Zitat von spidy1980
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@Tibo - du hast irgendwie Recht und Unrecht, aber das sit für mich gerade schwammig und nicht glatt fomulierbar. Natürlich stehen "Moral" und "Spaß" sehr häufig an unterschiedlichen Enden der Skala; dabei muss man aber auch berücksichtigen, daß eine "moralische Schuld" nur den wirklich treffen kann, der wirklich hinter den Ansprüchen steht und nicht "die anderen wollen das und sind mehr, also mach ich mal besser mit" durchzieht. Darum ist mir die juristische Schuld zur Diskussion deutlich lieber Beispiel: wenn sich irgendwo eine Gruppe von 3 Menschen findet, die in einer "erweiterten Beziehung" oder so ähnlich wunderbar miteinander leben und lieben können, wird das von vielen Menschen nach überholten moralischen Werten, die meist christlich/religiösen Ursprungs sind, als unmoralisch empfunden. Juristisch haben diese 3 Menschen aber wenig zu befürchten; lediglich als Ehe kann ihre Lebensgemeinschaft nicht gewertet werden und die Anwendung der Lebenspartner-Gleichstellungsklauseln wird.... schwierig
Formaljuristich wurde aber wegen der von dir genannten faktischen Vorwürfe ermittelt; der Ermittler - Garcia, glaub ich - war auch ein harter Hund und hat sich richtig in den Fall verbissen. Erst nach der WM wurde dann bekannt, daß die FIFA intern seine Ermittlungen und Ergebnisse soweit torpediert hat, daß er sich zum Rücktritt genötigt fühlte. Während offensichtlich also eine deutliche Schieflage bei der FIFA jedem klar sein musste, wurde erst im Dezember 2014 öffentlich klar, daß die "Selbstreinigungs"- bzw. Autokorrektur-Mechanismen in der FIFA auch blockiert waren. An die hab ich selbst - klar, ziemlich blauäugig - bis zur aktuellen Wiederwahl Blatters geglaubt. Auch wenn man vermuten konnte, daß ein großer Teil der FIFA-Funktionäre von der herrschenden Korruption profitieren, ist doch erst mit dem Wahlergebnis wirklich dokumentiert worden, daß eine sehr große Mehrheit ist.
Das ist mMn für Korruptionsstrukturen übrigens unüblich. Im Normalfall herrscht die im Halb-Verborgenen und ist darauf ausgelegt, einer Minderheit einen Vorteil zu bescheren.
Ausserdem vermischt du schuld. Die FIFA hat weder den Einsatz der Sklaverei in Katar eingefordert noch die Zwangs-Umsiedlungen (und Todesfälle bei den Bauarbeiten) in Brasilien; die gehen zu Lasten der nationalen Verbände, sind Detail-Resultate der Umsetzung ihres Bewerbungsplans und waren im Plan mit Sicherheit nicht detailiert enthalten. Hier macht sich die FIFA mMn nicht mal des Wegsehens schuldig, hat man sich doch wenigstens im Fall Katar - das wird immer offensichtlicher - die Bedenken wegbezahlen lassen; ist also im Korruptionsvorwurf enthalten.
Mitgetragen hat die FIFA jeder einzelne Zuschauer; das ist aber nicht jedem davon bewusst. Wie aus dem einfachen "Einschalten" Geldfluss generiert wird und wer dabei wirklich was zahlt, ist so unklar und nicht im Bewusstsein, daß endar sich unlängst genötigt fühlte, im GEZ-Thread mal auf die Finanzierung der Privaten einzugehen. Das gibt dir zu einem gewissen Teil Recht; so, wie du formulierst, klingt dein Vorwurf aber nach "Mittäterschaft", und die ist so nicht gegeben. Wenn du einer Gruppe was vorwerfen willst, dann musst die Gruppe ins Fadenkreuz nehmen, zu der ich gehöre: im Wissen darauf, daß bei der FIFA was/ne Menge nicht OK ist, sich auf die Ermittlungsgruppe zu verlassen und nicht auszusteigen. Nur, übertrag das mal bitte von der FIFA auf eine andere Struktur, bei der einiges nicht ok ist: Konsequent müsste man bei dem Verhalten auch sofort aufhören, Steuern zu zahlen, weil bei MAD und BND unsere verfassungsmässigen Grundrechte zu Gunsten eines Anbiedern an einen transatlantischen Bündnispartner vorsätzlich mißachten, bei Auftragsvergaben seitens der öffentlichen Hand immer wieder Vetternwirtschaft und Korruption zur Anwendung kommen usw. Das fordert niemand, weil da in der Folge juristische Konsequenzen auf den warten, der "moralisch integer" handelt. Die Forderung, einem moralischen Prinzip nur dort zu folgen, wo das Befolgen dieses Prinzips eben keine juristischen Konsequenzen hat, stuft das Prinzip auf Opportunismus runter und nimmt ihm selbst die moralische Integrität.
Und darum finde ich den Weg, die nationalen Verbände im/zum Kampf gegen die FIFA zu ermutigen, besser. Im Boxen haben sich aus weitaus niederen Motiven mehrere Weltverbände gebildet als die Bekämpfung von Korruption. Hat man erstmal 50-60 Mitgliedsverbände beisammen, ist eine Dachorganisation recht schnell aus dem Boden gestampft. Nur trauen wird sich das niemand - und witzigerweise gar nicht des Geldes wegen: dazu müsste jemand öffentlich deutlich Stellung beziehen und nicht wie Niersbach nur Andeutungen machen. Und Farbe bekennen ist überall, wo Funktionäre gleich welcher Zurordnung - Sport, Politik, Religionm whatever - rumlaufen, unpopulär. Oder anders ausgedrückt: Wenn Funktionäre Mut und Mumm hätten, würden sie sich ja nen richtigen Job suchen
Also: Ja, ich hab letztes Jahr die FIFA wider des Gefühls, daß die sich eh nicht Selbstreinigen, durch das Ansehen der WM-Spiele unterstützt. Ja, wenn Blatter 2018 noch lebt/im Amt ist, werde ich die WM boykottieren. Ja, ich würde den DFB zu einem Nicht-Antritt ermutigen und ja, ich würde den DFB zu einem FIFA-Austritt ermutigen. Aber auch: ja, eine Spaltung in mehrere Weltverbände würde dem Fußball schaden.
Nur: soweit denkt in Deutschland nur eine Minderheit. Und bei konsequenter Umsetzung würde wie erwähnt kein Cent Steuern mehr fließen - denn überall, wo Geld gesammelt und verteilt wird, ist Korruption am Werk. Um die zu stoppen, bräuchte man wesentlich abschreckendere Strafen - im Bereich von Todesstrafe für die direkt beteiligten Unterhändler und vollständiger Enteignung der beteiligten Unternehmen, Verbände, Parteien und Familien; derartiges Strafmaß ist aber mit dem Rechtsstaat nicht in Einklang zu bringen, aber so lange das "gewonnene" Geld irgendwo abgelegt werden kann, wo es den StraftäterInnen oder denen, die ihnen wichtig sind, hilft, wirkt keine andere Strafe wirklich abschreckend.
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