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Ist Hartz IV zu niedrig?

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    Zitat von Axel77 Beitrag anzeigen
    Ich habe mich leider eine Weile mit H4 herumschlagen dürfen. Glücklicherweise bin ich da jetzt raus und habe eine (zumindest eine zeit lang) eine Anstellung. Daher mal ein paar Beispiele von mir und meinen Erfahrungen.
    Ich kann die Einschätzungen und Erfahrungen im Wesentlichen nachvollziehen. Als schlimmstes Problem habe ich allerdings weniger die geringen Einnahmen sondern vor allem das fehlende Verständnis der Mitmenschen über meine Situation wahrgenommen. Nachdem es in meiner Heimat bereits seit 20 Jahren Erfahrungen mit Massenarbeitslosigkeit gibt, sollte man annehmen, dass es bereits so etwas wie Grundkonsens gibt, dass Arbeitslosigkeit ein gesellschaftliches Problem ist (hervorgerufen durch ein Überangebot von Arbeitskräften auf einem Arbeitsmarkt). Tatsächlich aber habe ich den Eindruck gewonnen, dass man Arbeitslosigkeit als individuelles Problem wahrnimmt, d.h. der Einzelne ist für diesen Zustand selbst verantwortlich, da er nicht qualifiziert genug ist, sich nicht richtig bewirbt oder nicht arbeiten will. Auch Arbeitnehmer (umgangssprachlich "Arbeitgeber" genannt) nehmen so eine Position ein, was auch eine Erklärung dafür ist, weshalb Langzeitarbeitslose nur so schwer eine Stelle bekommen. Am meisten weh tut es allerdings, wenn das Verständnis bei Freunden, Bekannten, Nachbarn usw. fehlt. Ich kann mittlerweile sehr gut verstehen, welche Probleme z.B. Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderte oder Schwule in der Gesellschaft haben.

    Mittlerweile habe ich eine gutbezahlte, unbefristete Stelle im öffentlichen Dienst. Ich kann jetzt leben, wie im Sozialismus. Was früher gewesen ist, könnte mir eigentlich egal sein. Ich verdanke meine jetzige Stelle einer Vielzahl glücklicher Umstände: vorheriger Stelleninhaber hat seine Stelle aufgegeben, Stellenausschreibung wurde extern ausgeschrieben, ich habe Stellenausschreibung zufällig gelesen, ich wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen, war gut drauf zum Vorstellungsgespräch, Mitbewerber waren schlechter drauf. Nach 1,5 Jahren ALGII-Bezug war das vermutlich die letzte Möglichkeit, um im qualifizierten Beschäftigungsbereich überhaupt noch unterzukommen. Letztlich habe ich einfach nur Glück gehabt. Auch die spätere Entfristung der Stelle ist auf glückliche Umstände zurückzuführen, da die personalpolitische Strategie der Organisation aktuell genau in die entgegengesetzte Richtung läuft.
    Vielleicht sollten die aktuellen Inhaber unbefristeter Stellen sich gelegentlich vergegenwärtigen, dass ihre eigene Situation auf glückliche Umstände zurückzuführen ist, bevor sie auf Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger schimpfen.
    Zuletzt geändert von Largo; 18.02.2012, 09:34.
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      Zitat von Axel77 Beitrag anzeigen
      Naja so Sachen wie die Schönung der Arbeitlosenstatistik (Minijobber, Ältere und Leute in Weiterbildungsmassnahmen werden einfach nicht mitgezählt) kommt dann noch dazu, 4 Millionen sind realistisch.
      Das ist noch weit unterhalb der grausamen Realität.

