Braucht Deutschland eine neue Linkspartei? - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Braucht Deutschland eine neue Linkspartei?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    #46
    Zitat von max
    Warum meinst du, dass die SPD reformierbar wäre? Die SPD hat sich in den letzte 100 Jahren kontinuierlich nach rechts entwickelt, sich immer weiter von ihrer Basis entfernt und immer mehr ihrer ursprünglichen Ziele aufgegeben. Heute erscheinen Leute wie Schily und Clement im Vergleich zur Union der 80er ja schon fast als Rechtsradikale.

    [...]
    Max, ich streite gar nicht ab, dass einige Köpfe in der SPD ziemlich weit nach rechts gerückt sind, wie im Übrigen auch einige der Grünen, was ich in einen anderem Beitrag hier im Thread schon erwähnte.
    Über Shily und Clement brauchen wir mit Sicherheit nicht debattieren, da bin ich vollends auf selber Linie mit dir!

    Aber warum soll es nicht möglich sein, dass auch eine SPD sich neu orientiert? Warum soll es nicht möglich sein, dass junge Köpfe von unten ihre Ideen mit einbringen?
    So schlecht klingen die Ideen doch gar nicht. Eine Nahles, die mehr Rampenlicht bekommen würde (im posotivem Sinne!), könnte dann sicherlich ihre ewige, demütige Zurückhaltung vor Schröder und Münterfering ablegen.
    Ich mag die SPD nicht so einfach in den "Papierkorb" werfen. Ich glaube schon daran, dass Potenziel für eine neue und auch durchaus linksorientierte Politik vorhanden ist.

    Ist dir aufgefallen, wie wenig die SPD in letzter Zeit mit der internationalen Linken kooperiert? Das war mal anders, wenn ich mich recht erinnere.
    Eine mehr internationale Zusammenarbeit könnte sicherlich hilfreich sein und auch das Miteinbeziehen von Künstlern und Philosophen wäre hilfreich. Auch dahingehend war die SPD mal vorbildlich.

    So könnte sicherlich der Philosoph Sloterdijk einige neue Aspekte einwerfen.
    So hat dieser im letzten aktuellen Spiegel ein interessantes Interview abgegeben, wo er über sein Buch Sphären III spricht. Darin wird u.a. das Gejammere der heutigen Wohlstandsgesellschaft beleuchtet, ohne dabei die Aspekte einer gerechten Klassenpolitik aus dem Auge zu verlieren. (Artikel ist kostenpflichtig abrufbar unter
    http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,314808,00.html )

    Ich glaube durchaus an linke Politik und ich habe ja bereits eingeräumt, dass viele deiner Ausführungen meiner Meinung nach schlüssig sind. Nur warum meinst du, dass die SPD ein verlorenes Fossil ist? Ganz so pessimistisch sehe ich das nicht.
    "Education is the most powerful weapon which you can use to change the world."Nelson Mandela
    DEUTSCHE AIDS-HILFE-DRK
    ÄRZTE OHNE GRENZEN-AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND

    Kommentar


      #47
      Zitat von EVENTHORIZON
      Aber warum soll es nicht möglich sein, dass auch eine SPD sich neu orientiert? Warum soll es nicht möglich sein, dass junge Köpfe von unten ihre Ideen mit einbringen?
      Was spricht dafür? Der Zustrom zur heutigen SPD von Jungen stellt heute im wesentlichen eine Basis für die Rechte der SPD dar. Die "jungen Wilden" waren doch alle Typen, die nur in der Lage waren das Programm des BDI auswendig zu lernen. Die wenigen verbliebenen Linken sind bei allen wichtigen Entscheidungen in der letzten Zeit eingeknickt. Die SPD ist zu einem reinem Abnicke- und PR-Verein für die rechte Parteiführung um Schröder geworden.

