Zitat von blueflash
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Der Versuch den Feudalismus zu erhalten ist aber natürlich vollkommen reaktionär und es ist mir vollkommen schleierhaft, wie du auf die Idee kommst, dass dies meine Meinung wäre. Der Kapitalismus war im Vergleich zum Feudalismus erst einmal ein gewaltiger Fortschritt. Und zwar sowohl in politischer, als auch in gesellschaftlicher Hinsicht. Erst der Kapitalismus hat über die Grundlage für materiellen Überfluss geschaffen, der als Grundlage für den Sozialismus notwendig ist. Nur kommt in einer Klassengesellschaft wie dem Kapitalismus dieser Fortschritt nicht oder nur in einem geringen Ausmass der Mehrheit der Menschheit zu gute, weshalb eben ein weiterer gesellschaftlicher Fortschritt notwendig wäre.
Das interessante an der chinesischen Entwicklung ist doch gerade, dass sie dem Vulgär-Marxismus der Stalinisten und Sozialdemokraten widerspricht. Und genau diese Form von "Marximus" - eigentlich ein purer ökonomischer Determinismus und reiner Fortschrittsglaube - wird heute in den Schulen als Marxismus gelehrt (und natürlich leicht widerlegt). Diese Form des ökonomischen Determinismus - der übrigens auch bei Liberalen weit verbreitet ist - besagt, dass durch technischen Fortschritt es automatisch zu gesellschaftlichen Fortschritt kommt. Aber genau dies ist in China nicht passiert. Es gab gewaltigen technologischen Fortschritt - aber keine Entwicklung des Kapitalismus, sondern eine gesellschaftliche Stagnation, die dazu geführt hat, dass China von den europäischen Grossmächten, USA und Japan zeitweise erobert und kontrolliert wurde. Erst die Maoisten konnten wieder die Unabhängigkeit erkämpfen und eine kapitalistische Entwicklung einleiten. Diese nahm wie in vielen Staaten anderen Staaten, in denen sich der Kapitalismus erst spät entwickelte, die Form des Staatskapitalismus an.
Marx und Engels hatten übrigens eine andere Meinung, als diese Vulgär-Marxisten und Deterministen. Sie schrieben im Manifest, dass der Klassenkampf entweder dazu führt, dass es mittels einer Revolution zu gesellschaftlichen Fortschritt kommt oder dass die Klassen kämpfend untergehen werden. In Europa kam es zu mehreren erfolgreichen bürgerlichen Revolution (Holland, England, Frankreich), die dem Feudalismus zerstörten und dem Kapitalismus den Durchbruch ermöglichten. In China blieb eine bürgerliche Revolution aus und die Folge war eine gesellschaftliche Stagnation, die zu ihrem Zusammenbruch führte. Dies ist vergleichbar zu der Entwicklung in Europa, wo es beim Zusammenbruch des Römischen Reichs nach einer langen Stagnationsphase auch zu gesellschaftlichen Zusammenbruch kam - was eben als Mittelalter bezeichnet wird. Und diese Mittelalter gab es in vielen Regionen und Epochen, z.B. mehrfach in der ägyptischen Geschichte und eben auch mehrfach in der chinesischen Geschichte.
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