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Captain Future - Die Piratin

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    #46
    Ah Kat - dein Mann kann doch nix dafür! Wenn du auf jemand sauer sein willst, dann auf Siobhan und Doktorchen, der das Zeug zusammen gebraut hat. So.
    Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
    Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
    Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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      #47
      So so.

      Für Doktorchen ist Shioban eine Psychopathin. Na hoffentlich rutscht ihm das mal nicht ihr gegenüber laut raus.

      Und er setzt Kat kalibermäßig mit Newton gleich.
      Und sie schuldet ihm jetzt was.

      Das eröffnet noch wirklich interessante Möglichkeiten.
      ZUKUNFT -
      das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
      Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
      Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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        #48
        Kat und Doktorchen - DAS neue Traumpaar *fg*. SCNR - aber DIE Kombination wäre... höchst interessant! Aber nein, es geht nicht. Kat ist verheiratet und Doktorchen wohl auch derzeit in festen Händen mit einer weiteren interessanten Frau mit Reißzähnen. Wehe wenn DIE eifersüchtig wird...
        Zuletzt geändert von Twister-Sister; 05.12.2014, 15:32.
        Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
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          #49
          Ja, da steckt wirklich noch viel drin. Und ich stecke grad im 9. Kapitel fest. Jetzt geht es erst mal weiter mit Joan und Lloyd, die ihre Sache - so finde ich - gemeinsam ziemlich gut machen. Das Ende von Kapitel 6. Kurz und schmerzlos.

          Nach einem hastigen Mittagessen in einem Schnellimbiss fuhren Joan und Lloyd wieder auf das Gelände der High-Reel Filmproduktion. Sie hatten sich für ihren zweiten Besuch bei Tamara MacDonald nicht angemeldet, um sie unvorbereitet anzutreffen. Ein Mitarbeiter führte die beiden Polizisten in eines der Produktionsstudios, wo in diesem Moment eine Talkshow für den Abend aufgezeichnet wurde. Der Mitarbeiter bat Joan und Lloyd, im Hintergrund zu warten und leise zu sein. In einer kurzen Pause konnten sie sehen, wie der Mitarbeiter auf Tamara zuging und ihr etwas zuflüsterte, während er in ihre Richtung zeigte. Tamara sah erschrocken herüber und wurde sichtlich nervös. Sie sagte etwas zu dem Mann und ging auf Joan und Lloyd gemessenen Schrittes zu.

          „Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so schnell noch einmal wieder kommen. Was kann ich für Sie tun? Ich habe nicht viel Zeit, wir stecken mitten in den Aufnahmen“, sagte Tamara leicht genervt, als sie näher kam.

          „Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?“, fragte Joan nicht ohne Nachdruck. Die Freundlichkeit seit der Befragung am Morgen hatte nach den neuesten Erkenntnissen etwas nachgelassen.

          „Hören Sie, Captain Landor. Hier läuft gerade eine wichtige Aufzeichnung. Ich kann jetzt nicht alles stehen und liegen lassen.“

          „Das sollten Sie aber, Mrs. MacDonald. Alternativ können wir uns auch auf dem nächsten Polizeirevier in aller Ruhe in einem Verhörraum zusammensetzen“, warf Lloyd streng ein. „Sie können es sich aussuchen.“

          „Was soll das heißen?“, fragte Tamara verärgert. „Stehe ich wegen irgendetwas unter Verdacht?“

          Joan hob beschwichtigend die Hände. „Bitte, Tamara. Machen Sie bitte keine Szene hier. Wir möchten Ihnen nur in aller Ruhe und ohne Ohrenzeugen noch einige Fragen stellen. Es ist in Ihrem Interesse“, versuchte sie die Filmproduzentin zu beruhigen. „Können wir vielleicht nach draußen gehen?“

          Tamara seufzte. „Also gut, gehen wir kurz vor die Tür. Fünf Minuten. Länger geht es wirklich nicht.“ Sie drehte sich um und rief ihrem Assistenten zu: „Patrick, fünf Minuten Pause für alle! Richtet die Beleuchtung neu ein!“

          Draußen, vor dem Studio lehnte sich Tamara gegen die Wand und verschränkte provokant die Arme vor der Brust. „Also, was wollen Sie noch? Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß“, meinte sie mit gereiztem Unterton.

          „Was war der wirkliche Grund für Siobhans und Andrew Riggs‘ Entlassung? Dass Siobhan definitiv schwanger war, wissen wir, Tamara“, sagte Lloyd leise und sah die attraktive Frau eindringlich an. „Von wem war sie schwanger?“

          Tamara schaute verwirrt hin und her. „Was … was wollen Sie damit sagen? Wenn sie schwanger war, dann von Andy Riggs!“

          „Mrs. MacDonald. Wir wissen, dass Siobhan kurz, bevor sie von Ihrer Firma gefeuert wurde, vergewaltigt worden ist“, entgegnete Lloyd harsch. „Wir wissen auch, von wem. Wir wissen nur noch nicht, ob sie von Riggs oder dem Vergewaltiger schwanger wurde. Aber wir wissen, dass der Täter zu der Zeit ebenfalls hier gearbeitet hat. Also? Was können Sie uns dazu sagen?“

          Tamara wurde bleich. „Ich … äh … ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Siobhan wollte einfach nicht mehr weitermachen …“

          „Hören Sie auf, diesen Mist zu erzählen, Tamara!“, herrschte Joan die Produzentin an. „Warum decken Sie Harold Devell? Und warum haben Sie uns angelogen? Sie haben keine Nichte in Sherman Oaks. Wieso stellen Sie Andrew Riggs und seinem Sohn nach?“

          Hilflos sah sich Tamara um. „Ich… ich sage jetzt gar nichts mehr, verstanden?“, sagte sie mit zittriger Stimme.

          Lloyd nickte. „Das steht Ihnen natürlich frei, Mrs. MacDonald. Dann werden Sie uns allerdings begleiten müssen. Sie wissen, dass das Nichtanzeigen einer Straftat ebenfalls strafbar ist? Im Übrigen stehen Sie selbst in der Schusslinie.“

          „Warum? Wieso? Was wird mir vorgeworfen?“, fragte Tamara erregt. Die ersten Schweißperlen waren auf ihrer Stirn zu sehen, und es war an diesem frühen Nachmittag eher mild.

          Joan trat einen Schritt näher heran und sah Tamara fest in die grünen Augen. „Sie haben mit der Arbeitszeitüberschreitung von Kindern in Ihrer Firma schon etwas zu viel gesagt, meine Liebe! Sie werden sich des Vorwurfs der Kindesmisshandlung erklären müssen. Wir geben das an die lokale Polizei weiter, damit Ermittlungen gegen Sie aufgenommen werden.“ Joan lächelte Tamara zuckersüß an. „Hat Harold Devell Siobhan Kelly vergewaltigt?“

          „Nein! Hat er nicht!“, rief Tamara empört. „Er hätte ihr nie etwas angetan!“

          „Was macht Sie so sicher, Tamara?“, bohrte Joan weiter. „Wir kennen eine andere Version. Wir wissen, dass Harold Devell Siobhan erpresst hat. Als sie nicht auf seine Erpressungsversuche eingegangen ist, hat er sie brutal vergewaltigt. Und Sie wussten davon! Als Siobhan erfuhr, dass sie schwanger ist, hat sie sich versucht Ihnen anzuvertrauen und Sie haben das arme Mädchen gnadenlos ins offene Messer laufen lassen!“

          „Das ist eine an den Haaren herbeigezogene Lüge!“, empörte sich Tamara lautstark. „Können Sie das beweisen?“ Sie sah Lloyd und Joan nacheinander mit einem kalten Blick an. „Nein? Dann fordere ich Sie hiermit auf, das Firmengelände zu verlassen! Sofort!“

          Joan und Lloyd tauschten einen kurzen Blick aus, dann sagte Lloyd mit ruhiger Stimme: „Gut, wir werden gehen, Mrs. MacDonald. Wo finden wir Harold Devell? Wir können es auch ohne Sie herausfinden, aber ich würde es gerne von Ihnen hören.“

          Tamara warf Lloyd einen hasserfüllten Blick zu. „Dann finden Sie es heraus. Ich weiß nicht, wo er steckt. Und selbst wenn ich es wüsste, von mir würden Sie es nicht erfahren! Guten Tag!“ Tamara MacDonald stieß sich von der Hauswand ab und ließ die beiden Polizisten einfach stehen.

