Da bin ich wieder!!!!
Peter rutschte unbehaglich in seinem Pilotensitz hin und her. Er war erfüllt von einer Mischung aus Aufregung, Unsicherheit, Angst und Anspannung. Die kräftigen Maschinen seiner Broadsword brummten gesund und monoton, immer wieder überprüfte er die Anzeigen und Instrumente seines Jagdbombers. Alles war in bester Ordnung und inmitten der riesigen Formation hätte Peter sich eigentlich sicher aufgehoben fühlen müssen, aber irgendetwas beunruhigte ihn. Immer wieder kam ihm Joan in den Sinn. Für ihn war die hübsche blonde Polizistin nicht nur ein kurzes Abenteuer, nicht nach der zweiten Nacht, die er mit ihr verbracht hatte. Joan war verschwunden und Peter spürte das tiefe Bedürfnis, etwas zu tun; sie zu suchen. Er ließ seinen Blick über das Geschwader gleiten, über einhundert Jäger und Jagdbomber und er war mitten drin. Auf einen Jagbomber mehr oder weniger würde es in der Gesamtzahl nicht ankommen, erst recht nicht, wenn diese beiden Kampfgruppen sich mit den Maschinen von Taggarts Flotte vereinigten. Peter musste einen Weg finden, sich aus dem Verband zu lösen, ohne Ärger zu bekommen. Eines wollte er auf keinen Fall, wegen Desertion vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Aber er fühlte sich verantwortlich und mitschuldig am Verschwinden Joans. Hätte er nur dreißig Sekunden auf Joan gewartet, wäre das alles wahrscheinlich nie passiert. Er musste handeln, und zwar schnell. Bis zum Rendezvous mit den anfliegenden Einheiten waren es nicht einmal mehr fünf Minuten. Er schaltete sein Funkgerät auf den privaten Kanal zu Danica Vukovics Maschine. „Danny?“
„Was ist, Pete? Wir sollen doch Funkstille halten.“
„Danny, ich muss weg. Ich muss raus aus der Formation und Joan suchen.“
„Negativ, Pete. Du hast keine Ahnung, wo du suchen solltest und alleine hast du keine Chance, auch nur die untersten Luftschichten von Sameda II zu erreichen.“ Danica, die seitlich versetzt an Backbord vor Peter flog, wackelte etwas mit den Tragflächen. „Außerdem kann ich dir die Genehmigung momentan nicht geben, frag Bernard um Erlaubnis.“
Um mit Commander Bernard in der Führungsmaschine zu sprechen, musste Peter auf den Geschwaderkanal wechseln und alle Staffeln würden sein Anliegen mitbekommen. Peter hatte keine andere Wahl und atmete tief durch, dann fasste er sich ein Herz, schaltete auf den offenen Kanal um und rief seinen Geschwaderkommandanten. Mehr als einen Riesenanschiss für das Brechen der Funkstille konnte es gerade nicht geben, die Konsequenzen würde er später dafür zu spüren bekommen, aber in diesem Moment war es Peter egal. Sein Anliegen war ihm zu wichtig. „Jakebrake Neunzehn an Jakebrake Führer, kommen.“
Etwas genervt antwortete Commander Bernard: „Jakebrake Führer. Neunzehn, ich hatte Funkstille befohlen. Was wollen Sie, Becker?“
„Sir, ich bitte um Erlaubnis, die Formation verlassen zu dürfen.“
„Warum, Neunzehn? Haben Sie technische Probleme?“
„Nein Sir, alle Systeme grün. Ich möchte nach Sameda II fliegen um nach Lieutenant Landor zu suchen.“
Bernard zögerte einen Moment mit der Antwort. „Negativ Becker. Bleiben Sie in der Formation. Für private Dinge ist jetzt kein Platz. Nach Lieutenant Landor wird sicherlich schon seitens des Einsatzverbandes gesucht.“
„Aber Sir, ich …“
