Hallo, zusammen!
Nach dem freundlichen Hinweis von Cybertrek möchte ich hier eine meiner Kurzgeschichten posten. Es gibt noch mehr auf meiner Webseite www.armatin.net, jeden Monat soll eine weitere hinzukommen.
Ich bin noch "neu" in diesem Metier und freue mich auf Eure Kommentare!
==============
"Am Lagerfeuer auf GROSSWALDEN"
(c) 2013 von Mathias Leopold
Rings herum war es dunkel und die Lichtung, auf der die Kinder für die Nacht ihr Quartier aufgeschlagen hatten, wirkte wie eine Insel des Lichts. Bis tief hinein in den nachtschwarzen Wald konnte man die Kinder fröhlich reden und lachen hören, der Schein des Lagerfeuers ließ ihre Schatten unnatürlich vergrößert über den Boden tanzen. Im Wald, der fast den ganzen Planeten überzog, gab es auch große und gefährliche Tiere, aber durch die Anwesenheit von Gundrams Großvater hatte keiner der Jungen Angst davor. Wie zur Drohung lag das Gewehr immer in Griffweite neben dem Großvater, der im Kreise der Jungen am Lagerfeuer saß und lachte. Der Großvater hatte früher selbst oft Wanderungen durch die Wälder von GROSSWALDEN gemacht, sogar zu den Zeiten, wo es noch gefährlicher war.
“Hat noch jemand Hunger?” fragte er die Jungen. Gundram dachte an die Würstchen und das Brot, das sein Großvater in seiner großen Tasche hatte. Aber er hatte schon genug gegessen und auch seine Freunde waren satt.
“Hattest Du früher auch Würstchen dabei, wenn Du die Wälder erforscht hast?” fragte Andres, Gundrams bester Freund.
“Nein, als ich damals hier unterwegs war, war GROSSWALDEN noch nicht so gut erforscht. Ich hatte meistens eine Überlebensausrüstung dabei. Zu Essen gab es dann dieses schreckliche Trockenzeug, das man in Wasser anrühren muß.” sagte der Großvater. Gundram wußte, sein Großvater war damals einer der ersten Menschen, die hier auf GROSSWALDEN geboren worden waren. Als Gundram noch kleiner war, hatte er ihm oft davon erzählt. Sein Großvater erzählte immer tolle Geschichten. Manchmal stellte sich aber heraus, daß nicht alle davon wahr waren und so überlegte Gundram immer, ob die zum Teil fantastischen Abenteuer, die sein Großvater erlebt hatte, plausibel waren.
“Schon alleine wegen der Raubtiere hätte ich damals kein Fleisch oder Wurst mitnehmen können. Habe ich Euch schon mal erzählt, wie ich in ein Rudel Aaßmaulen geraten bin? Es war Abends in der Dämmerung, ich wollte nur noch einen Bach suchen und dann mein Lager aufschlagen, als ich auf einer Lichtung wie dieser hier plötzlich die ersten beiden Maulen gesehen habe. Wenn ich da Würstchen dabei gehabt hätte, hätten sie mich schon viel früher gerochen, von hinten angesprungen und gefressen! Aber so standen wir uns plötzlich gegenüber und die Maulen waren wahrscheinlich fast so überrascht davon wie ich selbst. Und während ich noch überlegte, was ich tun sollte, kamen noch mehr aus den Sträuchern, jede fast so groß wie ich, mit Zähnen so lang wie meine Finger!” sagte der Großvater weiter. Er zeigte den Kindern seine Hände, damit sie einen Eindruck von den Raubtieren bekommen konnten. Gundram kannte Bilder von den Aaßmaulen. Sie jagten nur, wenn sie kein Aaß fanden, normalerweise mieden sie die Menschen. Aber man hatte auch schon von Angriffen dieser Tiere auf Menschen gehört.
