"All das vergiss bitte nie!" / "Remember" - SciFi-Forum

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"All das vergiss bitte nie!" / "Remember"

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    #31
    Nicht nur, aber auch, aus aktuellem Anlaß:

    17. Januar 1991:
    Der Zweite Golfkrieg beginnt


    In den frühen Morgenstunden des 17. Januar fliegen amerikanische Kampfflugzeuge schwere Luftangriffe gegen irakische Stellungen, gleichzeitig feuern US-Kriegsschiffe Cruise Missiles – die Operation „Desert Storm“ einer aus 28 Staaten bestehenden Anti-Irak-Koalition unter Führung der USA hatt begonnen.
    Die Auseinandersetzungen wurden als der „Zweite Golfkrieg“ bekannt, nach dem „Ersten Golfkrieg“ zwischen dem von Amerika unterstützten Irak und dem Iran 1980 bis 1988.
    Am 2. August 1990 hatte der irakische Diktator Saddam Hussein Truppen in das südlich am persischen Golf gelegene Scheichtum Kuweit einmarschieren lassen und deklarierte das Land als Provinz des Irak. Ziel der Invasion mit anschließender Annexion war für Hussein die Kontrolle über die immensen Ölvorkommen, die nicht nur sein Schuldenproblem gelöst, sondern auch eine bedeutendere Machtstellung in der Ölpolitik der Golfregion bzw. der OPEC bedeutet hätte. Entgegen Husseins Erwartungen akzeptierten seine langjährigen Verbündeten USA diese Aktion jedoch nicht, und forderten ebenso wie die Vereinten Nationen einen sofortigen Rückzug. In der Sicherheitsresolution 660 stellte die UN außerdem einen weitreichenden Maßnahmenkatalog auf, der u.a, ein weltweites Wirtschafts- und Waffenembargo gegen den Irak verhängte. Parallel dazu erfolgte der größte Truppenaufmarsch der USA seid dem Vietnamkrieg. Bis Ende Oktober 1990 hatte sich eine Anti-Irak-Koalition aus 28 Staaten gebildet, der nicht nur westliche Nationen wie Großbritannien und Frankreich angehörten, sondern auch arabische Nationen wie das als Truppenaufmarschplatz dienende Saudi-Arabien. Am 29.11. stellte der UN-Sicherheitsrat in seiner Resolution 678 dem Irak ein Ultimatum zum Rückzug seiner Truppen bis zum 15. Januar 1991 und drohte mit dem Fall der Nichterfüllung mit militärischer Gewalt. Hussein weigerte sich, dieser Forderung nachzukommen, und versuchte seine Bevölkerung mit der Darstellung der USA als dem „großen Satan“ zu mobilisieren. Zudem verknüpfte er den Konflikt mit dem Schicksal der in den israelisch besetzten Gebieten lebenden Palästinenser, die ihn dafür bejubelten. Hussein drohte für den Kriegsfall zudem mit Angriffen auf Israel, was inder dortigen Bevölkerung Angst vor einem Chemieangriff auslöste. Zwei Tage nach Ablauf des Ultimatums begann der Krieg mit Schüssen des US-Schlachtschiffs „Missouri“. Den haushoch überlegenen alliierten Streitkräften konnte die schlecht ausgerüstete und –ausgebildete irakische Armee nichts entgegensetzen. Moderne Waffen wie panzerbrechende Urangeschosse verursachten riesige Verluste unter den Irakern, die sich reihenweise ergaben. Zudem hatten die Alliierten vom ersten Tag an die vollständige Luftüberlegenheit und bombardierten Bagdad. Hussein antwortete mit Raketenangriffen auf Israel, die jedoch trotz der weitgehenden Ineffizienz amerikanischer Luftabwehrsysteme vom Typ „Patriot“ kaum Schaden anrichteten. Der gefürchtete Angriff mit biologischen oder chemischen Waffen, die Hussein schon im eigenen Land gegen die kurdische Minderheit eingesetzt hatte, fand jedoch nicht statt – vermutlich war Hussein das risiko einer israelischen nuklearen Vergeltung zu hoch.
    Am 28. Februar war das primäre Kriegsziel der Alliierten erreicht und Kuweit befreit – vor ihrem Rückzug hatte die irakischen Okkupationstruppen jedoch die Ölförderquellen in Brand gesetzt, was riesige Verwüstungen und Umweltschäden verursachte, Am 2. März wurde ein Waffenstillstand unter UN-Bedingungen geschlossen, in dem der Irak die Souveränität Kuweits anerkennen, sowie auf den Besitz und die Entwicklung von ABC-Waffen verzichten musste. Der Waffenstillstand trat am 11. April in Kraft. Wegen der Bedenken amerikanischer Generäle verzichtete US-Präsident Bush auf einen Marsch auf Bagdad zur Absetzung des Diktators – die weitaus kampfkräftigeren „Republikanischen Garde“ Husseins hätte vermutlich den US-Truppen bedeutendere Verluste zugefügt, die der amerikanischen Öffentlichkeit vermutlich nur schwer erklärbar gewesen wären. Hussein konnte so an der Macht bleiben und diese durch brutale Maßnahmen im Inneren auch behaupten, mehrere Sturzversuche der irakischen Opposition und Minderheiten schlugen fehl. Zum Schutz der im nördlichen und südlichen Teil lebenden Minderheiten der Kurden und Schiiten richtete die UN zwei amerikanisch und britisch überwachte Flugverbotszonen ein, zudem wurde das Waffen- und Ölembargo bestehen gelassen, und eine UN-geleitete Inspektionsdelegation zur Überwachung und Zerstörung der irakischen ABC-Waffenbestände in das Land geschickt. Dies Embargo-Maßnahmen hatten eine starke Verarmung der irakischen Bevölkerung zur Folge, die zudem unter den Spätfolgen des Krieges wie umherliegender Uranmunition leidet.
    Zwar wurden alle primären in den UN-Resolutionen erklärten Ziele des Golfkriegs erreicht, doch blieb die Region höchst instabil. 1998 wies Hussein die Waffeninspektoren aus dem Irak aus, was mehrtägige Luftangriffe der USA und Großbritanniens inder Operation „Desert Fox“ zur Folge hatte. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass 1991 ein höchst brisantes Erbe hinterlassen wurde.

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      #32
      30. Januar 1933:
      Adolf Hitler wird Reichskanzler


      Als am Abend des 30. Januar 1933 Anhänger der Nationalsozialisten den lang ersehnten "Tag der Machtübernahme" mit Fackelzügen durch das Brandenburger Tor feierten, markierten die triumphierenden Kundgebungen auch symbolisch das Ende der Weimarer Republik. Wenige Stunden zuvor hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Vorsitzenden der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), Adolf Hitler, zum neuen Reichskanzler einer Koalitionsregierung ernannt. Nach dem Scheitern des Versuchs von Hitler-Vorgänger Kurt von Schleicher mit einem konservativen Präsidialkabinett gegen den Reichstag zu regiern und die NSDAP zu spalten (siehe "Remember" vom 3.12.), erhofften sich die deutschnationalen Kräfte eine "Zähmung" der Natinalsozialisten. Kurt v.Schleicher lag vor allem an einer Vermeidung von Neuwahlen, die absehbar zu noch dramatischeren Erfolgen der NSDAP führen würden oder zu einem weiteren Erstarken der KPD. Statt dessen sollte Hitler in einem Kabinett mit nationalkonservativen Kräften und parteilosen Konservativen "eingerahmt" werden. Die nationalistische NSDAP erschien ihnen nach dem politischen Niedergang der Konservativen gegenüber den ebenfalls kontinuierlich wachsenden Kommunisten als das kleinere Übel. Entsprechend bestand die neue Reichsregierung vom 30. Januar 1933 aus dem NS-Reichskanzler Hitler, Angehörigen der DNVP (Deutschnationale Volkspartei) in den Ressorts Wirtschaft (Hugenberg) und Justiz (Gürtner) sowie parteilosen Konservativen wie v.Papen (Vizekanzler), von v.Neurath (Außenminister) und von v.Blomberg (Reichswehrminister). In Hitlers Kabinett der "nationalen Konzentration" waren mit Reichsinnenminister Wilhelm Frick und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich zunächst nur zwei weitere Nationalsozialisten vertreten. V. Papen war optimistisch, daß das Konzept Erfolg hat: "Wir werden Hitler in die Ecke drücken bis er quietscht!".

      Dem illusorischen Zähmungskonzept wurden bereits mit der von Hitler geforderten Reichstagsauflösung am 1. Februar 1933 sowie mit der notwendigen Neuwahl des Reichstags die Grundlagen entzogen. Nunmehr vom Regierungsbonus begünstigt, begann die NSDAP unter der Parole "Kampf dem Marxismus" einen Wahlkampf staatlich sanktionierten Terrors gegen die Opposition, allen voran gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD).

      Mit Reichsinnenminister Frick und Göring als kommissarischem preußischem Innenminister waren zwei Schaltstellen der Macht mit Nationalsozialisten besetzt, die über die Polizeigewalt verfügten. Der preußischen Polizei verordnete Göring sogleich in einem "Schießerlaß" vom 17. Februar den rücksichtslosen Gebrauch der Schußwaffe gegen alle politischen Gegner. Von ihm fünf Tage später in Preußen aufgestellte Hilfspolizeiverbände aus 50.000 Angehörigen der Sturmabteilung (SA), der Schutzstaffel (SS) sowie des "Stahlhelms", die ihre Uniformen mit einer "amtlichen" weißen Armbinde versahen, nahmen bis Ende April 1933 ca. 25.000 Regimegegner in "Schutzhaft". Noch im Frühjahr 1933 begannen SA und SS mit der Errichtung erster Konzentrationslager (KZ) in Dachau und Oranienburg.

      Den entscheidenden gesetzlichen Rahmen für die Verfolgung politischer Gegner und die gleichzeitige Festigung uneingeschränkter Machtverhältnisse bildete für die Nationalsozialisten die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933. Die einen Tag nach dem Reichstagsbrand vom Reichspräsidenten unterzeichnete Notverordnung setzte die verfassungsmäßigen Grundrechte der persönlichen Freiheit, der Meinungs-, Vereins- und Versammlungsfreiheit außer Kraft. Über das Deutsche Reich wurde auf scheinbar legalem Weg ein permanenter, während des NS-Regimes nie aufgehobener Ausnahmezustand verhängt.

      In diesem Klima der Rechtsunsicherheit besaß die Reichstagswahl vom 5. März 1933 keinerlei freien Charakter. Gemessen an dem hohen Maß an Einschüchterung und propagandistischer Beeinflussung waren die 43,9 Prozent für die NSDAP eine tiefe Enttäuschung. Nur zusammen mit den acht Prozent der "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" aus Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) und "Stahlhelm" erreichte die NSDAP eine parlamentarische Regierungsmehrheit im Reichstag.

