01
Nach mehr als Neunzig Stunden Flug und unzähligen Zwischenstopps landete der Versorgungsfrachter auf einem der Drei Parkdecks vom Trägerschiff Achilles. Neben medizinischer Ausrüstung, Medikamenten und medizinischen Gütern waren Siebzehn Frauen und Männer an Bord.
Die Gruppe verließ den Versorgungsfrachter und wurde von einer älteren Menschenfrau hinter der Orangen Linie empfangen. Deckarbeiter luden den Frachter aus. Kurz darauf heulte das Triebwerk auf, der Versorgungsfrachter hob ab und flog aus dem Parkdeck. Wenige Sekunden später landete ein weiterer Versorgungstransporter.
Die Frauen und Männer der Gruppe wurden von der Frau gebeten ihr ihre ID Karten auszuhändigen. Sie schob eine ID Karte nach der anderen in das tragbare Pad. Auf dem LCD Bildschirm erschienen alle notwendigen Daten. Jeder bekam dadurch von der Frau gesagt, wo man eingeteilt war.
„Karin Mumsa!“
Die angesprochene Mischlingsfrau nickte. Sie war Zweiundzwanzig Jahre alt.
„Sie sind Krankenschwester?“, fragte die Frau und sah auf.
Wieder nickte Karin.
Die Frau blickte aufs Pad. „Man hat sie Camp Delta zugewiesen. Parkdeck Zwei. Start – und Landesektion C.“
Karin nickte einfach, erhielt ihre Karte zurück und ging zum Turbolift. Zusammen mit Fünf anderen stieg sie in die Kabine ein. Einer ihrer Begleiter drückte Parkdeck Zwei.
Zusammen stiegen sie aus, gingen den kleinen Gang entlang und betraten dann das Parkdeck Zwei. Im Gegensatz zum vorherigen Parkdeck, befanden sich auf diesem Parkdeck mehrere Transportfähren.
Auf einer Infotafel konnte man sehen wo welche Landesektion lag. Karin ging zur Landesektion C. Am Einstieg von der Landefähre, stand ein Gvanischer Marine.
„Ihre ID Karte bitte, Ma’am.“
Sie händigte dem Marine ihre ID Karte aus. Der Gvaner schob sie in das Pad. Ein kurzer Blick aufs Pad. „Danke, Ma’am. Bitte gehen sie an Bord.“
Karin nickte und stieg ein.
***
Acht weitere Personen befanden sich bereits an Bord. Sie suchte sich einen leeren Platz in Sitzreihe. Ihr Gepäck, eine einfache Reisetasche, schob sie in das untere Fach. Danach setzte sie sich.
Kurz danach kam ein junger Mensch herein, sah sich um und setzte sich neben Karin. Er trug einen Panzeranzug. Zwei weitere Personen kamen innerhalb von Dreißig Minuten herein und setzten sich. Die letzte Person, eine gvanische Frau, trug ebenfalls einen Panzeranzug. Zwischen den beiden gab es einen kurzes nicken.
„Sie sind eine Krankenschwester.“
Karin blickte zur Seite. Der Mensch sah nicht viel jünger aus wie sie selbst. Seine Züge waren weich, überhaupt nicht so wie man sich einen Marine vorstellte. Die Augen strahlten eine jugendliche Stärke aus, die sie faszinierte. Beim schmunzeln tat sich ein sympathisches Kinngrübchen auf.
„Ja.“, entgegnete sie mit einem lächeln. Was der Marine ebenfalls lächeln ließ.
„Man schickt sie nach Camp Delta!“
„Muss wohl. Schließlich bin ich hier.“, erwiderte Karin ohne böse Absicht. „Und sie?“
„Bei einem Transportflug müssen Marines als Absicherung im Notfall an Bord sein. Die Transitfähre könnte abstürzen oder abgeschossen werden. Da ist es gut jemanden mit einem XP Rex Schnellfeuer Impulsgewehr unter den Passagieren zuhaben.“ Als er abstürzen und abgeschossen sagte, blickten sich einige der zivilen Passagiere unsicher an.
Karin blickte zu der gvanischen Marinefrau. Ihr Blick war knallhart. Sie machte einen weitaus weniger offeneren Eindruck wie ihr Sitznachbar. Im Gegensatz zu ihm musste sie bereits an der Front gekämpft haben. Zumindest gewann man diesen Eindruck.
