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Captain Future - Rache und Reue

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    #61
    Danke, danke!

    Mir ist es auch wichtig, solche Eigenschaften herauszustellen. Sie ist halt, trotz ihrer manchmal recht ruppigen Erscheinung, ein Gefühlsmensch.

    Und mal ganz ehrlich, wen so etwas, wie oben beschrieben, kalt lässt, der ist kein Mensch. Selbst Nurara wird noch Herz in diesem Zusammenhang zeigen.
    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

    Mission accomplished.

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      #62
      Das Ende von Kapitel 7.


      New York State Supreme Courthouse, 11. November, dritter Prozesstag

      In der Nacht auf den elften November hatte es im Großraum New York nach einem heftigen Temperatursturz zu schneien begonnen. Die ganze Stadt lag unter einer weißen Decke und bereitete sich auf die kommende Vorweihnachtszeit vor. Die nach einer einstündigen Mittagspause fortgesetzte, nunmehr drei Stunden anhaltende Gerichtsverhandlung hatte jedoch absolut nichts Besinnliches. Jonathan McCabe und Ed Fox lieferten sich ein erregtes Wortgefecht. Momentan wurde der letzte Anklagepunkt, der Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge, verhandelt. Die Situation schien festgefahren und das, obwohl sich die beiden Anwälte vor Prozessbeginn eigentlich fast einig waren. Fox zog sämtliche von Jonathan vorgebrachten Beweise, inklusive der polizeiärztlichen Untersuchungsergebnisse, in Zweifel ohne jedoch eigene handfeste Gegenbeweise vorzulegen. Fox war es eigentlich nur noch darauf aus, die bisher geständige Nurara in Misskredit zu bringen, um das Strafmaß zu erhöhen. Auf den Zuhörerplätzen saßen Katherine, Professor Kesselring sowie der Gerichtsgutachter, Doktor Jackson Skythe, und schüttelten ungläubig die Köpfe. Die drei Psychologen waren einhellig einer Meinung, was Nuraras Persönlichkeit, ihre Aufrichtigkeit und ihr Wille zur Resozialisierung betraf. Für die Show, die Staatsanwalt Fox hier abzog, hatten die drei kein Verständnis.
      Jonathan erhob sich und ergriff das Wort: „Ed, wir haben das ganze doch schon zweimal durchgekaut. Wie oft sollen wir denn noch darlegen, dass nach gegenwärtiger Beweislage meine Mandantin keinen tödlichen Schuss abgegeben hat? Wenn Sie keinen Gegenbeweis anführen können, sollten wir jetzt endlich zum Ende kommen.“

      Richter Callahan nickte zustimmend. „Ihr Kollege hat Recht, Herr Staatsanwalt. Bitte bringen Sie jetzt mal einen handfesten Beweis oder einen Belastungszeugen oder ich schließe endgültig die Beweisaufnahme.“

      Fox zuckte gleichgültig mit den Schultern und antwortete: „Gut, wie Sie wünschen. John, ich hatte gehofft, ich könnte dies hier Ihrer Mandantin ersparen, wenn sie sich auch zum Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig bekennen würde. Der Staatsanwaltschaft wurde eine Videosequenz übermittelt, aus der hervorgeht, dass die Angeklagte, vorsätzlich und unter Inkaufnahme schwerster Verletzungen oder gar des Todes, auf Professor Cash geschossen hat.“

      Callahan blinzelte irritiert. „Herr Staatsanwalt, wollen Sie damit behaupten, dass Sie die ganze Zeit dieses Material besessen haben, ohne das Gericht davon in Kenntnis zu setzen? Aus welcher Quelle stammt das Material?“

      Fox zog ein Datapad aus seiner Aktentasche und übergab es Richter Callahan. „Sir, dieses Filmmaterial stammt aus der Überwachungsanlage des Labors und wurde von einer anonymen Quelle der Staatsanwaltschaft zugespielt.“

      Callahan legte den Kopf schief. „Mister Fox, bei allem Respekt, aber wie können Sie einer anonymen Quelle vertrauen? Sind das neue Arbeitsmethoden bei Ihnen?“

      Fox blieb nach dieser Provokation gelassen. „Natürlich nicht, Euer Ehren, aber wir haben das Material eingehend gesichtet und überprüft. Wir halten es für authentisch.“

      Richter Callahan nahm das Datapad in die Hand und starrte einen Moment drauf, dann sagte er: „Es tut mir Leid, Herr Staatsanwalt, aber wenn Sie sich für die Herkunft von Beweismitteln nicht hundertprozentig verbürgen können, kann ich dies hier nicht als solches zulassen.“ Er blickte zum Tisch der Verteidigung herüber. „Das ist doch auch in Ihrem Sinne, nicht wahr, Mister McCabe?“

      Jonathan gestikulierte und redete leise, aber bestimmt auf Nurara ein. Nurara schüttelte den Kopf und schmunzelte vor sich hin. Dann flüsterte sie ihrem Anwalt etwas ins Ohr, woraufhin dieser sich kopfschüttelnd erhob. Er sagte halb laut zu Nurara: „Ganz wie Sie wollen, aber wenn das schief geht, sind Sie selbst für die Konsequenzen verantwortlich!“ Dann wandte er sich Callahan und Fox zu. „Euer Ehren, Herr Staatsanwalt, natürlich ist es in unserem Sinne, wenn sich das Gericht gegen Beweismittel unbekannter Herkunft entscheidet. Jedoch ist es der Wunsch meiner Mandantin, einen Blick auf das Material werfen zu dürfen. Meine Mandantin wäre dafür äußerst dankbar.“

      Fox und Callahan blickten sich einen Moment fragend an, dann zuckte Callahan mit den Schultern und steckte das Datapad in ein Dock auf der Tischplatte. Seufzend sagte er: „Bitteschön, wenn Sie das unbedingt möchten. Dieser Prozess ist sowieso nicht ganz normal, da können wir uns auch mal unzulässige Beweismittel zur allgemeinen Unterhaltung ansehen.“ Er drückte zwei Knöpfe auf seiner Tischplatte und ein großformatiger Monitor wurde am Rande des Richtertisches aufgeklappt.

      Einen Moment lang war nur ein statisches Geflimmer zu sehen, dann flackerte das Bild kurz und eine Videokamera zeigte in niedriger Auflösung ein krümeliges Bild von einem unaufgeräumten Büro, in dem gerade die Türe geöffnet wurde und eine junge Frau mit grünen Haaren eintrat. Sie trug, wie man es von Nurara kannte, den obligatorischen zweifarbigen Catsuit und darüber den silbernen Body mit dem Rautenmuster. An ihrem Gürtel hing eine schwere Protonenpistole. Die Frau ging zum Schreibtisch und durchwühlte ihn oberflächlich. Nach nur wenigen Sekunden schien sie gefunden zu haben, wonach sie suchte und nahm eine Mappe und eine kleine Datenkarte an sich. Just in dem Moment, als die Frau sich umdrehte, trat ein alter Mann, augenscheinlich Professor Cash, ins Büro, der eine etwa einen Meter lange Stange oder ein Rohr in der Hand hielt. Er redete aufgeregt auf die Frau ein und stupste sie immer wieder mit der Stange an. Von einem Moment auf den anderen zog die Frau ihre Waffe und schoss den Mann ohne mit der Wimper zu zucken nieder. Dann kniete sie sich hin, legte Waffe und Unterlagen ab und untersuchte den leblosen Körper. Als die Frau feststellen musste, dass hier nichts mehr zu retten war, nahm sie seelenruhig die Unterlagen auf und ging hinaus. Die Pistole ließ sie achtlos neben der Leiche liegen. Das Video zeigte noch einige Sekunden lang den toten Professor und schaltete dann ab.

      Fox schaute erwartungsvoll zwischen dem Richter und Jonathan hin und her, dann ruhte sein Blick auf Nurara, die ihn schamlos grinsend anstarrte. Plötzlich bekam Nurara einen Lachanfall. Sie lachte laut und herzhaft, sekundenlang, bis Richter Callahan ihrem Lachen mit energischem Hämmern auf den Richtertisch Einhalt gebot. „Verehrte Miss Nurara, wenn Sie nicht augenblicklich aufhören zu lachen und mir erklären, was daran so komisch ist, belege ich Sie mit drei Tagen Ordnungshaft wegen Missachtung des Gerichts!“ Callahan war absolut nicht amüsiert.

      Nurara musste nach Luft schnappen und sich die Lachtränen aus den Augen reiben, wobei sie reichlich Schminke verschmierte. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, Euer Ehren, die Macher dieser Sequenz haben sich offenbar sehr viel Mühe mit Details und Schauspielern gegeben …“ Nurara lachte erneut. „… die Frau, die mich darstellt, sieht mir sogar verdammt ähnlich. Aber zwei winzige Kleinigkeiten hat man übersehen …“

      „Spannen Sie uns nicht auf die Folter!“, brummte Callahan.

      Nurara grinste den Richter unverblümt an und sagte trocken: „Sir, erstens: ich bin Rechtshänderin, die Frau im Film hat mit links geschossen. Ich bin gerne bereit, den Beweis anzutreten, dass ich mit links absolut nicht schießen kann.“

      Fox schüttelte den Kopf: „Nurara, das glaube ich Ihnen nicht. Auf diese kurze Distanz trifft jeder!“

      „Sir, ich habe mir als Kind bei einem Unfall die Sehne des linken Zeigefingers durchtrennt. Sie ist verkürzt und deswegen habe ich fast keine Kraft in diesem Finger. Ich kann keinen Pistolenabzug mit links bedienen. Zweitens hat mir Professor Cash mit der Eisenstange auf den Unterarm geschlagen, woraufhin sich der Schuss gelöst hat. Davon ist in diesem Video nichts zu sehen.“

      Callahan sah Fox durchdringend an und fragte gelangweilt: „Möchte die Staatsanwaltschaft eine gerichtsmedizinische Untersuchung des linken Fingers und des Unterarms der Angeklagten beantragen?“

      Ed Fox lief puterrot an und setzte sich an seinen Platz. „Nein, danke Euer Ehren, die Staatsanwaltschaft verzichtet auf einen solchen Antrag“, gab er kleinlaut zurück.