      Die Geschichte der SPD in den letzten 100 Jahren ist eine Geschichte von Verrat und Rechtsschwenks: der Burgfrieden und die Zustimmung zum Ersten Weltkrieg, die Organisation des Bürgerkriegs gegen die revolutionären Arbeiter 1918-23, die kampflose Kapitulation vor dem Papen-Putsch und den Nazis, die erbärmliche Rolle in den späten 40er, als man nicht eine Entnazifizierung durchsetzte, der Radikalenerlass, die Notstandsgesetze und das Aufweichen der Grundrechte in den 60ern und 70ern (damalige Ausrede RAF), die Unterstützung der atomaren Aufrüstung durch Schmidt, die Einleitung des Sozialabbaus unter Schmidt, die Zustimmung zur massiven Einschränkung des Asylrechts, die ersten Angriffskriege seit 1945 gegen Jugoslawien und Afghanistan, die massivsten Angriffe auf den Sozialstaat seit den 30ern etc.. Es gab natürlich gegen alle diese Sauereien Widerstand in der SPD. Aber wann war dieser erfolgreich? Die SPD ist heute zu einer bürgerlichen Partei degeneriert, die nur noch die Interessen der Grosskapitalisten - u.a. SPD-Leute wie Hartz - im Auge haben. Es wird keine Wiederbelebung der "Sozialdemokratie" in der SPD geben. Dieser Zug ist schon Ende des 19. Jahrhunderts abgefahren.
      Zitat von EVENTHORIZON
      Ist dir aufgefallen, wie wenig die SPD in letzter Zeit mit der internationalen Linken kooperiert? Das war mal anders, wenn ich mich recht erinnere.
      Ja, aber damit wurde doch schon recht krass 1914 gebrochen, als man nicht gegen den Krieg gemeinsam mit den anderen Parteien der II. Internationale vorging, sondern gemeinsam mit den meisten anderen Parteien die eigenen Kriegsverbrecher und -treiber unterstützte. Die SPD hatte als Strategie den Kapitalismus durch Stellen der Regierung im Nationalstaat zu zähmen. Dies ist vollkommen misslungen, während die SPD zum Bettvorleger des Kapitals gezähmt wurde und sich heute so sehr mit dem Nationalstaat identifiziert, dass aus der SPD nicht nur nationalistische Propaganda ("Boot ist voll", "der deutsche Weg" etc.) kommt, sondern auch eine nationalistische Politik gemacht wird. Wie will man mit anderen linken Parteien zusammenarbeiten, wenn man nur die Interessen der eigenen Bourgeoisie vertritt? Eine militaristische Politik nach aussen macht? Eine Politik gegen Einwanderer macht? Der Genosse der Bosse und seine Anhänger reden zwar oft davon, dass man nur EU-weit etwas gutes machen könnte - aber alle diese Massnahmen hat die Bundesregierung selbst in der EU blockiert (z.B. die Altautoordnung). Das einzige was die Bundesregierung EU-weit erfolgreich durchgesetzt hat, war ein noch krasseres Vorgehen gegen Flüchtlinge, wo jetzt die Lager in Afrika den traurigen Höhepunkt dieses Rassismus und Nationalismus darstellen.
      Resistance is fertile
      Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
      The only general I like is called strike

      Kommentar


        #48
        Angesichts des Wahlergebnis im Saarland drängt sich die Frage nach einer neuen linken Partei wieder auf.

        Im Saarland verliert die SPD dank ihrer rechten, unsozialen Politik massiv, wobei ihr die milde, unglaubwürdige Kritik des saarländischen Landesverbandes an der Bundesregierung auch nicht mehr geholfen hat. Die CDU verliert auch deutlich, was aber dank der Wahlenthaltung der früheren SPD-Anhänger keine negativen Auswirkungen für sie hat, da sie immer noch die absoluten Mehrheit hat. Die Grünen und die FDP - die Parteien der Besserverdienenden - gewinnen relativ gesehen hinzu, erreichen aber ein Ergebnis, was der Prozentzahl der sozialen Schicht, deren Interessen sie vertreten, nahe kommt: um 2,5% der Wahlberechtigten. Von der Unzufriedenheit mit allen grossen Parteien profitiert die PDS nur schwach und die NPD leider im grösseren Umfang.

