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Captain Future - Meuterei

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    Ich musste in dieser Szene einfach mal herausstellen, dass Joan durchaus wehrhaft sein kann und notfalls auch zum äußersten greift. Ich meine, wenn sie das nicht könnte, wie wäre sie sonst Offizier der Weltraumpolizei geworden? Nee nee ne, Frau Twisi. Grundsätzlich habe ich von Ms. Redshirt schon eine hohe Meinung. Vor allem, weil sie in Schwierigkeiten geraten ist und durchaus alleine (Lilla lasse ich mal außen vor) klar kommen kann.
    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

    Mission accomplished.

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      Ja DAS finde ich ja gerade gut
      Dass Mrs. Redshirt mal eben nicht die arme zu rettende Frau ist
      Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
      Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
      Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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        Und auch der noch etwas zurückhaltende John Milner haut jetzt mal sprichwörtlich mit der Faust auf den Tisch und legt sich mit Admiral Taggart an. Ich finde, er macht eine großartige Entwicklung durch.

        Es folgt ein sehr langer Abschnitt, den ich nicht auseinanderreißen kann. Dafür lasse ich euch die nächsten Tage in Ruhe, damit das sacken kann. Viel Spaß!


        Kapitel 19


        Otho musste die Comet an der Oberseite der Ark Royal festmachen, da sie im Hangar den Kampfmaschinen den Platz weggenommen hätte. Ein Shuttle der Alabama brachte Curtis und Simon hinüber zum Schlachtkreuzer. Curtis hätte gerne den Cosmoliner genommen, musste aber zu seinem Ärger feststellen, dass das kleine Raumschiff sich durch den vorangegangenen Beschuss in seinen Haltevorrichtungen verklemmt hatte. Grag musste erst einmal zusehen, wie er das kleine Schiff wieder freibekam. Simon hatte auf dem Rückweg zur Flotte um eine Besprechung im großen Rahmen bei Admiral Taggart gebeten, denn die Auswertung des DNA-Scans brachte einige interessante Details zutage, die für den weiteren Verlauf der Mission von entscheidender Bedeutung sein konnten.
        Auf dem Deck des Haupthangars warteten bereits Nurara, John und Taggart auf die Ankunft des Shuttles. Erwartungsvoll beobachteten sie, wie Curtis und Simon aus der kleinen Militärfähre stiegen.
        „Professor Wright!“, rief Taggart lautstark über das Deck, er hatte wenig Mühe, sich über den Lärm verständlich zu machen. „Die Einsatzgruppe wartet im großen Besprechungsraum, ich habe alles nötige für Sie veranlasst, Sie können sofort mit der Besprechung anfangen.“

        Simon schwebte auf Taggart zu. „Haben Sie vielen Dank, Admiral. Lassen Sie uns keine Zeit verlieren, die Informationen, die ich für die Einsatzgruppe habe, sind zu wichtig.“

        Auf dem Weg zum Turbolift nahm John Curtis an die Seite. „Ihr habt ganz schön was abbekommen, Curt. Das war ziemlich riskant, was du da gemacht hast“, raunte er so leise, dass nur Curtis und Nurara es hören konnten.

        Nurara nickte bestätigend. „Das hätte auch schiefgehen können“, fügte sie leise hinzu.

        „Ich weiß, John“, gab Curtis gleichmütig zurück. „Aber was hätte ich tun sollen? Immerhin sind wir wohlbehalten zurück, haben einen Sack voll wertvoller Daten mitgebracht und was die Comet angeht, Grag und Otho kriegen das schon wieder hin. Zumindest soweit, dass ich nach Joan suchen kann.“

        Nuraras Augen wurden groß. „Was soll das heißen, Curtis? Wollen Sie damit sagen, dass Joan nicht auf der Tennessee ist?“

        Curtis presste die Lippen aufeinander und nickte. „So sieht es wohl aus, Nurara. Die Frage ist nun, wo könnte sie sein? Auf einem der Begleitschiffe? Auf Vestara? Auf Sameda II oder III? Oder gar nicht mehr in diesem System? Fest steht, dass Joan im Einflussbereich von Kuolun sein muss, denn der ist ebenfalls nicht an Bord.“ Curtis‘ Hals schnürte sich zusammen, als er diese Worte sagte.

        „Einen zweiten Scan beim Träger und den Korvetten wirst du nicht machen, Curt, das ist doch klar, oder?“, fragte John besorgt.

        Curtis schüttelte kaum merklich den Kopf. „Ganz sicher nicht, John. Das wäre in dieser Situation Selbstmord. Man würde mich nicht einmal in deren Geschützreichweite kommen lassen, sondern die Arbeit von ein paar Staffeln Abfangjäger erledigen lassen. Ich denke da an etwas anderes …“

        Als die Gruppe um Admiral Taggart den großen Besprechungsraum auf Deck Null betrat, sprangen die anwesenden Offiziere von ihren Plätzen auf. Commander Dörner als ranghöchster Offizier setzte salutierend zu einer Meldung an, Taggart wiegelte jedoch ab. „Bitte behalten Sie Platz, meine Damen und Herren. Lassen Sie uns gleich zum Punkt kommen. Professor Wright hat ein paar wichtige Informationen für die bevorstehende Mission, das betrifft vor allem Sie, Colonel Marko, Lieutenant Colonel Scott und Captain Milner. Bitte Professor!“ Taggart und die anderen nahmen um den runden Besprechungstisch herum Platz. Als wäre es reiner Zufall, fand sich John wieder einmal neben einer breit grinsenden Maggie de Havilland wieder. Simon schwebte in die Mitte und startete den zentral angebrachten Holoprojektor, der in Sekundenschnelle eine schematische Darstellung eines Schlachtkreuzers der Confederation-Klasse projizierte.

        „Meine Damen und Herren“, begann er mit seiner blechernen Stimme, „ich möchte Ihnen folgende Ergebnisse unseres DNA-Scans aufzeigen. Beachten Sie bitte die folgenden Sektionen.“ Simon markierte den Polizeitrakt im mittleren Bereich und den Hangar im hinteren, unteren Bereich des Schlachtkreuzers. „Wie Sie sehen, befinden sich die Polizisten, die wir befreien wollen, hier.“ Simon deutete mit einem Laserpunkt auf den Hangarbereich. „Major Ballard, Captain Yokomuri, Lieutenant Baxter und dreizehn weitere Treffer habe ich hier auswerten können. Außerdem ist Colonel Abraham Tovin hier.“ Ein blauer Punkt leuchtete auf. „Einen Treffer habe ich im Bereich des Polizeitraktes ausfindig gemacht, es handelt sich hierbei um die DNA von Sergeant Amir Oobe. Die Position dieses Kontakts lässt mich jedoch darauf schließen – er liegt sich im hinteren Teil des Polizeitraktes – dass Sergeant Oobe sich im Leichenkühlhaus befindet. Ich muss leider davon ausgehen, dass Sergeant Oobe tot ist.“ Simon blendete Oobes roten Leuchtpunkt wieder aus. „Konzentrieren wir uns auf den Hangar. Major Ballard und Captain Yokomuri konnte ich in einem Besprechungsraum, hier, ausfindig machen. Lieutenant Baxter und Colonel Tovin hier und hier, alle anderen Polizisten befanden sich zum Zeitpunkt des Scans in den Unterkunfts- und Freizeiteinrichtungen des fliegerischen Abschnitts.“

        „Das heißt“, warf Elena Marko ein, „wir müssen vom Heck in den Hangar kommen. Das ist fast unmöglich, Professor. Es gibt dort keine Zugänge! Wir müssen über die darüber liegenden Decks nach vorne gehen. Was erwartet uns dort?“

        „Das kann ich Ihnen zeigen, Colonel“, antwortete Simon tonlos. Er rief neue, grün markierte Punkte auf, die sich an den Grenzen zum Hangar in Richtung Bug des Schlachtkreuzers konzentrierten. „Diese grünen Punkte, Colonel, scheinen Ansammlungen von Meuterern zu sein, die versuchen, sich gewaltsam Zugang zum Hangar zu verschaffen. Ein weiteres Indiz dafür ist die hohe Anzahl von Kontakten auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten der Zugänge. Ich gehe davon aus, dass sich hier schwere Kämpfe geliefert werden.“

        „Das würde bedeuten, dass die Piloten der Tennessee nicht zu den Meuterern gehören“, rief Commander Malinovka, nicht ohne Stolz in der Stimme.

        „Das sehe ich auch so, Commander“, gab Simon zurück. „Ich konnte einen weiteren Kontakt ausmachen, es handelt sich hierbei um Commodore Becker. Er befindet sich im Bugbereich, in den militärischen Arrestzellen. Er ist nur leicht bewacht. Eventuell ergibt sich für das Einsatzkommando eine Möglichkeit, ihn zu befreien.“

        Elena Marko und ihr Stellvertreter Timothy Scott sahen sich kurz an und tauschten flüsternd ein paar Worte aus. Scott schüttelte mehrmals den Kopf, woraufhin Marko nur resignierend mit den Schultern zuckte.
        „Und? Marko? Scott? Was sagen Sie?“, fragte Taggart neugierig.

        Lieutenant Colonel Scott schüttelte den Kopf. „Tut mir Leid, Sir. Nicht mit den zwanzig Mann, mit denen wir rübergehen wollen. Wenn wir es zum Hangar schaffen, haben wir gute fünfhundert Meter, die wir in Richtung Bug vorwärts gehen müssen. Umwege und Höhenunterschiede nicht eingerechnet. Es müsste ein zweites Team zeitgleich am Bug andocken, den Arrestbereich einnehmen und sichern. Dazu brauchen wir mindestens fünfzig Leute.“

        „Die Sie aber haben, Lieutenant Colonel, richtig?“ Taggarts Frage war eher rein rhetorischer Natur. Er erwartete nicht, dass Marko oder Scott dem widersprachen. Wieder steckten die beiden Space Ranger die Köpfe zusammen. Taggart ließ die beiden Offiziere diskutieren. Dann erhob sich Lieutenant Colonel Scott.