      Jonathan sah seine hübsche Mandantin belustigt an und raunte ihr ins Ohr: „Gratuliere, Sie haben Fox heute regelrecht gedemütigt und auflaufen lassen. So wie ich ihn kenne, wird er daran lange zu knabbern haben.“

      Richter Callahan klopfte mit dem Hammer auf den Tisch und sorgte dafür, dass die allgemeine Unruhe im Gerichtssaal abgestellt wurde. „Gut, meine Damen und Herren. Ich gehe davon aus, dass die Herren Anwälte zum jetzigen Zeitpunkt keine Anträge mehr stellen möchten?“ Er sah in die Runde. Beide Anwälte schüttelten schweigend den Kopf. „In Ordnung, damit schließe ich am heutigen Tage die Beweisaufnahme und lege den nächsten Termin auf Donnerstag, den 20. November fest. Dann möchte ich die abschließende Beurteilung von Ihnen, Doktor Skythe, hören. Die Verhandlung ist geschlossen!“

      Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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        #63
        Einmal Kapitel 8 komplett - ist sehr kurz. Hier kommt die erwähnte Stelle, an der sogar Nurara richtig Herz zeigt.

        Kapitel 8

        Nuraras Wohnung, am nächsten Morgen


        Sam hatte die Nacht bei Nurara verbracht und war an diesem Morgen früh aufgestanden. Nach einem schnellen Frühstück hatte er das Appartement verlassen, um einen Gerichtstermin wahrzunehmen. Nurara stand ausgeschlafen und gut gelaunt mit einer Kaffeetasse am Fenster und beobachtete das geschäftige Treiben drunten im Hafen. Die Stadt war vom Nachtfrost noch weiß angehaucht und ein gelber Halbmond schien über Manhattan. Es versprach ein sonniger, aber eiskalter Tag zu werden. Unvermittelt begannen die Fensterscheiben leicht zu zittern und ein grollendes Triebwerksgeräusch wurde allmählich lauter. Von Süden her konnte Nurara das näherkommende Raumschiff mit seiner auffälligen X-förmigen Flügelanordnung schnell als die Comet ausmachen, die mit geringer Geschwindigkeit und angemessenem Abstand um das Polizeipräsidium herumflog. Irgendwie beschlich Nurara das Gefühl, dass die Ankunft der Comet mit ihr zu tun hatte, so stellte sie ihre Tasse auf dem Küchentresen ab und lief ins Schlafzimmer, um sich schnell anzukleiden. Keine zehn Minuten später klingelte es an ihrer Tür. Tatsächlich war es Curtis, der in Begleitung von Marshall Garnie eintrat.
        „Guten Morgen Nurara“, sagte der gut aufgelegte Captain. „Wie geht es Ihnen? Wir hatten schon länger nicht mehr die Möglichkeit, miteinander zu reden.“ Er reichte ihr die Hand zur Begrüßung.

        „Was verschafft mir die Ehre so früh am Morgen, Newton? Es ist nicht mal acht Uhr!“, gab Nurara argwöhnisch zurück, während sie seine Hand schüttelte. „Mir geht es ganz gut, es ist nur manchmal etwas langweilig über den Tag.“ Sie nickte dem Marshall einen knappen Gruß zu. „Kaffee, die Herren?“

        Beide Männer nahmen den angebotenen Kaffee dankend an und setzten sich auf die Couch. Nurara nahm im Sessel Platz und zog die nackten Füße zu sich. „Also? Was führt Sie zu mir, Captain?“

        Curtis nahm einen Schluck Kaffee, stellte die Tasse ab und sah Nurara mit ernster Miene an. „Ihnen dürfte bekannt sein, dass in vier Tagen der Prozess gegen Kuolun beginnt. Ich habe von der lokalen Staatsanwaltschaft eine Vorladung bekommen. Man betrachtet mich als einen der Hauptbelastungszeugen und ich soll gleich am ersten Prozesstag gegen Kuolun aussagen.“

        Nurara blickte über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg. „Und?“, fragte sie gleichmütig. „Haben Sie die Befürchtung, ich könnte noch einen Rückzieher machen, was meine Aussage angeht?“

        „Würden Sie?“, fragte Curtis zurück.

        Nurara richtete sich auf und stellte ihre Kaffeetasse ab. Sie sah Curtis fest entschlossen in die Augen und antwortete: „Nennen Sie mir einen Grund, warum ich das tun sollte, Captain. Sie haben mich und Kuolun vor nicht ganz acht Wochen festgenommen. Ich hatte seitdem sehr viel Zeit, nachzudenken. Und glauben Sie mir, zum gegenwärtigen Zeitpunkt wünsche ich mir nichts sehnlicher, als Kuolun hinter Gittern schmoren zu sehen. Ich möchte das Geschehene hinter mir lassen. Wenn Sie mir sagen, dass Sie Zweifel an meiner Aufrichtigkeit haben, ist das Ihr Problem, Newton. Aber ich werde mich nicht beirren lassen und dieses Kapitel ein für alle Mal abschließen.“ Nurara hatte sich etwas in Rage geredet und funkelte Curtis finster an. Er hielt ihrem Blick stand.

        „Sie missverstehen mich, Nurara“, antwortete Curtis mit ruhiger Stimme. „Ich hatte nicht die Absicht, Sie oder Ihren Sinneswandel in Zweifel zu ziehen. Ich wollte Sie nur noch einmal daran erinnern, dass jetzt der wirklich ungemütliche Teil für Sie losgeht. Das Gericht, ganz besonders Kuoluns Verteidigung, wird tief in Ihrer Vergangenheit buddeln. Man wird Sie mit Dreck bewerfen, Ihnen das Wort im Munde herumdrehen, Sie als unglaubwürdig hinstellen. Leisten Sie sich einen einzigen Fehler bei Ihrer Aussage als Kronzeugin, verlieren Sie Ihre gerade so mühsam wiederhergestellte Reputation – und damit die Chance auf die Freiheit, die Sie sich so wünschen. Sind Sie bereit dafür?“ Curtis erhob sich und machte Anstalten zu gehen.

        Marshall Garnie, der bis jetzt noch kein Wort gesagt hatte, legte seine Hand auf den Unterarm seines jungen Freundes. „Lass gut sein, Curtis, mach ihr keine Angst.“

        Nurara erhob sich ebenfalls und sagte mit eisenharter Stimme: „Captain, eines können Sie mir glauben. Ich habe hart an mir gearbeitet, nicht nur die letzten zwei Monate. Auch wenn es überheblich klingen mag, aber Kat kann es Ihnen bestätigen: ich bin ein Paradebeispiel für innere Disziplin. Ich musste in den letzten Wochen erst wieder lernen, was es heißt, ehrliche Gefühle zu zeigen und mich fallen zu lassen. In vielerlei Hinsicht bin ich noch nicht dort angekommen, wo Kat und Professor Kesselring mich gerade gerne sehen würden. Ich mache Fortschritte und bin Kat und ganz besonders Sam von Herzen dankbar für deren aufopferungsvolle Unterstützung. Aber die Fähigkeit, meine Gefühle auszuschalten, wird mir bei meiner Aussage hilfreich sein. Sehr hilfreich. Und ich habe genügend Wissen, um Kuolun endgültig von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Ich will, dass dieses Monster im Kerker verwest!“

        Curtis nickte bedächtig. „Das ist angekommen, Nurara. Ich werde Kuolun vor der Prozesseröffnung im Gefängnis aufsuchen. Möchten Sie, dass ich ihm etwas von Ihnen ausrichte?“ Seine ernste Miene wandelte sich zu einem spitzbübischen Grinsen.

        Nurara überlegte kurz und antwortete mit einem boshaften Lächeln: „Treten Sie ihm einfach mal in den Arsch!“

        Curtis lachte auf und sagte: „Das machen wir gemeinsam, okay? Ich mache mich jetzt auf den Weg. Halten Sie die Ohren steif, Nurara.“ Er ging zur Tür und Garnie folgte ihm.

        „Marshall, kann ich noch kurz mit Ihnen reden?“, fragte Nurara den Polizeichef.

        „Natürlich, was gibt es denn?“, fragte er mit väterlicher Stimme und gab Curtis einen Wink, dass er schon einmal voraus gehen sollte.

