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Captain Future - Meuterei

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    Kapitel 12


    Lilla brachte Joan etwas zu trinken. Joan saß auf dem Bett, nur mit der linken Hand an das Bettgestell gekettet. So hatte sie ein wenig Bewegungsfreiheit und die Schmerzen in Schulter und Nacken ließen endlich nach. So sehr sich Joan auch bemühte, Lilla ließ sich nicht dazu bewegen, mehr zu sagen, als ihr Onkel Povlek ihr anscheinend erlaubt hatte. Dennoch versuchte Joan, die hübsche junge Samedanerin immer und immer wieder in ein Gespräch zu verwickeln. „Lilla“, begann sie, „können Sie mir nicht irgendwie verraten, was hier abgeht? Ich möchte doch nur verstehen, was hier auf diesem Planeten und vor allem mit Ihrem Volk passiert! Bitte reden Sie mit mir.“

    Lilla goss etwas klares Wasser in einen Plastikbecher und reichte ihn Joan. Wortlos wandte sie sich ab, ging ein paar Schritte zum Tisch und drehte sich wieder zu Joan um. „Was hier passiert, übersteigt Ihre Vorstellungskraft“, meinte sie nur.

    „Versuchen Sie, es mir zu erklären“, gab Joan geduldig zurück.

    Lilla setzte sich auf den Tisch und strich ihren dunkelbraunen Hautlappen glatt, der im fahlen Licht des Kellers wie ein auf Hochglanz polierter Schuh schimmerte. „Das samedanische Volk ist sehr alt, mehrere Milliarden Jahre nach Ihrer Zeitrechnung. Wir können auf eine uralte Kultur zurückblicken, Kunst, Musik, Literatur, demokratische Gesellschaftsformen. Kriege hat es in unserer Geschichte nur wenige gegeben, diese aber waren blutig und verlustreich. Wir haben es eigentlich weit gebracht, aber unser Volk degeneriert. Von Generation zu Generation sterben wir ein paar Jahre früher. Unsere Wissenschaftler haben herausgefunden, dass ein Gendefekt, der stets weitervererbt wird, unsere Rasse in spätestens tausend Jahren ausrotten wird. Viele samedanische Frauen haben jetzt schon übermäßig viele Totgeburten.“

    Erschrocken schlug Joan die Hände vor den Mund. „Das ist ja schrecklich!“, rief sie. „Gibt es denn nichts, was man dagegen tun kann?“

    Langsam schüttelte Lilla den Kopf. „Nein. Auch ich habe schon ein Kind verloren“, antwortete sie traurig. „Dieser Gendefekt ist eine unheilbare Krankheit, die mein Volk heimsucht. Unsere Wissenschaftler haben vor einigen Jahren Kontakt mit Forschern von anderen Welten aufgenommen. Keiner konnte helfen, bis auf einen …“

    „… Vul Kuolun“, warf Joan ernüchtert ein. „Er hat sich schon früher gerne mit Genetik auseinandergesetzt. Wie kann sich ein ganzes Volk mit solch einem Verbrecher einlassen? Was ist sein Preis dafür?“

    „Sein Preis? Er wollte nur dieses Schiff da oben im Weltraum.“ Lilla deutete zur Decke.

    „Nein Lilla, das glaube ich nicht. Da steckt mehr dahinter. Kuolun gibt sich nicht nur mit einem Kriegsschiff zufrieden. Er strebt nach Macht in Reinform. Er würde am liebsten eine ganze Welt beherrschen. Und ich glaube, er hat sich eure Welt ausgesucht. Er wird euren Gendefekt vielleicht beseitigen, aber er ist irre genug, etwas in eure DNA einzupflanzen, was euer Volk zu willfährigen Sklaven macht! Lilla, was habt ihr getan?“ Joan war sichtlich erschüttert und begrub ihr Gesicht in den Handflächen. Dann sah sie Lilla mit Tränen in den Augen an. „Lilla, bitte! Seien Sie vernünftig! Ihr dürft das Schicksal eures Volkes nicht in die Hände dieses Monstrums legen! Auch wenn ihr dann wieder länger leben könnt und gesunde Kinder zur Welt bringt, was ist ein Leben in Sklaverei? Wollt ihr wirklich eure Freiheit, eure Kultur und euer Erbe verschenken?“

    Lilla stand auf und ging wortlos zur Tür. Sie drehte sich noch einmal zu Joan um und sagte mit einer Träne im Auge: „Das zu entscheiden liegt nicht in meiner Macht.“ Dann ging sie hinaus und verriegelte die Tür.

    Joan ließ sich auf die moderige Matratze fallen und begann hemmungslos zu weinen. „Curtis …“, flüsterte sie. „Bitte hilf mir … hilf diesem armen Volk.“




    Am frühen Nachmittag trafen John und Admiral Taggart wieder in New York ein. Taggart hatte fast die ganze Fahrt mit der Admiralität gesprochen und Admiral Dubois davon überzeugen können, wieder – zumindest für den kommenden Einsatz – in den aktiven Dienst zurückzukehren. Letztendlich hatte Dubois dem zugestimmt und Taggart den Oberbefehl für die Einsatzgruppe, die sich derzeit im Orbit um die Erde formierte, übertragen. Offensichtlich freute sich Taggart bereits königlich, wieder ein Kriegsschiff befehligen zu dürfen, sein Grinsen war breiter als der asiatische Kontinent auf einer Taschenkarte. Auf seinem Kommunikator piepste es in einer Tour, jedes Piepsen war eine Klarschiffmeldung aus dem Orbit. Beim fünfzehnten Piepsen gab John das mitzählen auf.
    „Alle Achtung!“, brummte Taggart, „die stellen eine komplette Angriffsflotte zusammen, da kann Rodriguez sich warm anziehen, mein Junge!“

    In der Tat stellte fast jedes Land der Weltregierung Raumschiffe zur Verfügung: Amerika stellte das Schlachtschiff Republic und die zwei Schlachtkreuzer Alabama und Texas, Frankreich den Schlachtkreuzer Charles De Gaulle, England die Flottenträger Ark Royal und King William, Deutschland die Fregatten Brandenburg, Rheinland und Bayern, Japan den Abfangkreuzer Musashi, Russland die schweren Kreuzer Tolstoi, Orlov und Zar Nicolai. Hinzu kamen unzählige leichte Kreuzer, Korvetten, Hilfsschiffe und Versorger, die von anderen Ländern entsandt wurden.
    „Ich muss noch mein Flaggschiff wählen“, meinte Taggart und tippte eine Nachricht in sein Komm. „Für Ihre Katherine wird es die Alabama sein. Wie finden Sie das, John?“ Taggart hatte mit voller Absicht nicht das größte Schiff, die tausendneunhundert Meter lange Republic, gewählt. Das Schlachtschiff war zwar größer und besser bewaffnet, aber langsamer und behäbiger als die Alabama und ihre Schwesterschiffe Tennessee und Texas. Er kannte den kleineren Typ wie seine Westentasche und wusste, wie man den Schlachtkreuzer am effektivsten gegen einen gleichwertigen Gegner einsetzte.

    „Kat wird sich freuen …“, brummte John grinsend, als er die Limousine in die Tiefgarage des Polizeipräsidiums manövrierte. „Wir sind da, Admiral. Wir sollten uns als erstes bei Marshall Garnie melden.“

    Noch vor Garnies Büro wurden John und Taggart von selbigem abgefangen. „Wo haben Sie gesteckt, Milner? Ich habe Sie überall gesucht!“, rief er und wirkte etwas genervt.

    „Sir, ich habe den Befehlshaber der Einsatzflotte mitgebracht. Darf ich vorstellen? Admiral Hank Taggart.“

    „Freut mich, Sir“, gab Garnie respektvoll zurück. „Sie waren der letzte Kommandant auf der Tennessee, richtig?“

    „Korrekt, Marshall“, antwortete dieser breit grinsend. „Eigentlich bin ich im Ruhestand, aber Ihr dynamischer Mitarbeiter hier konnte mich davon überzeugen, noch einmal auf die Brücke eines Kampfschiffes zu gehen und seine Verlobte da raus zu holen.“

    Garnie sah John argwöhnisch an und zog eine Augenbraue hoch. „Daher weht der Wind. Darüber reden wir, wenn Sie wieder zurück sind, Captain.“

    John blinzelte verständnislos. „Sir? Ich verstehe nicht …“

    „Gehen Sie Ihre Sachen packen, Milner. Sie fliegen mit Curtis. Er hat mich überredet, Sie mitkommen zu lassen.“

    Ein breites, triumphierendes Grinsen huschte über Johns Gesicht. „Danke Sir, ich …“

    Garnie hob mahnend den Zeigefinger. „Kein Wort, Milner! Bringen Sie mir Landor, Ballard und die anderen zurück. Und jetzt hauen Sie ab, bevor ich es mir noch einmal anders überlege! Curtis wartet um 17 Uhr auf dem Landefeld auf Sie.“
    John blickte auf die Uhr. Er hatte noch anderthalb Stunden, um nach Hause zu fahren, ein paar Sachen zu packen und pünktlich wieder zurück zu sein. Er wusste, dass Curtis kein Freund von Unpünktlichkeit war und gnadenlos ohne ihn abfliegen würde, wenn er nicht auf die Minute genau beim Schiff erschien. Er salutierte mit einem erfreuten „Jawohl, Sir!“ und sprintete in Richtung der Aufzüge.

    Taggart und Garnie sahen ihm nach, während Taggart sinnierte: „Muss eine verdammt große Liebe sein, was?“

    Garnie nickte. „Darauf können Sie wetten, Admiral. Aber Sie würden es für Ihre Frau genauso tun, wie ich für meine auch, oder?“



    Marijke hatte mit ihrer Schätzung Recht. Etwa eine halbe Stunde nachdem die beiden Frauen durch die dunklen und kalten Schächte gekrabbelt waren, deutete die blonde Niederländerin mit dem Zeigefinger über einer Gitterabdeckung nach unten. „Wir sind da, Kat“, flüsterte sie. „Wir müssen hier runter, zwanzig Meter den Gang entlang und einmal rechts um die Ecke. Dann stehen wir vor dem Sicherheitsschott des Polizeitraktes.“

    „Sollte doch ein Kinderspiel sein, oder?“, fragte Kat leise. Das einzige Geräusch, das in diesem zu hören war, war das lautstarke Knurren ihres Magens.

    „Eigentlich schon, ich kann mir aber vorstellen, dass da unten Rodriguez‘ Leute patrouillieren und nur darauf warten, uns abzufangen. Rodriguez wird mit Sicherheit schon Leute abgestellt haben, die versuchen, an deine Mannschaft heranzukommen“, gab van den Bosch zurück, während sie ein Taschenmesser zückte und die Verschlüsse öffnete.

    „Hilft ja nichts, Rijke. Wenn wir vom Schiff runter wollen, müssen wir es wagen. Also, wagen wir es?“, fragte Katherine mit einem Raubtiergrinsen.