      Die Nationalsozialisten bauten bei der Etablierung des NS-Regimes neben dem allgegenwärtigen Terror vor allem auf ihre Propaganda, die Emotionen befriedigte und eine verführerische Faszination ausübte. Hakenkreuzfahnen prägten nach dem 30. Januar 1933 das öffentliche Straßenbild. Riesige Parteiaufzüge und Aufmärsche sollten Zustimmung für die von der NSDAP propagierte "nationalsozialistische Revolution" entfachen. Broschüren, Postkarten und Plakate mit dem Konterfei Hitlers begründeten einen Personenkult bisher unbekannten Ausmaßes. In Huldigungen wurde er als "Retter des Vaterlands" gefeiert. Immer wieder beschwor der am 13. März 1933 zum Reichspropagandaminister ernannte Joseph Goebbels zudem öffentlich das "Dritte Reich", das Tradition und Machtanspruch des untergegangenen Kaiserreichs fortsetzen und die Demütigungen des Versailler Vertrags von 1919 revidieren würde.

      Symbolisch reichte das neue, das nationalsozialistische Deutschland dem Kaiserreich beim von Goebbels äußerst erfolgreich inszenierten " Tag von Potsdam" am 21. März 1933 die Hand, als sich Hitler in dunkler Zivilkleidung ehrfurchtsvoll vor Reichspräsident von Hindenburg in kaiserlicher Uniform verneigte. Im In- und Ausland verfehlte diese Geste nicht ihre Wirkung.

      Auf den Wogen nationaler Euphorie vollendete Hitler zwei Tage später sein nächstes Vorhaben. Mit 444 Stimmen Mehrheit gegen nur 94 Gegenstimmen der SPD (die KPD war unter dem Terror der Nazis nicht mehr im Reichstag vertreten) nahm der Reichstag inmitten drohender SA-Verbände das "Ermächtigungsgesetz" an, mit dem die Regierung Gesetze ohne Reichstag und Reichsrat verabschieden konnte. Die Ablehnung des Gesetzes durch die SPD bestätigte die konservativen Parteien in ihrer Auffassung, auf der richtigen, auf der "antibolschewistischen" Seite unter Führung der NSDAP zu stehen. Viele Deutsche glaubten ernsthaft an die Gefahr eines sozialistischen Aufstands. Daß mit der Ausschaltung organisatorischer Strukturen der Linken durch die Zerschlagung der Gewerkschaften und durch die Errichtung des Einparteienstaats im Sommer 1933 eine vermeintlich feste "nationale Ordnung" herrschte, entsprach grundsätzlich auch ihren Wünschen.

      Die rasante Besetzung von wichtigen Schlüsselpositionen im Staat durch Angehörige der NSDAP förderte das " Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933, welches die Entlassung aller im Sinne der neuen Machthaber politisch unzuverlässigen oder jüdischen Beamten ermöglichte.

      Die staatlich sanktionierte Verfolgung der als rassisch minderwertig diffamierten Juden hatte unmittelbar mit Beginn der Machtübernahme eingesetzt. Mit dem " Arierparagraph" erhielt zum ersten Mal ein verordneter Antisemitismus Eingang in Gesetze. Bereits Anfang April 1933 kam es zu ersten Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte und Einrichtungen. Bis Frühjahr 1934 verließen rund 37.000 Juden das Land, die meisten blieben jedoch trotz Verfolgung und Repressalien in Deutschland.

      Ab Frühjahr 1933 waren nahezu alle Lebensbereiche einer erzwungenen Gleichschaltung unterworfen. Die Gleichschaltung der Länder sowie die ideologische und organisatorische Ausrichtung aller politischen und gesellschaftlichen Institutionen, Verbände und schließlich jedes einzelnen Bürgers auf die Weltanschauung und Ziele des Nationalsozialismus sollte die Meinungsvielfalt rigoros beseitigen. Eine von nationalsozialistischen Studenten und Professoren initiierte Kampagne "gegen den undeutschen Geist" gipfelte in der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Mit der Durchdringung und Kontrolle der Bevölkerung forcierte die NSDAP ihren Drang nach totaler Macht. Zwangsweise überführt wurden die gleichgeschalteten Verbände in riesige, der NSDAP angeschlossene Einheitsorganisationen wie die Deutsche Arbeitsfront (DAF) oder NS-Volkswohlfahrt (NSV).

      Mit der wichtigste Verbündete Hitlers wurde die Reichswehr, die sich eine Wiedererlangung ihrer in der Weimarer Republik verlorengegangenen Machtstellung erhoffte. Nach dem Tod Hindenburgs und der Auflösung des Reichspräsidentenamts am 2. August 1934 bot die Armeeführung Hitler an, den Schwur auf ihn persönlich als "Führer und Reichskanzler" zu leisten. Die weitreichende Bedeutung des Treueids im Zweiten Weltkrieg, als er Offiziere davon abhielt, gegen Hitler aktiv zu werden, war 1934 noch nicht abzusehen. Der Schwur festigte Hitlers totalitäre Führerdiktatur endgültig. Potentielle Gegner waren verhaftet, ermordet oder in der Emigration. Seinen "Führerwillen" gedachte Hitler nicht durch geschriebene Normen einer neuen, wenn auch nationalsozialistisch ausgerichteten Verfassung binden zu lassen. Das "Führerwort" besaß Gesetzeskraft. Institutionell zwar völlig irrelevant, existierte die Weimarer Verfassung bis zur deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg formal weiter.

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        #33
        Ein kurzes Wort vorweg: Der heutige Beitrag stammt von unsrem geschätzten User max (dafür vielen Dank!). Wer uns ebenfalls unterstützen, und einen Beitrag schreiben möchte, sei dazu herzlich eingeladen!

        31. Januar 1919:
        "Blutiger Freitag" auf dem George Square, Glasgow


        An diesem Freitag versammelten sich 100 000 streikende ArbeiterInnen und entlassene Soldaten auf dem George Square in Glasgow um die Antwort des Bürgermeisters auf ihre Forderungen nach einer 40 Stundenwoche zu hören. Während ihre Sprecher beim Bürgermeister waren, viel die Polizei unprovoziert und brutal über die Demonstranten her. Am nächsten Tag besetzten 12 000 englische Soldaten mit Panzern, MGs und aufgepflanzten Bajonetten Glasgow.

        Die Arbeiter in der Rüstungsindustrie der Clydeside (die Gegend um Glasgow an der Clyde-Mündung) waren seit 1915 der Kern des Widerstands in Großbritannien gegen den 1. Weltkrieg. Die Betriebsräte (‚shop stewards‘ ) organisierten sich im ‚Clyde Workers‘ Committee’, dass ein Modell für die Arbeiterorganisation werden sollte. Diese Organisation war unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie und der 'Labour Party', die wie die meisten Parteien der II. Internationale (Ausnahme die russischen Bolschewiki und die serbische Sozialistische Partei) ihre jeweiligen Regierungen im Krieg unterstützten. Diese Komitees waren von der Basis in den Fabriken dominiert. In diesem kamen militante Gewerkschafter, die durch die verschärften sozialen Bedingungen im Krieg radikalisiert wurden, und Anti-Kriegs-Aktivisten aus dem sozialistischen Lager zusammen.

        Im Mai 1917 marschierten 70 000 Demonstranten in Glasgow zur Unterstützung der Februar-Revolution in Rußland. Im Mai 1918 streikten dann 100 000 gegen den Krieg. Das Ende des 1. Weltkriegs durch die Revolution in Deutschland im November 1918 bewirkte eine rapide Zunahme von Streiks und Meutereien in der Armee, Marine und Polizei in Großbritannien. Dies war ein Teil eines europaweiten (im gewissen Sinn weltweiten) scharfen Linksschwenks. Neben der Revolution in Deutschland, Ungarn und Rußland, gab es die ‚Biennio Rosso‘ in Italien, die ‚Trienio Bolchevista‘ in Spanien, Streikwellen in Kanada, Österreich und den USA, Meutereien in der amerikanischen, britischen und französischen Armee und Marine bei der Intervention im russischen Bürgerkrieg und einen Aufschwung der anti-kolonialen Kämpfe, z.B. in Irland und Indien. Der Krieg, das soziale Elend in der Nachkriegszeit und das Vorbild der sozialistischen Revolution in Rußland bewirkten eine umfassende Radikalisierung, die nicht nur die Arbeiterklasse, sondern auch große Teile der Mittelschichten erfaßte und einen starken Zuwachs für die linken Parteien und insbesondere für die gerade entstehende III. Internationale ermöglichte.

        In Großbritannien war der Streik der Arbeiter der Clydeside für eine 40 Stunden-Woche, die entlassenen Soldaten ermöglichen sollte Arbeit zu finden, eines der Schlüsselereignisse. Der Streik begann am 27. Januar, erfaßte trotz Ablehnung durch die Gewerkschaftsbürokratie schnell das ganze Clyde-Tal. 40 000 Arbeiter in der Metall- und Schiffbauindustrie streikten. Die Arbeiter der Elektrizitätswerke in Glasgow, sowie 36 000 Kumpels der Kohle-Minen in Lanarkshire und Fife schlossen sich an. Der Streik breitete sich in den Norden Englands und bis Belfast aus. Kein Gewerbe der Clydeside war nicht betroffen. Dieser Erfolg war vor allem durch den Einsatz von Massenstreikposten, sogenannten ‚flying pickets‘, bedingt, die sich größtenteils aus entlassenen Soldaten zusammensetzen.

        Der Streik ging über ökonomische Forderungen weit hinaus. John Maclean, einer ihrer Sprecher, sagte: "Regierungen machen nie Kompromisse, außer sie werden gezwungen. Jetzt gilt es den britischen Kapitalismus endgültig zu zerschlagen."
        In dieser Situation ordnete die Regierung die Niederschlagung des Streiks an und ließ Glasgow militärisch mit Panzern und Infanterie besetzen, wobei keine lokalen schottischen Truppen eingesetzt wurden, weil an ihrer Loyalität gezweifelt wurde.

        Es gelang der Regierung die Streiks zu zerschlagen, was weniger an deren militärischen Stärke, sondern an der Unentschlossenheit des ‚Clyde Workers Committee’ lag. Dieses hatte es versäumt sich mit lokalen Truppen zu verbünden und sagte angesichts der Brutalität der Truppen den Streik ab.

        Damit wurde eine einmalige Gelegenheit verpaßt. Der italienische revolutionäre Sozialist beschrieb das damalige Potential: "Wir sagen, dass die heutige Periode revolutionär ist, da wir sehen können, dass die Arbeiterklasse in allen Ländern dahin strebt aus sich selbst mit der größten Kraft proletarische Organisationen eines neuen Typs zu schaffen, die repräsentativ für die Basis und die Fabriken ist."

