Was die Frage des Widerstandes von Deutschen gegen die Nazis anbetrifft oder die Frage, warum "die" Deutschen (damit meine ich die Bevölkerungsmehrheit ) es nicht schafften, Hitler zu beseitigen, ist doch etwas teifgreifender zu betrachten.
Es gibt hier eine ganze Reihe von Faktoren, die zusammentrafen. Ganz sicherlich lag es aber nicht allein daran, dass die Deutschen Hitler wie Schafe in den Untergang gefolgt seien. Wer hier den Schwerpunkt auf diese Betrachtung legt, hängt doch eher Klischees nach. Eine detaillierte Betrachtung zeigt deutlich, wie kurz dieses Erklärungsmuster doch greift.
Ich nenne mal ein paar Faktoren, ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen.
Generell kann man wohl sagen, dass "die" Deutschen bis ca. Ende 1942 bereitwillig ihrer Führung folgten, weil es bis dahin ja eigentlich noch voran ging (eigentlich nicht, aber wer wusste das schon?).
1. 1943 kippte die Stimmung langsam um, als die Verlustzahlen immer höher wurden. Gleichzeitig nahm aber auch die Tätigkeit der Verfolgung von Kriegsgegnern immens zu. Es stand mittlerweile auf eine ganze Reihe von "Delikten" die Todesstrafe und von dieser wurde auch sehr eindeutig Gebrauch gemacht.
Eine einzige Äußerung konnte ausreichen, um jemanden hinter Gitter oder um das Leben zu bringen. Und hiervon wurde auch eifrig Gebrauch gemacht. Wer auch nur im Verdacht stand, die weiße Fahne zu hissen oder wer auch nur Witze über Hitler machte, hatte mit der schnelleren oder langsameren Hinrichtung zu retten. Dieser Verfolgungsdruck ist nicht zu unterschätzen.
2. Die Machthaber fürchteten zu dieser Zeit kaum etwas derart wie einen zweiten "November 1918" und taten alles, um die Heimatfront ruhig zu halten (Details unter 1.) Bis noch in den Krieg hinein gab es zwar mehr Nischen für Nichtkonforme, als man denken mag, aber diese nahmen immer stärker ab.
3. Viele Menschen, insb. in den großen Städten und Ballungszentren, waren in erster Linie mit dem puren Überleben beschäftigt. Aber hier hätte ein Aufstand seinen Anfang nehmen müssen.
4. Eine radikale antikommunistische Propaganda schürte extreme Angst davor, was "der Iwan" mit den besiegten Deutschen anstellen würde. Also hielt man durch. Verstärkend wirkte hier der Glaube an die Wunderwaffen.
5. "Die" Deutschen waren keine einheitliche Masse. Thomas Mann hat in einer Rede der BBC einmal gesagt, die Naziführer würden alles tun, möglichst viele Personen in ihre Verbrechen zu verwickeln, um ihnen dann zu sagen "Schaut mal, ihr steht mit uns auf dem Schafott, deswegen müsst ihr kämpfen, um uns zu retten, damit ihr auch gerettet werdet. Hängen wir, seid IHR die nächsten." Daran ist durchaus etwas dran, denn den lokalen Entscheidungsträgern war klar, dass ihnen bei einer Niederlage nichts Gutes blühen würde (siehe auch 4. ). Widerstand konnte sich also schon aus dem Grunde in Deutschland nur sehr schwer organisieren, weil man eben nicht wusste, wie der potentielle Mitkämpfer nun tatsächlich reagieren würde. Die hohe Anzahl an Selbstmorden gegen Ende des "Dritten Reiches" und des Krieges ist hierfür ein guter Beleg.
6. Wie max schon sagte, fehlte es auch an Köpfen, da sich die Reihen der politisch Aktiven doch recht gelichtet hatten.
Natürlich gibt es für alle Punkte auch Ausnahmen, aber dennoch blieben Tendenzen zum Widerstand einfach zu schwach.
Was die Einsicht der Beteiligten des 20. Juli anbetrifft, so denke ich, dass man hier die einzelnen Gründe und Motive nicht so scharf voneinander trennen sollte. Es ist wohl eher so, dass viele Faktoren und Erlebnisse der Betroffenen zusammentrafen, die dann zu dem Entschluss des Attentats geführt haben.