    „Klar, los pack mit an!“, antwortete Marijke und griff mit den Fingern in das Gitter. Zusammen hoben die beiden Frauen das schwere Gitter hoch und schoben es so leise wie möglich beiseite. Marijke steckte den Kopf durch die Öffnung und sah sich um. „Die Luft ist rein, Kat, los du zuerst!“

    Katherine vergewisserte sich, dass Marijke die Wahrheit gesagt hatte und ließ sich mit den Füßen voran von der Deckenöffnung fallen. Die Decks der Tennessee waren etwas über zwei Meter fünfzig hoch, für sie als durchtrainierte Sportlerin keine gefährliche Höhe. Sie ließ sich so tief wie möglich hängen und ließ los. Bei der Landung rollte sie sich gekonnt ab und drückte sich mit gezogener Waffe an die nächstgelegene Wand. „Los, komm Rijke!“, rief Katherine so leise wie möglich.

    Marjike van den Bosch kam beim Sprung etwas unglücklich mit dem linken Fuß auf. „Au, godverdomme!“, rief sie leise in ihrer Muttersprache.

    „Alles klar?“, flüsterte Katherine.

    „Ach Mist, ich habe mir vor ein paar Stunden den linken Fuß verstaucht, jetzt tut es so richtig weh.“ Marijke war aufgestanden und Katherine konnte deutlich erkennen, wie sie humpelte. Im hellen Licht der Deckenbeleuchtung sah Marijke ohnehin sehr angeschlagen und abgekämpft aus. Ihre weiße Uniform war über und über mit Schmutz und Öl übersäht, zerrissen und voll von Blutflecken.

    Als Marijke Katherine betrachtete, sah sie die schwarzhaarige Polizistin mitleidig an. „Das schöne Kleid, schade drum. Das war teuer, oder?“

    Katherine sah an sich herunter. Das einst hellorangefarbene Lederkleid war graufleckig, ebenfalls ölverschmiert und hatte viele kleine Löcher und der Riss, den Rodriguez verursacht hatte, reichte mittlerweile bis zu Katherines Oberkörper. Dazu war Katherine selbst ziemlich verdreckt, verkratzt und mit blauen Flecken übersäht. „Ja, war es“, seufzte sie. „Und dazu eine Überraschung für meinen Verlobten. Ich wollte es an unserem Polterabend anziehen …“

    „Weißt du was, Kat? Wenn das hier überstanden ist, machen wir eine Shoppingtour zu Hause. Ich war schon lange nicht mehr in New York. Ich bin sicher, wir finden dieses Kleid nochmal, das hätte ich nämlich auch gerne. Steht mir bestimmt auch, oder was meinst du?“

    „Ganz sicher. Wir gehen shoppen, abgemacht!“ Katherine musste unwillkürlich grinsen. Da waren sie in höchster Lebensgefahr, schmutzig, verletzt und hungrig und sie hatten nichts Besseres zu tun, als sich zum Shoppen zu verabreden, wie es nur Frauen tun konnten.

    Marijke hob die Hand und bedeutete Katherine, still zu sein. „Schhh…. da kommt jemand“, flüsterte sie. Deutlich war zu hören, wie Schritte auf dem Deck widerhallten und näherkamen. Marijke wagte einen Blick um die Ecke. Hinter ihrem Rücken zeigte sie Katherine mit den Fingern, wie viele Personen sie sah. Es waren drei. Marijke zog den Kopf wieder ein. „Schnell, Kat, dort in die Nische! Und Kopf runter!“, flüsterte sie und schlich so leise wie möglich in die angewiesene Richtung. Da Katherine barfuß war, brauchte sie nicht zu schleichen. Schnell und geräuschlos hatten sich die beiden Frauen hinter einem Wandvorsprung versteckt. Deutlich konnten sie hören, wie der Trupp an ihnen vorbei ging. Die Soldaten, zwei Männer und eine Frau schwatzten und lachten laut. Als der Trupp vorbei war, wagte Marijke noch einmal, zu der Ecke vorzudringen. Sie sah, dass sonst niemand mehr in der Nähe war und winkte Katherine zu sich. Schnell sprang Katherine auf und lief auf Zehenspitzen nach vorne. Dann ging alles ganz schnell. Mit ihren nackten Füßen rutschte sie auf dem glatten Metalldeck aus und landete schmerzhaft auf ihrem Gesäß. Die Pistole, die sie bis dahin in der Hand gehalten hatte, fiel klappernd auf das Deck.
    „Was war das?“, hörten die beiden Frauen einen der drei Soldaten aus der anderen Richtung rufen. Dann kam das Trio im Laufschritt zurück. Geistesgegenwärtig stürzte Marijke sich auf die Blasterpistole, die ein paar Meter vor Katherine zum Liegen kam. Sie ergriff die Pistole, drehte sich um und legte auf Katherine an. Überrascht riss Katherine die Augen auf.

    „Marijke, was …“, keuchte sie, während die drei Soldaten schnell näherkamen. Sie saß in der Falle und sah die Sicherheitsoffizierin angsterfüllt und fragend an.

    Marijke grinste böse und entsicherte die Blasterpistole, dann brüllte sie: „Kopf runter, Kat! Flach auf den Boden!“

    Katherine reagierte instinktiv und legte sich flach auf den Rücken. Drei rote Blasterstrahlen schossen dicht über sie her. Katherine konnte förmlich die Hitze in ihrem Gesicht spüren. Dann vernahm sie drei gurgelnde Schmerzensschreie und das Klappern von Metall auf Metall. Gleich danach kehrte Ruhe ein. Vorsichtig drehte Katherine sich auf den Bauch und sah in die Richtung, aus der die Soldaten kamen. Sie lagen regungslos auf dem Boden, die Gliedmaßen arabesk verdreht.
    „Sammle die Waffen ein, Kat, schnell, bevor noch mehr kommen. Es ist nicht mehr weit!“, hörte sie Marijke rufen. Wie automatisch sprang Katherine auf und stürzte auf die Leichen zu. Als sie die Waffen einsammelte, sah sie im Augenwinkel, wie Marijke an die Wand gelehnt auf dem Boden saß sich eine Hand vor das Gesicht hielt.

    Katherine ging langsam auf Marijke zu und hockte sich neben sie. „Hey, Marijke, was ist los? Du hast mir gerade das Leben gerettet und ich dachte schon …“

    Marijke nahm die Hand vom Gesicht und sah Katherine mit matten Augen an. Leise sagte sie: „… ich wollte dich abknallen, was? Vertraust du mir jetzt endlich? Kat, die Flotte ist alles, was ich habe. Meine Schwester ist tot, meine Mutter ebenfalls und mein Vater vegetiert in einem Heim vor sich hin und weiß nicht einmal mehr, wer ich bin. Die Flotte bedeutet mir alles, ich würde niemals Verrat begehen, bitte glaube mir doch!“

    „Ich glaube dir, Marijke“, antwortete Katherine mitfühlend und strich der Niederländerin durchs zerzauste Haar. „Komm, ich helfe dir hoch. Ist es noch weit bis zum Schott?“

    Marijke schüttelte ihren verschwitzten blonden Schopf und deutete mit der Pistolenmündung an Katherine vorbei auf die nächste Kreuzung. „Noch die zwanzig Meter, da hinten, um die Ecke. Wir sind gleich in Sicherheit.“
    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

    Mission accomplished.

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      Puh. Die Samedaner können einem schon leid tun. Wenn man verzweifelt genug ist, dann geht man auch einen Handel mit dem Teufel ein. Wobei DIESER Teufel, sich sicher wie ein Engel dargestellt hat
      Aber der Teufel hat ja bekanntlich schöne Masken
      Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
      Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
      Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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        Curti & Grünschöpfchen - was im Moment sachlich falsch ist. Sie hat ja grad schwarze Haare...


        Curtis saß im Pilotensitz der Comet und ging die Pre-Flightchecks für den Start durch. Grag hatte gemeldet, dass sein Schiff in einer Stunde startbereit sei. Er würde mit seiner Crew einen kurzen Abstecher nach New York City machen, John einsammeln und mit einem Vorsprung von drei Stunden vor der Flotte nach Sameda aufbrechen. Das war der Plan. Dann meldete sich Otho hinter ihm. „Chef, ich habe hier ein Kommsignal. Die Up jumped the Devil ruft uns.“

        Etwas verstört sah Curtis sich um. Das war Nuraras Schiff. „In meine Kabine, Otho!“, rief er und sprang auf. „Mach hier bitte weiter“, sagte er noch zu dem Androiden und sprintete hinaus. In seiner Kabine nahm er das Gespräch an, es war eine Videoverbindung von guter Qualität.

        „Hallo Captain“, sagte Nurara mit einem schüchternen Lächeln. Curtis hatte den Eindruck, dass Nurara sich nicht sonderlich wohl dabei fühlte, dieses Gespräch zu führen. Sie sah wunderschön aus, die Schwangerschaft hatte ihr gut getan und der jungen Marsianerin ein wenig die Härte aus ihren Gesichtszügen genommen, dennoch haftete ihr immer noch etwas Mysteriöses und Undurchsichtiges an, zumal Nurara ihr Haar schwarz gefärbt hatte. „Meine Mutter hat mich eindringlich gebeten, mich bei Ihnen zu melden.“

        „Ja, das stimmt“, bestätigte Curtis, „und ich danke Ihnen, dass Sie mich angerufen haben. Wie geht es Ihnen?“

        „Soweit ganz gut, danke der Nachfrage“, antwortete Nurara und legte fragend den Kopf schief. „Aber ich sollte Sie doch bestimmt nicht nur anrufen, damit Sie sich nach meinem Befinden erkundigen können? Also, was wollen Sie von mir, Newton?“

        Curtis lächelte milde und schüttelte seinerseits den Kopf. „Nein, nicht nur. Nurara, ich wollte Ihnen lediglich mitteilen, dass ich die Suche nach Ihnen ein für alle Mal einstelle. Sie brauchen sich nicht mehr vor mir verstecken.“

        Nurara blinzelte etwas verwirrt. „Und was bringt Sie zu diesem Entschluss? Haben Sie endlich eingesehen, dass nichts gegen mich vorliegt?“ Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

        Curtis seufzte. „Nurara, wir wissen beide, dass Sie das Gefängnis auf Airam IV mit einem abstürzenden Frachter in die Luft gesprengt haben, um Kuolun herauszuholen. Machen wir uns nichts vor!“ Nurara zuckte wortlos mit den Schultern. „Verraten Sie mir nur Ihre Beweggründe, warum Sie das getan haben. Es bleibt unter uns, Ehrenwort.“

        Nurara hob entschuldigend die Hände und hauchte mit zuckersüßer Stimme: „Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Captain. Dass Kuolun verschollen ist, habe ich der Presse entnommen. Man hat ihn doch kürzlich für tot erklärt, richtig?“ Nurara wurde ernst und sagte: „War das alles, Captain? Ich springe gleich in die Lichtgeschwindigkeit. Grüßen Sie Joan und Kat von mir.“ Sie hob einen Finger und wollte die Verbindung beenden.