          Joan verzog die Lippen zu einem säuerlichen Grinsen. „Das war ja wohl nichts, oder?“

          Lloyd grinste ebenfalls. „Na ja. Ich hätte mir auch mehr erhofft, aber wir haben Tamara ganz schön in die Enge getrieben. Sie steckt so richtig tief drin, dessen bin ich mir sicher.“ Lloyd sah auf die Uhr, es war kurz vor halb drei am Nachmittag. „Ich fürchte, wir werden heute kräftig Überstunden machen. Ich schlage vor, wir rufen mal bei Marshall Garnie an, berichten ihm, was wir erfahren haben und bitten ihn, einen Haftbefehl für Mrs. MacDonald ausstellen zu lassen. Ganz davon ab, wir müssen noch herausfinden, wo Geoffrey Kelly und jetzt auch noch Harold Devell stecken.“

          „Garnie könnte das für uns herausfinden“, meinte Joan. „Wollen Sie wirklich heute Nacht in das Haus der Kellys einsteigen?“

          Lloyd lächelte spitzbübisch wie ein Sechstklässler. „Selbstverständlich! Wie war das noch? Wer von uns beiden ist der Spießer?“
          Zuletzt geändert von Nurara McCabe; 10.12.2014, 09:41.
          Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

          Mission accomplished.

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            #50
            Kleiner Labskaus im letzten Beitrag. Kapitel 7 beginnt JETZT! Es wird nochmal interessant mit Onkel Vul. Viel Spaß!

            Kapitel 7

            Geduscht und ordentlich gekleidet betraten Katherine, John und Tyra, von drei bewaffneten Männern begleitet, einen geschmackvoll modern eingerichteten Raum. In der Mitte stand eine reichhaltig gedeckte Tafel mit sechs hochlehnigen Stühlen und einem blütenweißen Tischtuch. Im hinteren Bereich des Raumes befand sich eine Bar aus weiß lackiertem Holz, an der Kuolun und seine samedanische Begleiterin Fesil standen und aus langstieligen Sektkelchen tranken. Als Kuolun die drei entdeckte, lächelte er gebieterisch, als wäre er der Gastgeber. „Katherine, John und Tyra! Wie schön Sie zu sehen.“ Galant gab er den Frauen einen Handkuss, was sowohl die beiden Menschenfrauen wie auch die schöne Samedanerin mit missbilligendem Blick zur Kenntnis nahmen. Auch John wirkte ein wenig ungehalten ob der Charmeoffensive des hageren Marsianers. „Ich soll Ihnen von Siobhan ausrichten, doch schon einmal Platz zu nehmen, bitte!“ Kuolun machte eine ausladende Handbewegung in Richtung des Tisches, just in diesem Moment trat Siobhan ein. Auch sie hatte sich umgezogen und trug einen aufregenden hautengen, ärmellosen Catsuit aus schwarzem Elastikmaterial und ihre schenkelhohen Stiefel. Sie war gänzlich unbewaffnet und hatte sogar auf die furchterregenden Handschuhe mit den metallenen Krallen verzichtet. Siobhan hatte sich dezent geschminkt und wirkte weniger bedrohlich und aggressiv als noch eine Stunde zuvor in der Arena.

            Siobhan war gut gelaunt und lächelte, als sie den Raum betrat. „Hallo zusammen“, sagte sie gedämpft, fast schüchtern und winkte verhalten in die Runde. „Bitte setzt euch doch“, rief sie und ging geradewegs auf den Tisch zu, wo sie nach der gut gefüllten Rotweinkaraffe griff und einschenkte. Kuolun und Fesil nahmen sofort Platz, wobei der Marsianer sich an ein Kopfende setzte und Fesil sich zu seiner Linken niederließ. Katherine und Tyra zögerten noch einen Moment, während John kurzerhand den Platz an Kuoluns rechter Seite für sich auserkoren hatte. Neben dem galaxisweit gesuchten Schwerstverbrecher zu sitzen, erschien ihm in diesem Moment tausend Mal sympathischer, als in Armreichweite Siobhans. John war sonst ein vollendeter Gentleman, aber in diesem Fall obsiegte sein Egoismus. Folglich blieb Katherine und Tyra nichts anderes übrig, als an Siobhans Seite Platz zu nehmen. Katherine saß jetzt neben ihrem John und Tyra ihr gegenüber. Siobhan nahm die Platzwahl schweigend zur Kenntnis. Sie setzte sich ebenfalls und hob ihr Weinglas. „Meine Lieben!“, sagte sie feierlich. „Lasst uns einen schönen Abend haben. Ich denke, wir haben uns viel zu erzählen.“ Während Siobhan, Kuolun und Fesil ihre Gläser anhoben, starrten die anderen trüb vor sich hin. John schob sogar das Weinglas von sich. „John, was ist?“, fragte Siobhan. „In dem Wein ist nichts drin, wenn du das meinst. Sieh her!“ Siobhan nahm ihr Weinglas und trank es in einem Zug leer. „Er ist nicht vergiftet. Ihr könnt unbesorgt trinken.”

            John schlug mit der Faust auf den Tisch. „Was soll das, Siobhan? Was willst du mit diesem Theater bezwecken?“, grollte er und sah die ehemalige Schauspielerin böse an. „Glaubst du ernsthaft, ich würde mich, nach alledem, was du Kat und mir und auch Tyra angetan hast, mit dir an einen Tisch setzen und gemütlich essen und trinken, als ob rein gar nichts passiert wäre?“

            Katherine legte eine Hand auf Johns Unterarm, um ihn zu beruhigen und erwartete einen neuen Wutausbruch der jungen Frau, dieser blieb jedoch zu ihrer Überraschung aus. „Nein, John. Ich bin vernünftig genug, um genau das nicht von dir oder jemand anderem zu erwarten“, antwortete Siobhan mit ruhiger und fester Stimme. „Und ich möchte mich in aller Form bei dir und Katherine entschuldigen. Katherine, was ich John angetan habe, war unangemessen.“

            Katherine lachte verächtlich. „Unangemessen? Du hast meinen Mann für dein krankes Sexualleben missbraucht! Ich wäre in deiner Scheißarena beinahe gestorben, Tyras Verlobten hast du umgebracht und du redest von ‚unangemessen‘? Siobhan, es tut mir leid, aber du gehörst definitiv in psychiatrische Behandlung.“ Katherine blieb ruhig und sachlich, obwohl sie kurz davor war, auszurasten.

            Siobhan schenkte sich nach und lehnte sich mit dem Weinglas entspannt zurück. „Wer sagt denn, dass Tyras Verlobter tot ist?“, fragte sie und lächelte nonchalant in die Runde.

            Tyras Augen wurden groß. „W… was? Jeff lebt?“, fragte sie entgeistert. „Beth … Beth hat gesagt, du hättest ihn …“

            Siobhan winkte lässig ab. „Beth hat dir nur das erzählt, was sie dir erzählen sollte. Jeff geht es gut. Er ist versorgt und wird gut behandelt. Wenn du … wenn ihr drei das tut, was ich von euch verlange, seid ihr alle bald wohlbehalten wieder zu Hause. Ich sagte doch, dass ich mir was für euch einfallen lasse. Ich habe Aufgaben für euch. Für jeden von euch dreien.“

            Siobhan sah in die Runde und erntete erstaunte Gesichter. Sie sah hinter sich und wies die bewaffneten Männer an, den Raum zu verlassen. Nachdem die Piraten gegangen waren, stellte sie ihr Weinglas ab, beugte sich vor und faltete die Hände. Katherine faltete ebenfalls die Hände und beugte sich genauso wie Siobhan leicht über den Tisch. „Okay, Siobhan. Wir sind alles erwachsene Leute hier. Lass uns vernünftig reden. Was willst du von uns?“, fragte sie und sah Siobhan fest in die Augen.