        Nurara lehnte sich gegen die Wand neben der Tür und blickte Garnie traurig an. „Ich habe das mit Corporal Winter gehört. Und dass sie eine kleine Tochter hat.“

        Garnie nickte. „Ja, Phoebe heißt die Kleine und ist drei. Ihr Vater versucht gerade, das Jugendamt davon zu überzeugen, dass er das Sorgerecht bekommt. Allerdings geht das nicht ohne Einschaltung des Familiengerichts und dazu braucht er einen Anwalt, den er nur mit Mühe finanzieren kann. Jorge, Phoebes Vater, arbeitet auf der orbitalen Raumwerft und verdient nicht gerade viel. Ich habe schon eine Zahlung aus dem Rentenfonds veranlasst, aber es reicht vorne und hinten nicht.“

        Nurara atmete tief ein und aus, dann antwortete sie: „Marshall, es wäre mir eine Herzensangelegenheit, wenn ich irgendwie helfen könnte, indem ich zum Beispiel die Anwaltskosten übernehme. Ich werde Sam fragen, ob er einen richtig guten Familienanwalt kennt.“

        Garnie schüttelte grinsend den Kopf: „Das brauchen Sie nicht, meine Liebe. Diana Rockwell, die Partnerin der McCabes und Jonathans Lebensgefährtin, ist Fachanwältin für Familienrecht. Allerdings ist ihr Honorar horrend. Würden Sie wirklich …?“

        „Ja, Marshall, das würde ich ohne Wenn und Aber. Geld spielt absolut keine Rolle. Und ich möchte, sofern es möglich ist, der Familie einen Besuch abstatten. Vielleicht kann ich noch etwas mehr helfen. Es wird doch auf der Erde bald Weihnachten gefeiert – so ein Fest kennen wir auf dem Mars gar nicht. Weihnachten ist doch die Zeit, in der man seinen Mitmenschen etwas besonders Gutes tun soll, nicht wahr? Ich möchte auch endlich mal etwas Gutes tun …“

        Marshall Garnie war sprachlos. Er schaute in Nuraras große blaue Augen und sah nichts anderes außer Wärme und Aufrichtigkeit. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und sagte leise: „Danke Nurara, Sie glauben gar nicht, wie dankbar ich Ihnen bin. Machen Sie sich startklar, ich hole Sie in einer Stunde ab und wir fahren rüber nach New Jersey.“
        Als Garnie das Appartement verlassen hatte, lehnte Nurara ihren Kopf an die Wand und sah lächelnd zur Decke. Sie fühlte sich gut.

        Am Nachmittag fühlte sich Nurara noch besser. Sie saß mit Katherine und Dorothea Kesselring in der Kantine beim Kaffee und berichtete ihr von ihrem Besuch bei Jorge Winter und seiner Familie. Jonathan hatte ihr bereits zugesagt, dass Diana Rockwell den Fall übernehmen würde und Nurara hatte dafür gesorgt, dass Jorge die Mittel hatte, noch vor Weihnachten das undichte Dach reparieren zu lassen, von dem er ihr erzählt hatte.
        Katherine und Dorothea trauten ihren Ohren kaum. „Das hast du wirklich getan?“, fragte Katherine ungläubig. „Du hast wildfremden Leuten einfach Geld gegeben, um ihre Not zu lindern? Alle Achtung!“

        Nurara blickte traurig auf die Tischplatte und dann in Katherines graue Augen. „Ach Kat, was ist schon Geld. Ganz ehrlich, ich habe mehr als genug davon und kann es kaum ausgeben. Die Winters haben es im Moment besonders schwer und ihnen auf diese Art unter die Arme zu greifen, ist das mindeste, was ich tun konnte. So bekommen die Kinder wenigstens ein paar Weihnachtsgeschenke und bleiben im trockenen. Außerdem wird die kleine Phoebe noch vor Weihnachten bei ihrem Vater einziehen können.“

        „Das, Nurara, war das größte Geschenk, was Sie der Familie machen konnten. Sie verdienen meinen allergrößten Respekt“, warf Kesselring ein. Sie nahm Nuraras Hand in die ihre und drückte sie fest.

        Nurara lächelte. „Danke Thea, und glauben Sie mir, es hat mir eine wahnsinnige Erleichterung gebracht.“

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          #64
          Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
          „Du hast wildfremden Leuten einfach Geld gegeben, um ihre Not zu lindern? Alle Achtung!“

          Ich finde es echt klasse, wie du immer wieder neue Facetten von Nuraras Gefühlsleben findest.
          Ich habe ja schon immer gern fanfiction zum Thema CF gelesen, aber dieses schmalztriefende Einerlei zwischen Curtis und Joan ging mir auf die Nerven.

          Wirklich toll, wenn mal jemand was über andere Crewmitglieder oder sog. "Nebenpersonen" schreibt. Noch dazu mit diesem Ideenreichtum. Da kann man sich beim Lesen richtig reinversetzen.

          Weiter so.
          ZUKUNFT -
          das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
          Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
          Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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            #65
            Ich finde auch, dass sich ein näherer Blick auf die Nebencharaktere lohnt und ich freue mich, wenn man diese ausführlich Beschreibt oder ihnen auch eigene Stories zukommen lässt, in denen sie eher Hauptpersonen sind. Es ist ähnlich wie bei den einzelnen Star Trek Folgen. Es gibt Geschichten, da ist z.B. mal Worf der Hauptcharakter, in anderen wiederum, dreht sich alles um Data und wieder andere thematisieren Geordi LaForge. Das vermittelt den Zuschauern, das alle Personen wichtig sind.
            Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
            Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
            Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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              #66
              Danke euch beiden.

              Ich weiß ja nicht, ob Freund Dessler hier mitliest, aber da er anscheinend auch ein Faible für dieses "Böse" Mädchen zu haben scheint, wundert es mich, dass er sich noch nicht zu Wort gemeldet hat...

              Ich selber halte Nurara für eine äußerst ambivalente Persönlichkeit, in die man eine ganze Menge hineininterpretieren kann. Aus der Anime - auf die sich meine Geschichte bezieht, und nur auf die, wissen wir ja leider nicht allzu viel über Nurara, und das, was ich hier schreibe, soll ja auch nicht der Weisheit letzter Schluss oder gar die Krönung der literarischen Schöpfung sein. Ich habe mit Nurara einfach mal ein wenig herumexperimentiert, um zu zeigen, dass auch eine Kriminelle wie sie ein Mensch mit Sorgen, Nöten, Ängsten und ja, sogar mit Gefühlen ist. Nurara ist nicht "Bad to the Bone", sie vergeht sich nicht an Kindern, quält keine Tiere und tötet nicht aus Spaß am Töten - in einer Folge von "Das Geheimnis der 7 Weltraumsteine" wendet sie sogar ihren Blick ab, als Otho im Zirkus tödlich abzustürzen droht. Für mich war und ist es interessant, ihren Charakter mal in einem anderen Licht zu sehen und hervorzuheben, wie sie sich ohne ihren Doktor - von dem sie allem Anschein nach ja völlig abhängig zu sein scheint - schlägt und welche Allianzen sie schmiedet.

              Um der Neutralität Willen - ich wollte nicht, dass Nurara sich zu sehr mit Hamiltons Figuren verbrüdert, insbesondere mit dem Captain himself - sie bleibt ja doch merklich zu Curtis auf Distanz und siezt ihn immer noch - habe ich eben die von mir erdachte Katherine dafür ausgewählt, sie steht als Weltraumpolizistin auf der Seite der Guten und ist vom Wesen her Nurara dennoch nicht unähnlich. Beide sind willensstarke Persönlichkeiten, die an sich selbst glauben (bitte nicht verwechseln mit "an sich selbst denken", Kat ist keine Egoistin!) und sich durch Widrigkeiten nicht unterkriegen lassen. Nurara und Kat funken auf der selben Welle, im Gegensatz zu Joan und Curtis, die trotz aller Bemühungen um Nurara immer noch die Distanz wahren.

              Ihr zwei, Twisi und Avatax, ihr wisst ja schon, wie diese Geschichte ausgeht...
              Zuletzt geändert von Nurara McCabe; 31.03.2014, 14:33.
              Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

              Mission accomplished.

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                #67
                Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                Ihr zwei, Twisi und Avatax, ihr wisst ja schon, wie diese Geschichte ausgeht...
                Oh ja, allerdings.

                Nur eine kleine Randbemerkung dazu, bzw. ein Wunsch.

                Könntest du diesmal ein alternatives Ende schreiben? Ich meine nur ein paar Kleinigkeiten.
                Nurara ist so eine tolle Persönlichkeit durch dich geworden.
                Ich kann jetzt nicht für andere fleissige Mitleser sprechen, aber ICH würde wirklich gerne mehr von ihr lesen.

                So ein Besuch in Earths Spelunke z.B.. Einfach neue Abenteuer mit ihren neu gewonnenen Freunden.

                avatax
                ich geh mal in Deckung
                ZUKUNFT -
                das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
                Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
                Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                  #68
                  Mit einem alternativen Ende tu ich mich schwer, bereitet "Rache und Reue" doch "Meuterei" vor... Was ich mir aber vorstellen könnte, wäre ein "Spin-off" von diesem "Spin-off", aber ich möchte grad nichts neues anfangen.

                  Ich mach hier jetzt mal weiter, mit Kapitel 9. Das Gespräch zwischen Curtis und Kuolun macht mir immer noch Spaß zu lesen.




                  Kapitel 9

                  Airam IV, zwei Tage später

                  Der vierte Planet des Airam-Systems war eine, aus dem Weltraum betrachtet, schön anzusehende grün-blaue Welt mit zwei großen Hauptkontinenten und vielen vorgelagerten Inseln. Als Planet der Klasse M unterschied er sich kaum von den atmosphärischen, geologischen und meteorologischen Gegebenheiten auf der Erde. Airam IV war nur unwesentlich größer und besaß eine leicht höhere Schwerkraft. Durch seine fast kreisförmige Bahn um das Zentralgestirn gab es jedoch keine nennenswerten Jahreszeitenwechsel. Bis auf die Küstenstreifen und einige Gebirgszüge waren die Kontinente mit dichten Regenwäldern bedeckt. Die Jahresdurchschnittstemperatur betrug mit Ausnahme des Polarbereichs durchgängig 34 Grad Celsius bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 65 bis 80 Prozent. Kurzum: der ganze Planet war ein tropisches Dampfbad.

