So ihr Lieben!
Heute beginne ich hier mit einer Geschichte in Romanlänge. Ich habe diese Story schon einmal unter einem anderen Titel als Fan Fiction in einem anderen Forum veröffentlicht, wo sie sehr sehr kontrovers diskutiert wurde. Wer den Dreiteiler "Das Geheimnis der sieben Weltraumsteine" aus der Animeserie noch im Gedächtnis hat, wird hier sehr schnell den Einstieg finden, denn meine Geschichte schließt unmittelbar daran an. Dr. Kuolun und Nurara sind von der Future-Crew gestellt und gefangen genommen und nach ihrer Festnahme getrennt worden.
Meine Geschichte führt Nuraras Weg fort. Es ist vorrangig ihre Story und hat sie als Hauptfigur. Mir ist sehr daran gelegen dies in aller Deutlichkeit hervorzuheben. Future und seine Leute sind hier eher Nebendarsteller.
Die Geschichte hat wie gesagt Romanlänge und da es meine erste komplett zusammenhängende Story in diesem Umfang ist, gibt es hier und da vielleicht einige stilistische Unzulänglichkeiten. Während ich die Story hier reinstelle, werde ich natürlich versuchen, den einen oder anderen Klopper noch auszubügeln.
Ich wünsche euch dennoch viel Spaß damit!
Rache und Reue
Kapitel 1
Im Orbit über dem Vergnügungsplaneten
Zischend schloss sich die Luftschleuse des Polizeishuttles, das an der Comet festgemacht hatte. Ein kurzer Ruck, der durch das Deck ging, war das Zeichen dafür, dass das kleine Schiff jetzt von der Comet ablegte.
Seufzend drehte sich Joan Landor zu Curtis Newton um. „Meinst du, wir sind ihn jetzt endgültig los?“
Curtis zuckte mit den Schultern. „Das will ich hoffen. Kuolun wird jetzt erst einmal zu einem Außenposten auf Io gebracht, von dort aus schafft man ihn mit einem Hochsicherheitstransport aus dem System.“
„Wohin genau?“, wollte Joan wissen und sah den großen rothaarigen Mann mit den grauen Augen fragend an.
„Das hat man mir nicht gesagt. Ist vielleicht auch besser so. Kuolun wird ein ordentliches Gerichtsverfahren und seine gerechte Strafe bekommen. Komm, wir haben noch einen Passagier, um den wir uns kümmern müssen.“
Curtis legte einen Arm um Joan und drückte sie sanft von der Schleuse fort. Auf dem Weg zur Brücke kam ihnen Otho entgegen. „Wir sind startklar, Captain!“, rief der bleiche Androide gut gelaunt.
„Gut, dann auf nach Hause! Was macht eigentlich unser Gast?“, fragte Curtis.
Otho grinste. „Sie schäumt vor Wut und randaliert in ihrer Kabine. Ich möchte ihr jetzt nicht zu nahe kommen.“
Curtis konnte sich ein Grinsen ebenfalls nicht verkneifen. „Die gute alte Nurara, temperamentvoll wie ich sie kenne und liebe …“ Bei den letzten Worten zogen sich Joans Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
„Curt!!! Ich warne dich!“, zeterte sie mit gespielter Wut. „Du hast sie schon einmal auf Händen hier an Bord getragen und sie als deine neue Freundin ausgegeben. Ich hätte nicht gedacht, dass du wirklich auf solche Furien stehst!!! Ich bin schwer enttäuscht von dir!“
Joan warf den Kopf herum, ließ ihre blonde Mähne fliegen und stapfte erhobenen Hauptes vor sich hin motzend in Richtung Brücke. Otho und Curtis sahen einander an. Otho streckte die Handflächen von sich und sah seinen Captain fragend an. „Was ist mit ihr?“
Curtis schüttelte nur den Kopf. „Ach Otho, sei froh, dass du kein Mensch bist und dir Gefühle weitestgehend fremd sind. In mancher Hinsicht verstehen Frauen einfach zu wenig Spaß. Grag hat bei Nurara alles im Griff?“
„Aye, Captain. Wir haben alles Gefährliche und Demontierbare aus der Kabine entfernt, ein paar Staukästen könnten vielleicht Beulen bekommen, aber Nurara wird sich eher selbst weh tun als allzu großen Schaden anzurichten.“
„Gut. Dann lass uns mal starten, wenn sie sich etwas beruhigt hat, bringt Ihr unserem Gast erst mal was zu essen, wir sind ja schließlich zivilisierte Leute.“
Der Flug vom Vergnügungsplaneten zur Erde würde nur etwas über zwölf Stunden dauern, dann würde man sie dem Haftrichter vorführen, ihr irgendwann den Prozess machen und sie im schlimmsten Fall für lange Zeit in einem Gefängnis auf irgendeinem Hinterwäldlerplaneten einsperren. Nurara war verzweifelt, erschöpft von der Raserei in dieser kleinen engen Kabine. Ihr Makeup war verschmiert und ihr Haar verschwitzt. Sie trug immer noch das lilafarbene Abendkleid und die langen Lederhandschuhe seit sie und Dr. Kuolun im Casino festgenommen wurden. Als sie jetzt etwas zur Ruhe kam bemerkte sie, dass sie fror. Sie trug keine Strümpfe und nur die leichten offenen Schuhe. Und dieser dämliche Roboter Grag hatte tatsächlich als Vorsichtsmaßnahme die Regelung der Klimaanlage der Kabine demontiert. Sie ging zur Kabinentür und trommelte mit den Fäusten dagegen. „Hallo? Ist jemand da draußen, der hier mal die Heizung anmachen kann? Es ist kalt hier drin! Verdammt nochmal, macht endlich die Heizung an, ihr Penner!“, schrie sie und hämmerte schwer gegen das verschlossene Schott.