        (von max)

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          #34
          1. Februar 1979:
          Ayatolla Khomeini kehrt in den revolutionären Iran zurück


          Fünf Tage später erklärt er sich zum Staatsoberhaupt und setzte eine eigene Regierung ein. Damit zeichnete sich der Sieg der Islamisten in der Revolution von 1979 ab, obwohl er noch nicht entschieden war. Die islamischen Fundamentalisten folgten
          auf die verhaßte Militärdiktatur des Schahs, der am 16. Januar zum Verlassen des Irans gezwungen worden war.
          Der Iran war und ist ein typisches Beispiel für die "ungleichmäßige und kombinierte Entwicklung des Kapitalismus" (Trotzki). Während Teile sehr rückständig blieben, blühte die Ölindustrie und Staat war der Hauptinvestor. Allerdings befand sich die Ölindustrie lange im Besitz der ‚Anglo-Persian Oil Company‘, die von 1909 bis 1951 700 bis 800 Millionen Pfund für Großbritannien,
          aber nur 105 Millionen für den Iran einbrachte. Der nationalistische Ministerpräsident verstaatlichte 1951 die Ölindustrie, weshalb er 1953 von einem CIA-organisierten Militärputsch gestürzt wurde. Die Ölvorräte wurden neu
          hauptsächlich zwischen US-amerikanischen und britischen Gesellschaften aufgeteilt. Der Schah wurde als Diktator eingesetzt. Er versuchte sein Macht durch den Aufbau eines gewaltigen Militärapparats zu sichern, hierfür wurden die
          Ausgaben von 80 Millionen $ 1953 auf 183 Millionen $ 1963 erhöht (ca. 50% des Budgets!). Zusätzlich versuchte er sich durch die "Weiße Revolution" eine bessere Basis zu verschaffen. Diese zielte auf eine Stärkung der mittelständischen kapitalistischen Bauern und der Staatsangestellten. Das traditionelle Kleinbürgertum (Basaris) blieb außen vor und wuchs immer mehr zu einer islamistischen Opposition heran. Die Arbeiterklasse wuchs, insbesondere durch das Wachstum der Ölindustrie, und versuchte zunehmend durch Streiks ihre Position zu stärken. Aber jede Art von Opposition, auch die bürgerliche, wurde brutal unterdrückt. Das Hauptmittel war die berüchtigte Geheimpolizei des Schahs, die SAVAK. Dieser Verbündete der USA organisierte seine Wirtschaft in Fünfjahresplänen (wie viele andere kapitalistische Staaten der Zeit) und rief 1975 den Einparteienstaat aus.
          Der Abschwung der Weltwirtschaft in den 70ern stürzte auch den Iran in die Krise. Der Schah verschuldete sich, wie viele andere, beim IWF und internationalen Banken. Die Reaktion der Herrschenden auf die wirtschaftlichen Probleme war ebenfalls charakteristisch, die Korruption und die Spekulation nahmen gigantische Ausmaße an.
          Die Reaktion der iranischen Bevölkerung waren Streikwellen und erste Regungen der Intellektuellen gegen die Diktatur, aber auch zunehmende Aktivität der islamischen Fundamentalisten. Der Schah versuchte seine Basis zu stärken indem er Zugeständnisse an die Fundamentalisten machte, so wurde dass Ministerium für
          Frauenfragen durch ein Ministerium für religiöse Fragen ersetzt und die Verfolgung der Liberalen, Linken und den Anhänger der Baha’i-Religion verstärkt. Das Ziel war es die Opposition zu spalten.
          Dafür war es zu spät. Bei den Streiks mehrten sich politische Forderungen. Die Ölarbeiter setzten die Produktion herab um den Export unmöglich zu machen. ArbeiterInnen und Angestellte in den Medien verweigerten die Verbreitung der Regierungspropaganda, während sich Eisenbahnarbeiter weigerten sich Polizei- oder Armeeoffiziere zu befördern. Viele der Fabrikbesitzer und Topmanager flohen, worauf die Fabriken von gewählten Komitees der ArbeiterInnen kontrolliert wurden, den sogenannten Schoras (persisch für Rat, Sowjet). Auch Teile des Militärs, so die Techniker und die Kadetten der iranischen Luftwaffe, schlossen sich dem Kampf gegen die Diktatur an.
          Nach 18 Monaten von Kämpfen mußte der Schah am 16.1.1979 den Iran verlassen, ein Versuch mit einer bürgerlichen Regierung die Monarchie zu retten scheiterte.
          Ayatollah Khomeini errichtete eine Übergangsregierung aus Fundamentalisten und Bürgerlichen. Die Armee plante zwar einen Putsch, gab diesen aber auf, da sie einsehen mußten, dass der Rückhalt bei den einfachen Soldaten schwand und auch die USA zur die Unterstützung der Übergangsregierung übergingen.
          Im Iran entwickelte sich eine klassische Doppelherrschaft. Auf der einen Seite die Übergangsregierung gestützt auf den Staatsapparat und die Islamisten und auf der anderen Seite die Schoras (Räte). Es wurden Arbeiter-, Studenten-, Büroangestellen- und Bauernschoras gegründet. In diesen dominierten meist die linken (stalinistischen) Parteien, aber auch der lokale Klerus hatte Einfluß.
          Bezeichnend für die Doppelherrschaft war der Konflikt über die Kontrolle der Fabriken. Die Fundamentalisten setzten die alten Manager wieder ein. Die Reaktion eines Arbeiters:
          Diejenigen, die bereits unter dem Schah Manager waren, sind wiederernannt worden. Diese Männer haben uns brutal unterdrückt, wie kann es sein, dass sie der Staat zu unseren Managern ernannt hat? Damit werden wir uns niemals abfinden, eine solche Last werden wir niemals erdulden, solange Blut in
          unseren Adern fließt.
          zitiert aus ‚Iran 1979‘ von Maryam Poya
          Die Linke zeichnete sich durch Desorientierung aus, sie hielten ihre politischen Ideen zurück und verblieben in den alten Denkweisen aus ihren Guerillazeiten. Dies erleichterte den Islamisten die Oberhand zu gewinnen und die Schoras zu zerschlagen. Der Aufbau des fundamentalistischen Staats stellte
          damit eine Konterrevolution dar und keine moslemische Besonderheit.
          Trotzdem stellte der Sturz des Schahs eine Bedrohung für die anderen mit den USA verbündeten Diktaturen, wie z.B. Saudi-Arabien oder dem Irak dar. Gleichzeitig versuchte Khomeini seine Position zu verbessern indem er "anti-imperialistische" Aktivitäten förderte. Diese gipfelten in der Besetzung
          der US-Botschaft am 4.11.1979 (siehe entsprechenden "Remember"-Eintrag). Der Irak unter Saddam Hussein versuchte, angespornt von der US-Regierung, die Situation auszunutzen und marschierte im September 1980 im Iran ein. Dieser Krieg half die konterrevolutionäre Islamische
          Republik zu stabilisieren. Der Krieg tobte bis zum 20.8.1988, wobei der Irak Giftgas gegen iranische Truppen (und im eigenen Land gegen oppositionelle Kurden) einsetzte, wofür er mit
          US-Geheimdienstinformationen versorgt wurde.
          Die Ereignisse des Jahres 1979 im Iran zeigen, dass der Sturz von verhaßten Diktaturen durch eine Massenbewegung relativ leicht zu bewerkstelligen sein kann (siehe auch Milosevic, Suharto). Sie zeigen auch die immense potentielle Macht der Arbeiterklasse, aber auch die schrecklichen Folgen des Versagens der Linken eine bessere Gesellschaft aufzubauen: in diesem Fall die Diktatur des fundamentalistischen Gottesstaats!
          (von max)

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            #35
            2. Februar 1943:
            Die letzten Reste der 6.Armee kapitulieren in Stalingrad


            Eine Nachricht der Wetterstelle war das letzte Lebenszeichen deutscher Soldaten aus dem Stalingrader Kessel: Am 2. Februar 1943 fing eine deutsche Einheit den Funkspruch auf: „Temperatur einundreißig Grad Minus, über Stalingrad Nebel und roter Dunst, Wetterstelle meldet sich ab, Gruß an die Heimat.“
            An diesem Tag kapitulierten die letzten verbliebenen Reste der 6. Armee im „Nordkessel“ unter General Seydlitz. Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall Paulus hatte bereits am 31. Januar im „Südkessel“ die sinnlose Verteidigung der Stadt an der Wolga beendet. Rund 91.000 Soldaten gingen in russische Kriegsgefangenschaft, nur 6000 kehrten in ihre Heimat zurück.

            Im Verlauf der deutschen Sommeroffensive von 1942 hatte die 6. Armee unter dem damals noch Generalmajor Friedrich Paulus Ende August die an der Wolga gelegene Industriestadt Stalingrad erreicht. Bis Mitte November eroberte die Wehrmacht rund 90 Prozent der Stadt. Während sich deutsche Stoßtrupps in erbittert geführten Häuser- und Straßenkämpfen verschlissen, führte die sowjetische Südwest-Front frische Kräfte um Stalingrad heran. Am 19. November 1942 begann die Rote Armee im Nordwesten und im Süden eine zangenförmige Großoffensive. Bereits drei Tage später führte der Angriff zur Einschließung der gesamten 6. Armee sowie von Teilen der 4. Panzerarmee und Überresten der rumänischen 3. und 4. Armee, zusammen rund 250.000 Deutsche und über 30.000 rumänische und russische Hilfssoldaten.

            Adolf Hitler erklärte Stalingrad daraufhin zum Symbol von deutschem Siegeswillen. Zugleich verband er mit der Eroberung des strategisch bedeutenden Rüstungs- und Verkehrszentrums einen persönlichen Prestigeerfolg über seinen Gegner Josef Stalin, dessen Namen die Stadt trug. Ein Gesuch von Paulus, im Westen aus dem rund 40 mal 50 Kilometer großen Kessel ausbrechen zu dürfen, lehnte Hitler strikt ab. Vielmehr vertraute er den großspurigen Ankündigungen des Oberbefehlshabers der Luftwaffe, Hermann Göring, die Eingeschlossenen bis zum geplanten Entsatz hinreichend aus der Luft versorgen zu können. Für Entsatz und Luftversorgung fehlten der Wehrmacht jedoch im Winter 1942/43 die erforderlichen Kapazitäten. Die von der 6. Armee täglich benötigten 300-400 Tonnen Nachschub konnten zu keinem Zeitpunkt geliefert werden. Bei dem am 12. Dezember begonnenen Entsatzangriff der eilig unter dem Befehl von Erich von Manstein zusammengestellten Heeresgruppe Don konnten sich Panzerverbände von Generaloberst Hermann Hoth Stalingrad zwar bis auf 48 Kilometer nähern, die Linien der Roten Armee jedoch aufgrund starken Widerstands und schwacher Versorgung nicht durchbrechen. Mit seinem am 23. Dezember erneuerten Durchhaltebefehl überließ Hitler die 6. Armee schließlich ihrem Schicksal.