        Es häufen sich die Vorwürfe, dass die Kritik an Hartz IV - was ja von allen vier grossen Parteien unterstützt wird - den Extremen nutzt und der Demokratie schadet. Eine sehr originelle Meinung. Nach dieser Meinung ist also nicht eine Wirtschafts- und Sozialpolitik, die der Mehrheit schadet, da sie Einkommensverluste und soziale Unsicherheit verursacht, für die Stimmenverluste verantwortlich, sondern die, die offen sagen, dass diese Politik gegen die Interessen der meisten Menschen ist.

        Wenn es nicht gelingt eine neue Linke aufzubauen, die für die Interessen der Mehrheit gegen die bestehenden Parteien - die nur noch Bettvorleger des Kapitals sind - kämpft, ist es wohl wirklich zu befürchten, dass Rechte mit populistischen Unsinn von der berechtigten Unzufriedenheit profitieren können.
        Resistance is fertile
        Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
        The only general I like is called strike

        Kommentar


          #49
          Zitat von max
          [...]
          Wenn es nicht gelingt eine neue Linke aufzubauen, die für die Interessen der Mehrheit gegen die bestehenden Parteien - die nur noch Bettvorleger des Kapitals sind - kämpft, ist es wohl wirklich zu befürchten, dass Rechte mit populistischen Unsinn von der berechtigten Unzufriedenheit profitieren können.
          Bettvorleger des Kapitals sind nicht nur die derzeitigen Parteien, darunter auch und gerade die PDS(!!), sondern auch die Verbraucher, welche jedem Flyer von Aldi, Meidamarkt und Co. hinterher rennen wie die Irren, um sich dann Montag wieder in den Demozug einzureihen. Passenderweise gibt es ein aussagekräftiges Bild im Spiegel, wo sich ein Demonstrierende erst einmal an einem 5 Euro Eis zu schaffen macht, um sich auszuruhen vom vielen Protestieren.

          Das Problem ist nicht eine fehlende Linke, sondern einen Art der Politik, welche das Volk nicht verstehen kannund will und ein Volk, welches sich als Hauptmerkmal den Stempel NEID auf die Stirn gegeben hat.

          Um es nochmals zu sagen, gerecht ist keine Reform und ja, dieses Reformpaket muss verbessert werden, damit soziale Härtefälle vermieden werden. Real ist aber auch, dass es uns allen in der nächsten Zeit nicht besser gehen wird und dass wir nichts damit erreichen, indem wir uns über die Reichen ärgern.
          Ich verteidige nicht die Besserverdienenden, ich mache sie aber auch nicht zu den Sündenböcken einer hiesigen Politikverdrossenheit.

          Die SPD hat sich an ein Reformwerk gemacht, welches schon die meisten unserer europäischen Nachbarn im Norden erfolgreich hinter sich gebracht haben. Die Schweden, Dänen und Holländer haben es vorgemacht. Nur hier in Deutschland meinen Parteien und das Volk die Dinge aussitzen zu können. Das dieses nicht mehr geht, ist eine bittere Erkenntnis und das nun Dinge geändert werden müssen, ist eine sichtbare Notwendigkeit geworden.

          Gegenfrage wäre doch, was sollten denn die neuen Linken in dieser Situation besser machen können?
          "Education is the most powerful weapon which you can use to change the world."Nelson Mandela
          DEUTSCHE AIDS-HILFE-DRK
          ÄRZTE OHNE GRENZEN-AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND

          Kommentar


            #50
            Zitat von EVENTHORIZON
            Bettvorleger des Kapitals sind nicht nur die derzeitigen Parteien, darunter auch und gerade die PDS(!!),
            Hey, ich bin doch kein Bettvorleger des Kapitals!
            Möp!

            Kommentar


              #51
              Zitat von endar
              Zitat von matrix089
              Und was ist mit der PDS, die die Situation populistisch ausnützt?
              Ich weiss gar nicht, was daran so schlimm sein soll. Das machen Parteien nun einmal so, das gehört zum politischen Geschäft. Parteien haben ein politisches Programm und wenn sie nicht zur Regierung gehören, profitieren sie von der Schwäche der Regierung. Das gilt für die CDU, aber natürlich auch für die PDS.