            Siobhan erwiderte den Blick. „Du hast so wunderschöne graue Augen, Katherine“, entgegnete sie mit einem mädchenhaften Lächeln. „So eine Augenfarbe ist sehr selten bei schwarzhaarigen Menschen.“

            In Katherine brodelte es. Hielt Siobhan sie nur zum Narren oder war sie tatsächlich mental gestört? Sie musste sich schwer zusammenreißen, um die junge Frau nicht anzuschreien. „Siobhan, was willst du von uns?“, fragte sie mit aller Besonnenheit.

            An Siobhans Handgelenk piepste es. Sie sah auf ihren kleinen Kommunikator. „Oh, mein Vater ruft nach mir. Bitte entschuldigt mich einen Moment. Ich bin gleich wieder bei euch. Bitte bedient euch doch, lasst es euch schmecken“, hauchte sie, stand auf und entschwand durch die doppelflügelige Tür.

            Betretenes Schweigen machte sich am Tisch breit, bis John die Initiative ergriff. Er nahm das Weinglas, schüttete es in einem Zug herunter und sah Kuolun an. „Hey, Vul“ flüsterte er. „Meinen Sie, dort drüben gibt es einen vernünftigen Single-Malt?“ Er machte eine leichte Kopfbewegung in Richtung der Bar.

            „Da bin ich mir ziemlich sicher, John“, flüsterte Kuolun augenzwinkernd. „Lassen Sie uns doch mal nachschauen! Kommen Sie!“ Lächelnd erhob sich der Marsianer und bedeutete John, ihm zu folgen.

            Entsetzt sah Katherine John an. „Hey Cowboy, du willst doch jetzt nicht allen Ernstes mit dem größten Verbrecher der Galaxis Whiskey trinken?“

            John war hinter die Bar gegangen und untersuchte mit prüfendem Blick die dort drapierten Flaschen. Als er gefunden hatte, was er suchte, hielt er Kuolun das Etikett zum Lesen hin. „Kat, ich tue jetzt das einzig richtige in dieser Situation. Ich lasse mich volllaufen, und das mit Stil“, antwortete er trocken. „Ich glaube, dieser taugt. Was meinen Sie, Vul?“

            Kuolun lachte verhalten. „Ich bin kein Whiskeykenner, aber ich erkenne einen guten, wenn ich ihn trinke. Schenken Sie ein, John“, antwortete er leutselig.

            Katherine sprang von ihrem Stuhl auf und raufte sich die Haare. „Bin ich hier im Irrenhaus? Mein Mann lässt sich von dieser Schizoiden verführen und trinkt dann mit dem meistgesuchten Verbrecher einträchtig Whiskey. John, was hat diese Frau mit dir gemacht? Du bist nicht der Mann, den ich geheiratet habe!“, rief sie entgeistert.

            Auch Tyra und Fesil waren aufgestanden und zur Bar gekommen. „Also ich für meinen Teil könnte jetzt auch einen vertragen“, sagte Tyra und streckte die Hand nach einem Glas aus. John schenkte ihr ein.

            Kuolun reichte Katherine ebenfalls ein Glas und sagte: „Beruhigen Sie sich, Katherine. Ihr Mann tut in dieser Situation wirklich genau das Richtige.“

            Katherine nahm das Glas und nippte daran. Der Whiskey war stark und brannte ihr in der Kehle. „Und das wäre, Kuolun?“

            „Er wählt unter seinen Feinden das kleinere Übel. Und das sollten Sie auch tun“, antwortete er mit breitem und offenem Grinsen. „Und bitte, nennen Sie mich Vul.“

            „Wie meinen Sie das, Vul?“, fragte Katherine und trank einen Schluck.

            Kuolun lehnte sich lässig an den Tresen, als wollte er auf einer Party Konversation führen. „Meine Beziehung zu Siobhan ist rein geschäftlich. Dass Sie und John hier anwesend sind, hat mit mir in keinster Weise etwas zu tun. Sicherlich, wenn ich wollte, könnte ich Siobhan dazu bringen, Sie beide als Faustpfand gegen Newton und die Weltraumpolizei einzusetzen. Aber Sie können beruhigt sein, Katherine, das ist nicht mein Ziel. Ich möchte mein Geschäft mit Siobhan abwickeln und mit Fesil schnell wieder verschwinden.“

            Katherine trank aus und bat John, ihr nachzuschenken. „Irgendwie mag ich Ihnen nicht trauen, Vul“, sagte sie bestimmt. „Sie tun doch nichts ohne einen Vorteil aus der Situation zu ziehen, und Geiseln wie John und ich sind doch Gold wert! Woher kennen Sie Siobhan überhaupt?“

            Kuolun nahm einen Schluck Whiskey bevor er antwortete. „Ich kenne Siobhan aus ihrer Studienzeit auf dem Mars. Sie und Nurara haben zusammen Raumfahrtwissenschaften studiert.“

            „Nein!“, entfuhr es Katherine. „Siobhan und Nurara kennen sich?“

            Kuolun lachte leise auf. „Sie kennen sich nicht nur, sie waren auch sehr enge Freundinnen. Siobhan war auch die einzige Freundin, von der ich bei Nurara wusste.“

            „Du weißt eigentlich gar nichts von Siobhan, oder Kat?“, mischte sich John ein. „Weißt du überhaupt, wer diese Grazie ist?“

            Katherine zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. „Sollte ich sie kennen?“

            John grinste wissentlich. „Siobhan Kelly. Kinderstar, Schauspielerin“, antwortete er. „Sagt dir ‚Siobhans kleine Welt‘ etwas? In meiner Teenagerzeit war sie der Schwarm aller Jungs.“

            „Dein Schwarm war sie offensichtlich auch, was?“, gab Katherine ätzend zurück. „Dann ist ja jetzt dein Traum in Erfüllung gegangen.“

            „Katherine, bitte“, versuchte Kuolun die schwarzhaarige Polizistin zu besänftigen. „Sie tun Ihrem Mann unrecht. Wenn jemand Schuld an diesen Umständen ist, dann sind es Fesil und ich. Wir haben auf Basis eines noch nicht zugelassenen Medikamentes eine Droge entwickelt, die den Patienten bei völliger körperlicher Leistungsfähigkeit willenlos macht. Es basiert auf dem Wirkstoff …“

            „Lythopbromphinol“, warf Katherine angesäuert ein. „Ich weiß, ich bin darüber informiert. Teenbaum hat es auf der Tennessee an Colonel Tovin angewendet. Nebenwirkung Gedächtnisverlust. Was wollen Sie damit überhaupt bezwecken?“

            „Es sollte von der Grundidee her ein Präparat für militärische und psychologische Zwecke sein“, meldete sich Fesil erstmalig zu Wort. „LBP sollte einerseits den Kampfeswillen von Truppen stärken, andererseits Traumaopfern helfen. Die schweren Nebenwirkungen und ein Veto des terranischen medizinischen Ethikrates haben jedoch eine Weiterentwicklung des Medikamentes verhindert. Die Pläne wanderten sprichwörtlich in den Giftschrank des Pharmaunternehmens, das für die Entwicklung verantwortlich war und …“

            „… durch gute Beziehungen zur Pharmaindustrie bin ich an die Formeln herangekommen“, beendete Kuolun den Satz seiner Partnerin.

