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Die bürgerlichen Parteien und ihre Vergangenheit

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    #46
    Zitat von endar Beitrag anzeigen
    Mich interessiert, wie ein Neuanfang oder ein Bruch 1945 hätte aussehen sollen. Und zwar ganz konkret. Du zählt jetzt wieder die Defizite auf, die ich ja gar nicht bestreite, obwohl ich dazu einiges anmerken könnte. Ich habe niemals behauptet, dass es eine "Stunde Null" oder etwas ähnliches gab. Ganz im Gegenteil, man machte weitgehend da weiter, wo man aufgehört hatte.
    Ich möchte aber wissen, wie die Alternative hätte konkret aussehen sollen. Du bist nicht auf eine einzige(!) der von mir aufgeworfenen Fragen eingegangen.
    Ganz einfach: du hattest meine Kritik als rein moralisch abgetan.

    Es gibt zwei Punkte, die ich erst einmal noch klarstellen muss:

    1.) es geht nicht um die Frage, dass jeder, der irgendwie auf irgendeinem Niveau an den Verbrechen der Nazis beteiligt war, hätte sofort abgeurteilt werden müssen. Es geht um die Verantwortlichen, nicht um kleine Rädchen in der Terrormaschinerie oder gar nur Mitläufer. Damals wurden aber doch nicht einmal alle Verantwortliche für die Einsatzgruppen zur Verantwortung gezogen, sondern vieler dieser wurden in leitende Positionen der Polizei und der Geheimdienste berufen. Es geht also nicht um den Bahnarbeiter im Stellwerk etc.

    2.) die Aussage, dass sich das gesamte (oder die klare Mehrheit) Volk auf jüdische Möbeln bequem gemacht hätte, ist einfach so falsch. Natürlich hat sich eine grosse Gruppe massiv bereichert - aber davon hat nicht einmal die Mehrheit profitiert. Es gibt bei Tooze, Kershaw und diversen anderen Autoren auch sehr viel Hinweise, wie sehr das Regime in grossen Teilen der Bevölkerung verhasst war (was den Apparat, also die Leute, die auch in der BRD wieder in leitende Positionen gehievt wurden, noch viel stärker traf, als z.B. Hitler). Nicht zufällig gab es massiven Terror, einen gewaltigen Spitzelapparat etc., was ja gar nicht nötig gewesen wäre, wenn es so eine Wohlfühldiktatur gewesen wäre, wie Aly behauptet. Auch in der Propaganda der Nachkriegszeit (inkl. diverser Aktionen der Union) kann man sehr gut sehen, dass in den ersten Jahren nach Kriegsende eine grosse Bereitschaft für einen klaren Neuanfang gab. Es stimmt, dass sich dies dann später änderte und dann Anfang der 50er das Volk als verführt gesehen wurde oder von Kollektivschuld ausgegangen wurde - beides bedeutet im Endeffekt das Gleiche: die tatsächlich, damals noch lebenden Verantwortlichen, kamen ungeschoren davon. Natürlich haben einzelne Gruppen schon früh derartige Propaganda betrieben (u.a. die KPD), aber das ändert nichts daran, dass in den ersten Jahren nach dem Krieg die Bereitschaft in grossen Teilen der Bevölkerung für Änderungen gab.


    Konkret zum Beispiel der Justiz: es wäre durchaus möglich gewesen, dass man erstmal Laiengerichte eingesetzt hätte und parallel mit der Ausbildung neuer Richter angefangen hätte. Das wäre natürlich anfangs provisorisch gewesen. Aber es wäre möglich gewesen.




    Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
    Nun der wichtigste Beleg dürfte der eklatante Unterschied in der grundlegenden Rüstungspolitik des dritten Reichs und Nationen wie GB und der Sowietunion sein.
    Wenn ich mich richtig entsinne, lag der Höhepunkt der deutschen Rüstung Ende 44, während GB und SU von Anfang an den totalen Krieg forcierten.
    Die deutsche Rüstungspolitik mag nicht sehr effizient gewesen sein, aber die Konzentration der meisten Ressourcen auf die Aufrüstung auf Kosten der restlichen Wirtschaft erfolgte in Deutschland schon 1936. Die dadurch entstandenen enormen wirtschaftlichen Probleme waren die wesentliche Gründe dafür, dass die Angriffskriege sogar früher als ursprünglich geplant erfolgten.
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      #47
      Zitat von max Beitrag anzeigen
      1.) es geht nicht um die Frage, dass jeder, der irgendwie auf irgendeinem Niveau an den Verbrechen der Nazis beteiligt war, hätte sofort abgeurteilt werden müssen. Es geht um die Verantwortlichen, nicht um kleine Rädchen in der Terrormaschinerie oder gar nur Mitläufer. Damals wurden aber doch nicht einmal alle Verantwortliche für die Einsatzgruppen zur Verantwortung gezogen, sondern vieler dieser wurden in leitende Positionen der Polizei und der Geheimdienste berufen. Es geht also nicht um den Bahnarbeiter im Stellwerk etc.
      Zur Strafverfolgung der Einsatzgruppen waren die westdeutschen Strafverfolgungsbehörden bis 1951/52 gar nicht autorisiert. Ich kann das Datum gerne nachschauen. Dass man es anschließend nicht unverzüglich aufgenommen hat, bzw. erst ab 1958 (und das per Zufall) ist ein Versagen, ja.
      Des weiteren kann man eigentlich auch die Frage stellen, wieso die Alliierten diese Verbrechen nicht aufgegriffen haben. Die haben sie ja auch erstmal sechs Jahre liegenlassen.