“Wie bist Du den Aaßmaulen entkommen?” fragte Joren, Andres jüngerer Bruder. Mit großen Augen, in denen sich das Feuer wiederspiegelte, saß der kleine Junge da und sah gespannt Gundrams Großvater an.
“Ich bin eine Steineiche raufgeklettert. Das war gar nicht so einfach, das Holz ist so hart, daß man seine Steighilfen an den Schuhen nicht tief in die Rinde stoßen kann. Und die Rinde ist so glatt, daß die Finger kaum daran Halt finden! Aber ein Stück weiter oben fand ich Kletterblatt, daran konnte ich mich gut festhalten und weiterklettern. Schnell war ich so hoch, wie ich noch nie vorher geklettert bin!” sagte der Großvater.
“Klettern die Aaßmaulen nicht auch in Bäume?” fragte Andres skeptisch. Auch er war das eine oder andere Mal auf die Geschichten des Großvaters hereingefallen. Großvater lächelte, als habe er nur auf diesen Einwand gewartet.
“Aber ja! Und sogar sehr gut! Ich begriff, in was für eine schlechte Lage ich da geraten bin. Sieben Aaßmaulen waren hinter mir auf die Steineiche geklettert, zwei weitere blieben unten. Ihr wißt ja, wie intelligent diese Tiere sind! Die beiden unten wollten sehen, ob ich nicht von einem anderen Baum wieder herunterkommen würde, aber soweit war ich noch nicht. Für mich ging es nur weiter nach oben und ich mußte mich beeilen!”
“Die anderen Aaßmaulen kamen Dir näher!” vermutete Gundram. Sein Großvater nickte.
“Ich hatte die ersten Äste erreicht und wollte von dort auf einen anderen Baum springen. Aber noch waren die anderen Bäume zu weit weg und ich mußte noch weiter rauf. Die Maulen waren vielleicht noch fünfzehn Meter unter mir und sie waren schnell! Aber ich war damals noch jung und war auch nicht langsam, trotzdem holten sie auf. Schließlich erreichte ich einen Ast, von dem aus ich auf eine andere Steineiche kommen konnte. Ich lief auf diesem dicken Ast los und spürte schon fast den fauligen Atem der Aaßmaulen hinter mir.” Der Großvater machte eine Pause und trank einen Schluck aus seiner Flasche. Von den Jungen wagte keiner, auch nur ein Wort zu sagen.
“Dann griff ich nach einer Kletterblattranke und schwang mich hinüber auf den anderen Baum. Die erste Maule, die mich fast erreicht hatte, sprang mir nach und fiel in die Tiefe, fast fünfzig Meter tief. Die anderen waren vorsichtiger. Und während ich den Ast entlang zum Stamm der anderen Steineiche weiterlief, schienen sie sich zu beraten. Drei von ihnen sprangen schließlich doch hinterher und waren dann auf dem selben Baum wie ich. Und dann hörte ich es das erste Mal: Das Rufen der Viecher!” sagte der Großvater und sah bedeutungsvoll in die Runde seine Zuhörer.
“Du hast Viecher gehört?” fragte Andres skeptisch. Jeder kannte die Legenden dieser Wesen. Noch nie hatte man sie gesehen. Kein Sensor hatte sie je erfaßt, keine noch so gut ausgerüstete Expedition sie je gefunden. Und doch gab es Spuren an Bäumen, die von ihren Krallen stammen mußten. So erzählten es sich zumindest die Leute aus den Siedelungen. Es wurde sogar von der Regierung ein hoher Preise darauf ausgesetzt, einen Beweis für ein Viech zu bringen. Viele hatten es probiert, aber noch nie hatte jemand etwas gefunden, daß vor den Wissenschaftlern bestand gehabt hätte.