„Keine Widerrede, Becker! Sie bleiben in der Formation und auf Kurs, verstanden?“
„Peter liebt Landor, Sir“, mischte sich Danica ein. „und er ist ziemlich aufgewühlt. Sir, bei allem Respekt, so unaufmerksam wie Peter gerade ist, wird er heute keine große Hilfe im Kampf, sondern eher eine Gefahr für uns und sich selbst sein!“
Wieder schwieg Commander Bernard einen Moment, dann antwortete er: „Also gut. Neunzehn, Sie können die Formation verlassen, viel Glück und seien Sie vorsichtig! Und das gilt auch für Sie, achtzehn.“
Verwundert antwortete Vukovic: „Sir? Ich verstehe nicht?“
„Achtzehn, Sie fliegen mit Becker. Keiner geht ohne seinen Flügelmann, verstanden? Los, hauen Sie ab! Führer an Geschwader: aufschließen. Jakebrake Führer Ende.“
Die beiden Jagdbomber brachen nach oben aus und setzten sich in Richtung Sameda II ab. Peter sendete noch einen Funkspruch an seine Kameraden: „Danke! Gute Jagd und tretet Rodriguez so richtig kräftig in die Weichteile!“
John wurde von den Space Rangers im Briefingraum mit großem Applaus begrüßt. Es herrschte eine gute, fast euphorische Stimmung im Saal. Die Soldaten waren heiß auf die Mission und stellten nach Abschluss interessiert detaillierte Fragen zum Einsatz, die John, Elena Marko und Timothy Scott bereitwillig und so präzise wie möglich beantworteten. Über einhundert Männer und Frauen des 101. Ranger Bataillons hatten sich für diesen Einsatz freiwillig gemeldet, von denen Marko und Scott die sechzig besten in zwei Teams eingeteilt hatten. Team eins mit vierzig Soldaten wurde von Timothy Scott und einem weiteren Major geführt, um Commander Becker aus seinem Gefängnis zu befreien, die restlichen zwanzig unterstanden als Team zwei Elena Marko und John Milner für den Sabotageakt an der Tennessee. Man hatte im Vorfeld überlegt, ob sich die beiden Teams nach erfolgreichem Abschluss der Missionen im Hangar treffen sollten, um von dort aus gegebenenfalls zur Brücke vorzugehen und Commander Rodriguez und seinen Stab festzunehmen, diese Idee aufgrund des ungewissen Zustandes des Schlachtkreuzers jedoch wieder verworfen. Es ging hier nur um eines: reingehen, den Commodore holen und das Schiff lahmlegen, die Polizisten befreien und so schnell wie möglich die Tennessee wieder zu verlassen. Die Jagdmaschinen sollten, sobald sie die Raumhoheit erlangt hatten, fliehende Fähren und Rettungskapseln schützen und zum Verband eskortieren. Wer freiwillig noch auf der untergehenden Tennessee verblieb, dem war ohnehin nicht mehr zu helfen. Insgesamt war der Einsatzplan hochkomplex und zeitlich eng gesteckt. Für die Mission der Space Ranger war eine maximale Einsatzdauer vom Abflug bis zur Rückkehr von zwei Stunden angesetzt, in dieser Zeit mussten die Jäger die Oberhand gewinnen – was nicht allzu schwierig sein sollte, denn Rodriguez standen nur noch die drei Geschwader der Courageous zur Verfügung, knapp zweihundertzehn Jäger und Bomber. Zahlenmäßig war Rodriguez Taggart damit vier zu eins unterlegen – wenn die Unterstützung der samedanischen Rebellen ausblieb. Wenn nicht, war die Situation ausgeglichen und die Raumschlacht konnte sich zu Gunsten von Rodriguez und den Rebellen wenden, denn sie hatten Nachschub an Personal und Material, der Taggart kurzfristig fehlen würde.