Unvermittelt öffnete sich die Kabinentür und Grag stand im Rahmen. Er trug ein Tablett mit einem abgedeckten Teller, einer Karaffe Wasser und Plastikbesteck. „Der Captain meint, Sie sollten etwas essen. Ich habe etwas für Sie zubereitet.“
Nuraras Augenbrauen bogen sich nach oben und ihre Stimme wurde höhnisch: „Ach?! Der große Held Newton lässt sich herab, seiner Gefangenen etwas zu essen zu geben? Und du Blechbüchse kannst kochen? Was ist das? Heißes Maschinenöl? Steck dir dein Essen sonst wohin!“
Grag drückte sich mit sanfter Gewalt an Nurara vorbei und stellte das Tablett auf dem kleinen Tisch gegenüber der Koje ab. „Glauben Sie mir, es wird Ihnen schmecken. Und denken Sie nicht, dass Sie in nächster Zeit wieder so etwas Gutes vorgesetzt bekommen. Essen Sie jetzt. Der Captain schaut gleich vorbei.“ Grag wandte sich wieder zur Tür, hielt aber vor der Temperaturregelung der Klimaanlage inne. Er schaute Nurara kurz an, die ihn immer noch finster anstarrte. Er drehte sich um und zog ein kleines Bedienteil aus seiner Westentasche und steckte es auf die Kontrolltafel, wo es mit einem leisen Klick einrastete. Er stellte eine für Menschen angenehme Temperatur ein. „Machen Sie es nicht kaputt“, sagte er ohne Nurara eines weiteren Blickes zu würdigen und verließ die Kabine.
Nurara wollte ihm noch eine unflätige Beleidigung nachrufen, aber der Roboter war schon verschwunden. Sie blickte auf das Tablett. Der Duft, der dem abgedeckten Teller entwich war zu verführerisch und sie musste sich zugestehen, dass sie tatsächlich großen Hunger verspürte. Sie hob den Deckel an und erblickte ein großes gebratenes Stück Fleisch, Gemüse und gebackene Kartoffeln. In einem kleinen Kännchen gab es Sauce dazu. Nurara seufzte. Ihre Situation war im Moment aussichtslos, ihre „Zelle“ ermöglichte offensichtlich nicht die geringste Chance zur Flucht. Immerhin hatte die Future-Crew sie seit ihrer Verhaftung gut und zuvorkommend behandelt – bis auf dieses blonde Landor-Flittchen … ihr würde Nurara irgendwann eine Spezialbehandlung zuteilwerden lassen. Sie blickte wieder auf das Tablett und sagte leise zu sich: „Was soll´s…“, zog die Handschuhe aus und legte sie ordentlich gefaltet auf dem Tisch ab. Sie zog den Stuhl zu sich und setzte sich hin, um zu essen. Der Blechkübel hatte nicht zu viel versprochen, das Gericht schmeckte sogar noch besser als es aussah.
Nurara schob sich gerade den letzten Bissen in den Mund, als sich die Kabinentür erneut öffnete. Curtis Newton trat ein, allein und unbewaffnet. Sie blickte ihn teilnahmslos und kauend an.
„Ich sehe, Sie haben gegessen. Wie geht es Ihnen?“, fragte er mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen.
Sie schluckte herunter und sprach leise und unheilvoll: „Wie soll es mir schon gehen? Sie haben mich hier eingesperrt, von meinem Geliebten getrennt und meine Zukunft zerstört. Wollen Sie hören, dass es mir ausgezeichnet geht und ich mit Ihnen heute Abend einen Drink in einer exklusiven Bar nehmen möchte?“
Curtis grinste. „Das mit dem Drink lässt sich unter Umständen einrichten.“ Seine Miene wurde schlagartig ernst, bevor sie etwas erwidern konnte. „Hören Sie Nurara, Ihre Lage ist ernst und die Liste Ihrer Anklagepunkte sehr lang.“ Curtis setzte sich auf den Rand der Koje. „Ich habe mit Marshall Garnie gesprochen. Er führt in Ihrem Fall die Ermittlungen. Er sieht, genauso wie ich, noch etwas Gutes in Ihnen. Er kann etwas für Sie tun, wenn Sie kooperieren.“
Nurara zog die Augenbrauen zusammen. „Was soll das heißen?“, fragte sie heiser.