      Irgendjemand hat sich mal die Mühe gemacht, den Monatsbericht der Agentur für Arbeit auseinander zu nehmen (mir selbst ist das zu mühsam; schließlich ist er ja so geschrieben, dass man ihn nicht auf Anhieb verstehen kann/soll) und die tatsächlichen Zahlen ermittelt. Ich kopiere diese Aufstellung mal hier rein (ist zwar von 2010, aber so viel hat sich ja nicht geändert):

      In Sperrzeiten gemäß §144 SGBIII (ALGI), 08/2010: 61.930
      Gemeldete Arbeitslose, 08/2010: 3.188.122
      Teilnehmer an ausgewählten Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik, 08/2010: 1.376.178
      Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung, 08/2010: 253.724
      Arbeitsgelegenheiten nach §16d SGB II (1 Euro-Jobs), 08/2010: 318.982
      Leistungsempfänger ALGI, 08/2010: 933.400
      Leistungsempfänger ALGII, 08/2010: 4.892.162
      Leistungsempfänger aus ALGII-Bedarfsgemeinschaften., 08/2010: 1.812.932
      In Kurzarbeit nach SGB III 06/2010: 405.573

      Also zusammen 13.242.463 Leistungsempfänger wegen ganzer oder teilweiser Arbeitslosigkeit !!!!


      Und zu der Sache mit den Maßnahmen: Es hat sich tatsächlich eine ausgesprochen menschenverachtende und perverse Industrie rund um Hartz4 entwickelt, für die ich auch noch tätig bin (als Honorardozentin für diverse Bildungsträger, die solche Maßnahmen anbieten). Es werden tatsächlich Milliarden für die Statistikschönung ausgegeben, obwohl man dieses Geld auch für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ausgeben könnte, die tatsächlich Sinn machen. Schließlich fehlt es ja an allen Ecken und Enden an Arbeitskräften, aber kaum jemand stellt ein, weil Arbeitskräfte ja so teuer sind ... .
      Irgendwie krank, das Ganze.
      Pluto for Planet!

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        Zitat von Hana Soline Beitrag anzeigen
        Irgendjemand hat sich mal die Mühe gemacht, den Monatsbericht der Agentur für Arbeit auseinander zu nehmen (mir selbst ist das zu mühsam; schließlich ist er ja so geschrieben, dass man ihn nicht auf Anhieb verstehen kann/soll) und die tatsächlichen Zahlen ermittelt. Ich kopiere diese Aufstellung mal hier rein (ist zwar von 2010, aber so viel hat sich ja nicht geändert):

        In Sperrzeiten gemäß §144 SGBIII (ALGI), 08/2010: 61.930
        Gemeldete Arbeitslose, 08/2010: 3.188.122
        Teilnehmer an ausgewählten Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik, 08/2010: 1.376.178
        Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung, 08/2010: 253.724
        Arbeitsgelegenheiten nach §16d SGB II (1 Euro-Jobs), 08/2010: 318.982
        Leistungsempfänger ALGI, 08/2010: 933.400
        Leistungsempfänger ALGII, 08/2010: 4.892.162
        Leistungsempfänger aus ALGII-Bedarfsgemeinschaften., 08/2010: 1.812.932
        In Kurzarbeit nach SGB III 06/2010: 405.573

        Also zusammen 13.242.463 Leistungsempfänger wegen ganzer oder teilweiser Arbeitslosigkeit !!!!
        Diese Schlussfolgerung ist nicht zulässig. Es handelt sich nicht um disjunkte Gesamtheiten. Beispielsweise gibt es Personen, die gleichzeitig Bezieher von Kurzarbeitergeld und ALGII sind. In Deinen 13 Millionen sind bestimmte Personen doppelt, dreifach oder vierfach enthalten.
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          Zitat von Largo Beitrag anzeigen
          Diese Schlussfolgerung ist nicht zulässig. Es handelt sich nicht um disjunkte Gesamtheiten. Beispielsweise gibt es Personen, die gleichzeitig Bezieher von Kurzarbeitergeld und ALGII sind. In Deinen 13 Millionen sind bestimmte Personengruppen doppelt, dreifach oder vierfach enthalten.
          Ich meine, das wurde bereits bedacht.
          Aber deswegen ist es mir ja auch zu mühsam, mich durch den Bericht durchzuwühlen, weil man immer nicht weiß, was jetzt Teilmenge wovon sein soll. Aber wie schon gesagt, wir sollen es ja auch nicht verstehen.
          Pluto for Planet!