        „Sir, wir teilen uns auf. Colonel Marko wird wie geplant die ursprüngliche Mission durchführen. Ich stelle ein weiteres Team zusammen und wir werden den Arrestbereich einnehmen und Commodore Becker befreien. Dazu benötigen wir allerdings den zweiten Teardrop.“

        Taggart grinste voller Tatendrang. „Sehr gut, Scott. So gefällt mir das. Commander Dörner, rufen Sie gleich im Anschluss den Kommandanten der King William. Er soll den zweiten Teardrop mit einem Piloten startbereit halten. Einsatz genehmigt. Professor Wright, haben Sie noch weitere Informationen von Belang?“

        Simon flog eine Runde um den Besprechungstisch, so als wollte er die Gelenke, die er nicht besaß einmal „ausschütteln“. „Ja, Admiral. Ich habe noch eine wichtige Sache, die mir Sorgen macht. Während des DNA-Scans habe ich gleichzeitig eine Spektral-Analyse der Tennessee gemacht, aus reiner Neugier.“ Simon flog wieder zurück zur Mitte des Besprechungstisches. Er veränderte die zweidimensionale Darstellung der Projektion in eine dreidimensionale und zeichnete eine dicke blaue Linie, die vom obersten Deck hinab zum Bauch der Tennessee verlief. Zwei weitere dieser blauen Linien folgten. „Dies hier, meine Damen und Herren sind die drei Zentralspanten eines Schiffes der Confederation-Klasse. Im Marinejargon werden sie auch Kernspanten genannt. Sie haben die Aufgabe, dem Schiff die äußere Form zu geben und die Gesamtmasse des Schiffes gleichmäßig zu verteilen. Ein Schiff dieser Klasse wiegt achtzehn Millionen metrische Tonnen. Das ist nicht gerade ein Leichtgewicht. Im All ist das Gewicht sprichwörtlich gegenstandslos – sofern keine Gravitation einwirkt. Nun ist es aber so, dass in jeder der vier anliegenden Sektionen ein Schwerkraftgenerator arbeitet. Diese Spanten müssen also jeweils sechs Millionen Tonnen, bei normaler Beschleunigung von einem G tragen. Nach meinem Kenntnisstand sind die Spanten für eine Beschleunigung von zwölf G ausgelegt, das heißt, sie halten noch, selbst wenn die gesamte Besatzung schon dahingeschieden ist. Wenn sie denn intakt sind.“

        Taggart runzelte die Stirn. „Was wollen Sie damit sagen, Professor? Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.“

        Simon drehte sich einmal im Kreis und sah jeden Anwesenden kurz an. Dann wandte er sich direkt an Admiral Taggart. Gleichzeitig zog sich in der Projektion eine sichtbare rote Linie im mittleren Kernspant von der Bauchseite nach oben. „Admiral, meine Spektralanalyse hat mir einen Schaden im mittleren Kernspant angezeigt. Wir sind drei Minuten an der Tennessee vorbeigeflogen und in diesen drei Minuten hat sich der Schaden vergrößert, potenziert in dem Moment, als man das Feuer auf uns eröffnet hat. Das Geschützfeuer verursacht Vibrationen und allem Anschein nach wirken sich die Vibrationen auf den Schaden im Spant aus.“

        „Was bedeutet das, Professor?“, rief Maggie lautstark. „Wird das Schiff über uns zusammenbrechen?“

        Simon drehte sich zu Maggie de Havilland um und flog direkt auf ihr hübsches Gesicht zu. Einen knappen halben Meter vor ihr hielt er inne und streckte seine optischen Tentakel nach ihr aus. Etwas verschreckt wich Maggie zurück. „Sie sagen es, Captain. Sehen Sie selbst!“ Simon drehte sich wieder um und aktivierte eine Simulation, die das Holomodell, aus allen Rohren feuernd, erzittern ließ. Zeitgleich wanderte der dünne rote Balken weiter nach oben und wurde dicker. Als er an der obersten Deckslinie ankam, bogen sich die obersten Decks nach unten durch und brachen ein. Durch das Gewicht der eingestürzten Decks gaben die darunterliegenden nach, bis die gesamte Sektion in sich zusammen gefallen war wie ein Kartenhaus. Damit war die Simulation aber noch nicht beendet. Das Programm hatte berechnet, dass die verbliebene und noch intakte hintere Sektion mit der massiven Antriebseinheit sich jetzt nach unten bog und abbrach um gleich danach lautlos zu explodieren. Simon hielt die Simulation an. „Meine Damen und Herren, das hier wird passieren. Ich kann Ihnen nicht sagen wann, das hängt von zu vielen unbekannten Faktoren ab, aber es wird passieren.“

        Wortlos sahen sich die Offiziere an. Elena Marko kratzte sich am Kinn. „Professor, das bedeutet, wir gehen da rein und haben unter Umständen keine Chance, wieder raus zu kommen?“, fragte sie mit stoischer Ruhe.

        „Sie haben genau die richtigen Worte gewählt, Colonel. Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber genauso verhält es sich.“

        Admiral Taggart hatte den linken Ellenbogen auf die Tischplatte gestützt und rieb sich mit den Fingern die Stirn. „Viel zu gefährlich“, murmelte er. „Das kann ich nicht verantworten.“

        Allgemeines Gemurmel wurde laut. Hilflos sah sich John um. „Heißt das …“, presste er hervor. „Soll das heißen, die ganze Mission ist abgeblasen? Admiral, bitte …“

        Taggart sah John mitfühlend an. „Tut mir leid, Captain. Aber unter diesen Umständen kann ich den Einsatzbefehl nicht geben.“ Taggart stand auf. „Commander Dörner, Befehl an die Flotte. Klar zum Gefecht, geschlossene Formation, wir nehmen Rodriguez auseinander! Mit allem was wir haben! Commander Malinovka, Commander Gonzalez, freie Jagd für Ihre Geschwader. Gleiches gilt für die Jagdmaschinen der Träger und der anderen Kampfschiffe.“

        Wie von der Tarantel gestochen sprang John auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Nein, Admiral! Das können Sie nicht tun!“, brüllte er. „Meine Frau ist da drüben und ich hole sie da raus! Ich lasse sie dort nicht sterben, klar? Notfalls gehe ich alleine auf die Tennessee und hole Kat, aber ich sitze nicht untätig hier rum und sehe zu, wie Sie sie umbringen!“

        Mit großen Augen sah Taggart John an. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass dieser junge und unerfahrene, dabei fast schüchterne Captain einen derartigen Gefühlsausbruch an den Tag legen würde. Insgeheim hatte der alte Admiral vollstes Verständnis für John und Respekt vor seinem Mut. Langsam schritt er hinter seinen Ledersessel und legte die Hände auf die Lehne. „Captain Milner, bei allem gebührenden Respekt vor Ihrer persönlichen Situation. Aber ich muss Sie bitten, die Fakten, die Professor Wright vorgetragen hat, zur Kenntnis zu nehmen. Des Weiteren darf ich Sie daran erinnern, dass dies hier in erster Linie eine militärische Mission ist, die zum Ziel hat, einen Hochverräter auszuschalten, mit allen erforderlichen Mitteln. Ihre Rettungsmission ist jetzt, so leid es mir tut, das sagen zu müssen, nachrangig. Ich kann und werde die Verantwortung für ein derartiges Himmelfahrtskommando nicht übernehmen.“

        „Admiral Taggart“, unterbrach John den Offizier mit ruhiger Stimme und sah ihm mit festem Blick in die Augen. „Auch ich zolle Ihnen, Ihrem Rang und Ihrer Erfahrung den vollsten Respekt. Es geht hier nicht nur um meine Frau, dort sind auch noch fünfzehn Kameraden von mir und ein Space Ranger.“ John sah Elena Marko und Timothy Scott an. „Seid es nicht Ihr Ranger, die die Kameradschaft hoch halten und niemanden zurücklassen? Das ist doch eure Tradition, oder nicht?" Marko und Scott antworteten mit einem kleinen Nicken, wobei die Frau John darüber hinaus mit einem Augenzwinkern motivierte, weiter zu sprechen. John sah in die Runde, zu Curtis, der aufmunternd lächelte, zu Nurara, die einen Daumen hob, zu Commander Dörner, der ebenfalls nickte und zu Maggie, die John wieder einmal anhimmelte. „Admiral“, fuhr John fort, „ich habe Ihre Familie kennengelernt, Sie haben eine wunderschöne Tochter und zwei tolle Enkelkinder. Ich frage Sie: wie oft haben Sie sich in Ihrer Karriere in Gefahr gebracht, mit dem Wissen, dass Sie Ihre Familie nie wiedersehen? Einmal? Zehnmal? Noch öfter? Sie haben zumindest eine Familie. Wollen Sie mir die Chance nehmen, mit der Frau, die ich liebe, eine Familie zu gründen? Können Sie das verantworten? Es geht hier nicht um Recht und Gesetz, das ist auf Ihrer Seite, ganz ohne Frage. Aber ich appelliere an Ihr Gewissen! An Ihre Moral, Sir! Ich bitte Sie inständig, mich zur Tennessee fliegen zu lassen und Katherine und meine Kameraden da raus zu holen. Diese Leute verdienen es, gerettet zu werden!“ John setzte sich wieder.

        Einen Moment stand Admiral Taggart wie vom Donner gerührt wortlos da, die Hände auf die Tischplatte gestützt. Dann atmete er einmal tief durch und straffte sich. Mit hartem Blick sah er John an, dieser wiederum starrte jetzt verzweifelt auf die Tischplatte. Maggie hatte ihm verständnisvoll eine Hand auf die Schulter gelegt. John erwartete in diesem Augenblick das größte Donnerwetter seines Lebens, von einem Mann, der in Sachen Charisma und Autorität seinem eigenen Chef, Marshall Garnie, nichts nachstand. Ihm war es in diesem Moment egal, was passierte, John hatte nichts mehr zu verlieren. Taggart räusperte sich. Das Donnerwetter blieb aus. Er sagte nur: „Marko! Scott! Kommen Sie mit nach draußen.“

        Die beiden Space Ranger erhoben sich wortlos und folgten dem Admiral. Auf dem Gang, vor dem Besprechungsraum, sah Taggart die beiden Offiziere fest an. „Elena, ich kann Ihnen diesen Befehl nicht erteilen, nicht als Befehlshaber dieser Flotte. Aber Sie sind die Kommandeurin des Bataillons und haben freie Entscheidungsbefugnis. Ich möchte Ihre Meinung hören – jetzt!“ Taggart verschränkte die Arme und lehnte sich lässig gegen die Wand.