                  Curtis war froh, der feuchten Hitze für einige Zeit entfliehen zu können, als er den klimatisierten Vorraum des Untersuchungsgefängnisses betrat. Seine Ankunft hatte er der Gefängnisleitung angekündigt und so wurde Curtis bereits vom Gefängnisdirektor und zwei bulligen Wachleuten erwartet. Direktor Foyyd, ein kleiner dicklicher Mann mit einem braunen Haarkranz, der sich in einem fort mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn tupfte, begrüßte den Captain per Handschlag. „Willkommen auf Airam IV, Captain. Sie haben heute einen kühlen Tag erwischt, hahaha!“ Seine Stimme klang kratzig, als müsste er sich jeden Moment räuspern.

                  Curtis verzog das Gesicht zu einem nachlässigen Grinsen. „Danke Herr Direktor. Mit Verlaub, meine Zeit ist knapp. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir auf die üblichen Floskeln verzichten und Sie mich gleich zu Kuolun bringen?“

                  Foyyd machte eine servile Verbeugung und sagte: „Selbstverständlich, Captain. Wenn Sie so freundlich wären und vorher noch Ihre Waffen hier ablegen würden?“ Er deutete auf eine leere Kunststoffbox, die ein weiterer Vollzugsbeamter hinter einem Tresen bereitstellte.

                  Curtis trennte die Energieleitungen seiner Protonenpistolen und legte sie kommentarlos in die Box. Foyyd lächelte dienstbeflissen und forderte ihn auf, ihm zu folgen. Sie kamen zu einem Turbolift, der sie einige Stockwerke höher brachte. Während der kurzen Fahrt erkundigte Curtis sich nach den Sicherheitsvorkehrungen für Schwerstkriminelle wie Kuolun.
                  Nicht ohne Stolz antwortete Foyyd bereitwillig. „Sehen Sie Captain, Kuolun sitzt ein einer Einzelzelle auf einer völlig leeren Etage. Es gibt nur einen einzigen Zugang und dieser wird von einem ganzen Zug Männern bewacht, 32 Stunden am Tag, rund um die Uhr. Der Kontakt zu anderen Mitgefangenen ist ihm untersagt, der einzige, der ihn regelmäßig besuchen darf, ist sein Pflichtverteidiger.“

                  „Wie verhält er sich?“, wollte Curtis wissen, als sie den Lift verließen.

                  „Oh, Kuolun ist auffallend zurückhaltend, schweigsam und in sich gekehrt. Er schreibt sehr viel, vor allem an seiner Verteidigung und verzichtet, obwohl es ihm zusteht, auf die Nutzung von Informationsmedien. Er schottet sich regelrecht ab.“

                  „Mmmh, mhhh“, machte Curtis, „sieht dem alten Gauner ähnlich. Haben Sie seine Schriftstücke auf verdächtige Informationen überprüft?“

                  Foyyd nickte. „Ja, das haben wir. Allerdings konnten wir nichts feststellen, das in irgendeiner Form auffällig gewesen wäre.“
                  Sie kamen an ein schweres Stahlschott, das auf eine Handbewegung des Direktors hin von einem Beamten geöffnet wurde. Dahinter wurde die Sicht auf einen langen, von Zellen gesäumten und mit weiteren Schleusen versehenen Gang frei.
                  „Gut, Captain. Gehen Sie bis zur letzten Schleuse. Dort werden die Beamten Sie zu Kuolun begleiten. Er weiß übrigens noch nicht, dass Sie ihn aufsuchen werden.“ Foyyd grinste schmierig. „Wenn Sie nach Ihrer Unterredung noch etwas Zeit erübrigen können, würde ich mich freuen, Sie in meinem Büro auf einen Drink einladen zu dürfen.“

                  Curtis nickte und dachte bei sich: ‚Vergiss es, Schleimbeutel! ‘, antwortete aber: „Sehr gern, wenn es mir möglich ist, schaue ich gerne nachher noch einmal rein." Auf ihn machte Direktor Foyyd den Eindruck, dass er nicht gerade der Frauenwelt zugetan war …

                  Curtis trat durch die letzte Schleuse und wurde von den Beamten zu einem Raum neben der einzigen Zelle geleitet. Die Zellentür stand weit offen, die Tür zum Nebenraum war jedoch geschlossen. Neben dieser Tür war ein Fenster aus Transparistahl eingelassen. Curtis sah hindurch. An einem blanken Tisch aus Edelstahl saß der Mann, zu dessen Aufgabe er es sich gemacht hatte, ihn zu jagen und zur Strecke zu bringen. Der Sohn von Victor Korvo, des Mannes, der die Eltern des kleinen Curtis Newton vor vielen Jahren auf bestialische Weise umgebracht hatte: Doktor Vul Kuolun.
                  Der Vollzugsbeamte öffnete schweigend die schwere Panzertür und Curtis trat mit einem flauen Gefühl in der Magengegend ein. Kuolun, der bis eben noch auf die Tischplatte gestarrt hatte, hob seinen Kopf und grinste seinen Besucher hämisch an. „Ich wusste, dass Sie irgendwann aufkreuzen!“, rief der Marsianer. Kuolun bedeutete Curtis mit den gefesselten Händen, sich zu setzen. „Na? Wie gefällt es Ihnen im Moment des augenscheinlichen Triumphs?“

                  Curtis wollte eine ätzende Antwort geben, blieb aber gelassen. Nachdem er sich hingesetzt hatte und seinem Erzfeind kalt und starr in die Augen gesehen hatte, antwortete er: „In die Ecke getrieben und immer noch zum Angriff bereit. Warum sollte ich je etwas anderes von Ihnen erwarten?“

                  Kuolun gab ihm darauf keine Antwort. Stattdessen schaute er sinnierend zur kahlen Betondecke und fragte: „Können Sie mir erklären, warum wir uns eigentlich hassen? Unsere Väter haben sich de facto gegenseitig umgebracht. Mein Vater den Ihren und Ihres Vaters Werkzeuge, dieser Roboter und diese unsägliche Gummipuppe den meinen. Eigentlich sollten wir es besser wissen und quitt sein …“

                  Curtis unterbrach Kuolun brüsk: „Reden Sie keinen Mist, Kuolun! Es war Ihr Vater, der von Gier getrieben die Forschungsergebnisse meines Vaters gestohlen hat. Meine Eltern mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen! Dass Ihre Eltern zu Tode gekommen sind, ist nur dem Umstand geschuldet, dass Ihr Vater zu dumm war, seine Familie rechtzeitig in Sicherheit zu bringen! Ihr Vater hat lieber mit gestohlenen Forschungsergebnissen geprahlt und das Leben Ihrer Mutter leichtfertig aufs Spiel gesetzt! Und Ihres auch, Kuolun! Dass Sie noch leben, können Sie der Tatsache verdanken, dass Grag und Otho keine stumpfsinnigen Killer sind! Der Tod Ihrer Eltern war ein Unfall und kein Mord, das wissen Sie genauso gut wie ich!“

                  Kuolun sprang auf und rasselte mit den Ketten. „Das ist eine infame Lüge!“, brüllte er. „Ich habe meine Mutter noch in den rauchenden Trümmern unseres Hauses gefunden! Ihr verdammter Androide hat es eiskalt in die Luft gesprengt!“

                  Curtis lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Setzen Sie sich wieder hin, Vul. Wir kommen hier nicht weiter.“

                  „Lecken Sie mich am Arsch, Newton!“, giftete Kuolun. Hasserfüllt starrte er seinen Widersacher an.

                  Curtis blieb derweil die Ruhe selbst. „Wollen Sie nicht wissen, wie es Nurara geht?“, versuchte er Kuolun zu locken.

                  „Danke, ich bin im Bilde“, schnappte Kuolun. „Die kleine Schlampe macht für ihren Anwalt die Beine breit, sitzt in einem komfortablen Polizeiappartement und bekommt Bewährung für eine Aussage gegen mich.“ Kuolun spuckte jedes Wort förmlich aus. „Was wollen Sie von mir hören? Dass ich mich für das Miststück etwa freue?“, rief er und riss die Arme nach oben.

                  Curtis grinste. „Für jemanden, der auf sämtliche angebotenen Zugänge zu den Medien verzichtet, sind Sie erstaunlich gut informiert. Wie kommt es?“

                  Kuolun zog die Augenbrauen zusammen. „Was soll die Frage?“

                  Curtis konnte an Kuoluns Tonfall deutlich erkennen, dass dieser sich ertappt fühlte. „Nun, Marshall Garnie hatte zum Thema Nurara eine absolute Nachrichtensperre verhängt. Und ausgerechnet Sie, wo Sie dreieinhalb Lichtjahre von der Erde entfernt, hier ganz allein in Ihrer Zelle sitzen, sind über alle Vorgänge auf dem neuesten Stand.“ Curtis durchbohrte Kuolun förmlich mit seinem Blick.

                  Dieser zuckte nur mit den Schultern und meinte nur: „Tja, ich habe halt meine Quellen.“

                  Curtis nickte wissend. „Ja, Ihr komischer Anwalt Borksh! Sie wissen also auch, dass Zistavan Borksh unter Verdacht steht, am Tode dreier Menschen beteiligt und im Besitz vertraulicher Polizeidaten zu sein?“

                  Kuolun öffnete mit Unschuldsmiene die Handflächen und antwortete: „Ich habe meinem Anwalt weder einen Mordauftrag noch die Anweisung gegeben, irgendetwas zu stehlen. Wie er an Informationen kommt, darauf habe ich keinen Einfluss. Sehen Sie sich doch nur mal um!“ Kuolun machte eine den Raum umfassende Handbewegung. „Wenn Borksh per Haftbefehl gesucht werden sollte, werde ich ihm natürlich raten, sich zu stellen.“ Er dehnte das Wort „natürlich“ und grinste dabei hämisch.