“Es ist ein so tiefer Ton, daß Du ihn nicht so richtig hören, aber spüren kannst. Es war ein so durchdringender Ton, daß ich regelrecht davon geschüttelt wurde. Die Maulen, die gerade noch hinter mir waren, drehten sich auf der Stelle um und sprangen davon. Eine von den dreien war so erschrocken, daß sie vom Ast gerutscht ist und in die Tiefe fiel! Eine andere brach den Ast ab, über den ich auf den Baum gekommen war. Als der Ton verhallt war, war von den Maulen nichts mehr zu sehen, nur die beiden Kadaver auf dem Boden.” sagte der Großvater. Er straffte sich.
“Jetzt mußte ich sehen, wie ich wieder von dieser Steineiche herunterkam. Es wurde ja auch schon langsam dunkler. Weiter unten sah ich den Ast einer Pendelesche, den ich von einem tieferen Ast der Steineiche erreichen konnte, also kletterte ich am Stamm hinunter. Diesmal ohne Kletterblatt, an dem ich mich festhalten konnte. So fest ich konnte rammte ich meine Steighilfen in die Rinde der Steineiche. Und dann…” der Großvater machte wieder eine Pause, in seinen Augen loderte der Widerschein des Lagerfeuers.
“Dann bin ich gefallen! Ich fand einfach keinen Halt mehr an der glatten Rinde. Gleichzeitig vernahm ich ein Poltern und ein Brausen zwischen den dicken Stämmen der Steineichen. Ich rechnete nicht damit, diesen Sturz zu überleben und schloß meine Augen.
Und plötzlich war um mich herum dieser Geruch, so intensiv wie der Wald selbst. Ich hatte aufgehört zu fallen und fühlte mich festgehalten, so wie ihr einen Schmetterling zwischen Euren Händen halten würdet. Ich konnte nichts mehr sehen und nichts mehr hören, lag auf irgendetwas ledrigem, ich spürte nur, daß es doch nach unten ging, aber nicht im freien Fall. Dann wieder dieser durchdringende Laut, diesmal so heftig, daß ich mein Bewußtsein verlor.” Der Großvater hatte sich im Sprechen vorgebeugt, die Kette, die er um den Hals trug, baumelte jetzt aus seinem Hemd heraus. Gundram sah sich den Talisman, den er daran hatte, noch etwas genauer an. Es wirkte wie ein kleiner Stock, aber war auch nach all den Jahren immer noch flexibel.
“Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Haufen aus Blättern und kleinen Zweigen, so groß, daß ich ihn nie selbst hätte zusammentragen können. Ich mußte mich daraus herausarbeiten und überall blieben die feinen, frischen Blätter der Duftesche an mir hängen.” sagte der Großvater.
“So konnten Dich die Maulen nicht mehr riechen!” rief Joren begeistert, der den Grund erkannt hatte. Lächelnd nickte der Großvater.
“Genau! Um mich herum sah ich Scharrspuren auf dem Boden, die Steineiche, auf der ich gewesen war, hatte jetzt tiefe Kerben im ganzen Stamm. Und in meiner Hand hatte ich das hier:” der Großvater griff nach seinem Talisman und nahm ihm vom Hals.
“Das ist das einzige Haar, daß je von einem Viech gefunden wurde!” erklärte er bedeutend. Andres war da anderer Meinung.
“Noch nie wurde eine verläßliche Spur von einem Viech gefunden!” rief er.
“Richtig. Außer dieser hier!” sagte er und zeigte das angebliche Haar jetzt auch Gundram. Er faßte es an, aber wie ein Haar fühlte es sich eigentlich nicht an, eher wie ein flexibler Stock. Und als er daran roch, war es auch nur der Geruch seines Großvaters, nach einem Viech roch es aber nicht.
“Willst Du denn gar nicht den Preis einkassieren? Haben sich die Wissenschaftler schon mal das Ding angesehen?” fragte Andres. Der Großvater beugte sich zu ihm herüber und fragte leise:
“Würdest Du denjenigen verraten, der Dein Leben gerettet hat?”