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            Zitat von Hana Soline Beitrag anzeigen
            Ich meine, das wurde bereits bedacht.
            Was soll man da bedenken? Du hast sehr unterschiedliche Sachverhalte aufgezählt: Arbeitslose, Bezieher spezieller Leistungsarten, Maßnahmeteilnehmer. Es liegt auf der Hand, dass es Überschneidungen zwischen diesen Gruppen gibt. So ist z.B. kein Widerspruch gleichzeitig Hartz-IV-Empfänger und Arbeitsloser zu sein. Aber es ist auch nicht so, dass beide Tatbestände identisch sind.
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              Das ist dann noch ein Problem, was dazukommt. Wer es nicht schon selbst erlebt hat, wird es halt nicht verstehen: Wer Hartz IV bekommt, ist halt ein Mensch dritter Klasse hierzulande. Eine Freundin hatte schon grösste Probleme, überhaupt eine Wohnung zu finden. Sobald das Wort Hartz IV fällt, ist der Herr, der die Wohnung zeigt, plötzlich nicht mehr so freundlich. Oder erst die Arbeitgeber: Einerseits werden Leute, die Hartz IV bekommen, bei Bewerbungen oft gar nicht erst berücksichtigt, anderseits versuchen sie dann alles, um einen im Bereich Gehalt und Bezahlung noch weiter zu drücken. Ich z.B. habe jetzt 1900,-/brutto für eine 50Std. Woche. Vorher hatte ich so 2200-2300,-/40 Std. Woche.

              Dass viele im Umfeld so reagieren, habe ich nur teilweise so erfahren. Viele zeigen aber auch Verständnis. Das Problem ist auch, dass dieses Thema sowohl von den Politikern, als auch in Talkshows immer wieder aufkommt, nach dem Motto: Ihr liegt uns auf der Tasche, sucht Euch nen Job! Diese Situation kann man meiner Meinung nach auch nur ganz nachvollziehen, wenn man selbst in der Lage ist, bzw. schon war.

              Die Einschätzung zu den Arbeitsverhältnissen kann ich auch nachvollziehen. Die, die jetzt so 50-60 sind oder schon Rente bekommen, durften sich nie mit Niedriglöhnen, Zeitarbeit und befristeten Arbeitsverhältnissen rumschlagen. Oft sind es gerade die, die dann am meisten auf den heutigen Arbeitslosen rumprügeln im verbalen Sinne.








              Zitat von Largo Beitrag anzeigen
              Ich kann die Einschätzungen und Erfahrungen im Wesentlichen nachvollziehen. Als schlimmstes Problem habe ich allerdings weniger die geringen Einnahmen sondern vor allem das fehlende Verständnis der Mitmenschen über meine Situation wahrgenommen. Nachdem es in meiner Heimat bereits seit 20 Jahren Erfahrungen mit Massenarbeitslosigkeit gibt, sollte man annehmen, dass es bereits so etwas wie Grundkonsens gibt, dass Arbeitslosigkeit ein gesellschaftliches Problem ist (hervorgerufen durch ein Überangebot von Arbeitskräften auf einem Arbeitsmarkt). Tatsächlich aber habe ich den Eindruck gewonnen, dass man Arbeitslosigkeit als individuelles Problem wahrnimmt, d.h. der Einzelne ist für diesen Zustand selbst verantwortlich, da er nicht qualifiziert genug ist, sich nicht richtig bewirbt oder nicht arbeiten will.

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                Zitat von arthur Beitrag anzeigen
                Warum müssen immer die extremsten aller extremen Negativbeispiele ausgepackt werden, nur um eine allgemein gültige und niemanden schädigende Aussage zu widerlegen?
                Und wen genau interessieren die "Positivbeispiele"? Welche sollen das überhaupt sein?
                Wer schert sich denn nen feuchten Kerich um Lieschen Müller aus Klein-Einfachdorf-Brauxel, die 4171 Euro aus ihren Putz-Nebenverdiensten aufs Konto gelegt hat und dafür nun unglaubliche 1,1% Zinsen p.a. kassiert?

                Das ist doch vollkommen irrelevant.

