. Wir verteidigen unsere Ideale und unsere Errungenschaften und versuchen die bereits vorhandenen noch weiter zu kultivieren. Wir helfen einander solidarisch, weil auch wir eines Tages Hilfe brauchen könnten. Wir stehen für einander ein in Krisen wie in feierwürdigen Zeiten. Wir lachen zusammen und wir weinen auch zusammen.

              Patriotismus schließt keine Personengruppe aus. Es ist lediglich der Egoist, der sich selbst ausschließt. Eigennutz und selbstgerechtes Anspruchsdenken vergiften jedwede Gemeinschaft und steht Patriotismus dementsprechend entgegen.

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                Wenn die amerikanische Basketball-Nationalmannschaft spielt, heißt es hinterher "Wir haben gewonnen".
                Wenn die deutsche Fußballelf gewinnt, dann sind es im günstigsten Fall "Unsere Jungs"...
                Heaven is where the police are British, the chefs are Italian, the mechanics German, the lovers French and it all is organized by the Swiss.
                Hell is where the police are German, the chefs are British, the mechanics french and the lovers are Swiss and it all is organized by the Italians.

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                  Zitat von Sinclair_ Beitrag anzeigen
                  Interessant wie da die Definitionen und Implikationen aufeinandertreffen und auseinanderdriften.

                  Wenn ich dem Patrioten ein Gegenstück gegenüberstellen sollte, dann wäre das der Egoist.

                  Patriotismus ist Gemeinschaftsdenken. Wir halten zusammen, damit es uns und unseren Kindern und Kindeskindern gutgeht. Wir verteidigen unsere Ideale und unsere Errungenschaften und versuchen die bereits vorhandenen noch weiter zu kultivieren. Wir helfen einander solidarisch, weil auch wir eines Tages Hilfe brauchen könnten. Wir stehen für einander ein in Krisen wie in feierwürdigen Zeiten. Wir lachen zusammen und wir weinen auch zusammen.

                  Patriotismus schließt keine Personengruppe aus. Es ist lediglich der Egoist, der sich selbst ausschließt. Eigennutz und selbstgerechtes Anspruchsdenken vergiften jedwede Gemeinschaft und steht Patriotismus dementsprechend entgegen.
                  Also sind alle, die nicht patriotisch sind asozial?

                  So wie du da spricht kommt man ja glatt auf die Idee, dass Patriotismus eine vereinigung oder Partei wäre, die Regelmäßig Sitzungen abhält und sich Leute persönlich kennen. Aber ich dachte immer Patriotismus wäre eine Idee, eine Gefühl, oder liege ich da jetzt wieder ganz falsch

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                    Zitat von Sinclair_ Beitrag anzeigen
                    Patriotismus schließt keine Personengruppe aus. Es ist lediglich der Egoist, der sich selbst ausschließt. Eigennutz und selbstgerechtes Anspruchsdenken vergiften jedwede Gemeinschaft und steht Patriotismus dementsprechend entgegen.
                    Jup. Die Egomanen mit ihren Spenden nach Afrika, die sollten besser mal den Binnenmarkt stärken. Asoziales Pack.

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                      Um das Fußball-Thema nochmal auf zu greifen:
                      Ich gehöre auch zu denen, die lieber einen Schweinsteiger, Müller oder Neuer in der Startelf sehen als einen Özil, Khedira, Podolski oder Cacau. Von Özil bis Podolski singt auch komischer weise keiner die Nationalhymne. Irgendwie habe ich bei diesen Spielern auch das Gefühl wenn sie wechseln könnten, würden sie problemlos und gerne nächstes Mal für Spanien, England, oder sonst wen spielen...
                      Ich weiß auch beim besten willen nicht die Nationalelf noch mehr für Integration sorgen könnte.

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                        Zitat von Sinclair_ Beitrag anzeigen
                        I
                        Wenn ich dem Patrioten ein Gegenstück gegenüberstellen sollte, dann wäre das der Egoist.
                        .

                        Ne, nach der Logik ist der Patriot ein kollektiver Egoist. Der Egoismus geht einfach von der eigenen Person auf eine Gruppe der man sich zugehörig fühlt über.