        Elena Marko steckte die Hände in die Taschen ihrer schwarzen Kampfhosen, eine Geste, die man sich für gewöhnlich vor einem Admiral nicht erlaubte, und ging ein paar Schritte im Gang auf und ab. „Sir, lassen Sie mich bitte einen Moment laut denken. Tim, ergänze mich, wenn ich was auslasse. Fakt ist, wir wollen die Tennessee von zwei Seiten einnehmen, einmal, um mit Captain Milner den Computerkern lahmzulegen und die Tennessee von innen heraus kampfunfähig zu machen. Als neue Mission steht uns jetzt die Befreiung von Commodore Becker ins Haus, vom Aufwand her einfacher als die Primärmission. Milner muss mindestens vier Terminals übernehmen und Sie haben die volle Kontrolle, Sir. Milner meint, wenn es keine Gegenwehr gibt, ist das in einer dreiviertel Stunde zu schaffen. Dann runter in den Hangar, die Polizisten und Tovin einsammeln, de Havilland her pfeifen und abfliegen. Mit Gegenwehr rechne ich mit ein bis anderthalb Stunden, Sir. Da wird uns der Himmel schon nicht auf den Kopf fallen.“ Man konnte Elena Marko ansehen, dass sie scharf auf diese Mission war und ebenso wenig Lust hatte, während der bevorstehenden Raumschlacht Däumchen zu drehen. „Hab ich was vergessen, Tim?“

        Scott schüttelte den Kopf. „Nein, genau so sehe ich es auch.“

        Taggart stieß sich von der Wand ab. „Sie sehen also eine Chance, dass Sie die Mission erfolgreich beenden können?“

        „Ja, Sir“, antwortete Marko knapp. „Wir sind schon in schwierigeren Situationen mit weniger Vorabinformationen gewesen. Das wird kein Kinderspiel, aber es ist machbar.“

        Taggart zog eine Augenbraue nach oben. „Machbar? Ich will, dass Sie hundertprozentig sicher sind!“

        Colonel Marko bleckte die Zähne. „Hundertzwanzigprozentig, Sir!“, antwortete sie energisch und salutierte lässig. „Aber die Zivilistin nehme ich nicht mit. Unter keinen Umständen.“

        „Also gut, Nurara bleibt hier. Kommen Sie, gehen wir wieder rein“, sagte Taggart und öffnete die Tür. Im Besprechungsraum war eine lautstarke Diskussion im Gange, die sofort erstarb, als die drei Offiziere eintraten. Wortlos nahmen Marko und Scott wieder Platz, während Taggart hinter seinem Sessel stehen blieb und die Hände auf die Lehne legte. „Meine Damen, meine Herren. Für das Protokoll: ich kann und werde keinerlei Verantwortung für diese Unternehmung übernehmen …“

        Wieder erhob sich John von seinem Platz. „Admiral, Sir …“ Weiter kam er nicht. Taggart bedachte ihn mit einem strengen Blick und zeigte mit einem Finger auf Johns Sessel. John setzte sich wieder und ballte die Fäuste auf der Tischplatte. Seine grenzenlose Wut war ihm anzusehen.

        „Setzen Sie sich hin, Captain. Noch habe ich hier die Befehlsgewalt. Commander Dörner: die Einsatzbefehle bleiben bestehen, wie vorhin erteilt. Die Flotte geht in Gefechtsbereitschaft. Malinovka, Gonzalez, Ihre Jäger und Bomber konzentrieren sich auf die Geleitschiffe und die Jäger. Die Tennessee wird unter keinen Umständen angegriffen, verstanden? Geben Sie diesen Befehl an die anderen Geschwader weiter. Die Flotte hält sich aus der Reichweite der Tennessee heraus, keine Provokation. Geben Sie Rodriguez nicht den kleinsten Anlass, das Feuer zu eröffnen, verstanden?“
        Die angesprochenen Offiziere nickten stumm. John, Nurara und Curtis sahen sich fragend an.
        „Nun zu der Rettungsmission. Noch einmal, ich werde keinen Befehl dazu erteilen, aber bei der kurzen Unterredung gerade eben hat mir Colonel Marko zu verstehen gegeben, dass sie den Entschluss trägt und im Rahmen eines Bataillonsbefehls die Verantwortung für den Einsatz übernehmen wird. Korrekt, Colonel?“

        Elena Marko lächelte siegesgewiss. „Jawohl, Sir! Treten wir denen in den Arsch! Ich brauche aber jetzt noch einen Piloten, der sich freiwillig meldet.“

        Sofort ging Maggies Hand hoch. „Ich hatte mich doch schon vor zwei Tagen freiwillig gemeldet, oder?“

        John war anzusehen, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel. Er stand auf und hielt Colonel Marko die Hand hin. „Danke, Colonel. Sie wissen gar nicht, wie viel mir das bedeutet.“

        Elena Marko sah John keck an. „Danken Sie mir, wenn Sie Ihre Katherine hier auf diesen Decksplanken in den Arm nehmen und küssen. Das will ich nämlich sehen“, antwortete sie und schlug ein.

        „In Ordnung“, rief Admiral Taggart. „Marko, Scott, Sie weisen Ihre Leute gleich im Anschluss ein. Dörner, veranlassen Sie eine Konferenz mit den anderen Kommandanten. Gibt es noch Fragen Ihrerseits?“

        Curtis hob die Hand. „Sollten wir nicht langsam mal versuchen, mit Major Ballard oder Colonel Tovin Kontakt aufzunehmen? Wir konnten beim Scan nicht feststellen, ob Lieutenant Landor an Bord ist. Ich würde mich gerne im Anschluss auf die Suche nach ihr machen.“

        Taggart nickte zustimmend. „Guter Einwand, Captain. Wäre auch mein nächster Vorschlag gewesen. Ist Tovin entsprechend ausgestattet?“

        John nickte. „Ja, Sir. Colonel Tovin besitzt nach meinen Informationen einen BS-Omni MK6-64. Wenn er ihn bei sich führt, sollten wir ihn von hier aus mit einer verschlüsselten Verbindung erreichen können.“ John zog eine Datenkarte aus seiner Brusttasche und legte sie vor sich auf den Tisch. „Hier sind seine Kontaktdaten drauf.“

        Elena Marko sah John verstört an. „Woher haben Sie die, Captain? Das sind vertrauliche Militärinformationen!“

        „Polizeiarbeit, Ma’am. Ich bin seit knapp einer Woche in den Fall Tovin involviert, bis der Kontakt zum Zeitpunkt der Meuterei abbrach.“ John konnte sich ein Grinsen nur schwer verkneifen. „Wenn wir wieder zurück sind, spendiere ich Ihnen ein paar Bier und erzähle Ihnen die Story.“

        Dörner griff nach der Karte und erhob sich. „Mit Ihrer Erlaubnis, Admiral, gehe ich auf die Brücke und lasse alles Notwendige in die Wege leiten. Ich stelle Ihnen die Verbindung hier rauf.“

        „Danke, Commander. Machen Sie es so“, antwortete Taggart und entließ den Kommandanten der Alabama mit einem Schulterklopfen.

        Als Commander Dörner den Raum verlassen hatte, wandte sich Taggart an Nurara. „Miss Nurara, die neue Situation hat ein paar Änderungen mit sich gebracht, die auch Sie und Ihre Anwesenheit betreffen. Da Sie Zivilistin sind, haben Colonel Marko und ich beschlossen, dass Sie aus Sicherheitsgründen hier an Bord bleiben und nicht mit auf die Tennessee gehen. Ich kann Ihnen keine Befehle erteilen, aber …“

        „Aber was, Admiral?“, fragte Nurara mit kalter, schneidender Stimme.

        „Aber ich habe die Möglichkeiten im Rahmen meiner Eigenschaften als Hausherr – sozusagen – Ihnen zu verbieten, meinen Leuten im Weg zu stehen. Notfalls mit unmittelbarem Zwang, Sie verstehen was ich meine? Sie können jederzeit dieses Schiff und den Verband verlassen, aber ich untersage Ihnen hiermit ausdrücklich die Teilnahme an dieser Unternehmung.“ Taggart lächelte verbindlich.

        Nurara sah ein, dass es keinen Zweck hatte, mit dem alten Marineoffizier zu diskutieren. Sie verschränkte schmollend die Arme vor der Brust und lehnte sich in dem bequemen Sessel zurück. Curtis hatte in diesem Moment eine Idee.
        „Nurara, kommen Sie mit mir auf die Suche nach Joan. Ich könnte … ich habe da momentan ein kleines Problem … und bräuchte einen fliegenden Untersatz … und schießen können Sie doch noch, oder haben Sie das im letzten Jahr verlernt?“, fragte Curtis spöttisch.

        Nurara ballte die Faust. „Natürlich nicht, Curtis. Ich bin nicht den weiten Weg von Haroa hier her geflogen und habe meine Pläne über den Haufen geworfen, nur um mit Ihnen Kaffee zu trinken. Ich helfe Ihnen, Joan zu finden.“

        In diesem Moment meldete sich Commander Dörner von der Brücke. „Sir, wir haben eine Verbindung mit Colonel Tovin. Ich stelle zu Ihnen hoch.“ Es knackte im Lautsprecher und allen war eine freudige Anspannung anzusehen.

        Ein statisches Rauschen war zu hören und eine tiefe Männerstimme sagte: „Hallo? Hier ist Colonel Tovin.“

        Taggart ergriff das Wort. „Colonel, hier spricht Rear-Admiral Hank Taggart, an Bord des Schlachtkreuzers Alabama. Ich bin der Befehlshaber der Einsatzflotte, die Sie da raus holen wird. Wie ist Ihre Lage, Colonel?“

        „Sir, danke fürs Kommen! Ich bin hier mit der Polizeitruppe in der Fliegenden Abteilung. Wir sind eingeschlossen und werden von Meuterern belagert. Noch kommen sie nicht durch, aber die beiden Geschwader verlieren mehr und mehr Personal. Wir haben viele Tote und Verletzte. Die Außenkommunikation ist abgeschnitten. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Meuterer hier einbrechen.“

        „Danke, Colonel. Ist Major Ballard wohlauf?“

        „Ja, Sir, sie sitzt mir gegenüber und versorgt einen Verletzten.“

        „Geben Sie ihr Ihren Kommunikator. Hier ist jemand, der gerne mit ihr sprechen möchte.“ Das Rauschen wurde etwas lauter und im Hintergrund war Stimmengemurmel zu hören. Dann drang eine Frauenstimme aus dem Lautsprecher.