Colonel Marko sah sich ihre Soldaten in der schwarzen Kampfkleidung genau an, die meisten von ihnen kannte sie mit Vornamen. Mit fast jedem von ihnen hatte Marko bereits Einsätze bestritten. Sie vertraute ihren Leuten, so wie diese ihrer Bataillonskommandeurin vertrauten. Marko galt bei ihren Leuten als etwas „durchgeknallt“, weil sie manchmal mit etwas übertriebener Härte im Einsatz gegen den Feind vorging und wegen ihrer Vorliebe für Handgranaten. Einige Ranger waren der Ansicht, dass sich Marko eines Tages mit einer Granate selbst das Ende bereiten würde. Dennoch war Elena Marko als Mensch und Kommandeurin überaus beliebt und das zeigte sich stets durch grenzenlose Einsatzbereitschaft und hohe Disziplin. „Alles klar Leute? Oder gibt es noch Fragen?“ Allgemeines Kopfschütteln war die Antwort. Marko grinste zufrieden. „Gut, alles auf und Antreten vor der Waffenkammer! Abflug zur King William in dreißig Minuten!“ Wie auf Kommando erhoben sich die Soldaten in einer einzigen Bewegung und verließen motiviert den Briefingraum.
John sah Marko eine Weile von der Seite an. Bis auf die leicht schiefe Nase und die grün-braunen Augen hatte die attraktive Mittvierzigerin eine riesige Ähnlichkeit mit Katherine, auch was ihre Energie und Spontaneität anging. Allerdings hatte Katherine etwas Mütterliches und Fürsorgliches in ihrem Wesen, was Elena Marko hingegen völlig abging. Sie hatte ihm von ihrem halbwüchsigen Sohn erzählt und wie froh sie war, dass er bei Markos Schwester aufwachsen durfte. Elena Marko hielt sich selbst nicht für eine gute Mutter. Der Vater, oder Erzeuger, wie Marko den Mann abfällig nannte, war selbst Space Ranger. Der Junge war vor siebzehn Jahren bei einer kurzen, aber heftigen Liaison auf einem Lehrgang entstanden.
Marko stupste John mit zwei Fingern vor die Brust und grinste. „Was ist los, Captain? Doch schon die Hosen voll?“
John zog die Luft tief in sich ein und streckte die Brust raus. „Nicht im geringsten, Colonel. Ich kann es kaum erwarten, an Bord der Teardrop zu gehen.“ Er bot Colonel Marko ganz unmilitärisch seinen Arm an. Mit einem breiten Lächeln fragte er: „Wollen wir, Ma’am?“ Insgeheim gab er jedoch Marko Recht. Ein flaues Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit. Gleich ging es in die Höhle des Löwen und John fühlte sich, als würde man ihn diesem Löwen zum Fraß vorwerfen.
Vor der Waffenkammer wurden John und Colonel Marko von einem Obergefreiten heran gewinkt und zu einem Tisch geleitet, auf dem diverse Ausrüstungsgegenstände und Waffen lagen. Der Obergefreite reichte John einen Waffengürtel mit einer schweren Militärpistole und kleineren Werkzeugen daran, eine blasterschusssichere Weste und ein Schnellfeuergewehr mit klappbarer Schulterstütze. „M-106, recht wendig in engen Gängen“, war der lakonische Kommentar des Mannschaftsdienstgrades. John nickte nur, er kannte das Gewehr in der Polizeiausführung mit starrer Schulterstütze, Aufsatzmöglichkeit für einen Granatwerfer und Zielfernrohr.
Colonel Marko bekam die gleiche Ausrüstung, zusätzlich legte sie einen über die Schulter laufenden Gurt mit zehn Handgranaten an, der Beschriftung nach handelte es sich und Rauch- und Blend- beziehungsweise Knallgranaten an, die den Gegner taub und orientierunglos machen sollten, ohne ernsthafte Verletzungen zuzufügen. John sah sich um, fast alle der sechzig Soldaten waren damit ausgerüstet. Diejenigen, die keine Handgranaten trugen, besaßen prall gefüllte Rucksäcke mit Energiezellen für die Waffen und Sanitätsmaterial.