      Es geht allerdings sehr wohl um den kleinen Bahnarbeiter im Stellwerk! Um das Problem zu begreifen, musst du die Dinge von unten betrachten und nicht die Schwerverbrecher. Du gehst nämlich davon aus, dass man eine Grenze hätte ziehen können, ab der man dann Leute wiederverwendet und andere nicht. Das hat ja auch Sebastian Haffner 1938 schon geschrieben, dass man die Nazis mit einem chrirugischen Schnitt entfernen müsse. Das ging aber 1945 nicht, weil sich die Spreu nicht mehr vom Weizen trennen ließ. Daran ist schon die Entnazifizierung gescheitert. Das habe ich auch schon mehrfach erläutert, nicht nur in diesem Thread, sondern auch in anderen, auch dir. Du nimmst die tatsächlichen Bedingungen und auch die Schwierigkeiten nicht zur Kenntnis. Also bleibt deine Kritik im Kern nur moralisch. Du datierst deinen moralischen Wertehorizont in das Jahr 1945 zurück und kritisierst, dass man sich nicht nach deinen Vorstellungen von 2008 verhalten hat. Das ist unhistorisch!
      Nochmal: Ich heiße das auch nicht gut, ich finde das auch nicht toll, aber ich weiß, dass es nicht ging.

      2.) die Aussage, dass sich das gesamte (oder die klare Mehrheit) Volk auf jüdische Möbeln bequem gemacht hätte, ist einfach so falsch.
      Wenn du mit Sarkasmus nichts anfangen kannst, tut es mir leid. Ich weiß, dass das eine Übertreibung war, danke, dass du nochmal darauf hinweist.

      Natürlich hat sich eine grosse Gruppe massiv bereichert - aber davon hat nicht einmal die Mehrheit profitiert. Es gibt bei Tooze, Kershaw und diversen anderen Autoren auch sehr viel Hinweise, wie sehr das Regime in grossen Teilen der Bevölkerung verhasst war (was den Apparat, also die Leute, die auch in der BRD wieder in leitende Positionen gehievt wurden, noch viel stärker traf, als z.B. Hitler). Nicht zufällig gab es massiven Terror, einen gewaltigen Spitzelapparat etc., was ja gar nicht nötig gewesen wäre, wenn es so eine Wohlfühldiktatur gewesen wäre, wie Aly behauptet.
      Das eine schließt das andere doch prinzipiell überhaupt nicht aus. Man kann ein System sehr wohl hassen, aber dennoch steuerliche Erleichterungen begrüßen. Du listest auch hier wieder das Übliche auf. Die Gestapo war allerdings eine lächerlich kleine Organisation und auch der Spitzelapparat war nicht besonders groß. Musste er auch gar nicht sein. Der Terror, von dem du sprichst, ging auf die Bevölkerung zurück und nur in ganz seltenen Fällen auf "professionell nebenberufliche" Spitzel. Ich habe sehr viele Denunziationsfälle durchgearbeitet: das waren zum größten Teil "private Rechnungen", dann mit Abstand "Zufallsdenunziationen" und dann erst Fälle von Spitzeln.

      Auch in der Propaganda der Nachkriegszeit (inkl. diverser Aktionen der Union) kann man sehr gut sehen, dass in den ersten Jahren nach Kriegsende eine grosse Bereitschaft für einen klaren Neuanfang gab.
      Ach, da kommt wieder die Restaurationstheorie. Darüber haben wir auch schonmal gesprochen. Die ist aber längst vom Tisch. Diejenigen Dinge, die auf den ersten Blick als großartiger Bruch dargestellt werden, sind es nur auf den ersten Blick. Da kannst du dir Zeitschriftenschwemme durchlesen, die es gegeben hat, das klingt alles ganz toll, ist aber völlig unkonkret. Konkrete Lösungen hat es kaum gegeben, ob's der Herr Kaiser oder Eugon Kogon war.
      Kogon, selbst langjähriger KZ-Häftling, hat schon 1947 vom "Recht auf den politischen Irrtum" geschrieben.