            „Ich kenne das Präparat, Fesil. Sie schrecken vor nichts zurück, was Vul?“, meinte Katherine bissig und rümpfte die Nase. „Was haben Sie jetzt mit diesem Mittel vor?“

            „Um das zu erklären, ist die Zeit etwas zu knapp, ich kann Ihnen nur so viel sagen, dass Siobhan den Planeten Krell, um den diese Raumstation kreist, entseuchen und bewohnbar machen will. Krell ist durch einen thermonuklearen Krieg vor etwa eintausend Jahren radioaktiv verstrahlt und unbewohnbar geworden. Die Bevölkerung hat sich selbst ausgerottet. Der Legende nach sollen sich die letzten Überlebenden unter die Meeresoberflächen zurückgezogen haben. Wenn Siobhan es schafft, den Planeten bewohnbar zu machen, will sie die Bevölkerung zurück an die Oberfläche holen und sie sich Untertan machen. Dazu braucht sie dieses Medikament.“

            Katherine sah sich einen Moment in der Runde um, dann begann sie schallend zu lachen. „Die Kleine ist ja noch durchgeknallter als Sie, Vul! Dieses Projekt ist doch gnadenlos zum Scheitern verurteilt. Es fängt doch schon mit der Dekontamination des Planeten an. Wie wollen Sie das bitte anstellen?“

            „Nichts leichter als das, meine Liebe. Siobhans Plan umfasst unter anderem die Kaperung eines mauvianischen Abfangkreuzers, dessen Gravitationsprojektoren so modifiziert werden, dass sie die vorherrschende, ultrakurzwellige Gammastrahlung neutralisieren.“

            Katherine verschränkte die Arme vor der Brust. „Ist doch hirnrissig, das klappt doch nie!“

            „Doch Kat“, warf John ein. „Ich habe mal eine Abhandlung über dieses Prinzip gelesen. Ich bin kein Physiker und habe auch nur einen Bruchteil verstanden, aber grundsätzlich ist es möglich. Es benötigt nur Unmengen an Energie und ist nicht ganz ungefährlich.“

            „Sehr richtig, mein Lieber“, bestätigte Kuolun. „Und da kommt der Abfangkreuzer ins Spiel. Er hat extrem starke Generatoren, die einen Planeten von der Größe des Mars zehn Jahre lang mit Energie versorgen könnte.“

            „Und wie kommt man an einen mauvianischen Abfangkreuzer ran?“, fragte Tyra skeptisch. „Die Dinger gibt es nicht beim Raumschiffhändler um die Ecke. Und die Mauvianer sind nicht gerade für freundliche Handelsbeziehungen bekannt. Und wer soll das Schiff modifizieren?“

            Kuolun zuckte mit den Schultern. „ Siobhan kennt viele Leute, mit Sicherheit auch einen Physiker. Wie ich schon sagte, Siobhan will einen solchen Kreuzer kapern. Wie sie das anstellen wird, weiß ich selbst nicht. Ich möchte Ihnen dreien an dieser Stelle ein Geschäft vorschlagen.“

            „Was für ein Geschäft?“, fragte Katherine skeptisch und verschränkte die Arme vor der Brust.

            „Nun, Katherine, John, Tyra. Ich sehe, Sie stecken in der Klemme. Ich werde Ihnen da raus helfen, wenn Sie sich dem Projekt anschließen. Im Gegenzug, Katherine, und das ist meine Forderung an Sie, möchte ich für mich und Fesil freies Geleit, falls Newton oder die Weltraumpolizei aufkreuzt.“

            Katherine schüttelte entschieden ihre schwarze Mähne. „Auf gar keinen Fall! Ich riskiere nicht meine Karriere für Sie, Fesil oder Siobhan. Wie siehst du das, John?“

            Johns Unterkiefer mahlten, während er angestrengt nachdachte. „Was ist mit den gefangenen Passagieren und Frachterbesatzungen? Überlassen wir sie ihrem Schicksal? Was ist mit Tyras Verlobtem, Jeff?“, fragte er und sah Kuolun ernst an.

            Der große Marsianer zuckte mit den Schultern. „Das ist eine Forderung, die Sie selbst an Siobhan stellen sollten. Siobhan wird Sie brauchen. Wir haben hier einen Computerspezialisten, eine Biochemikerin, eine Pilotin und …“, Kuolun sah John, Fesil und Tyra an, dann blieb sein Blick an Katherine hängen, „eine Psychologin. Und sie wird Sie zwingen, für Sie zu arbeiten. Wahrscheinlich gleich, wenn sie wieder hier her kommt.“

            „Und meine Aufgabe wird sein, das Mädchen ruhig zu stellen, oder was?“, fragte Katherine zickig.

            Kuolun nickte. „So in etwa. Wirken Sie auf sie ein. Sorgen Sie dafür, dass Siobhan vernünftig bleibt, sonst gehen wir alle zum Teufel.“

            „Ich sehe keinen allzu großen Spielraum für uns, Kat. Wir sollten auf sein Angebot eingehen“, meinte John und goss sich den dritten Whiskey ein.

            Katherine sah John argwöhnisch an, dann schaute sie Kuolun mit festem Blick in die Augen. „Wissen Sie, Vul, mir wird nachgesagt, ich wäre zuweilen stur wie ein Maultier“, brummte sie. „Aber ich lasse mich gerne von der Vernunft leiten und lasse auch andere Meinungen zu. Verraten Sie mir nur eines: warum zur Hölle sollte ich Ihnen vertrauen?“

            Kuolun gönnte sich ein feines Lächeln. „Katherine, Sie sind jung und schön. Ihnen gegenüber steht der Mann, der Sie über alles liebt. Ich wünsche Ihnen beiden eine gute Zukunft und viele Kinder. Ich habe kein Interesse daran, Ihnen oder Ihrem Mann zu schaden. Ich mag ein Verbrecher sein, aber wenn ich ein Geschäft abschließe, dann nur wenn ich meinen Vorteil daraus ziehen kann und in den meisten Fällen habe ich mich stets an die Geschäftsvereinbarungen gehalten. Auch ich pflege gewisse Standards einzuhalten. Nur übervorteilen lasse ich mich nicht, das hat schwere Konsequenzen für meine Geschäftspartner. Also? Sind wir im Geschäft?“ Kuolun hielt Katherine die Hand hin.

            Katherine sah nacheinander Tyra und John fragend an. Beide nickten stumm. Sogar Fesil schenkte Katherine lächelnd ein aufmunterndes Nicken. Sie seufzte und schlug ein. „Also gut, Vul. Begraben wir das Kriegsbeil für den Moment, aber ich warne auch Sie! Wenn Sie uns verarschen, sind Sie ein toter Mann.“

            Kuolun machte eine elegante Verbeugung und erwiderte: „Die Warnung ist angekommen, Katherine und ich nehme sie ernst.“
            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

            Mission accomplished.

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              #51

              Na da haben sich aber ein paar interessante Leute getroffen. "We are all sitting in one boat!" - würde Günther Oettinger sagen
              Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
              Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
              Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                #52
                Was sehen earthys halbblinde Augen da?
                Ist dass jetzt nicht ein neuer Avatar Nurara?
                Hast Du den Alten jetzt rausgenommen?

                Aber ab und zu Veränderung kommt ganz gut!
                Entgegen der um sich greifenden Legendenbildung habe ich mein "altes" Forum nicht freiwillig verlassen! Tragischerweise muss man nun feststellen, dass es dieses Forum nicht mehr gibt! Warum wohl nicht? ;)

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                  #53
                  Hehe... ach was freu ich mich auf die Futureleute. Die werden den ganzen Laden ordentlich auf den Kopf stellen. Da weiß nachher vermutlich keiner mehr, wer wer ist. Otho als Sängerin, an die sich ein bierbauchiger Pirat wirft. Grag als Kammerzofe und Curtis als Möchte-gern-Freibeuter.
                  @ Nurara: Weißt du eigentlich was für witzige Kapriolen du mit dem Stoff machen kannst? (Ah ich glaube DU weißt das ganz genau *hihi*). Das ist wie im Theater. Tür auf - Tür zu. Einer geht rein, ein anderer kommt raus. Der eine verwechselt den anderen mit wem auch immer... und am Ende hast du ein turbulentes Kuddelmuddel bei dem kein Auge mehr trocken bleibt, herrlich.
                  Kuolun wird seine wahre Freude haben. Solange keiner mit 'ner Röntgenbrille umher lauft, kann das zur reinsten Verwechslungskomödie ausarten (zumindest stellenweise, weil das Grundthema eigentlich sehr ernst ist).

                  Ah.... lass uns nicht zu lange auf die Fortsetzung warten. Biiiittttöööööö
                  Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                  Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
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                    #54
                    Zitat von Twister-Sister Beitrag anzeigen

                    Ah.... lass uns nicht zu lange auf die Fortsetzung warten. Biiiittttöööööö
                    Wollt ihr Siobhans Vater kennenlernen? Netter Mensch...