An der Wand gegenüber der Waffenkammer hing ein großer Spiegel, in dem die Soldaten bei Bedarf ihre Gesichtstarnung überprüfen konnten. John sah hinein. Er trug selber einen dieser schwarzen Kampfanzüge, mit den Dienstgradabzeichen eines Captains. Allerdings hatte man ihn damit inoffiziell befördert, denn der Dienstgrad Captain bei Marine und Space Rangern entsprach dem eines Majors oder Commanders bei der Weltraumpolizei und auf die Beförderung zum Major musste John noch mindestens drei bis vier Jahre warten. Sein eigener Dienstgrad hätte bei den Rangern eher dem eines Lieutenant entsprochen.
Die Soldaten rückten nach und nach in den Hangar ab und bestiegen die Fähren, die sie zum großen Flottenträger King William brachten.
Auf dem Flugdeck des Trägers war es laut und heiß. Lichtbögen von Schweißgeräten illuminierten die Wände, Befehle wurden gerufen und immer wieder krachte etwas lautstark zu Boden. Die Luft war erfüllt von Öl- und Treibstoffdämpfen. Die Besatzung der King William schien guter Stimmung zu sein, was sich in großer Geschäftigkeit und freundlichen Gesichtern äußerte. Kaum jemand nahm groß Notiz von den sechzig Space Rangern, die mit voller Bewaffnung aus den Fähren stiegen und in einem freien Bereich des hinteren Flugdecks in Linie zu drei Mann antraten. Derartige Auftritte gehörten auf einem Flottenträger einfach zum Tagesgeschäft.
John sah sich um. Die Größe des Flugdecks der King William war schier überwältigend. Der Träger war gute neunhundert Meter lang und knapp dreihundert Meter breit. Er besaß drei Flugdecks, die sich fast über die gesamte Länge wie Breite erstreckten und konnte über fünfhundert Jagdmaschinen, deren Piloten und Wartungspersonal transportieren. Hinzu kam noch die Stammbesatzung von knapp achthundert Mann. Insgesamt beherbergte ein Träger dieser Klasse dreitausend Besatzungsmitglieder. Die Flotte führte derzeit zwei dieser Träger mit sich.
Marko und Scott führten die Truppe zum Heck der King William und dort standen sie, die beiden Teardrop-Shuttles. Es waren etwa dreißig Meter lange, mattschwarze, schlanke Raumschiffe, die ihren Namen gerecht wurden, denn ihr Rumpf war in der Tat tropfenförmig, zum Heck verjüngend, wo ein zentral angebrachtes, kleines Triebwerk saß. Der Einstieg befand sich in Form einer kreisrunden, irisförmig schließenden Luke direkt am Bug, dahinter befanden sich auf beiden Seiten des Rumpfes gläserne, halbkugelförmige Kuppeln, in denen Pilot und Copilot saßen. Diese beiden Kuppeln sahen aus wie Augen und gaben den Teardrops ein fischähnliches Aussehen. Maggie de Havilland und ein weiterer Pilot standen vor einem der Shuttles und unterhielten sich angeregt.
John zuckte erschrocken zusammen, als sich eine schwere Hand auf seine Schulter legte. Es war Curtis, der mit Nurara wie aus dem Nichts aufgetaucht war. „Hey, Curt, hey Nurara“, rief John gegen den Lärm. „Bei euch geht es auch gleich los? Wir warten hier nur noch auf den Startbefehl.“
Curtis nickte. „Ja, wir starten auch gleich, Nurara wartet auch noch auf die Freigabe. Wir müssen auch sofort ein Deck tiefer, wo die Devil untergebracht ist. Wenn die Schlacht gleich losgeht, wird sie im Weg stehen.“
John war zu nervös, um jetzt noch eine sinnvolle Konversation zu führen. Er sah Nurara und Curtis abwechselnd an und sagte nur: „Viel Glück. Findet Joan!“
Nurara trat einen Schritt auf John zu und drückte ihn fest an sich. „Und du sei vorsichtig, hast du gehört? Bring Kat heil nach Hause.“
John löste sich aus ihrer Umarmung und antwortete: „Und wenn es das letzte ist, was ich tue. Und ihr zwei verschwindet jetzt endlich!“ Ein breites Grinsen huschte über sein Gesicht. Mit einem letzten Winken stiegen Nurara und Curtis in einen der Aufzüge.