        „Joan und Katherine sind vermisst, Nurara. Ich bereite mich gerade auf den Start vor, um sie zu suchen.“

        Jäh riss Nurara die Augen auf. „W-was sagen Sie da? Verschwunden? Wo?“

        „Im Samedi-System, sie waren auf einer Transportmission, reine Routine, aber das Schiff, auf dem sie sich befinden, meldet sich nicht mehr.“ Curtis ließ sich nicht anmerken, wie beunruhigt er war.

        „Samedi-System“, dachte Nurara laut. „Da war doch neulich dieser Amoklauf, oder?“

        „Ganz recht und Joan und Kat sollten lediglich den gefassten Täter zurück zur Erde bringen, mehr nicht.“

        Nurara tippte auf ihrer Konsole ein paar Befehle ein, dann antwortete sie: „Ich bin achtundvierzig Stunden vom Samedi-System entfernt. Wenn wir beide es schaffen, unsere gegenseitigen Vorbehalte für eine Weile über Bord zu werfen, würde ich Ihnen gerne bei der Suche helfen. Kat ist immer noch meine Freundin.“ Nurara sah Curtis fest an, ihr Blick duldete keinerlei Widerspruch.

        Curtis überlegte kurz und führte ein paar grobe Berechnungen im Kopf durch. Wenn er jetzt startete, konnte er sich mit Nurara unbemerkt im Samedi-System treffen und mit ihr von Angesicht zu Angesicht reden. Dann fiel ihm John ein. John musste wohl oder übel mit dem Einsatzverband fliegen, ihn abzuholen, dazu war keine Zeit mehr. Darüber hinaus war John ohnehin auf einem Großkampfschiff sicherer aufgehoben, als auf der kleinen Comet. Ganz davon abgesehen, dass John auf den Schlachtschiffen weitaus mehr technische Möglichkeiten hatte, an dieser Mission erfolgreich mitzuwirken. „Also gut, Nurara. Ich danke Ihnen für die angebotene Hilfe. Wir sehen uns übermorgen im Samedi-System. Guten Flug!“

        „Gleichfalls, Captain. Bis übermorgen!“ Über Nuraras Gesicht huschte ein kleines Lächeln, dann schaltete sie ab.



        Curtis rief John auf seinem Dienstkomm an. „John, wo steckst du gerade?“

        „Ich bin auf dem Weg zum Präsidium. Bin in etwa zwanzig Minuten da“, kam die Antwort.

        „Dann hat Garnie dir also schon gesteckt, dass du mitkommen darfst?“, folgerte Curtis.

        „Ja, ich danke dir Curt, dass du das möglich gemacht hast. Ich hätte es hier nicht ausgehalten.“

        „John, dabei bleibt es auch. Allerdings gibt es eine kleine Planänderung. Du fliegst nicht mit mir, du musst zusehen, dass du an Bord der Flotte gehst. Ich muss sofort starten und mich in zwei Tagen mit einer alten Bekannten im Samedi-System treffen.“

        Nach einer kurzen Pause antwortete John: „Alte Bekannte? Lass mich raten, Nurara!“

        „Treffer, versenkt, John“, antwortete Curtis lachend. „Ist das in Ordnung für dich?“

        John lachte ebenfalls, als er sprach. „Kein Ding, Kumpel! Ich habe den befehlshabenden Offizier der Einsatzflotte heute Morgen sozusagen in den aktiven Dienst zurückbeordert. Ich rufe ihn gleich an und lasse mich auf die Alabama bringen.“

        „Danke John, wir sehen uns dann im Samedi-System“, antwortete Curtis erleichtert.

        „Lass uns noch was übrig und bestelle Grünschöpfchen schöne Grüße! Guten Flug, Curt!“



        Katherine und Marijke schafften die letzten zwanzig Meter unbemerkt und standen nun vor dem großen feuerroten Stahlschott, der letzten Hürde vor der relativen Sicherheit. Während Marijke mit einem der erbeuteten Schnellfeuergewehre sicherte, gab Katherine ihren persönlichen, sechsstelligen Zugangscode in das Tastenfeld ein. Sie hoffte inständig, dass Takashi ihn noch nicht geändert hatte. Einen langen Moment passierte nichts, dann gab es ein lautes „Klack“ und die kleine Personentür in dem Schott öffnete sich einen Spalt. Erleichtert winkte Katherine Marijke zu sich. Vorsichtig stiegen die beiden Frauen durch die Panzertür und zogen sie zu. Dann drehten sie sich um und blickten in die Mündungen von zehn Blastergewehren, die halbkreisförmig auf sie gerichtet waren.
        „Waffen runter, das sind Major Ballard und Captain van den Bosch!“, rief einer der Polizisten. Aus dem hinteren Bereich kam Takashi Yokomuri angestürmt.

        „Kat! Endlich! Wo hast du so lange gesteckt?“, fragte er atemlos. Er lächelte Marijke an und sagte: „Schön Sie zu sehen, Captain. Aber wo ist Joan?“

        Verständnislos schüttelte Katherine ihr schulterlanges, schwarzes Haar, die kunstvolle Hochsteckfrisur vom Vorabend hatte schon vor Stunden kapituliert. „Wie, wo ist Joan? Ist sie nicht hier?“, fragte sie verdutzt. „Ich hatte sie doch schon gestern Abend hierher geschickt.“

        Takashi zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich weiß, aber sie hat sich nicht gemeldet und wir können sie auch nicht auf ihrem Kommunikator erreichen.“

        Katherine wandte sich ab und schlug donnernd mit der Faust auf die Panzertür. „Verdammte Scheiße … wir müssen davon ausgehen, dass Joan Kuolun in die Hände gefallen ist. Habt ihr Garnie schon informiert?“

        Takashi verneinte kopfschüttelnd. „Negativ, es sieht so aus, als hätte man uns die Antenne gekappt. Wir bekommen keine Sendung nach draußen. Momentan sind wir taub, blind und eingesperrt.“

        Katherine massierte sich die Schläfen. „Nicht gut. Gar nicht gut. Was ist mit Tovin und Johansson?“

        Bei der Erwähnung des Namens ihres ehemaligen Liebhabers verzog Marijke das Gesicht. Takashi deutete mit einem Daumen hinter sich. „Tovin ist auch hier. Johansson sitzt in seiner Zelle und schmollt.“ Er sah die beiden geschundenen Frauen mitleidig an. „Ihr zwei seht aus, als könntet ihr eine Dusche und etwas zu essen vertragen. Ich habe schon mal Waschzeug und frische Kleidung rauslegen lassen.“

        „Gleich, Takashi, gleich, ich will vorher mit Johansson reden“, antwortete Katherine mit einem tiefen Seufzer, während sie in Takashis Hemdtasche ein offenes Päckchen Zigaretten entdeckte. Blitzschnell griff sie danach und zündete sich eine an.

        „Hey, Kat“, rief Takashi verwundert. „Dich habe ich noch nie rauchen gesehen.“

        „Kein Wunder“, antwortete Katherine breit grinsend. „Das ist meine erste Zigarette in meinem Leben. Auch eine, Rijke?“, fragte sie und hielt der blonden Niederländerin das Päckchen hin.

        „Eigentlich herrscht auf dem Schiff komplettes Rauchverbot“, gab diese bestimmt zurück. Dann atmete sie einmal tief durch und griff nach dem Päckchen. „Ach, scheiß drauf…“
        Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

        Mission accomplished.

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          Hach ja... Die grün-rote Allianz. Einmal los gelassen und keiner kann sie aufhalten! No way
          Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
          Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
          Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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            Es sei denn, rot steht für Ms. Redshirt ...
            Die Sternenflotte bescheinigt hiermit, dass zur Erzeugung dieses Textes kein Rothemd gemeuchelt, gephasert, erstochen, erschlagen, gesteinigt, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise grob ausgebeutet, misshandelt oder an körperlicher oder geistiger Unversehrtheit geschädigt wurde.

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              So, Ende Kapitel 12.

              Dieser Abschnitt gehört ganz allein John Milner - und der wird grad aufs heftigste angebaggert. Viel Spaß!


              Mit einem Affenzahn raste John auf das Landefeld des Polizeipräsidiums. Er hatte vor wenigen Minuten mit Admiral Taggart gesprochen, dieser hatte ihm zugesagt, ein Transportmittel zu schicken, um ihn in den Orbit zur Alabama zu bringen. Es hatte sich etwas zugezogen und ein leichter Regen hatte eingesetzt, der nur noch mehr zur drückenden Schwüle dieses Augustnachmittages beitrug. Das Landefeld war bis auf einige Gleiter fast leer, nur genau in der Mitte stand ein mächtiger, zweisitziger Bomber der Liberator-Klasse. Die Triebwerke des furchteinflößend grau lackierten und knapp dreißig Meter langen Kampfschiffes mussten noch heiß sein, denn dort, wo der Regen auf die Triebwerke fiel, stieg dichter weißer Dampf auf. Unter einem der Waffenausleger hatte der Pilot Schutz vor dem Regen gesucht und ging dort auf und ab. Anscheinend wartete er auf John.
              John stellte die Gleiterlimousine auf einem der Parkplätze am Rande des Landefelds ab und rannte mit seiner geschulterten Reisetasche auf den Bomber zu. Noch im Lauf rief er nach dem Piloten: „Kommen Sie von der Alabama?“

              Der Pilot reckte den Daumen. Als John näher kam, nahm der Pilot Helm und Sonnenbrille ab. Er schüttelte wallendes blondes Haar auf und lächelte charmant. Eine hübsche junge Frau von Anfang zwanzig winkte ihm freundlich zu.
              „Captain John Milner, nehme ich an? Ich bin Captain Margaret de Havilland. Nennen Sie mich Maggie!“

              „John Milner, freut mich Maggie. Dürfen Sie so ein Monster überhaupt schon fliegen?“

              „Lassen Sie sich nicht von meinem Äußeren täuschen, Johnny“, antwortete Maggie keck. „Ich habe schon ein paar tausend Flugstunden auf der Liberator. Schon mal mit so einem Ding geflogen?“ Ihr Tonfall und Dialekt erinnerte John an Katherine, vor ihm stand ebenfalls eine waschechte Südstaatlerin. Mit offenem Mund und Blick nach oben zum Cockpit schüttelte John den Kopf. „Ist purer Sex …“, meinte Maggie darauf mit einem vielsagenden Augenzwinkern und drückte einen Knopf am Rumpf, woraufhin eine Einstiegsleiter aus dem Rumpf fuhr. „Geben Sie mir Ihre Tasche, die können Sie nicht ins Cockpit mitnehmen, ich verstaue sie hier unten.“ Als Maggie Johns Tasche in dem kleinen Frachtabteil untergebracht hatte, sah sie ihn mit fordernden smaragdgrünen Augen an.
              „Bereit für einen kleinen, heißen Ritt?“, fragte Maggie, während sie ihre Mähne lasziv unter ihren Helm stopfte. John war nicht entgangen, dass die Pilotin aufs heftigste mit ihm flirtete.