„Wir starten in Fünf Minuten.“, kam es aus dem Com System.
Karin versuchte sich zu entspannen. Vor einem Flug wurde sie immer leicht nervös. Es war nicht direkt Flugangst, eher leichte Anspannung. Mit einer Entspannungstechnik, die sie in einem Chakra Kurs gelernt hatte, versuchte sie sich zu entspannen. Vielleicht lag ihre steigende Anspannung auch an der Tatsache das sie demnächst den Krieg direkt miterlebte. Camp Delta wurden die mobilen Frontlazarette auf Planeten genannt. Nach dem das Medizinische Corp sie eingezogen hatte, konnte sie keinen Einfluss darauf nehmen wohin man sie schickte.
„Nervös?“, fragte er sie flüsternd.
Der Klang der stets laufenden Triebwerke erhöhte sich. Nur noch wenige Augenblicke und die Transitfähre startete.
„Etwas.“
Wieder dieses lächeln. Irgendwie beruhigte sie es. Da hob die Transitfähre ab. Zum ersten Mal krallte sie sich nicht in die Armlehne. Ihre Hände lagen locker da. Ihr Atem ging regelmäßig. Als wäre nie etwas geschehen.
***
Bei der harten Landung knirschte das Metallskelett der Transitfähre. Karin bekam eine Gänsehaut. Bevor sie richtig reagieren konnte, hatten sich die Drei Marines an Bord von ihren Sitzplätzen erhoben, ihre Impulsgewehre in Händen und nickten einander knapp zu.
Oberhalb des Kabinendurchgangs leuchtete das rote Signal. Wie bei allen Vehikeln bedeutete es das man sitzen bleiben sollte. Natürlich hielten sich nicht alle Leute bei den zivilen Verkehrsmitteln, wie der Magnetbahn (Ober- und Unterirdisch), an die Bedeutung. Jeder der es ignorierte tat das auf eigene Gefahr hin.
Keiner der Zivilisten an Bord der Transitfähre berührte auch nur den Lösen Button für die Sicherheitsgurte. Erst als das Rote Signal ins Grün wechselte, betätigten sie langsam den Button.
Karin nahm ihre Tasche und folgte den anderen Passagieren nach draußen. Beim Verlassen musste Karin kurzzeitig schützend die Augen vor ihr Gesicht halten. Das Sonnenlicht ließ sie erblinden. Erst als sich ihre Augen nach wenigen Sekunden an die Lichtstärke gewöhnt hatten, nahm sie die Hand weg.
Camp Delta lag am Ufer eines Flusses, der sich natürlich durch die Gegend schlängelte. Am Flussufer, bzw. im seichten Wasser sah sie eine Gruppe von dunkel Grünen violetten Storchen stehen. Einige schauten sich das rege treiben am Ufer an und stolzierten dann weiter.
Das Camp selbst bestand lediglich aus Zelten. Auf allen befand sich das Logo der Vereinten Terra-Gvan Streitkräfte. Um das Camp war ein Wall errichtet worden. Der Landeplatz befand ich in der Mitte. Das nächstgelegene Zelt besaß ein Rotes Kreuz auf weißen Grund Symbol. Wie alle Zelte war auch dieses Nummeriert. Es trug die Nummer 1.
Ein schmächtiger Mann, mit Brille und geröteter Haut kam auf die Gruppe hinzu. „Guten Tag und Herzlich Willkommen im Camp Delta. Ich benötige ihre ID Karten.“
Als Karin an der Reihe war, nahm er ihre ID Karte, schob sich in das tragbare Pad, las die erschienenden Daten und blickte sie an. „Sie wurden dem Grünen Team zugewiesen. Melden sie sich bei Doktor Ziyi. Zelt Vier. Der Nächste Bitte.“ Karin nahm ihre ID Karte an sich und ließ den nächsten dran kommen. Die Informationen waren gut und schön, wenn sie bloß wüsste wo Zelt Vier stand. Hier gab es nämlich keine Standortkarte.
Etwas hilflos blickte sie sich um. Keins der Zelte die sie sah, trug die Vier als Nummer.
„Haben sie ihre Zuteilung?“, fragte die sympathische Stimme des namenlosen Marine.