Peter rutschte unbehaglich in seinem Pilotensitz hin und her. Er war erfüllt von einer Mischung aus Aufregung, Unsicherheit, Angst und Anspannung. Die kräftigen Maschinen seiner Broadsword brummten gesund und monoton, immer wieder überprüfte er die Anzeigen und Instrumente seines Jagdbombers. Alles war in bester Ordnung und inmitten der riesigen Formation hätte Peter sich eigentlich sicher aufgehoben fühlen müssen, aber irgendetwas beunruhigte ihn. Immer wieder kam ihm Joan in den Sinn. Für ihn war die hübsche blonde Polizistin nicht nur ein kurzes Abenteuer, nicht nach der zweiten Nacht, die er mit ihr verbracht hatte. Joan war verschwunden und Peter spürte das tiefe Bedürfnis, etwas zu tun; sie zu suchen. Er ließ seinen Blick über das Geschwader gleiten, über einhundert Jäger und Jagdbomber und er war mitten drin. Auf einen Jagbomber mehr oder weniger würde es in der Gesamtzahl nicht ankommen, erst recht nicht, wenn diese beiden Kampfgruppen sich mit den Maschinen von Taggarts Flotte vereinigten. Peter musste einen Weg finden, sich aus dem Verband zu lösen, ohne Ärger zu bekommen. Eines wollte er auf keinen Fall, wegen Desertion vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Aber er fühlte sich verantwortlich und mitschuldig am Verschwinden Joans. Hätte er nur dreißig Sekunden auf Joan gewartet, wäre das alles wahrscheinlich nie passiert. Er musste handeln, und zwar schnell. Bis zum Rendezvous mit den anfliegenden Einheiten waren es nicht einmal mehr fünf Minuten. Er schaltete sein Funkgerät auf den privaten Kanal zu Danica Vukovics Maschine. „Danny?“
„Was ist, Pete? Wir sollen doch Funkstille halten.“
„Danny, ich muss weg. Ich muss raus aus der Formation und Joan suchen.“
„Negativ, Pete. Du hast keine Ahnung, wo du suchen solltest und alleine hast du keine Chance, auch nur die untersten Luftschichten von Sameda II zu erreichen.“ Danica, die seitlich versetzt an Backbord vor Peter flog, wackelte etwas mit den Tragflächen. „Außerdem kann ich dir die Genehmigung momentan nicht geben, frag Bernard um Erlaubnis.“
Um mit Commander Bernard in der Führungsmaschine zu sprechen, musste Peter auf den Geschwaderkanal wechseln und alle Staffeln würden sein Anliegen mitbekommen. Peter hatte keine andere Wahl und atmete tief durch, dann fasste er sich ein Herz, schaltete auf den offenen Kanal um und rief seinen Geschwaderkommandanten. Mehr als einen Riesenanschiss für das Brechen der Funkstille konnte es gerade nicht geben, die Konsequenzen würde er später dafür zu spüren bekommen, aber in diesem Moment war es Peter egal. Sein Anliegen war ihm zu wichtig. „Jakebrake Neunzehn an Jakebrake Führer, kommen.“
Etwas genervt antwortete Commander Bernard: „Jakebrake Führer. Neunzehn, ich hatte Funkstille befohlen. Was wollen Sie, Becker?“
„Sir, ich bitte um Erlaubnis, die Formation verlassen zu dürfen.“
„Warum, Neunzehn? Haben Sie technische Probleme?“
„Nein Sir, alle Systeme grün. Ich möchte nach Sameda II fliegen um nach Lieutenant Landor zu suchen.“
Bernard zögerte einen Moment mit der Antwort. „Negativ Becker. Bleiben Sie in der Formation. Für private Dinge ist jetzt kein Platz. Nach Lieutenant Landor wird sicherlich schon seitens des Einsatzverbandes gesucht.“
„Aber Sir, ich …“