            Die tägliche Lebensmittelration der ausgehungerten Eingeschlossenen betrug zu diesem Zeitpunkt zwei Schnitten Brot und ein wenig Tee, gelegentlich eine dünne Suppe. Erste Todesfälle wegen Erschöpfung und Unterernährung traten ab Mitte Dezember auf. Der russische Winter mit über 40 Grad minus forderte ebenfalls Tausende Opfer unter den nur unzulänglich gegen die eisigen Temperaturen ausgerüsteten Wehrmachtssoldaten. Bis zum 18. Januar 1943 mussten die deutschen Truppen sämtliche Verteidigungslinien aufgeben und sich vollständig in das Stadtgebiet von Stalingrad zurückziehen, wo sie in zwei Teilkessel („Nord“ und „Süd“ ) gespalten wurden. Am 30. Januar ernannte Hitler Paulus demonstrativ zum Generalfeldmarschall. Da noch nie zuvor ein deutscher Feldmarschall kapituliert hatte, sollte die Beförderung Paulus motivieren, mit der 6. Armee bis zum "Heldentod" weiterzukämpfen. Paulus ergab sich jedoch mit den kläglichen Resten seiner Armee bereits einen Tag später, der Nordkessel folgte zwei Tage später – heute vor 60 Jahren. Durch die Kämpfe, Hunger, Erfrierungen und die Gefangenschaft kamen mehr als 240.000 deutsche Soldaten um leben – die russische Seite hatte über eine Millionen Opfer zu beklagen.

            Die erste für die Wehrmacht vernichtende Niederlage im Krieg gegen die Sowjetunion veränderte die Kriegssituation nachhaltig. Das Gesetz des Handelns ging nunmehr auf die Rote Armee über. Als „Wendepunkt des Krieges“ markiert die Niederlage bei Stalingrad das Ende der deutschen Offensive – vom Frühjahr 1943 an befand sich die Wehrmacht beständig im Rückzug, der schließlich mit der Eroberung Berlins durch Sowjettruppen zwei Jahre später endete. Auch der Versuch der deutschen Führung, den Untergang der 6. Armee als grandioses Heldenepos nibelungenschen Geistes darzustellen sowie die Ausrufung des "Totalen Kriegs" durch Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast am 18. Februar 1943 konnten die schon damals aufkommenden verbreiteten Zweifel am deutschen „Endsieg“ nicht vertreiben – Stalingrad wirkte nachhaltig auf die Moral der deutschen Bevölkerung, nicht zuletzt durch die die Leiden der Soldaten demonstrierenden Feldpostbriefe.

            Auch 60 Jahre nach der deutschen Kapitulation finden sich in den Weiten der Steppe um die 1961 durch Chruschtschow im Zuge der Entstalinisierung in Wolgograd umbenannte Stadt auf Schritt und Tritt Überbleibsel der Kämpfe: Patronenhülsen, Uniformteile und von Andenkenjägern geplünderte und verwüstete Soldatengräber, sowie bei jeder Schneeschmelze aufgespülte menschliche Überreste. Auf dem besonders heftig umkämpften Mamajewhügel errichtete die Sowjetunion mit der 102 Meter hohen Statue der „Mutter Heimat“ ein Siegesdenkmal. Aktuell werden in der heute von Kommunisten regierten Stadt Überlegungen laut, ihr wieder den Namen des ehemaligen Diktators zu geben – wohl nicht nur aus Nostalgie, sondern wohl auch aus vermarktungstechnischem Interesse.

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              #36
              5. Februar 1988:
              Panamas Militärherrscher Manuel Noriega des Drogenhandels angeklagt


              Zwei Grand Jurys in Florida klagen an 5. Februar 1988 den faktischen Herrscher Panamas, General Manual Noriega, und weitere 16 Personen des Drogenschmuggels in die USA und von Geldwäsche an. Noriega soll zudem das kolumbische Medellin-Kartell beim Schmuggel von Kokain unterstützt haben. Noriega weist die Vorwürfe zurück und droht mit der Ausweisung des in Panama stationierten US-Personals (etwa 10.000 US-Angestellte und deren Familien).

              Manuel Antonia Noriega war 1968 als Lieutenant der Panamaischen Nationalgarde am Sturz von Präsident Arnulfo Arias und der Machtübernahme Generals Omar Torrijos´ beteiligt. Dieser belohnte ihn dafür im folgenden Jahr mit der Beförderung zum Lt. Colonel und dem Posten des militärischen Geheimdienstchefs. 1970 wurde Noriega von der amerikanischen CIA, die schon in seinen Studienzeiten an ihn herangetreten war, auf die Gehaltsliste gesetzt. Er sollte ein Gegengewicht zum zunehmend linken Torrijos bilden, der zwar kein Marxist war, aber Kuba und Fidel Castro bewunderte. Zudem sollte er Informationen über die Revolutionsbewegungen Zentralamerikas, Kuba, und die kolumbianischen Drogenhändler liefern. Noriega involvierte sich jedoch selbst in den Drogenhandel, und baute mit dem G-2 Geheimdienst eine gefürchtete Geheimpolizei auf.

              1977, dem Jahr der Aushandlung der Kanalverträge, die den USA weiterhin Truppenpräsenz zur Sicherung des Panama-Kanals zusicherten, strich die CIA daher zunächst seine Gelder, aber schon 1981 wurde er wieder zur Informationsbeschaffung angeheuert. Für ca. 200.000 $ im Jahr lieferte er Informationen über die linke Sandinistenbewegung in Nicaragua, deren Gegner, die gefürchteten rechten Contras, von den USA organisiert und finanziert wurden, was Nicaragua in einen fürchterlichen Bürgerkrieg stürzte. Noriega unterstützte die Contras zudem in ihren Drogengeschäften, die sie zur Finanzierung ihrer Waffenkäufe betrieben.
              General Torrijos trat 1978 als Regierungschef zurück, und kam 1981 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Colonel Noriega wurde Generalstabschef von General Ruben Paredes, des Führers der Nationalgarde. Im Land tobten Machtkämpfe zwischen zivilen und militärischen Führern, und es wurde faktisch vom Militär regiert. 1983 trat Paredes zurück und Noriega wurde der eigentliche Herrscher in Panama. Er vereinigte die Streitkräfte zu den Panamanian Defense Forces, beförderte sich selbst zum General und konsolidierte sein brutales und korruptes Regime. 1984 hielt er eine Präsidentenwahl ab, deren Ergebnis, den Sieg von Arnulfo Arias, er jedoch ignorierte und unter Nicolas Ardito Barletta eine Marionettenregierung einsetzte. Er half weiterhin den Contras in Nicaragua und genoß die Unterstützung der Reagan-Administration in den USA.

              1986, wenige Monate vor der Iran-Contra-Affäre, drangen Informationen über Noriegas Rolle im Drogenhandel, der Geldwäsche und als CIA-Mitarbeiter an die Öffentlichkeit. Zudem gab es Gerüchte, er sei kubanischer Doppelagent gewesen. Die US-Regierung brach ihre Unterstützung ab, und der panamaische Diktator ließ anti-amerikanische Demonstrationen, insbesondere gegen die US-Präsenz am Kanal, abhalten.
              Nach der Anklage im Februar 1988 versuchte der inzwischen formale Regierungschef Eric Arturo Delvalle Noriega loszuwerden, wurde jedoch vom von Noriega kontrollierten Parlament selbst abgesetzt. Im März froren die USA alle Panamaischen Gelder auf amerikanischen Banken ein und verhängten wirtschaftliche Sanktionen. Im selben Monat scheiterte ein Putschversuch von Armeeoffizieren.

              Im Mai 1989 annulierte Noriega den Sieg von Guillermo Endara bei den Präsidentschaftswahlen und schlug Demonstrationen dagegen nieder. Die Vereinigten Staaten verlegten daraufhin weitere Truppen in die Kanalzone und forderten US-Bürger auf, Panama zu verlassen. Im Oktober scheiterte ein weiterer Putschversuch, und am 15. Dezember machte das Parlament Noriega zum offiziellen Regierungschef und erklärte den Kriegszustand zwischen Panama und den Vereinigten Staaten. Am folgenden Tag wurde ein Offizier der US-Marines an einer Straßensperre erschossen, und am 17. Dezember autorisierte US-Präsident Bush die Operation „Just Cause“ – die Invasion Panamas.
              Am 20. Dezember landeten 9.000 Soldaten zur Unterstützung der schon 12.000 im Land befindlichen Truppen. Innerhalb von vier Tagen zerschlugen sie den Widerstand der panamaischen Armee und besetzten den größten Teil des Landes. Dabei kamen 23 US- und 150 panamaische Soldaten, sowie ca. 500 Zivilisten ums Leben. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und das Europäische Parlament protestierten gegen diese völkerrechtswidrige Invasion.
              General Noriega bat um Asyl beim Vertreter des Vatikan in Panama City, gab jedoch am 3. Januar auf und wurde nach Florida zu seinem Prozess ausgeliefert, welcher 1991 begann. Noriega wurde des Drogenhandels, der Erpressung und der Geldwäsche für schuldig befunden und zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt. Es war das erste Mal, daß ein US-Gericht den Führer eines anderen Staates anklagte.