„Nun“, Curtis lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er wäre jetzt ein wehrloses Ziel für einen schnellen Messerangriff, aber mit dem stumpfen Plastikmesser konnte sie nichts ausrichten, so verwarf sie ihren Gedanken. Curtis fuhr entspannt fort, als konnte er in ihrem Gesicht lesen. „Kooperieren in Ihrem konkreten Fall hieße, Sie legen ein umfassendes Geständnis ab, bekennen sich in allen Punkten der Anklage schuldig und sagen im Prozess gegen Dr. Kuolun als Kronzeugin aus. Ihre Haftstrafe würde von mehrmals Lebenslänglich auf zehn bis fünfzehn Jahre reduziert, diese sitzen Sie nicht in einem normalen Gefängnis ab sondern nehmen an einem Resozialisierungsprojekt teil. Bei guter Führung könnte man Ihnen nach drei bis fünf Jahren die Reststrafe zur Bewährung aussetzen. Sie sind noch sehr jung, Sie könnten mit Ihrem Leben noch etwas anfangen.“ Er blickte fest in ihre wasserblauen Augen. „Was meinen Sie? Können wir auf Sie zählen?“
Nuraras Augen öffneten sich weit vor Schreck. „Sind Sie irre? Ich soll mich und mein Leben verraten?“ schrie sie. „Ich hätte Sie erschießen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte!“
„Nurara, beruhigen Sie sich bitte. Sehen Sie doch ein, dass Sie keine andere Wahl haben …“
„Ich habe immer eine Wahl!“, unterbrach sie ihn.
Curtis stand auf und packte Nurara mit einem festen Griff am Handgelenk. „Hören Sie mir jetzt ganz genau zu und ich sage das nur ein einziges Mal“, raunte er und zog sie dicht zu sich heran, „ich hege keinen persönlichen Groll gegen Sie. Sie sind nicht dumm, Sie waren nur viel zu lange in zu schlechter Gesellschaft. Ich will Ihnen helfen, ein geordnetes Leben zu führen. Sie verdienen es.“
Nurara senkte ihren Blick kurz und sah wieder zu Curtis auf. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Er lockerte seinen Griff. Sie wandte sich ab und starrte zur Kabinendecke. „Wie lange habe ich Bedenkzeit?“
„Ab jetzt 3 Sekunden.“
„Amnestie für ein Geständnis und eine Aussage?“
Curtis nickte. „Relative Amnestie. Wie ich es Ihnen gerade erklärt habe.“
„Bekomme ich eine neue Identität?“
Er winkte ab. „Das wird nicht nötig sein. Kuolun wird kein Tageslicht mehr zu Gesicht bekommen.“
„Er wird mich töten, wenn er mich zu fassen bekommt“, antwortete die Marsianerin argwöhnisch.
„Machen Sie sich keine Sorgen, das wird nicht passieren. Sind wir im Geschäft?“ Er reichte ihr die Hand. Langsam hob Nurara die ihre und schlug ein. „Sehr gut, ich werde gleich mit Marshall Garnie Kontakt aufnehmen, damit alles Notwendige bis zu unserer Ankunft vorbereitet ist. Sie brauchen noch einen guten Anwalt!“ Curtis drehte sich um und ging zur Tür. Er wandte sich noch einmal um und musterte Nurara von oben bis unten. „Wir haben noch etwa neuneinhalb Stunden Flug vor uns. Möchten Sie sich vielleicht frisch machen, Sie sehen etwas ramponiert aus.“
Nuraras Gesicht hellte sich auf und zeigte erstmals aufrichtige Freude und Dankbarkeit. „Ja, das wäre schön, allerdings habe ich nichts anzuziehen.“
„Ich werde Joan bitten, Ihnen etwas zu bringen und Ihnen die Waschräume zu zeigen. Sie wird natürlich ein Auge auf Sie werfen müssen. Lassen Sie sich aber eines gesagt sein. Sie können sich nachher unter Bewachung hier frei auf dem Schiff bewegen. Ich will auf Handschellen für Sie verzichten, als Zeichen meines Vertrauens. Sollten Sie sich aber auch nur den kleinsten Fehltritt erlauben, landen Sie wieder hier und Otho wird Sie in Eisen legen. Die Amnestie ist dann auch verspielt. Ist das klar?“
Nurara nickte. „Vollkommen klar, Captain. Ich werde mich benehmen.“
Curtis verließ die Kabine. Nurara starrte die verschlossene Tür noch einen Moment an, dann huschte ein kleines Lächeln über ihr Gesicht …
Auf der Brücke bekam Joan einen Wutanfall. „Das kann nicht dein Ernst sein, Curt! Du verlangst allen Ernstes, dass ich ihr meine Zivilkleidung gebe und diese Schlampe auch noch zum Duschen begleite? Soll ich ihr vielleicht noch den Rücken schrubben? Soll Grag das doch machen!“
Sie verschränkte die Arme und starrte zum Brückenfenster hinaus. Grag drehte sich von der Pilotenkonsole um.
„Das geht nicht, Feuchtigkeit bekommt mir nicht!“
„Halt die Klappe, Grag!“, herrschte sie den Roboter an.
„Bitte Joan“, gab Curtis zurück, „du tust es nicht für sie, sondern für mich.“
„Ach weißt du was …“, grollte sie und stampfte wutentbrannt von der Brücke in ihre Kabine, wo sie aus einem der Schränke eine Einkaufstasche einer sehr edlen Boutique des Vergnügungsplaneten entnahm. Der Inhalt, eine kurze schwarze Lederjacke, ein ärmelloses figurbetontes T-Shirt und eine elegante dunkle Hose, hatte sie ein kleines Vermögen gekostet. Jetzt sollte sie diese schönen Sachen dieser Verbrecherin überlassen? Das zu verkraften würde eine Weile dauern. Aus dem Schiffsfundus entnahm sie die gröbste und unförmigste Unterwäsche, die sie finden konnte, dazu ein paar klobige Stiefel, die so gar nicht zu den edlen Kleidungsstücken passen wollten. Vor allem waren diese Stiefel neu und eng.