                Wir reden hier über die Millionäre und Milliardäre, die in der Lage sind, mit purem Zinseszinseffekt nicht nur ihre "Umkosten" zu decken, sondern ihr Vermögen auch zu mehren.
                Wir reden hier von den Millionären und Milliardären, die wie "besagter Telefonmogul aus Mexiko" oder wie ein gewisser Mr. M. Zuckerberg einfach realitätsfremde Börsenspekulationen oder nutzlose Werbeprodukte "produzieren" und sich jedes Jahr Mehr Geld aufs Konto schaufeln, als die meisten Staaten der Welt pro Jahr in ihren Staatshaushalt schießen können.

                Das sind die Leute die interessieren, das sind die Beispiele, die völlig zu Recht genannt werden, denn die oberen 10% in Deutschland halten 55% des Vermögens, die oberen 0,1% (!) immerhin noch fast 25% !! (Deutsches Privatgesamtvermögen VOR Abzug aller Verbindlichkeiten: 10 Billionen Euro), während 35 Millionen Deutsche in diesem Land (knapp die Hälfte der Bevölkerung) demgegenüber nur über einen Anteil von lächerlichen 1,4% verfügen.

                Angesichts dieser Zahlen und der Unfähigkeit des Staates, dieses Vermögen abzuschöpfen, fällt es mir wahrlich schwer, Hartz IV oder 10 Euro Mindestlohn als "zu hoch" einzustufen, wie es manch einer suggerieren will.

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                  Zitat von Largo Beitrag anzeigen
                  Was soll man da bedenken?
                  Da habe ich mich mal wieder falsch ausgedrückt . Ich meinte damit den "Ermittler" der Zahlen, der sich bei seiner Erhebung echt Mühe gegeben hat.

                  Aber wie auch immer: Die korrekten Arbeitslosenzahlen KÖNNEN wir niemals ermitteln, da 1. die Zahlen unterschiedlicher Kategorien zeitversetzt veröffentlicht werden (was jeder im I-Net nachvollziehen kann) und dass 2. sehr viele Kategorien gar nicht erfasst werden.
                  Was ist denn mit den ganzen unfreiwilligen Hausfrauen/-männern, den unendlich vielen ausgebeuteten Honorarkräften uswusw.... diese erscheinen in keiner Statistik.

                  Und um auf meine Vorposter einzugehen: Ihr habt Recht, alleine der Terminus "Hartz4" bringt andere Menschen dazu, sich ein komplettes Bild über die Persönlichkeit eines "Hartzis" zu bilden: Kann nichts, will nichts, weiß nichts :

                  Tragisch, tragisch .
                  Pluto for Planet!

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                    Ich hab ja glaub schon im andern Thread geschrieben:
                    diese Blicke oft vom Gegenüber, wenn der hört: Hartz 4 ("aha!" - man sieht förmlich, wie sich da im Kopf des anderen ein Bild gestaltet und ne Schublade öffnet) - und dann gehts los: Schulabschluß (dann auch noch "Realschulabschluß" + Besuch des Fachgymnasiums), abgeschlossene Ausbildung, bereits ein paar Jahre gearbeitet... und schon geht beim andern die Kinnlade runter, weil das so gar nicht zum zuvor gedachten Bild passt.

                    (Zu irgendwas muß ne Ausbildung ja gut sein, und wenns nur ist, Klischees kaputt zu machen. )
                    Nothing is forgotten, nothing is ever forgotten!

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                      Zitat von Axel77 Beitrag anzeigen
                      Warum wird man gezwungen, Ersparnisse aufzubrauchen, die man fürs Alter zurückgelegt hat? Ich dachte immer, man sollte für das Alter vorsorgen, da die Sozialsysteme unsicher werden? Und wenn man dann in Not ist, wird man vom Staat zwangsenteignet? Logik dahinter?
                      Das gehört sicherlich mit zum größten Nonsens bei der ganzen Geschichte. Gerade solche Sachen wie eine Kapitallebensversicherung, die eindeutig der Altersvorsorge dient, als Vermögen anzurechnen und die Leute im Zweifelsfall zu zwingen, diese aufzulösen, ist wirklich ein Riesenblödsinn.

                      Ich denke, was das Thema Altersarmut betrifft, wird wohl in den nächsten Jahren noch so einiges, unangenehmes auf uns zukommen und mit etwas Pech, ist man womöglich selbst betroffen.