                    Siobhan betrat die geräumige Kabine ihres Vaters, die wie üblich im Halbdunkel lag. Sie ging geradewegs auf den großen, bequemen Ledersessel zu, der mit der Rückseite ihr zugewandt war. Der Sessel stand vor einem großen, runden Fenster, das vom Boden bis zur Decke knapp drei Meter im Durchmesser hatte und einen atemberaubenden Blick auf den grau-grünen Planeten Krell freigab. Siobhan kam langsam näher und hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie nicht sofort nach ihrer Rückkehr zu ihrem Vater gekommen war. Sie würde sich gleich wieder eine kleine Predigt über Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit anhören müssen. Siobhan liebte ihren Vater, weil er stets fürsorglich und liebevoll zu ihr gewesen war, weil er für sie in ihren schweren Zeiten immer einen Fels in der Brandung, einen sicheren Hafen dargestellt hatte. Und doch überschattete ein dunkles Ereignis in der Vergangenheit ihr beiderseitiges Verhältnis, etwas, das Siobhan ihrem Vater niemals verzeihen konnte. Und das hatte ihr Verhältnis zu ihm in den letzten Jahren immer schwieriger werden lassen.
                    Eine kleine Flamme spiegelte sich in dem großen Fenster wider und gleich darauf stiegen aromatische Qualmwölkchen auf. „Du sollst doch nicht so viel rauchen, Dad!“, rief Siobhan mit gespielter Empörung und versuchte, das nun folgende Gespräch auf eine humoristische Ebene zu bringen.

                    „Du bist spät dran, mein Schatz“, war die trockene Antwort. „ich hätte erwartet, dass du unverzüglich nach deiner Rückkehr zu mir kommst. Stattdessen muss ich erfahren, dass du dich als allererstes mit einem deiner Gefangenen im Bett vergnügst und anschließend dich schon wieder in der Arena rumtreibst, anstatt deiner Pflichten nachzukommen.“ Der Sessel drehte sich um und Siobhan sah in das ernste und zum Teil besorgte Gesicht ihres Vaters Geoffrey. Er kraulte seinen akkurat gestutzten grauen Vollbart und kaute auf einer gebogenen Tabakpfeife herum.

                    „Alina … dieses verdammte Miststück!“, zischte Siobhan wutentbrannt. „Ich sollte ihr das Fell über die Ohren ziehen und sie aus der Schleuse werfen!“

                    „Einen Teufel wirst du“, brummte Geoffrey und stand aus seinem Sessel auf. „Du lässt Alina in Ruhe, hast du verstanden?“

                    „Ich habe nie begriffen, wieso du sie adoptiert hast“, gab Siobhan giftig zurück. „Seit sie hier ist, liegt sie uns nur auf der Tasche, gibt Widerworte und prügelt sich mit der Mannschaft rum. Außerdem gibt es fast keinen Mann hier auf der Station, mit dem sie nicht schon im Bett war. Sie ist gerade mal neunzehn!“

                    Geoffrey Kelly lachte bellend auf. „Sagt die, die mit vierzehn schwanger geworden ist.“

                    Das hatte gesessen. Siobhan lief hochrot an und brüllte: „Und du hast dafür gesorgt, dass ich meinen Sohn niemals wiedersehen kann. Weißt du, was du mir damit angetan hast? Ist dir in all den Jahren jemals in den Sinn gekommen, was gut für mich sein könnte? Hast du dir jemals die Frage gestellt, was ich in meinem Leben will? Ich habe immer nur das getan, was du verlangt hast. Ich habe deine Entscheidungen niemals angezweifelt!“ Siobhan ballte die Fäuste. „Ich habe dir immer vertraut und geglaubt, du tust das richtige für mich. Wegen dir habe ich das Studium gemacht. Wegen dir war ich in psychiatrischer Behandlung! Und wegen dir musste ich mich von diesem ekelhaften Devell vergewaltigen lassen! Weil es ja gut für mich war!“ Siobhan spie ihre Worte förmlich aus. „Und jetzt setze ich deine größenwahnsinnigen Pläne in die Tat um. Eine eigene Welt erschaffen. Siobhans kleine Welt! Dass ich nicht lache!“ Siobhan verpasste einem Beistelltisch einen heftigen Tritt, sodass er umkippte und die darauf abgestellte teure Kristallkaraffe zu Boden fiel und klirrend berstend ihren alkoholischen Inhalt über das Metalldeck und die Auslegeware ergoss. „Du hast alle Welt Glauben gemacht, ich wäre verrückt, drogenabhängig und gewalttätig. Du sitzt nur den ganzen Tag in deinem verdammten Ledersessel, schaust in den Weltraum hinaus, rauchst deine beschissene Pfeife und ziehst die Strippen im Hintergrund. Ich erledige die Dreckarbeit für dich und besudle meine Hände mit Blut!“ Tränen stiegen Siobhan in die Augen. „Ich habe es satt, Dad! Ich habe es satt, zu töten und zu rauben und jemanden zu spielen, der ich nicht sein will!“

                    „Aber mein Schatz“, entgegnete Geoffrey milde lächelnd. „Das ist die Rolle deines Lebens und du spielst sie perfekt! In ein paar Wochen sind wir alle Sorgen los und uns erwarten richtig große Aufgaben! Freust du dich denn nicht?“

                    „Freuen? Worauf?“, schrie Siobhan, der Hysterie nahe. „Auf das Erschießungskommando, wenn deine Pläne den Bach runter gehen? Verdammt nochmal, Dad! Ich will das nicht mehr!“ Siobhan konnte nicht mehr an sich halten und brach schluchzend in Tränen aus. Sie sank auf die Knie und schlug die Hände vors Gesicht. „Ich wünschte, Mama wäre hier.“ Siobhan nahm die Hände herunter und blickte hasserfüllt zu ihrem Vater hoch. „Ich verstehe nur allzu gut, warum Mama dich verlassen hat. Ich verstehe nur nicht, warum sie mich nicht mitgenommen hat.“

                    Geoffrey verpasste seiner Tochter eine schallende Ohrfeige. „Du verstehst gar nichts!“, sagte er eisig. „Geh jetzt! Kümmere dich um deine Gäste! Und bring dich vorher in Ordnung! Du siehst unmöglich aus!“ Seine kalten, blassblauen Augen durchbohrten Siobhan. Er ergriff Siobhans Hand und zog sie sanft nach oben, dann drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn. Leise sagte Geoffrey zu seiner Tochter: „Ich liebe dich, Schatz, das weißt du. Und jetzt reiß dich gefälligst zusammen und spiel deine Rolle! Wir reden später.“
                    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                    Mission accomplished.

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                      #55
                      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                      Geoffrey verpasste seiner Tochter eine schallende Ohrfeige.
                      Boahhhh!!! Nett!!
                      Kein Wunder, daß sie jetzt so ausgeflippt ist.
                      ZUKUNFT -
                      das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
                      Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
                      Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                        #56
                        Hm... sie hat ihre Lage perfekt analysiert aber sie hat (noch) keinen Ausweg daraus gefunden. Hoffen wir, dass sich sehr bald ein Türchen auftut durch das sie schlüpfen kann. Und hoffen wir, dass Geoffrey sein Fett weg bekommt.
                        Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                        Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                        Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                          #57
                          Geoffrey scheint einen Wunden Punkt beim Thema seiner Frau zu haben. Oder er ist einfach NUR irre. (Eure Geschichten sind wirklich Klasse! Es fällt mir schwer wieder davon loszukommen, faszinierendes CF.universum)

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                            #58
                            Ist das die wahre Siobhan?


                            Erhobenen Hauptes und aufrechten Ganges betrat Siobhan wieder den kleinen Speisesaal. Ihre „Gäste“ saßen am Tisch und taten sich an den dargereichten Speisen gütlich. Zu Siobhans Erstaunen war die Stimmung am Tisch gut, besser als vor wenigen Minuten, als sie den Raum verlassen hatte. „Was ist denn hier los?“, fragte sie in die Runde und wurde von fröhlichen Gesichtern begrüßt. Siobhan warf einen Blick auf den Tisch und entdeckte eine halbvolle Whiskeyflasche. „Ah, ich sehe, ihr habt euch ein wenig angenähert“, stellte sie lächelnd fest und setzte sich.