              „Bereit, wenn Sie es sind, Maggie“, antwortete er, stieg unter den Rumpf und kletterte die Leiter in das Cockpit hinauf.
              Keine fünf Minuten später schoss der Bomber mit brüllenden Triebwerken in einem spektakulären Steilflug gen Himmel.
              Als der Liberator-Bomber die obersten Luftschichten der Erde verließ, bot sich John ein wunderbares Bild vom Sonnenuntergang über Europa. Im Gegenlicht konnte er das ISS-Museum erkennen, eine fünf Quadratkilometer große Raumstation, die im Jahre 2103 aufgeben und in ein Museum umgewandelt worden war. Seit dieser Zeit machten täglich kleine Reisegruppen und Schulklassen Tagesausflüge dorthin, wohin zuvor lediglich Wissenschaftler und solvente Privatpersonen reisen durften. Maggie de Havilland flog dicht an der ISS vorbei und ließ John einen langen Blick darauf werfen.

              „Schon mal dort gewesen?“, fragte Maggie vergnügt. Seit dem Start von New York lachte und grinste sie in einem fort. Sie schien Johns Gesellschaft sichtlich zu genießen.

              „Ja, als Kind war ich mit meiner Klasse dort. Es war ziemlich aufregend“, antwortete John. „Schon damals fand ich es erstaunlich, mit welch primitiven Mitteln unsere Vorfahren in der Lage waren, in den Weltraum zu fliegen.“

              „Sie tun den Generationen vor uns Unrecht, John“, antwortete Maggie belustigt. „All die technischen Errungenschaften von damals haben uns dahin gebracht, wo wir heute sind. Wenn Sie technisch interessiert sind, sollte Ihnen mein Nachname etwas sagen.“

              John überlegte kurz. „De Havilland sagten Sie? Ich habe den Namen schon mal gehört. Helfen Sie mir auf die Sprünge. Fliegerei?“

              „Nicht schlecht, Johnny!“, gab Maggie gut gelaunt zurück. „Einer meiner Vorfahren war Geoffrey de Havilland, ein englischer Flugzeugkonstrukteur. Er hat im ersten großen Weltkrieg Flugzeuge für die Royal Air Force gebaut, nur aus Leinwand, Sperrholz und Stahlrohren. Für die damalige Zeit Meisterwerke der Ingenieurskunst. Nach dem Krieg hat er Sport- und Passagierflugzeuge konstruiert. Die Fliegerei liegt mir praktisch im Blut.“

              „Nicht schlecht, Maggie“, antwortete John anerkennend. „Ich bin also in berühmter Gesellschaft.“

              Maggie de Havilland lachte wieder einmal lauthals los. „Das ist lange her, ich bin erst wieder in dritter Generation Flieger.“
              „Und Sie sind keine Engländerin, richtig? Sie kommen aus den Südstaaten. Woher genau?“

              „Texas“, antwortete Maggie voller Stolz. „Ich kann Bullen reiten, schießen, trinken und ordentliche Steaks grillen.“ Bevor John zu einer Antwort ansetzen konnte, hob Maggie die Hand. „Einen Moment, Johnny, ich muss Mama anrufen“, sagte sie und öffnete einen Funkkanal. „Mama anrufen“ war im Pilotenjargon die Bezeichnung für das Kontaktieren der Flugkontrolle beim Landeanflug. „Alabama Control, hier ist Joboxer neun. Erbitte Landeerlaubnis auf Vektor drei-zwei-null-komma-sieben.“

              John konnte über dem Horizont erkennen, wie sich eine gewaltige Flotte vor ihm auftat. Mit bloßem Auge zählte er fast fünfundzwanzig Schiffe und von der Erde kamen immer weitere hinzu.
              „Joboxer neun, hier Alabama Control. Negativ. Keine Landeerlaubnis. Goddess, wir haben einen Tanker vor dem Hangar. Sie können derzeit nicht landen. Machen Sie mit Ihrem Passagier noch einen kleinen Rundflug. Rückmeldung in fünfundvierzig Minuten. Alabama Control Ende.“

              „Verstanden, Alabama Control. Bleibe noch draußen. Joboxer neun Ende.“ Maggie schaltete das Funkgerät auf Empfang und atmete tief durch. Es schien nicht gerade so, als dass diese hübsche Blondine traurig darüber war, mit ihrem gutaussehenden Passagier noch etwas im Weltraum bleiben zu müssen.
              Goddess war also Maggies Rufname. Goddess, die Göttin. John sah Maggie für einen Moment genau an. In der Tat hatte sie etwas in dieser Hinsicht. Langes, leicht gelocktes blondes Haar, dunkelgrüne Augen und volle Lippen, die stets lächelten und zum Küssen einluden. Sie entsprach durchaus dem Typ Frau, der John gefiel. Und sie hatte einiges von Katherine, nämlich diese Unbeschwertheit, das lockere Wesen, der offene Humor und dieses für Südstaatenfrauen unglaubliche Temperament.
              „Sie beobachten mich, Johnny“, sagte Maggie ohne einen Blick von den Instrumenten abzuwenden.
              John fühlte sich sofort ertappt und blickte stur nach vorne aus dem Cockpitfenster. Er konnte förmlich spüren, dass er errötete.
              „Schon gut, Cowboy. Ich bin’s gewohnt, angestarrt zu werden. Ich finde dich auch sehr nett!“ Maggie sah ihn an und zwinkerte ihm zu.

              Cowboy! Sie hatte ihn ebenfalls Cowboy genannt, so wie Katherine es immer tat. Auch das musste eine typische Eigenschaft der Frauen aus dem amerikanischen Süden sein.
              Es war nicht so, dass John in diesem Moment ernsthaft in Verlegenheit geraten war, aber diese Bomberpilotin war ihm doch eine Spur zu offensiv. Er atmete tief durch und versuchte, das Thema zu wechseln. „Was wissen Sie über diese Mission, Maggie?“

              Maggie zuckte mit den Schultern. „Nicht viel, nur dass wir irgendwo ein paar von deinen Kollegen rausholen müssen und du anscheinend ziemlich wichtig sein musst, sonst hätte ich nicht direkt vom befehlshabenden Admiral den Auftrag bekommen, dich abzuholen.“ Maggie blieb mit unverhohlener Selbstverständlichkeit beim „du“.

              John grinste. „Naja, nicht ganz richtig, was meine Person betrifft. Ich bin nur ein kleines Licht bei der Weltraumpolizei, aber ich habe …“ John stockte und schluckte hart. „Ich ... meine … meine Verlobte gehört zu den Vermissten und ich will persönlich dabei sein, wenn wir sie und ihre Kollegen retten.“

              Maggie wurde plötzlich ernst, sämtliche Albernheit war verflogen. „Das tut mir Leid, John. Ganz ehrlich! Ich will alles tun, damit du dein Mädchen wieder in den Arm nehmen kannst, versprochen! Wie heißt sie? Hast du ein Foto von ihr?“

              „Sicher“, antwortete John heiser und kramte seine Brieftasche hervor. „Hier, sie heißt Katherine.“

              Maggie betrachtete das Foto von John und Katherine einen Moment. „Sie ist bildschön. Ihr seid ein tolles Paar. Wir holen sie da raus, John, das verspreche ich dir!“ Von diesem Moment an unterließ Maggie es, John weitere Avancen zu machen. „Wir haben noch eine ganze Menge Zeit. Es reicht noch für eine Runde um den Mond. Hast du Lust?“

              John lächelte Maggie offen an. „Ja sicher! Gib Gas, Maggie! Und hast du was dagegen, wenn wir heute Abend zusammen essen?“

              Maggie grinste. „Wenn deine Katherine nichts dagegen hat, gerne!“



              Als sie den Mond umkreisten, sahen sie deutlich wie von der Südhalbkugel ein Raumschiff in das Weltall startete. „Sieh mal, Maggie“, sagte John erfreut, „da startet die Comet. Können wir sie mal anfunken?“

              „Selbstverständlich“, meinte Maggie grinsend und öffnete einen Kanal. „Kennst du die Future-Crew?“

              „Curtis Newton ist ein Freund von mir. Seine Freundin Joan und Katherine kennen sich seit Jahren und sind eng befreundet“, antwortete John nicht ohne Stolz in der Stimme.

              „Respekt, Mann!“, gab Maggie zurück und rief das startende Schiff.


              „Chef, ein Bomber der Liberator-Klasse nähert sich mit hoher Geschwindigkeit und ruft uns“, sagte Otho verwundert. Dass sie von Militärschiffen angefunkt wurden war zwar nicht unüblich, selten waren es aber kleine Kampfschiffe wie dieser Bomber.

              „Dann mal auf den Schirm, Otho“, rief Curtis freudig. Er fühlte sich auf der Brücke seines Schiffes am wohlsten und war froh, endlich mal wieder eine größere Mission vor sich zu haben, auch wenn die äußeren Umstände keineswegs froher Natur waren.

              Comet, hier ist Joboxer neun. Können Sie mich hören?“, dröhnte die Stimme aus dem Lautsprecher, sie war eindeutig weiblich. Eine Sekunde später hatte Curtis auch das Bild zur Stimme. „Ich bin Captain Maggie de Havilland und habe hier einen Passagier, der gerne ein paar Worte mit Ihnen wechseln möchte.“

              „Nur zu, Joboxer neun. Wen haben Sie denn bei sich, Captain?“, fragte Curtis verwundert. Die Pilotin schwenkte die kleine Kamera auf den Platz rechts neben sich. „John! Hast du ein Taxi bekommen? Eindrucksvoll! Und dann auch noch mit so einer netten Chauffeurin?“ Er konnte sich ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen.

              John grinste ebenfalls über beide Ohren, als er antwortete. „Tja, Curt, wenn ich schon nicht mit dir fliegen kann, muss ich einen angemessenen Ersatz haben. Wenn ich reise, dann wenigstens mit Stil!“

              „Kat hat einen sonderbaren Einfluss auf dich …“, blödelte Curtis. „Auf welchem der großen Pötte wirst du an Bord gehen?“

              „Auf dem Flaggschiff, der Alabama, ich habe schon mit Admiral Taggart, dem Befehlshaber gesprochen. Ich werde Teil eines Landungsteams sein, das sich auf die Tennessee reinschleicht und diverse Systeme lahmlegen wird. Ich soll dir übrigens ausrichten, dass du beim Rendezvous auf der King William landen und zu einer Einsatzbesprechung übersetzen sollst.“

              „Verstanden, John. Wir sehen uns dann in drei Tagen.“ Curtis hielt einen Moment inne. „Landungsteam sagtest du? Meinst du, das ist eine gute Idee? Weiß Garnie davon?“

              „Nöh, warum sollte er?“, gab John verschmitzt zurück. „Hey, ich gehe mit einem Eliteteam da rein. Die machen sowas ständig.“

              „Ich bin nicht sicher, ob dein Chef das gutheißen wird, John. Du weißt, was er gesagt hat“, brummte Curtis.

