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Captain Future - Meuterei

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    Kapitel 17


    „Befehl an die Courageous: klarmachen zum Ablegen!“, rief Rodriguez dem Wachoffizier zu. „Maschine, Triebwerke hochfahren und auf Stand-by bleiben. Halteklammern lösen, Manövriertriebwerke kleine Fahrt voraus.“

    „Jawohl, Commodore“, kam die Antwort vom Wachoffizier, der die Befehle an die entsprechenden Stationen weiter gab. Innerhalb weniger Sekunden erwachte der Kampfkoloss zum Leben und die leichten Vibrationen und das allgegenwärtige Brummen erfüllten das gesamte Schiff. Quälend langsam bewegte sich die Tennessee vorwärts. Es musste ein Sicherheitsabstand zu den Installationen im Inneren Vestaras von mindestens zweihundert Kilometern eingehalten werden, bis die vier mächtigen Haupttriebwerke gezündet werden durften. Dazu brauchte die Tennessee mit den Hilfstriebwerken etwa zehn Minuten bei voller Fahrt und war dann in unmittelbarer Nähe des riesigen Tors.
    Rodriguez liebte die Vibrationen des Schiffes unter seinen Füßen. Ein Raumschiff, elegant wie die Tennessee, hatte für ihn etwas Vergleichbares wie mit einer Frau. Groß, stark, schön anzusehen und kraftvoll und gefährlich – so wie Katherine, an die Rodriguez in diesem Moment sehnsüchtig dachte, stark war seine Begierde nach dieser schönen Frau.
    Viele Decks unterhalb der Brücke waren die Vibrationen erheblich stärker. Und diese starken Vibrationen hatten Auswirkungen. Der mikroskopisch feine Riss im Inneren des Schotts zum Polizeitrakt wurde schnell stetig größer. Als die Tennessee durch das Tor flog, hatte der Riss schon mehrere Millimeter erreicht und breitete sich weiter aus, als die Haupttriebwerke ihre Arbeit aufnahmen. Nach nur einer Stunde Flugzeit hatte der Riss eine Länge von fünf Zentimetern erreicht und war bereits von außen sichtbar, wenn man denn nach oben auf das Schott schaute.
    Niemand schaute dort hin, jedenfalls nicht im Moment.

    Rodriguez hatte den Befehl zum Auslaufen gegeben, weil er von der samedanischen Rebellenregierung in Kenntnis gesetzt worden war, dass man zwei Tanker in Marsch gesetzt hatte, um den Verband mit Treibstoff zu versorgen. Was Rodriguez in diesem Moment jedoch noch nicht wusste, war, dass die terranische Flotte, die sich bereits im System befand, die Tanker abgefangen hatte. Erschwerend kam hinzu, dass auch Kuolun auf Grund dieser Umstände auf Sameda II festsaß.



    Unbemerkt waren Curtis und Nurara aus dem Asteroidenring verschwunden und unbehelligt auf dem Flottenträger King William gelandet. Eine kleine Fähre brachte die beiden hinüber zur Alabama, wo sie von einer Ordonnanz auf die Brücke geleitet wurden. Curtis gab sich relativ gelassen, wohingegen Nurara sich in Gegenwart so vieler Soldaten sichtlich unwohl fühlte. Die Anspannung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
    Admiral Taggart begrüßte Curtis mit einer großen väterlichen Geste. „Da sind Sie ja, Captain! Willkommen an Bord.“ Er betrachtete Nurara einen Moment von oben bis unten und streckte ihr seine große Pranke hin. „Und Sie sind?“

    „Nurara“, antwortete sie knapp aber bestimmt, während sie ihm die Hand schüttelte.

    „Nurara!“, rief Taggart aus. „Ich habe Ihren Prozess verfolgt und Sie fast nicht wiedererkannt. Schrecklich, dieser Vorfall. Sie haben mein vollstes Mitgefühl.“

    „Danke, Sir“, antwortete Nurara mit einem knappen Kopfnicken. „Es wäre mir ganz lieb, wenn wir dieses Thema beiseitelassen könnten.“

    „Natürlich. Es tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten“, gab Taggart verständnisvoll zurück. „Wollen wir dann zur Tat schreiten? Der Stab wartet schon im Einsatzraum. Bitte, hier entlang.“

    Als Taggart mit seinen Gästen den Einsatzraum betrat, sprangen sämtliche Offiziere auf und salutierten. Auch John und Maggie de Havilland waren anwesend. Taggart stellte der Reihe nach seine Offiziere vor und es wurde ein kurzer Smalltalk gehalten. John ging auf Nurara zu und sah sie zögerlich an. Er wusste nicht genau, wie er ihr gegenübertreten sollte, denn auch er war sich nicht sicher, ob Nurara nicht doch etwas mit dem Absturz auf Airam IV zu tun hatte. Nurara hingegen freute sich, ein bekanntes Gesicht zu sehen. „Hi John“, flüsterte sie und nahm den großen Mann mit den sanften braunen Augen fest in den Arm. „Wir finden Kat, versprochen!“

    „Warum bist du hier, Nurara?“, fragte John skeptisch. Er wollte schon sagen, dass er prima alleine klar kommen würde, brachte es jedoch nicht fertig, diese Worte auszusprechen.

    Nurara legte ihre Hände auf Johns Schultern. „Weil ich nicht will, dass es dir so geht wir mir, John. Ich liebe Kat, als wäre sie meine Schwester. Und ich sehe doch, wie du leidest.“

    „Meine Damen, meine Herren, darf ich Sie dann bitten, Platz zu nehmen?“, rief Taggart vom Ende des langen Besprechungstisches. „Fangen wir an!“

    Die Besprechung lief diszipliniert ab, während der Schlachtplan bis ins kleinste Detail ausgearbeitet wurde. Sobald die Tennessee auftauchte, sollten Jägerstaffeln des Einsatzverbandes die gegnerischen Jäger in Zweikämpfe verwickeln und ihrerseits anfliegende Bomber und die Korvetten abfangen. Die eigenen Bomber wurden darauf angesetzt, die Waffen der Tennessee und der Courageous auszuschalten und dabei möglichst wenig Schaden an den Schiffen anrichten. Der Plan war, sobald die Waffen schwiegen, Angriffsshuttles zu starten und mit Space Marines die Schiffe zu stürmen. Während der Zweikämpfe im All sollte sich unbemerkt das Teardrop hinter die Kampflinie schmuggeln und im Triebwerksbereich der Tennessee andocken, Colonel Marko mit ihrem Team, sowie John an Bord gehen lassen und den Schiffscomputer sabotieren. Der Anflug auf die Tennessee war dabei das schwierigste an der Mission. Das Teardrop konnte zwar den größten Teil der Reise fast unsichtbar fliegen, da es antriebslos und sich nur durch die eigene Trägheit vorwärts bewegte, aber im Endstadium des Anfluges durchaus entdeckt werden konnte, wenn es seine Triebwerke zündete. Darüber hinaus war das Teardrop völlig unbewaffnet.

    „Captain de Havilland“, brummte Elena Marko skeptisch und spielte mit einer schwarzen Haarsträhne. „Erklären Sie mir bitte, wie Sie uns rüberbringen wollen. Ich habe echt keine Lust, von den Triebwerken gegrillt zu werden. Wie fit sind Sie überhaupt auf dem Teardrop? Sind Sie das Ding überhaupt schon mal geflogen?“

    Maggie erhob sich und rief auf dem Holoprojektor eine schematische Darstellung einer Gefechtssituation auf. „Ich kann das Baby fliegen, wenn Sie das meinen, Ma‘am“, antwortete Maggie gut gelaunt. „Fliegt sich leichter als eine Liberator. Ich habe etwa dreißig Stunden im Simulator zugebracht und verschiedene Anflugoptionen ausgearbeitet.“

    „Aha, Simulator also?“, gab Marko säuerlich zurück. „Ich vertraue also das Leben meiner Leute Ihrer Simulatorerfahrung an?“ Marko sah in die Runde. „Na das ist doch mal eine erfreuliche Nachricht! Aber bitte, Captain, fahren Sie doch fort!“

    John, der zwischen Nurara und Lieutenant Colonel Scott, Markos Stellvertreter, saß, beugte sich zu ihm und flüsterte: „Ist die immer so negativ?“

    Scott blinzelte und grinste John an. Flüsternd antwortete er: „Die hat heute sogar einen guten Tag …“

    Maggie ging auf Markos Spitzfindigkeit nicht weiter ein und startete in der Projektion eine Animation. „Ich zeige Ihnen jetzt die optimale Anflugroute. Wir befinden uns hier, der Gegner hier. Wir lassen uns mit dem Katapult von der King William auf einen bogenförmigen Kurs in Richtung Ziel schleudern und fliegen außen um die zentrale Kampfzone herum. Das wird eine ruhige und gemütliche Reise von etwa zehn Minuten.“ Maggie zoomte in die Projektion hinein und vergrößerte die Ansicht um die Tennessee. „Ich beabsichtige, das Ziel oberhalb vom Heck her anzufliegen und dann im Sturzflug auf die Oberseite zu fliegen und dicht über der Oberfläche wieder in die Waagrechte zu kommen. Dann werfe ich sozusagen den Anker, bis unsere Vorwärtsgeschwindigkeit nur knapp unter der des Ziels liegt. Wir lassen uns gewissermaßen treiben. Da wir relativ dicht über dem Rumpf fliegen, ist das Risiko, entdeckt zu werden, ziemlich gering.“

    „Wie dicht ist relativ dicht?“, fragte Scott interessiert.

    „Weniger als fünf Meter unter unserem Kiel“, antwortete Maggie wissentlich grinsend wie aus der Pistole geschossen. Den Anwesenden fielen die Kinnladen herunter.

    „Das ist doch irrsinnig, Captain!“, rief Marko entgeistert. „Das schaffen Sie nie! Fliegen Sie weiter Ihren grobschlächtigen Bomber!“ Zustimmendes Gemurmel erhob sich von einigen Plätzen. John war bleich geworden, Nurara hatte skeptisch die Augenbrauen zusammen gezogen, selbst Curtis schüttelte leicht den Kopf.