                  Curtis schüttelte langsam und resigniert den Kopf. „Kuolun, Sie sind der absolute Abschaum der Galaxis. Sie werden nie wieder in der Gesellschaft Fuß fassen. Sogar Nurara hat sich von Ihnen losgesagt. Soll ich Ihnen verraten, was ich Ihnen von ihr ausrichten soll?“

                  Kuolun zog fragend eine Augenbraue hoch. „Reden Sie schon!“

                  Jetzt war es an Curtis, hämisch zu grinsen und er tat es besonders genüsslich. „Ich soll Ihnen in den Arsch treten und Sie – Nurara bezeichnete Sie wirklich so – Monster mögen im Kerker verwesen. Das waren ihre Worte, mein Lieber. Ich fürchte, nachdem Sie jetzt auch noch von Ihrer engsten Vertrauten im Stich gelassen wurden, wird es tatsächlich darauf hinauslaufen, dass man eines Tages Ihre stinkenden Überreste ganz einfach mit einem Besen hinauskehrt!“

                  Sämtliche Belustigung entschwand schlagartig aus Kuoluns Gesicht. „Dann ist es also wahr“, keuchte er. Er wusste genau, dass Curtis ihn nicht anlügen würde. „Sie hat mich also verlassen, sich abgekehrt und mir noch einen Dolch in den Rücken gerammt, nach alldem, was ich für sie getan habe.“

                  Wutentbrannt donnerte Curtis eine Faust auf den Tisch. „Hören Sie mit dieser Theatralik auf, Mann!“, grollte er. „Was haben Sie in den letzten Jahren für Nurara getan? Sie haben sie für Ihre Zwecke missbraucht, sie verprügelt, wenn sie nicht pariert hat und sie Ihnen hörig gemacht! Sie haben die Frau in all den Jahren seelisch förmlich vergewaltigt! Von anderen Dingen will ich gar nicht erst reden! Nurara hat zu Ihnen aufgesehen! Und Sie? Sie haben sie schamlos ausgenutzt und zu Ihrer Marionette gemacht. Sie haben diese Frau fast zerstört! Allein dafür gehört Ihnen der Prozess gemacht!“ In Curtis‘ grauen Augen blitzte blanker Hass und Mordlust.

                  Kuolun gab sein allseits bekanntes keckerndes Lachen von sich. „Jetzt will ich Ihnen mal was über Nurara sagen, Curtis. Nurara ist eine kleine, verzogene und egoistische Schlange. Sie ist intrigant und überaus gefühlskalt, darüber hinaus ist sie eine exzellente Schauspielerin. Das, was Nurara zu dieser Zeit Ihnen, den Psychologen und diesem Anwalt vorspielt, ist erstunken und erlogen. Nurara liebt niemanden, außer sich selbst. Das Wort Nächstenliebe existiert in ihrem Wortschatz nicht. Seien Sie sich dessen versichert. Sie verfolgt einen Plan geduldig wie ein Raubtier, das auf seine Beute lauert. Ihr ist es egal, wieviel Zeit sie benötigt, aber sie bringt es zu Ende. Und um ihr Ziel zu erreichen, ist ihr jedes Mittel recht!“ Kuolun verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich triumphierend zurück.

                  Curtis kniff die Augen zusammen und beugte sich am Tisch vor. „Und Sie, Vul, klammern sich an jeden Strohhalm, nicht wahr? Drei erfahrene Psychologen arbeiten an dem Fall und sind unabhängig voneinander zum gleichen Schluss gekommen. Sie haben Nurara ein für alle Mal verspielt und verloren. Begreifen Sie das nicht?“

                  Jetzt beugte sich Kuolun ebenfalls nach vorne, so dicht, dass die Haarspitzen der beiden Männer sich berührten. „Und Sie kennen diese grünhaarige Hexe nicht“, zischte er nur und lehnte sich wieder zurück. „Ich denke, Sie sollten jetzt gehen ... Unsere Unterredung ist beendet. Ich erwarte Sie übermorgen zu Ihrer Aussage.“ Kuolun bedachte Curtis mit einem höhnischen Grinsen.

                  „Wie Sie meinen, Kuolun“, antwortete Curtis und erhob sich von seinem Stuhl. „Nurara hat übrigens vorgestern einer armen Familie eine große Summe Geld geschenkt und einen Anwalt bezahlt, damit ein kleines Mädchen zu seinem Vater darf, weil die Mutter verstorben ist. Soviel zu ihrem Egoismus und fehlender Nächstenliebe.“ Dann gab er durch die Scheibe dem Beamten ein Zeichen, die Türe zu öffnen. Noch einmal drehte er sich zu Kuolun um. „Ist das die Art einer falschen Schlange?“

                  Kuolun sah seinen Rivalen überrascht an. „Oh? Nein, ich muss zugeben, das ist wirklich nicht ihre Art“, antwortete er leicht irritiert.

                  „Sehen Sie, Vul, Menschen ändern sich!“, sagte Curtis trocken und ging hinaus.

                  Kuolun sah ihm noch einen Moment nach und flüsterte: „Oder es ist ihren Zielen dienlich …“

                  Zuletzt geändert von Nurara McCabe; 01.04.2014, 12:40.
                  Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                    #69
                    Joan liest Curtis die Leviten...


                    Curtis beeilte sich, das Gefängnis zu verlassen. Er ließ sich seine Waffen aushändigen und ignorierte geflissentlich die ausgesprochene Einladung von Direktor Foyyd. Während der kurzen Fahrt mit dem Taxigleiter zum Raumhafen dachte er ständig über Kuoluns Worte nach. Sicherlich kannte Kuolun Nurara besser als alle anderen und hatte bei seiner Meinung über sie keinen Grund zu lügen. Aber verhielt es sich mit Nurara wirklich so? War sie tief in ihrem Inneren immer noch das eiskalte, verschlagene Biest oder war sie in der Tat dabei, diese unsäglichen Fesseln abzulegen? Unruhe stieg in Curtis auf, schließlich war es ursächlich seine Idee, Nurara wieder auf den rechten Weg zu bringen. Er investierte nicht nur massiv Zeit und Geld in dieses Vorhaben, nein, er setzte auch seinen Ruf aufs Spiel. Hatte Nurara ihm noch vor zwei Tagen dreist ins Gesicht gelogen oder waren Kuoluns Worte nur ein billiger Versuch, Curtis‘ Ideen ins Wanken zu bringen? Kuolun hatte gesagt, Nurara würde, um ihr Ziel zu erreichen, sich alle Zeit der Welt nehmen. Curtis hatte ebenfalls Zeit und genügend Leute, die ihn unterstützen würden. Als das Taxi am Raumhafen ankam und vor der Comet anhielt, hatte er eine Idee. Er bezahlte den Fahrer und stürmte an Bord, geradewegs in seine Privatkabine. Dort setzte er sich an das Kommunikationsterminal und rief das Präsidium der Weltraumpolizei an. Curtis ließ den diensthabenden Offizier eine Konferenz mit Joan und Katherine schalten.
                    Die beiden Frauen hörten den Ausführungen des Captains aufmerksam zu. Als seinen Bericht endete, schüttelte Katherine energisch den Kopf und in Joans Gesicht spiegelte sich blankes Entsetzen wider. „Nurara verhält sich völlig gegenteilig zu dem, was du gerade gesagt hast, Curtis!“, rief Katherine. „So sehr kann sich kein Mensch verstellen.“

                    „Du vergisst, dass sie Marsianerin ist. Die haben eine etwas andere Mentalität und Auffassung in Sachen Ehrlichkeit“, erwiderte Curtis.

                    „Genetisch betrachtet gehören sie trotzdem zur Gattung Homo Sapiens, falls du in Biologie aufgepasst haben solltest. Sie sind keine Aliens!“, spottete Joan.

                    Die drei diskutierten fast eine halbe Stunde lang erregt um Möglichkeiten, Nurara bezüglich ihrer Ehrlichkeit auf den Zahn zu fühlen, bis die Stimmung ziemlich gereizt war. Katherine war kurz davor abzuschalten, da Curtis einen gewagten Vorschlag machte.
                    „Auf gar keinen Fall!“, riefen die beiden Frauen im Chor. Joan schmollte und Katherine war sichtlich sauer. Curtis dachte daran, dass sich jemand absichtlich in Gefahr bringen sollte, um Nuraras Verhalten und Reaktion zu testen.
                    „Ich lasse nicht zu, dass Leib und Leben von irgendjemand für solch einen dämlichen Test riskiert wird", rief sonst so gelassene Katherine erbost. "Und ich will auch nicht, dass meine Patientin selbst in Gefahr gebracht wird, ist das klar? Normalerweise bin ich für jeden Blödsinn zu haben, Curtis, das weißt du. Aber das, was du da vorschlägst, ist nicht einmal mehr grober Unfug! Mir fehlen wirklich die Worte!“ Katherines graue Augen blitzen vor Wut.

                    „Was schlägst du vor, Kat?“, fragte Curtis sichtlich entnervt. Psychologen konnten sehr anstrengend für einen Pragmatiker wie ihn sein.

                    Katherine rieb sich die Nasenwurzel bevor sie antwortete: „Ich werde mit Nurara noch einmal reden. Zusammen mit Professor Kesselring werde ich mit ihr ein Konfrontationsgespräch führen – nach ihrer Aussage und vor der Urteilsverkündung! Verstanden? Bis dahin möchte ich von solchen Schnapsideen nichts mehr hören, kapiert?“ Katherine schaltete ab, nur Joans Verbindung blieb noch bestehen. Joan sah Curtis vorwurfsvoll an.