              „Ich weiß, Curt. Ich bin Hacker und kein Soldat. Aber so eine Gelegenheit kann und will ich mir nicht entgehen lassen, und du weißt genauso gut wie ich, dass es hier um mehr geht als nur so ein dämliches Kriegsschiff. Wenn Joan und Kat nicht dort an Bord wären, würde ich mich mit einer Tasse Kaffee im Büro hinter meinen Computer setzen und die Flotte machen lassen. Aber hier geht es um deine und meine Frau! Ich lasse die Liebe meines Lebens nicht in den Händen von Verrätern verrecken!“ Johns Stimme wurde immer energischer, Curt konnte förmlich spüren, wie aufgebracht sein Freund war.

              „Schon klar, John. Und du hast völlig Recht! Du hast genau die richtige Einstellung, du verdienst es, dabei zu sein!“, antwortete Curtis lächelnd. Der Mut und die Entschlossenheit dieses Mannes, der kaum jünger war als er selbst, rangen ihm einen großen Respekt ab. „Wir springen gleich in die Lichtgeschwindigkeit, ich sehe dich dann auf der anderen Seite! Gute Reise!“

              „Dir auch, Curt! Und danke!“, antwortete John seufzend.

              „Nicht dafür, John! Joboxer neun, Comet Ende!“

              Zehn Sekunden später war die Comet in einem hellen Lichtblitz verschwunden. In diesem Moment rief die Alabama Joboxer neun und erteilte dem Bomber Landeerlaubnis.
              Maggie nahm Kurs zurück zur Erde und schob den Schubhebel auf volle Leistung. Dabei sah sie John mitfühlend an. „Das ist so romantisch, John. Deine Katherine hat sich einen tollen Mann geangelt, ich bin richtig neidisch!“ Sie lächelte einen Moment und wurde urplötzlich wieder ernst. „Es geht gegen die Tennessee? Das heißt, wir fliegen ins Samedi-System?“

              John war sich nicht sicher, wie viele Einzelheiten er einer einfachen Bomberpilotin preisgeben durfte, aber sie hatte schließlich das Gespräch im Detail mithören können. Er entschloss sich daher, Maggie einzuweihen. „Ja, da geht es hin, Maggie. Und so wie ich es gehört habe, wird es sehr gefährlich. Die Besatzung hat in Teilen unter dem Ersten Offizier gemeutert, das Schiff übernommen und drei Schiffe der eigenen Eskorte zerstört. Jetzt sind sie mit dem Rest der Eskorte irgendwo verschwunden. Außerdem soll sich Vul Kuolun an Bord der Tennessee befinden.“

              „Ach du Scheiße …“, entfuhr es Maggie. „Daher der Aufwand. Ein Viertel der einsatzbereiten solaren Flotte hat sich da versammelt, um einen einzigen Schlachtkreuzer hochzunehmen?“ Sie deutete nach vorne zu der Schiffsversammlung, die langsam eine ordentliche Formation einnahm. „Wow!“

              Ein paar Minuten saßen die beiden jungen Leute schweigend nebeneinander bis Maggie wieder das Wort ergriff. „Wenn ihr zur Tennessee rüber fliegt, melde ich mich freiwillig als eure Shuttlepilotin. Das wird vielleicht ein Höllenritt, aber das möchte ich für euch, für dich und deine Katherine, tun.“

              „Warum?“, fragte John nur.

              Maggie drosselte die Geschwindigkeit, als sich der riesige, fast anderthalbtausend Meter lange Rumpf der Alabama vor dem Cockpitfenster auftat. „Ich war als kleines Mädchen bei den Pfadfindern. Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe sind mit die wichtigsten und schönsten Eigenschaften, die ein Mensch zu bieten hat.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen landete sie elegant den schweren Bomber im Hangar des Schlachtkreuzers.
              Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

              Mission accomplished.

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                Kapitel 13 - es eröffnen Hernando und Onkel Vul.


                Kapitel 13


                Hernando Rodriguez stand auf der Brücke und beobachtete zufrieden das Andockmanöver mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Der Verband hatte sein vorläufiges Ziel erreicht, den Protoplaneten Vestara, ein zwölfhundert Kilometer großer, kartoffelförmiger Asteroid innerhalb des Rings zwischen den Gasriesen Sameda VII und VIII. Vestara erlitt zum Anbeginn des Samedi-Systems das Schicksal vieler junger Planeten, die sich nicht entwickeln durften, weil sie von den Gravitationsfeldern ihrer nächsten Nachbarn förmlich zerrissen wurden. Zurück blieben das Asteroidenfeld und der ehemalige Kern, der erkaltete und Vestara gebildet hatte. Vestara bestand hauptsächlich aus Gestein und vielerlei mehr oder weniger wertvollen Erzen, die von den Samedanern seit Jahrhunderten abgebaut und industriell verwertet wurden, aber auch aus Diamant, seltenen Erden und Edelmetallen. Mit diesen Rohstoffen trieb Sameda II regen, interstellaren Handel und erreichte innerhalb weniger Jahrzehnte einen großen Wohlstand. Aber damit sollte es nach Kuoluns Plänen bald vorbei sein, das wusste Rodriguez. Kuolun kannte seit einigen Jahren Vestara und dessen Wert, wusste aber auch um das Leid, das die samedanische Bevölkerung seit Generationen quälte. Einige Intrigen hier, einige geschickte Winkelzüge dort, sowie diverse Bestechungen und Auftragsmorde später und Kuolun hatte es innerhalb weniger Monate geschafft, sich als potenzieller Retter des samedanischen Volkes empor zu heben. Man vertraute ihm, denn man wusste auf Sameda II nicht, wer er in Wirklichkeit war. Kuolun gab sich unter falschem Namen aus, hatte sich einen Vollbart wachsen lassen und agierte in der Öffentlichkeit nett, freundlich und bescheiden.

                Langsam manövrierten die Steuerleute den riesigen Schlachtkreuzer durch das noch viel riesigere Tor, das den ausgehöhlten Asteroiden sonst verschloss. Die Öffnung hatte einen großzügigen Durchmesser von sechzig Kilometern und konnte im Extremfall auf einhundertzwanzig Kilometer geöffnet werden, groß genug, um eine ganze Flotte im Inneren des vierhundert Kilometer messenden Hohlraumes verstecken zu können. Der Hohlraum selbst war ein vollständiger Raumhafen mit Versorgungseinrichtungen, Reparaturanlagen, Unterkünften und einer kompletten Werft, in der bis zu sechs Kilometer lange Erzfrachter gebaut werden konnten. Die leichte Schwerkraft, die Vestara selbst besaß, wurde künstlich verstärkt und ermöglichte so seinen Bewohnern ein normales und recht komfortables Leben im Inneren des Asteroiden.
                „Na, Hernando?“, raunte eine Stimme mit dem Timbre einer rostige Säge neben ihm. Kuolun hatte sich dazugesellt und kraulte seinen Vollbart. „Ein sagenhafter Anblick, nicht wahr? So etwas sieht man nicht alle Tage.“ Kuolun sah auf den etwas kleineren Kolumbianer von oben herab und betrachtete spöttisch dessen Veilchen, das langsam eine grünlichgelbe Farbe annahm. „Tut es noch weh?“, frotzelte er mit gespieltem Mitleid.

                „Lecken Sie mich am Arsch, Kuolun!“, gab Rodriguez grantig zurück. „Ich habe andere Sorgen als ein blaues Auge. Hoffentlich gibt es hier genügend Treibstoff. Mittlerweile dürfte die Admiralität Wind von der Sache bekommen und die beiden Tanker, die wir erwarten sollten, zurück gepfiffen haben. Und das nur, weil Sie es so gottverdammt eilig hatten, das Schiff zu übernehmen, jetzt kann es sein, dass uns bald der Sprit ausgeht!“ Rodriguez war sichtlich erzürnt über die Situation. Der Schlachtkreuzer und der Träger verbrauchten täglich Mengen an Treibstoff, mit denen eine Stadt von dreißigtausend Einwohnern mehr als ein halbes Jahr auskam.

                „Ach, Hernando. Sie sind seit heute Morgen so negativ“, sprach Kuolun mit sanfter Stimme. „Hat Ihnen die Auseinandersetzung mit Major Ballard so zugesetzt? Haben Sie Schwierigkeiten, solche persönlichen Niederlagen zu verarbeiten? Trauern Sie ihr immer noch nach? Vielleicht sollten Sie mal mit einem Fachmann oder besser einer Fachfrau darüber reden. Ich kenne da eine sehr charmante und überaus attraktive Polizeipsychologin, die …“ Kuolun hatte sichtlich Mühe, Rodriguez nicht offen auszulachen.

                „Halten Sie Ihr blödes Maul, Kuolun, bevor ich Ihnen eine verpasse!“, herrschte Rodriguez den großen schlaksigen Mann an. Er hatte keine Angst davor, Kuolun zu drohen oder zu beleidigen. Ein Wink von ihm und er konnte Kuolun jederzeit durch seine Mannschaft ins Vakuum befördern lassen, dessen war sich auch der Marsianer bewusst und ließ Rodriguez gewähren. Beleidigungen prallten ohnehin an ihm ab, sie waren für Kuolun lediglich ein Zeichen von Schwäche und Hilflosigkeit. Kuolun hielt den Ersten Offizier der Tennessee zwar nicht für wirklich dumm, er diagnostizierte bei ihm aber einen stark eingeschränkten Horizont, ohne Blick für das Wesentliche. Treibstoffsorgen hielt Kuolun für vernachlässigbar, solange das Schiff durch seine bloße Anwesenheit eine latente Bedrohung für das Samedi-System darstellte und das war in der Tat der Fall.

                „Wie ist denn der gegenwärtige Status an Bord, mein Lieber?“, fragte Kuolun und wechselte einfach das Thema.

                „Vom Bug bis zum Hangar gehört das Schiff uns. Die Geschwader haben sich verbarrikadiert und leisten Widerstand. Sie können das Schiff jedoch nicht verlassen, wir würden sie gnadenlos abschießen. Die Geschützmannschaften stehen hundertprozentig hinter uns, der Maschinenraum weiß noch gar nicht, was eigentlich abgeht und die Zivilisten haben wir fast alle eingefangen. Es hat ein paar Tote gegeben, aber das lässt sich verschmerzen.“ Rodriguez starrte stur nach vorne, er hatte keinerlei Interesse, Kuolun anzusehen.

                „Haben Sie schon eine Spur von … Entschuldigung, dass ich den Namen schon wieder nennen muss, Ballard und ihrer Truppe? Was ist mit van den Bosch?“

                Rodriguez schnaubte leise. „Sie haben es in den Polizeitrakt geschafft, alle beide! Und kurz vorher noch drei meiner Leute erschossen. Dafür werden sie büßen, die beiden Schlampen!“ Rodriguez ballte eine Faust und stellte knallend den leeren Kaffeebecher auf die Konsole vor ihm. „Wir versuchen heute noch, in den Polizeitrakt einzudringen.“

                „Haben Sie Lieutenant Landor nach Samad gebracht, wie es Ihnen aufgetragen hatte?“, bohrte Kuolun weiter.