              Ich darf nur an die Unterschriftenaktionen der hessischen CDU zum Einwanderungsgesetz erinnern. Nur bei der PDS bekommt das ganz normale Verhalten einer Partei gleich einen unmoralischen Anstrich.
              Zitat von max
              Wenn es nicht gelingt eine neue Linke aufzubauen, die für die Interessen der Mehrheit gegen die bestehenden Parteien - die nur noch Bettvorleger des Kapitals sind - kämpft, ist es wohl wirklich zu befürchten, dass Rechte mit populistischen Unsinn von der berechtigten Unzufriedenheit profitieren können.
              Ich kann es mir leider nicht verkneifen hier den Verweis auf die Antwort Endars zu posten. ICH REDE HIERBEI KEINESWEGS FÜR DIE NPD!! Das soll nur ein Scherz sein.

              Zu dem eigentlichen wieder aufgreifen des Themas. Ich halte es so wie Eventhorizon. Es sind nun leider Reformen in Deutschland nötig. Auch wenn ich kein Freund der SPD bin, so muss ich doch Schröder respekt zollen, dass er die Situation erkennt und endlich anfängt zu handeln, während die restlichen Parteien nur meckern über die Reformen. In keinem Land das diese Notwendigen Reformen durchgeführt hat, ging dies ohne Kummer der Leute über die Bühne. Jeder musste und muss halt seinen Teil dazu beitragen. Anders wird es auch nie in Deutschland sein. Selbst wenn man sagt, das Reiche mehr zahlen müssen als Arme, würde das immer noch nicht ausreichen um den "sozialverträglichen" Zustand zu erreichen.

              Daher würde es mich ebenfalls interessieren, wie du (max) denkst, das diese Reformen durchgeführt werden sollten und trotzdem sozial verträglich sind und gleichzeitig aber den gewünschten Erfolg bringen.

              Auf jeden Fall sind wir uns glaube ich alle einig, dass das scheiße ist, das die NPD 4 % geholt hat.
              Just because it is the truth doesn't mean anyone wants to know about it.
              Alle vier Jahre machen die Wähler ihr Kreuz. Und hinterher müssen sie's dann tragen. - Ingrit Berg-Khoshnavaz
              Statt 'Gier' sagen wir 'Profitmaximierung', und schon wird aus der Sünde eine Tugend. - Ulrich Wickert

              Kommentar


                #52
                @matrix: Bei den Rechten ist es etwas anderes, denn sozialer Ausgleich steht bei ihnen ja nicht ganz oben auf der "Agenda". Ich sehe dort Populismus, wo ein Partei aus akutellen ggf. wahltaktischen Motiven Inhalte propagiert, die sie sonst nicht propagieren würde.
                Ein Beispiel: wenn die CDU/CSU Unterschriftenaktionen startet, obwohl sie auf der anderen Seite stets gegen basisdemokratische Elemente (wie Volksabstimmungen) wettert und sich stets strikt dagegenstellt, dann ist dies unaufrichtig und nur ein wahltaktisches Manöver.
                Das sehe ich bei der PDS eben nicht. Sie würde auch ohne den "Volksaufstand" im Osten gegen Hartz IV wettern. Der Unterschied ist nur, dass wir das im "Westen" jetzt mitbekommen.
                Wenn allerdings der Herr Millbrath(oder wie er sich schreibt) auf den Demos blicken lässt, obwohl er selbst im Vermittlungsausschuss mitgearbeitet und nach ganz harten Regelungen gerufen hat, dann ist das wirklich verlogen und populistisch.
                Auch bei der NPD sehe ich Populismus, denn es geht ihr ja um etwas ganz anderes.

                Was ich mir von der Politik wünschen würde, wäre das Eingeständnis, dass Vollbeschäftigung in diesem Land nicht mehr möglich ist. Wir haben eine wirtschaftliche Struktur entwickelt, bei der immer weniger Leute immer mehr leisten können, weil ihnen die entsprechenden technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
                Diese simple Wahrheit gehört endlich ausgesprochen, damit auch endlich die Mär von den "faulen Arbeitslosen" ihr Ende finden kann. Beispielsweise das Gebabbel von den polnischen Spargelstechern, die sich - anders als die faulen Arbeitslosen aus Deutschland - NICHT zu fein seien, Spargel zu stechen.
                Dabei wird aber gerne vergessen, dass man von 3,50 Euro Studenlohn doch (noch) in Polen etwas länger leben kann als in Deutschland. Wenn sich das Preisniveau in Polen nach dem Eu-Beitritt erstmal angeglichen hat, dann bin ich ja mal gespannt, ob "die Polen" dann immer noch gerne Spargel stechen oder nicht.
                Dieses Rhetorik hat einen großen Anteil daran, dass die Leute auf die Palme gehen.