                      Gruß, succo

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                        Zitat von Hana Soline Beitrag anzeigen
                        Das ist noch weit unterhalb der grausamen Realität.

                        Irgendjemand hat sich mal die Mühe gemacht, den Monatsbericht der Agentur für Arbeit auseinander zu nehmen (mir selbst ist das zu mühsam; schließlich ist er ja so geschrieben, dass man ihn nicht auf Anhieb verstehen kann/soll) und die tatsächlichen Zahlen ermittelt. Ich kopiere diese Aufstellung mal hier rein (ist zwar von 2010, aber so viel hat sich ja nicht geändert):

                        In Sperrzeiten gemäß §144 SGBIII (ALGI), 08/2010: 61.930
                        Gemeldete Arbeitslose, 08/2010: 3.188.122
                        Teilnehmer an ausgewählten Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik, 08/2010: 1.376.178
                        Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung, 08/2010: 253.724
                        Arbeitsgelegenheiten nach §16d SGB II (1 Euro-Jobs), 08/2010: 318.982
                        Leistungsempfänger ALGI, 08/2010: 933.400
                        Leistungsempfänger ALGII, 08/2010: 4.892.162
                        Leistungsempfänger aus ALGII-Bedarfsgemeinschaften., 08/2010: 1.812.932
                        In Kurzarbeit nach SGB III 06/2010: 405.573

                        Also zusammen 13.242.463 Leistungsempfänger wegen ganzer oder teilweiser Arbeitslosigkeit !!!!
                        Halbieren wir mal die Zahlen und packen nochmal rund 2 Mio drauf von Arbeitslosen, die nicht in diesen aufgeschlüsselten Statistiken sind, weil sie entweder keinen Antrag auf Alg I oder II gestellt haben oder aufgrund Ehepartnerverdienst gar keine Leistungen beziehen, aber trotzdem keinen Job haben.

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                          Zitat von Hana Soline Beitrag anzeigen
                          Das ist noch weit unterhalb der grausamen Realität.

                          Irgendjemand hat sich mal die Mühe gemacht, den Monatsbericht der Agentur für Arbeit auseinander zu nehmen (mir selbst ist das zu mühsam; schließlich ist er ja so geschrieben, dass man ihn nicht auf Anhieb verstehen kann/soll) und die tatsächlichen Zahlen ermittelt. Ich kopiere diese Aufstellung mal hier rein (ist zwar von 2010, aber so viel hat sich ja nicht geändert):

                          In Sperrzeiten gemäß §144 SGBIII (ALGI), 08/2010: 61.930
                          Gemeldete Arbeitslose, 08/2010: 3.188.122
                          Teilnehmer an ausgewählten Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik, 08/2010: 1.376.178
                          Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung, 08/2010: 253.724
                          Arbeitsgelegenheiten nach §16d SGB II (1 Euro-Jobs), 08/2010: 318.982
                          Leistungsempfänger ALGI, 08/2010: 933.400
                          Leistungsempfänger ALGII, 08/2010: 4.892.162
                          Leistungsempfänger aus ALGII-Bedarfsgemeinschaften., 08/2010: 1.812.932
                          In Kurzarbeit nach SGB III 06/2010: 405.573

                          Also zusammen 13.242.463 Leistungsempfänger wegen ganzer oder teilweiser Arbeitslosigkeit !!!!
                          Wie kommst Du da auf 13 Millionen? Es macht ja keinen Sinn, einfache alle Zahlen da zu addieren... Leistungsempfänger ALGI hast du ja ca. 900.000, dazu kommen dann nochmal 6,6 Millionen ALGII-Empfänger und Empfänger aus ALGII Bedarfsgemeinschaften... Aber es sind ja nicht alle ALGII Empfänger auch Arbeitslose. Kinder von "HartzIV"-Eltern zählen da ebenso rein, Aufstocker die ergänzendes Arbeitslosengeld 2 bekommen, dauerhaft Arbeitsunfähige, die ALGII bekommen etc. Sicher ist die tatsächliche Arbeitslosigkeit höher als die offizielle Statistik, aber niemals 13 Millionen.
                          "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
                          -Cpt. Jean-Luc Picard

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                            Hartz IV ist zu niedrig angesetzt und je niedriger, desto geringer wird auch die Entlohnung im Niedriglohnsektor. Es gibt angeblich Menschen, die weniger Geld erhalten als Hartz-IV-Empfänger ... das geht gar nicht, denn wenn man drunter ist, wird aufgestockt, es sei denn, es verzichtet jemand freiwillig darauf, um nicht von den Jobcentern genervt zu werden.