        „Hier ist Major Ballard. Admiral Taggart?“, fragte Katherine verwundert. „Was machen Sie hier? Sie sind doch im Ruhestand?“ Katherine klang reichlich verwirrt.

        Taggart musste lachen. „Ja, Miss Ballard. Jemand hat mich vor ein paar Tagen aus dem Ruhestand in den aktiven Dienst zurückgeholt – wegen Ihnen. Und der möchte gerne mit Ihnen sprechen.“ Mit einer Handbewegung bedeutete Taggart John, zu sprechen.

        Mit zitternder Stimme setzte John an. „Kat? Ich bin es, John. Geht es dir gut?“

        Eine Sekunde herrschte Schweigen im Äther, dann war ein Freudenschrei zu hören, der den Anwesenden im Besprechungsraum förmlich in den Ohren schmerzte. „John! Du bist hier! Ich habe dich so vermisst, Cowboy! Es geht uns ganz gut, nur langsam wird die Luft dünn.“ Katherine war auch in der ernstesten Situation immer für einen sarkastischen Unterton gut.

        „Kat“, unterbrach John, „hör zu, wir haben nicht viel Zeit. Wir holen euch da raus, hörst du? Wo ist Joan?“

        „Die letzte Information, die wir haben ist, dass Joan auf Sameda II von Kuolun festgehalten wird. Sie sagte, dass sie dort Verbündete hat, die sie rausbringen. Mehr wissen wir auch nicht. Das ist etwa achtundvierzig Stunden her. John, bitte beeilt euch, wir wollen nur noch …“ Plötzlich brach die Sendung ab und das statische Rauschen wich einem die Ohren quälenden Kreischen. Schnell schaltete Taggart den Lautsprecher stumm.

        „Störsender“, brummte Lieutenant Colonel Scott. „Die haben die Frequenzen überwacht und überlagern sie jetzt.“

        „Okay“, sagte Taggart. „Mister Newton, hilft Ihnen diese Information weiter?“

        Curtis zuckte mit den Schultern. „In Anbetracht der Tatsache, dass Sameda II in etwa so groß ist wie die Erde – leidlich. Aber ich denke, dass sich Kuolun leicht finden lassen wird. Wenn ich Kuolun finde, finde ich auch Joan.“ Curtis stand auf. „Nurara, wollen wir? Simon, können wir den DNA-Scanner in die Devil einbauen?“

        Simon, der sich während der vorangegangenen Diskussion vor Curtis auf dem Tisch niedergelassen hatte, schwebte empor. „Kein Problem. Die ganze Anlage ist nicht größer als ein Schuhkarton. Der Umbau dauert eine Stunde. Neu kalibrieren kann ich auf dem Weg nach Sameda.“

        Curtis klatschte voller Tatendrang in die Hände. „Fein!“, rief er. „Dann mal los!“ Er und John wünschten sich gegenseitig viel Glück, dann verließ das Trio den Besprechungsraum.

        Taggart sah die verbliebenen Teilnehmer der Besprechung an. „Dann auf! An die Arbeit! Marko, weisen Sie Ihre Teams ein. Captain de Havilland, setzen Sie über zur King William und machen Sie sich startklar. John“, Taggart sah den jungen Mann ernst an. „Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen viel Glück. Halten Sie sich an Colonel Markos Anweisungen und bringen Sie mir Katherine zurück. Verstanden?“

        John nahm Haltung an und salutierte vor dem alten Admiral. „Jawohl, Sir! Ohne Katherine hatte ich ohnehin nicht vor, wieder zurückzukehren!“

        Taggart nickte und entließ John mit einem väterlichen Klaps auf den Rücken. Dann wandte er sich der Kommunikationskonsole zu und stellte auf Schiffsinterkom. „An die gesamte Besatzung. Hier spricht Admiral Taggart. Schiff klar zum Gefecht! Alle Mann auf Gefechtsstation. Brücke: Kurs auf die Tennessee!“
        Sekunden später heulten auf allen dreiundzwanzig Kriegsschiffen des Verbandes die Alarmsirenen. Die Geschütze wurden bemannt, in den Hangars wurden die Jäger und Bomber bewaffnet und aufgetankt.
        Admiral Taggart betrat die Brücke und ging auf Commander Dörner zu. „Showdown“ war das einzige Wort, das von seinen Lippen kam.
        Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

        Mission accomplished.

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          Nurara und schmollen - hihi. Ich stelle mir das gerade bildlich vor
          Und ja, Johns Ansage gefällt auch mir seh gut Kat hat wohl abgefärbt
          Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
          Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
          Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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            Kat hat wohl abgefärbt
            Sie biegt sich ihren John schon zurecht...


            Und schon kommt das Ende von Kapitel 19 und ein Teil von Kapitel 20. Ein wirklich ergreifender Abschnitt in dem wir Katherines Eltern kurz kennenlernen und mit einem sehr einfühlsamen Ezella Garnie. Viel Spaß!


            „Ich bringe dich in die Berge, Joan“, antwortete Lilla, als sie und Joan keuchend die Waffen und Ausrüstungsgegenstände der toten Rebellensoldaten in den Geländewagen verluden. „Wir treffen einige meiner Kollegen und eine Kompanie regierungstreuer Soldaten. Dort wirst du erst einmal sicher sein, bis wir etwas Neues über die Lage im All wissen. Und wir werden schlafen, essen und uns endlich waschen – darauf freue ich mich schon.“

            In diesem Zusammenhang fiel Joan wieder ein, dass ihre Freundin Katherine immer noch auf der Tennessee festsitzen musste. „Meinst du, ich könnte nochmal den Kommunikator benutzen, Lilla? Ich würde gerne wissen, wie es Kat und den anderen geht“, fragte Joan.

            Lilla schloss beherzt die Ladefläche und setzte sich wieder ans Steuer. „Wenn wir da sind, Joan. Hier auf der Straße ist es zu gefährlich. Wenn alles gut geht, fahren wir noch eine Stunde und müssen danach noch etwa zwei Stunden Fußweg bewältigen. Wenn wir da sind, kannst du mit deiner Kollegin reden. Hab Geduld“, sagte Lilla und startete den Motor. „Steig ein. Los, beeil dich, bevor andere Rebellen auftauchen!“

            Nach einer gefühlten Viertelstunde Fahrt bog Lilla in einen Waldweg ein, der sofort steil in die Höhe führte. Sie hatten den Rand einer Bergkette erreicht, deren Spitzen im wolkenverhangenen Himmel verschwanden. Es handelte sich um das Fuldihm-Gebirge, dessen Silhouette in ganz Samad allgegenwärtig und sichtbar war. Lilla hatte Joan während der Fahrt erklärt, dass es sich bei diesem Gebirge um einen mystischen Ort handelte, um den sich viele Legenden der samedanischen Geschichte rankten. Nüchtern jedoch betrachtet war es ein großer Gebirgszug, dessen neun höchste Gipfel zwischen sechseinhalb- und siebentausend Metern Höhe erreichten. Der Geländewagen rumpelte mühelos über den holperigen, schmalen Weg inmitten eines blau- und violettfarbenen Laubwaldes. Am Boden fanden sich immer wieder Felder von Blumen in allen möglichen Farbtönen. Joan war begeistert von der Farbenpracht der samedanischen Fauna und Flora. Grün-beige, Rentieren ähnliche Tiere grasten mit ihren Jungen friedlich auf den Lichtungen, krächzende, bunte Hautflügler mit langen gebogenen Schnäbeln flogen von Ast zu Ast und fingen nicht weniger bunte Insekten in der Luft. Die beiden Frauen fuhren etwa eine halbe Stunde durch den dichten Wald, während Lilla Joan einige interessante Dinge über die samedanische Tierwelt erzählte. „Halte dich bloß von diesen Viechern dort fern!“, rief Lilla einmal und deutete auf eine Gruppe orange-gelb gestreifter Achtbeiner, die in Form und Größe irdischen Hummern ähnelten, sie hatten ebensolche Scheren und Antennen. „Wenn die dich beißen, ist das zum einen sehr, sehr schmerzhaft und zum anderen wirst du danach tagelang in einem psychotischen Delirium liegen. Das Gift der Cheslut ist ein fürchterlicher Cocktail von Psychopharmaka. Bis vor einigen Jahren wurden sie wegen des Giftes von Drogenhändlern aus allen Ecken der bekannten Galaxis gejagt und fast ausgerottet. Heute stehen die Biester, so ekelig sie auch sein mögen, unter Artenschutz. Der Besitz ihres Giftes wird hart bestraft.“

            Der Weg wurde steiler und felsiger, der Wald lichtete sich allmählich und die Vormittagssonne brannte heiß auf Joan und Lilla herab. „Bald müssen wir zu Fuß weiter“, meinte Lilla. „Es dauert nicht mehr lange und der Weg wird für den Wagen zu schmal werden.“ Lilla fuhr fast nur noch Schrittgeschwindigkeit und ließ den Motor aufheulen. Plötzlich gab es einen lauten Knall, Rauch stieg aus der Motorhaube auf und der Geländewagen kam stotternd zum Stehen. Seufzend zog Lilla die Bremse an und stieg aus, um nach dem Schaden zu sehen. „Das war’s dann wohl“, brummte sie, als sie die Motorhaube krachend wieder fallen ließ. „Die Kiste schmeißt sämtliche Flüssigkeiten raus. Ich fürchte, wir müssen jetzt schon zu Fuß weiter.“

            Joan hatte sich zu ihr gesellt. „Ich verstehe nicht, warum ihr Samedaner immer noch auf Verbrennungsmotoren schwört. Auf der Erde gibt es die seit fast hundert Jahren nicht mehr.“

            Lilla grinste hämisch. „Ja, weil ihr Erdlinge euer wertvolles fossiles Öl zweihundert Jahre lang sinnlos verheizt und verfeuert habt und jetzt fast keins mehr da ist. Selber schuld! Komm, nimm die Ausrüstung auf.“

            Schwer bepackt marschierten die Frauen den schmalen, felsigen Pfad unter der brütenden Sonne bergauf. Der schwere künstliche Hautlappen machte Joan besonders zu schaffen, er begann, an der Hüfte zu scheuern und ließ sie fürchterlich schwitzen und die bunte Wolljacke kratzte immer mehr auf Joans Haut. Wie gern hätte sie die unangenehmen Kleidungstücke gegen ihre Jeans und die Lederjacke getauscht. Immerhin waren die Stiefel bequem. „Ist es noch weit, Lilla?“, japste sie.