                „Ja, ich bin Ihrer Bitte nachgekommen“, antwortete Rodriguez bissig. Er war noch immer Soldat und nahm von Zivilisten keine Befehle an. „Sie ist in der Obhut von Povlek und seiner Nichte Lilla. Sie wird versorgt und Ihrem Wunsch entsprechend angemessen behandelt. Glauben Sie wirklich, eine Geisel bringt Ihnen was?“

                Kuolun lachte verächtlich über die offensichtliche Ahnungslosigkeit. „Mein lieber Rodriguez, anscheinend haben Sie nicht die leiseste Ahnung, um wen es sich bei Lieutenant Joan Landor handelt. Aber da ich Sie nicht dumm sterben lassen möchte, werde ich Sie erhellen. Sie ist die Freundin unseres allseits bekannten und intergalaktisch beliebten Curtis Newton, auch bekannt unter dem klangvollen Namen Captain Future“. Belustigt nahm Kuolun zur Kenntnis, wie Rodriguez große Augen machte.

                „Und was haben Sie mit ihr vor?“, fragte Rodriguez skeptisch. „Wollen Sie warten, bis Future hier aufkreuzt und versucht, Landor zu befreien?“

                Kuolun gestattete sich ein hämisches Grinsen. „Sie haben es erfasst. Und sobald er ins System springt, landet er direkt vor den Mündungen unserer Geschütze.“ Kuoluns schlug eine Faust in die offene Handfläche. „Und dann blase ich ihn ins Weltall, ein für alle Mal.“ Den Satz beendete er mit seinem typisch keckernden Lachen.

                Rodriguez sah sinnierend durch das große Panoramafenster und murmelte: „Wenn wir dann noch genügend Treibstoff haben, um uns auch nur einen Klick vorwärts zu bewegen …“



                Geschafft tapste Katherine in die Waschräume. Achtlos warf sie die Handtücher und die frische Uniform auf eine Bank und ging in die Dusche, wo sie das heiße Wasser aufdrehte. Sie lehnte ihren Kopf gegen die gekachelte Wand und genoss, wie die Wasserperlen an ihr herunterliefen. Gemeinsam mit Marijke hatte sie zuvor noch Chief Johansson verhört, doch dieser hatte sich stur gestellt und wie ein Grab geschwiegen. Katherine fragte sich in diesem Moment, was sie eigentlich mit dem Verräter im Falle eines Ausbruchs anstellen wollten. Mitnehmen konnten sie ihn nur schwerlich und ihn einfach umzubringen stand außerhalb jeder Diskussion. Folglich blieben zwei Alternativen: ihn entweder laufen zu lassen, dabei bestand die Gefahr, dass er ihre Pläne er- und an Rodriguez verriet oder ihn in seiner Zelle eingesperrt zu lassen, bis ihn irgendjemand fand und befreite. Die zweite Option fand Katherine noch am humansten.
                Minutenlang stand Katherine mit dem Kopf an die Wand gelehnt, bis sie von einer Hand aus ihren Gedanken gerüttelt wurde. „Kat! Hey, Kat! Duschst du immer angezogen?“

                Katherine drehte langsam ihren Kopf, immer noch angelehnt, in die Richtung, aus der die Stimme kam. Im dichten Wasserdampf konnte sie Marijke erkennen, die sie belustigt angrinste. „Was? Wieso?“, murmelte sie. In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie immer noch ihr halbzerrissenes Lederkleid trug. „Ach scheiße, ich weiß gar nicht mehr wo ich meinen Kopf habe, Rijke. Um solche Kleinigkeiten mache ich mir schon gar keine Gedanken mehr.“ Beherzt riss Katherine das Kleid zur Gänze auf und schleuderte den mittlerweile schweren, vollgesogenen Lumpen achtlos in eine Ecke. Dann entledigte sie sich ihres Höschens und betrachtete sich eingehend. Sie hatte am ganzen Körper Prellungen und Schürfwunden, die, wo das heiße Wasser jetzt auftraf, fürchterlich zu brennen begannen.

                „Du bist einfach fertig, Kat. Jetzt, wo du etwas wieder runterkommst, fahren deine Gedanken Karussell. Die Situation geht an keinem spurlos vorbei“, sagte Marijke und drehte ebenfalls das Wasser auf.

                Katherine lächelte gequält. „Danke für diese tiefenpsychologische Diagnose. Ich sag‘s bei Gelegenheit meinem Therapeuten …“

                Marijke grinste. „Immerhin hast du deinen Humor noch nicht ganz verloren“, meinte sie und begann, sich einzuseifen.
                Katherine sah die große Blondine an. Sie hatte eine Traumfigur, auf die Katherine fast neidisch war, durchtrainiert bis in die letzte Faser und an ihrem Bauch zeichnete sich ein leichter Sixpack ab. Am markantesten war jedoch die große asiatische Tätowierung, die ihren Körper von der linken Schulter über die Hüfte bis hinunter zur ihrem Oberschenkel zierte.

                „Galgenhumor, Rijke, purer Galgenhumor“, entgegnete Katherine seufzend und begann, sich die Haare zu waschen.
                Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                Mission accomplished.

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                  Was hat man sich denn unter einer "asiatischen Tätowierung" vorzustellen?
                  Die Sternenflotte bescheinigt hiermit, dass zur Erzeugung dieses Textes kein Rothemd gemeuchelt, gephasert, erstochen, erschlagen, gesteinigt, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise grob ausgebeutet, misshandelt oder an körperlicher oder geistiger Unversehrtheit geschädigt wurde.

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                    ja sowas mit Drachen und so weiter, was die Yakuza gerne auf dem Rücken tragen...
                    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                    Mission accomplished.

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                      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                      Kapitel 13 - es eröffnen Hernando und Onkel Vul.




                      Hernando Rodriguez stand auf der Brücke und beobachtete zufrieden das Andockmanöver mit einer Tasse Kaffee in der Hand.
                      Hm. Leider keine Tasse Pirax-Kaffee. Den hätte Vul echt mitbringen sollen. Ist besser für das angeschlagene Nervenkostüm von Hot Rod. Müsste er sich nicht mehr so über Kampfkatze Kat und die anderen Probleme aufregen *ggg* (SCNR)

                      Naja ich könnte mir Rijke aber auch mit einem schönen Koi-Karpfen als Tätowierung vorstellen (macht man ja auch gerne bei asiatischen Motiven) oder etwas mit Pfingstrosen (die heissen dort nur anders). Ich denke, da darf jeder selber seiner Phantasie freien Lauf lassen
                      Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                      Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                      Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                        Bei Rijke dachte ich beim Motiv an so was:
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                        Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                          Uih. Sehr schick. Aber verdammt groß! Mit einer Sitzung ist es beim Tattoo-Künstler da sicher nicht getan. Da brauchts Ausdauer (*autsch*).
                          Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                          Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                          Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                            Joan war kurz eingenickt, aber im Halbschlaf hörte sie das Klicken und Herumdrehen eines Schlüssels der Kellertür. Sofort war sie hellwach. Es war Lilla, die mit einem Tablett beladen hereinkam. Schweigend und mit ernstem Gesicht stellte die junge Samedanerin es auf dem Tisch ab und öffnete Joans Fessel. „Ich bringe Ihnen Ihr Abendessen“, sagte sie nur und nahm sich einen Stuhl von der gegenüberliegenden Wand.
                            Joan stand auf und traute ihren Augen kaum, bei dem, was sie neben dem Teller auf dem Tablett fand. Es war ein Militärkommunikator der Marke BS-Omni. Sichtlich verwirrt deutete sie darauf und sah Lilla nur fragend an.
                            „Ich habe nachgedacht, Joan“, sagte sie leise und schuldbewusst. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es nicht richtig sein kann, was gerade auf meinem Planeten passiert. Da oben herrscht Krieg und die Gesellschaft, die ich kenne, droht, ins Chaos zu stürzen. Es muss eine andere Möglichkeit geben, mein Volk zu retten. Ich möchte nicht mit dafür verantwortlich sein, wenn die samedanische Rasse von einem einzelnen Außenweltler und ein paar Kollaborateuren versklavt wird. Es wird dauerhaft Mord und Totschlag geben, das kann ich nicht zulassen. Daher habe ich mich entschlossen, Ihnen zu helfen. Povlek ist für ein paar Stunden weg und ich habe ihm den Kommunikator entwendet. Sie können einen kurzen Anruf tätigen, maximal dreißig Sekunden lang. Rufen Sie Ihre Kollegin an und sagen Sie ihr, wo sie sind. Bitte machen Sie schnell! Ich muss das Gerät gleich wieder mitnehmen!“

                            Ohne zu zögern griff Joan nach dem Komm und wählte die Nummer, die ihr gerade in der Rufliste bekannt vorkam. Das Gespräch wurde nach einigen Sekunden angenommen.

                            „Colonel Tovin. Mit wem spreche ich?“

                            Joan fiel ein Stein vom Herzen. „Colonel? Hier ist Joan, Joan Landor. Hören Sie mir zu, ich muss mich kurz fassen! Ich bin irgendwo in Samad und werde gefangen gehalten. Kuolun will die Samedaner genetisch verändern! Ich habe hier Hilfe, vielleicht kann ich ausbrechen. Mehr weiß ich noch nicht.“

                            „Geht es Ihnen gut, Joan? Sind Sie verletzt?“, fragte Tovin hörbar überrascht.

                            „Es geht mir gut. Wie sieht es bei Ihnen aus?“

                            „Wir sitzen im Polizeitrakt fest und planen einen Ausbruch. Wir wissen aber nicht, wie es im Rest des Schiffes aussieht. Kann gefährlich werden. Wir haben keinen Kontakt nach draußen.“

                            Lilla bedeutete Joan, das Gespräch zu beenden. „Colonel, ich muss Schluss machen. Ich versuche, mich irgendwie wieder zu melden.“ Lilla griff bereits nach dem Gerät.

                            „Viel Glück, Joan …“, hörte sie nur noch, dann unterbrach Lilla die Verbindung.

                            „Ich werde versuchen, Sie hier raus zu bringen, das verspreche ich Ihnen. Ich weiß nur noch nicht wann, morgen, vielleicht übermorgen. Bitte haben Sie Geduld“, flüsterte Lilla, während sie das Komm unter ihrem Hautlappen verschwinden ließ. „Essen Sie jetzt, ich muss gehen.“

                            Verstohlen sah Joan Lilla an. „Danke, Lilla. Das werde ich Ihnen nicht vergessen.“ Während Joan aß, schöpfte sie wieder neuen Mut.



                            „Viel Glück, Joan …“, konnte Tovin noch rufen, als die Verbindung abbrach. Takashi und Baxter klatschten sich grinsend ab. Joan war am Leben, das war die Hauptsache. Katherine und Marijke kamen frisch geduscht und neu eingekleidet in den Besprechungsraum und wunderten sich über die gute Laune.

                            „Was ist denn hier los? Gibt’s was zu feiern?“, fragte Katherine, während sie sich noch die nassen Haare abtrocknete. Marijke hatte nicht viel abzutrocknen, ihr wilder, blonder Pony hing ihr wirr über die Augen.