    Maggie ließ sich nicht beirren. „Colonel, das was Sie grobschlächtig nennen, ist in der Tat ein Präzisionsinstrument, wie ein Laserskalpell. Ein geschulter Liberatorpilot kann in zwei Metern Flughöhe über Grund bei einer Geschwindigkeit von fünfhundert Kilometern pro Stunde Minen zentimetergenau platzieren.“

    „Da muss ich Captain de Havilland zustimmen, meine Damen und Herren“, rief Commander Julia Malinovka, Maggies Geschwaderkommandantin, mit schwerem slawischem Akzent. „Captain de Havilland hat mehrfach in der Vergangenheit solche Manöver erfolgreich durchgeführt. Ich vertraue ihr, Colonel.“ Malinovka sah Marko fest ins Gesicht. „Und ich würde mich freuen, Colonel, wenn Sie unserem Arbeitsgerät etwas mehr Respekt entgegen bringen würden. Machen Sie weiter, Maggie!“

    Marko zog eine schiefe Grimasse, ähnlich schief wie ihre Nase. „Danke, Commander!“, antwortete Maggie mit einem breiten Grinsen. Die Bestätigung ihrer Kommandantin gab ihr Oberwasser. „Wie gesagt, wir lassen uns treiben, bis wir wieder am Heck sind, dann drücke ich die Nase etwas nach unten und docke zwischen Triebwerk zwei und drei an. Ein Kinderspiel!“

    Taggart kraulte sich seinen kurzen grauen Bart und schürzte die Lippen. „Gewagt, Captain. Sehr gewagt. Aber wenn Commander Malinovka ein derart großes Vertrauen in Sie steckt, habe ich keine Zweifel an Ihren Fähigkeiten. Welche Alternative haben Sie noch?“

    Maggie rief eine zweite Simulation auf, in der das Teardrop an verschiedenen Stellen außenbords andockte. Maggie bewertete alle Möglichkeiten nach den Gefahren entdeckt und abgeschossen zu werden oder beim Betreten der Tennessee gleich in die Arme der Meuterer zu laufen. „Insgesamt betrachte ich die erste Variante als sicherste.“ Maggie sah jeden einzelnen in der Runde an und blieb mit ihrem Blick zum Schluss bei Elena Marko hängen. „Colonel, mein Rufname ist Goddess und diesen Namen habe ich nicht bekommen, nur weil ich ein hübsches Mädchen bin. Ich will auch heil wieder nach Hause kommen, das können Sie mir glauben.“ Maggie zwinkerte John zu. „Vertrauen Sie mir und meinen Fähigkeiten.“

    Marko rang sich ein Lächeln ab. „Okay, Captain de Havilland. Machen wir es wie Sie sagen. Aber ich warne Sie, wenn das schiefgeht, sehen wir uns in der Hölle wieder, und dann reiße ich Ihnen so den Arsch auf, dass selbst dem Leibhaftigen Angst und Bange wird!“

    Ein entspanntes Lachen erfüllte den Raum. Nachdem etwas Ruhe eingekehrt war, deutete Taggart grinsend auf John. „Okay, Captain. Jetzt sind Sie dran. Erklären Sie uns Ihren Plan!“

    John erhob sich von seinem Stuhl und rief am Holoprojektor den Querschnitt eines Schlachtkreuzers der Confederation-Klasse auf. Mit einem kleinen Laser-Zeigegerät markierte er vier Punkte, die über das Schiff verteilt waren. Er räusperte sich und begann. „Meine Damen und Herren, Sie werden entschuldigen, aber ich bin leider kein großer Redner. Ich will versuchen, Ihnen mein Vorhaben so einfach wie möglich zu erklären und Ihnen irrelevante Details zu meiner Aufgabe weitestgehend zu ersparen. Sie sehen hier vier Markierungen. Diese Markierungen sind Computerterminals, die direkten Zugriff auf den Zentralcomputer hier“, John markierte einen fünften Punkt in der Schiffsmitte, „ermöglichen. Es gibt auf dem Schiff mehr als zwanzig dieser Terminals, aber wir müssen nur vier davon erreichen. Meine Aufgabe wird es sein, an jedem der vier Terminals eine Art Computervirus einzuschleusen. Mit jedem erfolgreichen Upload wird der Zentralcomputer einige seiner Dienste einstellen. Wenn ich den letzten Terminal erfolgreich geknackt habe, kann ich die volle Kontrolle über das Schiff übernehmen, beziehungsweise es von hier fernsteuern lassen.“

    „Wenn der Computer einmal lahmgelegt ist“, warf Lieutenant Commander Trevor, die attraktive brünette Sicherheitschefin, ein, „können die Enterkommandos von allen Seiten an der Tennessee gefahrlos andocken und den Laden aufräumen.“ Tatsächlich gab es an der Tennessee mehr als dreihundert Außenluken, an denen kleine Schiffe andocken konnten. Jedes Angriffshuttle, das der Einsatzverband mit sich führte, konnte einhundert Soldaten fassen. Der Flottenträger Ark Royal trug in seinem Bauch vierhundert dieser kleinen Raumschiffe und in diesem Moment gingen von zwei Truppentransportern mehr als fünfzehntausend Soldaten an Bord des Trägers. „Die Stürmung des Schiffes wird ein Spaziergang, nicht wahr, Colonel Marko?“ Trevor grinste Marko breit an.

    Elena Marko nickte beflissen. „Ja, sicher. Dazu müssen wir aber erst einmal die Tennessee vom Heck bis zum Bug über mehrere Decks infiltrieren. DAS wird kein Spaziergang, schon gar nicht, wenn ich einen Badegast dabei habe.“ Beim Wort „Badegast“ sah sie John leicht spöttisch an. Dieser Begriff war unter den Marines für unausgebildete Teammitglieder geläufig, die keine Kampferfahrung hatten. „Aber wie ich Ihnen schon sagte, das kriegen wir hin, John. Wir müssen nur ohne Beulen oder Brandblasen ankommen.“ Marko warf einen sarkastischen Seitenblick auf Maggie de Havilland, die darauf nur mit einem gespielten Lächeln antwortete.

    „Meine Damen, hören Sie auf, sich schon vor dem Einsatz zu zerfleischen! Es reicht!“, rief Taggart streng. Er war ein Offizier der alten Schule und hasste es, wenn sich Offiziere, gleich welchen Geschlechts, in leitenden Positionen mit ihren Animositäten gegenseitig das Leben schwer machten. Seiner Meinung nach waren es gerade weibliche Offiziere wie Marko, Malinovka und Trevor, die sich gerne gegenseitig auszustechen versuchten.
    In diesem Moment trat ein junger Unteroffizier in den Einsatzraum, salutierte vor Admiral Taggart und raunte ihm etwas ins Ohr. „Danke, Midshipman“, brummte Taggart nur und erhob sich. Er blickte einen kurzen Moment in die Runde und sagte mit ernster Stimme: „Die Tennessee ist soeben mit ihren Geleitschiffen gesichtet worden. Gefechtsbereitschaft herstellen. Es geht los!“ Als die Offiziere den Einsatzraum verließen, rief Taggart Curtis zu sich. „Captain, auf ein Wort bitte!“

    „Natürlich, Admiral, was gibt es?“, fragte Curtis neugierig. Nurara und John standen derweil an seiner Seite.

    „Captain, ich kann Ihnen, da Sie Zivilist sind, keine Befehle erteilen, aber ich möchte Sie und Sie, Nurara, eindringlich bitten, sich während der Kampfhandlungen rauszuhalten. Wie gesagt, ich kann Ihnen das nicht befehlen, sollten Sie jedoch in die Schusslinien geraten, kann ich keine Garantie für Ihre Sicherheit übernehmen. Das ist Ihnen klar? Das hier ist in erster Linie eine militärische Operation, in der es darum geht, einen Hochverräter zur Strecke zu bringen. Risiken, die Sie eingehen, tragen Sie vollumfänglich selbst.“

    Nurara nickte stumm, als Curtis antwortete. „Natürlich, Admiral. Wir sind uns der Gefahren völlig bewusst und werden uns selbstverständlich raushalten.“ Er warf einen Seitenblick auf Nurara und zwinkerte ihr zu, was Taggart natürlich mitbekommen musste.

    Taggart kratzte sich am Hinterkopf. „Captain, Sie wären nicht der, der Sie sind, wenn Sie mir nicht gerade einen dicken Bären aufgebunden haben. Also, was haben Sie vor?“, fragte er mit einem verschwörerischen Grinsen.

    Curtis grinste auf die gleiche Art und Weise zurück. „Ich gehe gleich an Bord der Comet und werde mir die Tennessee mal aus der Nähe ansehen. Ich habe einen neuentwickelten Prototyp eines DNA-Scanners an Bord, den ich bei dieser Gelegenheit mal auf Herz und Nieren testen werde. Ich will wissen, ob Joan und Katherine noch an Bord und ob sie überhaupt noch am Leben sind.“ Beim letzten Satz wurde Curtis schlagartig ernst.

    „Verstehe“, brummte Taggart. „Seien Sie um Himmels Willen vorsichtig. Sie legen sich mit einem übermächtigen Gegner an. Eine kleine Unachtsamkeit und Sie und Ihr Schiff sind Weltraumstaub.“ Taggart wandte sich Nurara zu. „Was ist mit Ihnen, Missy? Sie hatte ich bis vor einer Stunde gar nicht auf dem Plan. Gehen Sie mit?“

    Nurara schüttelte ihre schwarzgefärbte Mähne. An ihrem Haaransatz war schon wieder das erste grün ihrer eigenen Haarfarbe zu erkennen. „Nein, Admiral. Ich habe mich kurzfristig entschieden, hier zu bleiben und mich Colonel Markos Team anzuschließen. Infiltrationen sind mein Spezialgebiet.“

    Taggart schüttelte energisch den Kopf. „Tut mir leid, aber das kann ich nicht zulassen! Colonel Marko würde Sie auf keinen Fall mitnehmen. Zu gefährlich!“

    Nurara wollte protestieren, aber John legte ihr mahnend eine Hand auf den Unterarm. „Er hat Recht, Nurara, denk an Jelana. Wenn etwas schief geht, ist sie eine Waise.“

    Böse funkelte Nurara John an. „Was weißt du schon, John?“, zischte sie. „Ich schulde Katherine etwas. Sie hat mich aus der Scheiße herausgeholt. Ohne sie wäre Jelana vielleicht gar nicht auf der Welt. Ich will ihr etwas von dem zurückgeben, was sie für mich getan hat. Und keiner wird mich davon abhalten, weder du, noch Curtis noch Admiral Taggart. Kapiert?“ Sie deutete nacheinander auf die drei Männer. Ihre Miene ließ eindeutig keinen Widerspruch zu. „Und wenn ihr mich versucht davon abzuhalten, gehe ich auf eigene Faust. Wäre nicht das erste Mal für mich, klar?“

    Resigniert zuckte John mit den Schultern. „Wenn du meinst … aber du schuldest Kat nichts. Sie gibt lieber, als dass sie nimmt. Das weißt du!“, seufzte er und warf einen fragenden Blick auf den Admiral. Dieser wog den Kopf hin und her.

    „Also gut, Miss Nurara. Mir ist bekannt, dass Sie so einige Fähigkeiten besitzen, von denen mancher Space Ranger nur träumen kann. Meine Genehmigung haben Sie. Wenn aber Colonel Marko der Meinung ist, dass Sie bei diesem Einsatz nichts verloren haben, bleiben Sie hier, kapiert? Ihr Schiff lasse ich an die Kette legen. Wenn Sie mitgehen dürfen, werden Sie sich strikt an die Anweisungen von Marko und Scott halten, habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?“, grollte Taggart und drohte mit dem Zeigefinger. Vor der Autorität, die Taggart ausstrahlte, knickte sogar Nuraras Selbstbewusstsein ein klein wenig ein.