            Lilla war ebenso erschöpft wie Joan, denn die dreißigprozentige Steigung ließ die beiden Frauen nur mühsam vorankommen. Sie deutete auf ein Plateau, das etwa einen Kilometer vor und fünfhundert Meter über ihnen lag. „Siehst du das Plateau da vor uns? Da müssen wir hin. Da vorne rechts ist ein schmaler Abzweig, wo wir in den Berg gehen. Dort suchen wir uns erst einmal ein schattiges Plätzchen und rasten kurz. Dann geht es richtig steil aufwärts. In zwei Stunden können wir dort sein.“

            Joan sah Lilla skeptisch an. „In den Berg? Das heißt, wir müssen richtig bergsteigen?“

            Lilla winkte ab. „Nein, so schlimm wird es nun doch nicht sein, aber der Weg ist schmal und noch etwas steiler. Es wird anstrengend. Essen wir erst einmal was.“

            Gestärkt nach einer kurzen Rast von zehn Minuten wagten sich Lilla und Joan an den Aufstieg. Mittlerweile war es Mittag und auch in knapp eintausendfünfhundert Metern Höhe lag die Temperatur gefühlt über dreißig Grad Celsius. Hinzu kam ein heißer, böiger Wind, der regelmäßig Staubwolken aufwirbelte und den Frauen das Atmen erschwerte. Immer wieder sah Lilla auf ihre Uhr. „Wir sind fast da, Joan“ rief sie oft, um Joan aufzumuntern. Langsam aber sicher glaubte sie der Samedanerin nicht mehr. Joan bekam auch wieder Zweifel an Lillas Aufrichtigkeit. Was, wenn sie Joan in eine Falle führte? Nein, sie hatte ihr ja schließlich von Anfang an eine Waffe zugestanden. Oder hatte Lilla das getan, um Joan in Sicherheit zu wiegen? Schließlich bringt man niemanden um, der einen retten will. Lilla ging voran, Joan hätte ihr problemlos in den Rücken schießen können. Ja, sie würde sofort Lilla kaltblütig umbringen, ihr den Kommunikator abnehmen, mit Kat sprechen und den Rückweg antreten … und höchstwahrscheinlich der erstbesten Rebellenstreife in die Arme laufen, die Joan zu Kuolun zurückbringen würde. Was dann passieren konnte, mochte sich Joan nicht ausmalen. Wenn Lilla sie aber doch betrog? Joan starrte nur noch auf den felsigen und staubigen Pfad vor sich und nahm Lilla kaum noch wahr, so sehr war sie in ihre Gedanken vertieft. Urplötzlich rannte sie in Lilla hinein, die unvermittelt stehen geblieben war.
            „Hey, pass doch auf, Joan“, rief Lilla belustigt. „Nur noch um diese Kurve herum und wir sind da. Bereit, ein paar nette, hilfsbereite Leute kennenzulernen?“

            Joan hatte kaum noch Puste, um zu antworten, daher beschränkte sie sich aufs Nicken.

            „Na dann los!“, sagte Lilla und setzte sich in Bewegung. Als Joan um die Kurve herum kam, waren alle ihre Zweifel zerstreut. Auf dem Plateau hatte man ein kleines Dorf aus Blockhütten und Zelten aufgebaut. Kinder spielten zwischen Feuerstellen, Frauen wuschen Wäsche, einige Männer bereiteten Essen zu und dazwischen patrouillierten uniformierte Soldaten der regulären samedanischen Armee.

















            Kapitel 20


            Ezella Garnie stieg aus dem kleinen Shuttle und roch sofort die Luft erfüllt von Meeressalz und Fisch. Normalerweise hätte er an solch einem sonnigen Morgen im Spätsommer dieses Aroma genossen, allerdings fühlte er sich heute ausgesprochen schlecht und angespannt. Garnie war sehr früh aufgestanden und wurde von einem Piloten mit einer kleinen Polizeifähre abgeholt, um nach Fairhope zu fliegen, dem kleinen, verschlafenen Städtchen an der Küste der Mobile Bay im Süden des Bundesstaates Alabama. Garnie war auf dem Weg zu Katherines Eltern, um sie über die gegenwärtige Situation zu informieren. Garnie kannte Eve und Theodore Ballard seit nunmehr fast zehn Jahren, seit dem Zeitpunkt, an dem er Katherine von ihrem Posten als Ausbilderin an der Polizeiakademie von Westpoint ins Präsidium nach New York geholt hatte. Garnie schätzte Katherines Eltern im gleichen Maße wie seine Mitarbeiterin, daher fühlte er sich geradezu verpflichtet, ihnen in dieser schwierigen Zeit einen Besuch abzustatten.

            Garnie ging die halbe Meile vom Landeplatz zum Haus der Ballards zu Fuß. Hie und da bellte ein Hund von einem der angrenzenden Grundstücke, Gärtner bewässerten gepflegte Rasenflächen und Hausangestellte deckten Frühstückstische auf den Verandas. Fairhope gehörte zu den „besseren“ Wohngegenden im Süden Alabamas, in der sich die Einwohner den einen oder anderen Luxus leisten konnten, dabei aber nicht so abgehoben wirkten, wie zum Beispiel die Bewohner anderer Reichenviertel an der Ostküste oder in Kalifornien. Der Baustil der Häuser war geprägt von Schlichtheit und Simplizität, architektonisch angelehnt an den gleichen Stil, wie er seit über vierhundert Jahren in den Südstaaten gepflegt wurde: weiß mit einem schwarzen Dach, in der Regel zweigeschossig und mit einer in den Südstaaten üblichen Holzveranda davor. Die sturmfesten Außenwände aus Beton waren stets mit Holzpaneelen verkleidet, um den Häusern das typische Aussehen der Südstaatenarchitektur zu verleihen. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichte Garnie die mit hellen Kieselsteinen ausgelegte Auffahrt der Ballards. Eine schwarzhaarige Frau mittleren Alters hockte inmitten eines Blumenbeetes und jätete Unkraut. Sie trug eine kurze, rotweiß karierte Bluse, abgeschnittene Blue Jeans und ein rotes Kopftuch in den Haaren. Als sie Schritte in der Auffahrt hörte, drehte sie sich in diese Richtung und erhob sich. Obwohl es früh am Morgen und noch relativ frisch war, es war gerade kurz nach acht Uhr, stand ihr der Schweiß von der Gartenarbeit auf der Stirn. Eve Ballard hatte indianische Züge, ihre Vorfahren stammten von den in Alabama ansässigen Muskogee-Indianern ab. Sie hatte wie ihre Tochter langes, tiefschwarzes Haar, jedoch im Gegensatz zu Katherine einen milchkaffeebraunen Teint und dunkelbraune Augen. Für eine Frau von Mitte fünfzig wirkte sie überaus jugendlich, aus der Nähe betrachtet verrieten lediglich ein paar Falten um die Augen und Mundwinkel, dass sie nicht Katherines große Schwester war. Eve erkannte den hochgewachsenen, grauhaarigen Mann mit dem dichten Schnauzbart sofort. Sie ließ die kleine Harke fallen, zog die Gartenhandschuhe aus und lief freudestrahlend mit nackten Füßen über den Rasen auf Garnie zu. „Marshall Garnie! Ezella! Wie schön, Sie zu sehen!“, rief sie. Als Eve jedoch die besorgte Miene des Marshalls sah, erstarrte ihr Lächeln.
            „Ezella, warum schauen Sie so betrübt?“, fragte Eve fürsorglich. Als der alte Marshall tief durchatmete, ahnte sie das Allerschlimmste. „Ist etwas mit Kat? Ist ihr irgendetwas passiert?“ Panik machte sich in Eves Gesicht breit.

            Garnie nahm Eve in den Arm und drückte sie fest an sich. „Lassen Sie uns bitte reingehen, Eve. Ist Ted zuhause?“

            „Ja, er ist drinnen. Aber sagen Sie mir doch, was mit Kat ist! Ist sie … tot?“ Eves Gesicht war schreckensbleich.

            Sanft drückte Garnie Eve in Richtung Haus und die drei Stufen der Treppe zur Veranda hoch. „Ich weiß es nicht, Eve – noch nicht. Ich erwarte jede Sekunde Nachricht aus dem Samedi-System“, antwortete er mit belegter Stimme. „Hätten Sie eine Tasse Kaffee für mich, Eve?“

            „N-natürlich, Ezella. Gehen wir in die Küche.“ Lautstark rief Eve nach ihrem Mann, der mit schweren Schritten aus dem Wohnzimmer in die Küche gestapft kam. Der bullige, zwei Meter große Hüne begrüßte Garnie mit einem schweren Schulterklopfer und grinste bereit. Allerdings fror auch sein Grinsen ein, als er in die Mienen von Garnie und seiner Frau blickte.

