Zitat von monadora
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Man glaubt hier ja an etwas, dass das eigene Ich und sogar die materialistische Welt transzendiert. Damit wird selbstloses Handeln ein Teil der Suche nach seinem wahren Selbst und dessen Verwirklichung.
Aber das geht jetzt zu weit, so etwas kann man evtl im Glaubens-Topic diskutieren.
Ich kenne ein paar streng-christliche Familien, in denen man versucht, den eigenen Willen eines Kindes schon so früh wie möglich zu brechen, damit es lernt, "selbst"los zu werden.
Aber das geht eigentlich mit christlicher Theologie nicht so wirklich überein.
Man denke nur welches Beispiel der himmlische Vater gegenüber dem verlorenen Sohn setzt. Er lässt ihn seinen eigenen Weg gehen, in der bloßen Hoffnung, dass er irgendwann erkennt, dass er sein Selbst erst zu Hause tatsächlich verwirklichen kann.
Dass Familien hier mit Zwang agieren hat etwas mit mangelndem Glauben zu tun, der Furcht die Kinder landen am Ende in der Gosse, wenn man nicht streng genug erzieht.
Andererseits Null Erziehung ist ja bewiesenermaßen ebenfalls falsch. Kinder brauchen Strukturen und Eltern müssen ihre Rolle als Eltern auch tatsächlich aktiv ausfüllen. Ansonsten kann das psychisch recht fatale Folgen haben.
Eine Freundin arbeitet als Therapeutin mit Kindern und erzählt immer, dass im Grunde zuerst die Eltern therapiert werden müssten. Meistens kommen die Probleme von ihnen, weil das Kind entweder allein gelassen oder zu sehr umklammert wird. Beide Extreme sind falsch. Wenn ich mein Kind liebe erziehe ich es aktiv, aber breche nicht seinen Willen, sondern erziehe dahin, dass es als Erwachsener stabil genug ist auf eigenen Füßen zu stehen.
Auf die Definition "Der Mensch ist ein soziales Wesen" bin ich im Prinzip nicht gut zu sprechen. Ich kenne diese Definition nur in dem Zusammenhang, dass man das Individuelle im Menschen ausrotten oder absprechen will.
Ich verstehe eine soziale Gemeinschaft als ein vielfältiges Mossaik. Jeder Mensch hat ganz eigene Talente und Arten die Welt zu sehen. Diese einzigartige Individualität kommt aber erst im Miteinander mit anderen Menschen zu ihrer größten Entfaltung. Das Individuelle und die Gemeinschaft gehören in Beziehung zueinander.
Das klappt aber eben nur in echten Beziehungen, Familie, Freunde, Nachbarn, Kollegen,.... Ich kann keine echte Beziehung zu etwas Abstraktem wie Nation, Volk, Arbeiterklasse, etc.pp. führen. Daher scheitert es auf diesen Ebenen und hat die von dir beschriebenen Folgen. Daher bin ich Patriotismus gegenüber skeptisch.
Ich verstehe auch deine noch weiter gehende Skepsis. Ich kenne die auch sehr gut.
Aber inzwischen sehe ich es etwas ausgewogener, weil ich sehe in welche Einsamkeit und Verantwortungslosigkeit eine rein aufs Individuum fixierte Gesellschaft schlittert. Wir brauchen beides. Freiraum für den Einzelnen und seine Gedanken, aber auch ein Gefühl von Verantwortung für meinen Nächsten. Ich stehe in Beziehung zu meiner Umwelt, ich bin keine Insel.
Ich denke, das darf auch nicht "greif"bar sein. Sie ist spürbar, wahrnehmbar, vor allem in der Liebe zu einem Individuum, aber nicht nur dort.
Die Schriftstellerin Luise Rinser lässt eine Hauptfigur in einem ihrer Romane sagen - ich paraphrasiere, hab das Zitat nicht genau im Kopf -, dass es in ihrem Inneren einen kleinen Raum gebe, wo sie sich zurückziehen könne und wo sie "unverwundbar" - was für mich auch heßt: nicht "greif"bar - sei.
Ich verbinde mit so einer Aussage den Gedanken der Mystik - dass im Inneren des Menschen "der göttliche Funke" wohne, der den Menschen quasi unverfügbar mache.
Und umgekehrt verbinde ich mit dem Begriff "greifbar" - auch wenn Du es vermutlich nicht so gemeint hast, wie ich es jetzt sage - das Bedürfnis, den Menschen "in den Griff" zu kriegen, über ihn verfügen zu können.
Die Schriftstellerin Luise Rinser lässt eine Hauptfigur in einem ihrer Romane sagen - ich paraphrasiere, hab das Zitat nicht genau im Kopf -, dass es in ihrem Inneren einen kleinen Raum gebe, wo sie sich zurückziehen könne und wo sie "unverwundbar" - was für mich auch heßt: nicht "greif"bar - sei.
Ich verbinde mit so einer Aussage den Gedanken der Mystik - dass im Inneren des Menschen "der göttliche Funke" wohne, der den Menschen quasi unverfügbar mache.
Und umgekehrt verbinde ich mit dem Begriff "greifbar" - auch wenn Du es vermutlich nicht so gemeint hast, wie ich es jetzt sage - das Bedürfnis, den Menschen "in den Griff" zu kriegen, über ihn verfügen zu können.
Im tiefsten Inneren steckt etwas zu tief Heiliges und Ungreifbares.
Da kommen wir aber wieder Richtung Glaube. In der christlichen Mystik haben wir hier einen Doppelcharakter. Das Heilige ist einerseits ungreifbar in meinem tiefsten Inneren. In mir ist ein göttlicher Funke, der für andere ungreifbar bleiben muss. Dieser Teil meines Selbst hat ein gottgegebenes Recht auf Freiheit. Andererseits verweist jeder "göttliche Funke" immer auch nach außen auf den transzendenten Gott, also verweist über mein eigenes Selbst hinaus. Mein Selbst ist nicht der letzte Maßstab. Oder aber auch mein Selbst transzendiert mich als Individuum und geht erst in Gott wirklich in sich auf. Diesen Doppelcharakter haben wir aber nur im christlichen Glauben auf Grund der Ebenbildlichkeit des Menschen und der Trinität Gottes als transzendenter Vater und als innerlicher Hl. Geist.
Nun sind wir hier aber nicht im Glaubens-Thread.
Aus einer rein materialistischen Sichtweise kann es so etwas nicht geben. Da sind wir streng getrennte Wesen, nichts in mir verweist auf irgendwas außerhalb.
Selbstverwirklichung bedeutet hier m.E. nur die Verwirklichung meines innersten Wesens, meiner körperlichen und psychischen Funktionen. Selbstlos das Achten auf die Dinge außerhalb meiner eigenen körperlichen und psychischen Bedürfnisse.
Manche Theologen sagen, dass "Gott" für das Nicht-Verfügbare im Menschen stehe. Das halte ich für nachdenkenswert, auch wenn ich dafür den Begriff "Gott" nicht benutze.
Das "Nicht-Verfügbare" im Menschen verstehe ich als seine Individualität.
Das "Nicht-Verfügbare" im Menschen verstehe ich als seine Individualität.
Hier besteht die Gefahr in das Extrem einer vollkommenen Verinnerlichung zu fallen.
Mein Inneres ist ein toller Spielplatz und in seiner Einzigartigkeit muss es geschützt werden.
Aber wie gesagt: Ich bin keine Insel.
Ich stehe in Beziehung zu meiner Umwelt, ob ich das will oder nicht.
Es muss eine Balance zwischen der inneren und der äußeren Welt gefunden werden.
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