    „Ja, Sir, das haben Sie. Danke“, antwortete Nurara ungewöhnlich kleinlaut.

    „Gut, dann wünschen wir uns allen viel Glück. Und passen Sie bitte auf sich auf!“, rief Taggart und verließ den Einsatzraum.

    „Puh, das war eine Ansage“, flüsterte Nurara. „Taggart erinnert mich ein bisschen an meinen Vater, nur viel sympathischer. Taggart lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen.“

    „Kein Wunder“, antwortete Curtis belustigt. „Er hat das Kommando über mehr als fünfzigtausend Leute. Da muss man Ansagen machen können. Dieser Mann ist bewundernswert.“

    „Ich wünschte, ich hätte so einen Mann als Vater gehabt, Nurara“, fügte John sentimental hinzu. „Na komm, lass uns Colonel Marko mal die freudige Botschaft überbringen, dass sie noch einen Badegast hat.“

    Nurara ließ sich zu einem teuflischen Kichern hinreißen. „Die wird ausrasten.“ Sie zog ihre Handschuhe aus und stopfte sie in die Taschen ihrer Lederjacke. Dann legte sie einen Arm um John und wuschelte ihm zärtlich durch sein hellbraunes Haar. „John, ich weiß genau, dass du mich vielleicht nicht sonderlich magst, aber ich mag dich dagegen sehr und ich habe eine Bitte an dich. Können wir vielleicht versuchen, in den nächsten Stunden und Tagen irgendwie miteinander auszukommen? Wir kämpfen für das gleiche Ziel.“

    John schaute über Nuraras Schulter hin zu Curtis, der ihm aufmunternd zunickte. John sah zurück zu Nurara und in ihre wasserblauen Augen. Einen Moment verharrte sein Blick, dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Also gut. Aber behaupte nie wieder, ich würde dich nicht mögen, okay?“
    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

    Mission accomplished.

    Kommentar


      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
      „Ja, Sir“, antwortete sie glucksend. „Was sollte ich tun? Ich bin nur eine schwache, kleine Frau …“ Katherine beendete den Satz mit einem herzerweichenden Augenklimpern.
      Ich schmeiß mich weg. Ausgerechnet Kat deren zweiter Vorname lautet "Ich bin ein böses Mädchen und mache nur Ärger".

      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
      „Zuzusehen, wie sich zwei Männer Ihretwegen prügeln, macht Ihnen Spaß?“, fragte Peter erschrocken.Katherine lächelte.
      SCHLÄGEREI!!!

      Yes, yes.


      Super Sascha! Weiter so.
      Sorry, daß ich mich nur selten melde, aber ich lese zur Zeit an mehreren "Baustellen", das wird sonst zu unübersichtlich. Also lese ich hier immer ganze Blöcke.

      Ganz ehrlich?
      Im Falle einer Verfilmung - nur so theoretisch - wäre das schon lange kein Film mehr, sondern eine ganze Serie mit mindestens 2 Staffeln.
      ZUKUNFT -
      das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
      Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
      Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

      Kommentar


        Das wäre endlich mal 'ne interessante Serie! Aber, Sascha - wenn jemand wegen der Filmrechte anklopft, lass dich auch prozentual an allem Merch etc. beteiligen
        Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
        Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
        Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

        Kommentar


          Na ja, eine Verfilmung würde schon an den Gagenforderungen meines Wunschcasts scheitern...


          „Scheiße!“, brüllte Rodriguez wutentbrannt quer über die Brücke. Die Nachricht des Langstreckenaufklärers hatte ihm den Kragen endgültig platzen lassen. Kuolun war verschwunden, ein großer Kampfverband im Samedi-System eingetroffen und die zwei Tanker aufgebracht worden. Rodriguez besaß nur noch für etwa dreißig Stunden Treibstoff bei mittlerer Fahrtstufe. Bei voller Fahrt wären die Vorräte bereits innerhalb von sechs bis acht Stunden restlos aufgebraucht. Dem Träger Courageous ging es nicht anders. Der Kommandant, Commander Walker, hatte seinerseits schon vor Tagen einen niedrigen Treibstoffstand gemeldet. Mit siebenhundert Metern Länge nur etwas mehr als halb so groß wie die Tennessee, hatte der Geleitträger einen ungleich höheren Treibstoffverbrauch als der Schlachtkreuzer. Walker hatte gemeldet, dass er bestenfalls noch achtzehn Stunden bei mittlerer Fahrt mithalten konnte. „Jägerkommando, Befehl an die Courageous. Zwei Bomberstaffeln mit Ionenwaffen bestücken, zwei Staffeln Sabres sollen sie begleiten. Holen wir uns die Tanker zurück. Ausführung!“

          Drei Minuten später schossen achtundvierzig Raumjäger mit Höchstgeschwindigkeit aus dem Bug der Courageous heraus und verschwanden in der Dunkelheit des Alls. Captain Teppler hatte sich neben Rodriguez gestellt und sah ebenfalls den Raumjägern nach. Rodriguez hatte ihn aus dem Augenwinkel wahrgenommen. „Na, Teppler? Was gibt es vom Hangar? Haben Sie wenigstens eine gute Nachricht für mich? Ich könnte mal etwas Aufbauendes gebrauchen.“

          Teppler zuckte mit den Schultern. „Nein, Commodore. Tut mir leid. Die Geschwader haben sich fest eingenistet, verbarrikadiert und Sprengfallen ausgelegt. Mit jedem Zugriffsversuch verlieren wir mehr Leute. Wir haben bereits fünfunddreißig Tote und sechzig Verletzte. Die Decks um den Hangar herum sehen aus wie Schlachtfelder.“

          "Die Mission ist zum Scheitern verurteilt", dachte Rodriguez bei sich. "Wir können nur noch versuchen, hier mit heiler Haut heraus zu kommen." Dazu brauchte er jedoch den wertvollen Treibstoff der Tankschiffe, ansonsten wäre er hier gestrandet und würde kurzerhand von der terranischen Flotte zusammengeschossen. Allerdings dauerte das Betanken der Tennessee und der Courageous zwischen acht und zehn Stunden und diese Zeit hatte Rodriguez nicht. Die Lage begann prekär zu werden. Das Piepen von Tepplers Kommunikator riss ihn aus seinen Gedanken.

          „Biggs, was ist los?“, fragte Teppler. „Ja? Was? Verdammt! Ja, danke, Biggs!“ Teppler steckte sein Komm wieder in die Tasche. Dann senkte er den Blick und rieb sich die Nasenwurzel. „Scheiße“, flüsterte er nur.

          „Was ist los, Teppler? Sagen Sie nicht, wir haben noch eine schlechte Nachricht bekommen.“ Rodriguez packte Teppler an den Schultern und schüttelte ihn grob. „Reden Sie endlich, Mann!“

          Teppler musste einmal tief durchatmen. „Sir, die Sprengung des Schotts im Polizeitrakt hat Schäden an der Schiffsstruktur hervorgerufen. Es ist ein Riss im Kernspant aufgetreten, der sich durch die Vibrationen stetig vergrößert. Biggs sagte, man könne den Riss förmlich wachsen sehen.“

          Rodriguez‘ Mundwinkel zuckten einen Moment. „Wie schwer ist der Schaden? Lässt sich das reparieren?“

          „Der Leitende Ingenieur ist bereits mit einem Trupp vor Ort und begutachtet den Schaden. Er wird sich gleich melden. Aber es sieht wohl nicht gut aus, Sir.“



          „Drei Tage“, dachte Joan. „Ich habe drei Tage, um hier heraus zu kommen.“ Wie ein Tiger im Käfig ging sie in der großen Suite auf und ab. Sie hatte bereits alle möglichen Orte in den Räumen der Suite nach Wanzen und Kameras abgesucht und nichts gefunden. Entweder war der Raum nicht verwanzt oder die Abhörgeräte waren so genial versteckt, dass sie sie einfach nicht finden konnte. Joan vermied es dennoch, Selbstgespräche zu führen, somit fuhren die Gedanken in ihrem Kopf regelrecht Achterbahn. Die Fenster der Suite waren verdunkelt, sodass Joan nicht hinaus sehen konnte, nur an einer Digitaluhr an der Wand konnte sie die Tageszeit bestimmen. Es war weit nach Mitternacht und Joan fühlte sich über alle Maßen erschöpft. Joan hatte den Wein bereits komplett ausgetrunken, was ihrer Müdigkeit noch weiter zusetzte. Den mit Speisen reich gedeckten Tisch hatte ein Hotelpage im Beisein eines Rebellensoldaten abgeräumt und dabei äußerst genau das Besteck nachgezählt. Joan war keine Möglichkeit geblieben, wenigstens ein stumpfes Messer oder eine Gabel verschwinden zu lassen.
          Irgendwann setzte sich Joan auf die komfortable Couch, später verfiel sie in eine bequeme Liegeposition und innerhalb kürzester Zeit war sie eingeschlafen.
          Ein Rumoren und ein dumpfer Rums ließ Joan eine gefühlte halbe Stunde später hochschrecken. Das Licht in der Suite hatte sich durch Bewegungsmelder selbstständig gedimmt, sodass Joan in einem schummrigen Halbdunkel wach wurde. Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass sie gute sechseinhalb Stunden geschlafen hatte, demnach war es in den frühen Morgenstunden. Wieder vernahm Joan ein dumpfes Poltern und dann ein Scharren. Anscheinend machte sich jemand an der Tür zu ihrer Suite zu schaffen. Langsam und vorsichtig rollte sich Joan vom Sofa herunter auf den flauschigen Teppichboden. Mit Bedacht, keine allzu hektischen Bewegungen zu machen, robbte Joan bäuchlings in Richtung Tür, wobei sie etwa fünf bis sechs Meter zurücklegen musste. Dabei durfte sie feststellen, dass sie außerhalb des Überwachungsbereichs des Bewegungsmelders blieb. Sie schaffte es im letzten Moment zum Türrahmen, wo sie in der Hocke sprungbereit verharrte, dann glitt die zweiteilige Hydrauliktür auf. Ohne darauf zu achten, wer sich Zutritt verschaffte, sprang Joan aus der Hocke hoch, legte den linken Arm um den Hals des Eindringlings, drückte mit der Elle zu und rang den Eindringling im Schwitzkasten zu Boden. Durch die heftigen Bewegungen des Kampfes schaltete sich das Licht ein. Joan hatte die Hände am Hals ihres Gegners, bereit zuzudrücken. Erschrocken riss sie die Augen weit auf und die Hände weg.

          „Lilla!“, keuchte sie atemlos. „Was in aller Welt machst du hier? Um ein Haar hätte ich dich umgebracht.“

          Auch die zu Tode erschrockene Lilla rang nach Luft. „Ich sagte doch, dass ich dir helfen werde“, presste sie unter Würgen hervor. „Ich schaffe dich hier raus, Joan, schnell wir müssen uns beeilen. Die Wachen sind fast alle ausgeschaltet, aber wir haben maximal zehn Minuten.“ Lilla deutete auf einen dick gepackten Rucksack, den sie mit sich führte. „Da ist deine Verkleidung drin, gehen wir ins Badezimmer.“

          Joan zog den Rucksack zu sich und öffnete ihn. Darin fand sie einheimische Frauenkleidung, ein kleines Täschchen mit Theaterschminke, eine Sprühdose mit schwarzer Farbe und einen dicken, lederartigen Sack.

