Folge 7: Die Rückkehr (1)
„Wo ist Kloie?“, wollte Jung wissen, als er den Raum auf der Schwips-Aal betrat, den sie als provisorischen Besprechungsraum ausgewählt hatten. Von den drei Personen, die er für heute bestellt hatte, waren allerdings nur zwei anwesend. Äli und Shnell konnten nur beide mit den Schultern zucken. Sie hatten Kloie beide schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.
„Um was geht es eigentlich?“, wollte Shnell wissen. „Wie Sie wissen Jung, habe ich nur sehr wenig Zeit, da ich immer noch versuche den Code für den Autopiloten zu knacken.“
„Genau darum geht es Doktor.“ Jung sah zu Shnell hinüber. „Wie wir durch die Begegnung zwischen Äli und seinem zukünftigem Ich erfahren haben, werden Sie es innerhalb der nächsten fünfzig Jahre nicht schaffen diesen Code zu knacken und die Schwips-Aal wird in ein Schwarzes Loch fliegen.“
„Ein Grund mehr, noch mehr Energie in den Versuch zu stecken und sich nicht durch überflüssige Besprechungen ablenken zu lassen!“
Jung erwiderte Shnells angesäuerten Blick. „Noch ein Grund mehr, auf Alternativen zurückzugreifen, die unsere zukünftigen Ichs vermutlich nicht in Anspruch genommen haben. Wissenschaftler unter Colonel Telaudis Kommando haben einen Plan entwickelt, mit dem wir eventuell die Crew zurück auf die Erde schaffen können.“
„Was? Wie?“ Shnell sah sichtlich überrascht aus.
„Ich bin kein Wissenschaftler“, gab Jung unumwunden zu. „Aber sie wollen wohl irgendwie versuchen das Limo aus den Tanks der Schwips-Aal ins Sternentor zu leiten und so genug Energie in es zu pumpen, dass wir ein stabiles Wurmloch zur Erde aufbauen können.“
Shnell schüttelte den Kopf. „Das ist Wahnsinn. Wenn und ich sage ganz klar wenn sie damit die Schwips-Aal nicht in die Luft sprengen, stehen wir ohne Limo für den FTL da. Und ich sage Ihnen, dass beide Alternativen sehr viel wahrscheinlicher sind als ein stabiles Wurmloch.“
„Wir müssen aber Alternativen ausprobieren“, hielt Jung dagegen. „Und General Danning hat die Idee für gut befunden. Colonel Telaudi und eine Wissenschaftlerin werden gleich mittels Kommunikationszitronen auf die Schwips-Aal kommen. Und Sie beide und Kloie bekommen im Gegenzug die Möglichkeit auf die Erde zu reisen.“
„Unmöglich“, ereiferte sich Shnell, „wenn Sie wirklich vorhaben, jemand anderes an der Schwips-Aal herumschrauben zu lassen, dann muss ich unbedingt…“
„…während dieser Zeit auf die Erde!“ Jung sah Shnell finster an. „Sie werden mit Telaudi den Körper tauschen Shnell! Ende der Diskussion! Wenn wir wirklich ein Wurmloch zur Erde etablieren können, brauchen wir ihn dringender als Sie!“
„Was…? Aber…“ Shnell schnappte hörbar nach Luft. „Warum?“
„Weil er den ID-Code für die Iris kennt“, entgegnete Jung. „Was würde uns ein Wurmloch ohne ID-Code nutzen?“
Shnell ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken. Für den Moment war er geschlagen.
„Moment mal“, Äli sah plötzlich auf, „Shnell, Kloie und ich sollen zur Erde im Austausch für Telaudi und die Wissenschaftlerin. Müsste da nicht noch ein Dritter kommen?“
Jung nickte. „Gut beobachtet Äli. Ja, angesichts der Tatsache, dass wir nur über eingeschränkte Recourcen verfügen, will uns die Erde noch einen Experten schicken, der uns helfen soll effizienter zu wirtschaften. Kommen wir also wieder zu meiner ursprünglichen Frage zurück – wo ist Kloie?“
„Ich weiß es nicht“, stieß Shnell zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden – ich habe noch einige Vorbereitungen zu treffen, bevor Sie mich zur Erde schicken und die Schwips-Aal in die Luft sprengen!“
Shnell stand auf und verließ den Konferenzraum. In seiner Wut hätte er beinahe Ä über den Haufen gerannt, die zufällig gerade seinen Weg kreuzte.
„He, Second Lieutenant!“, rief Jung, der Ä ebenfalls durch die offene Tür bemerkt hatte.
„Was ist Sir?“, fragte Ä, die mit halb verheultem Gesicht in den Konferenzraum kam.
„Ich wollte fragen, ob Sie wissen wo Kloie ist.“ Jung sah seine Untergebene verwundert an. Warum war Ä nur so aufgelöst?