„Das wird ihr ein paar hübsche Blasen an den Füßen verpassen!“, dachte Joan sich insgeheim. „Eine kleine Demütigung muss einfach sein …“
Joan trat in die Kabine und fand Nurara im Schneidersitz auf der Koje hockend. „Los, kommen Sie, Waschtag!“, befahl sie barsch. „Schräg gegenüber ist die Dusche!“
Nurara erhob sich schweigend und ging voran. Joan war versucht, ihr einen Tritt zu verpassen, unterließ es jedoch. In der Dusche warf sie Nurara die Tüte und die Stiefel vor die Füße. „Da, mit besten Wünschen der New Yorker Weltraumpolizeibehörde!“, ätzte Joan.
Nurara schaute in die Tüte hinein und machte große Augen. „Die sind ja neu! Sie bekommen alles zurück, versprochen!“
„Geschenkt, wenn Sie die Sachen getragen haben, kann ich sie hinterher sowieso nur noch verbrennen. Behalten Sie alles.“
Nurara begann sich zu entkleiden. Joan starrte gebannt auf ihren makellosen, durchtrainierten Körper und ihre wohlgeformten Brüste. Nurara entging das nicht. „Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“ Sie grinste frech. „Sie sind aber auch nicht übel, Newton hat einen guten Geschmack – Joan, richtig?“
Joan nickte. „Stimmt“, gab sie schnippisch zurück, „er hat einen sehr guten Geschmack, aber was Sie angeht und wie er sich für Sie einsetzt, lässt mich an seinem Verstand zweifeln.“ Joan machte eine kreisende Bewegung mit dem Zeigefinger an ihrer Stirn. „Was haben Sie mit ihm angestellt?“
Nurara zwinkerte ihr zu, betrat die Duschkabine und drehte das Wasser auf. „Wissen Sie Joan“, begann sie, „ich denke, wir werden niemals Freundinnen sein, aber meinen Sie nicht auch, wir könnten uns zumindest wie erwachsene Frauen verhalten?“
„Ich verhalte mich so, wie Sie es verdienen“, gab Joan säuerlich zurück.“
„Joan, Sie sind kindisch! Sie leben in Ihrer kleinen naiven Schwarz-Weiß-Welt, in der es nur Gut und Böse gibt und nichts dazwischen. Sie sind der Typ Frau, die eines Tages den angeblichen Traummann heiratet, zwei bis drei Kinder bekommt und in ihrem Häuschen auf dem Land ein stinklangweiliges Leben lebt. Nach ein paar Jahren sind Sie angeödet und frustriert und fragen sich ob das alles war. Ich hingegen …“
„Sie hingegen“, fiel Joan ihr ins Wort, „ sind eine Verbrecherin, die sich an der Allgemeinheit bereichert, eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt und skrupellos über Leichen geht. Für was halten Sie sich eigentlich? Sie gehören auf lange Zeit in einen Kerker eingesperrt bis Ihr schöner Körper so verschrumpelt ist, dass sich alle Männer vor Ihnen ekeln!“
Nurara musste lauthals lachen. „Joan, Sie sind lustig. Sollte ich auf Bewährung rauskommen, möchte ich, dass Sie meine Bewährungshelferin werden. Wir könnten wunderbar lange und tiefgreifende Gespräche führen.“ Nurara drehte das Wasser ab und kam heraus. Joan warf ihr ein Handtuch gezielt an den Kopf. „Sehr freundlich, danke!“, gab Nurara darauf charmant als Antwort.
„Das nächste Mal ist es was schweres, das ich Ihnen an den Kopf werfe. Nurara, ich warne Sie! Wenn Sie versuchen, Curtis irgendwie zu beeinflussen und um den Finger zu wickeln, bekommen Sie gewaltigen Ärger!“, brummte Joan unheilvoll und es war ihr anzusehen, dass sie nicht scherzte.
Nuraras Züge wurden sanft. „Joan, Liebes“, sagte sie mit ebensolcher Samtstimme, „das brauche ich nicht. Das tut er von ganz allein. Ich habe eine Wirkung auf Männer, von der Sie nur träumen können.“ Dabei führte sie das Handtuch in besonders provokanter Art an ihren Kurven herab. Joan war innerlich am kochen. Dieses Biest war gut. Aber nicht gut genug.
‚Du willst Krieg? Du bekommst ihn, Süße‘, dachte sie sich. „Beeilen Sie sich, ich warte draußen!“ sagte sie und ging hinaus auf den Gang. Sie kannte das Gefühl von Eifersucht bisher nur aus Romanen. So musste es sich anfühlen. Diesem grünhaarigen Monster würde sie nicht das Feld kampflos überlassen.
Einige Minuten später kam Nurara aus dem Waschraum. Joan bekam gleich einen weiteren Niederschlag. Die Kleider, die sie sich für teures Geld noch gestern gekauft hatte, standen Nurara offensichtlich noch viel besser als ihr selbst.
„Die Stiefel passen nicht.“ Nurara hielt das Paar in die Höhe und lächelte.
„Dann ziehen Sie gefälligst Ihre eigenen Schuhe an oder laufen Sie barfuß! Was anderes gibt’s nicht!“, antwortete Joan patzig, warf ihre blonde Mähne herum und ging voran.