                            Man kann von dem Satz von 374 € nicht wirklich optimal leben. Das können nur Anspruchslose ohne sinnvolle Interessen, die Kreativität und Motivation nun mal fördern. Auch die Ernährung muss bei Hartz IV angepasst werden. Wer bei Discountern einkauft, weiß nicht wirklich, was er ißt ... ist also nicht unbedingt lebensverlängernd. Alles ist nur zum Minimum möglich. Aber wer Löwenzahn, Brennnessel usw. mag, gerne mit geflickten Sachen rumläuft oder abgelatschten Schuhen, fühlt sich wie im Schlaraffenland, wenn der Druck nicht wäre, sich laufend zu bewerben.

                            Sobald Anschaffungen nötig werden oder andere unvorhergesehene Dinge geschehen (Krankheit, Schulden, Trennung etc.), ist ein Totalabsturz möglich. Hartz IV demotiviert statt zu fördern, denn ohne Geld ist TV angesagt oder Langeweile ... ist diese Frustbetäubung wirklich erstrebenswert? Stattdessen wird man auch noch in Sinnlosmaßnahmen gesteckt ... Ziel: weitere Demotivierung.

                            Mit Sanktionen bedroht zu werden, ist entwürdigend und schafft auch keine Arbeitsplätze. Sanktionen erübrigen sich, wenn fähige Jobcenter-Mitarbeiter und ausreichend Arbeitsplätze zu Verfügung stehen und haben erst recht keine Berechtigung in der gegenwärtigen Situation, in der Hartz-IV-Empfänger genötigt werden, grundgewetzwidrige Eingliederungsvereinbarungen zu unterschreiben.

                            Hartz IV ist schon längst überholt und dient nur zur Abschreckung oder Beruhigung, damit es keine Aufstände gibt. Außerdem braucht der Staat (Regierung oder wie man es sonst nennen mag) ja irgendwie auch einen Buhmann, auf den man die ganze Aufmerksamkeit lenken kann, so dass die Mächtigen keine Angst haben müssen um ihre Position. Unsere Politik ist absolut korrupt und unfähig, einen Staat lange am Leben zu erhalten ... die Geschichte zeigt dies zur Genüge.
                            "A life is like a garden. Perfect moments can be had, but not preserved, except in memory. " (Leonard Nimoy)

                            Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen. (Seneca)

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                              sorry, dass ich länger gebraucht habe, um zu anworten, aber besser spät als nie.

                              Zitat von arthur Beitrag anzeigen
                              Das ist auch nicht ganz korrekt.
                              1) Der Arbeitslose muß sich an den Inhald der EGV halten, wenn er diese unterschrieben hat.
                              Richtig, er kann die Unterschrift verweigern (niemand kann zum Vertragsabschluss gewungen werden, auch dann, wenn es sich um öffentlich-rechtliche Verträge handelt).

                              Zitat von arthur Beitrag anzeigen
                              2) Unterschreibt er sie nicht - und auch nicht den VA -, so muß er sich an NICHTS halten was da geschrieben steht und es dürfen keine Sanktionen folgen. Ansonsten geht es ab vor`s Sozialgericht........etc....
                              Wenn er die Eingliederungsvereinbarung (EGV) nicht unterschreibt, so kommt diese nicht zustande und entfaltet somit auch keinerlei rechtliche Wirkung. Allerdings handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, welcher Sachverhalte regelt, die auch per Verwaltungsakt (VA, üblicherweise schriftlicher Bescheid) geregelt werden können.
                              Wenn man also den Abschluss der EGV verweigert, muss man damit rechnen, dass ersatzweise ein VA mit den selben rechtlichen Inhalt erlassen wird und dieser wird vom Empfänger NICHT unterschrieben. Ein VA wird beim Zugang wirksam (beim schriftlichen VA gem. der juristischen Fiktion drei Tage nach Versand).