„Und ob ich weiß wo Kloie ist“, fauchte Ä. „Skott hat sie gefragt, ob sie sich für ‚Staubflunsen’ interessiert und jetzt sind die beiden seit fünf Stunden in der Besenkammer.“
Jung runzelte verwirrt die Stirn und wollte Ä gerade Fragen, warum sie bei dem Wort Staubflunsen mit den Fingern Anführungszeichen angedeutet hatte, als Äli aufsprang und tröstend die Arme um Ä schlang. „Das tut mir Leid Ä. Was du jetzt brauchst ist ein bisschen Ablenkung. Hast du vielleicht Lust auf eine kleine Spritztour zur Erde?“
***
Eine Viertelstunde später hatten sich Jung, Shnell, Äli und Ä im neu eingerichteten Kommunikationszitronenraum versammelt.
Jung sah die drei der Reihe nach an. „Sind Sie alle bereit?“
Als er sah, dass die drei nickten gab er mit „dann mal los“ das Startkommando und die drei umfassten gleichzeitig die vor ihnen liegenden Kommunikationszitronen. Augenblicklich ging ein kurzer Ruck durch Shnell, Ä und Äli, was darauf hindeutete, dass jetzt die drei, von General Danning ausgewählten Personen in deren Körpern steckten.
Die Frau sprang sofort auf und starrte fasziniert in alle möglichen Ecken. „Das … das ist einfach unglaublich!“
„Sie müssen die Wissenschaftlerin sein“, vermutete Jung. Als sich diese kurz umdrehte und bestätigend nickte, wandte er sich an die Person in Shnells Körper. „Colonel Telaudi?“
Telaudi nickte ebenfalls. „Ich behaupte nicht, dass ich mich freuen würde Sie wieder zusehen Jung. Sie sind hier ganz schön die Scheiße geraten! Gut dass jetzt die Kavallerie hier ist um Sie und Ihr Chaotenteam nach Hause zu holen.“
Jung verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. Früher war er gut mit Telaudi ausgekommen, aber diese Zeiten gehörten der Vergangenheit an, seitdem Telaudi eigentlich Colonel Jung auf SG-2007 als kommandierender Offizier ablösen sollte. Leider war das nicht so einfach, da Jung keine Möglichkeit hatte die Basis zu verlassen. Man konnte nicht aus der Basis herausgebeamt werden und den ID-Code zum öffnen der Erdiris hatten Mäuse gefressen. Telaudi war damals davon ausgegangen, dass das alles nur Ausreden und Hinhaltetaktiken von Jung waren, um länger auf SG-2007 bleiben zu können. Wären die Mäuse nicht gewesen, dann wäre jetzt vermutlich Telaudi statt Jung auf der Schwips-Aal gestrandet. Jung wäre heilfroh gewesen, wenn es wirklich so gekommen wäre, aber Telaudi würde ihm wahrscheinlich nicht glauben, wenn er ihm das sagte. Also seufzte er stattdessen und wandte sich an Person Nummer drei in Älis Körper. Dem Experten der Ihnen dabei helfen sollte effizienter mit allem zu wirtschaften. „Und Sie sind?“
Der Mann in Älis Körper schüttelte Jungs Hand. „Peter Zwegat aus Berlin. Freut mich Ihre Bekanntschaft zu machen Colonel. Sagen Sie – diese Glühbirnen – das sind aber keine Energiesparlampen oder? Da sollten Sie dringend etwas ändern.“
***
[Man sieht Peter Zwegat im Vordergrund, wie er genau in die Kamera spricht.]
„Also, als ich auf diesem Schiff ankam habe ich gleich gesehen, dass da ziemlich viel im Argen liegen muss. Alles so schwarz und dunkel! Anscheinend kann man sich hier nicht mal eine Putzfrau leisten. Aber als ich dann gesehen habe, dass die hier keine Energiesparlampen benutzen, war mir Vieles klar. Ich vermute mal das ist nur die Spitze des Eisbergs. Ich muss mich jetzt erstmal umschauen und dann Klartext mit dem Betreiber dieser Einrichtung reden.“[Man sieht Peter Zwegat im Vordergrund, wie er genau in die Kamera spricht.]
***
Äli blickte in die Gesichter der beiden Personen, in denen jetzt höchst wahrscheinlich das Bewusstsein von Shnell und Ä steckte. Er drehte vorsichtig den Kopf. Sie saßen um einen Tisch, der vermutlich im Pentagon stand. An der Tür zum Raum standen zwei Soldaten, durch ein Fenster konnte man nach draußen sehen. Es hatte geklappt! Sie waren tatsächlich wieder auf der Erde! Äli kam es so vor, als wenn es erst ein paar Tage her war, seit er den blauen Planeten mit der Papaschlumpf verlassen hatte. Als er darüber nachdachte, kam er zu dem Schluss, dass es wohl wirklich erst ein paar Tage her war.
„Und was machen wir jetzt?“, wandte er sich an seine zwei Mitstreiter.
Ä zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ich bin im Grunde nur eine Nebenfigur ohne großen Background. Und nachdem Skott jetzt lieber mit Kloie in der Besenkammer verschwindet, wird sich daran wohl so schnell nichts ändern. Ich habe hier auf der Erde eigentlich nichts – kein Haus, keine Verwandten, keine Freunde, … das war im Drehbuch einfach nicht vorgesehen.“
„Wie wär’s mit einem kleinen Abstecher in die Disco?“, schlug Äli vor.
