Zitat von V-o-l-k-e-r
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Bei mir persönlich ist es so, dass mich besonders gutes Aussehen von Frauen eher abschreckt, d.h. solche Frauen spreche ich in Partnerbörsen nicht an. Ich weiß beispielsweise, dass sich viele andere Bewerber um diese Person bemühen und meine Chancen entsprechend gering sind.
Daneben lässt das Aussehen einer Person auch Rückschlüsse auf ihre soziale Herkunft oder Lebensgewohnheiten zu. Vielen Frauen sieht man beispielsweise an, dass sie Raucher sind und aus eher bildungsfernen Milieus stammen. Nach meinen Erfahrungen bin ich aus Sicht dieser Frauen völlig uninteressant und unternehme auch keine Versuche, sie zu einem Date zu überreden. Es kommt erfahrungsgemäß nichts gutes dabei raus.
Insgesamt betrachtet, hat das Aussehen der Akteure anscheinend sehr unterschiedliche Auswirkungen auf Prozesse der Partnerwahl. Allein den Aspekt der Schönheit herauszustellen, greift aus meiner Sicht zu kurz.
Ob Aussehen die wichtigste Determinante für Partnerwahl ist, kann ich allerdings nicht beurteilen. Aus meiner Sicht relativiert sich einiges, wenn man versucht, zu erklären, warum Partnerwahl häufig nicht gelingt, d.h. warum so viele Menschen dauerhaft allein leben. Langjährige Liebesbeziehungen bzw. Partnerschaften sind sicher immer noch der Normalfall, aber es gibt immer mehr Menschen, die dauerhaft Single bleiben. Sehen die Menschen heute schlimmer aus als vor vierzig oder hundert Jahren? Ich sehe andere Aspekte als maßgeblich an:
1) Anspruchsinflation: Die Anforderungen an potentielle Partner sind gewachsen. Von einem Mann wird heute z.B. erwartet, die Rolle des Ernährers, des besten Freundes, des Seelenverwandten, des Liebhabers und des liebevollen Vaters zu übernehmen. Er muss eine männliche Ausstrahlung haben, mit beiden Beinen im Leben stehen, die Frau auf Händen tragen und ihr Frühstück ans Bett bringen. Solche Vorstellungen werden zum großen Teil über Massenmedien transportiert und haben mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun. Derartige Männer (Prototyp: „Der Bachelor“) stellen nur eine erlesene Minderheit dar. Partnerwahl gelingt da umso schwerer, je weniger die Beteiligten solchen Idealen entsprechen.
2) Individualisierung von Lebensstilen: Man konnte die frühere Gesellschaft in Stände, Klassen bzw. Schichten einteilen:
- Adel / Klerus / Kaufleute / Handwerker / Bauern
- Bürgertum / Angestellte / Arbeiter
- Oberschicht / Mittelschicht / Unterschicht
Diese Gruppen lassen sich mehr oder weniger vertikal/hierarchisch anordnen, d.h. sie spiegeln eine Rangfolge ungleicher Macht- bzw. Einkommens-/Vermögensverhältnisse wider. Innerhalb dieser Gruppen waren die Menschen einander relativ ähnlich.
In modernen Gesellschaften existiert diese Form der Differenzierung fort. Hinzu kommt noch eine vertikale Differenzierung unterschiedlicher Lebensstile und Milieus. D.h. z.B. dass innerhalb der Ober-/Mittel/Unterschicht weitere Differenzierungen zum Vorschein kommen. Ich will nicht weiter ins Detail gehen und gleich die Pointe vorwegnehmen: Auf die gesellschaftliche Bühne treten immer mehr unterschiedliche Typen, die in ihrer Freizeit individuellen Neigungen nachgehen, wie z.B. Nerds, Autotuner, Ökos, Sportler, Anhänger spezieller Musikstile (z.B. Hip-Hopper). Unsere Großeltern kannten solche Wahlmöglichkeiten noch nicht. Durch diese zusätzliche Binnendifferenzierung der Gesellschaft werden die Menschen einander noch unähnlicher. Wenn man der Prämisse folgt, dass die Ähnlichkeit der beteiligten Akteure eine Determinante der Partnerwahl ist, dann verringern derartige Unterschiede die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Partnerschaft. Um es plastisch zu machen: Die Rockerin und der Hip-Hopper sind nicht miteinander kompatibel. Und die modebewusste Veganerin wird mit dem Nerd nicht warm.
An Komplexität gewinnt das ganze auch noch dadurch, dass Verwandte und Freunde ebenfalls einem bestimmten Mileu angehören. Daher spielt es bei der Partnerwahl auch eine Rolle, ob der Lebensstil des potentiellen Partners von Eltern und Freunden akzeptiert wird.
Das ist freilich eine Zuspitzung. Die Realität ist natürlich bunter und voller Gegenbeispiele.
Unterhalb dieser Form der gesellschaftlichen Differenzierung sehe ich noch eine Ebene individueller Unterschiede, welche ebenfalls bei Prozessen der Partnerwahl wirksam werden kann. Ich bewege mich z.B. in einer Welt, in der Gesprächsinhalte von Themen wie Statistik, Soziologie und öffentlicher Dienst geprägt sind. Innerhalb dieser Welt kann ich interessante Gesprächsthemen und Perspektiven einbringen und mein Humor wird verstanden. Außerhalb davon stoße ich manchmal auf Unverständnis. Bei einem meiner Dates vor einigen Monaten habe ich z.B. wie eine Art Moderator durch die einzelnen Themenblöcke (z.B. "Beruf", "Hobbys", "Familie") geführt. Die Frau, mit der ich mich verabredet hatte, fand das aber überhaupt nicht witzig. (Die für mich interessante Frage ist: Hätte sie es vielleicht witzig gefunden, wenn ich so ein maskuliner Mann des Typ "Der Bachelor" wäre?).
3) Alleinleben als gesellschaftlich akzeptierte Alternative: In der modernen Gesellschaft wird das Leben als Single als eines von vielen möglichen Lebensentwürfen akzeptiert. Der gesellschaftliche Druck, eine Familie haben zu müssen, ist geringer als zu früheren Zeiten. Anstatt das Risiko einzugehen, mit dem „falschen“ Partner zusammenzuleben, entscheiden sich daher immer mehr Menschen bewusst dafür, dauerhaft allein zu leben.
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