                              Ob der Leistungsberechtigte nun die EGV unterschreibt, oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertages verweigert und stattdessen ein VA mit selbigen Inhalt ins Haus flattert, macht inhaltlich keinen Unterschied, abgesehen von den wichtigen Aspekt, auf den Du sicher hinaus wolltes: Gegen einen VA kann man Widerspruch einlegen (gegen eine EGV kann man nur klagen, wie bei jedem Vertrag).

                              Den Vertragsabschluss zu verweigern mag in Fällen ratsam sein, wo man den Eindruck gewinnt, gewissermaßen "über das Ohr gehauen" zu werden. Für den Fall, dass die EGV moderat ausfällt, empfehle ich den Vertragsbabschluss, da man sich ansonsten nur unnötig einen schlechten Namen beim Geldgeber macht und der darauf folgende VA ohnehin vermutlich mit den selben Inhalt und wahrscheinlich frei von Rechtsmängeln zugesandt wird.

                              Also, nicht Widerstand nur des Widerstands wegen. Aber begründet - ja, natürlich.

                              Zitat von arthur Beitrag anzeigen
                              In meiner EGV (damals war ich noch grün hinter Ohren und hab immer gleich unterschrieben...) stand mal "ich solle Bewerbungen schreiben".
                              Da sonst nichs angegeben war habe ich NULL Bewerbungen geschrieben und habe damit vor dem SG gewonnen, weil 1) bereits Dezember war als ich sie schreiben sollte und 2) die Anzahl an Bewebungen nur mündlich festgelegt war.
                              Nun, im Grunde war es doch eine super EGV, denn es stand Dir frei, die Anzahl der Bewerbungen selbst zu bestimmen. So eine EGV (ich gehe mal einfachkeitshalber davon aus, dass ansonsten nichts weiter geregelt ist) würde ich sofort unterschreiben und das Mündliche vergessen.

                              Aber aus Deinen Worten entnehme ich, dass man auf Dich Druck ausübte und die EGV einfach nur zu Deinen Gunsten "fehlerhaft" formuliert wurde. Dann blieb Dir natürlich nichts anderes übrig, als zu klagen. Es freut mich, dass Du gewonnen hast.
                              Aber ich möchte fast wetten, dass die nächste EGV eine Mindezahl für die Bewerbungsbemühungen enthielt.
                              _________________________________________________________________

                              Zitat von loona
                              wir wohnen gegenüber einer h4 familie. zwei eltern, drei kinder, zwei davon noch schule, der älteste so ungefähr 23 schätz ich ist so arbeitslos wie sein vater. sie fahren keine billigen autos und machen 2x/anno urlaub. tolle sache oder? entweder machen mance h4 ler was falsch oder die machen was so richtig richtig. tun nix, feiern im sommer jeden abend grillpartys im garten und führen ein besseres leben als die meisten arbeitenden.
                              jeder hat da andere ansichten und erfahrungen.
                              Also, gem. dem SGB II steht ihnen eine angemessene Miete und die Regelsätze zu. Nun gehe ich mal einfach davon aus, dass die Miete angemessen ist, so kommen dann noch fünf Regelsätze dazu und ich mache mal konservativ den Vater zum Haushaltsvorstand:
                              • Vater: 374,- €
                              • Mutter: 337,- €
                              • 1. Kind (volljährig): 299,- €
                              • 2. Kind (14- bis 17 Jahre):287,- €
                              • 3.Kind (14- bis 17 Jahre): 287,- €

                              Das ergibt eine Summe von 1584,- € (dazu kommt die Miete).

                              Natürlich werden die Regelsätze für die Kinder mit dem Kindergeld verrechnet und dieses zählt als Einkommen. Und hier greift die Einkommensbereinigung und ich gehe einfachkeitshalber von der Pauschale von je 30,- € aus. Es kommen also noch etwa 90,- € aus dem Kindergeld hinzu.