„Keine Widerrede, Becker! Sie bleiben in der Formation und auf Kurs, verstanden?“
„Peter liebt Landor, Sir“, mischte sich Danica ein. „und er ist ziemlich aufgewühlt. Sir, bei allem Respekt, so unaufmerksam wie Peter gerade ist, wird er heute keine große Hilfe im Kampf, sondern eher eine Gefahr für uns und sich selbst sein!“
Wieder schwieg Commander Bernard einen Moment, dann antwortete er: „Also gut. Neunzehn, Sie können die Formation verlassen, viel Glück und seien Sie vorsichtig! Und das gilt auch für Sie, achtzehn.“
Verwundert antwortete Vukovic: „Sir? Ich verstehe nicht?“
„Achtzehn, Sie fliegen mit Becker. Keiner geht ohne seinen Flügelmann, verstanden? Los, hauen Sie ab! Führer an Geschwader: aufschließen. Jakebrake Führer Ende.“
Die beiden Jagdbomber brachen nach oben aus und setzten sich in Richtung Sameda II ab. Peter sendete noch einen Funkspruch an seine Kameraden: „Danke! Gute Jagd und tretet Rodriguez so richtig kräftig in die Weichteile!“
John wurde von den Space Rangers im Briefingraum mit großem Applaus begrüßt. Es herrschte eine gute, fast euphorische Stimmung im Saal. Die Soldaten waren heiß auf die Mission und stellten nach Abschluss interessiert detaillierte Fragen zum Einsatz, die John, Elena Marko und Timothy Scott bereitwillig und so präzise wie möglich beantworteten. Über einhundert Männer und Frauen des 101. Ranger Bataillons hatten sich für diesen Einsatz freiwillig gemeldet, von denen Marko und Scott die sechzig besten in zwei Teams eingeteilt hatten. Team eins mit vierzig Soldaten wurde von Timothy Scott und einem weiteren Major geführt, um Commander Becker aus seinem Gefängnis zu befreien, die restlichen zwanzig unterstanden als Team zwei Elena Marko und John Milner für den Sabotageakt an der Tennessee. Man hatte im Vorfeld überlegt, ob sich die beiden Teams nach erfolgreichem Abschluss der Missionen im Hangar treffen sollten, um von dort aus gegebenenfalls zur Brücke vorzugehen und Commander Rodriguez und seinen Stab festzunehmen, diese Idee aufgrund des ungewissen Zustandes des Schlachtkreuzers jedoch wieder verworfen. Es ging hier nur um eines: reingehen, den Commodore holen und das Schiff lahmlegen, die Polizisten befreien und so schnell wie möglich die Tennessee wieder zu verlassen. Die Jagdmaschinen sollten, sobald sie die Raumhoheit erlangt hatten, fliehende Fähren und Rettungskapseln schützen und zum Verband eskortieren. Wer freiwillig noch auf der untergehenden Tennessee verblieb, dem war ohnehin nicht mehr zu helfen. Insgesamt war der Einsatzplan hochkomplex und zeitlich eng gesteckt. Für die Mission der Space Ranger war eine maximale Einsatzdauer vom Abflug bis zur Rückkehr von zwei Stunden angesetzt, in dieser Zeit mussten die Jäger die Oberhand gewinnen – was nicht allzu schwierig sein sollte, denn Rodriguez standen nur noch die drei Geschwader der Courageous zur Verfügung, knapp zweihundertzehn Jäger und Bomber. Zahlenmäßig war Rodriguez Taggart damit vier zu eins unterlegen – wenn die Unterstützung der samedanischen Rebellen ausblieb. Wenn nicht, war die Situation ausgeglichen und die Raumschlacht konnte sich zu Gunsten von Rodriguez und den Rebellen wenden, denn sie hatten Nachschub an Personal und Material, der Taggart kurzfristig fehlen würde.