      Es stimmt, dass sich dies dann später änderte und dann Anfang der 50er das Volk als verführt gesehen wurde oder von Kollektivschuld ausgegangen wurde - beides bedeutet im Endeffekt das Gleiche: die tatsächlich, damals noch lebenden Verantwortlichen, kamen ungeschoren davon. Natürlich haben einzelne Gruppen schon früh derartige Propaganda betrieben (u.a. die KPD), aber das ändert nichts daran, dass in den ersten Jahren nach dem Krieg die Bereitschaft in grossen Teilen der Bevölkerung für Änderungen gab.
      Restaurationstheorie, jaja. Zufälligerweise habe ich Verfahren aus der NS-Zeit und dann die NS-Verfahren von drei Landgerichtsbezirken durchgearbeitet. Da ist nichts von einem Bruch oder einem Willen zur Erneuerung zu lesen. Sowohl das Vorgehen der Alliierten, wie das der deutschen Gerichte, wie das Verhalten der Zeugen und die Verteidigungsstragien der Angeklagten standen 1945 fest und haben sich nur marginal verändert.
      Ich habe auch mal die Entnazifzierungsakten einer ganzen Kleinstadt durchgearbeitet. Das mit deinem Bruch stimmt einfach nicht.
      Deinen angeblichen Willen zur Veränderung oder zur Erneuerung hat es nicht gegeben! Ich kenn das wohl, dass viele das sagen. Es wird auch immer wieder behauptet, die "Bevölkerung" und die "Öffentlichkeit" habe verlangt, die NS-Verbrecher hart zu bestrafen. Und wie war es tatsächlich? In ersten Emder Synagogenbrandprozess hat die Kriminalpolizei im Januar 1946 45 Plakate ausgehängt und um Mithilfe gebeten und es hat sich niemand gemeldet. In den ganzen Synagogenbränden hat es insgesamt vielleicht 5 oder 6 Briefe aus der Bevölkerung gegeben, die zur Aufklärung beitragen wollten. Dem steht rund das 100fache an Entlastungsschreiben aus der Bevölkerung entgegen. Ich habe in den Strafakten auch Briefe von KPD-Ortsgruppen gefunden, die sich für ehemalige SA-Sturmbannführer eingesetzt haben.
      Aber falls es dich interessiert: Bei NS-Sachen wurden Juristen eingesetzt, die im "Dritten Reich" selbst einer Verfolgung ausgesetzt gewesen waren. Das war teilweise noch harmlos, teilweise gar nicht harmlos. Da saß z.B. ein alter SPD-Angehöriger und Gewerkschaftsmann, der dann als "SA-Richter" beschimpft wurde.
      Die Vorstellung, es habe den Willen zur Erneuerung gegeben beruht vor allen Dingen auf den zahlreichen unkonkreten Artikeln und Äußerungen. Aber man merkt nichts davon. Es hat nichts stattgefunden. In erster Linie waren das alles Sonntagsreden und philosophische Spielereien. Dann werden noch Dinge wie diese Antifas vom Sommer 1945 genannt, die sind aber hoffungslos überbewertet.

      Konkret zum Beispiel der Justiz: es wäre durchaus möglich gewesen, dass man erstmal Laiengerichte eingesetzt hätte und parallel mit der Ausbildung neuer Richter angefangen hätte. Das wäre natürlich anfangs provisorisch gewesen. Aber es wäre möglich gewesen.
      Das hat ja in der sowjetischen Besatzungszone auch so wunderbar hingehauen! Ganz abgesehen davon wurden bei der Entnazifizierung Laien eingesetzt. Das hat auch nicht geklappt, weil diese Laien sich in einer Sozialstruktur befunden haben, in der sie weiterhin existieren mussten. Und das ist der Punkt, den du immer übersiehst, an dem das ganze nämlich scheitert: am Unwillen der Bevölkerung. Das habe ich aber auch schon mehrfach ausgeführt.
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        #48
        Zitat von endar
        Ich verstehe nicht so recht, was du damit sagen willst. Mit "Mobilisierungsdiktatur" ist nach meinem bescheidenen Verständnis nicht die Rüstung gemeint, sondern die Dynamik, die der Nationalsozialismus entfaltet hat.
        Klar, hast Du mich verstanden, sonst hättest Du mich ja nicht krroigieren können . Ich war bei Mobilisierung tatsächlich von der Rüstung ausgegangen.
        können wir nicht?

        macht nix! wir tun einfach so als ob!

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          #49
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Zur Strafverfolgung der Einsatzgruppen waren die westdeutschen Strafverfolgungsbehörden bis 1951/52 gar nicht autorisiert. Ich kann das Datum gerne nachschauen. Dass man es anschließend nicht unverzüglich aufgenommen hat, bzw. erst ab 1958 (und das per Zufall) ist ein Versagen, ja.
          Welche Epoche in Bezug auf Gerichtsprozesse hast du angeschaut? Du erwähnst einen Prozess von 1946. Weshalb waren Prozesse wegen der Einsatzgruppen erst so spät möglich? Oder anders gefragt: ab wann waren Strafprozesse der deutschen Justiz möglich?

          Im Endeffekt wurde doch 1945 ein Grossteil des deutschen Staatsapparats aufgelöst und dann erst Ende der 40er Jahre wieder aufgebaut - und zwar nicht mit Hilfe der Antifaschisten, sondern mit Ausschluss der Antifaschisten und dafür mit Einbeziehung von haufenweise Nazis (dann natürlich schon mit CDU-Parteibuch). Dieser Prozess wurde natürlich schon von den Besatzungsmächten begonnen, die die Antifa-Komitees auflösten und die Zulassung von Gewerkschaften und linken Parteien massiv behinderten (insbesondere im Vergleich zu Parteien wie der Union).
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Des weiteren kann man eigentlich auch die Frage stellen, wieso die Alliierten diese Verbrechen nicht aufgegriffen haben. Die haben sie ja auch erstmal sechs Jahre liegenlassen.
          Diese Frage kann man sich stellen und sie ist auch sehr interessant - passt nur nicht direkt zu diesem Thema.

