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Wer hat die Macht? Konzerne oder Nationen?

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    #16
    Original geschrieben von Jeri Ryan Fan
    Au backe, sagt nicht, dass wir noch rote socken hier haben?
    Ich denke mal ganz einfach, dass die Konzerne mit Geld die macht haben und es ein Bestechungssumpf zwischen Staat und Industrie ist und umgekehrt ge nach Interessenlage.
    Hm also wenn das so einfach ist, dann mußt mir mal eklären wie dann die Politik der Bundesregierung zustandekommt. Die großen Konzerne mit denen ich beruflich zu tun habe sind nämlich gar nicht glücklich über den Berliner Diletantenstadel. Ach ja und wozu sind dann die ganzen Verbände da? Die Kosten die Firmen nämlich ein Schweinegeld und wären ja vollkommen sinnlos, wenn sie eh die Macht hätten.
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      #17
      @ Direwolf: Es ist sicher richtig, dass es sich nicht einfach um gegenseitiges Bestechen handelt.

      Die Konzerne machen hierzulande ja glücklicherweise nicht selbst die Gesetze. Sie versuchen natürlich mit einer Mischung aus Drohungen, Bestechungen und guten persönlichen Beziehungen die Gesetzgebung massiv zu ihren Gunsten zu beeinflussen, wobei sie z.B. bei der Steuergesetzgebung schon erhebliche Erfolge erzielt haben.

      Aber natürlich macht die Regierung nicht alles so, wie von den Konzernen gewollt und schon gar nicht in der Geschwindigkeit. Das liegt zum einem daran, dass die Konzerne selbst nicht immer einer Meinung sind. Zum anderen aber daran, dass es so etwas wie eine parlamentarische Demokratie gibt.

      Eine Regierung, die genau das macht, was die Konzerne (oder besser: die Besitzer und Topmanager) wollen, wäre in Krisenzeiten nur unter zwei Bedingungen möglich:
      1.) eine totale Verdummung der überwältigen Mehrheit der Bevölkerung. Es gibt zwar dauernd Verdummungskampagnen à la Lohnverzicht schafft Arbeitsplätze, die wirken aber glücklicherweise nicht so. (Die Bosse und Wirtschaftswissenschaftler reden natürlich lieber von Aufklärungskampagnen ) Das Problem ist einfach, dass die Menschen die Auswirkungen an ihren Geldbeuteln merken, auch wenn sie nicht immer sofort Alternativen wissen und Widerstand organisieren können.
      Auf diese Weise wird es keine Regierung geben.
      2.) eine totalitäre Diktatur, die jeglichen Widerstand gegen die wirtschaftsfreundliche Politik unterdrückt. Womit wir bei einem Teil der Motive für die Unterstützung der Unternehmer für die Nazis 1933 wären.

      Warum ist die Regierung so chaotisch? Ein Berliner Diletantenstadel? Das Problem ist, dass sie zwischen gegensätzlichen sozialen Interessen manövrieren. In Boomzeiten, wie zu Beginn der 1960er, war ein sozialer Ausgleich ohne Probleme möglich (aber Druck von Seiten der Gewerkschaften trotzdem notwendig). Aber heute wurde angesichts der stagnativen Tendenzen der Gedanke von sozialen Ausgleich von dem meisten Parteien aufgegeben. Besonders krass ist die in den letzten Jahren bei der Grünen zu bemerken, ein anderes Beispiel wäre die PDS-Regierungsbeteiligung in Berlin. Nur ist auch den meisten beteiligten klar, dass die Durchsetzung der Forderungen der Wirtschaft in ganzer Härte nicht nur Massenarmut sondern auch verschärfte soziale Konflikte bedeutet. Deshalb gingen sowohl die CDU/CSU/FDP, als auch Grüne/SPD langsam vor. Zwar hat die Gewerkschaftsbürokratie schon wieder nachgegeben und es gibt schon wieder fast eine Nullrunde im öffentlichen Dienst, aber ewig werden diese hoffentlich nicht alles deckeln können. Die Erfahrungen mit Reaktion auf Jospins Sparpaket – der Generalstreik in Frankreich von 1995 – geistern sicher noch im Unterbewussten umher.
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        #18
        Original geschrieben von Direwolf
        Ist im Prinzip richtig. Allerdings war Euken Vertreter der These, das es einen "starken Staat" bedürfe der eine ordnungspolitische Lenkung der Wirtschaft betreibt, [...]
        Jo, daher ja auch "Ordoliberalismus . Allerdings ist IMO der Begriff "Lenkung" recht mißverständlich, denn Euken ging es darum, einen verbindlichen Rahmen von Regelungen zu schaffen, innerhalb derer die Wirtschaft frei von staatlicher Einflußnahme agieren kann. Interventionspolitik gibt´s hier nicht - es sollten eben die reinen Regeln des Marktes bewahrt werden. Ziel staatlicher Eingriffe war es z.B. erklärtermaßen, durch Fusionen entstandene (Quasi-)Monolpole zu verhindern.