          „Gehe ich recht in der Annahme, dass ich jetzt Samedanerin werde?“, fragte Joan skeptisch. „Dafür bin ich doch ein paar Zentimeter zu klein …“

          Lilla hatte sich aufgesetzt und rückte ihre schwarze Jacke zurecht. „Lass mich nur machen, Joan“, antwortete Lilla und bleckte ihre Zähne.

          Im Badezimmer räumte Lilla den Rucksack aus. „Zieh dich aus Joan, komplett bitte“, flüsterte sie. Als Joan einen Moment zögerte, griff Lilla beherzt nach Joans T-Shirt und zog es ihr mit einem Ruck über den Kopf. „Stell dich nicht so an, du siehst nackt nicht anders aus als ich!“ Daraufhin begann Joan sich selbstständig zu entkleiden, bis sie splitternackt vor Lilla stand. Lilla griff nach dem schweren Imitat eines Hautlappens und verglich die Farbe mit der der Sprühdose. „Das passt“, murmelte sie und schüttelte die Farbe auf. „Haare nach hinten und die Augen zumachen. Das ist eine Spezialfarbe, extrem abriebfest und wasserbeständig.“

          „Wie bekomme ich die Farbe wieder ab?“, fragte Joan ängstlich.

          „Das ist im Moment dein kleinstes Problem“, antwortete Lilla grinsend und begann Joan von Kopf bis Fuß mit der schwarz-braunen Farbe einzusprühen. „Trocknet sofort auf der Haut und hat die angenehme Eigenschaft, bei kühler Witterung die Körperwärme etwas zu halten, so als würdest du Strumpfhosen tragen. Umdrehen!“

          Als Lilla mit Joans „Lackierung“ fertig war, reichte sie ihr den Hautlappen. „Hier, schlüpf rein. Zieh ihn so an, dass er auf deinen Hüften eng anliegt.“

          Der künstliche Hautlappen fühlte sich gummiartig an und war wirklich sehr schwer. „Was ist das für ein Material?“, wollte Joan wissen.

          „Prichta-Haut. Prichtas sind große, dickhäutige Säugetiere, die zum Teil noch in der Landwirtschaft oder als Lasttiere eingesetzt werden. Sie sind ziemlich dumm und obendrein ungenießbar, aber nach ihrem Ableben finden sie noch vielfältige Verwendung, zum Beispiel macht man aus ihnen prothetische Hautlappen, wie diesen hier.“ Lilla sah Joan prüfend an. „Sieht schon ziemlich gut aus. Dein Haar …“ Lilla zog aus den restlichen Utensilien eine kleine durchsichtige Dose mit blauem Inhalt hervor. Sie nahm den Badeschwamm vom Waschbecken, tauchte ihn in die Dose und verpasste somit Joans blonden Locken einen petrolblauen Anstrich. „So, jetzt setz dich, ich muss dich schminken!“
          Joan betrachtete sich im Spiegel und erkannte sich selbst kaum wieder mit ihrer fast schwarzen Haut und den blauen Haaren kam sie einer Samedanerin verblüffend nah. Nur ihre blauen Augen verrieten sie noch als Mensch. Lilla zog ein kleines Kästchen aus der Innentasche ihrer Funktionsjacke und reichte es Joan. „Leg diese Kontaktlinsen an. Damit ist die Tarnung fast perfekt. Du wirst damit unsere Welt etwas anders wahrnehmen als jetzt, denn wir sehen in einem etwas anderen Farbspektrum als ihr, aber du wirst dich daran gewöhnen.“

          Gespannt öffnete Joan das kleine Kästchen. Die Kontaktlinsen waren orange gefärbt. Als Joan die Kontaktlinsen anlegte, eröffnete sich ihr eine völlig neue Welt. Die Badezimmereinrichtung, die sie in sachlich-nüchternen Weiß- und Grautönen gesehen hatte, zeigte sich jetzt in zarten Pastellfarben. Dann sah Joan Lilla an. Die junge Samedanerin, deren Hautfarbe ein sehr dunkles braun gewesen war, schien jetzt von einer rötlich schimmernden Aura umgeben zu sein. Joan sah an sich herab, ihre schwarz lackierte Haut leuchtete bläulich-grün. „Wahnsinn“, keuchte Joan. „Ich hätte nie gedacht, dass das alles hier so schön ist. Lilla, du siehst wunderschön aus! Wirklich schade, dass wir Menschen das nicht sehen können.“

          Lilla grinste. „Warte erst mal ab, bis du die Welt da draußen siehst!“ Lilla sah die lächelnde Joan an. „Eine Sache wäre da noch, Joan. Lächle nicht und rede nie! Zeige niemals deine Zähne! Damit verrätst du uns. Und jetzt zieh diese Stiefel an, dann lass uns gehen, die Zeit wird knapp.“ Lilla gab Joan ein Paar reich verzierte Stiefel und eine bunte Wolljacke. Die grobe Wolle kratzte fürchterlich auf Joans Haut.

          Draußen, vor der Suite, fand Joan Goodmood und O’Reilly auf der Erde liegend vor. Beide Frauen atmeten flach und gleichmäßig, waren aber bewusstlos. Joan kniete sich zu Goodmood hin und nahm ihr die große Militärpistole und den Kommunikator ab. „Danke, meine Süße“, flüsterte Joan und tätschelte der Frau die Wange.

          „Komm schon, Joan. Die beiden werden gleich wach!“, rief Lilla und rannte in Richtung Aufzug. Hastig stopfte sich Joan die Pistole unter den falschen Hautlappen und ließ den Kommunikator in einem Stiefelschaft verschwinden.
          Als sich die Aufzugtüren hinter den beiden Frauen schlossen, flüsterte Lilla: „Du hörst ab sofort auf den Namen Nileh. Ich werde ab sofort nur auf samedanisch mit dir reden, du wirst nur nicken, verstanden? Wenn jemand Fragen stellt, werde ich erklären, dass du eine ‚Habida‘ bist, eine Tempeldienerin, die ein Schweigegelübde abgelegt hat. Man wird dir nichts tun.“

          Joan nickte stumm. Sie sah Lilla einen Moment fragend an. „Wie hast du mich hier gefunden?“

          Lilla gab das Äquivalent eines Kicherns von sich, ein rauer, gurgelnder Ton. „Povlek war so dämlich, mit seinem Kommunikator einzuschlafen. Ich habe ihm das Gerät einfach abgenommen. Allerdings wird er ganz schnell darauf kommen, dass ich es war und nach uns suchen lassen – es geht jetzt um sein Leben. Wenn er uns nicht findet, ist sein Leben verwirkt, dafür werden Javeed und Kuolun schon sorgen.“

          Der Aufzug brachte die beiden ins Kellergeschoss, von wo aus sie eine großzügig angelegte Tiefgarage mit Gleitern und Radfahrzeugen betraten. Lilla führte Joan zu einem kurzen, hochbeinigen, allradgetriebenen Automobil. Es war offen und mit einem massiven Überrollbügel versehen. „Steig ein“, flüsterte Lilla. „Die Kiste ist zwar ziemlich unbequem, wird uns aber dort weiterbringen, wo Gleiter nicht mehr hinkommen.“ Lilla sprang auf den Fahrersitz und startete den Motor, der grollend zum Leben erwachte.

          „Wo fahren wir hin?“, wollte Joan wissen. Sie musste gegen den Lärm, der von den Wänden widerschallte, förmlich anschreien.

          „Erst mal raus aus der Stadt“, brüllte Lilla zurück und ließ den Wagen langsam anrollen. „Es gibt eine kleine Gruppe von Widerstandskämpfern, die dich rausbringen werden.“

          „Mich? Was ist mit dir?“

          „Ich habe hier noch ein paar Aufgaben zu erledigen. Ich komme später nach.“ Mit diesen Worten gab Lilla Gas und fuhr den Geländewagen aus der Tiefgarage. Draußen war es noch relativ dunkel und ruhig. Ein frischer Wind wehte Joan um die Nase und roch ein wenig nach Freiheit.
          Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

          Mission accomplished.

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            *g*
            Diese Verkleidungsaktion finde ich nur genial. Gerade das mit den Kontaktlinsen. Lilla und wie sie die Welt sieht
            Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
            Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
            Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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              Ich habe mir vor Jahren zu Fasching mal blaue Strähnchen gemacht. Das dauert EWIG, bis du das aus blonden Haaren wir raus hast.
              (von wegen aufsprühen und später einfach ausbürsten, ist nicht!)
              ZUKUNFT -
              das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
              Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
              Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                Hihi... und das verfärbt sich dann auch so schön in ein verwaschenes Blau-Grün
                Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
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                  Joan zu lackieren und ihre Haare blau zu färben hat mir sehr viel Freude bereitet...


                  Lilla fuhr schnell und sicher durch die sich stetig mit Berufsverkehr füllenden Straßen Samads. Es wirkte alles völlig normal und weitab von einem Umsturz. Die einzigen Hinweise, dass das alltägliche Leben die Normalität verloren hatte, waren an allen Straßenecken patrouillierende Soldaten und schwer bewaffnete Polizisten.
                  „Was sind das für Aufgaben, Lilla?“, fragte Joan neugierig, während sie die Außenbezirke Samads erreichten und der Verkehr dünner wurde. Sie hatte fast zwanzig Minuten geschwiegen und sich den Kopf zerbrochen, welche Rolle Lilla hier eigentlich spielte. Joan hatte nicht einmal ansatzweise eine Idee. Lilla hatte sehr schnell ihre Meinung geändert, wie einst Nurara nach ihrer Festnahme. Zu schnell für Joans Geschmack.

                  Lilla bedachte Joan mit einem Seitenblick. „Mich wundert, dass du jetzt erst fragst, aber ich will dir die Frage gerne beantworten. Ich arbeite für den samedanischen Geheimdienst und bin Verbindungsoffizier zu deiner Weltraumpolizeibehörde, Tabra ebenso. Ursprünglich sollten Tabra und ich, nachdem du und Major Ballard Povlek in der Bar verhört habt, umgehend Kontakt mit euch aufnehmen und uns zu erkennen geben. Es war eine Fügung, dass du Tabra deinen Kommunikator hast zukommen lassen. Wir hätten aufgrund der Ereignisse kaum noch eine Möglichkeit gehabt, an euch heran zu kommen. Dass die Kontaktaufnahme fehlgeschlagen ist …“ Lilla musste in diesem Moment hart schlucken, der Tod ihrer Schwester war erst wenige Tage her.