          Aber wenn du schreibst, dann sie sechs Jahre liegengelassen wurde, dann deutet dies darauf hin, dass genau in dem Zeitraum, in den meiner Meinung nach noch Bereitschaft vorhanden gewesen wäre, solche Prozesse blockiert wurden - und erst nach der Wiedereingliederung der Nazis in den Staatsapparats, also es es im Endeffekt schon alles wieder schief gelaufen war, zu solchen Prozessen kommen konnte.

          Du erwähnst, dass sogar ein SPDler als Nazi-Richter beschimpft wurde. Spricht dies nicht dafür, dass damals allgemein davon ausgegangen wurde, dass die Richter (und der Polizei-Apparat) noch immer von Nazis dominiert wurde? Wäre es dann nicht vollkommen normal, dass sich keine Zeugen melden?

          Wenn nicht einmal die "hohen Tiere" zur Rechenschaft gezogen wurden, sondern wieder in verantwortliche Positionen des Staatsapparats gelangt sind, ist es dann nicht normal, dass es keine Bereitschaft gab, gegen die vorzugehen, die nur "kleine Rädchen" im Getriebe des Terrorapparats waren?

          Wenn die Verantwortlichen wieder im Staatsapparat entscheidende Stellen besetzen, dann gibt es natürlich soziale Zwänge, die die Aufarbeitung der Verbrechen behindern - und sie haben sie ja im Endeffekt in den meisten Fällen auch verhindert. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf Positionen im Staatsapparat, sondern genauso in der Wirtschaft. Auch dort erhielten Leute, die direkt nach dem Krieg als Kriegsverbrecher angeklagt werden sollte, ihre alte Macht wieder zurück.
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Das ging aber 1945 nicht, weil sich die Spreu nicht mehr vom Weizen trennen ließ. Daran ist schon die Entnazifizierung gescheitert. Das habe ich auch schon mehrfach erläutert, nicht nur in diesem Thread, sondern auch in anderen, auch dir. Du nimmst die tatsächlichen Bedingungen und auch die Schwierigkeiten nicht zur Kenntnis. Also bleibt deine Kritik im Kern nur moralisch. Du datierst deinen moralischen Wertehorizont in das Jahr 1945 zurück und kritisierst, dass man sich nicht nach deinen Vorstellungen von 2008 verhalten hat.
          Es geht nicht um meinen Wertehorizont, weil man genügend Beispiele dafür finden kann, dass damals auch Leute so dachten.

          Natürlich wurde auch damals schon berücksichtigt, welche Position jemand hatte. Offiziell sollten auch Leute in bestimmte Positionen nicht übernommen werden. Das beschreibt z.B. Schenk in "Die brauen Wurzeln des BKA". Nur haben die politisch Verantwortlichen halt den Nazis erlaubt, sich gegenseitig zu bescheinigen, dass sie nur normale Kripo-Beamte waren, während sie tatsächlich fast alle in Massenmorde verstrickt waren, weil sie diese entweder selbst organisiert oder selbst durchgeführt haben.

          Das zeigt eben sehr wohl, dass es damals auch einen gewissen gesellschaftlichen Druck in Richtung eines klaren Bruchs gab. Es gibt hierfür noch zahlreiche andere Hinweise.

          Z.B. die ganzen Punkte im Grundgesetz und der Trennungen von bestimmten Teilen des Gewaltapparats, die man als notwendig erachtete, um eine Wiederholung zu verhindern. Selbst bei der Wiederbewaffnung - also als längst die alten Nazi-Täter wieder in Schlüsselpositionen des Staatsapparats waren - wurde offiziell gesagt, dass die Armee gänzlich anders aufgebaut werden sollte (Bürger in Uniform, defensive Ausrichtung etc.).

          Dazu kommt eben, dass selbst die Union teilweise in ihrer Propaganda verkündete, dass der Kapitalismus überwunden werden müsste (wovon sie natürlich ein paar Jahre später schon nicht mehr wissen sollte).

          Dies alles spricht klar dafür, dass es eine Bereitschaft für einen klaren Bruch bei einem bedeutenden Teil der Bevölkerung gab.



          In Bezug auf die Strafprozesse stellt sich dann mir die Frage, ob a) diese nicht in der fraglichen Zeitpunkt stattfanden oder b) zwischen Veränderungen im Grossen und der Verantwortung von einzelnen, "kleine Rädchen" unterschieden wurde.

          Auf der Ebene der Verwicklung eines einzelnen Stellwerk-Arbeiters waren ja tatsächlich sehr viele verwickelt. Aber das ist nun mal nicht die Ebene der Entscheidungsträger und auch nicht die Ebene, auf der es viele Entscheidungsfreiheiten gab. Leute, die hier aktiv Sabotage verübt haben, wurden eben sehr wohl verfolgt. Es ist klar, dass man hier eher den Leuten "das Recht auf politischen Irrtum" einräumt, als wenn es um Leute in hohen Positionen geht.
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Man kann ein System sehr wohl hassen, aber dennoch steuerliche Erleichterungen begrüßen.
          Sicher. Aber die Fakten sprechen dafür, dass die grosse Mehrheit nicht profitiert hat, sondern materiell massive Opfer bringen musste - zusätzlich zu der Unterdrückung.
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Der Terror, von dem du sprichst, ging auf die Bevölkerung zurück und nur in ganz seltenen Fällen auf "professionell nebenberufliche" Spitzel.
          So funktionieren Terrorregime. Es braucht nicht viele bezahlte Schergen. Es funktioniert darüber, dass verhindert wird, dass sich kollektive Widerstandsgruppen bilden können. Die Leute werden isoliert und darauf hingearbeitet, dass niemand mehr vertraut werden konnte. Dabei wurde bewusst Denunziation gefördert - also natürlich auch solche aus privaten Motiven. Das bewirkt aber ein gesellschaftliches Klima, was wirksamen Widerstand gegen das Regime massiv erschwert.