Colonel Marko sah sich ihre Soldaten in der schwarzen Kampfkleidung genau an, die meisten von ihnen kannte sie mit Vornamen. Mit fast jedem von ihnen hatte Marko bereits Einsätze bestritten. Sie vertraute ihren Leuten, so wie diese ihrer Bataillonskommandeurin vertrauten. Marko galt bei ihren Leuten als etwas „durchgeknallt“, weil sie manchmal mit etwas übertriebener Härte im Einsatz gegen den Feind vorging und wegen ihrer Vorliebe für Handgranaten. Einige Ranger waren der Ansicht, dass sich Marko eines Tages mit einer Granate selbst das Ende bereiten würde. Dennoch war Elena Marko als Mensch und Kommandeurin überaus beliebt und das zeigte sich stets durch grenzenlose Einsatzbereitschaft und hohe Disziplin. „Alles klar Leute? Oder gibt es noch Fragen?“ Allgemeines Kopfschütteln war die Antwort. Marko grinste zufrieden. „Gut, alles auf und Antreten vor der Waffenkammer! Abflug zur King William in dreißig Minuten!“ Wie auf Kommando erhoben sich die Soldaten in einer einzigen Bewegung und verließen motiviert den Briefingraum.
John sah Marko eine Weile von der Seite an. Bis auf die leicht schiefe Nase und die grün-braunen Augen hatte die attraktive Mittvierzigerin eine riesige Ähnlichkeit mit Katherine, auch was ihre Energie und Spontaneität anging. Allerdings hatte Katherine etwas Mütterliches und Fürsorgliches in ihrem Wesen, was Elena Marko hingegen völlig abging. Sie hatte ihm von ihrem halbwüchsigen Sohn erzählt und wie froh sie war, dass er bei Markos Schwester aufwachsen durfte. Elena Marko hielt sich selbst nicht für eine gute Mutter. Der Vater, oder Erzeuger, wie Marko den Mann abfällig nannte, war selbst Space Ranger. Der Junge war vor siebzehn Jahren bei einer kurzen, aber heftigen Liaison auf einem Lehrgang entstanden.
Marko stupste John mit zwei Fingern vor die Brust und grinste. „Was ist los, Captain? Doch schon die Hosen voll?“
John zog die Luft tief in sich ein und streckte die Brust raus. „Nicht im geringsten, Colonel. Ich kann es kaum erwarten, an Bord der Teardrop zu gehen.“ Er bot Colonel Marko ganz unmilitärisch seinen Arm an. Mit einem breiten Lächeln fragte er: „Wollen wir, Ma’am?“ Insgeheim gab er jedoch Marko Recht. Ein flaues Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit. Gleich ging es in die Höhle des Löwen und John fühlte sich, als würde man ihn diesem Löwen zum Fraß vorwerfen.
Vor der Waffenkammer wurden John und Colonel Marko von einem Obergefreiten heran gewinkt und zu einem Tisch geleitet, auf dem diverse Ausrüstungsgegenstände und Waffen lagen. Der Obergefreite reichte John einen Waffengürtel mit einer schweren Militärpistole und kleineren Werkzeugen daran, eine blasterschusssichere Weste und ein Schnellfeuergewehr mit klappbarer Schulterstütze. „M-106, recht wendig in engen Gängen“, war der lakonische Kommentar des Mannschaftsdienstgrades. John nickte nur, er kannte das Gewehr in der Polizeiausführung mit starrer Schulterstütze, Aufsatzmöglichkeit für einen Granatwerfer und Zielfernrohr.
Colonel Marko bekam die gleiche Ausrüstung, zusätzlich legte sie einen über die Schulter laufenden Gurt mit zehn Handgranaten an, der Beschriftung nach handelte es sich und Rauch- und Blend- beziehungsweise Knallgranaten an, die den Gegner taub und orientierunglos machen sollten, ohne ernsthafte Verletzungen zuzufügen. John sah sich um, fast alle der sechzig Soldaten waren damit ausgerüstet. Diejenigen, die keine Handgranaten trugen, besaßen prall gefüllte Rucksäcke mit Energiezellen für die Waffen und Sanitätsmaterial.