        Jo mir fällt nur kein Übersichtswerk ein zu diesem Thema, da kann man aber online in der ZB Wirtschaft nach suchen, wenn man die betreffenden Suchbegriffe gefunden hat und die findet man meiner Erfahrung nach am besten über die Primärliteratur. Unter dem begriff Ordnungspolitik könnte auch was zu finden sein.
        Das ist natürlich völlig richtig, ich wollt nur sagen daß man wegen eines Schulreferats nicht unbedingt die ganzen "Grundsätze der Wirtschaftspolitik" (Eucken, Walter) lesen muss . Ich hab mal in meiner Literaturdatenbank gekramt, und von einem Referat mit dem Thema was über Wirtschatspolitik gefunden. Allerdings war das Thema speziell Ordoliberalismus vs. Demokratischer Sozialismus, demgemäß sind sie nicht unbedingt speziell für das Thema und auch schon älter:
        Röpke, Wilhelm: Civitas humana. Grundfragen der Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik, Zürich, 1946
        Blum, Reinhard: Soziale Marktwirtschaft. Wirtschaftspolitik zwischen Neoliberalismus und Ordoliberalismus, Tübingen, 1969
        Bolz, Klaus; Clement, Hermann; Lösch, Dieter: Wirtschaftssysteme. Marktwirtschaft- Kapitalismus, Planwirtschaft- Sozialismus, München, 1978

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          #19
          Original geschrieben von Jack Crow
          Jo, daher ja auch "Ordoliberalismus . Allerdings ist IMO der Begriff "Lenkung" recht mißverständlich, denn Euken ging es darum, einen verbindlichen Rahmen von Regelungen zu schaffen, innerhalb derer die Wirtschaft frei von staatlicher Einflußnahme agieren kann. Interventionspolitik gibt´s hier nicht - es sollten eben die reinen Regeln des Marktes bewahrt werden. Ziel staatlicher Eingriffe war es z.B. erklärtermaßen, durch Fusionen entstandene (Quasi-)Monolpole zu verhindern.
          Hmmm also meiner Interpretation nach vermengst du hier grade Ordnungs- und Wettbewerbspolitik ein wenig. Allerdings stimmt es natürlich, dass es das Ziel von marktwirtschaftlicher Ordnungspolitik ist den Markt innerhalb des ordungspolitischen Rahmens möglichst ungestört laufen zu lassen. Allerdings kann man imho durchaus von Lenkung reden, da die Handlungsmöglichkeiten der Wirtschaftssubjekte durch den Rahmen vorgeprägt sind. Die Lenkung ist halt nur nicht so plump wie in den marxistischen Modellen.