                  „… liegt einzig und allein in Kuoluns und Rodriguez‘ Verantwortung!“ Joan schlug wutentbrannt mit der Faust auf das Armaturenbrett. „Es tut mir so unendlich leid, Lilla.“

                  „Ist schon gut, Joan. Unser Job ist gefährlich. Aber wir mussten diesen Schritt wagen. Tabra und ich hatten ausgelost, wer fliegt.“

                  Joan schüttelte verständnislos den Kopf. „Und ich dachte wirklich, du wärst eine Verräterin.“

                  Lilla lachte kehlig. „Teil der Tarnung. Ich spielte die folgsame, Tabra die Aufsässige. Hat bis zum Schluss wunderbar funktioniert. Ich konnte meine Tarnung auch bis jetzt aufrechterhalten.“

                  „Was ist mit Povlek? Ist er wirklich dein Onkel? Hätte er nicht ahnen müssen, für wen ihr arbeitet?“

                  Lilla winkte ab. „Ja, er ist wirklich unser Onkel und schon seit Jahren im Visier des Geheimdienstes. Tabra und mich kannte er nur bisher von Bildern und Familientreffen, wo wir noch klein waren. Von unserer Ausbildung hat er bis jetzt nicht den leisesten Schimmer. Dieser Idiot …“ Lilla konzentrierte sich auf die Straße und riss die Augen auf. „Still jetzt, Joan! Kein Wort mehr!“, rief Lilla und deutete nach vorne auf die Straße.

                  Erschrocken sah Joan durch die Windschutzscheibe. Vor ihnen lag eine Straßensperre.




                  „So, so“, zischte Vul Kuolun, „Sie wollen also beide nichts gesehen haben, verstehe ich Sie richtig?“

                  Master Sergeant Goodmood und Lance Corporal O’Reilly standen mit gesenkten Köpfen vor dem großen, vollbärtigen Marsianer, der sie mit stechenden Augen und Hass im Blick anstarrte. Er war mit einem Trupp Soldaten und Lieutenant Commander Teenbaum zurückgekommen. „Wissen Sie beide, was das bedeutet?“

                  „Wir müssen sie suchen, Sir“, antwortete Goodmood kleinlaut. „Wir machen uns sofort auf …“

                  „Nichts werden Sie tun, Sergeant!“, unterbrach Kuolun die hübsche Brünette harsch. „Das werden Ihre Kameraden hier erledigen.“ Kuolun deutete mit dem Daumen hinter sich auf die zehnköpfige Gruppe Space Ranger, allesamt große, durchtrainierte Männer, die Goodmood und O’Reilly mit hämischem Grinsen bedachten. Kuolun drehte sich zum Anführer des Trupps, einem bulligen und bösartig aussehenden Lieutenant. „Abrücken! Und kommen Sie mir nicht ohne Lieutenant Landor zurück! Klar?“

                  Der Lieutenant salutierte wortlos und gab seinen Männern mit einer Geste den Befehl, die Suite, die Joan bewohnt hatte, zu verlassen. Nachdem die Soldaten fort waren, trat Kuolun einen Schritt auf Master Sergeant Goodmood zu und nahm mit Daumen und Zeigefinger ihr Kinn in einen festen, schmerzhaften Griff. Das leise Knirschen des Leders seiner Handschuhe war in diesem Moment das einzige Geräusch, das zu vernehmen war. Die beiden Frauen wagten nicht zu atmen. Kuolun hob Goodmoods Kopf an und sah ihr fest in die Augen. Mit leiser, unheilvoller Stimme sprach er: „Da wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Ja, meine Damen, das kommt vor, auch ich bin mir dessen bewusst. Auch ich muss zugeben, dass ich schon den einen oder anderen Fehler gemacht habe, ohne Frage.“ Kuolun ließ Goodmoods Gesicht los und wandte sich O’Reilly zu. „Aus Fehlern sollte man lernen, nicht wahr?“ Er streichelte mit einer Fingerspitze O’Reillys Wange. Die zierliche Irin kniff vor Angst die Augen zusammen, eine kleine Träne kullerte ihre Wange herab. Kuolun fing sie mit der Fingerspitze auf und leckte sie ab. „Sehr salzig. Wussten Sie, dass man Angsttränen am Geschmack erkennen kann? Sie schmecken salziger als Trauer- oder Freudentränen. Das ist natürlich völliger medizinischer Humbug, aber es ist bei manchen Menschen so. Haben Sie Angst, Corporal?“

                  O’Reilly hob scheu den Blick und nickte stumm. Kuolun lächelte väterlich und meinte: „Das brauchen Sie nicht. Nicht vor mir.“ Kuolun streckte ihr seine Handfläche aus und sagte: „Händigen Sie mir bitte Ihre Pistole aus, Corporal. Bitte.“ Seine Stimme war nun sanft und freundlich.

                  O’Reilly kam der Aufforderung ohne zu zögern nach. Mit zitternden Händen legte sie ihren schweren Blaster in Kuoluns Handfläche. Schnell schlossen sich seine Finger um die Waffe, während er sie an Goodmood weiterreichte. „Master Sergeant, bitte. Nehmen Sie sie“, flüsterte er und legte mit einem fordernden Blick den Kopf schief.

                  „Was … was soll das, Sir?“, keuchte Goodmood.

                  „Nun nehmen Sie schon, Sergeant!“, rief Kuolun, immer noch freundlich gestimmt. Als Goodmood immer noch zögerte, wurde Kuolun zornig. „Wird’s bald?“, knurrte er. „Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“ Goodmood nahm die Waffe an sich und hielt die Mündung vor sich auf den Boden. „Geht doch. So, meine Damen, jetzt möchte ich Ihnen eine Lektion in Sachen Gehorsam und Pflichterfüllung erteilen, was Ihnen als Soldaten eigentlich nicht neu sein sollte. Master Sergeant Goodmood, Sie haben jetzt die Wahl eine Strafe zu erteilen, entweder sich selbst oder Lance Corporal O’Reilly. Verantwortlich für diesen Vorfall sind Sie beide. Ich habe mich aber entschlossen, exemplarisch nur eine von Ihnen zu bestrafen, damit die andere von Ihnen ihre Lehren daraus zieht. Sergeant Goodmood, Sie haben jetzt die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob Sie sich selbst oder Corporal O’Reilly bestrafen, indem Sie diese Waffe auf Töten stellen und abdrücken.“

                  Beide Frauen rissen vor Schreck die Augen auf. „Was? Was soll ich tun?“, rief Goodmood entgeistert. „Niemals! Ich weigere mich, einfach so Kameraden zu töten! Ich bin keine Mörderin!“

                  Kuolun zog seine eigene Waffe aus dem Holster und legte aus einem Meter Distanz auf Goodmood an. „Wenn Sie es nicht tun, werde ich es tun. Und seien Sie versichert, ich bin ein Mörder.“

                  Goodmoods Hand zitterte, als sie auf die Waffe herabblickte. Dann hob sie die Pistole und legte die Mündung auf O’Reillys Stirn. „Liz, tu es nicht! Bitte …!“, flehte O’Reilly und weitere Tränen rollten ihr hübsches, sommer-sprossiges Gesicht herab.
                  Auch Goodmood war den Tränen nahe, ihre Härte und Verschlagenheit war einem verzweifelten Gesichtsausdruck gewichen. Sie schluckte hart und schluchzte leise: „Es tut mir Leid, Iris.“ Dann drückte sie ab. Lance Corporal O‘Reilly brach tot mit einer faustgroßen, rauchenden Brandwunde an der Stirn zusammen. Goodmood ließ die Schultern hängen und sah ihre tote Kameradin traurig an. Sie hatte nicht mehr die Kraft, die Waffe festzuhalten und ließ sie polternd zu Boden fallen.

                  Kuolun, immer noch seine Blasterpistole auf Goodmood gerichtet, grinste triumphierend. „Sehen Sie, Goodmood? Ist doch gar nicht so schwer. Sie haben genau das Richtige getan, und Sie leben!“ Goodmood schüttelte nur langsam den Kopf, während ihr die Tränen in die Augen stiegen. Kuolun fuhr fort: „Sehen Sie mich an, Sergeant. Sehen Sie mir in die Augen. Sie haben O‘Reilly eine Strafe erteilt. Zu Recht, wenn ich das so sagen darf. Geht es Ihnen jetzt besser?“

                  „Nein“, flüsterte Goodmood. „Überhaupt nicht.“

                  „Oh, das tut mir Leid, Sergeant, aber das können wir nun leider nicht mehr rückgängig machen. Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich Ihnen sage, dass ich zu diesem Zeitpunkt auch nicht besonders gut fühle, weil ich etwas verloren habe und Sie dafür verantwortlich sind. Jetzt ist es an der Zeit, Sie zu bestrafen, Goodmood! Leben Sie wohl!“ Kuolun schoss Goodmood zweimal in Bauch und Brust und einmal in den Kopf. Mit einem Gurgeln fiel Goodmood der Länge nach vorne zu Boden und landete auf dem Bauch von O’Reillys Leiche. Mit einem letzten Zucken ihrer Gliedmaßen starb sie.

                  Teenbaum, der sich die ganze Szene wortlos angesehen hatte, warf Kuolun einen Blick voller Verachtung und Abscheu zu. „Sie sind ein Monstrum, Kuolun. Ein kaltes, grausames und ekelhaftes Monstrum. Was hat Sie bloß dazu gemacht?“

                  Kuolun hob eine Hand in die Höhe und bedeutete Teenbaum, zu schweigen. „Seien Sie still, Teenbaum. Wenn ich Sie nicht noch brauchen würde, würden Sie den beiden hübschen Mädchen dort jetzt im Jenseits Gesellschaft leisten. Reizen Sie mich nicht!“
                  Ohne ein weiteres Wort verließ Kuolun die Suite und marschierte mit großen Schritten den mit luxuriösen Teppichen ausgelegten Korridor hinunter zu den Aufzügen.
                  Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                  Mission accomplished.

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                    Mann, Kuolun kann manchmal so ein Arsch sein. Echt. Ich bin jetzt zwar kein großer Fan der beiden Damen gewesen (keine Ahnung warum, die sind vielleicht privat ganz nett) aber DAS haben sie nun auch wieder nicht verdient.
                    Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                    Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
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                      Natürlich ist Kuolun ein Riesenarsch und genauso muss man es herausstellen. Wer unter Kuolun Fehler macht, bereut es bitter und bezahlt es teuer...


                      So, ein kurzer Abschnitt und Ende von Kapitel 17.