                Und da muss man endlich mal die Karten auf den Tisch legen, damit man sich endlich dahinwenden kann, wie man dauerhaft eine gesellschaftlich stabile Struktur schafft, bei der es eine größere Anzahl von Arbeitslosen immer geben wird. Damit werden wir uns abfinden müssen.

                Es ist übrigens richtig: Wir selbst machen da alle mit. UNS kann es ja, wenn wir einkaufen, auch nicht billig genug sein. Unter welchen Bedingungen die Ware hergestellt wurde, interessiert uns doch nicht.
                Wenn Fernseher, Waschmaschinen, Kameras nur noch über das Internet gekauft werden, werden die Kleinhändler verschwinden, aber das macht ja nichts, weil die Waschmaschine im Internet ja 40 Euro billiger ist.
                Und wenn die Bankfilialen alle dichtmachen, wen interessiert das schon, es gibt ja das supertolle Internetbanking. etc. etc.
                Republicans hate ducklings!

                Kommentar


                  #53
                  Also zu der "Reform"politik:

                  1.) Neid: um was geht es gerade? Es geht um die Umverteilung zu den Reichen! Jede "Reform" bedeutet weniger Geld für Arbeiter, Angestellte, Beamte, Rentner, Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose. Man kann dauernd in den Massenmedien über vermeidliche Privilegien von einem Teil der Angehörigen der Arbeiterklasse lesen, "faule Lehrer", Florida-Rolf etc. Also wenn wir hier von Neid reden, wer neidet also wem etwas? Die Reichen "neiden" der Mehrheit deren Lebensstandard!

                  2.) Offensichtlich gibt es wirtschaftliche Probleme. Also einfach so weiter zu machen, wie bisher, ist nicht möglich. Nur sind die neoliberalen Reformen der Bundesregierung - und die Forderungen der bürgerlichen Opposition - geeignet die Probleme zu lösen? Wir reden hier von einer Politik, die seit über 20 Jahren in vielen Ländern praktiziert wird. Wo sind Erfolge zu sehen? Es gibt natürlich schon einen Erfolg: der Reichtum der Reichsten konnte vermehrt werden. Was sind die Nebenwirkungen? Massenarbeitslosigkeit, steigende Armut, sinkende Löhne, weniger Sozialleistungen, Einsparungen in der öffentlichen Infrastruktur, steigende Staatsverschuldung finanzieren diese Steigerung des Reichtums einer winzigen Minderheit. Das Problem fängt schon damit an, dass die neoliberalen Theorien auf wirtschaftlichen Modellvorstellungen basieren, die so gut wie überhaupt nichts mit der Realität zu tun haben. Folglich werden auch die eigentlichen Probleme (z.B. Fall der (Brutto)Profitraten) nicht wahrgenommen und die Lösungsansätze verschlimmern die Lage (z.B. durch Verminderung der Binnennachfrage). Dieses Versagen der Theorien führt aber nicht dazu, dass die Theorien überprüft werden, sondern dass sich die Neoliberalen immer mehr radikalisieren. Getreu nach dem Motto: wenn der Aderlass den Tod des Patienten nicht verhindern konnte, dann lag es daran, dass er noch Blut in den Adern hatte. Jedem sollte klar sein, dass die heutigen "Reformen" die Probleme nicht lösen können, also weitere "Reformen folgen werden. Es wird nicht bei Hartz IV und den Einschnitten bei Siemens, Daimler & Co bleiben, sondern es werden weitere Einschnitte folgen.