Nach dem freundlichen Hinweis von Cybertrek möchte ich hier eine meiner Kurzgeschichten posten. Es gibt noch mehr auf meiner Webseite www.armatin.net, jeden Monat soll eine weitere hinzukommen.
Ich bin noch "neu" in diesem Metier und freue mich auf Eure Kommentare!
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"Am Lagerfeuer auf GROSSWALDEN"
(c) 2013 von Mathias Leopold
Rings herum war es dunkel und die Lichtung, auf der die Kinder für die Nacht ihr Quartier aufgeschlagen hatten, wirkte wie eine Insel des Lichts. Bis tief hinein in den nachtschwarzen Wald konnte man die Kinder fröhlich reden und lachen hören, der Schein des Lagerfeuers ließ ihre Schatten unnatürlich vergrößert über den Boden tanzen. Im Wald, der fast den ganzen Planeten überzog, gab es auch große und gefährliche Tiere, aber durch die Anwesenheit von Gundrams Großvater hatte keiner der Jungen Angst davor. Wie zur Drohung lag das Gewehr immer in Griffweite neben dem Großvater, der im Kreise der Jungen am Lagerfeuer saß und lachte. Der Großvater hatte früher selbst oft Wanderungen durch die Wälder von GROSSWALDEN gemacht, sogar zu den Zeiten, wo es noch gefährlicher war.
“Hat noch jemand Hunger?” fragte er die Jungen. Gundram dachte an die Würstchen und das Brot, das sein Großvater in seiner großen Tasche hatte. Aber er hatte schon genug gegessen und auch seine Freunde waren satt.
“Hattest Du früher auch Würstchen dabei, wenn Du die Wälder erforscht hast?” fragte Andres, Gundrams bester Freund.
“Nein, als ich damals hier unterwegs war, war GROSSWALDEN noch nicht so gut erforscht. Ich hatte meistens eine Überlebensausrüstung dabei. Zu Essen gab es dann dieses schreckliche Trockenzeug, das man in Wasser anrühren muß.” sagte der Großvater. Gundram wußte, sein Großvater war damals einer der ersten Menschen, die hier auf GROSSWALDEN geboren worden waren. Als Gundram noch kleiner war, hatte er ihm oft davon erzählt. Sein Großvater erzählte immer tolle Geschichten. Manchmal stellte sich aber heraus, daß nicht alle davon wahr waren und so überlegte Gundram immer, ob die zum Teil fantastischen Abenteuer, die sein Großvater erlebt hatte, plausibel waren.
“Schon alleine wegen der Raubtiere hätte ich damals kein Fleisch oder Wurst mitnehmen können. Habe ich Euch schon mal erzählt, wie ich in ein Rudel Aaßmaulen geraten bin? Es war Abends in der Dämmerung, ich wollte nur noch einen Bach suchen und dann mein Lager aufschlagen, als ich auf einer Lichtung wie dieser hier plötzlich die ersten beiden Maulen gesehen habe. Wenn ich da Würstchen dabei gehabt hätte, hätten sie mich schon viel früher gerochen, von hinten angesprungen und gefressen! Aber so standen wir uns plötzlich gegenüber und die Maulen waren wahrscheinlich fast so überrascht davon wie ich selbst. Und während ich noch überlegte, was ich tun sollte, kamen noch mehr aus den Sträuchern, jede fast so groß wie ich, mit Zähnen so lang wie meine Finger!” sagte der Großvater weiter. Er zeigte den Kindern seine Hände, damit sie einen Eindruck von den Raubtieren bekommen konnten. Gundram kannte Bilder von den Aaßmaulen. Sie jagten nur, wenn sie kein Aaß fanden, normalerweise mieden sie die Menschen. Aber man hatte auch schon von Angriffen dieser Tiere auf Menschen gehört.