                        Weil dem Patrioten ist es ggf nicht egal wenn in der eigenen Ethnie sklavenartige Arbeitszustände bestehen, bei anderen Ethnien ist es einem aber ggf durchaus recht wenn dadurch bestimmte Produkte sehr billig gekauft werden können.

                        Der Patriot kann sich prima altruistisch finden wenn er sich im Fussballverein ehrenamtlich engagiert aber den Biosprit durch den Motor jagt für den wo anders Eingeborene von ihrem Land vertrieben werden. Und sowas nenne ich einen Egoisten.


                        .
                        EDIT (autom. Beitragszusammenführung) :

                        shootingstar schrieb nach 1 Minute und 2 Sekunden:

                        Zitat von Sinclair_ Beitrag anzeigen

                        Patriotismus schließt keine Personengruppe aus.

                        Patriotismus schliesst alle Personengruppen aus die eben nicht zu DEINER Gruppe gehören.
                        Zuletzt geändert von shootingstar; 26.06.2012, 22:06. Grund: Antwort auf eigenen Beitrag innerhalb von 24 Stunden!

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                          Zitat von shootingstar Beitrag anzeigen

                          Patriotismus schliesst alle Personengruppen aus die eben nicht zu DEINER Gruppe gehören.
                          Solange hier manche Diskussionsteilnehmer immernoch nicht ihre BEgrifflichkeiten klar haben und fahrlässig oder willkürlich wesentliche Merkmale von Patriotismus und Nationalismus durcheinander werfen, kann man die Diskussion eigentlich wirklich sein lassen.

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                            Zitat von shootingstar Beitrag anzeigen
                            Weil dem Patrioten ist es ggf nicht egal wenn in der eigenen Ethnie sklavenartige Arbeitszustände bestehen, bei anderen Ethnien ist es einem aber ggf durchaus recht wenn dadurch bestimmte Produkte sehr billig gekauft werden können.
                            Und das ist eben Mumpitz. Historisch gesehen hat sich der Patriot immer auch für die Freiheit anderer Völker eingesetzt.

                            Nun gut, ein Kampf gegen Windmühlen, ich seh schon.
                            Wer Patriotismus unbedingt mit dumpfem Nationalismus gleichsetzen will, den kann ich auch nicht mit Gewalt davon abhalten. Richtiger wird es davon nicht.

                            Wer sich ernsthaft für das Thema interessiert kann ja bei Gelegenheit mal über die deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts nachlesen. Der Zeitraum zwischen Auflösung des HRR und Gründung des Bismarck'schen Reiches ist nicht nur wegen des Themenkomplexes "Patriotismus" hochinteressant.

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                              Zitat von Pyromancer Beitrag anzeigen
                              Und das ist eben Mumpitz. Historisch gesehen hat sich der Patriot immer auch für die Freiheit anderer Völker eingesetzt.
                              Gibt es bekannte Patrioten die du als Beispiel anführen kannst?

                              Kommentar


                                Zitat von Seether Beitrag anzeigen
                                Solange hier manche Diskussionsteilnehmer immernoch nicht ihre BEgrifflichkeiten klar haben und fahrlässig oder willkürlich wesentliche Merkmale von Patriotismus und Nationalismus durcheinander werfen, kann man die Diskussion eigentlich wirklich sein lassen.

                                Patriot kommt von Latein patria, das Vaterland.
                                Nationalist kommt von Natio, Volk, Volksstamm

                                Man kann die beiden also fast synonym verwenden, wobei es dem Patrioten mehr um das eigene Land geht, dem Nationalisten eher um die ethnische Zugehörigkeit.

                                Da Vaterland und Volkszugehörigkeit bei uns aber immer noch in der Mehrheit synonym sind sind die Begriffe technisch gesehen nahezu austasuchbar und in übertriebener Ausprägung sind beide gleichermassen und in der selben Weise bedenklich, weil alle beide eine Tendenz mit sich bringen auf andere Länder/Völker herabzuschauen und sie im krassesten Fall auch mal als nette Kriegsbeute oder ausrottungswürdig ansehen.

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