Sie sah ihn an. In seinem matt glänzenden Panzeranzug, mit dem Impulsgewehr vor der Brust und dem jungenhaften Gesicht, wirkte er vollkommen fehl am Platz. Er wäre von seinem Erscheinungsbild her eine hervorragende Werbefigur.
„Ja. Jetzt muss ich nur noch dahin kommen.“
Er lachte. Das Grübchen tauchte auf. „Welchem Team wurden sie zugeteilt?“
„Grün. Soll Doktor Ziyi Team sein.“
„Doktor Ziyi. Sie ist die beste Chirurgin. Ihr ist es gelungen meinen kleinen Bruder wieder zusammen zuflicken. Zwar hat er statt seines Beins einen Arm und umgekehrt“ – er zuckte mit den Schultern. „aber das ist nicht weiter tragisch.“
Sekunden verstrichen. Ungläubig sah sie an. Dann lächelte der Marine herzhaft. Da wurde ihr klar, das er sich veralbert hatte. Karin musste ebenfalls lächeln.
„Kev.“, rief die gvanische Marine.
Er sah kurz zu ihr. „Ich muss gehen. Meine Squad wird nach Zero Point verlegt. Unter das Kommando von General Hamilton.“
„Bis dann.“, verabschiedete er sich beim traben.
Kurz bevor er in der Truppenfähre verschwand, blickte er sich nach ihr um. Dann schob sich die Rampe zwischen ihren Blick. Traurigkeit überkam Karin. Sie sah wie die Fähre sich in den Himmel erhob, eine Kurve flog und über sie hinweg schoss. Ob sie den Marine jemals wieder sah?
Bevor sie sich die Frage beantworten konnte, beschloss Karin Zelt Vier zu suchen. Sie ging los, ohne wirklich zu wissen wohin.
Nach Zehn Minuten erblickte sie Zelt Vier. Die Vier prangte in Grüner Farbe am Zelteingang. Zelt Vier lag in der vierten Reihe von Zelten, welche um die Landezone angeordnet waren.
02
Das Zelt war eine Gemeinschaftsunterkunft. Drei Doppelstockbetten. Sechs Spinde. Beim Folienfenster stand ein Tisch, an dem Sechs Personen Platz fanden. Zudem gab es Sechs kleine Kommoden mit Fünf Fächern.
„Team Grün?“, fragte ein junger Mann scheinbar in ihrem Alter.
Karin nickte. Vier Personen waren im Zelt Vier. Zwei junge Männer, sie saßen zusammen und spielten holografisches Stratego. Eine junge Aquianerin und ein opulenter Mischling.
Sie stellte ihre Tasche auf eine der beiden freien Liegen ab. Der Mischlingsmann saß in einem Stuhl und schlief. Sein rechter Arm war bis zum Ober- und Unterarmgelenk vernarbt. Die Aquianerin las in einem Pad. Ihre weichen Züge, die schmalen Lippen und die Grünen Augen machten sie zu einer hübschen Frau. Karin selbst betrachtete sich nicht unbedingt als hübsch.
Außer den Doppelstockliegen gab es noch Sechs Spinde und Sechs kleine Kommoden aus Leichtaluminium. Ihre glatten, poliert glänzenden Oberflächen hatten die Gegenstände längst verloren. Einige waren notdürftig geschweißt worden. Kratzer, Beulen und Risse zierten die Oberflächen.
Auf den Spinden und Kommoden, sowie an den Pfosten der Liegen standen Grüne Nummern. Karin hatte die Nummer Fünf. Im Spind hing ihre Schwesternuniform. Auf der Ablage lag ihr Com Gerät, das alle Einsatzkräfte bei sich zutragen hatten.
„Sind wir Doktor Ziyis Team?“, fragte Karin nach ihrer kurzen Inspektion.
Der Gvaner sah vom Spielfeld ab. Sein Gegenspieler grübelte über seinen nächsten Zug. „Yeah.“, antwortete er mit tiefer Bassstimme und einem harten Akzent.
„Sie ist die Beste. Wenn mir ein Crjaner irgendetwas abhackt, soll sie es mir wieder ranmachen.“, ergänzte der Mischling auf dem Stuhl.