Heute beginne ich hier mit einer Geschichte in Romanlänge. Ich habe diese Story schon einmal unter einem anderen Titel als Fan Fiction in einem anderen Forum veröffentlicht, wo sie sehr sehr kontrovers diskutiert wurde. Wer den Dreiteiler "Das Geheimnis der sieben Weltraumsteine" aus der Animeserie noch im Gedächtnis hat, wird hier sehr schnell den Einstieg finden, denn meine Geschichte schließt unmittelbar daran an. Dr. Kuolun und Nurara sind von der Future-Crew gestellt und gefangen genommen und nach ihrer Festnahme getrennt worden.
Meine Geschichte führt Nuraras Weg fort. Es ist vorrangig ihre Story und hat sie als Hauptfigur. Mir ist sehr daran gelegen dies in aller Deutlichkeit hervorzuheben. Future und seine Leute sind hier eher Nebendarsteller.
Die Geschichte hat wie gesagt Romanlänge und da es meine erste komplett zusammenhängende Story in diesem Umfang ist, gibt es hier und da vielleicht einige stilistische Unzulänglichkeiten. Während ich die Story hier reinstelle, werde ich natürlich versuchen, den einen oder anderen Klopper noch auszubügeln.
Ich wünsche euch dennoch viel Spaß damit!
Rache und Reue
Kapitel 1
Im Orbit über dem Vergnügungsplaneten
Zischend schloss sich die Luftschleuse des Polizeishuttles, das an der Comet festgemacht hatte. Ein kurzer Ruck, der durch das Deck ging, war das Zeichen dafür, dass das kleine Schiff jetzt von der Comet ablegte.
Seufzend drehte sich Joan Landor zu Curtis Newton um. „Meinst du, wir sind ihn jetzt endgültig los?“
Curtis zuckte mit den Schultern. „Das will ich hoffen. Kuolun wird jetzt erst einmal zu einem Außenposten auf Io gebracht, von dort aus schafft man ihn mit einem Hochsicherheitstransport aus dem System.“
„Wohin genau?“, wollte Joan wissen und sah den großen rothaarigen Mann mit den grauen Augen fragend an.
„Das hat man mir nicht gesagt. Ist vielleicht auch besser so. Kuolun wird ein ordentliches Gerichtsverfahren und seine gerechte Strafe bekommen. Komm, wir haben noch einen Passagier, um den wir uns kümmern müssen.“
Curtis legte einen Arm um Joan und drückte sie sanft von der Schleuse fort. Auf dem Weg zur Brücke kam ihnen Otho entgegen. „Wir sind startklar, Captain!“, rief der bleiche Androide gut gelaunt.
„Gut, dann auf nach Hause! Was macht eigentlich unser Gast?“, fragte Curtis.
Otho grinste. „Sie schäumt vor Wut und randaliert in ihrer Kabine. Ich möchte ihr jetzt nicht zu nahe kommen.“
Curtis konnte sich ein Grinsen ebenfalls nicht verkneifen. „Die gute alte Nurara, temperamentvoll wie ich sie kenne und liebe …“ Bei den letzten Worten zogen sich Joans Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
„Curt!!! Ich warne dich!“, zeterte sie mit gespielter Wut. „Du hast sie schon einmal auf Händen hier an Bord getragen und sie als deine neue Freundin ausgegeben. Ich hätte nicht gedacht, dass du wirklich auf solche Furien stehst!!! Ich bin schwer enttäuscht von dir!“
Joan warf den Kopf herum, ließ ihre blonde Mähne fliegen und stapfte erhobenen Hauptes vor sich hin motzend in Richtung Brücke. Otho und Curtis sahen einander an. Otho streckte die Handflächen von sich und sah seinen Captain fragend an. „Was ist mit ihr?“
Curtis schüttelte nur den Kopf. „Ach Otho, sei froh, dass du kein Mensch bist und dir Gefühle weitestgehend fremd sind. In mancher Hinsicht verstehen Frauen einfach zu wenig Spaß. Grag hat bei Nurara alles im Griff?“
„Aye, Captain. Wir haben alles Gefährliche und Demontierbare aus der Kabine entfernt, ein paar Staukästen könnten vielleicht Beulen bekommen, aber Nurara wird sich eher selbst weh tun als allzu großen Schaden anzurichten.“
„Gut. Dann lass uns mal starten, wenn sie sich etwas beruhigt hat, bringt Ihr unserem Gast erst mal was zu essen, wir sind ja schließlich zivilisierte Leute.“
Der Flug vom Vergnügungsplaneten zur Erde würde nur etwas über zwölf Stunden dauern, dann würde man sie dem Haftrichter vorführen, ihr irgendwann den Prozess machen und sie im schlimmsten Fall für lange Zeit in einem Gefängnis auf irgendeinem Hinterwäldlerplaneten einsperren. Nurara war verzweifelt, erschöpft von der Raserei in dieser kleinen engen Kabine. Ihr Makeup war verschmiert und ihr Haar verschwitzt. Sie trug immer noch das lilafarbene Abendkleid und die langen Lederhandschuhe seit sie und Dr. Kuolun im Casino festgenommen wurden. Als sie jetzt etwas zur Ruhe kam bemerkte sie, dass sie fror. Sie trug keine Strümpfe und nur die leichten offenen Schuhe. Und dieser dämliche Roboter Grag hatte tatsächlich als Vorsichtsmaßnahme die Regelung der Klimaanlage der Kabine demontiert. Sie ging zur Kabinentür und trommelte mit den Fäusten dagegen. „Hallo? Ist jemand da draußen, der hier mal die Heizung anmachen kann? Es ist kalt hier drin! Verdammt nochmal, macht endlich die Heizung an, ihr Penner!“, schrie sie und hämmerte schwer gegen das verschlossene Schott.