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                #37
                6. Februar 1820:
                Erster Transport befreiter amerikanische Sklaven startet Reise nach Afrika


                Die erste organisierte Immigration befreiter schwarzer Sklaven nach Afrika verlässt New York Richtung Freetown in Sierra Leone (Westafrika). Diese „Heimführung“ war maßgeblich das Ergebnis von Bemühungen der American Colonization Society (ACS), einer 1816 von Robert Finley zu diesem Zweck gegründeten Organisation. Zudem wurde das Unternehmen durch Zahlungen des Kongresses unterstützt, der 1819 100.000 $ bereitgestellt hatte, um nach dem Verbot des Sklavenhandels 1808 illegal in die USA verschiffte Sklaven gewissermaßen „abzuschieben“.
                Vorbild war das Vorgehen Englands, das nach seinem Verbot des Sklavenhandels 1772 befreite Sklaven wieder in Afrika ansiedeln wollte. 1787 setzte Großbritannien 300 ehemalige Sklaven und 70 weiße Prostituierte auf der Sierra Leone – Halbinsel in Westafrika aus. Nach zwei Jahren waren die meisten Mitglieder der Siedlung an Krankheiten oder in Konflikten mit dem lokalen Temne-Volk gestorben. Trotzdem wurde 1792 ein weiterer Versuch unternommen, bei dem 1.100 ehemalige Sklaven, hauptsächlich Personen, die Großbritannien während der Amerikanischen Revolution unterstützt hatten und mit ihrer Ansiedlung in Kanada unzufrieden waren, unter der Führung des britischen Anti-Sklaverei-Aktivisteb Thomas Clarkson Freetown gründeten. Während der nächsten Jahrzehnte kamen tausende befreiter Sklaven aus Kanada, den West-Indies und anderen Teilen Westafrikas in die Sierra Leone-Kolonie, 1820 die ersten aus den Vereinigten Staaten.
                1821 gründete die American Colonization Society südlich von Sierra Leone die Kolonie Liberia für befreite US-Sklaven, um dem britischen Einfluß zu entgehen. Die meisten der ehemaligen Sklaven waren über ihre Verschiffung nicht gerade glücklich, mussten sie doch ihre amerikanische tlw. jahrzehnte- oder gar generationenlange Heimat aufgeben, und in ein Land reisen, daß sie vorher nie gesehen hatten. Die ACS wurde außerdem von US-Sklavereigegnern angegriffen, die argumentierten, die Ausreise befreiter Sklaven bestärkte die bestehende Institution der Sklaverei.
                Zwischen 1822 und dem Amerikanischen Bürgerkrieg 1862 – 65 wurden ca. 15.000 Afro-Amerikaner in Liberia, das 1847 auf Druck Großbritanniens die Unabhängigkeit erhielt, angesiedelt. 1862 nahmen die USA diplomatische Beziehungen auf – Liberia wurde die erste unabhängige Republik der afrikanischen Geschichte.

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                  #38
                  10. Februar 1763:
                  Mit dem Frieden von Paris endet der French and Indian War


                  Besser bekannt ist diese Auseinandersetzung in Europa als der Siebenjähige Krieg (1756 - 1763). In Europa standen sich bei dieser Auseinandersetzung Preußen, Hannover und England auf der einen, und Österreich, Frankreich, Russland, Schweden und Spanien auf der anderen Seite gegenüber. Grund für Krieg war der Streit um die ehemals österreichische Provinz Schlesien, die Preußenkönig Friedrich II ("der Große") 1748 erobert hatte, sowie die Auseinandersetzung zwischen Preußen und Österreich über die Hegemonie im Heiligen Römischen Reich. Die österreichische
                  Herrscherin gewann die Unterstützung Russlands, Schwedens, Sachsens, Spaniens und Frankreichs, und bereitete einen Rückeroberungskrieg vor. Friedrich griff daraufhin 1756 Sachsen an und besiegte es. Aufgrund dieser Verletzung der Reichsstatuten trat daraufhin auch das Reich auf Seiten Österreichs in den Krieg ein. Zunächst erreichte Preußen große Erfolge, doch mit dem Eintritt schwedischer Truppen hatte Friedrich praktisch ganz Europa gegen sich. Daß er sich trotzdem behaupten, und der Krieg 1763 mit dem Frieden von Hubertusburg mit einem territorialen Status quo (Preußen behielt Schlesien und stieg endgültig zur europäischen Großmacht auf) beendet werden konnte, verdankte er zwei Umständen: Zum einen dem Tod der Zarin Elisabeth von Russland 1762, daß sich daraufhin aus dem Krieg zurückzog, und dem britischen Premierminister William Pitt.
                  Pitt war 1757 Premier geworden und unterstützte Preußen mit großen Summen aus einem Zweck - dem parallel tobenden Kampf um die koloniale Vorherrschaft, v.a. in Amerika. Seit Beginn des Kolonialismus hatten sich drei konkurrierende Mächte herausgebildet: Spanien, daß allerdings auf dem absteigenden Ast war, besaß Florida, Kalifornien und große Teile des heutigen Texas, Utahs und New-Mexikos als Teile seiner mittelamerikanischen Kolonien. Frankreich kontrollierte Kanada, Louisiana und Teile Indiens. England schließlich besaß vergleichsweise kleine Teile von Nordamerika (heutige Neu-England-Staaten), kontrollierte allerdings maßgeblich Indien. Der Hauptmachtkampf lief zwischen den alten Feinden England und Frankreich ab.
                  Der in Amerika als French and Indian War bekannte Konflikt brach 1754, zwei Jahre vor Beginn des Siebenjährigen, aus. Zwischen Frankreich und Großbritannien hatten sich Rivalitäten um das Land westlich der Appalachen sowie die Fischereirechte vor der Küste von Neufundland entwickelt. Frankreich hatte versucht, die Besiedelung durch die Engländer aufzuhalten, und dem Vordringen der Briten nach Westen Widerstand entgegengesetzt. Frankreichs Ziel war es, seinen kanadischen Besitz mit seinen Territorien im Süden um New Orleans zu vereinen. Während der ersten beiden Kriegsjahre errangen die Franzosen mit ihren verbündeten (sprich aufgehetzten) indianischen Hilfstruppen große Erfolge und schlugen die Engländer zurück. 1757 kam jedoch Pitt an die Macht, der die grundlegende strategische Bedeutung dieses nun praktisch "Weltkriegs" erkannte und die Anstrengungen Englands massiv verstärkte.
                  In Europa unterstützte er daher Preußen in seinem Kampf, um Frankreich zu schlagen, und dessen Truppen zu binden. Gleichzeitig verschiffte er große Teile der auf der Insel freien Streitkräfte nach Amerika, wo sie unter der Leitung von General James Wolfe die Franzosen zurückdrängten. Unterstützt wurden sie dabei von Freiwilligenverbänden aus den Kolonien selbst - ein junger Offizier dieser Truppen war ein gewisser Georg Washington.
                  Bis 1760 hatten die Briten ganz Kanada erobert und die Franzosen im Westen zurückgedrängt. Bei den in Indien tobenden Kämpfen waren die Briten ebenfalls siegreich und machten die französischen Ambitionen dort völlig zunichte. Großbritannien hatte somit die Vorherrschaft über die koloniale Expansion gewonnen, und den Grundstein für ihr späteres Empire gelegt. Mit dem Frieden von Paris am 10. Februar 1763 wurden die territorialen Ergebnisse der Kämpfe festgeschrieben: Großbritannien erhielt fast die gesamten französischen Besitzungen in Nordamerika, sowie Florida von Spanien, das als Kompensation von Frankreich Louisiana erhielt. In Indien wurde Frankreich auf wenige Stützpunke unter strengen Auflagen beschränkt. In Europa wurde der territoriale Status quo bestätigt.
                  Die Ausschaltung ihrer europäischen Konkurrenten stärkte letztlich auch die britischen Kolonien in Amerika, die sich 1778 für unabhängig erklärten - und im darauffolgenden Revolutionskrieg von Frankreich unterstützt wurden...

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                    #39
                    von Max:

                    15. Februar 1934:
                    Der Februaraufstand in Österreich

                    An diesem Tag brach der bewaffnete Widerstand des sozialdemokratischen Schutzbunds gegen die Austrofaschisten um Dollfuß zusammen. Nach der kampflosen Kapitulation der italienischen und deutschen Arbeiterbewegung gegen die Faschisten/Nazis, war der dieser versuchte Widerstand ein Signal der Hoffnung. Der Schlachtruf (z.B. in Spanien) „Besser Wien als Berlin“ entstand.

                    Was war geschehen? Die österreichische Sozialdemokratie konnte nach dem Sturz der Monarchie weitreichende Reformen des Sozialstaats und der ArbeiterInnenrechte durchsetzen. Die alten und neuen Eliten lehnten die Republik von Anfang an ab. Sie sahen in den Errungenschaften der Sozialdemokratie „reinsten Bolschewismus“ und „revolutionären Schutt“, den es zu beseitigen galt. Für diesen Zweck sorgten sie dafür, dass der Staatsapparat nur mit eigenen Parteigängern besetzt wurde und bauten die Heimwehr auf. Diese bekämpfte die Arbeiterbewegung gewaltsam mit Rückendeckung des Staates. Ihre Leitung bestand aus Faschisten, während sie u.a. von der ‚Vereinigung österreichischer Industrieller‘ finanziert wurde. Mit dem ‚Korneuburger Eid‘ am 18.5.30 machte die Heimwehr deutlich, dass sie die Demokratie zerstören will und einen faschistischen Staatsstreich nach dem Vorbild Mussolinis anstrebte. Diesen Eid schworen nicht nur Heimwehr-Mitglieder, sondern auch viele Politiker der Christlichsozialen Partei.

                    Die österreichische faschistische Bewegung war Anfang der 30er Jahre in zwei Flügel gespalten. Einerseits die Anhänger Hitlers, die einen Anschluß an Deutschland forderten und andererseits die Austrofaschisten um den damaligen Bundeskanzler Dollfuß. Letztere wollte die Unabhängigkeit Österreichs bewahren und lehnten sich außenpolitisch an das faschistische Italien an. Gemeinsam war beiden Flügel ein fanatischer Haß gegen die Arbeiterbewegung und ihre „volksfremden Führer“, die Ablehnung der Republik und des Rechtsstaats, sowie ein aus klerikalen und deutschnationalen Quellen gespeister Antisemitismus.

                    Im März 1933 schaltete Dollfuß das Parlament aus und regierte mit Hilfe des kriegswirtschaftlichen ‚Ermächtigungsgesetz‘ aus dem Jahre 1917 unter Bruch der Verfassung. Obwohl die Sozialdemokraten für diesen Fall den Republikanischen Schutzbund aufgebaut hatten und angekündigt hatten die Demokratie mit einem bewaffneten Generalstreik zu verteidigen, blieben sie passiv. Wie auch die deutsche Sozialdemokratie hatten auch die österreichische keine Antwort darauf, was zu tun ist, wenn die Faschisten den Boden der Verfassung verlassen.

                    Dollfuß wendete zur Durchsetzung seines ‚christlichen Ständestaates‘, also der austrofaschistischen Version des Faschismus, die ‚Salamitaktik‘ an. Er verbot den Republikanischen Schutzbund, ermöglichte gleichzeitig vollkommen Bewegungsfreiheit für die bewaffnete, faschistische Heimwehr, führte die Zensur der sozialdemokratischen Zeitungen ein und verbot Versammlungen und Demonstrationen, z.B. die 1. Mai-Kundgebung. Die bewaffneten Überfalle der Heimwehr auf linke Politiker häuften sich, während gleichzeitig die Polizei durch Razzien und Festnahmen die Sozialdemokratie schwächte.