          Original geschrieben von Jack Crow
          Das ist natürlich völlig richtig, ich wollt nur sagen daß man wegen eines Schulreferats nicht unbedingt die ganzen "Grundsätze der Wirtschaftspolitik" (Eucken, Walter) lesen muss . Ich hab mal in meiner Literaturdatenbank gekramt, und von einem Referat mit dem Thema was über Wirtschatspolitik gefunden. Allerdings war das Thema speziell Ordoliberalismus vs. Demokratischer Sozialismus, demgemäß sind sie nicht unbedingt speziell für das Thema und auch schon älter: [/B]
          Obwohl zB das Buch von Euken oder noch mehr die Bücher von L. von Mises einfach sehr gut sind, muß ich dir recht geben. Das Niveau wäre weit über dem was der normale WiSo lLehrer versteht (hab 2 Jahre lang welche mitausgebildet, ich weiß was ich hier sage) und der Zeitaufwand ist wohl für eine Schulveranstaltung auch nicht zu vertreten.

          Wo man auch schauen könnte wäre "Vahlens Kompendium der Wirtschaftspolitik" oder zB mal die gesammelten Werke von Horst Siebert. Der hat sehr viel zur Ordnungspolitik geschrieben, ist aber leider nicht immer für den Laien verständlich in seinen Ausführungen.
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            #20
            Original geschrieben von Direwolf
            Die Lenkung ist halt nur nicht so plump wie in den marxistischen Modellen.
            Was ist den bitte ein marxistisches Modell in Bezug auf Ordnungspolitik? Da würde mich jetzt echt eine Quelle interessieren!

            Das es bei einer sozialistischen Wirtschaft ersteinmal darum geht, wer die Wirtschaft kontrolliert, scheint ja nicht klar zu sein. Es geht darum die Kontrolle durch eine winzige Minderheit durch eine Kontrolle durch eine Mehrheit zu ersetzen, sprich eine demokratische Kontrolle der Wirtschaft und nicht nur der Ordnungs - und Wettbewerbspolitik.

            Kannst du auch irgend eine Internetquelle zum Thema empfehlen?
            Und vielleicht solltest du nicht so sehr den Eindruck erwegen, als hätten nur ein paar Liberale etwas zu diesem Thema geschrieben. Auch wenn nur diese Ausführungen deiner Meinung entsprechen, gibt es noch viele andere Meinungen. Eine Meinung sollte auch als solche kenntlich sein.
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              #21
              a) Ich bezeichne zentrale Verwaltungswirtschaft, die ja der "Gegenentwurf" zu einer ordnungspolitischen Lenkung ist, als plump, da sie schlicht weg nicht effizient funktionieren kann.
              War vielleicht nicht 100% korrekt formuliert marxistisch mit ZVW gleichzusetzen, war aber so gemeint

              b) Zudem haben sich meines Wissens praktisch nur Liberale mit dem Thema Ordnugspolitik befasst, wenn auch mit gänzlich unterschiedlichen Ergebnissen, wie ich schon weiter oben ausführte.

              c) Dann kennzeichne doch mal deine gesammelten Aussagen zum Beispiel zu den Auswirkungen von Lohnverzicht auch als Meinung, denn die Ergebnisse der empirischen Wirtschaftsforschung sprechen gegen diese Aussage.

              d) Demokratisierung klingt ja eigentlich immer gut. Leider haben sich aber alle Modelle die versucht haben ein Unternehmen ausschließlich von einer Belegschaftsversammlúng, Betriebskollektiv etc. führen zu lassen als Riesenflopp herausgestellt. Funktioniert hat noch keines, oder gibt es da etwa was neues ?????
              Die einzige Methode die Erfolg verspricht ist meiner Meinung nach der Aktienbesitz bzw. Aktienprogramme als Teil der Entlohnung. Auch über die Mitbestimmungsmodelle kann man durchaus reden.
              PS: Das bezieht sich nicht auf Fragen der Arbeitsorganisation sondern ausschließlich auf die Frage der Unternehmensleitung bzw auf die Frage des Besitzes der Firma.
              Zuletzt geändert von Direwolf; 15.01.2003, 13:51.
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                #22
                Das Thema war aber sehr viel weiter gesteckt. Es ging darum, wer die Macht hat und nicht nur um Ordnungspolitik. Diese es wenn nur ein Teil des Verhältnis Staat und Konzernen.