                            Katherine erkannte auf Anhieb, dass Siobhan geweint haben musste. Ihre Augen waren trotz frischen Makeups deutlich gerötet und ihre Stimme war trotz aller Bemühungen unsicher. Katherine fragte sich, was der Grund für dieses gefühlsmäßige Auf uns Ab sein musste. Irgendetwas schien die nach außen so stark agierende Siobhan schwer zu bedrücken. Und auch ohne Kuoluns Bitte, sich um Siobhan zu kümmern, erwachte Katherines psychologischer Jagdinstinkt. Normalerweise musste sie bei ihrer Arbeit mühsam Puzzleteil für Puzzleteil zusammensetzen, um einem notorischen Schwerverbrecher auf die Schliche zu kommen, hier präsentierte sich die Täterin förmlich auf einem Silbertablett; Katherine musste nur das Gespräch suchen. Und zu ihrer Überraschung erwies Siobhan sich als gesprächsbereit und offen. Katherine wagte den Frontalangriff. „Wir wurden vorhin unterbrochen, Siobhan. Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet“, sagte sie forsch.

                            „Die da war?“, fragte Siobhan und blinzelte mehrmals mit Unschuldsmiene.

                            „Was du konkret von uns willst“, antwortete Katherine knapp. „Doktor Kuolun hat uns schon ansatzweise in Kenntnis gesetzt. Was hat es mit dem Planeten auf sich, mit diesem ominösen Abfangkreuzer und was haben wir damit zu tun?“

                            Siobhan schenkte sich ein neues Glas Rotwein ein und hielt es gegen das Licht. „Was ich von euch will? Nun, ursprünglich hatte ich ja vor, dich, Katherine oder dich, Tyra, zu meiner Leibwächterin auszubilden. Ihr beide seid verdammt gute Kämpferinnen, wie ihr es gerade eben noch bewiesen habt“, antwortete Siobhan mit einem angedeuteten Lächeln. „Dass du, Kate, Tyra am Leben gelassen hast, ungeachtet des Wissens, selbst nicht zu überleben …“ Sie hielt einen Moment inne und sah Kuolun und dessen Begleiterin an. „Doktor Kuolun, würde es Ihnen und Fesil etwas ausmachen, uns zu entschuldigen? Ich würde diese Angelegenheit gerne mit denen allein besprechen, die unmittelbar betroffen sind“, sagte sie zu ihm mit Bestimmtheit.

                            Kuolun und Fesil erhoben sich sofort. Der Marsianer machte eine tiefe Verbeugung. „Natürlich, Lady Siobhan“, antwortete er untertänig. „Wir sind auf unserem Schiff und stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung.“

                            Nachdem Kuolun und seine Begleiterin gegangen waren, stand Siobhan von ihrem Platz auf und ging zu einem der großen Fenster. Sie bewegte sich mit der Anmut einer Balletttänzerin und sah die drei verbliebenen Gäste mit einer unendlichen Traurigkeit an. „Ihr haltet mich für verrückt, nicht wahr?“, fragte sie leise und wandte den Blick ab, hinaus in den Weltraum. John und Katherine tauschten verstohlene Blicke aus, Tyra biss sich auf die Unterlippe und goss sich einen weiteren Whiskey ein.

                            „Willst du eine ehrliche Antwort?“, brummte Katherine. „Meiner Meinung nach leidest du an einer schizotypischen Persönlichkeitsstörung, gepaart mit einigen Anzeichen des Borderline-Syndroms. Dein Auftreten, deine Stimmungswandlungen und deine gelebte Aggressivität sind eindeutige Symptome dafür.“ Katherine stand auf und verschränkte die Arme. „Der Begriff ‚Verrückt‘ wäre eine laienhafte Verallgemeinerung, aber ja, im Großen und Ganzen wäre er durchaus zutreffend.“

                            „Danke, Doktor Ballard“, gab Siobhan schmerzvoll grinsend zurück. Sie ging langsam auf Katherine zu. „Deine Diagnose ist hundertprozentig zutreffend. Ich frage dich als Psychologin. Kann man so etwas auch spielen?“

                            „Schwierig“, gab Katherine zur Antwort. „Aber gute Schauspieler kriegen so etwas hin … Moment mal!“ Sie hielt einen Augenblick inne und blickte abwechselnd in Johns und Tyras fragende Gesichter. „Willst du uns etwa weismachen, du spielst uns hier nur etwas vor? Das nehme ich dir allerdings nicht ab. Nicht, nachdem, was du mit John gemacht hast und was du mit mir und Tyra vorhattest!“ Wut stieg in Katherine auf und sie schaute Siobhan mit unverhohlener Abscheu an.

                            Siobhan senkte reumütig den Kopf. „Das mit John tut mir aufrichtig leid, Kat“, sagte sie leise und nannte die Polizistin zum ersten Mal bei ihrem richtigen Spitznamen, was Katherine nicht entgangen war. „Ich bin etwas zu weit gegangen und ich bitte aufrichtig um Entschuldigung. Aber es gehörte alles zum Plan.“

                            „Plan? Was für ein Plan?“, ereiferte sich Katherine. „Meinen Mann unter Drogen zu setzen und zu vergewaltigen gehörte zu deinem Plan?“, rief sie erbost und schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch. „Mich in Gladiatorenklamotten zu stecken und fast umbringen zu lassen gehört zu deinem Plan? Tyras Verlobten für tot zu erklären gehört zu deinem Plan? Wer hat dieses Scheißdrehbuch geschrieben?“ Katherine, die sonst die Ruhe selbst war, lief puterrot an und drohte Siobhan mit dem Zeigefinger. „Nein, Süße! So etwas denkt man sich nicht einfach aus und spielt es vor. Ich bleibe bei meiner Diagnose.“

                            „Okay“, erwiderte Siobhan gelassen. „Ich weiß, dass schizoide Persönlichkeiten sich freiwillig nicht gerne therapieren lassen. Sie werden im schlimmsten Falle in die Geschlossene eingewiesen. Ich möchte, Kat, dass du mir hilfst. Würdest du mir helfen?“

                            Katherine seufzte und fasste sich wieder. „Wenn ich es könnte, würde ich dir helfen. Ich bin Psychologin, keine Psychotherapeutin. Ich erstelle Profile aufgrund von Verhaltensmustern. Ich kann Diagnosen erstellen und bewerten, aber ich kann dich nicht behandeln.“

                            Siobhan trat dicht auf Katherine zu und legte ihr beide Hände auf die Schultern. „Und wenn ich dich darum bitte?“, fragte sie flüsternd, für die anderen unhörbar. „Was würdest du von mir verlangen? Ich kann viel für dich, John und all die anderen tun. Bitte hilf mir, Kat! Hilf mir hier raus!“ Siobhans blassblaue Augen füllten sich erneut mit Tränen.

                            Katherine fasste Siobhan sanft am Unterarm und fragte leise: „Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten? Allein?“

                            Siobhan nickte. „Sicher, gehen wir nach nebenan“, antwortete sie knapp und führte Katherine zu einer geschickt in der Wand getarnten Tür. Sie legte ihre rechte Hand auf ein Paneel und leise zischend schob sich die Tür beiseite.

                            Nachdem sich die Tür hinter den beiden Frauen wieder verschlossen hatte, sah sich Katherine kurz um. Der Raum war um die Hälfte kleiner als der Speisesaal und ausgestattet mit bequemen Sesseln und einem kleinen Stahltisch. Katherine lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Was ist das für ein Spiel, das du hier treibst?“, fragte sie und zog eine Augenbraue in die Höhe.

                            Siobhan rang mit ihren Händen und schaute verzweifelt auf den Boden. „Das ist alles nicht so einfach zu erklären“, begann sie. „So, wie du mich kennengelernt hast, so bin ich in Wirklichkeit nicht.“

                            „Sondern?“, fragte Katherine argwöhnisch und rechnete jeden Moment damit, dass Siobhans Stimmung wieder umschlug. Zu ihrem Erstaunen blieb die ehemalige Schauspielerin weiter ruhig, aber offensichtlich hoch angespannt.