Ein zustimmendes nicken von allen folgte. „Hab gehört ihr Raumkonvoi soll von Crjanischen Flotteneinheiten angegriffen worden sein.“, sagte ein Benien und ging an Karin vorbei. „Und macht er dich wieder fertig!“, meinte der Benien und klopfte dem grübelnden Menschen auf die Schulter.
Auf dem Gesicht des Gvaners erschien ein siegessicheres Lächeln.
„Angriff ist die beste Verteidigung.“, erwiderte der Mensch und machte seinen Zug. Sofort verging dem Gvaner das Lächeln. Jetzt lächelte der Mensch.
„Taj, mein Name.“, stellte sich der Beniener vor.
Karin gab ihm die Hand. „Karin.“
„Frisch eingezogen!“, stellte Taj fest.
Sie nickte.
„Ich stell ihnen mal die anderen vor. Außer mir hat hier nämlich keiner Manieren. Die beiden dort sind Hector und Na’s. Unser Dicker dort, hört auf den Namen Gilberto. Und unsere Eisprinzessin dort heißt Yiljz.“
Die Aquianerin blickte auf, sah Taj scharf an und streckte ihm dann den Mittelfinger entgegen. Diese Geste bedeutete Galaxieweit das gleiche. Taj lachte.
„Sie kommt eigentlich aus gutem Hause.“, entschuldigte er ihre Geste.
„Team Grün ins Besprechungszelt…Team Grün ins Besprechungszelt.“, hallte es aus den Lautsprechern des Camps.
***
„Die Gerüchte über meinen Tod, verehrte Damen und Herren sind übertrieben.“, meinte eine lebendige Doktor Ziyi. Die Gvanerin blickte sich um. Außer Team Grün waren noch die Teams Orange und Rot anwesend.
„Ich freue mich einige bekannte Gesichter zusehen.“ Jene die sich angesprochen fühlten nickten. „Für die neuen unter uns. Camp Delta ist die Erste Anlaufstelle für die Verletzten der Streitkräfte. Sobald die Kämpfe losgehen erhalten wir die Aufgabe der Erstvorsorgung. Team Grün übernimmt die Einschätzung der Verletzten und die Behandlung der leichten Fälle. Organe, die ärztliche Versorgung der Mittelschweren Fälle. Rot, die schweren bis lebensbedrohlichen Verletzten. Ihre Team Supervisor erläutern ihnen das Einstufungssystem. Laut dem Oberkommando haben wir noch keinen Frontstatus. Nutzen sie die Zeit um sich mit allem vertraut zumachen. Die Crjaner rücken schneller vor als von der Aufklärung eingeschätzt. Fragen?“ Keiner fragte etwas. Damit war die Besprechung beendet.
Zurück im Zelt setzten Hector und Na’s ihre Stratego Partie fort. Yiljz ging ins Postzelt um ihren Eltern einen Brief zuschreiben. Gilberto machte einen Abstecher ins Verpflegungszelt. Es war nämlich Essenszeit. Taj erklärte ihr das Einstufungssystem. Eine Stunde später, nachdem Yiljz zurückgekommen war, gingen sie gemeinsam ins Verpflegungszelt. Wo sie sich zu Gilberto setzten. Er lieferte sich gerade einen Disput mit dem Verpflegungschef. Anscheinend hatte der Gvaner das Limit der Essensmarken für einen Tag überschritten.
Obgleich Karin die Neue war, fühlte sie sich gleich wohl. Das Team schien okay. Die Harmonie stimmte jedenfalls. Alle waren mehr oder weniger freundlich zu ihr. Am Abend fand eine Einsatzsimulation für alle Teams statt. Außer einem Einschätzungsfehler hatte sie sich gut geschlagen. Team Grün hatte bei der Simulation als bestes Team abgeschlossen. Was eine ausgelassene Stimmung im Team verursachte.
***
Mitten in der Nacht des Zweiten Tages heulte der Alarm durchs Camp. Innerhalb von Dreißig Sekunden waren alle Mitglieder vom Grünen Team wach, angezogen und gingen zur Landezone. Ein Landungstransporter landete.
„Bleib bei mir.“, schrie Taj über das dröhnen der Triebwerke hinweg. Katrin nickte und ging an seine Seite.
„Was ist passiert?“, fragte Taj den Air Marine Crewmen.