                Die stalinistischen Kommandowirtschaften haben mit Marxismus nichts zu tun. Da ist das Verhältnis zwischen Astronomie und Astrologie ja noch enger.

                Unter die bei d) beschriebenen Demokratisierungsmodelle erwähnst nur die sozialdemokratischen, reformistischen Ansätze innerhalb eines kapitalistischen Systems etwas zu ändern. Da sich die Gesamtverhältnisse nicht ändern, z.B. die Konkurrenz zwischen den Betrieben nicht aufgehoben ist, müssen diese auch scheitern. Auch Aktienbesitz wird aus dem gleichen Grund nichts ändern. Er erhöht nur die Identifikation mit dem Unternehmen und stellt ansonsten ein erhebliches Risiko dar, siehe z.B. die Enron-Pleite bei der die Beschäftigten einen grossen Teil ihrer Renten verloren haben.

                Wo hat den Lohnverzicht Arbeitsplätze geschaffen? In der BRD?!

                Im übrigen bin ich in politischen, soziologischen und ökonomischen Fragen nie neutral. Neutralität ist in diesem Bereich fast unmöglich (auf jeden Fall charakterlos).
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                  #23
                  Original geschrieben von max
                  Das Thema war aber sehr viel weiter gesteckt. Es ging darum, wer die Macht hat und nicht nur um Ordnungspolitik. Diese es wenn nur ein Teil des Verhältnis Staat und Konzernen.
                  Selbst du solltest wissen, dass man diese Frage nicht wirklich beantworten kann, da es unzählige Antworten gibt. De jure ist das Verhältnis aber grundsätzlich so, dass der Staat die Macht hat, die sich in einer ordnungspolitischen Vorgabe ausdrückt.

                  Die stalinistischen Kommandowirtschaften haben mit Marxismus nichts zu tun. Da ist das Verhältnis zwischen Astronomie und Astrologie ja noch enger.
                  Sie waren das reale Ergebnis einer von Marxisten betrieben Wirtschaftspolitik. Daher haben sie eine Menge mit dem Marxismus zu tun.

                  Unter die bei d) beschriebenen Demokratisierungsmodelle erwähnst nur die sozialdemokratischen, reformistischen Ansätze innerhalb eines kapitalistischen Systems etwas zu ändern. Da sich die Gesamtverhältnisse nicht ändern, z.B. die Konkurrenz zwischen den Betrieben nicht aufgehoben ist, müssen diese auch scheitern.
                  Aha also lehnst du die Kommandowirtschaft ab, aber auch die Marktwirtschaft. Toll und wie sollen Angebot und Nachfrage koordiniert werden ? Per Kristallkugel ? Des weiteren neige ich nicht dazu Ansätze zu diskutieren die ein totalitäres System benötigen, da sträubt sich nämlich meine liberale Seele gegen.

                  Auch Aktienbesitz wird aus dem gleichen Grund nichts ändern. Er erhöht nur die Identifikation mit dem Unternehmen und stellt ansonsten ein erhebliches Risiko dar, siehe z.B. die Enron-Pleite bei der die Beschäftigten einen grossen Teil ihrer Renten verloren haben.
                  Selbst redend bedeutet das Risiko. Daher sind ja auch dann die Gehälter höher. Oder meinst etwa die viel bejammerten Aktienoptionen der Manager wären ohne Risiko.

                  Wo hat den Lohnverzicht Arbeitsplätze geschaffen? In der BRD?!
                  Hab während meiner Zeit bei einem Consulter mehrere praktisch Fälle erlebt, wo nur der Lohnverzicht den Erhalt oder Aufbau von Arbeitsplätzen ermöglichte. Gesamtwirtschaftlich reicht ein Blick auf die Datenlage, dass wir in Deutschland wesentlich kapitalintensiver produzieren als zB die USA. Das sagt doch alles.