                            „Ich habe einen Sohn“, begann sie mit zitternder Stimme und legte die Hände auf eine Sessellehne um sich abzustützen. „Benjamin. Ich vermisse ihn so sehr.“

                            „Oh“, machte Katherine überrascht. „Wie alt ist er und wo lebt Benjamin?“

                            „Er ist fünfzehn und lebt bei seinem Vater.“

                            „Fünfzehn?“, fragte Katherine noch eine Spur überraschter. „Du bist doch bestenfalls Anfang dreißig? War Benjamin ein …“

                            „Unfall, ja.“ Siobhan lächelte gequält. „Aber, ich liebe ihn, so wie ich Bennys Vater geliebt habe.“ Sie ging um den Sessel herum und setzte sich, Katherine tat es ihr nach.

                            Katherine konnte kaum glauben, was sie da hörte, aber was sie hörte, interessierte die Psychologin sehr und so munterte sie Siobhan auf, weiter zu sprechen. „Wann und warum hast du Benjamin weggegeben?“

                            Mit bebender Stimme antwortete Siobhan: „Benny war fünf Wochen alt, als mein Vater mich zwang, ihn wegzugeben. Er wollte ihn eigentlich anonym der Fürsorge überlassen, das wollte ich aber nicht. Ich habe Benny dann geschnappt, seine Sachen gepackt und bin zu Andrews Eltern gegangen. Sie wussten über alles Bescheid und wollten auch für Bennys Unterhalt aufkommen. Ich wusste, dass mein Sohn dort am besten aufgehoben war. Ich habe Benny mit einer Nachricht auf der Veranda abgelegt, Sturm geklingelt und bin abgehauen. Meinem Vater war es nur Recht, dass ich mit leeren Händen wieder nach Hause kam. Noch in derselben Nacht sind wir nach San Francisco umgezogen.“

                            „Andrew ist Bennys Vater?“, wollte Katherine wissen. „Hast du noch Kontakt zu ihm?“

                            Siobhan schüttelte ihre filzigen Dreadlocks. „Ein paar Monate, nachdem wir nach San Francisco gegangen waren, musste ich den Kontakt zu Andrew abbrechen. Ich habe mich in unregelmäßigen Abständen bei ihm gemeldet, konnte aber nicht so offen reden, wie ich es gern getan hätte.“

                            „Warum hat dein Vater dich gezwungen, dein Kind wegzugeben und den Kontakt zum Kindsvater abzubrechen? Das kommt mir ziemlich suspekt vor.“ Katherine sah Siobhan verständnislos an, wurde sich aber bewusst, dass die junge Frau, die ihr gegenüber saß, ein schweres und trauriges Schicksal erlitten hatte. Sie fühlte instinktiv, dass Siobhan die Wahrheit sagte und entwickelte ein steigendes Maß an Mitleid für sie.

                            „Mein Vater hat, solange ich denken kann, mein Leben bestimmt. Er hat dafür gesorgt, dass meine Mutter uns verlassen hat und zugelassen, dass man mich vergewaltigt.“ Siobhan kämpfte wieder mit den Tränen.

                            Katherine rutschte auf dem Sessel nach vorn und legte mitfühlend eine Hand auf Siobhans Knie. „Siobhan, ich will, dass du mir jetzt alles erzählst, von Anfang an.“ Ihre grauen Augen durchbohrten Siobhan förmlich.
                            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                              #59
                              Wenn sie Kat erstmal auf ihrer Seite hat, dann... gibt es noch Hoffnung. Was Besseres kann jemandem wie Siobhan nicht passieren. Also... Nurara würde wohl das Selbe sagen
                              Ähm... kommt Grünschöpfchen auch irgendwann in der Geschichte aktiv vor? Ich vermisse sie ein wenig
                              Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                              Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                              Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                                #60
                                Nurara ist fest eingeplant, versprochen!

                                So, Joan und Lloyd gehen ins Haus der Kellys.


                                Kapitel 8

                                Lloyd überprüfte den Batteriezustand seiner leistungsstarken Taschenlampe und sah Joan an. „Bereit?“, fragte er nur und öffnete die Beifahrertür des Gleiters. Joan hatte das Fahrzeug ein paar hundert Meter entfernt vom Haus der Kellys geparkt und rutschte unruhig auf dem Fahrersitz hin und her. „Ich bin wirklich gespannt, ob wir etwas finden. Lassen Sie uns gehen.“

                                „Ich habe ein ungutes Gefühl“, meinte Joan. „Auch wenn dieses Haus verlassen ist und offensichtlich niemandem gehört, dürfen wir ohne Beschluss nicht einfach rein, Lloyd. Das ist hier eine noble Wohngegend und …“ Joan sah aus dem Fenster, als ein Polizeigleiter vorbeirauschte. „… und wie Sie unschwer sehen können, ist die Polizei hier ziemlich präsent. Marshall Garnie würde kaum dulden, dass wir uns Ärger mit der Stadtpolizei einhandeln.“

                                „Joan“, sagte Lloyd tadelnd, „gemäß Paragraph 427 der Weltraumpolizeiordnung dürfen sich Beamte der Weltraumpolizei jederzeit Zutritt zu Räumen und Schiffen Verdächtiger verschaffen, wenn Gefahr im Verzug ist. Da wir von zwei entführten Beamten sprechen, über deren Schicksal wir derzeit nichts wissen, müssen wir davon ausgehen, dass hier tatsächlich Gefahr im Verzug vorliegt. Also?“

                                Joan seufzte. „Schön, dass Sie die Vorschriften so genau kennen, Lloyd. Hilft Ihnen das, wenn Sie in die Pistolenmündung des Sheriffs schauen?“ Joan schüttelte ihre blonden Locken und zog ein Haargummi aus der Tasche, mit dem sie ihre Mähne zu einem buschigen Pferdeschwanz zusammen band. „Also gut. Gehen wir. Von Ihnen lasse ich mich nicht Spießer oder Feigling schimpfen!“

                                Lloyd grinste. „So gefallen Sie mir besser, Joan. Beinahe hatte ich das Gefühl, Sie fürchten nicht die Vorschriften, sondern ein leerstehendes Haus, in dem es spuken könnte.“

                                „Blödsinn! Ich glaube nicht an Geister. Können wir jetzt gehen?“, fragte Joan mit einem spöttischen Grinsen und stieg aus.

                                Joan und Lloyd gaben sich als Spaziergänger aus und schlenderten gemütlich den Bürgersteig entlang, bis sie beim Haus der Kellys ankamen. Joan überprüfte das große eiserne Tor und stellte fest, dass es nur angelehnt war. Lloyd sah sich nach den hell erleuchteten Fenstern der Nachbarhäuser und auf der Straße um. Es war niemand zu sehen. „Alles klar“, flüsterte er und Joan schlüpfte leise durch das Tor. Ein leises Quietschen war zu hören, als Lloyd ihr folgte und das Tor etwas weiter öffnen musste, um hindurch zu kommen. Dann befanden sie sich auf dem mit Unkraut und wild wachsenden Pflanzen zugewucherten Grundstück, welches ihnen eine perfekte Tarnung bot. In geduckter Haltung lief Joan zum Haupteingang und fand die große, doppelflügelige Tür verschlossen vor. Sie winkte Lloyd zu und zeigte auf den Garten. Auf der Rückseite des Hauses betraten die beiden Polizisten eine riesige Terrasse, die über und über mit Moos bedeckt war. An einigen Stellen schimmerte heller Marmor durch. Die großen Fenster waren mit schweren Platten zugenagelt und verhinderten den Einblick ins Wohnzimmer. Lloyd trat an die Terrassentür heran und stellte fest, dass die an der Tür angebrachte Platte lose war. „Hier, Joan! Kommen Sie! Hier durch!“, rief er so leise wie möglich und winkte Joan zu sich heran. Nachdem Joan durch den schmalen Spalt hindurch gekrochen war, stieg er hinterher. Ein muffiger, schimmliger Geruch empfing die beiden Polizisten.
                                Lloyd vergewisserte sich, dass die Platte wieder dicht auf der Türe auflag und schaltete seine Taschenlampe ein, Joan tat es ebenfalls. Sofort wurde das stockdunkle Wohnzimmer fast taghell erleuchtet. Sofort wurde den beiden klar, woher der Gestank kam. Sie standen inmitten von Unrat, verschimmelten Essensresten, leeren Alkoholflaschen und gammelnden Matratzen. Die einstmals weiß verputzten Wände waren mit Graffitis und wilden Schriftzügen beschmiert und eine Nische im hinteren Bereich des großen Wohnzimmers hatte man als Toilette missbraucht. Möbel oder Gegenstände aus dem Besitz der Kellys suchte man hier vergeblich. Schweigend und vorsichtig verließen Joan und Lloyd das Wohnzimmer und gingen mit großen, leisen Schritten hinaus in das geräumige Foyer. Hier fanden sie zertrümmerte Möbelstücke, Unmengen an Glas- und Porzellanscherben und eine einstmals teure Couchgarnitur, der man den Bezug unfachmännisch abgezogen hatte. Nur noch das Gestell, die mit Brandflecken überzogene Polsterung und ein paar dunkle Lederfetzen waren noch übrig.