                  3.) Nach den Neoliberalen sind ihre Reformen zwingend notwendig um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Ok, sie haben in Bezug auf den Kapitalismus sogar recht. Nur was bedeutet dies? Wenn Lohnkürzungen, Sozialabbau und Kaputtsparen der öffentlichen Infrastruktur im Kapitalismus notwendig sind, dann ist offensichtlich der Kapitalismus selbst das Problem. Es gibt keine Reform, die dem Kapitalismus eine Rückkehr zu den Zeiten hohen Wachstums ermöglichen wird - die 50er bis 70er waren eine Ausnahmesituation (siehe Das Wirtschaftswunder: Ist eine Wiederholung möglich? und Wie stabil ist der heutige Kapitalismus?). Heute haben wir wieder einen typischen Kapitalismus mit Massenarbeitslosigkeit und massiver sozialer Ungleichheit.

                  4.) Was können also die Linken anders machen? Eine linke Bundesregierung könnte auch den Kapitalismus nicht plötzlich zu einem perfekt funktionierenden, sozial gerechten System machen. Das Ziel muss es also sein, die Gesellschaft zu revolutionieren. Ein gesellschaftlicher Fortschritt, eine Überwindung des Kapitalismus ist notwendig. Das Problem hier ist natürlich nicht nur eine fehlende linke Partei, sondern auch eine fehlende revolutionäre Situation (es gab allerdings in vielen Staaten in den letzten Jahrzehnten solche Situationen, z.B. Portugal 1974, Polen 1981, DDR 1989, Indonesien 1997, Serbien 2000, Argentinien 2001). Um was geht es also heute erstmal? Es ist im Kapitalismus nicht möglich für alle Klassen Politik zu machen. Man muss sich also entscheiden. Die grossen Parteien haben sich entschieden, für die Reichsten Politik zu machen - auch wenn sie dies ab und zu populistisch Politik für den Mittelstand oder für die gesamte Gesellschaft nennen. Eine neue Linke müsste kompromisslos die Interessen der Arbeiterklasse verteidigen - wobei ich mit Arbeiter den marxistischen Begriff und nicht nur den Industriearbeiter meine.

                  5.) Das bringt uns zu den "politischen Lakaien des Kapitals". EVENTHORIZON und endar meinten, dass ja alle wegen ihren Kaufverhalten Lakaien seien. Es stimmt natürlich, dass im Endeffekt die meisten Diener des Kapitals sind. Aber nicht wegen ihrem Kaufverhalten, sondern weil sie direkt oder indirekt für Kapitalisten arbeiten (müssen). Der Kapitalist profitiert nicht in erster Linie durch das Kaufverhalten. Nicht die Konsumenten sind die Quelle der Profite, da der Konsument für sein Geld meist Produkte des gleichen Werts erhält, hier also kein Mehrwert (und somit Gewinn) geschaffen werden kann. (Ausnahme sind natürlich Produkte, deren Preis über ihrem Wert liegt, z.B. bei Monopolen und manchen Markenartikeln, aber bei Aldi und Mediamarkt dürfte eher der Preis unter dem realen Wert liegen). Die Quelle des Profits ist die Differenz zwischen dem Wert der menschlichen Arbeit und den Löhnen. Die Kapitalisten können weniger Lohn zahlen als die Produkte der Arbeit wert sind, weil sie die Produktionsmittel kontrollieren und die Menschen also gezwungen sind für die Kapitalisten zu arbeiten.

                  Es stimmt auch nicht, dass den meisten Menschen die Bedingungen, unter den Produkte hergestellt werden, egal sind. Nur sollte man sich klar sein, dass man angesichts sinkender Reallöhne halt in erster Linie gezwungen ist auf den Preis zu achten. Es geht um viel grundsätzlichere Probleme als das Konsumverhalten. Es geht darum die Art und Weise, wie produziert wird und wie die Produktion kontrolliert und gesteuert wird zu ändern. Wir brauchen ein Ende der Diktatur in der Wirtschaft, der Tyrannei der Kapitalbesitzer, wir brauchen eine Demokratisierung der Wirtschaft. Und anders: statt einer Verwaltung und damit Erhaltung des Elends, ist eine Beseitigung des Elends notwendig.
                  Zuletzt geändert von max; 09.09.2004, 17:26. Grund: Links eingefügt
                  Resistance is fertile
                  Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                  The only general I like is called strike

                  Kommentar

                  Lädt...
                  X