                  Im übrigen bin ich in politischen, soziologischen und ökonomischen Fragen nie neutral. Neutralität ist in diesem Bereich fast unmöglich (auf jeden Fall charakterlos).
                  Na wer hätte das gedacht!
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                    #24
                    Original geschrieben von Direwolf

                    Selbst redend bedeutet das Risiko. Daher sind ja auch dann die Gehälter höher. Oder meinst etwa die viel bejammerten Aktienoptionen der Manager wären ohne Risiko.
                    Nur das letztere diese durch Insiderwissen häufig noch rechtzeitig abstoßen können, oder sie gleich zur Bereicherung mißbrauchen (siehe Finanzskandale in den USA). Aktien als Bestand von Entlohnung auf breiter Ebene ist natürlich (zumindest auch) ein grandioser Trick, um Arbeitnehmervertretung auszuhebeln - denn natürlich überlegt man sich dreimal zu streiken, wenn es einem an den Besitzstand geht.

                    [b]Hab während meiner Zeit bei einem Consulter mehrere praktisch Fälle erlebt, wo nur der Lohnverzicht den Erhalt oder Aufbau von Arbeitsplätzen ermöglichte. Gesamtwirtschaftlich reicht ein Blick auf die Datenlage, dass wir in Deutschland wesentlich kapitalintensiver produzieren als zB die USA. Das sagt doch alles.

                    Wir haben allerdings auch einen höheren Lebens- und Sozialstandart. So gibt es bei uns die in den USA verbreitete Klasse der "working poor" bisher nur in Ansätzen - das das Geld kostet ist klar. Zum Lohnverzicht: Natürlich kann dieser dazu beitragen, Unternehmen zu retten (womit keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden), und er kann auch dazu ermuntern, mehr einzustellen. Aber das ist logischerweise kein Automatismus - wenn ich keine Leute brauche, stelle ich auch keine ein, völlig egal wie billig sie sind.

                    Na wer hätte das gedacht!
                    [/QUOTE]

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                      #25
                      Original geschrieben von Direwolf
                      Sie waren das reale Ergebnis einer von Marxisten betrieben Wirtschaftspolitik. Daher haben sie eine Menge mit dem Marxismus zu tun.
                      Es stimmt, dass ein bedeutender Teil der Stalinisten einmal Teil der Bolschewiki waren und Teil auch wirkliche marxistische Theorien vertreten hat (bei Stalin dominierte eher deterministischer Fortschrittsglaube). Diese haben aber ihre Prinzipien mit der stalinistischen Konterrevolution verraten. Sprich sie haben die Seite gewechselt. Kommt ja leider öfters vor, z.B. Mussolini, der nach dem aus der Sozialistischen Partei ausgeschlossen wurde, die Faschisten mitbegründete oder Schily, der von der Verteidigung der Grundrechte zu einer Bedrohung von diesen wurde.

                      Aha also lehnst du die Kommandowirtschaft ab, aber auch die Marktwirtschaft. Toll und wie sollen Angebot und Nachfrage koordiniert werden ?
                      Das Problem ist, dass du weder bei dem Verhältnis Staat/Konzerne noch bei den staatskapitalistischen Systemen (Ostblock etc.) die realen Machtverhältnisse berücksichtigst. Die Frage ist halt, wer kontrolliert den Staat, in wessen Interesse arbeitet er? Im Ostblock war nicht die Arbeiterklasse an der Macht, auch wenn dies vielleicht in irgendeiner Verfassungspräambel stand. Die Kontrolle wurde von einer kleinen Minderheit von Bürokraten ausgeübt, den Direktoren der grossen Unternehmen, hohen Ministerialbeamten etc. Dies planten in ihrem Interesse, wobei der Konsum der Bevölkerung scheiss egal war.

                      In einem sozialistischen System würden die Fabriken von den ArbeiterInnen selbst kontrolliert werden. Die Produktion wäre von den Fabrikräten und Koordinierungsräten geplant, wobei die heute vorhandenen Technologie statt für Marktforschung konkurrierender Unternehmen, die dann jeweils einzeln planen, für eine wirkliche Bedürfnisbefriedigung eingesetzt würde. Keine Ahnung was daran totalitär wäre. Die heutige Wirtschaft ist da viel eher totalitär, da eine winzige Minderheit die Entscheidungsträger stellt.