Aber Ä runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Nein, ich finde das wäre eher was für eine Dokusoap, aber nicht für eine richtige Science-Fiction-Geschichte.“
„Hm, ich glaube du hast recht“, gab Äli zu. „Ich glaube das war wirklich eine ziemlich blöde Idee. Soll ich dir vielleicht mein Haus zeigen? Ich wohne hier ganz in der Nähe.“
„Au ja“, strahlte Ä, „das würde mir gefallen.“
„Na dann los! Was ist mit Ihnen Shnell? Kommen Sie auch mit?“
Shnell, welcher in Telaudis Körper steckte, sah auf. „Nein, geht ruhig ohne mich. Ich habe hier in der Stadt selber noch eine Sache zu erledigen. Wir treffen uns dann später hier oder auf der Schwips-Aal wieder.“
***
„Also, ich muss ehrlich sagen … Ihre Führungsqualitäten sprechen nicht gerade für sich“, meinte Telaudie, während er in Jungs Quartier auf und ab ging. „Erst ein paar Tage auf der Schwips-Aal und schon haben Sie zwei Teammitglieder verloren.“
„Naja, Kloies Vater würde ich jetzt nicht gerade als verloren betrachten“, verteidigte sich Jung. „Wir wissen ja wo er ist. Auf der Erde im Körper von House.“
„Ein Körpertausch. Wie praktisch“, höhnte Telaudi. „Was ist mit schwebendes Rund? Ist das jetzt auch jemand anderes?“
***
„He was machen Sie da?“, frage Jung entsetzt, als er House bemerkte, der in einem Korridor stand und dabei schwebendes Rund immer wieder wie einen Ball an eine Wand warf und wieder auffing.
House sah auf schwebendes Rund in seiner Hand. „Tut mir Leid. Eine alte Angewohnheit von mir.“
„Sie wissen, dass schwebendes Rund ein Teammitglied der Schwips-Aal ist?“
„Schwebendes Rund?“, fragte House zurück.
„Naja, es ist rund und es schwebt“, erklärte Jung House Älis Logik.
„Seitdem es durch den Ereignishorizont geteilt wurde, schwebt es eigentlich nicht mehr“, gab House zu bedenken und besah sich die dicke Schicht Tesafilm, mit der er die beiden Hälften wieder zusammengeklebt hatte. „Und wirklich rund ist es auch nicht mehr. Nennen wir es doch stattdessen einfach Ball.“
***
„Naja, in gewisser Weise schon“, beantwortete Jung Telaudis Frage.
„Nun gut, vertiefen wir das nicht weiter.“ Telaudi setzte sich Jung gegenüber. „Was ist mit den anderen Leuten unter Ihrem Kommando? Mit Ausnahme der Leute die momentan in anderen Körpern rumlaufen … was machen sie zurzeit?“
„Skott und Kloie kämpfen in einer Besenkammer gegen klamottenfressende Staubflunsen, Grier übt Sudokus …“
„Sudokus?“, fragte Telaudi, der schon bei den klamottenfressenden Staubflunsen die Stirn gerunzelt hatte, erstaunt.
Jung nickte. „Im Sachen zerstören ist Grier wirklich gut, aber im Sudokulösen hat er noch ziemlichen Nachholbedarf.“
Telaudi nickte vorsichtig. „DJ?“
„Macht, seit House hier ist gerade eine Art Selbstfindungsphase durch.“
„Wrei?“
„Ist wohl eher gerade in einer Selbstverlorengehphase.“
Telaudi lehnte sich seufzend zurück. „Sie erwähnten in Ihrem letzten Bericht etwas von einem neuen Besatzungsmitglied.“
„Eierkocher. Er …“
Aber bevor er Telaudi weiter über Eierkocher informieren konnte, klopfte es an der Tür und Peter Zwegat kam herein. „Entschuldigen Sie, wenn ich die Besprechung unterbreche, aber ich bräuchte ganz dringend Flip-Charts.“
„Flip-Charts?“ Jung schüttelte erstaunt den Kopf.
„So ganz große Blätter“, versuchte Peter Zwegat zu erklären.
„Ich weiß, was Sie meinen Herr Zwegat, aber ich befürchte, wir haben so etwas nicht an Bord.“
Peter Zwegat wurde leichenblass und schnappte nach Luft. „Was … wie? Keine …? Aber ich … so kann ich unmöglich arbeiten …“
***
[Man sieht Peter Zwegat wieder im Vordergrund (immer noch Leichenblass)]
„Also bei meinem Rundgang hab ich ja gesehen, dass es schlimm ausschaut, aber dass es gleich so schlimm ist, dass man sich nicht mal Flip-Charts leisten kann! So was hab ich in meiner ganzen Karriere noch nicht erlebt! Ich muss jetzt erst mal in mich gehen und mir überlegen, wie ich hier weiter vorgehen soll. Aber ich befürchte die Schwips-Aal wird wohl nicht um ein Insolvenzverfahren herumkommen.“[Man sieht Peter Zwegat wieder im Vordergrund (immer noch Leichenblass)]
Fortsetzung folgt…
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