„Ein Helitransporter ist abgestürzt. Ein schwer Verletzter. Der Rest hat Schrammen und Knochenbrüche.“, antwortete der Soldat. Er trug auf den Oberarmseiten ein Rotes Kreuz auf Weißem Grund. Demnach war er ein Feldsanitäter.
Mehrere Pfleger tauchten mit Tragen auf. Wenig später tauchte Doktor Ziyi bei ihnen auf. Taj gab die Infos an sie weiter.
„Nimmt den schwer Verletzten gleich mit.“, ordnete sie an. Die Pfleger übernahmen den schwer Verletzten. Er lag unter karierten Grauen Matte. Auf seiner Stirn befand sich ein Scanner. Am Hals trug er ein Plättchen. Sie gingen rasch ins Operationszelt.
Zusammen mit den anderen übernahmen sie die verletzten Marines. Tatsächlich handelte es sich nur um nicht lebensbedrohliche Verletzungen. Sie verabreichten den Damen und Herren ein Schmerzmittel, säuberten die Wunden und gingen, da wo es möglich war, mit einem Hautregenerator trüber. Damit sahen die Marines wieder wie neu aus. Im Gegensatz zu ihrem Kollegen hatten sie Glück gehabt. Nach Zwanzig Minuten waren alle versorgt.
Die Drei Frauen und Fünf Männer blieben. Sie würden erst wieder ihren Dienst aufnehmen wenn ihr Kamerad außer Gefahr war, verriet ihr Taj. Nach gut Zwei Stunden kehrte Team Grün wieder in ihr Zelt zurück. Alle legten sich schlafen. Karin schlief erst nach einer Weile wieder ein.
***
Außer dem Vorfall mit dem abgestürzten Helitransporter gab es keine weiteren Vorkommnisse. Tag um Tag wurden Übungen durchgeführt, Seminare für die Anfänger gehalten, Verhaltensregeln erklärt und die neusten Gerüchte verbreitet.
Karin joggte jeden Tag durchs Camp, stieg den Schutzwall hinauf und lief auf dem Kamm weiter. Von den majestätischen Storchen fehlte seit Drei Tagen jede Spur. Dabei handelte es sich bei dem Platz um die Hauptbrutstätte der Langbeinvögel. Yiljz hatte gehört dass das fehlen der Langbeinvögel kein gutes Zeichen war. Tiere verließen ihre Brutstätten nur wenn Gefahr drohte. Kurz darauf kamen Gerüchte von der Ersten Angriffswelle der Crjaner auf. Keine Minute verging als die höchste Einsatzalarmbereitschaft ausgegeben wurde.
Zurück im Teamzelt, sah sie wie Gilberto in seinem Bett lag und schnarchend schlief. Wie der Gvaner in solch einem Moment schlafen konnte, war ihr unbegreiflich. Sie war hellwach. Das Adrenalin tat sein übriges dazu bei.
Karin versuchte zu schlafen. Minute um Minute verging ohne das etwas geschah. Sie döste noch nicht mal ein. Andererseits hinderte das Schnarchen von Gilberto einen daran einzuschlafen. Also stand sie wieder auf, verließ das Zelt und ging im Camp Delta spazieren. Das Mondlicht erhellte die Wolkenformationen am Himmel auf eine spannende Weise. Zwischen den Wolken konnte man die Sterne sehen. Karin ging in das Casinozelt, wo wie sie einige Mitglieder der Camp Delta Mannschaft nicht schlafen konnten.
An einer C-Wing Konsole zockten Hector und Na’s gegen einen Aquianer und Beniener. Einige schauten sich das Schauspiel an. Karin ging zum Nahrungsspender, orderte eine warme Schokolade, nahm die Tasse und setzte sich an einen Tisch. Die Leute jubelten oder fluchten. Eins ums andere Mal klatschten sich Hector und Na’s ab. Sie schienen auf der Gewinnerseite zu stehen.
Taj löste sich aus der Gruppe, nach dem er Karin gesehen hatte. Am Nahrungsspender holte er sich eine Hühnersuppe. „Kann ich mich setzen?“, fragte er höflich.
Der Beniener lächelte sanft. Er war ein netter. „Klar.“
„Kannst du nicht schlafen?“, fragte Taj und löffelte seine Hühnersuppe.