                    „Sag mal, wie heiß ist es auf Airam gerade? Warst du zu lange in der Sonne oder ist die Klimaanlage auf deinem Schiff defekt?“ In Joans Stimme lag eine Spur Enttäuschung und Bitterkeit. „Oder wie kommst du sonst auf solche Spinnereien?“

                    „Joan, ich will nur herausfinden, ob Nurara wirklich ernsthaft bei der Sache ist und Kuolun nur wieder Angst und Schrecken verbreiten will, oder ob wir uns mit der ganzen Geschichte in die Nesseln setzen werden“, versuchte Curtis die Erregung aus dem Dialog zu nehmen.

                    Joan verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen. „Kommen die ersten Zweifel, Captain? Warst du es nicht, der dieses Projekt aller Unkenrufen zum Trotz aus der Taufe gehoben hat?“

                    „Ja, sicher aber …“, gab Curtis zurück, wurde aber von Joan unterbrochen.

                    „Ich erinnere mich noch an den Abend der Festnahme.“ Sie stellte ihre Stimme tief und imitierte Curtis: „Oh, wir werden sie resozialisieren und wieder zu einem wertvollen Mitglied der Gesellschaft machen!“

                    „Ja, ich weiß, Joan …“, antwortete Curtis, der wiederum erneut von ihr unterbrochen wurde.

                    „Weißt du Curt, ich habe in den letzten Wochen mehr mit Nurara zu tun gehabt als du, eigentlich fast täglich, und ich konnte beobachten, wie bei ihr eine Wandlung vonstattengeht. Dabei war ich doch diejenige, die anfänglich Zweifel hatte. Während der Schiffstour haben Nurara und ich irgendwo einen gemeinsamen Nenner gefunden, zumindest auf der Basis, dass wir uns gegenseitig respektieren. Durch Kats Arbeit mit ihr habe ich es auch geschafft, ein gewisses Vertrauensverhältnis zu Nurara aufzubauen. Wir sind noch weit davon entfernt, dicke Freundinnen zu sein, das wird’s wohl auch nicht geben – wir haben eigentlich so gar nichts gemeinsam – aber wir gehen vernünftig und anständig miteinander um. Ich bin jetzt dort angekommen, wo du mich vor ein paar Wochen sehen wolltest. Und jetzt bekommst du Zweifel? Es wäre vielleicht besser für uns alle gewesen, wenn du das Gespräch mit Kuolun entweder nicht geführt oder es zumindest für dich behalten hättest. An diesem Punkt neue Zweifel zu streuen ist das pure Gift für unser aller Beziehung zu Nurara. Wenn wir ihr jetzt geschlossen das Vertrauen wieder entziehen, ist sie reif für die geschlossene Abteilung. Überleg dir genau, was du tust, Curtis!“ Joan hob beim letzten Satz drohend den Zeigefinger.

                    Curtis atmete tief durch. Insgeheim hatte er eine solche Standpauke von Joan erwartet. „Joan, du hast vollkommen Recht. Ich glaube, ich habe das Gespräch mit Kuolun schlicht und einfach überbewertet. Er ist derjenige, der Zweifel säht und Unfrieden stiftet. Ich darf das nicht zu sehr an mich heranlassen, gerade im Hinblick auf die Vergangenheit.“

                    Joan nickte zustimmend und schenkte ihm ein liebevolles Lächeln. „Genau Captain, du nimmst es dir einfach zu sehr zu Herzen. Lass deinen Groll über Kuolun nicht an Nurara aus. Als Victor Korvo deine Eltern …“ Joan hielt kurz inne, „Nurara war da nicht einmal geboren. Sie hat nichts, aber auch rein gar nichts mit diesem abscheulichen Verbrechen zu tun. Ich sage es dir noch einmal in aller Deutlichkeit, Curt: Lasse deinen Hass auf Kuolun nicht an ihr aus, bitte!“

                    Curtis nickte bedächtig. „Ja, Joan. Danke, dass du mir mal wieder die Augen geöffnet hast. Ich lasse mich einfach zu sehr von meinen Gefühlen leiten.“ Jetzt lächelte er die junge blonde Frau ebenfalls liebevoll und mit Herzenswärme an. „Ich liebe dich, Joan.“
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                      #70
                      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                      Jetzt lächelte er die junge blonde Frau ebenfalls liebevoll und mit Herzenswärme an. „Ich liebe dich, Joan.“
                      Na, wenn DAS nicht die sogenannten hartgesottenen Conservativen versöhnt, dann weiß ich auch nicht.

                      ZUKUNFT -
                      das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
                      Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
                      Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                        #71
                        Ich sehe das so, hinter einem starken Mann steht immer eine starke Frau - die ihrem Liebsten gerne mal den Kopf wäscht, wenn es notwendig ist, und ER sich dafür auch noch artig bedankt.



                        Ist bei mir nicht anders zu Hause...
                        Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                          #72
                          Da kann ich nichts mehr hinzufügen.

                          LACH.
                          ZUKUNFT -
                          das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
                          Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
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                            #73
                            Und hier kommt wieder was von meinem Lieblings Polizeichef, Marshall Garnie. Na? Mit wem hat die Chefin der Stadtpolizei gewollte Ähnlichkeit? Wer kommt drauf?

                            Ende Kapitel 9


                            Marshall Garnies Büro

                            Es war einer der seltenen Momente, in denen sich Commander Andrea Beckett freiwillig bei Marshall Garnie persönlich einfand. Meist wurde sie vom Chef ihrer übergeordneten Behörde einbestellt und mit unangenehmen Aufträgen wieder entlassen. An diesem Nachmittag hatte Commander Beckett jedoch interessante Neuigkeiten für Marshall Garnie im Gepäck.
                            Garnie hatte sich von seinem Schreibtisch erhoben und begrüßte die Chefin der Stadtpolizei freundlich. „Andrea, wie schön, Sie mal wieder in Natura begrüßen zu dürfen. Sie sehen nur allzu bezaubernd aus.“

                            Beckett lächelte charmant und antwortete: „Und Sie sind wie immer ein Kavalier der alten Schule, Ezella!“ Garnie hatte nicht einmal übertrieben. Commander Andrea Beckett war eine atemberaubend schöne Frau, mittelgroß, durchtrainiert und ihr langes, kastanienbraunes Haar umspielte mit großen Wellen ihre Schultern. Ihre schwarze Uniform der Stadtpolizei schmiegte sich an ihre aufregenden Kurven wie eine zweite Haut und wenn sie lachte, blitzten ihre braunen Augen voller Lebensfreude.

                            „Was führt Sie zu mir, Andrea? Bitte nehmen Sie doch Platz. Kaffee?“ Garnie geleitete Beckett zur komfortablen Sitzgruppe auf der anderen Seite seines geräumigen Büros.

                            Beckett schüttelte ihre braune Mähne und setzte sich. „Nein danke, Ezella. Ich möchte gleich zur Sache kommen. Erinnern Sie sich, als Sie und Ihr Softwarespezialist mich vor einigen Wochen wegen der Rulwakowa-Sache anriefen?“

                            Garnie nickte. „Ja, sicher.“

                            „Meine Leute haben das ausgebrannte Lagerhaus fast bis auf die Grundmauern abgetragen und einige interessante Dinge zutage gefördert.“

                            Garnie lehnte sich im Sessel zurück und zog interessiert eine Augenbraue nach oben. „Okay. Sie haben mich. Erzählen Sie weiter.“

                            „Natascha Rulwakowa hat niemandem vertraut, selbst ihrer Tochter nicht und daher sämtliche Räume mit Überwachungskameras ausgestattet. Die Kameras sind beim Brand vollständig zerstört worden.“

                            Garnie kraulte seinen Schnauzbart und sah Beckett fragend an. „Das habe ich mir fast gedacht, und?“

                            Beckett ließ sich nicht beirren und fuhr fort. „Natascha Rulwakowa hat wahrscheinlich eine ähnliche Ahnung gehabt und vorgesorgt. Da wir in den Trümmern keinen Server oder ähnliches gefunden haben, lag der Verdacht nahe, dass sie ihre Daten irgendwo außerhalb des Lagerhauses gespeichert haben muss. Den Server ausfindig zu machen war eine Kleinigkeit, selbst für uns ‚Amateure‘.“ Sie zwinkerte Garnie neckisch zu und spielte auf das großspurige Auftreten Milners bei ihrem letzten Gespräch an. „Und jetzt komme ich zum eigentlichen Grund meines Besuchs.“ Beckett öffnete die Umhängetasche, die sie mitgebracht hatte, und zog ein Datapad heraus. „Sehen Sie sich das mal an“, sagte sie und reichte dem Polizeichef das Pad.