                      Die achtundvierzig Jäger und Bomber der Courageous hatten mit der Eskorte der Tankschiffe, bestehend aus einem Kanonenboot und einer Staffel Super Sabres, leichtes Spiel. Ohne Gegenwehr ergriffen die Kampfschiffe die Flucht, lange bevor es überhaupt zu einem Gefecht kommen konnte. Rodriguez erhielt erfreut die Erfolgsmeldung über die Eroberung der beiden Tankschiffe. Einerseits war er froh, dass seine Treibstoffsorgen nunmehr für die nächsten drei Monate kein Thema mehr waren, aber dass der Gegner seine Beute so leicht aufgegeben hatte, ließ ihn stutzig werden. Kein Kommandeur würde so leicht so wertvolle und taktisch wichtige Versorgungsschiffe kampflos aufgeben. Es roch Rodriguez zu sehr nach Falle. Er gab den Jagdstaffeln den Befehl, die Tanker nach Vestara zu geleiten und selbst umzukehren. In der relativen Sicherheit des Riesenplanetoiden wollte er die Treibstoffübernahme stattfinden lassen, auf keinen Fall im offenen Weltraum. Noch immer hatte sich der Leitende Ingenieur nicht zu dem Schaden am Kernspant gemeldet. Captain Teppler zufolge war das Ausmaß des Schadens noch nicht zu übersehen und Rodriguez wurde langsam unruhig. Er wollte in diesem Moment nach Teppler und dem L.I. rufen lassen, als die beiden Männer mit ernsten Mienen die Brücke betraten. Lieutenant Commander Albert Townsend, ein großer und kräftiger Mann mittleren Alters, war der Leitende Ingenieur und Chef der technischen Abteilung. Er war verschwitzt und seine Uniform schmutzig. Er verzichtete lässig auf den militärischen Gruß und kam gleich zur Sache. „Hernando, es ist ernst“, sagte er nur und kratzte sich mit einer Hand am Hinterkopf.

                      „Wie ernst, Albert? Rede schon! Wir werden doch nicht das Schiff evakuieren müssen, oder?“, fragte Rodriguez mit einem nervösen Lachen. Er kannte Townsend seit Jahren und er wusste genau, dass, wenn Townsend einmal nicht lachte, die Situation auch nicht zum Lachen war.

                      „Nicht sofort, Hernando, aber wenn die Vibrationen weiter so anhalten, wird das Schott in spätestens sechsunddreißig Stunden bersten und das gesamte Heck ineinander stürzen. Wir versuchen, zu reparieren was geht, aber ich habe kein gutes Gefühl dabei. Wenn die Schweißnähte reißen, potenziert sich der Schaden. Dieses Schiff ist dem Untergang geweiht, so oder so!“ Townsend blickte bekümmert drein. „Es ist nicht mehr kampffähig und muss dringend in die Werft!“

                      Rodriguez schüttelte den Kopf als wollte er die Wahrheit von sich abschütteln. Er deutete mit der linken Hand zum großen Panoramafenster der Brücke. „Albert, da draußen ist eine terranische Flotte, die uns den Arsch aufreißen wird. Ich brauche dieses Schiff! Mach irgendwas, damit die Kampfkraft erhalten bleibt! Stütze das Schott mit Hydraulikhebern ab, schweiß die Türe zu, was auch immer notwendig ist!“ Seine Stimme war ein leises aber energisches Zischen, Rodriguez war darauf bedacht, keinerlei Aufsehen bei der Brückenmannschaft zu erregen.

                      Townsend seufzte. „Hernando, auf diesem Spant lasten sechs Millionen Tonnen, ein Drittel der gesamten Schiffmasse. Es ist unmöglich, mal eben mit etwas Klebeband und Leim einen Schaden dieser Art zu reparieren! Eigentlich müsste ich aus Gründen der Schiffssicherheit die Maschinen abschalten lassen und Schlepper anfordern, die uns in die Bauwerft schleppen! Die Tennessee ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt Schrott! Lebensgefährlicher Schrott!“

                      Rodriguez war bis aufs Äußerste gereizt und hatte Mühe, die Beherrschung nicht zu verlieren. Mit geballten Fäusten stand er seinem Freund Albert Townsend gegenüber, kurz davor zuzuschlagen. Aber Rodriguez wusste, dass Townsend Recht hatte und er hatte ihm nicht einmal einen Vorwurf wegen der Sprengung gemacht. „Also gut, Albert“, stöhnte er, nachdem er sich wieder etwas gefasst hatte. „Was schlägst du vor? Können wir noch nach Vestara zurückfliegen?“

                      „Mit halber Kraft in Sublichtgeschwindigkeit? Ja. Das sollte mit den Vibrationen noch gerade eben so gehen“, antwortete Townsend und rieb sich die Bartstoppeln am Kinn.

                      Rodriguez gab ein verächtliches Grunzen von sich. „Halbe Kraft Sublicht? Dann brauchen wir mindestens zwanzig Stunden zurück! Bis dahin hat uns die Flotte abgefangen!“

                      Townsend trat dicht an Rodriguez heran und sah dem Kolumbianer fest in die Augen. „Das ist der einzig sinnvolle Vorschlag, den ich dir machen kann, Hernando. Alles andere ist Selbstmord. Selbstmord wie die ganze Scheiße, in die du uns reingeritten hast! Mach was du willst, Hernando, aber wenn du dich nicht an meinen Rat hältst, kann ich für nichts garantieren, nur für eines: dieses Schiff stirbt und wir mit ihm!“ Mit diesen Worten ließ Lieutenant Commander Townsend Commander Rodriguez auf der Brücke stehen.

                      Rodriguez sah Townsend nach und flüsterte: „La puta madre! Maldito jodido infierno!“


                      Peter saß im Cockpit seiner Broadsword und starrte durch das offene Hangartor hinaus ins All. Er hatte Geschützdienst und bemerkte, dass sich das Firmament offensichtlich um ihn herum drehte. Er sah nach links und rechts zu den anderen Piloten in ihren Jagdbombern, die ihn verwundert anstarrten. Aufmerksam, wie die Piloten waren, hatten sie die Kursänderung ebenfalls bemerkt. Die fünfzehn Jagdbomber standen dichtgedrängt am Rande des Decks, das an der Steuerbordseite der Tennessee offen war. Dieser Hangar diente lediglich zum Anflug und zur Landung auf dem Schlachtkreuzer. Gestartet wurden die Jagdmaschinen ein Deck tiefer aus jeweils acht Starttunneln auf beiden Seiten des Mutterschiffes, aus denen die Jäger regelrecht „ausgespuckt“ wurden. Peter glich die Schiffsbewegungen mit den Angaben seines Navigationscomputers ab und tatsächlich ging die Tennessee auf Gegenkurs. Peter griff zu seinem Kommunikator, der oben auf dem Armaturenbrett lag und rief seinen Kommandeur. „Major Becker hier, Sir. Wir gehen auf Gegenkurs. Jetzt wäre die perfekte Gelegenheit für einen Alarmstart.“

                      „Negativ, Becker. Wir warten, bis es zu Kampfhandlungen kommt“, kam Commander Bernards trockene Antwort. „Wir wissen noch nicht, wo genau der Kampfverband sich befindet und ich möchte kein Risiko eingehen und Sie ziellos im Weltall herumirren lassen. Außerdem ist die Evakuierung des Zivilpersonals noch nicht sichergestellt. Sie könnten mit Ihren Jägern entkommen, aber die Fähren wären leichte Beute. Wir warten noch. Weitermachen, Becker. Bernard Ende.“

                      Enttäuscht warf Peter seinen Kommunikator wieder auf das Armaturenbrett. Er dachte an seinen Vater, der irgendwo auf diesem großen Schiff höchstwahrscheinlich in einer Zelle eingesperrt war. Peter fragte sich, ob er seinen Vater jemals wiedersehen würde oder ob Rodriguez ihn bereits hatte umbringen lassen.
                      Joan. Joan war seit gut drei Tagen spurlos verschwunden. Sie befand sich an einem unbekannten Ort auf Sameda II und bis auf eine kurze Kommunikatorverbindung hatte es kein weiteres Lebenszeichen von ihr gegeben. Das war das, was Katherine ihm erzählt hatte.
                      Die Ungewissheit über das Schicksal zweier Menschen, die er liebte, erfüllte Peter mit Unruhe und Angst. Die Tatsache, dass er tatenlos hier in diesem Cockpit sitzen musste, erfüllte ihn darüber hinaus mit grenzenloser Wut. Am liebsten hätte er jetzt die schweren Dynason-Odell Triebwerke der Broadsword angeworfen und wäre hinaus geflogen. An seinen Vater konnte er nicht heran, aber er konnte nach Joan auf Sameda II suchen. Der Jagdbomber, in dem er saß, war vollgetankt und gefechtsmäßig bewaffnet. Die Triebwerke waren standardmäßig elektrisch vorgeheizt und auf Betriebstemperatur. Peter konnte jederzeit losfliegen. Sein Blick fiel auf die zwei silbernen Schalter in der Dachkonsole über ihm. Er musste nur diese zwei Schalter umlegen und die Triebwerke sprangen an. Peter hob die Hand. Er zögerte. Sein Finger legte sich vor die beiden Schalter, er musste nur noch daran ziehen. Peter übte etwas Druck aus und die Schalter begannen sich leicht zu bewegen. Ein elektrisches Sirren erfüllte das Cockpit, die Treibstoffpumpen nahmen ihren Dienst auf. Er musste nur noch die Schalter über den Druckpunkt hinausziehen, den Schubhebel nach vorne schieben und dann schnell aus dem Aktionsradius der Flugabwehrgeschütze entwischen. Bis die Courageous Abfangjäger gestartet hätte, wäre Peter längst über alle Berge – sofern man wegen eines einzelnen Jagdbombers überhaupt die Verfolgung aufnehmen würde. Nur noch wenige Millimeter und die Maschinen zündeten.

                      Plötzlich gellten die Alarmsirenen. Vor Schreck ließ Peter die Schalter los. Der Wachoffizier der Einsatzleitung machte eine Lautsprecherdurchsage: „Unbekanntes Schiff im Anflug. Alles bleibt auf seinem Posten.“ Wieder drehte sich die Tennessee, woraufhin durch die Hangaröffnung in der Ferne ein schwaches Funkeln zu sehen war, das schnell größer wurde. Dieses Schiff flog verdammt schnell und war förmlich auf Kollisionskurs mit der Tennessee.

                      Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                      Mission accomplished.

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                        Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                        Natürlich ist Kuolun ein Riesenarsch und genauso muss man es herausstellen. Wer unter Kuolun Fehler macht, bereut es bitter und bezahlt es teuer...
                        Tja, wenn er so weiter macht, spricht sich das rum. Und dann kann er sehen, wie er in Zukunft zu Personal kommt
                        Meuterei auf der - wie heisst noch gleich sein Schiff?

                        Und bei Hot Rod braucht er auch gar nicht erst nachfragen, selbst wenn der sich alles gefallen lässt, der Kerl ist sowas von unfähig und schrottet teure Schlachtkreuzer. Da nutzt ihm auch alles fluchen nix. Es ist einfach nicht zu fassen.
                        Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                        Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
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                          Jetzt kommt etwas, wofür mich so mancher "echter" CF-Fan in der Vergangenheit gehasst hat. Die Comet bekommt so richtig Beulen! Viel Spass!



                          Kapitel 18


                          Curtis sah über die Schulter zu Professor Simon, dem lebenden Gehirn, der auf seinem Torso ruhte und mit seinen tentakelähnlichen Optosensoren eine schematische Darstellung der Systemkarte betrachtete. „Wann können wir den DNA-Scanner einsetzen, Simon?“, wollte Curtis wissen.