                      Zu den Aktien verweise ich auf Jack Crows Beitrag. Als kleine Anmerkung: oft soll ein Teil des Lohnes in Aktien umgewandelt werden. Und die Aktien dürfen in einem gewissen Zeitraum nicht verkauft werden (also kein Schutz vor Pleiten oder Aktien-Crashs). Sprich real weniger Lohn.

                      Lohnverzicht führt vielleicht zu Kosteneinsparungen, also einer höheren Profitrate. Deshalb werden aber nicht mehr beschäftigt und auch keine Arbeitsplätze erhalten, da sich diese immer noch „rechnen“ müssen, sprich Profit abwerfen. Und dies hängt neben der Nachfrage (siehe heutige krasse Überkapazitäten in den Schlüsselindustrien) und von dem „Glauben“ des „Unternehmers“ ab, ob der Absatz erhöht werden kann (neue, unwahrscheinliche Märkte oder auf Kosten von Konkurrenten). Ansonsten werden die Einsparungen in die Rationalisierung oder für den Aufkauf von Konkurrenten genutzt. Was beides Arbeitsplätze kosten würde. Oder einfach verspekuliert oder als Gewinn an die Besitzer ausgeschüttet werden. Und kaum ein Konzern stellt ArbeiterInnen auf Kosten der Produktivität ein, die die es machen dürften wohl bald Konkurs machen.
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                        #26
                        Eigentlich geht mir ja die Lust ab auch diesen Thread in eine "Sozialismusdebatte" zu verwandeln, aber diese seltsamen Aussagen kann man nicht unkommentiert lassen.

                        Original geschrieben von max

                        In einem sozialistischen System würden die Fabriken von den ArbeiterInnen selbst kontrolliert werden. Die Produktion wäre von den Fabrikräten und Koordinierungsräten geplant, wobei die heute vorhandenen Technologie statt für Marktforschung konkurrierender Unternehmen, die dann jeweils einzeln planen, für eine wirkliche Bedürfnisbefriedigung eingesetzt würde. Keine Ahnung was daran totalitär wäre. Die heutige Wirtschaft ist da viel eher totalitär, da eine winzige Minderheit die Entscheidungsträger stellt.
                        Mit dem kleinen Problem, dass diese Räte überhaupt keine Möglichkeit haben die Produktionsmenge zu planen, da ihnen die Notwendigen Informationen fehlen, wie hoch denn der Bedarf ist.
                        Und wenn ich Marx richtig gelesen habe ist für ihn eine Diktatur grundvoraussetzung dafür das sein System entstehen kann. Da die Marxistische Theorie aber voller systematischer Fehler und wiedersprüche steckt, kann die einmal begonnene Diktatur aber nicht wieder aufgegeben werden ohne den Systemzusammenbruch zu provozieren. Genau das wurde imho im Osten vorgemancht.
                        LANG LEBE DER ARCHON

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                          #27
                          Original geschrieben von Direwolf
                          Und wenn ich Marx richtig gelesen habe ist für ihn eine Diktatur grundvoraussetzung dafür das sein System entstehen kann.
                          Dann hast du Marx nicht verstanden, was auch deine Ansicht vermuten lässt, dass es einen marxistischen Plan geben würde, wie eine sozialistische Gesellschaft aussehen sollte („sein System“ ) bzw. eine marxistische Theorie, wie eine bessere Wirtschaft zu funktionieren hat. Marx spricht von der „Diktatur des Proletariats“. Dieser Begriff ist nach den Erfahrungen mit zahlreichen Diktaturen im Kapitalismus und den staatskapitalistischen Regimen mehr als unglücklich gewählt. Wobei es notwendig ist sich zu erinnern, dass dieser Begriff einmal eine andere Bedeutung hatte. Es war eine Amtsbezeichnung in der römischen Republik, für eine Person, die befristet unbeschränkten Vollmachten in Falle eines Staatsnotstands erhielt.