An der Wand gegenüber der Waffenkammer hing ein großer Spiegel, in dem die Soldaten bei Bedarf ihre Gesichtstarnung überprüfen konnten. John sah hinein. Er trug selber einen dieser schwarzen Kampfanzüge, mit den Dienstgradabzeichen eines Captains. Allerdings hatte man ihn damit inoffiziell befördert, denn der Dienstgrad Captain bei Marine und Space Rangern entsprach dem eines Majors oder Commanders bei der Weltraumpolizei und auf die Beförderung zum Major musste John noch mindestens drei bis vier Jahre warten. Sein eigener Dienstgrad hätte bei den Rangern eher dem eines Lieutenant entsprochen.
Die Soldaten rückten nach und nach in den Hangar ab und bestiegen die Fähren, die sie zum großen Flottenträger King William brachten.
Auf dem Flugdeck des Trägers war es laut und heiß. Lichtbögen von Schweißgeräten illuminierten die Wände, Befehle wurden gerufen und immer wieder krachte etwas lautstark zu Boden. Die Luft war erfüllt von Öl- und Treibstoffdämpfen. Die Besatzung der King William schien guter Stimmung zu sein, was sich in großer Geschäftigkeit und freundlichen Gesichtern äußerte. Kaum jemand nahm groß Notiz von den sechzig Space Rangern, die mit voller Bewaffnung aus den Fähren stiegen und in einem freien Bereich des hinteren Flugdecks in Linie zu drei Mann antraten. Derartige Auftritte gehörten auf einem Flottenträger einfach zum Tagesgeschäft.
John sah sich um. Die Größe des Flugdecks der King William war schier überwältigend. Der Träger war gute neunhundert Meter lang und knapp dreihundert Meter breit. Er besaß drei Flugdecks, die sich fast über die gesamte Länge wie Breite erstreckten und konnte über fünfhundert Jagdmaschinen, deren Piloten und Wartungspersonal transportieren. Hinzu kam noch die Stammbesatzung von knapp achthundert Mann. Insgesamt beherbergte ein Träger dieser Klasse dreitausend Besatzungsmitglieder. Die Flotte führte derzeit zwei dieser Träger mit sich.
Marko und Scott führten die Truppe zum Heck der King William und dort standen sie, die beiden Teardrop-Shuttles. Es waren etwa dreißig Meter lange, mattschwarze, schlanke Raumschiffe, die ihren Namen gerecht wurden, denn ihr Rumpf war in der Tat tropfenförmig, zum Heck verjüngend, wo ein zentral angebrachtes, kleines Triebwerk saß. Der Einstieg befand sich in Form einer kreisrunden, irisförmig schließenden Luke direkt am Bug, dahinter befanden sich auf beiden Seiten des Rumpfes gläserne, halbkugelförmige Kuppeln, in denen Pilot und Copilot saßen. Diese beiden Kuppeln sahen aus wie Augen und gaben den Teardrops ein fischähnliches Aussehen. Maggie de Havilland und ein weiterer Pilot standen vor einem der Shuttles und unterhielten sich angeregt.
John zuckte erschrocken zusammen, als sich eine schwere Hand auf seine Schulter legte. Es war Curtis, der mit Nurara wie aus dem Nichts aufgetaucht war. „Hey, Curt, hey Nurara“, rief John gegen den Lärm. „Bei euch geht es auch gleich los? Wir warten hier nur noch auf den Startbefehl.“
Curtis nickte. „Ja, wir starten auch gleich, Nurara wartet auch noch auf die Freigabe. Wir müssen auch sofort ein Deck tiefer, wo die Devil untergebracht ist. Wenn die Schlacht gleich losgeht, wird sie im Weg stehen.“
John war zu nervös, um jetzt noch eine sinnvolle Konversation zu führen. Er sah Nurara und Curtis abwechselnd an und sagte nur: „Viel Glück. Findet Joan!“
Nurara trat einen Schritt auf John zu und drückte ihn fest an sich. „Und du sei vorsichtig, hast du gehört? Bring Kat heil nach Hause.“
John löste sich aus ihrer Umarmung und antwortete: „Und wenn es das letzte ist, was ich tue. Und ihr zwei verschwindet jetzt endlich!“ Ein breites Grinsen huschte über sein Gesicht. Mit einem letzten Winken stiegen Nurara und Curtis in einen der Aufzüge.
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