Warum würden so viele die dunkle Seite wählen? - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Warum würden so viele die dunkle Seite wählen?

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Karl Ranseier: Die Sith empfinden sich nicht als böse, sind also weder fanatisch böse noch sonst irgendwas.
    Danke für Deine Ausführung zu den Sith. Ich kenne nämlich nur die Filme, aber keine Star Wars-Bücher.

    Bei der Bedeutung von „fanatisch böse“ haben wir uns wohl missverstanden. Sich selbst empfinden Fanatiker in der Tat selten als böse. Da aber Fanatiker von einer Idee besessen sind, tendieren sie zu Maßlosigkeit und Rücksichtslosigkeit, was von vielen Außenstehenden als böse eingeordnet wird.

    Karl Ranseier: Da das Ziel des Kultes immer die Herrschaft über die Galaxies ist, sollte man sie vielleicht in dem gleichen Mit-Psychopatischen Ansatz stecken wie den Übermensch nach Nietzsche, vielleicht sogar als institutionlisierte Psychopathie. Die Sith streben nach Perfektion - auch ihrer selbst oder ihres eigenen Kultes - und bedienen sich dabei gnadenlos ihrer Stärke genauso wie sie dabei bestehende Regeln - auch die ihrer eigenen Gesellschaft - brechen und ändern.
    Wenn ich Dich richtig verstehe, sind die Sith für Dich hartherzige Bürokraten, die gemäß dem Motto „An des Imperiums Wesen soll das Universum genesen.“ die Welt verbessern wollen und sich daher als gut einstufen. Dazu passt auch folgende Äußerung:
    „Imperien sind mehr als große Staaten; sie bewegen sich in einer ihnen eigenen Welt. Staaten sind in eine Ordnung eingebunden, die sie gemeinsam mit anderen Staaten geschaffen haben und über die sie daher nicht allein verfügen. Imperien dagegen verstehen sich als Schöpfer und Garanten einer Ordnung, die letztlich von ihnen abhängt und die sie gegen den Einbruch des Chaos verteidigen müssen.“ (Herfried Münkler, Politikwissenschaftler)

    Die Sith sind zudem von ihrem Streben nach Überlegenheit und Kontrolle geradezu besessen. Insofern sind sie fanatisch und böse.

    Karl Ranseier: zu Nietzsche: Der Übermensch in seinem Modell ist ein einzelner Mensch, der aus sich heraus frei von Schuldgefühlen in der Lage ist, sich über moralische, existente Regeln hinwegzusetzen, die der Menschheit in der Entwicklung im Weg stehen und so der Menschheit zum Guten die Entwicklung vorantreibt. Ausser der positiven Folge für die Umwelt entspricht dieser Grundansatz psychopatischen Zügen.
    Gute Idee, in diesem Zusammenhang auf Nietzsche einzugehen.
    Marinettis Futurismus beruht u.a. auf Nietzsches Philosophie.

    Interessant ist, dass beide einen exklusiven Männlichkeitskult betreiben. Beide bewundern kriegerische Männer, offene Gewalt und (ganz besonders Marinetti) Technik; Marinetti gilt sogar als Mitbegründer der synthetischen Musik. Dagegen haben sie ein Problem mit Frauen; alle beiden verachten sogar Frauen.
    Weiterhin interessant ist, dass anscheinend auch religiöse, männliche Fanatiker häufig Probleme mit Frauen haben.

    Zu Nietzsches Glaubenssätzen gehören die folgenden:
    Mittelmäßigkeit ist eines der schlimmsten Übel. Mitleid begünstigt Mittelmäßigkeit und verhindert Großartigkeit. Folglich ist der Wille zur Großartigkeit wünschenswert und erlaubt kein Mitleid.
    Der Lebenssinn liegt im Monumentalen, nicht im Glück. Die Masse hat keinen Anspruch auf Wohlergehen; ihr Leiden ist notwendig.
    „Fast alles, was wir 'höhere Kultur' nennen, beruht auf Vergeistigung und Vertiefung der Grausamkeit.“

    Babylon 5-Spoiler:
    SPOILERDie Schatten aus Babylon 5 teilen interessanterweise diese Auffassung. Wahrscheinlich ist Nietzsche der Prophet der Schatten.
    Es geht also um folgende Frage:
    Soll man schnell Großes schaffen mit dem Preis, dass viele „unbedeutende“ Menschen sterben?
    Oder entscheidet man sich für eine langsamere, weniger aufregende und unspektakuläre Entwicklung, damit möglichst wenige Menschen leiden?