                          Wie hat Marx ihn gemeint? Hierzu ein Zitat aus dem Kommunistischen Manifest:
                          [...], daß der erste Schritt in der Arbeiterrevolution die Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, die Erkämpfung der Demokratie ist.
                          Es ist klar, dass damit nicht die Diktatur einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe, auch nicht im Namen der Arbeiterklasse gemeint ist, sondern, dass die Arbeiterklasse zur herrschenden Klasse wird und eine eigenen demokratisch organisierten Regierungsapparat aufbaut. Diese „Diktatur“ muss demokratischer sein als alles bisher dagewesene. Die Arbeiterklasse stellt in den westlichen Länder die klare Mehrheit (Die marxistische Definition von Arbeiter unterscheidet sich von der heute oft benutzten, dass nur die Arbeiter sind, in deren Arbeitsvertrag „Arbeiter“ steht oder einen Blaumann tragen. Die Mehrheit der heutigen Angestellten gehören zur Arbeiterklasse, die Mittelschichten schrumpfen immer mehr zusammen). Einen nicht-demokratischen Sozialismus kann es nicht geben. Eine erneute Diktatur einer Minderheit würde eben bedeuten, dass nicht die Arbeiterklasse an der Macht ist.

                          Das Argument mit den fehlenden Informationen für die Planung der Wirtschaft resultiert wohl aus der Betrachtung des Ostblocks, ansonsten ist es nicht nachvollziehbar. Heute Produktionsungleichgewichte resultieren ja auch weniger aus Informationsmangel, sondern aus dem Versuch konkurrierender Konzerne zu expandieren, was zu einem Überangebot führen muss. Daneben gibt es zahlreiche ungedeckte Bedürfnisse – das krasseste Beispiel ist der globale Hunger bei gleichzeitiger Nahrungsmittelüberproduktion - die daraus resultieren, dass bei der Kaufkraft vieler arme Menschen kein Profit zu erwarten ist. Sprich sie können sich das vorhandene Angebot nicht leisten.

                          Wegen deinem oberflächlichen Festhalten an einem, zugeben mehr als missverständlichen, Begriff („Diktatur“ ), gehe ich davon aus, dass die „zahlreichen systematischen Fehler und Widersprüche“ aus deinem theoretischen Unverständnis der Theorien resultieren. Allerdings wäre es bei deinem Berufsfeld auch schizophren Marxist zu sein.
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                            #28
                            Es ist klar, dass damit nicht die Diktatur einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe, auch nicht im Namen der Arbeiterklasse gemeint ist, sondern, dass die Arbeiterklasse zur herrschenden Klasse wird und eine eigenen demokratisch organisierten Regierungsapparat aufbaut. Diese „Diktatur“ muss demokratischer sein als alles bisher dagewesene.
                            Nunja, das ist eine schöne Theorie, aber genau daran ist bis jetzt noch jeder Versuch einer Errichtung dieses Staatsmodells gescheitert. Es ist einfach nicht umsetzbar daß jeder am Entscheidungsfindungsprozeß teil hat und das nicht nur wegen der Ausbildungs/Information, sondern auch wegen der riesigen Anzahl unterschiedlicher Ansichten und Einstellungen. Und an der Erfassung all dieser Ansichten in Entscheidungsform.
                            Sobald man aber wieder Gremien als Wahlausschüße für die wahrscheinlich vorgesehenen Volksabstimmunge (?) einrichtet hat man wieder Eliten geschaffen, die eigentlich der Idee des Gleichseins wieder widersprechen...

                            Und die Eigentumsverhältnisse ("Alles gehört jedem") wurden noch jedesmal von der Gier und dem Neid einiger weniger ausgehebelt, die damit das System wiedermal verdreht haben...

                            Sprich: Ich halte die Umsetzung für unmöglich und die Menschheit für "zu schlecht und selbstsüchtig" für diese Art zu leben!
                            »We do sincerely hope you'll all enjoy the show, and please remember people, that no matter who you are, and what you do to live, thrive and survive, there are still some things that make us all the same. You, me, them, everybody!«

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