“Wie bist Du den Aaßmaulen entkommen?” fragte Joren, Andres jüngerer Bruder. Mit großen Augen, in denen sich das Feuer wiederspiegelte, saß der kleine Junge da und sah gespannt Gundrams Großvater an.
“Ich bin eine Steineiche raufgeklettert. Das war gar nicht so einfach, das Holz ist so hart, daß man seine Steighilfen an den Schuhen nicht tief in die Rinde stoßen kann. Und die Rinde ist so glatt, daß die Finger kaum daran Halt finden! Aber ein Stück weiter oben fand ich Kletterblatt, daran konnte ich mich gut festhalten und weiterklettern. Schnell war ich so hoch, wie ich noch nie vorher geklettert bin!” sagte der Großvater.
“Klettern die Aaßmaulen nicht auch in Bäume?” fragte Andres skeptisch. Auch er war das eine oder andere Mal auf die Geschichten des Großvaters hereingefallen. Großvater lächelte, als habe er nur auf diesen Einwand gewartet.
“Aber ja! Und sogar sehr gut! Ich begriff, in was für eine schlechte Lage ich da geraten bin. Sieben Aaßmaulen waren hinter mir auf die Steineiche geklettert, zwei weitere blieben unten. Ihr wißt ja, wie intelligent diese Tiere sind! Die beiden unten wollten sehen, ob ich nicht von einem anderen Baum wieder herunterkommen würde, aber soweit war ich noch nicht. Für mich ging es nur weiter nach oben und ich mußte mich beeilen!”
“Die anderen Aaßmaulen kamen Dir näher!” vermutete Gundram. Sein Großvater nickte.
“Ich hatte die ersten Äste erreicht und wollte von dort auf einen anderen Baum springen. Aber noch waren die anderen Bäume zu weit weg und ich mußte noch weiter rauf. Die Maulen waren vielleicht noch fünfzehn Meter unter mir und sie waren schnell! Aber ich war damals noch jung und war auch nicht langsam, trotzdem holten sie auf. Schließlich erreichte ich einen Ast, von dem aus ich auf eine andere Steineiche kommen konnte. Ich lief auf diesem dicken Ast los und spürte schon fast den fauligen Atem der Aaßmaulen hinter mir.” Der Großvater machte eine Pause und trank einen Schluck aus seiner Flasche. Von den Jungen wagte keiner, auch nur ein Wort zu sagen.
“Dann griff ich nach einer Kletterblattranke und schwang mich hinüber auf den anderen Baum. Die erste Maule, die mich fast erreicht hatte, sprang mir nach und fiel in die Tiefe, fast fünfzig Meter tief. Die anderen waren vorsichtiger. Und während ich den Ast entlang zum Stamm der anderen Steineiche weiterlief, schienen sie sich zu beraten. Drei von ihnen sprangen schließlich doch hinterher und waren dann auf dem selben Baum wie ich. Und dann hörte ich es das erste Mal: Das Rufen der Viecher!” sagte der Großvater und sah bedeutungsvoll in die Runde seine Zuhörer.
“Du hast Viecher gehört?” fragte Andres skeptisch. Jeder kannte die Legenden dieser Wesen. Noch nie hatte man sie gesehen. Kein Sensor hatte sie je erfaßt, keine noch so gut ausgerüstete Expedition sie je gefunden. Und doch gab es Spuren an Bäumen, die von ihren Krallen stammen mußten. So erzählten es sich zumindest die Leute aus den Siedelungen. Es wurde sogar von der Regierung ein hoher Preise darauf ausgesetzt, einen Beweis für ein Viech zu bringen. Viele hatten es probiert, aber noch nie hatte jemand etwas gefunden, daß vor den Wissenschaftlern bestand gehabt hätte.