Unvermittelt öffnete sich die Kabinentür und Grag stand im Rahmen. Er trug ein Tablett mit einem abgedeckten Teller, einer Karaffe Wasser und Plastikbesteck. „Der Captain meint, Sie sollten etwas essen. Ich habe etwas für Sie zubereitet.“
Nuraras Augenbrauen bogen sich nach oben und ihre Stimme wurde höhnisch: „Ach?! Der große Held Newton lässt sich herab, seiner Gefangenen etwas zu essen zu geben? Und du Blechbüchse kannst kochen? Was ist das? Heißes Maschinenöl? Steck dir dein Essen sonst wohin!“
Grag drückte sich mit sanfter Gewalt an Nurara vorbei und stellte das Tablett auf dem kleinen Tisch gegenüber der Koje ab. „Glauben Sie mir, es wird Ihnen schmecken. Und denken Sie nicht, dass Sie in nächster Zeit wieder so etwas Gutes vorgesetzt bekommen. Essen Sie jetzt. Der Captain schaut gleich vorbei.“ Grag wandte sich wieder zur Tür, hielt aber vor der Temperaturregelung der Klimaanlage inne. Er schaute Nurara kurz an, die ihn immer noch finster anstarrte. Er drehte sich um und zog ein kleines Bedienteil aus seiner Westentasche und steckte es auf die Kontrolltafel, wo es mit einem leisen Klick einrastete. Er stellte eine für Menschen angenehme Temperatur ein. „Machen Sie es nicht kaputt“, sagte er ohne Nurara eines weiteren Blickes zu würdigen und verließ die Kabine.
Nurara wollte ihm noch eine unflätige Beleidigung nachrufen, aber der Roboter war schon verschwunden. Sie blickte auf das Tablett. Der Duft, der dem abgedeckten Teller entwich war zu verführerisch und sie musste sich zugestehen, dass sie tatsächlich großen Hunger verspürte. Sie hob den Deckel an und erblickte ein großes gebratenes Stück Fleisch, Gemüse und gebackene Kartoffeln. In einem kleinen Kännchen gab es Sauce dazu. Nurara seufzte. Ihre Situation war im Moment aussichtslos, ihre „Zelle“ ermöglichte offensichtlich nicht die geringste Chance zur Flucht. Immerhin hatte die Future-Crew sie seit ihrer Verhaftung gut und zuvorkommend behandelt – bis auf dieses blonde Landor-Flittchen … ihr würde Nurara irgendwann eine Spezialbehandlung zuteilwerden lassen. Sie blickte wieder auf das Tablett und sagte leise zu sich: „Was soll´s…“, zog die Handschuhe aus und legte sie ordentlich gefaltet auf dem Tisch ab. Sie zog den Stuhl zu sich und setzte sich hin, um zu essen. Der Blechkübel hatte nicht zu viel versprochen, das Gericht schmeckte sogar noch besser als es aussah.
Nurara schob sich gerade den letzten Bissen in den Mund, als sich die Kabinentür erneut öffnete. Curtis Newton trat ein, allein und unbewaffnet. Sie blickte ihn teilnahmslos und kauend an.
„Ich sehe, Sie haben gegessen. Wie geht es Ihnen?“, fragte er mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen.
Sie schluckte herunter und sprach leise und unheilvoll: „Wie soll es mir schon gehen? Sie haben mich hier eingesperrt, von meinem Geliebten getrennt und meine Zukunft zerstört. Wollen Sie hören, dass es mir ausgezeichnet geht und ich mit Ihnen heute Abend einen Drink in einer exklusiven Bar nehmen möchte?“
Curtis grinste. „Das mit dem Drink lässt sich unter Umständen einrichten.“ Seine Miene wurde schlagartig ernst, bevor sie etwas erwidern konnte. „Hören Sie Nurara, Ihre Lage ist ernst und die Liste Ihrer Anklagepunkte sehr lang.“ Curtis setzte sich auf den Rand der Koje. „Ich habe mit Marshall Garnie gesprochen. Er führt in Ihrem Fall die Ermittlungen. Er sieht, genauso wie ich, noch etwas Gutes in Ihnen. Er kann etwas für Sie tun, wenn Sie kooperieren.“
Nurara zog die Augenbrauen zusammen. „Was soll das heißen?“, fragte sie heiser.