    Nietzsche würde wohl sinngemäß die folgenden Aussagen tätigen:
    • Es war richtig, dass wahrscheinlich mehrere Arbeiter für den Bau der großartigen Pyramiden ihr Leben gelassen haben.
    • Der Eifer von Wernher von Braun war vorbildlich. Bei dem Bau seiner V-2 sind 12 000 Menschen gestorben, bei ihrem Einsatz 8 000. Seine Raketenforschung hat immerhin zum großartigen ersten Schritt ins Weltall geführt.
    • König Leopold II. hat seinem Land (und sich) zu mehr Glanz und Macht verholfen, indem er den Kongo plündern ließ. Den Tod der ca. 10 Millionen Menschen durch Zwangsarbeit muss man in Kauf nehmen.


    Das mitleidlose Streben nach Großartigkeit ist mindestens etwas fanatisch. Ein ausreichend besessener Eiferer wird außerdem seinen inszenierten Tod als Teil von etwas Großartigem auffassen; Futuristen wie Marinetti oder extremistische Gläubige gehen so weit.

    Dazu schreibt der britische Psychiater Ronald Britton: „Die Selbstaufopferung scheint die vollkommene Vereinigung mit dem Objekt des Begehrens zu ermöglichen. Sie löscht den Wahrnehmungsapparat aus, unsere Verbindung mit einer unvollkommenen Welt, die zwischen uns und dem Ideal zu stehen scheint. Geist und Körper werden durch die Läuterung von allem Unheiligen gereinigt. Sie befreit uns von den Konflikten des Lebens und von der Komplexität der Welt, in der wir leben. Wo wir die Welt zu kontrollieren glauben, wie es bei den Machthabern in tyrannischen Regimes der Fall ist, können wir Säuberungen durchführen; wo wir, die Erwählten oder Erleuchteten, in der Position der Schwächeren sind, können wir uns selbst und den Feind gleichzeitig zerstören.

    Eine aktuelle Untersuchung über Selbstmordkommandos kam zu dem Ergebnis, dass sie durch unterschiedliche Glaubenssysteme, religiöse wie auch säkulare, motiviert sein können und immer von der schwächeren Seite unternommen werden. Organisiert werden sie von Gruppen, und die Tatsache, dass sie sich ausschließlich gegen Demokratien richten, lässt vermuten, dass Glaubensreinheit mit der Komplexität pluralistischer Gesellschaften unvereinbar ist.“

    Scholl-Latour sagte einmal ganz treffend: „Die Menschen sind eher bereit, für Träume zu sterben als für Realitäten.“

    Hornblower: Auch er gehört zweifellos „der dunklen Seite“ an, aber trotz sehr schlimmer Verbrechen haben wir es nicht mit jener Art des Bösen zu tun, die uns vor Entsetzen sprachlos macht - wie es bei dem fanatisch Bösen und dem Bösen aus Vergnügen der Fall ist.
    Ich muss mich hier korrigieren, denn „gewöhnliche Kriminalität“ kann ebenfalls ungeheure Ausmaße annehmen, wie man in der Dokumentation Schatten über dem Kongo sehen konnte. Wie oben schon erwähnt sind im Kongo durch Zwangsarbeit ca. 10 Millionen Menschen umgekommen. Der Grund: banaler, mitleidloser Egoismus - ohne Fanatismus, ohne Sadismus.
    Ich bin mir also nicht mehr sicher, was verstörender ist; vielleicht ist es die Gleichgültigkeit.