                    Am 11. Februar 1934 hielt Vizekanzler Frey, der den Heimwehr-Flügel in der Regierung vertrat, eine Rede, die in der Androhung gipfelte: „Im übrigen werden wir morgen an die Arbeit gehen“. Es war klar, dass die endgültige Zerschlagung der letzten Reste der parlamentarischen Demokratie drohte. Überall in Österreich wurden Razzien und bewaffnete Überfälle durchgeführt. Der Linzer Schutzbund reagierte am 12.2. auf den provokativen Versuch ihre Waffen zu beschlagnahmen mit bewaffneten Widerstand. Dies war ein Signal für die anderen Städte. In Wien, Linz, Steyr, Attnag-Puchheim, Hausleithen, Stadl-Paura, Ebensee, Graz, Eggenberg, Gösting, Bruck an der Mur, Pernegg, Kapfenberg, St, Michael, Wörgl, Häring und Kirchbichl brachen Kämpfe aus. Besonders in Wien gab es schwere Kämpfe, wobei das Bundesheer auch schwere Artillerie einsetzte.

                    Aber das lange Hinauszögern des Widerstands durch die Sozialdemokratie und die Verfolgung durch den Staat und die Heimwehr hatten die Moral in der Arbeiterbewegung untergraben. Z.B. legten die Eisenbahnarbeiter, obwohl sie mehrheitlich sozialdemokratisch organisiert waren, nicht die Arbeit nieder. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, die Sozialdemokratie und die Freien Gewerkschaften verboten und sozialdemokratische Bürgermeister durch faschistische Parteigänger ersetzt. Die Christlichsoziale Partei und die Großdeutsche Partei lösten sich „freiwillig“ auf. Es gab Massenverhaftungen und zahlreiche Erschießungen ohne jedes Verfahren.

                    Otto Bauer , einer der bekanntesten Vertreter der österreichischen Sozialdemokratie, schrieb nach dem Februaraufstand folgendes:
                    Schon vor unserer Niederlage haben wir von den Bürgerlichen oft gehört: Die Diktatur sei notwendig geworden, weil die Sozialdemokratie im Parlament den Abbau einer in der Zeit in der Wirtschaftskrise untragbar gewordenen sozialen Schutzgesetzgebung verhindert hat. In der Tat, die Demokratie mußte zerstört, die Sozialdemokratie blutig niedergeworfen werden, damit das Unternehmertum die Arbeiterschutzgesetze durchlöchern, sich von den „sozialen Lasten“ befreien, die Gewerkschaften, die der Ausbeutung eine Schranke setzen, demolieren könne.

                    Die Wirtschaftskrise hat die Klassengegensätze verschärft. Gewiß, die österreichische Bourgeoisie ist infolge der Krise verarmt. Aber der verarmte Unternehmer ist ein haßerfüllterer Gegner des Proletariats als der reiche Unternehmer, dessen Geschäfte blühen. Dieser läßt vom reichgedeckten Tisch gern ein paar Brosamen für die Arbeiter abfallen; jener kennt kein anderes Mittel, sich vor dem Bankrott zu retten, als Lohndruck und Abbau der ‚sozialen Lasten‘.
                    ‘Aufstand der österreichischen Arbeiter‘ von Otto Bauer, zitiert in ‚Der Weg zum 12. Februar 1934‘ von Josef Hindels
                    Dieser enge Zusammenhang zwischen Wirtschaftskrise und Faschismus gilt für alle kapitalistischen Länder. Aber das bedeutet nicht, dass die Krise automatisch zur faschistischen Diktatur führt. Sie schafft lediglich einen günstigen Nährboden.
                    Zuletzt geändert von Jack Crow; 16.02.2003, 23:46.

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                      #40
                      15. Februar 1898:
                      Explosion der USS Maine in Havanna


                      Am 15.2.1898 explodiert das amerikanische Schlachtschiff USS Maine (Second-Class) im Hafen von Havanna, Kuba, welches damals eine spanische Kolonie war - 268 Männer sterben.
                      Die Ursache war die Explosion eines 15,2 cm Munitionsmagazins, die entweder durch instabilen Sprengstoff oder eine Kohlestaubexplosion in einem nahegelegenen Bunker ausgelöst wurde. Zu dieser Zeit war der Verlust von Kampfschiffen durch spontane Munitionsexplosionen häufig. Im Falle der Explosion der Maine wurden aber die Spanier beschuldigt die Explosion durch eine Mine ausgelöst zu haben. Dies wurde als Kriegsvorwand benutzt. Die USA eroberten im darauf folgenden Spanisch-Amerikanischen Krieg (25.4. - 13.8.1898) die Philippinen, Puerto Rico und Guam von Spanien. Kuba wurde formal unabhängig, blieb aber tatsächlich bis 1959 eine US-Halbkolonie. Aus dieser Zeit stammt auch der Stützpunkt Guantanamo Bay, der heute zum Symbol für die schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung Bush geworden ist. Im gleichen Jahr wurden auch die Hawaii-Inseln besetzt. Die USA gingen damit zum ersten Mal zu Eroberungen außerhalb des nordamerikanischen Kontinents über und reihte sich in die imperialistischen Kolonialmächte ein.
                      (von max)

                      Hier findet ihr den Originalartikel der damaligen New York Times.


                      15. Februar 1924:
                      Reichsbank gibt 100 Billionen Mark-Schein aus


                      Die Deutsche Reichsbank gibt Banknoten mit einem Wert von 100 Billionen Mark (100.000.000.000.000 !) aus. Das ist der höchste Nennwert eines jemals in Deutschland ausgegebenen Scheins. Grund für die hohen Beträge war die vorangegangene Inflation, die zwar mit der Einführung der Rentenmark am 15. November 1923 letztlich gestoppt werden konnte. Eine Billion Mark wurde zu einer Rentenmark. Die alte Währung blieb aber weiterhin gültig, so daß auch nach Einführung der neuen Währung Banknoten mit astronomischen Nennwerten nötig waren. Endgültig abgelöst wurde die alte Mark schließlich im August 1924.

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                        #41
                        17. Februar 1930:
                        Neunter Planet des Sonnensystems entdeckt


                        Im Lowell Observatory in Flagstaff, Arizona, wird der bisher am weitesten von der Erde entfernte Planet vom Astronom Clyde W. Tombaugh entdeckt, und Pluto getauft.
                        Die Existenz eines solchen Planeten jenseits des Neptun wurde erstmals von Percival Lowell postuliert, der Schwankungen in den Orbitalbahnen von Uranus und Neptun mit der Gravitationskraft eines neunten unbekannten Planeten erklärte. Lowell kalkulierte die Position dieses Planeten und suchte über ein Jahrzehnt ohne Erfolg nach ihm.
                        Erst 1929 nahm das Lowell Observatory unter zu Hilfenahme von Lowells und W.H. Pickerings Daten die Suche wieder auf. Am 18. Februar 1930 schließlich entdeckte Tombaugh den kleinen, weit entfernten Planeten mithilfe einer neuen astronomischen Technik, die Fotoplatten in Kombination mit einem blink microscope benutzte. Die Entdeckung wurde von weiteren Astronomen bestätigt, und am 13. März – dem Jahrestag von William Hershels Entdeckung des Uranus – wurde die Existenz des Pluto offiziell verkündet.
                        Pluto wurde nach dem römischen Namen des Gottes der Unterwelt in der griechischen Mythologie benannt, möglicherwiese wegen seiner kalten Oberflächentemperatur von ungefähr -228° bis -238° C. Die durchschnittliche Distanz zur Sonne beträgt ca. vier Millionen Meilen, er benötigt ca. 248 Jahre für eine Umrundung. Er besitzt die elliptischste Umlaufbahn aller Planeten, und seine kürzeste Distanz zur Sonne liegt innerhalb des Neptun-Orbits.
                        Nach seiner Entdeckung bezweifelten einige Astronomen, dass Pluto genug Masse besitze um den Orbit anderer Planeten zu beeinflussen. 1978 entdeckten James Christy und Robert Harrington Plutos einzigen Mond, Charon, der fast halb so groß ist wie Pluto selbst. Zusammen bringen sie so genug Masse auf, um als eine Art Doppel-Planetensystem die Umlaufbahnen von Neptun und Uranus zu beeinflussen.

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                          #42
                          19. Februar 1942:
                          US-Präsident Roosevelt unterschreibt die Exekutiv-Order 9066


                          Zehn Wochen nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor authorisiert Franklin D. Roosevelt damit die Entfernung von bestimmten oder allen Personen aus militärischen Bereichen "as deemed necessary or desirable". Das Militär definiert daraufhin die gesamte Westküste, die Heimat des Großteils der aus Japan stammenden US-Bevölkerung, als „militärisches Gebiet“, und beginnt mit Zwangsräumungen. Bis Juni werden im „Land der Freiheit“ über 110.000 japanischstämmige Amerikaner in über das Land verteilte Lager der US-Armee interniert. Für die nächsten zweieinhalb Jahre müssen diese Menschen unwürdige Lebensbedingungen und Repressalien ihrer Militärbewacher ertragen.
                          Am 17. Dezember 1944 endlich erklärt Major General Henry C. Pratt in der Public Proclamation No. 21 dass die „Evakuierten“ ab dem 2. Januar 1945 wieder in ihre Heimat zurückkehren dürfen. Das letzte Internierungslager wurde jedoch erst im März 1946 geschlossen. Während des Zweiten Weltkriegs wurden insgesamt zehn Amerikaner als japanische Spione überführt – niemand davon war japanischer Abstammung. Erst 1988 entschuldigte sich die US-Regierung unter Ronald Reagan bei den überlebenden Internierten, und stellte ihnen eine Entschädigungszahlung von jeweils 20.000 $ zur Verfügung.

                          Hier gibt es die Proklamation von Lt.Gen. DeWitt an die zu internierenden japanischstämmigen Amerikaner.