                            Garnie nahm es und schaltete es ein. Was er sah, ließ ihm den Atem stocken. Ein junger Mann bedrohte Oksana und Natascha Rulwakowa mit einer altmodischen, großkalibrigen Waffe. Wild gestikulierend schien er Befehle und Drohungen zu brüllen. Als er Oksana die Waffe an den Kopf hielt, konnte Garnie eine flüchtige Bewegung Nataschas unter dem Tisch wahrnehmen. In diesem Moment richtete der Mann den Revolver auf den Kopf der älteren Frau und drückte ab. Darauf folgte ein kurzer aber heftiger Kampf zwischen Oksana und dem Unbekannten, in dessen Verlauf sich ein Schuss löste, der Oksanas Hüfte streifte und sie an der Wand zusammenbrechen ließ. Der Unbekannte drückte seine Waffe auf ihren Unterleib und sprach mit ihr. Dann gab er eine Ziffer auf dem Tastenfeld des Tresors in unmittelbarer Nähe ein … und schoss Oksana aus wenigen Zentimetern Entfernung in den Unterleib. Sofort machte der Mann sich daran, den Tresor zu untersuchen, als er aber anscheinend nicht fand, was er suchte, verpasste er der leblosen Oksana noch einen heftigen Tritt und stürmte hinaus.
                            Garnie legte das Datapad auf seinen Schoß und rieb sich die Augen. „Unfassbar. Dieser Kerl hat kaltblütig die zwei Frauen erschossen. Wissen Sie, wer er ist und wonach er dort gesucht hat?“

                            Beckett lächelte mitleidig und schüttelte langsam den Kopf. „Leider nein. Männliche Person, Mitte bis Ende zwanzig, weiß, menschlich. In keiner Fahndungsliste und in keinem Strafregister vermerkt. Sehen Sie sich die nächste Sequenz an, Ezella, jetzt wird es wirklich interessant!“

                            Garnie rief die nächste Videosequenz auf, laut Zeitstempel waren gerade mal 16 Minuten vergangen. Natascha Rulwakowa hing mit zerschmettertem Hinterkopf vornüber gekippt auf ihrem Schreibtisch. Oksana lag in einer großen Blutlache neben dem Tresor immer noch so, wie der unbekannte Schütze sie kurz vorher verlassen hatte. Ein Mann trat in den Raum mit einer Waffe in der Hand. Garnie erkannte ihn als Boris Yakolew. Yakolew ließ seine Waffe fallen und sank auf die Knie. Nur eine Sekunde später erschien eine weitere männliche Person, die Garnie ebenfalls kannte – Zistavan Borksh. „Nein!“, entfuhr es Garnie. Borksh drängte sich an Yakolew vorbei hinüber zu Oksana. Sie lebte zu diesem Zeitpunkt noch, da sie mit Borksh sprach. Borksh hielt im Gespräch kurz inne, dann nestelte er an Oksanas Mantel herum, um in aufzuknöpfen. Anschließend griff er in ihre Innentasche und holte eine Datenkarte zum Vorschein, die er sofort in der Tasche seines Jacketts verschwinden ließ. Oksana sagte noch etwas und schloss – offensichtlich zum letzten Mal – die Augen. Borksh erhob sich und wechselte ein paar Worte mit Yakolew. Die beiden Männer schüttelten kurz die Hände, dann ging Borksh hinaus.
                            Garnie schlug mit der Faust auf die Sessellehne. „Also doch! Verdammt! Borksh hat von Oksana Rulwakowa Daten bekommen, die Nurara betreffen. Etwas anderes ist völlig ausgeschlossen.“

                            „Können Sie das beweisen?“, fragte Beckett.

                            Garnie sog tief Luft durch die Nase ein. Er war sichtlich wütend. „Nein!“, antwortete er energisch. „Und das ist genau das, was mich so ärgerlich macht. Alle Indizien sprechen gegen Borksh und es gibt nicht einen Beweis, der das belegen kann. Und wenn er nur ein halb so guter Anwalt ist, wie er Kontakte zur Unterwelt hat, marschiert er hier völlig unbehelligt wieder raus. Ich musste ihn kürzlich schon einmal gehen lassen. Was ist auf den anderen beiden Videosequenzen zu sehen?“

                            „Nur, wie Yakolew den Brand legt und dabei leider selber zu Tode kommt. Was das Feuer und seinen Tod angeht, ist der Fall für uns aufgeklärt. Wir können sämtliche Daten Ihrem Softwarespezialisten Corporal Miller …“

                            „Milner“, korrigierte Garnie freundlich.

                            „… Milner zur Verfügung stellen. Es ist alles auf diesem Datapad. Wo ist denn dieser attraktive Corporal, holen Sie ihn her!“, rief Beckett amüsiert.

                            Garnie grinste breit. Es schien ihn zu belustigen, dass Milner auf irgendeine Art und Weise eine magische Anziehungskraft auf Frauen hatte, die deutlich älter waren als er. „Lieutenant Milner befindet sich seit einigen Tagen zur Ausbildung auf der Offiziersschule. Er wird vor den Weihnachtstagen nicht wieder hier sein, so leid es mir tut, Andrea.“ Garnie bedachte Beckett mit einem feixenden Grinsen.

                            Beckett schob mit gespielter Enttäuschung die Unterlippe vor. „Zu schade. Ich hätte ihn doch zu gerne einmal leibhaftig gesehen … Lieutenant? So, so! Bei Ihnen macht man schnell Karriere.“

                            Garnies Grinsen wurde noch breiter. „Gute Leute verdienen Förderung, Andrea“, antwortete er mit einem Augenzwinkern. „Und um Sie noch einmal zu enttäuschen, meine Liebe: machen Sie sich keine Hoffnungen. Milner ist doch nun wirklich etwas zu jung für Sie und außerdem ist er vergeben.“

                            Beckett stand auf und strich sich kokett eine Locke hinter das Ohr. „Ich dachte da weniger an mich als an meine Tochter …“, antwortete sie mit einem doppeldeutigen Lächeln.

                            Garnie erhob sich ebenfalls. „Die kleine, süße Callista? Sie ist doch erst vierzehn, fünfzehn?“

                            Beckett begann herzhaft zu lachen. „Ezella, wir sehen uns wirklich viel zu selten. Die kleine, süße Callista, die Sie noch in den Schlaf gesungen haben, ist vorletzte Woche einundzwanzig und volljährig geworden. Machen Sie es gut, Marshall!“ Beckett zwinkerte dem alten Mann noch einmal keck zu und verließ lachend Garnies Büro.

                            Garnie stand da mit offenem Mund wie vom Donner gerührt. „Einundzwanzig …“, murmelte er ungläubig, „ich glaube, ich werde langsam alt …“
                            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                              #74
                              Kapitel 10

                              Oberstes Strafgericht von Airam, erster Senat, zwei Tage später

                              Der Strafsenat im Kuolun-Prozess bestand aus sechs Richtern: zwei männlichen Terranern, einer Marsianerin, einer Airami, einem Fokh und einer Bilbethi. Die Richterinnen und Richter waren per Losverfahren in diesen Prozess gewählt worden, unabhängig von Herkunft, Alter und Geschlecht. Man versprach sich davon eine gerechte und freie Urteilsfindung. Die Presse hatte Kuolun jedoch schon vorverurteilt und sah ihn bereits vor dem Exekutionskommando. Die Öffentlichkeit erwartete ohnehin einen sprichwörtlich kurzen Prozess. Nachdem die Staatsanwaltschaft fast eine Stunde lang die Anklage verlesen hatte und Zistavan Borksh beinahe ebenso lange versuchte, die Anklagepunkte nach besten Kräften abzuschwächen, forderte die vorsitzende marsianische Richterin Andra Sel den Angeklagten Vul Kuolun auf, sich zu den Vorwürfen schuldig oder nicht schuldig zu bekennen. Sel befürchtete, dass Kuolun in diesem Moment zu einem ausschweifenden Monolog ausholen würde. Kuolun erhob sich und öffnete mit starrer Miene den Mund. Er hielt inne und ließ dann hämisch grinsend den Blick über die Richter und die anderen Anwesenden im Gerichtssaal schweifen. Dann sah er Richterin Sel fest in die Augen und sagte: „Ich bekenne mich in allen Punkten für schuldig im Sinne der Anklage.“

                              Schlagartig wurde es so still im Gerichtssaal, dass man die sprichwörtliche Nadel hätte fallen hören können. Als Kuolun sich wieder setzte, packte Borksh ihn am Oberarm und redete so leise wie möglich, aber energisch auf ihn ein. „Sind Sie wahnsinnig geworden? Was soll das? Wir waren doch dabei, die Anklage auf ein paar mittelschwere Delikte zu drücken. Jetzt stehen Sie für mehrere Morde, Piraterie und versuchten Genozid ein. Das war’s! Wenn Sie jetzt unbedingt mehrmals Lebenslänglich haben wollen, bitte. Ich kann nichts mehr für Sie tun.“ Borksh ließ von Kuolun ab und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen auf seinem Stuhl zurück. Kuolun beachtete Borksh nicht weiter und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die entgeisterten Gesichter am Richtertisch und der Staatsanwaltschaft.

                              Mittlerweile war die überraschte Stille einem raumfüllenden Raunen gewichen. Mit einem Schuldbekenntnis hatte wirklich niemand gerechnet. Richterin Sel hatte Mühe, den Saal wieder zur Ruhe zu bringen. „Wenn jetzt nicht augenblicklich Ruhe einkehrt, lasse ich den Saal räumen!“, rief sie mit energischer Stimme. Der anschwellende Lärm verebbte allmählich. Sie atmete einmal tief durch und musterte Kuolun einige lange Sekunden. „Doktor Kuolun, gehe ich Recht in der Annahme, dass Sie im Vollbesitz Ihrer geistigen Kräfte sind? Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn wir diesen Prozess um die Hälfte verkürzen können, das ist Ihnen klar? Wir könnten auf die Masse der geladenen Zeugen verzichten.“

                              Kuolun lächelte so charmant, wie es ihm möglich war und antwortete nur mit einem knappen Nicken. Sein Plan schien aufzugehen. Wenn er detailliert zu allen seinen Straftaten geständig aussagen würde, müsste Nurara nicht als Kronzeugin gegen ihn vor Gericht erscheinen. Ihre Aussage wäre hinfällig und würde sie nicht vor einer langjährigen Gefängnisstrafe schützen. Er selbst würde vor der Verurteilung um Milde bitten und in eine reguläre Haftanstalt kommen. Vielleicht hier auf Airam, vielleicht anderswo. Und er würde wieder freikommen. So, wie er schon früher seine Freiheit wiedererlangt hatte. Nur dieses Mal würde er auf ein lästiges Anhängsel wie Nurara verzichten.
                              Richterin Sel ergriff nach einer kurzen Besprechung mit dem Richterkollegium wieder das Wort: „Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Die Verhandlung wird bis morgen früh, acht Uhr unterbrochen.“

                              Sofort nach der Unterbrechung der Verhandlung begab sich Curtis zurück zur Comet. Er stellte eine Videoverbindung zum Präsidium der Weltraumpolizei her, um sich entweder mit Joan, Ezella oder Katherine verbinden zu lassen. Da es in New York aber bereits nach dreiundzwanzig Uhr Ortszeit war, malte er sich nicht mehr allzu große Chancen aus, noch jemanden von den dreien zu erreichen. Umso überraschter war Curtis, schließlich noch mit Katherine verbunden zu werden. Sie wirkte müde und überarbeitet, ihre Haare standen ihr in alle Himmelsrichtungen ab. Dazu schien ihr Ärger über seinen Vorschlag des vergangenen Tages noch nicht ganz verraucht zu sein. Mit leicht geröteten Augen schaute sie argwöhnisch in die Kamera. Curtis legte ein charmantes Lächeln auf und begrüßte Katherine so herzlich wie möglich. „Kat, schön dass ich dich noch erreiche! Ich hoffe, ich störe nicht.“ Er zwinkerte ihr zu.