Wenn es stetig in ein Fass hineinregnet, wie will man sagen, welcher Tropfen das Fass zum Überlaufen brachte? [Sicherlich regnete es immer stärker, je schlechter der Krieg lief, das ist wohl wahr. ]
Dieser Entschluss, Hitler zu töten, war jedoch ein eindeutiger. Ich glaube nicht, dass sich die Attentäter selbst darüber Gedanken gemacht haben, welcher Teilaspekt ihnen relevanter erschien, sondern ich vermute eher, dass die Teilaspekte situativ und individuell verschieden gewertet wurden, aber immer auf dasselbe Hinausliefen, was dann ohnehin mehr Raum im Denken in Anspruch nahm, als die Gründe.
Dann waren die meisten, wie ich schrieb, "unpolitisch". "Unpolitisch" wiederum bedeutete vor dem Ende des WW2 und insbesondere in der Zwischenkriegszeit nicht einfach nur das Gegenteil von "politisch", sondern war eine Lebenseinstellung, die konservativ gestützt, auf einer idealisiertem "Deutschtums"-Vorstellung und der Ablehnung der "undeutschen" Erfindungen wie Parlamentarismus und Sozialismus basierte. [das ist schwer zu beschreiben, Thomas Mann brauchte dafür 700 Seiten, also nicht über meine Definition nörgeln]
Man definierte sich über idealisierte Gemeinplätze wie "das Recht", das "Reich" und "Anständigkeit" etc. Die Wiederherstellung "des Rechtes" war ein Ziel der Beteiligten und dazu zählt natürlich auch die Beendigung des Holocaust und die Auflösung der Konzentrationslager. Und wenn man "das Reich retten" wollte, dann gehörte dazu natürlich auch die Verhinderung weiteren Sterbens und damit auch die Rettung von Menschenleben. Ansonsten nehmen Militärs natürlich generell schon in Kauf, dass in einem Krieg Menschen sterben, denn sonst hätten sie ja einen anderen Beruf gewählt, da hast du schon ganz Recht, Xion. Naja, und darüberhinaus hat das Militär in Deutschland ja in der Geschichte eher selten Friedenspolitik betrieben.
Es gibt hier eine ganze Reihe von Faktoren, die zusammentrafen. Ganz sicherlich lag es aber nicht allein daran, dass die Deutschen Hitler wie Schafe in den Untergang gefolgt seien. Wer hier den Schwerpunkt auf diese Betrachtung legt, hängt doch eher Klischees nach. Eine detaillierte Betrachtung zeigt deutlich, wie kurz dieses Erklärungsmuster doch greift.
Ich nenne mal ein paar Faktoren, ohne dabei den Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen.
Generell kann man wohl sagen, dass "die" Deutschen bis ca. Ende 1942 bereitwillig ihrer Führung folgten, weil es bis dahin ja eigentlich noch voran ging (eigentlich nicht, aber wer wusste das schon?).
1. 1943 kippte die Stimmung langsam um, als die Verlustzahlen immer höher wurden. Gleichzeitig nahm aber auch die Tätigkeit der Verfolgung von Kriegsgegnern immens zu. Es stand mittlerweile auf eine ganze Reihe von "Delikten" die Todesstrafe und von dieser wurde auch sehr eindeutig Gebrauch gemacht.
Eine einzige Äußerung konnte ausreichen, um jemanden hinter Gitter oder um das Leben zu bringen. Und hiervon wurde auch eifrig Gebrauch gemacht. Wer auch nur im Verdacht stand, die weiße Fahne zu hissen oder wer auch nur Witze über Hitler machte, hatte mit der schnelleren oder langsameren Hinrichtung zu retten. Dieser Verfolgungsdruck ist nicht zu unterschätzen.
2. Die Machthaber fürchteten zu dieser Zeit kaum etwas derart wie einen zweiten "November 1918" und taten alles, um die Heimatfront ruhig zu halten (Details unter 1.) Bis noch in den Krieg hinein gab es zwar mehr Nischen für Nichtkonforme, als man denken mag, aber diese nahmen immer stärker ab.