                            Takashi ergriff als erster das Wort. „Gute Nachrichten, Kat. Joan lebt. Sie wird irgendwo in Samad gefangen gehalten, scheint dort aber Hilfe zu haben. Sie sprach von einem möglichen Ausbruch.“

                            Katherine atmete erleichtert aus. „Das sind ja wirklich mal gute Nachrichten. Hat sie sonst noch etwas gesagt? Irgendeinen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort oder so?“

                            Tovin verzog das Gesicht. „Nur, dass Kuolun irgendetwas plant, die Samedaner genetisch zu verändern, was das auch immer heißen mag. Dann wurde die Verbindung unterbrochen.“

                            „Mist. Dann wollen wir nur hoffen, dass Joan heil da rauskommt“, meinte Katherine. „Kuolun plant was? Eine genetische Veränderung? Was meint sie damit?“

                            „Keine Ahnung, Kat“, antwortete Takashi, „aber ich fürchte, wir werden früh genug erfahren, was dieses kranke Ungeheuer vorhat. Kat, ich denke, wir sollten jetzt erst einmal alle gemeinsam essen und danach schauen, wie wir aus dieser Falle hier herauskommen.“

                            Das Abendessen der kleinen Truppe bestand aus dem großen Vorrat an Notrationen, langweilig, aber nahrhaft und sättigend. Selbstverständlich kreisten die Gespräche um den Ausbruchsplan, den Colonel Tovin in den vorangegangen Stunden unter Zuhilfenahme der Schiffpläne ausgearbeitet hatte.
                            „Was machen wir eigentlich mit Sergeant Oobe und dem Gefangenen?“, wollte ein Corporal wissen.

                            „So leid es mir tut, Corporal“, antwortete Tovin, „aber wir können unmöglich eine Leiche durch die Zwischendecks mitnehmen.“

                            „Und Johansson bleibt ohnehin hier, den schleppe ich auf keinen Fall mit“, schob Katherine hinterher. „Der bekommt ein paar Rationen in die Zelle geworfen und kann drauf warten, dass Rodriguez ihn hier rausholt. Apropos Rodriguez, mich wundert, dass es noch keinen Versuch von ihm gegeben hat, hier hereinzukommen …“

                            „Und wenn er es versucht, wird es bei dem einen Versuch bleiben, Kat“, meinte Marijke.

                            „Wieso?“

                            „Nun, das dicke rote Schott da draußen gehört zu den Kernspanten dieses Schiffes, es erhält die Grundstruktur. Sollte Rodriguez versuchen, das Schott zu sprengen und beschädigt dabei den Spant, werden sämtliche Decks über ihm durch die künstliche Schwerkraft wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Im schlimmsten Fall bricht der gesamte Triebwerkskomplex ab. Ich möchte nicht dabei sein, wenn das passiert.“ Marijke wirkte, während sie das sagte, so ruhig und entspannt wie eine Nachrichtensprecherin im Holo-TV.

                            „Ist das nicht ein schwerwiegender Konstruktionsfehler?“, fragte Baxter.

                            „Kommt drauf an, von welcher Seite man das betrachtet“, antwortete Marijke grinsend. „Von der Konzeption her sind die Schiffe der Confederation-Klasse wirklich stabile und robuste Schiffe. Um Schilde und Rumpf von außen zu knacken, bedarf es einiges an schwerer Artillerie und Lenkwaffen. Die Konstrukteure haben sich schon gedacht, dass, wenn man an den Kernspanten ankommt, der Rumpf ohnehin ein Schweizer Käse ist. An eine Sprengung im Inneren, zum Beispiel bei einer notwendigen Selbstzerstörung dachte man dabei nicht. In diesem Fall würde man den Antriebskern überladen. Viel effektiver. Vom Schiff bleiben dann nur noch Staubkörnchen über.“

                            Wie auf Kommando kam ein lautes Signal vom Schott. Jemand bat um Einlass.
                            „Wenn man vom Teufel spricht“, rief Katherine, sprang von ihrem Platz auf und lief hinaus zum Eingang. Der Rest der Truppe folgte ihr auf den Fuß. Katherine schaltete Gegensprechanlage und den kleinen Bildschirm ein. Tatsächlich war es Rodriguez, der sich mit einem Trupp Soldaten vor dem Panzerschott versammelt hatte.
                            „Commander Rodriguez, welche Überraschung“, sagte Katherine mit Verachtung in der Stimme. „Wir haben gerade von Ihnen gesprochen. Was wollen Sie?“ Sie lehnte sich lässig gegen das Schott und verschränkte die Arme vor der Brust.

                            Rodriguez hielt ein Paar Damenschuhe und schwarze Strümpfe in die Kamera. „Sie haben etwas bei mir vergessen, ich wollte es Ihnen zurückbringen“, antwortete er mit Engelszunge.

                            „Können Sie behalten, Rodriguez. Als Andenken an mich. Behalten Sie es und holen sich abends in Ihrer Kabine einen drauf runter!“, gab Katherine sarkastisch zurück, wofür sie von ihren Kameraden ein lautes Gelächter erntete.

                            „Aber Katherine, warum sind Sie so bösartig?“, fragte Rodriguez mit gespielter Trauer in der Stimme. „Ich hätte lieber die Frau dazu, die in diesen Schuhen steckt. Kommen Sie raus. Sie und van den Bosch. Ihre Leute und Colonel Tovin erhalten dann freies Geleit und ein Schiff, das sie zurück zur Erde bringt.“

                            „Vergessen Sie es, Rodriguez. Eher lassen wir uns hier in die Luft sprengen, haben Sie verstanden?“

                            „Das können Sie haben, Ballard“, grollte Rodriguez. „Wir kommen jetzt rein, und dann Gnade Ihnen Gott, verlassen Sie sich drauf. Teppler, lassen Sie die Ladungen anbringen!“

                            Katherine hatte genug gehört und schaltete die Gegensprechanlage ab. Sie sah in die erwartungsvollen Augen der anderen. „Okay, Leute. Ich denke, es wird Zeit, hier zu verschwinden. Waffen und Ausrüstung aufnehmen und raus hier!“
                            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                            Mission accomplished.

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                              So, etwas anders als sonst kommt jetzt der Rest von Kapitel 13 und der erste Happen von Kapitel 14.


                              Als John auf die Brücke kam, begleitet von Maggie de Havilland, wurde er von einem gutgelaunten Admiral Taggart empfangen. „John! Schön Sie zu sehen. In wenigen Minuten springen wir. Kommen Sie, ich möchte Sie meinen Offizieren vorstellen“, rief Taggart mit seinem grollenden Bass. Er führte John in den Einsatzraum, wo sich eine Gruppe von Frauen und Männern in Uniformen der Flotte, der Raumjäger und Space Ranger versammelt hatte. Taggart stellte sie nacheinander vor. „Commander Klaus Dörner, Kommandant der Alabama; Lieutenant Commander Pierre Foche, Erster Offizier; Commander Luis Gonzalez, Kommandeur 1. Jägergeschwader; Commander Julia Malinovka, Kommandeurin 2. und 6. Bombergeschwader; Colonel Elena Marko, Kommandeurin des 101. Space Ranger Bataillons und Ihre Teamleiterin, sowie Lieutenant Commander Isabella Trevor, Sicherheitschefin. Meine Damen und Herren, darf ich vorstellen, Captain John Milner, Sicherheitschef der Weltraumpolizeibehörde. Im Rahmen dieser Mission ist Captain Milner fachlich Ihr Vorgesetzter. Die Flotte hat sich im Rahmen der Rettungsaktion dem Kommando der Weltraumpolizei unterstellt. Bitte unterstützen Sie Captain Milner nach bestem Wissen und Gewissen.“

                              Hände wurden geschüttelt und Schultern geklopft. Insgesamt wurde John sehr freundlich und aufgeschlossen von den Offizieren begrüßt. Allerdings fühlte John sich in der Umgebung dieser älteren und allem Anschein nach sehr erfahrenen Offiziere etwas überrollt. Insbesondere wurde er von Elena Marko argwöhnisch beäugt. Sie blieb im Einsatzraum, bis alle anderen Offiziere gegangen waren. Dann ging sie auf John zu.
                              „Captain Milner? Auf ein Wort bitte“, sagte sie mit einer dunklen Altstimme, die die gleiche Farbe zu haben schien wie ihre pechschwarzen Haare.

                              „Sicher, Colonel“, antwortete John mit einem verhaltenen Lächeln. Die Frau von Mitte vierzig wirkte mehr als nur respekteinflößend auf ihn. Sie sah ein klein wenig aus wie eine ältere Version von Katherine, allerdings lenkte John die augenscheinlich mehrfach gebrochene Nase von dem ansonsten hübschen Gesicht Markos ab.

                              „Ich habe noch keine genauen Befehle zu dem Einsatz bekommen, Captain, aber habe ich es richtig verstanden, dass wir uns auf die Tennessee schmuggeln, zu einem noch nicht definierten Ort an Bord gehen und Ihre Frau da raus holen?“ Marko sah nicht gerade aus, als hätte sie sonderliches Interesse an diesem Einsatz.

                              „Im Prinzip haben Sie die Situation richtig erfasst, Colonel“, antwortete John so gelassen wie möglich. „Aber, da ist nicht nur meine Frau, sondern eine fünfzehnköpfige Polizeitruppe und ein Space Ranger. Ich will sie alle haben, unversehrt und lebendig!“ John schlug mit Nachdruck mit der Faust in die Handfläche. Er ließ sich nicht anmerken, dass er im Moment nicht die leiseste Idee hatte, wie er seinen Plan umsetzen sollte. Aber er hatte immerhin noch knapp achtundvierzig Stunden Zeit.

                              Marko gönnte sich ein kleines Lächeln. „Der Space Ranger ist Abe Tovin. Ich kenne ihn seit unserer gemeinsamen Grundausbildung. Ich kann Ihnen eines versprechen, Captain. Wenn Ihre Frau mit Abe zusammen ist, kommt sie unversehrt raus. Machen Sie sich keine Sorgen. Abe ist der Beste! Haben Sie Kampferfahrung?“

                              John schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin Schreibtischtäter. Tut mir Leid, Ma‘am.“

                              Marko ließ ein kehliges Lachen vernehmen. „Elena! Sagen Sie Elena zu mir. Passen Sie auf, John. Bei mir sind Sie in guten Händen. Sagen Sie mir, wohin wir Sie bringen sollen, und wir bringen Sie dahin. Übrigens, John, Sie sehen meinem Sohn ziemlich ähnlich. Allerdings ist er bei weitem nicht so tough wie Sie. Ihre geplante Aktion nötigt mir wirklich Respekt ab, aber ich sage Ihnen, es wird nicht einfach. Trotzdem bin ich sicher, wir können es schaffen. Die Macht ist mit uns.“ Lachend verließ Elena Marko den Einsatzraum.