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                            #43
                            21. Februar 1848:
                            Das Kommunistische Manifest wird veröffentlicht


                            Das von Karl Marx und Friedrich Engels verfasste Werk wird in London vom „Bund der Kommunisten“, einer zunächst rein deutschen, später internationalen geheimen Arbeiterverbindung, unter dem deutschen Titel Manifest der kommunistischen Partei veröffentlicht. Das politische Pamphlet, unstrittig eines der einflussreichsten der Geschichte, bezeichnet die „Geschichte aller bisherigen Gesellschaft [als] die Geschichte von Klassenkämpfen“. Der bevorstehende Kampf zwischen Arbeitern und Kapital wird als die letzte Geburtswehe auf dem unabwendbaren Weg hin zur kommunistischen Gesellschaft, dem Ende aller Klassenkämpfe, gesehen. Gegliedert in vier Abschnitte (I: Bourgeois und Proletarier, II: Proletarier und Kommunisten, III: Sozialistische und kommunistische Literatur und IV: Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen oppositionellen Parteien) legt das Manifest die Grundlagen der Kommunismus dar, und ruft am Ende auf: „PROLETARIER ALLER LÄNDER VEREINIGT EUCH!“. Das 1850 auf englisch im Red Republican in London, und 1871 in Amerika erschienene Werk hatte zunächst kaum direkte Auswirkungen, entfaltete aber auf dem Weg ins 20te Jahrhundert ungeheure Kraft: 1917 entstand mit der Sowjetunion in Russland der erste Staat auf marxistischer Grundlage, und um 1950 lebte ca. die Hälfte der Weltbevölkerung unter sozialistischen Regierungen.
                            Karl Marx wurde 1818 in Trier in Preußen als Sohn eines jüdischen, später zum Protestantismus übergetretenen, Anwalts geboren. Er studierte Jura und Philosophie in Berlin und Jena, und war ein Schüler von Georg Friedrich Wilhelm Hegel, des deutschen Philosophen der die Dialektik (These – Antithese -> Synthese) entwickelte, und alles Irdische als Ausdrücke geistiger Prinzipien sah. 1842 wurde Marx Mitarbeiter der liberalen Rheinischen Zeitung in Köln. Die Zeitung wuchs unter seiner Führung kontinuierlich, und wurde 1843 von den preußischen Behörden wegen zu großer Offenheit geschlossen. Im gleichen Jahr reiste Marx nach Paris, um eine neue politische Zeitung herauszugeben.
                            Paris war zu dieser Zeit das Zentrum sozialistischer Ideen, und Marx übernahm die extremere Form des Sozialismus, bekannt als Kommunismus, der zu einer gewaltsamen Revolution der Arbeiterklasse aufrief, um den Kapitalismus zu stürzen. Marx freundete sich in Paris mit Friedrich Engels an, der ebenfalls aus Preußen emigriert war. 1845 wurde Marx aus Frankreich ausgewiesen und ging ebenso wie Engels nach Brüssel, wo er seine preußische Staatsbürgerschaft aufgab.
                            Während der nächsten zwei Jahre entwickelten Marx und Engels ihre Philosophie des Kommunismus und wurden die intellektuellen Führer der Arbeiterbewegung. 1847 wurden beide Mitglieder der „League of Just“, einer London ansässigen geheimen Gruppe von deutschen revolutionären Arbeitern. Marx und Engels benannten die Organisation in „Bund der Kommunisten“ um und planten die Vereinigung mit anderen deutschen Arbeiterkomitees in Europa. Auf einem im November abgehaltenen Kongress wurden sie mit der Abfassung eines „für die Öffentlichkeit bestimmten, ausführlichen theoretischen und praktischen Parteiprogramms“ (aus der Vorrede zur deutschen Ausgabe von 1872) beauftragt.
                            Marx schrieb das Manifest im Januar 1848 in Brüssel unter Zuhilfenahme eines bereits 1847 von Engels verfassten Traktats. Anfang Februar schickte Marx die Arbeit nach London, wo es der „Bund der Kommunisten“ als ihr Programm übernahm und am 21. Februar herausbrachte. Obwohl viele Ideen des Manifests nicht neu waren, gelang Marx eine kraftvolle Synthese seiner materialistischen Geschichtskonzeption und der kommunistischen Vision. Das Manifest beginnt mit den dramatischen Worten:
                            Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten. [...] Der Kommunismus wird bereits von allen europäischen Mächten als eine Macht anerkannt. Es ist hohe Zeit, dass die Kommunisten ihre Anschauungsweise, ihre Zwecke, ihre Tendenzen vor der ganzen Welt offen darlegen und dem Märchen vom Gespenst des Kommunismus ein Manifest der Partei selbst entgegenstellen.
                            Das Manifest sagte eine bevorstehende Revolution in Europa voraus. Das Manuskript war kaum aus der Druckerpresse, da brach tatsächlich eine Revolution aus – am 22. Februar in Frankreich. Auslöser waren Verbote von Versammlungen sozialistischer und anderer oppositioneller Gruppen. Zunächst vereinzelte Unruhen führten zu öffentlicher Revolte, und am 24. Februar wurde König Louis-Philippe zu Abdanken gezwungen. Die Revolution sprang wie ein Buschfeuer über Kontinentaleuropa. Marx war gerade auf Einladung der neuen Regierung in Paris, als ihn die belgische Regierung aus Furcht vor der Revolution verbannte. Marx ging später im Jahr ins Rheinland, und rief zum Aufstand auf. Die im März ausbrechende bürgerliche Revolution in Deutschland scheiterte letztlich jedoch an der Renitenz der reaktionären Mächte und der Uneinigkeit und –entschlossenheit der Revolutionäre.
                            Marx ging wieder nach London, schrieb weiter und organisierte mit Engels die internationale Arbeiterbewegung weiter. 1864 half Marx, die Erste Internationale zu gründen, und veröffentliche 1867 des ersten Teil seines Monumentalwerks Das Kapital. Bis zu seinem Tod 1883 war der Kommunismus eine ernsthafte und mächtige Bewegung in allen Ländern Europas geworden. Im Oktober 1917 schließlich führte Lenin die erste erfolgreiche kommunistische Machtübernahme durch. Die Revolution in Russland erfüllte jedoch nicht in allem die Vorhersagen von Marx: weder gab es in Russland (in dem erst im Februar der Zar gestürzt worden war) eine Dualismus zwischen Kapital und Arbeiterschaft (die kaum entwickelt waren), noch einen Massenaufstand der Arbeiter. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Regime in Osteuropa 1990 bleibt die heftig umstrittene Frage, ob der Kommunismus an systemimmanten Widersprüchen, oder ungünstigen Umständen scheiterte.

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                              27./28. Februar 1933:
                              Der Reichstag brennt


                              Knapp einen Monat nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler schlagen am Abend des 27. Februar hohe Flammen aus dem Berliner Reichstagsgebäude. Im Reichstag wird der niederländische Linksanarchist Marinus van der Lubbe mit einer brennender Fackel in der Hand, halbnackt und verwirrt festgenommen – er trägt ein kommunistisches Parteibuch mit sich. Die nationalsozialistische Parteiführung ist – obwohl sie ansonsten fast tagtäglich im tobenden Wahlkampf um die für den 5. März angesetzten Reichstagswahlen engagiert ist – sofort zur Stelle. Vor dem brennenden Reichstagsgebäude verkündet Hitler mit theatralischer Geste dem englischen Berichterstatter Sefton Delmer, der wie bestellt zur rechten Zeit am rechten Ort war, dies sei ein von Gott gegebenes Zeichen, um den Kommunismus mit eiserner Faust zu vernichten.

                              Bereits seit Beginn des Wahlkampfes, den der am 30. Januar zum Reichkanzler einer Minderheitenregierung von NSDAP und Deutschnationalen ernannte Hitler zur Erringung der absoluten Mehrheit nutzen wollte, wurde dieser mit äußerster Brutalität geführt. Der „Todeskampf der demokratischen Republik“ (Wilhelm Hoegner, SPD) forderte über 70 Todesopfer, die meisten davonm Sozialdemokraten oder Kommunisten. Nach dem Reichstagsbrandt fielen endgültig alle Hemmungen: Die Nazis erklärten, der Anschlag sei der Beginn eines kommunistischen Aufstands, und nutzten ihre Kontrolle der Staatsorgane zu unbarmherzigen Terror. Noch in der Nacht wurden an die 5000 Mitglieder und Funktionäre der KPD festgenommen, zugleich eine Reihe von missliebigen Akademikern und Schriftstellern wie der Anarchist Erich Mühsam und der Weltbühne-Herausgeber Carl von Ossietzky. Van der Lubbe, so erklärte Göring, sei nur Nebenfigur einer groß angelegten kommunistischen Verschwörung. Dabei hatte sich der KPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Torgler freiwillig bei der Polizei gemeldet : Seine Partei habe mit der Sache nichts zu tun.
                              Am nächsten morgen ließ sich Hitler unter der Vorspiegelung des bevorstehenden Aufstands vom greisen Reichspräsidenten die Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat („Reichstagsbrandverordnung“) unterzeichnen – und setzte damit praktisch alle Grundrechte außer Kraft. Zudem ermächtigte sie die Reichsregierung, willkürlich Befugnisse in den Ländern an sich zu reißen oder Zeitungen zu verbieten, und sie verschärfte das politische Strafrecht. Die Todesstrafe wurde ausgeweitet - auch auf Brandstiftung in öffentlichen Gebäuden. Der so erklärte Ausnahmezustand blieb bis zum Ende des dritten Reiches in Kraft, und bildete so die „gesetzliche“ Grundlage der sich nun frei entfaltenden Terrorherrschaft.
                              Zehntausende Oppositionelle wurden in den nächsten Wochen verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.
                              Bei den Reichstagswahlen im März errangen die Nationalsozialisten zusammen mit ihren Mehrheitsbeschaffern von den Deutschnationalen mehr als 50% der Stimmen. Doch die genaue Stimmzahl der Nazis war fast unwichtig – das eine Zwei-Drittel-Mehrheit erfordernde Ermächtigungsgesetz, mit dem sich die Demokratie praktisch selbst abschaffte, wurde von allen im Reichstag vertretenden Parteien mit Ausnahme der SPD mitgetragen – die Kommunistische Fraktion war vorher bereits aufgelöst worden. Im Sommer traf es dann auch Hitlers Steigbügelhalter – alle Parteien außer der NSDAP wurden verboten.

                              Dass auch der Rechtsstaat am Ende war, zeigte der Prozess gegen van der Lubbe. Dem zuständigen Richter entzogen, wurden die polizeilichen Ermittlungen zum Reichstagsbrand einer von Göring eingesetzten Brandkommission der Politischen Polizei übertragen. Sie wurden tendenziös, d.h. aussschließlich in Richtung vermeintlicher kommunistischer Täter geführt. Die Zeugen hatten Grund, Angst um Leib und Leben zu haben; der Reichstagsbrandprozeß war eine Farce, vorgeplant und manipuliert, mit meineidigen NS-Zeugen und kommunistischen Zeugen, die aus dem Konzentrationslager vorgeführt wurden. Dennoch erreichten die Nazis nicht die beabsichtigte Verurteilung des Komunismus. Die Veröffentlichungen der deutschen Emigrantenpresse und ein in London tagender internationaler Gegenprozeß öffneten der Weltöffentlichkeit die Augen. Der kommunistische Angeklagte Dimitroff entlarvte vor dem Reichsgericht die von den Nazis inszenierte „Rechtstaatlichkeit“. Die Rundfunkübertragungen wurden deshalb bereits nach wenigen Sitzungen abgebrochen. Dimitroff und die mitangeklagten Kommunisten Popoff, Taneff und Torgler mußten „mangels Beweisen“ freigesprochen werden. Nur van der Lubbe wurde für schuldig befunden und im Januar 1934 hingerichtet – auf Grundlage eines Gesetzes, das erst nach der Tat erlassen worden war.