3. Viele Menschen, insb. in den großen Städten und Ballungszentren, waren in erster Linie mit dem puren Überleben beschäftigt. Aber hier hätte ein Aufstand seinen Anfang nehmen müssen.
4. Eine radikale antikommunistische Propaganda schürte extreme Angst davor, was "der Iwan" mit den besiegten Deutschen anstellen würde. Also hielt man durch. Verstärkend wirkte hier der Glaube an die Wunderwaffen.
5. "Die" Deutschen waren keine einheitliche Masse. Thomas Mann hat in einer Rede der BBC einmal gesagt, die Naziführer würden alles tun, möglichst viele Personen in ihre Verbrechen zu verwickeln, um ihnen dann zu sagen "Schaut mal, ihr steht mit uns auf dem Schafott, deswegen müsst ihr kämpfen, um uns zu retten, damit ihr auch gerettet werdet. Hängen wir, seid IHR die nächsten." Daran ist durchaus etwas dran, denn den lokalen Entscheidungsträgern war klar, dass ihnen bei einer Niederlage nichts Gutes blühen würde (siehe auch 4. ). Widerstand konnte sich also schon aus dem Grunde in Deutschland nur sehr schwer organisieren, weil man eben nicht wusste, wie der potentielle Mitkämpfer nun tatsächlich reagieren würde. Die hohe Anzahl an Selbstmorden gegen Ende des "Dritten Reiches" und des Krieges ist hierfür ein guter Beleg.
6. Wie max schon sagte, fehlte es auch an Köpfen, da sich die Reihen der politisch Aktiven doch recht gelichtet hatten.
Natürlich gibt es für alle Punkte auch Ausnahmen, aber dennoch blieben Tendenzen zum Widerstand einfach zu schwach.
Was die Einsicht der Beteiligten des 20. Juli anbetrifft, so denke ich, dass man hier die einzelnen Gründe und Motive nicht so scharf voneinander trennen sollte. Es ist wohl eher so, dass viele Faktoren und Erlebnisse der Betroffenen zusammentrafen, die dann zu dem Entschluss des Attentats geführt haben.
Wenn es stetig in ein Fass hineinregnet, wie will man sagen, welcher Tropfen das Fass zum Überlaufen brachte? [Sicherlich regnete es immer stärker, je schlechter der Krieg lief, das ist wohl wahr. ]
Dieser Entschluss, Hitler zu töten, war jedoch ein eindeutiger. Ich glaube nicht, dass sich die Attentäter selbst darüber Gedanken gemacht haben, welcher Teilaspekt ihnen relevanter erschien, sondern ich vermute eher, dass die Teilaspekte situativ und individuell verschieden gewertet wurden, aber immer auf dasselbe Hinausliefen, was dann ohnehin mehr Raum im Denken in Anspruch nahm, als die Gründe.
Dann waren die meisten, wie ich schrieb, "unpolitisch". "Unpolitisch" wiederum bedeutete vor dem Ende des WW2 und insbesondere in der Zwischenkriegszeit nicht einfach nur das Gegenteil von "politisch", sondern war eine Lebenseinstellung, die konservativ gestützt, auf einer idealisiertem "Deutschtums"-Vorstellung und der Ablehnung der "undeutschen" Erfindungen wie Parlamentarismus und Sozialismus basierte. [das ist schwer zu beschreiben, Thomas Mann brauchte dafür 700 Seiten, also nicht über meine Definition nörgeln]
Man definierte sich über idealisierte Gemeinplätze wie "das Recht", das "Reich" und "Anständigkeit" etc. Die Wiederherstellung "des Rechtes" war ein Ziel der Beteiligten und dazu zählt natürlich auch die Beendigung des Holocaust und die Auflösung der Konzentrationslager. Und wenn man "das Reich retten" wollte, dann gehörte dazu natürlich auch die Verhinderung weiteren Sterbens und damit auch die Rettung von Menschenleben. Ansonsten nehmen Militärs natürlich generell schon in Kauf, dass in einem Krieg Menschen sterben, denn sonst hätten sie ja einen anderen Beruf gewählt, da hast du schon ganz Recht, Xion. Naja, und darüberhinaus hat das Militär in Deutschland ja in der Geschichte eher selten Friedenspolitik betrieben.
Kommentar