          Es wird von manchen Leuten eben immer wieder vergessen, dass diese Leute erlebt haben, die z.B. die linken Parteien zerschlagen wurden. Das hat eben Folgen in Bezug darauf, ob sich Leute trauen, Widerstand zu leisten. Die Mehrheit würde dies eben unter solchen Umständen nicht machen.

          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Konkrete Lösungen hat es kaum gegeben, ob's der Herr Kaiser oder Eugon Kogon war.
          Du meinst konkrete Konzepte oder die Umsetzung dieser? Konkrete Konzepte gab es natürlich. Das diese nicht umgesetzt wurden, ist klar.

          Die Umsetzung wurde ja von den Besatzungsmächten im Endeffekt verboten - und die Union später war daran auch nicht interessiert, da sie ja im Endeffekt eine Partei der Täter war.
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Kogon, selbst langjähriger KZ-Häftling, hat schon 1947 vom "Recht auf den politischen Irrtum" geschrieben.
          Damit war aber sicher nicht gemeint, dass man Verantwortliche für die Ermordung Tausender wieder in verantwortliche Positionen im Staatsapparat übernimmt.
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Das hat ja in der sowjetischen Besatzungszone auch so wunderbar hingehauen!
          Was hat dort nicht hingehauen? In der sowjetischen Besatzungszone wurden die Antifa-Komitees sogar noch schneller verboten, als im Westen. Auch die Stalinisten übernahmen haufenweise Nazis in verantwortliche Positionen. In dieser Besatzungszone gab es im Endeffekt nie grundlegende politische Freiheiten, also natürlich auch keine Umsetzung von Konzepten, die auf diese angewiesen sind.
          Zitat von endar Beitrag anzeigen
          Ganz abgesehen davon wurden bei der Entnazifizierung Laien eingesetzt. Das hat auch nicht geklappt, weil diese Laien sich in einer Sozialstruktur befunden haben, in der sie weiterhin existieren mussten.
          Wie gesagt: kein Wunder, wenn man die ganzen alten Nazis wieder in verantwortliche Positionen lässt und damit natürlich diese Zwänge aufrechterhält.
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            #50
            Zitat von max Beitrag anzeigen
            Welche Epoche in Bezug auf Gerichtsprozesse hast du angeschaut? Du erwähnst einen Prozess von 1946. Weshalb waren Prozesse wegen der Einsatzgruppen erst so spät möglich? Oder anders gefragt: ab wann waren Strafprozesse der deutschen Justiz möglich?
            Vom 8. Mai 1945 bis 1957, die gesamte erste Phase der NS-Prozesse durch.
            Dass Einsatzgruppenprozesse nicht möglich waren, hat einen ganz einfachen und auch verständlichen Grund. Die Siegermächte hatten kein Interesse daran, dass die Besiegten über Verbrechen zu Gericht saßen, denen ihre eigenen Bürger zum Opfer gefallen waren. Wenn also Staatsangehörige der Siegernationen Opfer dieser Verbrechen waren, waren die deutschen Strafbehörden von der Verfolgung ausgeschlossen. Das steht im KRG 10, das Mitte/Ende 1951 aufgehoben wurde.

            Im Endeffekt wurde doch 1945 ein Grossteil des deutschen Staatsapparats aufgelöst und dann erst Ende der 40er Jahre wieder aufgebaut - und zwar nicht mit Hilfe der Antifaschisten, sondern mit Ausschluss der Antifaschisten und dafür mit Einbeziehung von haufenweise Nazis (dann natürlich schon mit CDU-Parteibuch). Dieser Prozess wurde natürlich schon von den Besatzungsmächten begonnen, die die Antifa-Komitees auflösten und die Zulassung von Gewerkschaften und linken Parteien massiv behinderten (insbesondere im Vergleich zu Parteien wie der Union).
            Weißt du, wenn man sich die Dinge im Detail ansieht und zwar von 1945 an, dann stellt man schnell fest, dass der Hase nicht da langlief, wo du ihn gesehen haben willst. Die Entnazifizierungsakten sind voll von Entlastungsschreiben von Kommunisten und Sozialdemokraten.

            Diese Frage kann man sich stellen und sie ist auch sehr interessant - passt nur nicht direkt zu diesem Thema.
            Selbstverständlich gehört sie zu dem Thema. Nach KRG 10 bzw. nach alliierten Vorstellungen wäre die Strafverfolgung dieser Verbrechen Sache der polnischen Justiz gewesen. Es hat in Polen ja auch NS-Prozesse gegeben.
            Was nicht stimmt, ist die Vorstellung, die Alliierten hätten den starken Willen gehabt, NS-Verbrechen vor Gericht zu bringen. Die Briten waren beispielsweise der Meinung, dass die Massenerschießungen vom Völkerrecht gedeckt seien, da sie als Vergeltungsmaßnahmen getarnt worden seien.