                              Die ergibt insgesamt eine Summe von 1674,- € (die Warmmiete wurde schon bezahlt, die Stromkosten aber keineswegs).

                              Das hört sich erstmal viel an, aber für eine fünfköpfige Familie ist das nicht viel. Außerdem hat man lediglich Anspruch auf 21 Kalendertage Urlaub. Alles darüber hinaus ist illegale Ortsabwesenheit.

                              Zitat von arthur Beitrag anzeigen
                              Das ist mit H4 nicht möglich.

                              _________________________________________________________________

                              Zitat von Largo Beitrag anzeigen
                              Vielleicht sollten die aktuellen Inhaber unbefristeter Stellen sich gelegentlich vergegenwärtigen, dass ihre eigene Situation auf glückliche Umstände zurückzuführen ist, bevor sie auf Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger schimpfen.
                              so ist es. So hatte ich Glück, dass ich nun eine befristete Stelle im öffentlichen Dienst habe. Wird der Vertrag entfristet, oder werde ich wieder arbeitslos? Ich weiß es nicht und dies entscheide ich auch nicht.

                              Ich freue mich, dass Du Glück hattest.

                              Zitat von TimeGypsy Beitrag anzeigen
                              Ich hab ja glaub schon im andern Thread geschrieben:
                              diese Blicke oft vom Gegenüber, wenn der hört: Hartz 4 ("aha!" - man sieht förmlich, wie sich da im Kopf des anderen ein Bild gestaltet und ne Schublade öffnet) - und dann gehts los: Schulabschluß (dann auch noch "Realschulabschluß" + Besuch des Fachgymnasiums), abgeschlossene Ausbildung, bereits ein paar Jahre gearbeitet... und schon geht beim andern die Kinnlade runter, weil das so gar nicht zum zuvor gedachten Bild passt.

                              (Zu irgendwas muß ne Ausbildung ja gut sein, und wenns nur ist, Klischees kaputt zu machen. )
                              Genau. Und leider kann ich bestätigen, dass dieses Schubladendenken tatsächlich verbreitet ist. Hast Du auch erlebt, dass man weniger freundlich behandelt wird und unterschwellig weniger Respekt erfährt, als wenn man arbeitet?
                              Also, ich fühlte mich vom sozialen Umfelt mehr geachtet, seitdem ich wieder arbeite. Dabei bin ich kein besserer Mensch geworden. - Gut, ich bin selbstbewusster geworden, aber ich lebe immer noch von Steuergeldern.


                              .
                              EDIT (autom. Beitragszusammenführung) :

                              Halman schrieb nach 5 Minuten und 27 Sekunden:

                              Zitat von Taanae Beitrag anzeigen
                              Hartz IV ist zu niedrig angesetzt und je niedriger, desto geringer wird auch die Entlohnung im Niedriglohnsektor.
                              auf diese Abhängigkeit machte ja schon der Redner in arthurs TV-Link aufmerksam.

                              Zitat von Taanae Beitrag anzeigen
                              Es gibt angeblich Menschen, die weniger Geld erhalten als Hartz-IV-Empfänger ... das geht gar nicht, denn wenn man drunter ist, wird aufgestockt, es sei denn, es verzichtet jemand freiwillig darauf, um nicht von den Jobcentern genervt zu werden.
                              Und die Aufstocker erhalten aufgrund des Freibetrages erheblich mehr. Bei mir waren es über 270,- € und dies erlebte ich als einen erheblichen Zugewinn an Lebensqualität gegenüber AlG II.
                              Zuletzt geändert von Halman; 21.02.2012, 16:43. Grund: Antwort auf eigenen Beitrag innerhalb von 24 Stunden!

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                                Ja, das Problem im Freundeskreis kenne ich leider auch. Von den Leuten, die noch nie arbeitslos waren und einen festen Arbeitsplatz haben.

                                Was aber auch übel ist, wenn man Aufstocker ist, hat man trotzdem nur 21 Tage Urlaubsanspruch mit OA - und die muss man beim Amt beantragen. Außerdem muss man weiter Bewerbungen schreiben, wird bombadiert mit Aufforderungen, einen besser bezahlten Job zu finden, die üblichen Drohungen etc.

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