                          Simon sah seinen Ziehsohn mit einem Tentakel an. „Ich habe die Sensoren neu kalibriert, eine mittlere Entfernung von achthundertzwanzig Kilometern sollte ein genaues Bild liefern. Jedoch …“ Der Wissenschaftler zögerte einen Moment.

                          „Was denn?“, fragte Curtis gespannt. „Wo ist der Haken?“

                          Simon hob von seinem Stahltorso ab und schwebte vor Curtis‘ Sitz. „Die Reichweite der schweren Artillerie der Tennessee liegt bei mehr als eintausendeinhundert Kilometern. Von den an Bord befindlichen Lenkwaffen ganz zu schweigen. Bist du sicher, dass du so nah an diesen Koloss heran willst?“

                          Curtis nickte grimmig. „Ja, ich muss, und zwar noch näher! Ich will wissen, ob Joan noch am Leben ist. Gib bitte die DNA-Informationen von Joan und Kat in den Scanner ein.“ Curtis warf einen Blick nach vorne durch das runde Cockpitfenster. „Otho, Kometentarnkappe klarmachen, wir gehen auf einhundertfünfzig Kilometer ran. Auch wenn die uns schon längst identifiziert haben mögen, können wir sie vielleicht ein wenig in die Irre führen.“

                          Otho drehte seinen Kopf nach hinten und grinste. „Aye, Captain, die Tarnkappe hatten wir schon lange nicht mehr!“ Er legte ein paar Schalter auf seiner Konsole um woraufhin ein dumpfes Brummen die Brücke erfüllte.
                          Die X-förmigen Ausleger der Comet, an denen die schweren Protonenkanonen angebracht waren, begannen langsam um die Längsachse des Schiffes zu rotieren. Während die Rotation immer schneller wurde, begannen die Ausleger weiß zu glühen, bis die gesamte Comet ein grell leuchtender Feuerball wurde, der mit einem langen Schweif durch das Weltall zog.
                          Als sie nur noch zweitausend Kilometer von der Tennessee entfernt waren, wurden Curtis und seine Besatzung gerufen. „Hier spricht Commodore Hernando Rodriguez vom Schlachtkreuzer Tennessee. Unbekanntes Schiff, Sie befinden sich auf Kollisionskurs. Drehen Sie umgehend ab oder wir leiten Abwehrmaßnahmen ein. Haben Sie verstanden?“

                          Otho sah fragend seinen Chef an. Curtis verstand den Blick des Androiden und hob abwehrend eine Hand. „Nicht antworten, Otho. Draufhalten. Grag, halt dich bereit für Zickzackmanöver. Das hast du vorhin bei den Zerstörern sehr gut hinbekommen. Das war die Pflicht, jetzt kommt die Kür. Die Tennessee hat etwa die fünfundzwanzigfache Feuerkraft eines der Zerstörer. Könnte ein heißer Ritt werden. Simon, ist der Scanner bereit?“

                          „Bereit, Curtis. Wir brauchen nur einen Vorbeiflug an der Längsseite“, antwortete Simon mit blecherner Stimme.

                          „Ich habe den optimalen Vektor für einen Vorbeiflug an Steuerbord“, polterte Grag.

                          „Dann Vollgas, Grag, hol alles aus der Comet raus!“, rief Curtis und schlug mit der Faust auf die Armlehne.

                          Wieder meldete sich Rodriguez. „Unbekanntes Schiff, drehen Sie sofort ab. Das ist die letzte Warnung!“, schrie er förmlich aus dem Lautsprecher.

                          „Schalt das ab, Otho“, sagte Curtis kühl. „Der Typ nervt.“



                          Im Hangar machte die Nachricht von einem anfliegenden Raumschiff schnell die Runde. Katherine, Takashi und Marijke standen mit ein paar wachfreien Piloten am großen Fenster des Briefingraumes des Geschwaders, das unmittelbar neben den Jägerstartrampen unterhalb des Hangardecks gelegen war. Sie sahen den weiß leuchtenden Punkt schnell näherkommen. Ein Pilot reichte Katherine ein Makrofernglas. Sie sah hindurch und hielt den Atem an. „Nein“, keuchte sie. „Das ist … das ist …“ Katherine machte einen Luftsprung. „Das ist die Comet! Takashi! Die Comet!“ Sie reichte das Fernglas an ihren Kollegen weiter.

                          „Ja, unverkennbar“, rief der junge Japaner ebenfalls erfreut. „Dann hat diese Geschichte bald ein Ende.“ Die Comet flog mit einem glühend weißen Schweif in etwa einhundertfünfzig Kilometern Entfernung an der Steuerbordseite der Tennessee vorbei.

                          Katherine drehte sich zu den Anwesenden um und rief mit einem breiten Grinsen: „Das ist das Schiff eines sehr guten Freundes von mir, Captain Future! Leute, bald sind wir hier raus, dafür wird der Captain schon sorgen.“ Lauter Jubel brandete auf und man fiel sich gegenseitig in die Arme. Plötzlich begann die Tennessee zu zittern und ein lautes Grollen erfüllte den Raum. Dieses Geräusch hatte Katherine vor ein paar Tagen erst gehört und sah erschrocken wieder zum Panoramafenster hinaus. Dicke, leuchtend rote Laserstrahlen schossen in die Schwärze des Alls und deckten das kleine Raumschiff ein. Auf die Entfernung konnte man nicht erkennen, ob die Comet Treffer einstecken musste oder unbeschadet blieb, jedoch zog sie unbeirrt weiter ihre Bahn, bis sie aus dem Blickfeld der Beobachter entschwunden war.

                          Auf der Brücke der Comet krachte und donnerte es wie bei einem schweren Gewitter. Die Geschützführer der Tennessee verstanden ihren Job, die Salven lagen perfekt. Noch hielten die Schilde, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sie versagen würden. Curtis und seine Crew wurden mehrfach kräftig durchgeschüttelt. Einige Deckenverschalungen hatten sich bereits gelöst und dicke Kabelstränge hingen lose herab. Simon musste sehr aufpassen, nicht im Flug von einer Deckenplatte oder einen schweren Kabel getroffen zu werden.
                          „Wie lange noch?“, rief Curtis über den Lärm hinweg.

                          „Noch etwa zehn Sekunden, dann ist der Scan vollständig“, antwortete Simon. Er war kaum zu verstehen.

                          „In spätestens zehn Sekunden haben wir keine Schilde mehr“, warf Grag lautstark ein, er hatte keinerlei Mühe, sich über den Lärm verständlich zu machen. „Status achtundzwanzig Prozent. Mit jedem Treffer verlieren wir weitere fünf Prozent. Und die schießen ziemlich gut.“

                          „Durchhalten, Leute!“, schrie Curtis gegen den Lärm und krallte sich an den Armlehnen seines Sitzes fest. Die Erschütterungen wurden immer heftiger, je mehr die Schilde Energie verloren. Plötzlich veränderten sich die Einschlaggeräusche vom Grollen zu kreischend hellen Peitschenschlägen.

                          „Schilde versagen, Rumpftreffer, Captain. Oberes Leitwerk getroffen!“, brüllte Otho. Dann kam der nächste Peitschenschlag und darauf folgten zwei weitere. „Steuerbord-Sonnensegel ist gerade verdampft, unteres Leitwerk abgerissen! Captain, die nehmen uns auseinander! Rumpfintegrität zweiundneunzig Prozent.“ Ein weiterer Treffer erschütterte die Comet. „Heckantenne beschädigt. Wir müssen hier weg!“

                          „Simon?“, fragte Curtis nur, darauf bedacht, die Ruhe zu bewahren.

                          „Scan abgeschlossen in drei, zwei, eins. Jetzt!“

                          „Abdrehen, Grag! Alle Energie auf das Triebwerk! Tarnkappe aus.“

                          In einem eleganten Bogen wandte sich die Comet von der Tennessee ab und verschwand aus der Geschützreichweite des Schlachtkreuzers. Zu Curtis‘ Glück nahmen keine Abfangjäger der Courageous die Verfolgung auf, ein Umstand, der für die Comet und ihre Besatzung fatal hätte enden können.
                          Curtis schnallte sich von seinem Sitz los und stand auf. Auf der Brücke herrschte ein heilloses Durcheinander. So übel hatte die Comet in der Vergangenheit nur einmal ausgesehen, als die beiden Handlanger Kuoluns, Lauscher und Chamäleon, auf der Jagd nach den sieben Weltraumsteinen die Comet verwüstet und fluguntauglich gemacht hatten. „Schadensbericht, Otho?“, fragte er, während er einen Blick auf Simons Bildschirm warf, der in diesem Moment den DNA-Scan auswertete.

                          „Oberes Leitwerk schwer beschädigt, unteres Leitwerk zerstört. Atmosphärenflug ist derzeit nicht empfehlenswert. Steuerbord Sonnensegel zerstört, kein Energiefluss. Heckantenne beschädigt, aber noch funktionstüchtig. Und wir dürften ein paar böse Brandflecke am Rumpf haben. Rumpf ist dicht, kein Austritt von Atmosphäre oder Strahlung. Alles in allem nichts, was nicht zu reparieren ist, Chef.“

                          „Danke, Otho“, seufzte Curtis erleichtert. „Und, Simon? Gibt es schon was?“

                          Simon ließ lange Datenreihen in einer irrsinnigen Geschwindigkeit über den Bildschirm rauschen. „Ich habe dreitausendachtzehn Aufnahmen und lasse jetzt die Personal-Datenbank der Polizeibehörde damit abgleichen.“ Simon machte eine kurze Pause. „Siebzehn Treffer. Captain Takashi Yokomuri, Lieutenant William Baxter, Major Katherine Ballard … tut mir Leid, Curtis. Joan ist allem Anschein nach nicht an Bord.“

                          „Oder sie ist tot“, entgegnete Curtis tonlos.

                          „Nicht zwingend, Curtis. Gesetzt den Fall, sie wäre tot und noch an Bord, hätte der Scanner sie definitiv identifiziert. Der Scanner nimmt nur DNA-Informationen auf, er unterscheidet nicht zwischen lebendig und tot.“ Simons Erklärung beruhigte Curtis nur wenig.

                          „Simon, lässt sich feststellen, ob Kuolun an Bord ist? Wir haben doch seine DNA, oder?“

                          „Kuolun ist ebenfalls nicht an Bord, tut mir Leid.“

                          Curtis richtete sich auf und ging nach vorne zu Grag und Otho. „Otho, funk die Tennessee an, ich will mit Rodriguez sprechen, unverzüglich! Und übermittle die Position des Verbandes an die Flotte.“

                          Otho spürte die grenzenlose Wut, die von seinem Chef ausging. Wortlos öffnete er einen Kanal und funkte den Schlachtkreuzer an.
                          Das verschlagene und etwas übermüdete Gesicht von Commander Rodriguez erschien bösartig grinsend auf dem Bildschirm. „Ich sehe, Sie sind zum Gespräch bereit. Geben Sie auf? Und hätten Sie die große Güte, sich einmal vorzustellen, damit ich einen Namen habe, den ich auf Ihren Grabstein schreiben kann?“ Rodriguez gab sich bewusst großspurig.