            Aber wenn du schreibst, dann sie sechs Jahre liegengelassen wurde, dann deutet dies darauf hin, dass genau in dem Zeitraum, in den meiner Meinung nach noch Bereitschaft vorhanden gewesen wäre, solche Prozesse blockiert wurden - und erst nach der Wiedereingliederung der Nazis in den Staatsapparats, also es es im Endeffekt schon alles wieder schief gelaufen war, zu solchen Prozessen kommen konnte.
            Ja, das ist eben deine Meinung. Die musst du aber auch belegen. Es hat einen Prozess 1947 am LG Lüneburg gegeben, bei dem KZ-Wachen wegen der Misshandlung von ukrainischen Häftlingen verurteilt wurden. Die Legal Division der britischen Militärregierung hat das Urteil kassiert.
            Die deutschen sind den alliierten Gerichten nicht selten voraus gewesen. Die britische Legal Division erlaubte den deutschen Gerichten die Anwendung des KRG 10 bei Synagogenbränden erst im Juni 1947. Zu diesem Zeitpunkt haben in Oldenburg schon drei Synagogenbrandprozesse stattgefunden.

            Du erwähnst, dass sogar ein SPDler als Nazi-Richter beschimpft wurde. Spricht dies nicht dafür, dass damals allgemein davon ausgegangen wurde, dass die Richter (und der Polizei-Apparat) noch immer von Nazis dominiert wurde? Wäre es dann nicht vollkommen normal, dass sich keine Zeugen melden?
            Ja, das ist auch ein Grund, der auch genannt wird. Weitaus stärker ist jedoch, dass Opfer und Täter weiterhin gemeinsam leben mussten und die Zeugen mit diesen Dingen nichts zu tun haben wollten, weil dies ihre sozialen Beziehungen gefährden würde.
            Es ist schon sehr bemerkenswert, wenn die KPD sich auf der einen Seite über die Wiederverwendung von NS-Belasteten beschwert hat, ihre Mitglieder (auch die Parteifunktionäre) sich bei der Entnazifizierung jedoch für zahlreiche Einzelpersonen eingesetzt haben, die dann natürlich alle "anständig" waren. Dasselbe gilt für die SPD.
            Die sozialen Verflechtungen waren einfach stärker.

            Wenn nicht einmal die "hohen Tiere" zur Rechenschaft gezogen wurden, sondern wieder in verantwortliche Positionen des Staatsapparats gelangt sind, ist es dann nicht normal, dass es keine Bereitschaft gab, gegen die vorzugehen, die nur "kleine Rädchen" im Getriebe des Terrorapparats waren?
            Du sagst die ganze Zeit "die Nazis". In der Stimmung der späten 40er Jahre hat es aber in Deutschland gar keine "Nazis" gegeben. Das war ironischerweise die Folge der Entnazifizierung. Dort musste man ja nachweisen, dass man kein Nazi gewesen sei und das haben dann verständlicherweise auch alle getan, mit großer Hilfe der politisch Verfolgten. Das hat Lutz Niethammer zutreffend die "Mitläuferfabrik" genannt.

            Wenn die Verantwortlichen wieder im Staatsapparat entscheidende Stellen besetzen, dann gibt es natürlich soziale Zwänge, die die Aufarbeitung der Verbrechen behindern - und sie haben sie ja im Endeffekt in den meisten Fällen auch verhindert. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf Positionen im Staatsapparat, sondern genauso in der Wirtschaft. Auch dort erhielten Leute, die direkt nach dem Krieg als Kriegsverbrecher angeklagt werden sollte, ihre alte Macht wieder zurück.
            Stimmt nicht. Die sozialen Verbindungen waren schon 1945 da und haben die Wiedereingliederung der Verantwortlichen erst ermöglicht. Du zäumst das Pferd von der falschen Seite auf. Insofern kann diese Wiedereingliederung auch nicht als Grund für das Scheitern der Prozesse gelten.
            Den Grund habe ich aber schon genannt: es waren 1. zuviele Verbrechen, die hätten aufgearbeitet werden müssen. 2. zeigen die Prozesse, die stattgefunden haben, dass die meisten dieser Verbrechen vor Gericht nicht zweifelsfrei beweisbar waren, weil die Zeugen in den Prozessen zugunsten der Angeklagten aussagten und ihre Aussagen bestätigten.

            Es geht nicht um meinen Wertehorizont, weil man genügend Beispiele dafür finden kann, dass damals auch Leute so dachten.
            Da habe ich ja nur drauf gewartet. Ich kann dir auch Beispiele aus der Zeit nennen, in denen steht, was du sagst. Aber nur weil jemand in einer Zeit gelebt, hat er nicht den Überblick.
            Ich möchte das mal am Beispiel der NS-Prozesse erläutern: Was haben die Zeitgenossen im OLG Bezirk Oldenburg gesagt?
            Die Generalstaatsanwaltschaft beschwerte sich in einem Bericht vom Juni 1947 über die Polizeiposten, die die NS-Verfahren nicht mit der Gründlichkeit bearbeiten würde, die angebracht wäre. Die Polizeiposten beklagten wiederum, dass die Bevölkerung keine brauchbaren Aussagen liefern und die Untersuchungen zu Synagogenbränden und anderen Verbrechen wie Prangermärsche, Übergriffe auf politische Gegner torpedieren würde. Und das ist schon 1945 so. Beim Synagogenbrand Emden z.B. wurden zwischen August und Oktober 1945 rund 60 Seiten Vernehmungen durchgeführt, die so gut wie nichts an brauchbarer Belastung produziert haben.
            Dein angeblicher Wille zur Aufarbeitung passt leider nicht zu dem, was in den Akten steht. Den hat es nicht gegeben. Und dieser Aspekt, dass die Bevölkerung "von diesen Dingen nichts mehr wissen" wollte, wird bei der Juristenkritik grundsätzlich vergessen.