            „Willkommen, Ez. Was führt Sie zu uns?“ Ted sah Eve an, die den Blick abwandte und mit zitternden Händen Kaffee in drei Tassen goss. „Eve? Was ist passiert? Ist was mit Kat, Ez?“

            „Eve, Ted, bitte setzen Sie sich“, sagte Garnie leise und setzte sich selbst auf einen der Küchenstühle. Er zog seinen Kommunikator aus der Tasche und legte ihn vor sich auf die Tischplatte. Eve stellte die Kaffeetassen klirrend auf den Tisch. Sie zitterte so sehr, dass ihre eigene Tasse überschwappte. „Ted, Eve. Ich habe schlechte Nachrichten aus dem Samedi-System. Auf der Tennessee hat es einen Aufstand gegeben, der allem Anschein nach im Zusammenhang mit den Unruhen auf Sameda II steht. Momentan weiß ich nicht, wie es um das Schicksal meiner Leute auf dem Kreuzer bestellt ist und somit auch nicht, wie es Katherine geht.“ Er deutete auf seinen Kommunikator. „Wir haben vor zwei Tagen einen sehr großen Kampfverband in das Samedi-System entsandt, um die für den Aufstand Verantwortlichen zu stellen. Der Verband ist vor wenigen Stunden dort eingetroffen. Ich stehe in direktem Kontakt mit dem Chef der Admiralität, Admiral Dubois und erwarte jede Sekunde einen Anruf mit Neuigkeiten.“

            Eve begann leise zu weinen, während Ted sich mit den Händen durch die Haare fuhr. „Meine kleine Fee …“, flüsterte er und vergrub sein Gesicht in seinen handtellergroßen Pranken. „Ich habe immer gewusst, dass so etwas irgendwann passieren wird. Am liebsten würde ich sofort dorthin fliegen und meine kleine Fee eigenhändig da raus holen.“ Ted sah Garnie mit Tränen in den Augen an. Der ehemalige, siegesgewohnte Profiboxer wirkte hilflos wie ein kleines Kind. „Was ist mit John? Weiß er es schon?“

            Garnie lächelte verhalten. „John wusste es als allererster in der Behörde. Er hat die ganze Rettungsaktion mehr oder weniger ins Leben gerufen. John ist an Bord des Flaggschiffes mitgeflogen und leitet die Rettungsaktion auf technischer Ebene, ursprünglich gegen meinen ausdrücklichen Willen. Aber ich habe eingesehen, dass ich ihn nicht festhalten konnte. Er wäre sonst ohne meine Erlaubnis gegangen.“

            Ted wischte sich eine Träne mit den Handrücken weg. „John ist ein guter Junge, willensstark und aufrichtig. Er verdient meine Tochter. Soviel ist sicher“, meinte er zwischen zwei Schlucken Kaffee, dann drückte er Eve fest an sich, die nun hemmungslos weinte. „Schschsch, Baby. Kat ist in Ordnung, das fühle ich“, flüsterte er seiner Frau ins Ohr.

            Garnie wünschte sich nichts sehnlicher, als Teds Worte bestätigen zu können, aber er hielt es für das Beste, einen Moment zu schweigen. Dann legte er seine Hände auf Teds Unterarm und sagte: „Wir tun alles Menschenmögliche, um Ihre Tochter und die anderen da raus zu holen. Joan ist auch an Bord der Tennessee. Ich mache mir mittlerweile selbst Vorwürfe, Katherine und Joan auf diese Mission geschickt zu haben. Eigentlich sollten die beiden lediglich einen Gefangenen verhören und mit nach Hause bringen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mir um die beiden Sorgen mache.“ Dass Katherine sich über die Befehle ihres Chefs hinweggesetzt hatte, verschwieg Garnie.

            Ted schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf. „Nein Ez, Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen. Katherine hat sich diesen Beruf ausgesucht und ich weiß, wie sehr sie ihre Arbeit liebt. Mir hat sie einmal gesagt, dass sie für kein Geld der Welt einen anderen Job machen wollte. Ich war auch nie dafür, dass sie zur Weltraumpolizei geht, aber sie war volljährig, als sie sich einschrieb und ließ es sich nicht ausreden. Kat war schon immer genauso stur wie ich. Mein Beruf als Boxer war auch nicht ungefährlich, das hat sie mir immer vorgehalten. Und ich kam, weiß Gott wie oft, völlig zerschlagen nach Hause, einmal sogar dem Tode näher als dem Leben. Noch einmal Ez, machen Sie sich keine Sorgen. Eve und ich sind die letzten, die Ihnen Vorwürfe machen würden. Schließlich hätte Kat ebenso gut zur Navy oder zu den Marines gehen können.“ Ted sah seine Frau liebevoll an, die ihrerseits mit einem schmerzvollen Lächeln nickte.

            In diesem Moment piepte Garnies Kommunikator. „Das ist die Admiralität. Sie entschuldigen mich kurz?“, fragte Garnie und ging mit dem Kommunikator in der Hand durch die offene Küchentür in den Garten hinaus. Ted und Eve hielten einander bei den Händen und sahen gespannt dem Polizeichef nach.

            „Das wird schon, Schatz“, flüsterte Ted. „Glaub mir, Kat ist in Ordnung.“

            Nach einer für Ted und Eve gefühlten Ewigkeit kam Garnie wieder durch die Küchentür hinein. Er kratzte sich am Hinterkopf und wirkte unschlüssig. Mit einem wechselnden Blick zwischen Katherines Eltern atmete er hörbar aus. „Eine gute und zwei schlechte Nachrichten. Die gute: Katherine lebt und sie ist in relativer Sicherheit – noch. Die schlechte: die Tennessee scheint stark beschädigt zu sein und droht jede Stunde auseinander zu brechen. Die zweite schlechte Nachricht: Joan wurde anscheinend entführt. Sie ist nicht mehr auf dem Schiff, sondern irgendwo auf Sameda II. Zwei Enterteams werden jeden Moment in Marsch gesetzt, um die Tennessee zu infiltrieren, sie kampfunfähig zu machen und Katherine und die anderen zu retten. John ist bei einem Team mit dabei. Mehr konnte man mir jetzt auch nicht sagen.“

            Ted sprang auf. „Kat lebt! Meine kleine Fee ist am Leben!“, rief er hocherfreut, hielt jedoch augenblicklich inne. „Was sagten Sie da gerade, Ez? Das Schiff, auf dem sie sich befindet, wird auseinanderbrechen? Was ist da passiert? Gab es einen Kampf?"

            Garnie zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung, Ted. Die Admiralität konnte mir dazu nichts Näheres sagen. Normalerweise gelten diese Schiffe als ausgesprochen robust. Sie haben nicht einmal eine Vermutung geäußert und ich verstehe von großen Kriegsschiffen zu wenig, um irgendwelche Spekulationen und Mutmaßungen auszusprechen. Ich vertraue jetzt erst einmal auf die Fähigkeiten von John und der beiden Enterteams. Man hat mir versichert, dass eine Elitetruppe an Bord geht, die ihr Handwerk versteht.“ Garnie wandte sich zum Gehen. „Ich muss nach New York zurück. Mir war es wichtig, dass Sie beide diese Information direkt von mir erhalten. Ich werde Sie über den Fortgang der Sache auf dem Laufenden halten, versprochen“, sagte er mit einen freundschaftlichen Lächeln.

            Eve löste sich aus der Umarmung ihres Mannes und trat auf den Marshall zu. „Ezella, Sie sind ein guter Freund der Familie, das waren Sie, seitdem wir uns kennen. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie uns nicht im Ungewissen gelassen haben.“ Sie nahm Garnie in den Arm und küsste ihn auf die Wange.

            Garnie sah Eve fest in ihre dunklen Augen. „Das versteht sich von selbst, Eve. Das ist das Mindeste, was ich für Sie beide tun kann.“

            Ted hatte sich ebenfalls vor Garnie aufgebaut und hielt ihm die große Pranke hin. „Danke, Ez“, sagte er nur mit traurigem Blick.

            Eve und Ted begleiteten den Marshall bis zur Auffahrt und sahen ihm noch lange nach, bis er hinter einer Kurve verschwunden war. Ted hatte einen Arm um seine kleine und zierliche Frau gelegt. Die Ballards hatten bisher ein ruhiges und idyllisches Leben geführt. Diese Idylle wurde jetzt durch einen Aufstand, der drei Lichtjahre von der Erde entfernt war, zerstört. Eve löste sich von ihrem Mann und begann, mit Tränen in den Augen, im Blumenbeet weiter zu arbeiten. Ted starrte mit leerem Blick die Straße hinunter, wo an der Pier die Masten von Segelbooten sanft in der Dünung schaukelten. „Kat …“, flüsterte er. „Bitte komm nach Hause, meine kleine Fee …“
            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

            Mission accomplished.

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              *Seufz*
              Ja ich kann Ted verstehen. Und Eve natürlich auch. Das ist schon schlimm das Ganze.
              Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
              Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
              Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                Die Ausbildung bei der Weltraumpolizei scheint ja echt gut zu sein“, brummte Lilla respektvoll.
                Genau solche Szenen liebe ich. Respekt, wie du so was beschreiben kannst.
                Endlich eine Joan, die auch mal zuhauen kann und darf.
                ZUKUNFT -
                das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
                Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
                Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                  So, es geht weiter mit Kat, Danny Vukovic und Rodriguez. Hiernach ist erst einmal für zwei Wochen Pause - Urlaub!

                  So langsam wird es spannend auf der Tennessee, und ungemütlich.


                  Katherine starrte gebannt durch die große Hangaröffnung ins Weltall hinaus. Ein zwei Kilometer langes Gitterkonstrukt mit unten angehängten, überdimensional großen, fassähnlichen Behältern hatte sich in ihr Sichtfeld geschoben und kam schwerfällig zum Stillstand. Aus dem Gitterrahmen lösten sich lange, teleskopartige Rohre, die sich langsam auf die Tennessee zubewegten. Der Abstand zwischen dem Schlachtkreuzer und dem Tanker betrug weniger als fünfhundert Meter. Für Katherine war das Schiff da draußen zum Greifen nah. Sie hörte schwere Stiefelschritte hinter sich und drehte sich um. Es war Lieutenant Commander Vukovic, die lässig mit den Händen in den Hosentaschen auf sie zu geschlendert kam. Vukovic hatte anscheinend wachfrei, denn sie trug die für die Piloten üblichen olivgrünen Hosen und die braune Fliegerjacke anstatt eines Pilotenoveralls. Eine Weile standen die beiden jungen Frauen schweigend nebeneinander, bis Vukovic sardonisch grinsend das Wort ergriff. „Hat der alte Gauner doch noch einen Tanker ergattert. Mich juckt es in den Fingern, in eine Broadsword zu steigen und dem Ölfass da drüben einen Torpedo in die Weichteile zu jagen.“

                  Katherine sah die jüngere Pilotin fragend an. „Wo ist das Problem? Da stehen doch genügen Maschinen rum?“

                  Vukovic verzog die Mundwinkel zu einem mitleidigen Lächeln. „Schätzchen, da drüben schwabbeln mindestens dreihundertachtzig Millionen Liter Treibstoff in einem halben Kilometer Entfernung. Wenn ich das Ding hochjage, ist das Letzte, was du siehst, wie der Lack von dem Tanker Risse bekommt. Und den Lichtblitz wird man noch auf der Erde sehen können.“ Vukovic übertrieb zwar maßlos, sagte aber die Wahrheit.