                          Curtis setzte sich in seinen Kommandositz und straffte sich. „Ich habe nicht die Absicht, mich zu ergeben, Commander Rodriguez …“

                          „Commodore, wenn ich bitten darf“, unterbrach Rodriguez frech.

                          „Ah, ah“, machte Curtis, „Den Titel Commodore bekommt man verliehen, Sie haben sich ihn allem Anschein nach unrechtmäßig angeeignet. Ich möchte, dass Sie mir ein paar Fragen beantworten.“

                          „Wer zum Teufel sind Sie, dass Sie hier Fragen stellen, Mister?“, grollte Rodriguez.

                          „Mein Name ist Curtis Newton, Captain der Comet, ein ziviles Schiff, das Sie gerade ohne Grund beschossen haben. Damit haben Sie sich der Piraterie schuldig gemacht, zusätzlich der Meuterei und des Hochverrats. Wo sind Lieutenant Joan Landor und Major Katherine Ballard?“

                          Rodriguez grunzte abfällig und steckte die Daumen in seinen Hosenbund. „Selbst wenn ich es wüsste, Sie wären der Letzte, dem ich das verraten würde. Es interessiert mich einen Scheißdreck, wo die zwei Schlam…“

                          „Ich warne Sie, Rodriguez! Passen Sie auf, was Sie sagen!“, fiel ihm Curtis mit kalter und schneidender Stimme ins Wort. „Sie befinden sich in einer recht aussichtslosen Lage. In wenigen Minuten wird hier ein großer Kampfverband eintreffen und Ihnen die Hölle heiß machen. Besser, Sie sagen mir jetzt, wo sich die beiden Frauen befinden und übergeben mir Ihr Schiff, bevor die Flotte ankommt. Ich möchte kein Blutvergießen.“

                          Ein Offizier im Range eines Captains trat an Rodriguez heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin diesem ein breites, siegesgewisses Grinsen ins Gesicht huschte. Er nickte dem Captain zu und sagte zu Curtis: „Die Unterredung ist hiermit beendet, Newton. Sagen Sie dem Flottenkommandeur, er soll das Samedi-System verlassen, sonst wird er es bereuen. Und Sie auch.“

                          Die Verbindung wurde unterbrochen, auf dem Taktikdisplay sah Curtis, dass der Schlachtkreuzer und seine Geleitschiffe abdrehten und kurz darauf in die Lichtgeschwindigkeit sprangen.
                          Otho und Grag sahen ihren Chef fragend an. Curtis lehnte sich grinsend zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. „Sehr schön“, murmelte er. „Der Teil des Plans ist schon mal aufgegangen. Otho, hat die Flotte die Koordinaten?“

                          Otho grinste. „Aye, Captain. Soll ich Admiral Taggart Bescheid geben, dass Rodriguez die Tanker hat?“

                          „Mach das, Otho. Lassen wir Hot Rod etwas Zeit zum Auftanken. Er wird nicht weit kommen. Kurs auf die Flotte. Und dann seht bitte zu, dass ihr zwei die größten Schäden repariert.“
                          Zuletzt geändert von Nurara McCabe; 12.08.2014, 08:22.
                          Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                          Mission accomplished.

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                            Naja kein Schiff ist normalerweise unzerstörbar - auch die Comet nicht
                            Und so lange es nur ein paar Beulen sind. Hätte Hot Rod sie geflogen, wer weiß, was dann noch übrig wäre
                            Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                            Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                            Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                              Joan und Lilla zum Ende von Kapitel 18. Ein ganz kurzes, aber actionreiches Häppchen.



                              „Bleib im Wagen!“, zischte Lilla und schlüpfte vom Fahrersitz hinunter auf die Straße. „Und sag keinen Ton! Du hast ein Schweigegelübde abgelegt.“ Joan nickte folgsam und griff langsam unter die Wolljacke nach dem Blaster, den sie entsicherte.
                              „Was wollen Sie von uns?“, fragte Lilla den ersten der drei Posten auf samedanisch. Joan verstand kein einziges Wort.

                              „Können Sie sich ausweisen?“, fragte der Soldat mit scharfer Stimme. Er sah nicht aus, als könnte man mit ihm verhandeln. Langsam stieg die Sonne über den Waldrand und mehr und mehr konnte Joan die farbenfrohe, bunte Welt Samedas erkennen. Leider blieb ihr keine Gelegenheit, die Schönheit dieser Welt zu genießen, die Situation vor dem Geländewagen forderte ihre ganze Aufmerksamkeit.

                              „Natürlich, ich bin Lilla Ramdana, samedanischer Geheimdienst. Und Sie sagen mir jetzt, was diese Straßensperre soll!“ Lilla zog ihren Dienstausweis aus der Jackentasche und hielt ihn dem Soldaten unter die Nase. „Falls Sie es noch nicht wissen sollten, der gesamte Geheimdienst ist heute Nacht vollständig zu den Freiheitskämpfern übergelaufen“, log sie. „Lassen Sie uns gefälligst durchfahren!“

                              Erstaunt sah der Soldat den Dienstausweis an und dann zu seinen Kameraden. Diese sahen sich nur fragend an, anscheinend war diese – erfundene – Information noch nicht zu ihnen durchgedrungen. „Warten Sie, ich muss das nachprüfen“, sagte der Soldat und ging ein paar Schritte rückwärts. Irgendwo hinter ihm piepte ein Kommunikator. Einer der anderen Soldaten nahm das Gespräch an, sagte ein paar bestätigende Worte und beendete das Gespräch. Dann winkte er den Posten, der mit Lilla gesprochen hatte, zu sich. Eine heftige Diskussion zwischen den beiden entbrannte, woraufhin der erste Posten dem anderen einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf verpasste. Er ging wieder auf Lilla zu und nahm sein Gewehr von der Schulter. „Wer ist die Frau im Wagen?“, wollte er wissen.

                              „Sie heißt Nileh und ist eine Erwählte. Ich bringe sie zum Tempel der Zentralen Sonne, wo sie eine Ausbildung zur Tempeldienerin machen wird. Sie hat bereits ihr Schweigegelübde abgelegt. Bitte sprechen Sie nicht mit ihr.“ Lillas Stimme war fest und bestimmt. Sie verstand ihren Job.

                              Der Posten zog sein Gewehr in die Schulter und hielt die Mündung zum Boden, während er auf den Geländewagen zuging. „Nileh, steh auf und steig aus dem Wagen!“, rief er und machte eine fordernde Geste mit der freien linken Hand. Joan verstand, was er wollte und erhob sich vom Beifahrersitz, stieg aber nicht aus. Sie legte die Hände auf den Windschutzscheibenrahmen und blickte fragend zu Lilla hinüber. Diese nickte ihr bestätigend zu und bedeutete ihr, auszusteigen. Joan kam der Aufforderung nach und stieg mit Herzklopfen aus. Sie durfte jetzt nicht den kleinsten Fehler machen.
                              „Du bist ein bisschen klein für eine Tempeldienerin, Süße“, murmelte der Soldat und trat näher. „Bist du überhaupt schon volljährig?“ Er streckte seine linke Hand nach Joans Gesicht aus und grub einen krallenartigen Fingernagel in ihre Wange. Als er bemerkte, dass ihre dunkle Gesichtsfarbe nicht echt war, reagierte Joan instinktiv.

                              Sie packte das Gewehr des Soldaten am Lauf und riss es zu sich. In der Bewegung trat sie mit einem gekonnten Kick dem verdutzten Soldaten mit dem Absatz ihres Stiefels unter das Kinn. Überrascht ließ der Mann das Gewehr los und taumelte nach hinten. Joan setzte nach und donnerte mit aller Kraft die Schulterstütze des Gewehrs gegen die Stirn des Soldaten, der widerstandslos zu Boden ging. Mit einer letzten schnellen Bewegung rammte Joan das Gewehr in dessen Brust, die mit einem lauten Knacken nachgab. Joan ließ das Gewehr fallen, ging zu Boden und rollte sich ab, gleichzeitig zog sie ihre Pistole und feuerte zwei ungezielte Schüsse in Richtung des zweiten Postens ab. Der erste Schuss ging ungefährlich in die Luft, jedoch der zweite traf ihn durch Zufall in den Hals. Tödlich verletzt brach der Soldat zusammen. Der dritte Soldat suchte Deckung hinter der massiven Barrikade, die am Straßenrand installiert war. Joan hockte sich hin und riss dem bewusstlosen Mann, der vor ihr lag, eine Handgranate aus dem Gürtel. Eine lange Sekunde betrachtete Joan die Granate, sie war kaum anders konstruiert, als diejenigen, die sie aus Polizei- und Militärarsenalen terranischer Herkunft kannte. Intuitiv zog sie den Sicherungsring, ließ den Sperrbügel schnappen und „kochte“ die Handgranate zwei Sekunden ab, dann warf sie sie über die Barrikade. Just in den Moment, wo die Granate hinter der Barrikade landete, explodierte sie und deckte Joan und Lilla mit Staub, Splittern und Schutt ein. Der dritte Soldat hatte keine Chance, die Explosion zu überleben.
                              Nachdem sich Staub und Qualm gelegt hatten, stand Joan auf und sah sich nach Lilla um.

                              Diese lag flach auf dem Boden, mit Dreck übersäht und sah Joan verständnislos an. Dann rappelte sie sich auf und klopfte sich die Kleidung ab. „Alle Achtung, Joan, das hätte ich besser nicht hinbekommen. Die Ausbildung bei der Weltraumpolizei scheint ja echt gut zu sein“, brummte Lilla respektvoll.

                              Joan bückte sich und nahm das Gewehr auf. „Es war eine harte Schule, aber es hat sich gelohnt“, gab sie lakonisch zurück. „Sollten wir jetzt nicht besser weiterfahren? Wo fahren wir überhaupt hin?“
                              Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                                Endlich mal 'ne Joan die auch mal kämpfen darf. In der Anime kommt sie da viel zu kurz (sondern eher in Schwierigkeiten). Da sieht man sie, glaube ich, nur ein einziges Mal kämpferisch richtig in Aktion: Mit 'nem Affenmenschen.
                                Und ab da, wo sie Future über den Weg läuft, muss sie ständig gerettet werden. Der Kerl tut ihr definitiv NICHT gut. Denn wie hat sie denn die angeblich 4 Jahre bei der Polizei ohne ihn überstanden? (Ich meine sie sagt sowas viele Folgen später mal bei diesem Gefangenentransport, der ja dann auch in die Hose geht). Da muss es ja wohl irgendwie auch ohne Herrn Newton geklappt haben oder hat sie da nur Kaffee gekocht???

                                Das liebe ich an der Fanfiction: Endlich bekommen die Figuren mal ein wenig mehr (und bessere!) Seiten verpasst
                                Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                                Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                                Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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