            Natürlich wurde auch damals schon berücksichtigt, welche Position jemand hatte. Offiziell sollten auch Leute in bestimmte Positionen nicht übernommen werden. Das beschreibt z.B. Schenk in "Die brauen Wurzeln des BKA". Nur haben die politisch Verantwortlichen halt den Nazis erlaubt, sich gegenseitig zu bescheinigen, dass sie nur normale Kripo-Beamte waren, während sie tatsächlich fast alle in Massenmorde verstrickt waren, weil sie diese entweder selbst organisiert oder selbst durchgeführt haben.
            Auch das muss man in den Zusammenhang einordnen. Die haben sich das ja nicht im Mai 1945 bestätigt, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Hier gilt wieder das Obige.

            Das zeigt eben sehr wohl, dass es damals auch einen gewissen gesellschaftlichen Druck in Richtung eines klaren Bruchs gab. Es gibt hierfür noch zahlreiche andere Hinweise.
            Nein. Ganz einfach nein. Man muss das streng chronologisch betrachten und die Dinge vom BKA liegen in den 50er Jahren. Die Stimmung der 50er ist ohne die der 40er natürlich nicht denkbar. Und diese Stimmung war 1945 schon da.
            Es hat natürlich Wendepunkte gegeben. Diese haben aber nur verstärkt. Wie ich mehrfach ausgeführt habe, war der Wille zur Veränderung nur prinzipiell. Sobald tatsächliche Entscheidungen anstanden, fand nichts statt.

            Z.B. die ganzen Punkte im Grundgesetz und der Trennungen von bestimmten Teilen des Gewaltapparats, die man als notwendig erachtete, um eine Wiederholung zu verhindern. Selbst bei der Wiederbewaffnung - also als längst die alten Nazi-Täter wieder in Schlüsselpositionen des Staatsapparats waren - wurde offiziell gesagt, dass die Armee gänzlich anders aufgebaut werden sollte (Bürger in Uniform, defensive Ausrichtung etc.).
            Ich habe niemals und an keiner Stelle bestritten, dass man nichts gelernt hätte. Die Lehren, die im GG festgeschrieben sind, sollten aber nur für die Zukunft gelten, nicht für die Vergangenheit.

            Dazu kommt eben, dass selbst die Union teilweise in ihrer Propaganda verkündete, dass der Kapitalismus überwunden werden müsste (wovon sie natürlich ein paar Jahre später schon nicht mehr wissen sollte).

            Dies alles spricht klar dafür, dass es eine Bereitschaft für einen klaren Bruch bei einem bedeutenden Teil der Bevölkerung gab.
            Dein angeblicher Wille hat nur dann einen Wert, wenn er sich auch aus der Froschperspektive bzw. im kleinen zeigt. Ich habe dir wirklich genügend Beispiele genannt, die für das Gegenteil sprechen und kann hier noch seitenweise weitere aufzählen.

            In Bezug auf die Strafprozesse stellt sich dann mir die Frage, ob a) diese nicht in der fraglichen Zeitpunkt stattfanden oder b) zwischen Veränderungen im Grossen und der Verantwortung von einzelnen, "kleine Rädchen" unterschieden wurde.
            In der britischen Zone fanden Prozesse ab 1946 statt. Dazu habe ich mich aber schon geäußert.

            Auf der Ebene der Verwicklung eines einzelnen Stellwerk-Arbeiters waren ja tatsächlich sehr viele verwickelt. Aber das ist nun mal nicht die Ebene der Entscheidungsträger und auch nicht die Ebene, auf der es viele Entscheidungsfreiheiten gab. Leute, die hier aktiv Sabotage verübt haben, wurden eben sehr wohl verfolgt. Es ist klar, dass man hier eher den Leuten "das Recht auf politischen Irrtum" einräumt, als wenn es um Leute in hohen Positionen geht.
            Nein. Kogon hat das mit Blick auf die Entnazifizierung und den "kleinen Mann" gesagt.

            Sicher. Aber die Fakten sprechen dafür, dass die grosse Mehrheit nicht profitiert hat, sondern materiell massive Opfer bringen musste - zusätzlich zu der Unterdrückung.

            So funktionieren Terrorregime. Es braucht nicht viele bezahlte Schergen.
            Siehst du eigentlich deinen eigenen Widerspruch nicht?

            (...)
            Republicans hate ducklings!