                  Katherine seufzte. „Okay, Schnapsidee. Verstehe. Ich frage mich nur, wann die endlich losschlagen.“ Mit „die“ meinte Katherine die kürzlich eingetroffene Einsatzgruppe. Das kurze Gespräch mit John ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. John hatte also alle Hebel und Räder in Bewegung gesetzt und sogar Hank Taggart aus dem Ruhestand in den aktiven Dienst zurückgeholt, nur um sie zur retten. John hatte sich von Anfang an als einfühlsamer und phantasievoller Mann und Partner gezeigt, der es immer wieder schaffte, Katherine zu überraschen und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas. Dass er allerdings so weit gehen würde und sein eigenes Leben an Bord eines Kriegsschiffes für sie riskierte, fand Katherine zwar unheimlich romantisch, sie hätte aber im Traum nicht daran gedacht, so etwas jemals von ihm zu verlangen.

                  „Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt“, meinte Vukovic. „Es würde mich nicht wundern, wenn Admiral Taggart Rodriguez die Tanker als Honigtöpfchen hingeworfen hat.“

                  Die Tanker? Da draußen ist noch einer?“, fragte Katherine. „Wo kommen die her?“

                  „Mmh, mmh“, machte Vukovic. „Die kommen mit Sicherheit von Sameda II oder III. Der zweite Tanker versorgt die Courageous und die Korvetten. Wir haben den Kurs, den Rodriguez genommen hat, mitgeplottet. Wir sind von der Asteroidenbasis wieder in Richtung Zentrum des Systems geflogen. Auf halbem Weg, ungefähr bei Sameda VI, war das Rendezvous mit den Tankern und im Moment befinden wir uns wieder in der Nähe des Asteroidenrings. Rodriguez wird die Tanker weiter ins Asteroidenfeld schicken, dort sind sie relativ sicher und selber wieder Kurs aufs Zentrum nehmen. Ich gehe davon aus, dass er den Kampf sucht.“

                  „Den er verlieren wird“, konstatierte Katherine. „Er kann doch nicht mit einer Handvoll Schiffen und einer kleinen Friedensbesatzung gegen eine komplette Flotte bestehen, oder?“

                  Danica Vukovic schüttelte den Kopf und ließ ihren dicken, feuerroten Zopf hin und her wirbeln. „Das sicher nicht, aber Commander Bernard hat die Vermutung geäußert, dass sich die samedanische Flotte Rodriguez anschließen wird.“

                  Katherine prustete belustigt. „… die aber nur aus ein paar alten Kreuzern und Zerstörern besteht.“

                  Vukovic lachte laut und kehlig auf. „Woher hast du das denn? Von Rodriguez? Ich sag dir was, Kat. Die samedanische Flotte ist verhältnismäßig klein, aber auf dem modernsten Stand der Technik. Sie besitzen Schlachtschiffe, Träger, große und kleine Kreuzer und hunderte von Raumjägern. Alles in allem vielleicht nicht ganz so gewaltig wie die terranische Flotte, aber durchaus kampfstark und nicht zu unterschätzen.“

                  Katherine stemmte die Hände in die Hüften, die latent arrogante Art der Pilotin ging ihr leicht auf die Nerven. „Und wo ist bitte diese Flotte, Miss Oberschlau?“, fragte sie mit gespielt gereiztem Unterton.

                  Vukovic, noch immer mit den Händen in den Hosentaschen, zuckte nur mit den Schultern. Das Getrappel von Stiefeln auf dem Stahldeck ließ die beiden Frauen herumfahren. Eine Gruppe von Piloten in voller Montur kam auf sie zugelaufen. Einer von ihnen trug einen zusätzlichen Helm und einen grauen Fliegeroverall in den Händen. Es war Peter. „Danny, los, zieh dich um! Es wird gleich Alarm geben! Wir brechen aus!“ Noch im Lauf warf er seiner Vorgesetzten den Helm zu.

                  Geistesgegenwärtig zog Danica ihre Fliegerjacke aus und reichte sie Katherine. „Hier Kat, pass drauf auf, bis das hier beendet ist. Wir sehen uns auf der anderen Seite. Du verschwindest jetzt besser von hier. Das wird gleich ziemlich laut!“

                  Katherine zog sich die Jacke an und trat einen Schritt auf Danica zu. „Viel Glück, Danny. Hals- und Beinbruch.“

                  Danica umarmte Katherine kurz und nahm von Peter den Overall entgegen. „Danke. Euch auch viel Glück. Seht zu, dass ihr heil hier rauskommt. Und jetzt hau ab!“

                  Katherine sah Peter fest in die Augen und packte ihn mit beiden Händen am Helm. „Dir auch viel Glück, Peter“, flüsterte sie. Da Katherine Peter wegen des Helms nicht auf die Wange küssen konnte, drückte sie ihm geradewegs einen dicken Kuss auf den Mund. Dann verließ sie im Laufschritt den Hangar.

                  Im selben Moment gellten die Sirenen. Aus dem Lautsprecher dröhnte die Stimme des wachhabenden Offiziers: „Alarmstart! Alarmstart! Hangardeck räumen! Anfliegende Raumjäger. Kennung terranisch! Alle Einheiten formieren sich mit den anfliegenden Jägern!“

                  Katherine hatte in einem Nebenraum des Hangars hinter einer dicken Panzerglasscheibe Schutz gefunden und beobachtete nun, wie die Broadsword Jagdbomber nacheinander mit brüllenden Triebwerken den Hangar verließen. Der Zeitpunkt des Ausbruchs war taktisch brillant gewählt. Bedingt durch die Tatsache, dass der riesige Tanker vor dem Hangar lag, konnten die Geschütze an der Steuerbordseite der Tennessee nicht feuern. Allerdings war der Start für die Piloten nicht ganz ungefährlich, sie mussten sofort nach Verlassen des Hangars in einen Sturzflug gehen und unter dem Bauch des Tankers herfliegen, um nicht an ihm zu zerschellen. Fünfhundert Meter waren unter diesen Verhältnissen und bei den Geschwindigkeiten der Jagdmaschinen nur ein kleines Nadelöhr. Nachdem das Dutzend Broadswords den oberen Hangar verlassen hatte, spien die Startrampen an Steuerbord unterhalb des Hangars weitere Broadsword und Super Sabre Jagdmaschinen aus. Innerhalb von weniger als sechs Minuten befanden sich zwei komplette Geschwader mit einhundertvierundvierzig Maschinen im Weltraum, die Kurs auf die terranische Einsatzgruppe nahmen, um sich mit ihr zu vereinigen.


                  Marijke hatte sich zu Katherine gesellt und ihr freundschaftlich einen Arm auf die Schulter gelegt. „Jetzt geht es los, Kat. Nervös?“, raunte sie.

                  Katherine sah die große Blondine an. „Scheiße, ja“, flüsterte sie und sah wieder hinaus. Draußen, auf dem Hangardeck, begannen Techniker die umstehenden Shuttles aufzutanken. Plötzlich ließ ein unheimliches, metallisches Rumoren Katherine und Marijke aufschrecken. „Was war das, Rijke?“, fragte Katherine mit aufgerissenen Augen.

                  „Ich habe keine Ahnung, aber ich fürchte, das bedeutet nichts Gutes …“, antwortete Marijke und sah durch die Scheibe. Die Techniker hatten das Geräusch anscheinend auch gehört, vor Schreck ihr Werkzeug fallen gelassen und sahen nun verstört hinauf zu der hohen Decke.



                  Rodriguez und der Brückenbesatzung standen ebenfalls der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Alle hatten das Geräusch soeben vernommen. Rodriguez hatte Schweißperlen auf der Stirn, seine Hand zitterte, als er sie in Richtung der Kommunikationskonsole ausstreckte. Captain Teppler, der neu ernannte Erste Offizier, war kreidebleich geworden. Das Rumoren hatte Übelkeit bei ihm ausgelöst. „Sir“, begann er mit bebender Stimme. „Es geht los. Der Spant bricht durch. Das Schiff stirbt, wir sollten evakuieren.“

                  „Halten Sie den Mund, Teppler!“, bellte Rodriguez zornentbrannt und erhob die Hand gegen Teppler. „Wenn ich Sie nicht vor versammelter Mannschaft ins Lazarett prügeln soll, halten Sie Ihr gottverdammtes Maul! Ich lasse mir nicht von Ihnen die Autorität untergraben, haben Sie das kapiert?“

                  Teppler senkte demütig den Blick, aber in seinem Inneren kochte es. Auch ihm hatte Rodriguez Reichtum und Wohlstand für die Zukunft versprochen, aber mittlerweile war sich der junge Captain gar nicht mehr so sicher, ob es das alles wert war. Er war kurz davor, gegen Commander Rodriguez aufzubegehren, ja, ihn eiskalt auf der Brücke zu erschießen und Commodore Becker wieder in den Kommandantenstand zu heben. Allerdings hätte Teppler allein den Versuch, seine Waffe zu ziehen schon mit dem Leben bezahlt. Überall auf der Brücke waren desertierte Space Ranger mit Gewehren postiert.