„Nun“, Curtis lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er wäre jetzt ein wehrloses Ziel für einen schnellen Messerangriff, aber mit dem stumpfen Plastikmesser konnte sie nichts ausrichten, so verwarf sie ihren Gedanken. Curtis fuhr entspannt fort, als konnte er in ihrem Gesicht lesen. „Kooperieren in Ihrem konkreten Fall hieße, Sie legen ein umfassendes Geständnis ab, bekennen sich in allen Punkten der Anklage schuldig und sagen im Prozess gegen Dr. Kuolun als Kronzeugin aus. Ihre Haftstrafe würde von mehrmals Lebenslänglich auf zehn bis fünfzehn Jahre reduziert, diese sitzen Sie nicht in einem normalen Gefängnis ab sondern nehmen an einem Resozialisierungsprojekt teil. Bei guter Führung könnte man Ihnen nach drei bis fünf Jahren die Reststrafe zur Bewährung aussetzen. Sie sind noch sehr jung, Sie könnten mit Ihrem Leben noch etwas anfangen.“ Er blickte fest in ihre wasserblauen Augen. „Was meinen Sie? Können wir auf Sie zählen?“
Nuraras Augen öffneten sich weit vor Schreck. „Sind Sie irre? Ich soll mich und mein Leben verraten?“ schrie sie. „Ich hätte Sie erschießen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte!“
„Nurara, beruhigen Sie sich bitte. Sehen Sie doch ein, dass Sie keine andere Wahl haben …“
„Ich habe immer eine Wahl!“, unterbrach sie ihn.
Curtis stand auf und packte Nurara mit einem festen Griff am Handgelenk. „Hören Sie mir jetzt ganz genau zu und ich sage das nur ein einziges Mal“, raunte er und zog sie dicht zu sich heran, „ich hege keinen persönlichen Groll gegen Sie. Sie sind nicht dumm, Sie waren nur viel zu lange in zu schlechter Gesellschaft. Ich will Ihnen helfen, ein geordnetes Leben zu führen. Sie verdienen es.“
Nurara senkte ihren Blick kurz und sah wieder zu Curtis auf. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Er lockerte seinen Griff. Sie wandte sich ab und starrte zur Kabinendecke. „Wie lange habe ich Bedenkzeit?“
„Ab jetzt 3 Sekunden.“
„Amnestie für ein Geständnis und eine Aussage?“
Curtis nickte. „Relative Amnestie. Wie ich es Ihnen gerade erklärt habe.“
„Bekomme ich eine neue Identität?“
Er winkte ab. „Das wird nicht nötig sein. Kuolun wird kein Tageslicht mehr zu Gesicht bekommen.“
„Er wird mich töten, wenn er mich zu fassen bekommt“, antwortete die Marsianerin argwöhnisch.
„Machen Sie sich keine Sorgen, das wird nicht passieren. Sind wir im Geschäft?“ Er reichte ihr die Hand. Langsam hob Nurara die ihre und schlug ein. „Sehr gut, ich werde gleich mit Marshall Garnie Kontakt aufnehmen, damit alles Notwendige bis zu unserer Ankunft vorbereitet ist. Sie brauchen noch einen guten Anwalt!“ Curtis drehte sich um und ging zur Tür. Er wandte sich noch einmal um und musterte Nurara von oben bis unten. „Wir haben noch etwa neuneinhalb Stunden Flug vor uns. Möchten Sie sich vielleicht frisch machen, Sie sehen etwas ramponiert aus.“
Nuraras Gesicht hellte sich auf und zeigte erstmals aufrichtige Freude und Dankbarkeit. „Ja, das wäre schön, allerdings habe ich nichts anzuziehen.“
„Ich werde Joan bitten, Ihnen etwas zu bringen und Ihnen die Waschräume zu zeigen. Sie wird natürlich ein Auge auf Sie werfen müssen. Lassen Sie sich aber eines gesagt sein. Sie können sich nachher unter Bewachung hier frei auf dem Schiff bewegen. Ich will auf Handschellen für Sie verzichten, als Zeichen meines Vertrauens. Sollten Sie sich aber auch nur den kleinsten Fehltritt erlauben, landen Sie wieder hier und Otho wird Sie in Eisen legen. Die Amnestie ist dann auch verspielt. Ist das klar?“
Nurara nickte. „Vollkommen klar, Captain. Ich werde mich benehmen.“
Curtis verließ die Kabine. Nurara starrte die verschlossene Tür noch einen Moment an, dann huschte ein kleines Lächeln über ihr Gesicht …
Auf der Brücke bekam Joan einen Wutanfall. „Das kann nicht dein Ernst sein, Curt! Du verlangst allen Ernstes, dass ich ihr meine Zivilkleidung gebe und diese Schlampe auch noch zum Duschen begleite? Soll ich ihr vielleicht noch den Rücken schrubben? Soll Grag das doch machen!“
Sie verschränkte die Arme und starrte zum Brückenfenster hinaus. Grag drehte sich von der Pilotenkonsole um.
„Das geht nicht, Feuchtigkeit bekommt mir nicht!“
„Halt die Klappe, Grag!“, herrschte sie den Roboter an.
„Bitte Joan“, gab Curtis zurück, „du tust es nicht für sie, sondern für mich.“
„Ach weißt du was …“, grollte sie und stampfte wutentbrannt von der Brücke in ihre Kabine, wo sie aus einem der Schränke eine Einkaufstasche einer sehr edlen Boutique des Vergnügungsplaneten entnahm. Der Inhalt, eine kurze schwarze Lederjacke, ein ärmelloses figurbetontes T-Shirt und eine elegante dunkle Hose, hatte sie ein kleines Vermögen gekostet. Jetzt sollte sie diese schönen Sachen dieser Verbrecherin überlassen? Das zu verkraften würde eine Weile dauern. Aus dem Schiffsfundus entnahm sie die gröbste und unförmigste Unterwäsche, die sie finden konnte, dazu ein paar klobige Stiefel, die so gar nicht zu den edlen Kleidungsstücken passen wollten. Vor allem waren diese Stiefel neu und eng.