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              #51
              Zitat von endar Beitrag anzeigen
              Was nicht stimmt, ist die Vorstellung, die Alliierten hätten den starken Willen gehabt, NS-Verbrechen vor Gericht zu bringen.
              Ich bin der Meinung, dass die Besatzungsmächte dazu beigetragen haben, dass NS-Verbrecher nicht nur ungeschoren davon kamen, sondern leitende Positionen im Staatsapparat der DDR und BRD einnehmen konnten.
              Zitat von endar Beitrag anzeigen
              Ja, das ist eben deine Meinung. Die musst du aber auch belegen. Es hat einen Prozess 1947 am LG Lüneburg gegeben, bei dem KZ-Wachen wegen der Misshandlung von ukrainischen Häftlingen verurteilt wurden. Die Legal Division der britischen Militärregierung hat das Urteil kassiert.
              Und was besagt dieses Argument jetzt deiner Meinung nach? Ich denke, dass es meine Meinung stützt.

              Ich bin nicht der Meinung, dass der Willen zu einem Neuanfang etwas war, was von aussen kam. Genauso wenig übrigens, wie dann die reale damalige Entwicklung alleine von aussen bedingt war.
              Zitat von endar Beitrag anzeigen
              Ja, das ist auch ein Grund, der auch genannt wird. Weitaus stärker ist jedoch, dass Opfer und Täter weiterhin gemeinsam leben mussten und die Zeugen mit diesen Dingen nichts zu tun haben wollten, weil dies ihre sozialen Beziehungen gefährden würde.
              Das ist sicher ein Argument, wenn es um die Prozesse gegen die "kleinen Rädchen" ging. Ich sehe da aber eben immer noch einen gewaltigen Unterschied zwischen jemanden, der in verantwortlicher Position war oder diesen Tätern auf der unteren Ebene.

              Soziale Verflechtungen mit den Verantwortlichen gab es in der Regel gar nicht.
              Zitat von endar Beitrag anzeigen
              Es ist schon sehr bemerkenswert, wenn die KPD sich auf der einen Seite über die Wiederverwendung von NS-Belasteten beschwert hat, ihre Mitglieder (auch die Parteifunktionäre) sich bei der Entnazifizierung jedoch für zahlreiche Einzelpersonen eingesetzt haben, die dann natürlich alle "anständig" waren. Dasselbe gilt für die SPD.
              Das ist sicher bemerkenswert. Ob man dies alleine mit der sozialen Verflechtung erklären kann, bin ich mir nicht sicher. Ich denke, dass die damaligen politischen Umstände - Besatzung, keine Verfolgung der Verantwortlichen, Ausbleiben eines entsprechenden Neuanfangs - ebenso massiv reinspielen.
              Zitat von endar Beitrag anzeigen
              Dein angeblicher Wille zur Aufarbeitung passt leider nicht zu dem, was in den Akten steht.
              Ich sage, dass es einen Willen für einen kompletten Neuanfang gab. Das ist qualitativ etwas anderes als ein Wille zur kompletten Aufarbeitung. Zu einem kompletten Neuanfang würde aber gehören, dass man nicht einfach die alten Täter wieder an die gleiche Positionen lässt.
              Zitat von endar Beitrag anzeigen
              Nein. Kogon hat das mit Blick auf die Entnazifizierung und den "kleinen Mann" gesagt.
              Ja eben, in Bezug auf den "kleinen Mann". Also nicht in Bezug auf die Verantwortlichen.
              Zitat von endar Beitrag anzeigen
              Siehst du eigentlich deinen eigenen Widerspruch nicht?
              Wo soll der Widerspruch zwischen der Aussage, dass die Mehrheit nicht profitiert hat und der Aussage, dass ein Terrorregime darauf beruht, dass man den Einzelnen isoliert und ihm die Möglichkeit nimmt sich kollektiv zu wehren, sein? Ich sehe keinen Widerspruch. Das Nazi-Regime war keine "Wohlfühl-Diktatur", sondern ein Terrorregime, was nicht nur die Mehrheit massiv unterdrückt hat, sondern auch massiv ausgebeutet hat.
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                #52
                Womit wir wieder am Anfang der Diskussion angekommen wären. Ich steige an dieser Stelle auch aus.
                Republicans hate ducklings!

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                  #53
                  Das passt sehr gut in diesen Thread:

                  Sachsens CDU lässt nichts auf ihre Blockflöten kommen
                  DDR-AUFARBEITUNG Ein Buch beschreibt, wie Genossen der Blockpartei in der West-CDU Karriere machten


                  Die CDU hat zwei Mal in der Geschichte haufenweise führende Funktionäre einer Diktatur - einmal der faschistischen, einmal die stalinistischen - erneut in führende Positionen des Staatsapparats gebracht. Eine "originelle" Variante der Behauptung, dass Rechts und Links gleich sei. Ich hatte bisher gar nicht bedacht, worauf diese Annahme beruht: offensichtlich auf der Geschichte der CDU selbst.

                  Interessant auch das Verhältnis der CDU zur Resozialisation: eigene Funktionäre bekommen natürlich mehrere Chancen, auch wenn es Mörder wie Filbinger sind. Dagegen ist ja der Fall Jung, der um Koch zu schützen, als Sündenbock für die CDU-Spendenaffäre zurück trat, um danach den Posten als Kriegsminister ("Verteidigungsminister") als Entschädigung zu bekommen, ja eine Lappalie. Aber insgesamt wird lieber über zu lasche Strafen und zu viel Täterschutz geschimpft...
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