                                „Ich fürchte, hier werden wir nicht fündig. Wir kommen wohl ein paar Jahre zu spät“, unkte Joan und sah die Treppe hinauf. „Keller oder Obergeschoss?“, fragte sie Lloyd und hielt sich die Taschenlampe unters Gesicht.

                                „Gehen wir mal hoch“, meinte Lloyd und ging mutig voran. Auch das Obergeschoss war ein Bild der Verwüstung. Einige zertrümmerte Kleinmöbel lagen in den Schlafzimmern, die Kacheln in den Badezimmern waren bis auf die letzte zerstört, die Armaturen verrostet und in sämtlichen Winkeln hingen dicke Spinnennetze, die die Erbauerinnen selbst schon vor Jahren verlassen hatten. Joan leuchtete in ein Zimmer hinein. Entgegen den anderen weiß gehaltenen Räumen waren die Wände hier in einem noch erkennbar zarten Rosa gehalten.

                                „Siobhans Kinderzimmer“, raunte Joan halblaut und trat ein. Das Zimmer war mit einem bunten Teppich ausgelegt, ein paar Kinderbilder und zerrissene Poster hingen an den Wänden und in einer Ecke des Zimmers stapelte sich ein Haufen von Papier, kaputtem Spielzeug und alten Büchern. Joan hockte sich hin und begann vorsichtig, in dem Haufen herumzuwühlen.
                                „Halten Sie mal, Lloyd“, flüsterte Joan, obwohl Flüstern in der Situation überhaupt nicht notwendig gewesen wäre und hielt ihrem Kollegen die Taschenlampe hin. Mit beiden Händen begann Joan nun zu graben, förderte Schul- und Kinderbücher zutage, wühlte in alten Kleidungsstücken herum und zog plötzlich an einem grauen Stoffhasen. Der Stoffhase leistete jedoch Widerstand. Am Kopf des Hasen war eine kleine Schlaufe, an der irgendetwas angebracht war, das sich noch unter dem Kleiderhaufen verbarg. Joan legte den Hasen beiseite und buddelte weiter, bis sie etwas fand, das mit dem Hasen verbunden war. Es handelte sich um ein kleines ledergebundenes Büchlein, das einen Verschluss besaß. An diesem Verschluss baumelte jetzt der Hase. „Hmm, sieht aus wie ein Tagebuch. Kriegen Sie das auf, Lloyd?“

                                „Sicher“, meinte Lloyd. „Geben Sie mal her.“ Mit einer geschickten Bewegung hatte Lloyd das kleine Schloss geknackt und schlug das Büchlein auf. Es war tatsächlich ein Tagebuch, geschrieben in einer noch krakeligen Jungmädchenschrift am Anfang bis hin zu einer schönen, geschwungenen Handschrift einer jungen Frau gegen Ende des Buches. „Sie hat dieses Tagebuch über Jahre geführt.“ Lloyd blätterte hin und her und blieb an einer Stelle hängen. „Hören Sie sich das mal an, Joan!“, rief er überrascht und las vor: „Papa hat mir heute für ein paar Tage verboten, in den Keller zu gehen. Als ich gefragt habe, warum, wurde er böse. Er hat gesagt, dass mich das nichts angeht. In ein paar Tagen habe ich Geburtstag und werde acht Jahre alt. Vielleicht hat er ja mein Geburtstagsgeschenk dort versteckt. Schade nur, dass Mama weg ist. Fast eine Woche ist sie nun fort. Ich bin so traurig.“ Lloyd blätterte eine Seite weiter und las wieder vor: „Bin heute heimlich in den Keller gegangen. Hier riecht es nach frischer Farbe. Papa hat den Fußboden neu gestrichen. Deswegen durfte ich nicht in den Keller.“ Lloyd klappte das Buch zu und sah Joan an. „Der alte Geoffrey renoviert den Keller, kurz nachdem seine Frau abgehauen ist? Was denken Sie, Joan?“

                                Joan war kreidebleich geworden. „Was ich denke? In etwa das, was Sie denken, Lloyd. Antonia Kelly hat dieses Haus nie verlassen.“

                                Lloyd straffte sich. „Okay, Joan. Lassen Sie uns mal den Keller unter die Lupe nehmen“, raunte er und gab Joan das kleine Tagebuch zurück.

                                Als sie die Treppe nach unten herabstiegen, schlug ihnen ein stärkerer, feucht-muffiger Geruch entgegen als oben in den Wohnräumen. Der Keller bestand aus einem Vorraum, der mit allerlei Gerümpel vollgestellt war und einigen größeren Räumen, die als Waschküche, Lager- und Hobbyraum Verwendung gefunden haben mussten. In dem Hobbyraum befand sich eine große Werkbank, auf der rostige Werkzeuge, Eimer und Holzreste lagerten. Die Waschküche war völlig leergeräumt, an ihren Wänden rosteten Wasseranschlüsse und Abläufe vor sich hin. Der Lagerraum bestand aus verrosteten Metallregalen, Kartons und einem leeren Weinregal, davor lagen Unmengen an Glassplittern zerborstener Flaschen. „Alles völlig uninteressant, Lloyd“, flüsterte Joan. „Wo sollen wir hier Anhaltspunkte für einen Mord finden?“
                                Lloyd zuckte mit den Schultern. „Wenn jemand den Kellerfußboden streicht, macht er das in der Regel ein einziges Mal, nämlich dann, wenn der Estrich versiegelt wurde“, überlegte er. „Eine neue Versiegelung kommt nur dann in Frage, wenn man den Boden aufreißt. Warum sollte Geoffrey Kelly den Estrich seines Kellers neu versiegeln? Weil er ein Loch gegraben hat.“

                                „Um seine Frau dort zu vergraben“, schlussfolgerte Joan. „Das ist gruselig!“ Joan leuchtete den Boden des Waschkellers ab und untersuchte jede der vier Ecken des Raumes. In einer Ecke leuchtete sie etwas länger hinein. „Lloyd, sehen Sie mal, dort drüben! Der Boden scheint dort etwas höher zu sein.“ Joan lief in diese Ecke, hockte sich hin und legte ihre zylindrische Taschenlampe auf die Erde. Wie von Geisterhand rollte sie in die Mitte des Waschkellers. „Wenn Geoffrey gebuddelt hat, dann hier in dieser Ecke!“

                                Lloyd trat zu ihr und hockte sich ebenfalls hin. Mit dem Finger fuhr er über den Boden. „Schauen Sie, Joan, da scheint eine ganz feine Naht im Estrich zu sein, ganz so, als hätte er ein sauberes Quadrat ausgehoben“, sagte er und folgte mit dem Finger weiter der fast unsichtbaren Linie. Von einem Ende zum anderen maß das Quadrat etwa einen Meter mal einen Meter. „Antonia Kelly ist da unten, Joan. Jede Wette.“

                                Joan biss sich erschrocken in die Faust. „Dann sollten wir unverzüglich die Behörden informieren, Lloyd. Wir müssen die Polizei rufen!“, stieß sie hervor.

                                „Das ist nicht notwendig!“, hörten sie eine kräftige dunkle Frauenstimme sagen. In diesem Moment ging eine weitere, grell leuchtende Taschenlampe an. „Aufstehen, sofort! Und ich will Ihre Hände sehen! Lassen Sie die Taschenlampen auf dem Boden liegen!“
                                Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                                Mission accomplished.

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