                  „Commodore“, kam der Ruf des Kommunikationsoffiziers, „wir haben Kontakt mit dem Kampfverband. Ich zähle dreiundzwanzig Schiffe, darunter ein Schlachtschiff der Republic-Klasse und zwei Schlachtkreuzer der Confederation-Klasse. Des Weiteren zwei große Flottenträger, ein Dutzend Kreuzer, sowie Zerstörer und Korvetten. Das ist fast ein Viertel der gesamten terranischen Marine, Sir. Sie gehen auf einen Angriffsvektor.“ Der Offizier sah auf seine Bildschirme, dann wieder zu Rodriguez. „Neue Kontakte, Sir! Je ein Geschwader Broadswords und Liberators, eskortiert von drei Geschwadern Super Sabres und Hawks. Sie fliegen ebenfalls Angriffskurs!“ Unruhe machte sich auf der Brücke breit. Die Stimme des Kommunikationsoffiziers wurde leicht panisch. „Sir, unsere Jäger und Jagdbomber verlassen die Hangars und nehmen Kurs auf die Angreifer.“

                  Rodriguez ballte die Fäuste. Das ging ihm alles zu schnell. „Logistik, wie ist der Status der Brennstoffübernahme?“

                  „Zwanzig Prozent, Sir“, antwortete eine junge Frau im Dienstgrad eines Fähnrichs.

                  Rodriguez ging im Geiste ein paar schnelle Berechnungen durch, dann fasste er einen Entschluss. „Die Tanker sollen ablegen und nach Vestara fliegen. Rufen Sie den Asteroiden, die Flotte soll sich in Marsch setzen. Gefechtsalarm! Befehl an die Korvetten, Keilformation vor dem Flaggschiff. Die Courageous soll ihre Jäger absetzen, Abfangkurs. Die Bomber sollen schwere Raketen laden und bleiben in Bereitschaft. Alle Mann auf Gefechtsstation!“ Sekundenbruchteile später gellten die Sirenen durchs Schiff.

                  Wieder meldete sich der Kommunikationsoffizier. „Commodore, das Flaggschiff des Kampfverbandes ruft uns. Es ist die Alabama. Der Befehlshaber will mit Ihnen sprechen und Ihnen die Möglichkeit zur Kapitulation anbieten.“

                  Rodriguez grunzte abfällig. „Kapitulation? Pah! Niemals. Wer ist der Befehlshaber überhaupt? Bestimmt nur ein Sesselfurzer aus der Admiralität, dem man kurz vor der Pension nochmal ein Kommando übertragen hat, was?“ Rodriguez hatte nicht bemerkt, dass er in diesem Moment selbst den Kanal an seiner Konsole geöffnet hatte.

                  „Hier spricht Rear-Admiral Hank Taggart an Bord des Schlachtkreuzers Alabama! Rodriguez! Wegen so einem kleinen Scheißkerl wie Ihnen hat man mich aus meinem Ruhestand in den Dienst zurückgeholt! Ich gebe Ihnen gleich Sesselfurzer!“, grollte Taggart und reckte eine Faust in die Kamera.

                  Rodriguez riss vor Schreck die Augen auf. „Carajo!“, entfuhr es ihm. Mit Taggart hatte er am allerwenigsten gerechnet. Aus eigener Erfahrung wusste Rodriguez, dass Hank Taggart ein großartiger Stratege war und mit Schlachtschiffen umgehen konnte wie kein anderer. Er hatte von Taggart gelernt, aber das, was Rodriguez von Taggart gelernt hatte, machte ihn vorhersehbar und er wusste, dass der alte Haudegen auch mit weniger Mitteln ein gefährlicher, unberechenbarer Gegner war. Rodriguez schaltete auf bewusst freundlich und leutselig, als er dem Befehlshaber antwortete. „Admiral Taggart, welch eine Freude, Sie hier zu treffen. Wie geht es Ihrer Familie?“

                  „Rodriguez, ich bin nicht hier um mit Ihnen Smalltalk zu halten, sondern Ihnen meine Bedingungen mitzuteilen. Sie hören mir jetzt genau zu. Sie übergeben mir auf der Stelle Ihre Einsatzgruppe und lassen sowohl Commodore Becker wie auch die gefangenen Polizisten frei. Unverzüglich, haben Sie das verstanden?“ Taggarts Stimme verriet, dass er nicht zu Scherzen aufgelegt war. „Außerdem will ich wissen, wo sich Lieutenant Joan Landor derzeit aufhält.“

                  „Es tut mir unsagbar Leid, Admiral“, antwortete Rodriguez mit gespielter Traurigkeit, „ich kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, wo sich Miss Landor derzeit aufhält. Ich habe sie zuletzt vor drei Tagen beim Offiziersball gesehen. Ich fürchte, sie hat das Schiff mit unbekanntem Reiseziel verlassen.“

                  „Rodriguez!“, grollte Taggart. „Hören Sie auf, mich zu verarschen! Wenn Sie nicht binnen fünfzehn Minuten meinen Forderungen nachkommen, sind Sie ein toter Mann! Sie haben fünfzehn Minuten, dann sind meine Bomber in Reichweite. Ach, noch was Hernando, wir wissen, dass der Rumpf der Tennessee kurz vor dem Kollaps steht. Es sieht nicht gut für Sie aus. Wenn Sie das Feuer auf uns eröffnen, sägen Sie an dem Ast, auf dem Sie sitzen. Noch können Sie alle unbeschadet das Schiff verlassen. Denken Sie darüber nach. Fünfzehn Minuten! Die Zeit läuft! Taggart Ende!“

                  Captain Teppler sah Rodriguez flehend an. „Sir, die wissen es auch schon. Bitte, Sir, lassen Sie uns aufgeben!“

                  „Teppler!“, schrie Rodriguez den Mann an. „Sagte ich nicht, Sie sollen Ihr dummes Maul halten?“ Er zog seine Blasterpistole und schoss Teppler kaltblütig aus nächster Nähe in den Kopf, dann verließ er die Brücke in Richtung seiner Kabine. „Lafayette! Sie sind ab jetzt die Nummer Eins! Sie haben die Brücke. Und lassen Sie Teppler wegschaffen.“

                  Als sich die Kabinentür hinter Rodriguez schloss, schlug er mehrmals mit dem Kopf gegen den Türrahmen. Dann sah er sich in der geräumigen Kommandantenkabine, die bis vor ein paar Tagen noch Commodore Becker bewohnt hatte, um. Sie war aufgeräumt und sauber. Der schwere, dunkle Schreibtisch aus edlen Hölzern war auf Hochglanz poliert, im Leder des üppig gepolsterten Drehsessels glänzte das Deckenlicht. Auf dem weichen Teppich war nicht ein Staubfussel zu finden. Auf der anderen Seite des Raums standen sich ein bequemes Bett und eine nicht minder komfortable dunkle Ledersitzgruppe gegenüber. Sämtliche Schränke waren in die Wände eingelassen und deren Holzverkleidungen funkelten um die Wette. Auf einem niedrigen Schrank hinter dem Schreibtisch thronte ein fast zwei Meter langes, detailgetreues Modell der Tennessee. In einem Regal seitlich des Schreibtisches fand Rodriguez eine Karaffe mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Rodriguez nahm sie, öffnete den Verschluss und schnupperte daran. Scotch. Rodriguez nahm ein Glas aus dem Regal und schenkte sich einen dreifachen ein, den er in einem Zug herunterschüttete. Er sah noch einmal hinüber zu der Koje. Vor dem Bettkasten standen Katherines Schuhe, auf dem weißen Bettbezug – ordentlich gefaltet und wie zum Hohn – ihre schwarzen Strümpfe. Offensichtlich hatte sich die Ordonnanz, die mit dem Reinigen der Kabine beauftragt war, einen Scherz erlaubt. Rodriguez würde sich dieser armen Seele später annehmen. Er stellte das leere Glas auf den Schreibtisch, ging zum Bett und nahm die Strümpfe in die Hand. Tief sog er Katherines immer noch vorhandenen Duft ein. „Katherine …“, flüsterte er. „Wenn ich hier nicht lebend rauskomme, dann wirst du es auch nicht, das verspreche ich dir!“ Er nahm Schuhe und Strümpfe und warf sie in den Abfallschacht. Dann ging er wieder zum Schreibtisch, goss sich einen weiteren Scotch ein, den er abermals in einem Zug austrank und ging wieder auf die Brücke. Auf dem Weg sah er auf die Uhr, in acht Minuten lief das Ultimatum ab.
                  Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                  Mission accomplished.

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                    Ooooahhh aaarmer Hot Rod. Eine runde Mitleid für den armen abgewiesenen Kerl. Hach ja... DA wird er noch lange zu knabbern haben, falls er überlebt
                    Und ja, ich hoffe, er wird es - DAS ist eine bessere Strafe für ihn, mit DEM Wissen weiterleben zu müssen.
                    Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                    Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                    Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                      Wann genau sind die 2 Wochen Sommerpause rum?

                      ... ungeduldig mit den Hufen scharrend.
                      ZUKUNFT -
                      das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
                      Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
                      Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                        Zitat von avatax Beitrag anzeigen
                        Wann genau sind die 2 Wochen Sommerpause rum?

                        ... ungeduldig mit den Hufen scharrend.



                        Wieso Sommerpause???
                        Hab´ich etwas verpasst?

                        Oder ist das am Ende eine MEUTEREI ?

                        Ich gehe mal davon aus, dass Nurara wieder auf ihren Posten zurückkehrt!
                        Entgegen der um sich greifenden Legendenbildung habe ich mein "altes" Forum nicht freiwillig verlassen! Tragischerweise muss man nun feststellen, dass es dieses Forum nicht mehr gibt! Warum wohl nicht? ;)

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                          Ja sie schrieb sie geht erstmal zwei Wochen in Sommerpause *g*. Wovon eine Woche schon vorbei ist und auch eine grünhaarige Lady vom Mars braucht mal Urlaub für die Schönheitspflege
                          Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                          Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                          Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                            Übernächste Woche bin ich ja wieder da und dann wird weiter gemeutert. Grüße aus fuerteventura!
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                              Huhu! Ganz liebe Grüße zurück! Lass es Dir gut gehen und bräune Deinen Luxuskörper für uns!!!
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                                Ohhhhhh mein Waschbär Bauch ist schon ganz schwarz und Grünschöpfchen ganz türkis am Kopf

                                - - - Aktualisiert - - -

                                Ohhhhhh mein Waschbär Bauch ist schon ganz schwarz und Grünschöpfchen ganz türkis am Kopf
                                Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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