„Das wird ihr ein paar hübsche Blasen an den Füßen verpassen!“, dachte Joan sich insgeheim. „Eine kleine Demütigung muss einfach sein …“
Joan trat in die Kabine und fand Nurara im Schneidersitz auf der Koje hockend. „Los, kommen Sie, Waschtag!“, befahl sie barsch. „Schräg gegenüber ist die Dusche!“
Nurara erhob sich schweigend und ging voran. Joan war versucht, ihr einen Tritt zu verpassen, unterließ es jedoch. In der Dusche warf sie Nurara die Tüte und die Stiefel vor die Füße. „Da, mit besten Wünschen der New Yorker Weltraumpolizeibehörde!“, ätzte Joan.
Nurara schaute in die Tüte hinein und machte große Augen. „Die sind ja neu! Sie bekommen alles zurück, versprochen!“
„Geschenkt, wenn Sie die Sachen getragen haben, kann ich sie hinterher sowieso nur noch verbrennen. Behalten Sie alles.“
Nurara begann sich zu entkleiden. Joan starrte gebannt auf ihren makellosen, durchtrainierten Körper und ihre wohlgeformten Brüste. Nurara entging das nicht. „Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“ Sie grinste frech. „Sie sind aber auch nicht übel, Newton hat einen guten Geschmack – Joan, richtig?“
Joan nickte. „Stimmt“, gab sie schnippisch zurück, „er hat einen sehr guten Geschmack, aber was Sie angeht und wie er sich für Sie einsetzt, lässt mich an seinem Verstand zweifeln.“ Joan machte eine kreisende Bewegung mit dem Zeigefinger an ihrer Stirn. „Was haben Sie mit ihm angestellt?“
Nurara zwinkerte ihr zu, betrat die Duschkabine und drehte das Wasser auf. „Wissen Sie Joan“, begann sie, „ich denke, wir werden niemals Freundinnen sein, aber meinen Sie nicht auch, wir könnten uns zumindest wie erwachsene Frauen verhalten?“
„Ich verhalte mich so, wie Sie es verdienen“, gab Joan säuerlich zurück.“
„Joan, Sie sind kindisch! Sie leben in Ihrer kleinen naiven Schwarz-Weiß-Welt, in der es nur Gut und Böse gibt und nichts dazwischen. Sie sind der Typ Frau, die eines Tages den angeblichen Traummann heiratet, zwei bis drei Kinder bekommt und in ihrem Häuschen auf dem Land ein stinklangweiliges Leben lebt. Nach ein paar Jahren sind Sie angeödet und frustriert und fragen sich ob das alles war. Ich hingegen …“
„Sie hingegen“, fiel Joan ihr ins Wort, „ sind eine Verbrecherin, die sich an der Allgemeinheit bereichert, eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt und skrupellos über Leichen geht. Für was halten Sie sich eigentlich? Sie gehören auf lange Zeit in einen Kerker eingesperrt bis Ihr schöner Körper so verschrumpelt ist, dass sich alle Männer vor Ihnen ekeln!“
Nurara musste lauthals lachen. „Joan, Sie sind lustig. Sollte ich auf Bewährung rauskommen, möchte ich, dass Sie meine Bewährungshelferin werden. Wir könnten wunderbar lange und tiefgreifende Gespräche führen.“ Nurara drehte das Wasser ab und kam heraus. Joan warf ihr ein Handtuch gezielt an den Kopf. „Sehr freundlich, danke!“, gab Nurara darauf charmant als Antwort.
„Das nächste Mal ist es was schweres, das ich Ihnen an den Kopf werfe. Nurara, ich warne Sie! Wenn Sie versuchen, Curtis irgendwie zu beeinflussen und um den Finger zu wickeln, bekommen Sie gewaltigen Ärger!“, brummte Joan unheilvoll und es war ihr anzusehen, dass sie nicht scherzte.
Nuraras Züge wurden sanft. „Joan, Liebes“, sagte sie mit ebensolcher Samtstimme, „das brauche ich nicht. Das tut er von ganz allein. Ich habe eine Wirkung auf Männer, von der Sie nur träumen können.“ Dabei führte sie das Handtuch in besonders provokanter Art an ihren Kurven herab. Joan war innerlich am kochen. Dieses Biest war gut. Aber nicht gut genug.
‚Du willst Krieg? Du bekommst ihn, Süße‘, dachte sie sich. „Beeilen Sie sich, ich warte draußen!“ sagte sie und ging hinaus auf den Gang. Sie kannte das Gefühl von Eifersucht bisher nur aus Romanen. So musste es sich anfühlen. Diesem grünhaarigen Monster würde sie nicht das Feld kampflos überlassen.
Einige Minuten später kam Nurara aus dem Waschraum. Joan bekam gleich einen weiteren Niederschlag. Die Kleider, die sie sich für teures Geld noch gestern gekauft hatte, standen Nurara offensichtlich noch viel besser als ihr selbst.
„Die Stiefel passen nicht.“ Nurara hielt das Paar in die Höhe und lächelte.
„Dann ziehen Sie gefälligst Ihre eigenen Schuhe an oder laufen Sie barfuß! Was anderes gibt’s nicht!“, antwortete Joan patzig, warf ihre blonde Mähne herum und ging voran.
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