                              Katherine unterdrückte ein Gähnen und lächelte kraftlos zurück. „Nein, Curtis. Du störst nicht, aber ich wollte gerade gehen. Es war ein verdammt langer Tag und ich bin ziemlich kaputt. Wenn du dich bei mir wegen gestern entschuldigen willst, ist das in Ordnung. Aber bitte mache es kurz, ja?“

                              Curtis überging die erwähnte Entschuldigung und kam gleich zur Sache. „Katherine, ist Nurara noch wach? Es gibt wichtige Neuigkeiten im Kuolun-Prozess.“

                              Katherine rieb sich die Augen. „Was gibt es denn so wichtiges? Ich glaube, Nurara schläft schon“, sagte sie und blickte kurz über den Rand der Kamera hinweg, dann schmunzelte sie leicht und blickte wieder zu Curtis. „Sam ist bei ihr, vielleicht schläft sie auch noch nicht … Los, sag schon, was für Neuigkeiten hast du, wofür ich Nurara aus dem Bett holen soll?“

                              Ohne Umschweife antwortete er: „Kuolun hat sich schuldig bekannt. In allen Punkten der Anklage.“

                              Sofort war Katherine hellwach und riss die Augen auf. „Was?“, rief sie und schüttelte den Kopf. „Er hat was gemacht?“

                              Curtis senkte leicht den Blick. „Ich weiß nicht, was er vorhat, aber sein Schuldbekenntnis könnte für Nuraras Resozialisierung das Aus bedeuten. Die vorsitzende Richterin will aufgrund des Schuldbekenntnisses den Prozess verkürzen und auf eine Reihe von Zeugen verzichten.“

                              Katherine sah Curtis geradewegs in die Augen: „Und das bedeutet, dass, wenn Nurara nicht aussagen braucht, es keinen Grund mehr gibt, sie in die Maßnahme zu stecken. Das wäre eine Katastrophe, Curt!“

                              Curtis nickte bedächtig. „Genauso verhält es sich, Kat. Kuolun möchte sich anscheinend auf diese Weise bei Nurara rächen. Wenn er ins Gefängnis geht, warum sollte dann seine Ex die Freiheit genießen?“

                              Katherine atmete tief durch. „Danke für die Information Curtis. Ich gehe gleich zu Nurara hoch und werde sie schonend darauf vorbereiten. Was ist mit dir? Musst du noch aussagen?“

                              Curtis zuckte mit den Schultern und antwortete: „Ich weiß es nicht. Ich bin für morgen früh immer noch vorgeladen und werde wie angeordnet erscheinen. Nurara hat in der Zwischenzeit noch keine Vorladung erhalten, richtig?“

                              „Ja, soweit ich weiß, kam da von der Staatsanwaltschaft noch nichts. Jonathan ist darüber nicht sonderlich beunruhigt, weil das mit der Entwicklung ihres eigenen Prozesses zusammenhängt. Richter Callahan will zur Urteilsfindung erst noch die Meinungen von Professor Kesselring und dem Gerichtsgutachter hören.“ Katherine setzte ein mildes Lächeln auf. „Vielleicht reicht das ja auch für das Wunschurteil.“

                              Curtis seufzte. „Wollen wir das mal hoffen. Wirst du jetzt noch mit Nurara reden?“

                              Katherine blickte auf ihren Chronografen an ihrem Handgelenk und überlegte kurz. „Nein, ich glaube, das kann auch bis morgen warten. Ich werde jetzt nur noch schnell eine Nachricht an Jonathan mit dieser Information schicken. Wieviel Uhr ist es bei dir gerade, Curt?“

                              „Kurz nach elf am Vormittag, wieso?“

                              „Dann kannst du ja noch die Zeit nutzen und den Rest des Tages an den Strand gehen …“ Katherine grinste und bleckte die Zähne. „Hier in New York ist es bitterkalt und es schneit den ganzen Tag.“



                              Oberstes Strafgericht von Airam, erster Senat, am nächsten Morgen


                              „… fordert die Staatsanwaltschaft, den Angeklagten zu einer sechsfach lebenslänglichen Freiheitsstrafe zu verurteilen.“ Staatsanwältin Nese Acar hatte jetzt eine dreiviertel Stunde sämtliche Straftaten und Motive von Vul Kuolun rezitiert und gönnte sich nun einen großen Schluck Wasser. Richterin Sel bedankte sich freundlich bei der Staatsanwältin und wandte sich dem Platz der Verteidigung zu.

                              „Rechtsanwalt Borksh, die Anträge der Verteidigung bitte.“

                              Borksh erhob sich und antwortete: „Hohes Gericht, verehrte Frau Vorsitzende, ich habe gestern noch lange mit meinem Mandanten diskutiert. Doktor Kuolun bleibt bei seinem Schuldbekenntnis von gestern und erklärt, dass er jedes Strafmaß annehmen wird, bittet das Gericht jedoch seine Geständigkeit mit in die Urteilsfindung einfließen zu lassen und zu einem milden Urteil zu kommen.“

                              Richterin Sel blickte kurz nach links und rechts zu ihrem Richterkollegium. Als sie ein zustimmendes Nicken aller erhielt, antwortete sie: „Gut, das Gericht wird die Aussagen des Angeklagten wohlwollend betrachten. Wir verhandeln jetzt die Punkte vierfacher Mord, sechszehnfache Anstiftung zum Mord und Piraterie in sechs Fällen. Die Staatsanwaltschaft kann ihren ersten Zeugen aufrufen.“

                              Staatsanwältin Acar erhob sich. „Als ersten Zeugen rufe ich Curtis Newton, auch bekannt als Captain Future, in den Zeugenstand.“

                              Draußen im Wartebereich vor dem Sitzungssaal lief Curtis wie ein Tiger im Käfig auf und ab. Für heute war er der alleinige vorgeladene Zeuge. Die einzige Gesellschaft, die er hatte, war ein grimmig dreinschauender Airami in der Uniform eines Justizbeamten. Dieser bedachte ihn nun mit einem Wink. „Sie wurden als Zeuge aufgerufen, Sir“, sagte er mit rauer Stimme und öffnete die große massive Holztür zum Sitzungssaal.

                              Curtis straffte sich, strich sich seinen dunklen Anzug glatt, reckte das Kinn nach oben und trat ein. Der Saal war groß und maß von der Rückwärtigen Tür bis zum Richtertisch gute vierzig Meter. Der Publikumsbereich war bis auf den letzten Platz besetzt mit Wesen aller bekannten Rassen. Jeder Anwesende hier im Saal war in irgendeiner Form von Kuolun geschädigt worden. Neben der Hauptanklage der Staatsanwaltschaft lagen über siebenhundert Nebenklagen vom einfachen Betrug bis hin zum versuchten Völkermord vor.
                              Unter den erwartungsvollen Blicken hunderter Augen schritt Curtis nach vorne. Er hatte seinen Blick starr auf den Richtertisch gerichtet, konnte aber aus dem Augenwinkel erkennen, dass Kuolun ihn eiskalt und hasserfüllt ansah. Die attraktive marsianische Richterin mit den bläulich-grünen Haaren betrachtete ihn mit einem neutralen Lächeln und bedeutete ihm mit einer knappen Handbewegung links von ihr im Zeugenstand Platz zu nehmen. Curtis hatte an diesem Morgen ausgiebig gefrühstückt, denn er wusste, dass er jetzt mehrere Stunden dort sitzen musste um dafür zu sorgen, dass sein Erzfeind endgültig seiner gerechten Strafe zugeführt werden würde.
                              Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                                #75
                                Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                                Kapitel 10
                                Unter den erwartungsvollen Blicken hunderter Augen schritt Curtis nach vorne. Er hatte seinen Blick starr auf den Richtertisch gerichtet, konnte aber aus dem Augenwinkel erkennen, dass Kuolun ihn eiskalt und hasserfüllt ansah. Die attraktive marsianische Richterin mit den bläulich-grünen Haaren betrachtete ihn mit einem neutralen Lächeln und bedeutete ihm mit einer knappen Handbewegung links von ihr im Zeugenstand Platz zu nehmen. Curtis hatte an diesem Morgen ausgiebig gefrühstückt, denn er wusste, dass er jetzt mehrere Stunden dort sitzen musste um dafür zu sorgen, dass sein Erzfeind endgültig seiner gerechten Strafe zugeführt werden würde.
                                Gib´s ihm, mach ihn fertig!

                                Aber das dürfte unserem Genie ja nicht schwer fallen, obwohl so ein richtiger Kinnhaken ist schöner!
                                Entgegen der um sich greifenden Legendenbildung habe ich mein "altes" Forum nicht freiwillig verlassen! Tragischerweise muss man nun feststellen, dass es dieses Forum nicht mehr gibt! Warum wohl nicht? ;)

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