                              Verstört kratzte John sich am Kopf. „Die hat mehr Schläge abbekommen, als nur auf die Nase. Soviel ist sicher …“, brummte er leise und ging wieder zu Admiral Taggart auf die Brücke. Maggie de Havilland stand immer noch dort, mit ihrem Pilotenhelm unter dem Arm und erwartungsvollen großen Augen.
                              John spürte ein dumpfes Grummeln und Zittern unter seinen Füßen. Der Schlachtkreuzer setzte sich langsam und behäbig in Bewegung. Er blickte nach vorne durch das große Panoramafenster der Brücke. Relativ unterhalb des Bugs der Alabama war noch der blaue Rand der Erde zu sehen, welcher sich aber langsam aus dem Sichtfeld entfernte. Dafür tauchte an Steuerbord die Sichel des Mondes auf. Ein grandioser Anblick befand John. Die Flotte formierte sich nun zum Sprung in die Lichtgeschwindigkeit, einige Stunden früher als geplant.

                              „Gleich geht es los, John“, brummte Taggart neben ihm. „Ich war fünfundvierzig Jahre bei der Flotte, davon habe ich über dreißig Jahre auf der Brücke eines Kriegsschiffes gestanden, vom kleinen Navigationsoffizier bis hin zum Flottenkommandeur und nie gab es etwas aufregenderes für mich als die letzten Sekunden vor dem Übergang in die Lichtgeschwindigkeit – bis heute hat sich daran nichts geändert.“

                              „Kann ich nachvollziehen, Sir“, antwortete John respektvoll und fuhr sich mit einer Hand durch sein braunes Haar. „Ist für mich das erste Mal und ich bin ziemlich aufgeregt, das muss ich zugeben.“

                              „Wenn Sie es einmal gemacht haben, wollen Sie es immer wieder, stimmt’s, Captain de Havilland?“ Taggart war es nicht entgangen, dass die zierliche Bomberpilotin immer noch auf der Brücke stand, wo sie zu diesem Zeitpunkt eigentlich nichts mehr zu suchen hatte. „Ist noch etwas, Captain?“

                              „Nein, Sir, ich wollte gerade gehen“, gab Maggie etwas enttäuscht zurück. John sah sie an. Offenbar wollte sie John noch einmal wegen der Verabredung zum Essen ansprechen. John schaltete sofort.

                              „Wo kann ich dich nachher finden, Maggie?“, fragte er kurzentschlossen.

                              „Ruf mich in meiner Kabine an, 45-37C!“ Maggie salutierte strahlend vor dem Admiral und verschwand im Laufschritt von der Brücke.

                              „Niedlich, die Kleine“, raunte Taggart. „Scheint ein Auge auf Sie geworfen zu haben. Was würde Ihre Verlobte dazu sagen?“

                              John grinste. „Nichts, Sir. Captain de Havilland und ich sind uns einig. Wir werden später gemeinsam essen und die Finger voneinander lassen. Sie möchte sich übrigens für den Einsatz als Shuttlepilotin freiwillig melden.“

                              Taggart schürzte die Lippen. „Hmm, meinetwegen. Geben Sie das an Colonel Marko weiter. Sie macht die Personalplanung.“
                              Über dem Panoramafenster erschien ein leuchtend roter Countdown, der von dreißig herunter zählte. Mittlerweile hatte der Konvoi eine halbe Million Kilometer zwischen sich und die Erde gebracht, in den nächsten dreißig Sekunden würde es eine weitere halbe Million Kilometer sein und der Lagrange-Punkt der Flotte erreicht, an dem sie in Richtung Samedi-System springen konnten.
                              Für die Flotte war der Lagrange-Punkt der „Point-of-no-Return“ – für John ebenso.








                              Kapitel 14


                              Nach dem Sprung in die Lichtgeschwindigkeit verlor John keine Zeit und begab sich einige Decks tiefer zu Lieutenant Commander Trevor in die Sicherheitsabteilung. Trevor empfing ihn mit einem breiten Grinsen und geleitete ihn in das Rechenzentrum, das taktische Herz des Schlachtkreuzers, wo sie ihn einem Lieutenant in seinem Alter vorstellte. „Lieutenant McDuran“, rief die schlanke Brünette in ihren besten Dreißigern, „hier ist Captain John Milner von der Weltraumpolizei. Bitte unterstützen Sie Captain Milner in allen Belangen dieser Mission. Und Sie, Captain, lassen Sie sich von Tommy nicht zu einer Whiskeyverkostung hinreißen, Das Teufelszeug aus seinen Highlands, was er immer anschleppt, ätzt Löcher in die Bordwand.“ Trevor bedachte ihren Untergebenen mit einem spöttischen Grinsen.

                              McDuran salutierte lässig und streckte John freundlich eine Hand entgegen. „Tommy McDuran, freut mich!“ Er hatte einen schweren schottischen Akzent. „Hör nicht auf meine Chefin“, meinte McDuran vertraulich und augenzwinkernd zu John und zu seiner Vorgesetzten etwas lauter: „Wer nur amerikanisches Dünnbier trinkt, nicht wahr?“

                              „Tommy, du solltest öfter mal aus deinem Bunker rauskommen und am Leben teilnehmen! Viel Erfolg euch beiden!“, rief Trevor und verließ lachend den Serverraum. Verdutzt sah John ihr nach.

                              Tommy schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Ja, es geht hier ziemlich locker zu. Sie sieht sich mehr als unsere ‚Mama‘ denn als unsere Vorgesetzte, aber wir sind ein verdammt gutes Team. Also, was machen wir? Ich bin zu allen Schandtaten bereit.“ Tommy ließ lautstark die Fingerknöchel krachen.

                              John schüttelte den Gedanken an „Mama“ Trevor ab und sah dem jungen Schotten lächelnd ins Gesicht. „Wir wollen unbemerkt auf die Tennessee, die Waffen und die Maschinen sabotieren und ein paar Leute rausholen. Was meinst du, wie können wir das anstellen?“

                              Die hellblauen Augen des blonden Lieutenants wurden groß. „Wow! Irre! Da bist du bei mir genau richtig. Fangen wir an, Mann! Ich hab da schon `ne Idee …“, flüsterte Tommy geheimnisvoll und geleitete John in die Tiefen des Rechenzentrums.




                              „Achten Sie darauf, dass die Ladungen nur in Richtung der Türschiene angebracht werden!“, wies Captain Teppler seine Leute an. Teppler und seine Leute gehörten dem Pioniertrupp der Tennessee an und kannten sich mit der Handhabung des hochexplosiven F-87 Sprengstoffes aus. „Auf keinen Fall darf der obere Schottrahmen beschädigt werden!“ Teppler wusste genau um das Risiko, das Schott zum Polizeitrakt zu sprengen und hatte Rodriguez im Vorfeld eindringlich darauf hingewiesen. Dieser hingegen hatte nur mit einer wegwischenden Handbewegung reagiert.
                              Die Pioniere hatten den Sprengstoff angebracht und forderten die Umstehenden auf, Deckung zu suchen. Eine halbe Minute später erschütterte eine lautstarke Explosion das Deck. Captain Teppler und ein Sergeant inspizierten das Tor und sahen sich fragend an. Der Sergeant schüttelte ratlos den Kopf. Das Schott war bis auf ein paar sichtbare Schmauchspuren unbeschädigt.

                              Rodriguez erhob sich hinter seiner Deckung und rief: „Was ist, Teppler? Haben Sie es geknackt?“

                              „Nein, Sir, es tut mir leid. Das Schott hat seiner Bestimmung entsprechend gehalten.“ In seiner Stimme schwang leichte Schadenfreude mit. Teppler hatte nur wenig Interesse, wegen der gekränkten Ehre seines Kommandanten das Schiff zu ruinieren. Insgeheim hoffte er, dass Rodriguez es bei diesem fehlgeschlagenen Versuch beließ. Er hatte sich getäuscht.

                              „Dann legen Sie eine größere Ladung an, ich will jetzt da rein! Los, machen Sie schon!“ Rodriguez klang äußerst ungehalten.

                              „Aber Sir, ich sagte doch bereits, dass das Schott …“

                              „Halten Sie den Mund, Teppler und befolgen Sie meine Befehle! Knacken Sie das verdammte Schott oder ich erschieße Sie gleich hier auf der Stelle!“

                              Seufzend winkte Teppler seine Männer heran. „Okay Männer, sechzig Gramm mehr pro Ladung und dichter zusammen. Achtet darauf, dass Ihr vom Schottrand wegbleibt“, flüsterte er in die Runde.

                              Der Sergeant äußerte leise seine Bedenken: „Captain, das sind dann insgesamt achtzehn Kilo Sprengstoff, das wird das Schott ganz schön verbiegen!“

                              „Ich weiß, Sarge. Aber solange es nur verbiegt und nicht reißt, bleibt die Struktur erhalten. Dann können wir das Tor immerhin mit Hydraulikhebern aufstemmen. Wenn das aber schiefgeht …“

                              „Dann sehen wir uns alle in der Hölle wieder, Captain“, beendete der Sergeant den Satz.

                              „Rodriguez wird uns alle umbringen“, flüsterte ein anderer Unteroffizier.

                              „Still!“, zischte Teppler. „Ich sehe das genauso wie Sie, Mann. Es ist unsinnig, jetzt darüber zu diskutieren. Bringen Sie jetzt den scheiß Sprengstoff an und sehen zu, dass Sie uns nicht alle sofort umbringen, verstanden?“

                              „Wird das heute noch etwas?“, rief Rodriguez von hinten. „Captain Teppler, ich muss darauf insistieren, dass Sie dieses Tor umgehend öffnen!“

                              „Halt die Klappe, Arschloch!“, flüsterte Teppler und zeigte seinen Männern, wo sie den Sprengstoff anzubringen hatten. Eine Minute später erschütterte eine neue, noch stärkere Explosion den Bereich des Schiffes. Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, inspizierten Teppler und Rodriguez erneut das rote Tor. An der Unterseite trat ein fahler Lichtschein von der Gegenseite aus.

                              „Na also!“, rief Rodriguez zufrieden. „Jetzt stemmen Sie das Tor auf.“

                              „Jawohl, Sir“, antwortete Teppler gleichmütig und besah sich den oberen Rahmen des Schotts. Offensichtlich hatte der Spant dahinter gehalten. Äußerlich zeigte er keinerlei Beschädigung.
                              Was Teppler und seine Leute jedoch nicht sehen konnten, war die Tatsache, dass sich ein mikroskopisch feiner Riss im Inneren des Spants gebildet hatte, der mit jeder Vibration des Schiffes um einige Mikrometer weiter aufging und nach oben wanderte.

                              Das Schicksal des Schlachtkreuzers Tennessee war besiegelt.
                              Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                              Mission accomplished.

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                                einer dunklen Altstimme, die die gleiche Farbe zu haben schien wie ihre pechschwarzen Haare.
                                Marsianerinnen mit schwarzen Herzen kenne ich ja - aber mit schwarzen Stimmen?
                                Die Sternenflotte bescheinigt hiermit, dass zur Erzeugung dieses Textes kein Rothemd gemeuchelt, gephasert, erstochen, erschlagen, gesteinigt, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise grob ausgebeutet, misshandelt oder an körperlicher oder geistiger Unversehrtheit geschädigt wurde.

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