                              Bereits kurz nach dem Brand kam das Gerücht auf, die Nazis selbst hätten den Brand gelegt, um ihre Macht durchzusetzen. Lange Zeit galt diese Theorie als zumindest unbewiesen (maßgeblich befördert durch die Memoiaren des ehemaligen Gestapo-Chefs Diel und der SPIEGEL-Serie des Amateurhistorikers und Verfassungsschützers Frits Tobias), in neuerer Zeit erhärteten jedoch umfangreiche Untersuchungen der 50.500 Blatt umfassenden originalen Akten des Reichstagsbrandprozesses - Bestände des Reichsgerichts, des Oberreichsanwalts und der Gestapo (Fond 551, St 65; seit 1945 als Kriegsbeute im »Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU«, ab 1982 im »Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED« in Berlin/Ost unter Verschluß und nur einigen wenigen Historikern zugänglich) – diesen Verdacht erheblich. Danach wurde der Brand tatsächlich von einem SA-Kommando gelegt, das unter Führung eines gewissen Hans-Georg Gewehr, Chef der Stabswache des berüchtigten Berliner SA-Führers Karl Ernst, durch einen unterirdischen Heizungstunnel vom Reichstagspräsidentenpalais, dem Amtssitz Görings, in das Reichstagsgebäude eindrang. Van der Lubbe sei als Strohmann benutzt worden, um so die ungehemmte Verfolgung der Kommunisten durch die staatlichen Organe zu ermöglichen.
                              Eine umfangreiche (sehr empfehlenswerte) Bearbeitung dieser Vorgänge findet ihr hier.

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                                #45
                                beides von max:

                                8. März 1908:
                                Textilarbeiterinnenstreik begründet den Internationalen Frauentag am 8. März

                                Der Internationale Frauentag wird am 8.3. zu Gedenken an einen Streik von Textilarbeiterinnen am 8.3.1908 in New York gefeiert. Die Arbeiterinnen, hauptsächlich Einwanderinnen, protestierten gegen Kinderarbeit und die Arbeitsbedingungen (die den Bedingungen in heutigen Sweat-Shops entsprachen), sowie für Gewerkschaftsrechte und das Wahlrecht. Die Arbeiterinnen einer Fabrik wurden damals von den Besitzern und Aufsehern eingeschlossen. Aus ungeklärten Gründen brach in der Textilfabrik ein Brand aus und zerstörte sie gänzlich. Nur wenigen der eingesperrten Arbeiterinnen gelang die Flucht; 129 Arbeiterinnen starben in den Flammen. Es entstand darauf eine Bewegung, die eine massive Zunahme des gewerkschaftlichen Organisationsgrades bewirkte und 1909 in einem 13-wöchigen Streik, dem „Aufstand der 20 000“, gipfelte. Eine der Streikführerinen, Clara Lemlich sagte über die Bedeutung dieser Bewegung:
                                Sie pflegten zu sagen, dass es nicht möglich ist Frauen zu organisieren. Sie würden nicht zu Gewerkschaftstreffen kommen. Sie sind Leiharbeiter. Nun, wir haben ihnen es gezeigt.

                                1909 wurde das erste Mal in den USA der 8.3. als Kampftag für die Frauenrechte durchgeführt. Clara Zetkin, eine der bedeutendsten revolutionären Sozialistinnen der SPD, später der KPD, schlug den 8.3. für einen internationalen Frauentag auf einer sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen 1910 vor. Es wurde folgende Erklärung verabschiedet:

                                In Übereinstimmung mit dem Klassenbewusstsein und den politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats ihrer jeweiligen Länder werden die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr der Frauentag veranstalten, dessen erstes Ziel sein muss, dabei zu helfen das Frauenwahlrecht zu erlangen.
                                Der erste Internationale Frauentag wurde am 8.3.1911 gefeiert. Es gab grosse Demonstrationen in Deutschland und Österreich, in den kommenden Jahren wurde der Internationale Frauentag überall in Europa veranstaltet. Neben der sozialistischen Frauenbewegung, gab es auch eine bürgerliche, die sogenannten Suffragetten. Alexanda Kollontai, eine der bekanntesten russischen Sozialistinnen, beschrieb das Verhältnis zu den bürgerlichen Feministinnen so:

                                Was ist das Ziel der Feministinnen? Ihr Ziel ist es die selben Vorteile, die selbe Macht und die gleichen Rechte, die jetzt ihre Ehemänner, Väter und Brüder besitzen, innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft zu erlangen. Was ist das Ziel der Arbeiterinnen? Ihr Ziel ist es alle Privilegien, die von Geburt oder Reichtum ausgehen, abzuschaffen. Für die Arbeiterinnen ist es gleichgültig, wer ihr Chef ist - ein Mann oder eine Frau.
                                Obwohl gleiche Rechte, also auch das Wahlrecht, in den meisten Staaten in der Folge der russischen und deutschen Revolution erkämpft werden konnte, werden Frauen heute noch benachteiligt. Frauen, wie Condeleezza Rice (Bushs National Security Adviser) oder Anne Krueger (Deputy Managing Director des Internationalen Währungsfonds), gehören zwar zu den mächtigsten Menschen der Welt. Aber immer noch werden Frauen insgesamt schlechter bezahlt, erhalten schlechtere Jobs und müssen meist die Doppelbelastung Familie/Beruf schultern.


                                8. März 1917:
                                Februarrevolution in Russland


                                Am 8. März (23. Februar des julianischen Kalenders) demonstrieren Textilarbeiterinnen in Petrograd am Internationalen Frauentag für Brot. Die Verbitterung über den Krieg und den Hunger führt dazu, dass die Bewegung rapide anwächst. Am nächsten Tag war die Hälfte der 400 000 ArbeiterInnen der Stadt beteiligt und die Forderungen wandelten sich von ‚Brot für die Arbeiter!‘ zu ‚Nieder mit der Autokratie!‘ und ‚Nieder mit dem Krieg!‘. Versuche des zaristischen Regimes, durch den brutalen Einsatz von Polizei und Truppen die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen, scheiterten. Am vierten Tag der Aufstände und Demonstrationen meuterten ein Großteil der Soldaten. Truppen, die von auswärts geschickt wurden um die Ordnung wieder herzustellen, liefen zu den Revolutionären über - das marode zaristische Regime kollabierte fast ohne ernsthaften Widerstand.

                                Die Generäle zwangen den Zaren zur Abdankung, da sie dies als einzige Möglichkeit für das Überleben des Regimes sahen. Sie bildeten zusamen mit bürgerlichen Kräften die sog. Provisorische Regierung vornehmlich aus Industriellen und Großgrundbesitzern unter dem Prinzen Lwow, die sich auf die alte Duma stützte. Diese beruhte auf einem auf Besitz basierenden Wahlsystem, daß die Reichen überrepräsentierte. Diese neue Regierung weigerte sich, sich aus dem desaströs verlaufenden Krieg zurückzuziehen, und eine Landreform durchzuführen. Einer der führenden Politiker der alten Duma, Rodzianko, schrieb:
                                Die gemäßigten [bürgerlichen] Parteien sehnten sich nicht nur nicht nach der Revolution, sie hatten einfach Angst vor ihr. Insbesondere die Kadetten, eine Partei, die auf dem linken Flügel der gemäßigten Parteien stand und deshalb mehr Kontakt mit den revolutionären Parteien des Landes hatte, sorgte sich mehr über die zunehmende Katastrophe als alle anderen zusammen.
                                Der Menschewik (gemäßigtere Sozialisten) Suchanow:
                                Unsere Bourgeoisie verriet, anders als die anderen, das Volk nicht an dem Tag nach dem Umsturz, sondern bevor der Umsturz stattfand
                                Parallel zu der Provisorischen Regierung entstanden die Sowjets (russ. Räte), die aus Koordinierungskomitees von streikenden ArbeiterInnen hervorgingen. Auch die aufständischen Regimenter schickten Abgeordnete in die Sowjets, die dadurch zu einem Fokus für die revolutionäre Bewegung wurden.

                                Die Abgeordneten der Sowjets unterstützten anfangs die provisorische Regierung. Auch die ersten bekannteren Bolschewiki, die aus der Verbannung eintrafen (u.a. Stalin) unterstützten, wie die anderen linken Parteien, die Regierung. Für sie war der Krieg kein Eroberungskrieg des Zaren mehr, sondern ein Krieg für die Verteidigung der Revolution. Dabei waren die Bolschewiki die einzige Partei gewesen, die gegen den 1. Weltkrieg Stellung bezogen. Die Position der Bolschewiki änderte sich entscheidend, als Lenin im April aus dem Exil zurückkehrte. Er forderte in den ‚Aprilthesen‘ den Sturz der provisorischen Regierung und ein Ende des Krieges. Diese Position setzte er in den Bolschewiki durch. Die Hauptforderungen wurden ‚Land, Brot, Frieden‘ und ‚Alle Macht den Räten‘.

                                Den größten Einfluß in den Räten hatten in den ersten Monaten der Revolution die Sozialrevolutionäre. Diese Partei war nicht marxistisch. Sie betonten die Forderungen der Bauern nach einer Landreform, wollten diese aber durch terroristische Methoden (Guerilla) durchsetzen. Als sie aber an der Provisorischen Regierung beteiligt wurden, stellten sie sich gegen ihr eigenes Programm.

                                Im Mai stimmten in den Wahlen für den Petrograder Sowjet 20% für die Bolschewiki, 3% für die Menschewiki und 50% für die Sozialrevolutionäre. Das Versagen der Provisorischen Regierung führten nicht nur zu einem Split der Sozialrevolutionäre, sondern auch zu einem massiven Stimmungsumschwung zugunsten der Bolschewiki. Bei den Wahlen im Oktober 1917 (vor der Oktoberrevolution) für den 2. all-russischen Sowjet-Kongress gewannen die Bolschewiki 51% und die verbündeten Linken Sozialrevolutionäre 21%. Nachdem die provisorische Regierung im Laufe des Jahres so ziemlich jede Unterstützung verloren hatte, wurde sie schließlich in der Oktoberrevolution gestürzt.

                                (für eine Diskussion im STF über die Oktoberrevolution siehe http://www.scifi-forum.de/sho...37&pagenumber=3 )

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