“Es ist ein so tiefer Ton, daß Du ihn nicht so richtig hören, aber spüren kannst. Es war ein so durchdringender Ton, daß ich regelrecht davon geschüttelt wurde. Die Maulen, die gerade noch hinter mir waren, drehten sich auf der Stelle um und sprangen davon. Eine von den dreien war so erschrocken, daß sie vom Ast gerutscht ist und in die Tiefe fiel! Eine andere brach den Ast ab, über den ich auf den Baum gekommen war. Als der Ton verhallt war, war von den Maulen nichts mehr zu sehen, nur die beiden Kadaver auf dem Boden.” sagte der Großvater. Er straffte sich.
“Jetzt mußte ich sehen, wie ich wieder von dieser Steineiche herunterkam. Es wurde ja auch schon langsam dunkler. Weiter unten sah ich den Ast einer Pendelesche, den ich von einem tieferen Ast der Steineiche erreichen konnte, also kletterte ich am Stamm hinunter. Diesmal ohne Kletterblatt, an dem ich mich festhalten konnte. So fest ich konnte rammte ich meine Steighilfen in die Rinde der Steineiche. Und dann…” der Großvater machte wieder eine Pause, in seinen Augen loderte der Widerschein des Lagerfeuers.
“Dann bin ich gefallen! Ich fand einfach keinen Halt mehr an der glatten Rinde. Gleichzeitig vernahm ich ein Poltern und ein Brausen zwischen den dicken Stämmen der Steineichen. Ich rechnete nicht damit, diesen Sturz zu überleben und schloß meine Augen.
Und plötzlich war um mich herum dieser Geruch, so intensiv wie der Wald selbst. Ich hatte aufgehört zu fallen und fühlte mich festgehalten, so wie ihr einen Schmetterling zwischen Euren Händen halten würdet. Ich konnte nichts mehr sehen und nichts mehr hören, lag auf irgendetwas ledrigem, ich spürte nur, daß es doch nach unten ging, aber nicht im freien Fall. Dann wieder dieser durchdringende Laut, diesmal so heftig, daß ich mein Bewußtsein verlor.” Der Großvater hatte sich im Sprechen vorgebeugt, die Kette, die er um den Hals trug, baumelte jetzt aus seinem Hemd heraus. Gundram sah sich den Talisman, den er daran hatte, noch etwas genauer an. Es wirkte wie ein kleiner Stock, aber war auch nach all den Jahren immer noch flexibel.
“Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Haufen aus Blättern und kleinen Zweigen, so groß, daß ich ihn nie selbst hätte zusammentragen können. Ich mußte mich daraus herausarbeiten und überall blieben die feinen, frischen Blätter der Duftesche an mir hängen.” sagte der Großvater.
“So konnten Dich die Maulen nicht mehr riechen!” rief Joren begeistert, der den Grund erkannt hatte. Lächelnd nickte der Großvater.
“Genau! Um mich herum sah ich Scharrspuren auf dem Boden, die Steineiche, auf der ich gewesen war, hatte jetzt tiefe Kerben im ganzen Stamm. Und in meiner Hand hatte ich das hier:” der Großvater griff nach seinem Talisman und nahm ihm vom Hals.
“Das ist das einzige Haar, daß je von einem Viech gefunden wurde!” erklärte er bedeutend. Andres war da anderer Meinung.
“Noch nie wurde eine verläßliche Spur von einem Viech gefunden!” rief er.
“Richtig. Außer dieser hier!” sagte er und zeigte das angebliche Haar jetzt auch Gundram. Er faßte es an, aber wie ein Haar fühlte es sich eigentlich nicht an, eher wie ein flexibler Stock. Und als er daran roch, war es auch nur der Geruch seines Großvaters, nach einem Viech roch es aber nicht.
“Willst Du denn gar nicht den Preis einkassieren? Haben sich die Wissenschaftler schon mal das Ding angesehen?” fragte Andres. Der Großvater beugte sich zu ihm herüber und fragte leise:
“Würdest Du denjenigen verraten, der Dein Leben gerettet hat?”
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