    Zu den Ursachen des Bösen ist ferner der Mangel an Mut, Selbstdisziplin und der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, zu zählen. Beim Stanford Prison-Experiment waren die meisten Wärter nur Mitläufer; beim Milgram-Experiment wurden trotz heftiger Bedenken die meisten Personen virtuell zu Mördern; auch Unrechtsregime funktionieren dank vieler Mitläufer.

    Hier also die aktualisierte Liste der Kategorien des Bösen: Das fanatisch Böse, Gewalt aus Unbeherrschtheit, Böses aus Vergnügen, Böses aus Gleichgültigkeit, Böses aus Verantwortungslosigkeit.
    Die gewöhnliche Kriminalität fällt wohl meist in die Kategorien der Gleichgültigkeit oder der Verantwortungslosigkeit.
    Zuletzt geändert von Hornblower; 08.09.2008, 21:38.
    "Wenn man mir sagt, es gebe Dinge, die über unsere Vernunft hinausgehen, so kann mich das nicht veranlassen, Unsinn zu glauben. Zweifellos gibt es Dinge, die über unsere Vernunft gehen; aber ich verwerfe kühn alles, was ihr widerstreitet, und alles, was gegen sie verstößt." (Denis Diderot) http://youtube.com/watch?v=J6b_vVNP4nM

    Kommentar


      Nach der nochmal geklärten Definition wären die Sith wohl doch fanatisch Böse. Fragt sich aber immer noch, wie das mit der jetzigen Gesellschaft ist. Wir wissen, das unter Top-Managern und Top-Politikern (Menschen in Machtpositionen) die Quote an Psychopaten höher ist als in "normalen" Jobs. Diese Menschen machen unsere Regeln - nicht nur die Gesetze, sondern auch die "stillschweigenden" gesellchaftlichen Übereinkünfte, die man als Rituale sehen kann (zB Kleide dich gut zu einem Vorstellungsgespräch, du wirst so zwar nicht leistungsfähiger/besser, aber deine demonstrierte Unterwürfigkeit schmeichelt dem Personalmenschen.) Wenn man einige Vorgänge abstrahiert betrachtet, wie zum Beispiel den dogmatischen Fokus auf Softskills, die Förderung von Vetternwirtschaft als "Social Networking", die Konzentration der Menschen auf das Oberflächliche - und das sind Entwicklungen, die in den letzten 10 Jahren stark verschärft worden sind - könnte man meinen, der Weg nach oben wird für weitere Psychopathen geglättet, die ja typischerweise (nur) oberflächlich Charme besitzen, und deren Hauptleistungsfähigkeit das "manipulative Tricksen" ist. Für diese Sorten Menschen ist ein Ausblenden des ersten (oberflächlichen) Eindrucks, das Ignorieren von Schmeicheleien und der Blick hinter die Kulisse das Aus. Gezielt werden wir heute - siehe zB Selbstbewußtseins-Thread von Seythia - aber von tieferer Wahrnehmung weg geleitet. "Schön" muß alles/jeder sein. Daraus ergibt sich doch noch das Böse mangels Widerstand, oder? Eine Gruppe von Menschen, die beim Grenzen Austesten nicht aufgehalten wird und irgendwann machen kann, wozu sie lustig ist, erreicht irgendwann den Punkt von moralisch "bösen" Handlungen. Weil die Masse/Gesellschaft als Masse zu "dumm" ist, den komplexen Bereich zu erkennen oder es der Masse egal ist. Wäre dann Böses aus Gleichgültigkeit des Gegenpols oder so. Nur eine Idee ....
      Karl Ranseier ist tot. Der wohl erfolgloseste Foren-Autor aller Zeiten wurde heute von einem Bus auf der Datenautobahn überfahren.

      "Ich mag meine Familie kochen und meinen Hund" - Sei kein Psycho. Verwende Satzzeichen!

      Star Wars 7? 8? Spin-Offs? Leute, das Haftmittel für meine Dritten macht bessere Filme!

      Kommentar

      Lädt...
      X