Karin schüttelte den Kopf. „Und selbst wenn, Gilberto schnarcht lauter als der Verkehrslärm in Vega Stadt.“
Der Vergleich brachte Taj zum lachen. „Man gewöhnt sich daran. Das Geheimwort ist Brathähnchen.“
Karin nahm einen schluck ihrer Schokolade, dachte an Zuhause. Ihre Eltern lebten zusammen mit ihrer kleinen Schwester auf A’mosh, dem Zwillingsplanet von Terra. Als Karin vom Medizinische Corp der Vereinten Terra-Gvan Streitkräfte eingezogen wurde, waren ihre Eltern nicht begeistert gewesen das sie keinen Widerspruch gegen die Entscheidung einlegte. Zumal sie einen Job hatte. Karin hingegen war Krankenschwester geworden um den Leuten zu helfen. Für sie spielte es keine Rolle ob nun in der Notaufnahme oder hier im Camp Delta. Ihre Eltern hingegen sahen das einwenig anders.
Sie hatten ihnen geschrieben. Wegen der erhöhten Alarmstufe waren die Postsendungen eingeschränkt worden. Der letzte Brief ihrer Eltern stammte vor einer Woche.
Ein junger E’aner kam ins Casinozelt. „Sie sind gelandet.“
Die Leute hielten inne und sahen zum E’aner. Allen war klar was das bedeutete. Die Crjaner waren auf dem Planeten gelandet. Der Krieg hatte sie erreicht. Bald würde die ruhige Zeit im Camp vorbei sein.
„Hey, kleiner. Früher wurden die Boten schlechter Nachrichten erschossen.“, meinte Hector und wandte sich wieder der C-Wing Konsole zu. Nach und nach kehrte wieder Normalität ein. Schließlich konnte keiner von ihnen wissen wann sie einen solchen Moment demnächst wieder hatten.
03
Am Mittag des folgenden Tages trafen die ersten Verletzten der Kämpfe gegen die Crjaner ein. Hauptsächlich handelte es sich um leicht Verwundete. Sie wurden behandelt und bekamen Schmerzmittel. Manche mussten bandagiert werden. Danach entließ man sie. Die Marines stiegen in die Transporter.
Knapp Drei Stunden ging das so. Dann wurde es ruhig. Hector sagte Karin, das sei die Ruhe vor dem Sturm. Einige Leute kehrten in ihre Zelte zurück, legten sich aufs Ohr oder nutzten die Ruhe.
Eine Stunde lang trafen keine Verletzten ein. Gerüchte kursierten im Camp. Man habe die Erste Angriffswelle stellenweise zurückgeschlagen. Die Gefechte im Weltraum wurden verbissen geführt.
Als der Alarm los heulte, zuckte Karin zusammen. Sie saß auf dem Wallkamm, sah zum Fluss und hatte einen Storch entdeckt. Der Storch grub mit seinem Schnabel im Boden herum. Beim Alarm sah er auf. Irgendwie hatte Karin den Eindruck das Storch würde sie direkt ansehen. Ein Sanitätsboot überflog sie. Karin sah hinauf. Zwei Helitransporter flogen eine Kurve, um nicht mit dem Sanitätsboot zukollidieren. Der Lärm der Triebwerke ließ den Boden erzittern. Kleine Lawinen vom Sand rieselten den Wall hinunter.
Karin erhob sich. Sie blickte zum Storch. Der war jedoch nirgendwo zusehen. Ihr Com piepte. „An alle. Status Orange. An alle. Status Orange.“, ertönte des blechern aus ihrem Com. Ohne sich weiter Gedanken um den Storch und seinem plötzlichen Verschwinden zu machen, stieg sie den Wall hinab.
Unten angekommen, landete gerade das Sanitätsboot. Alle Mitarbeiter vom Camp Delta strömten zur Landezone. Karin entdeckte Taj, der ihr zuwinkte. Er ging zusammen mit einigen Pflegern zu einem der landenden Helitransporter. Die Rampe war bereits offnen. Der Heli hatte noch gar nicht aufgesetzt, da sprang Taj hinauf.
Der Triebwerkslärm übertönte zum Teil die Schrei der Marines, die zum Teil auf Barren indem Helikopter lagen. Beinahe jeder Marine an Bord schien schwer Verwundet zu sein. Es roch stark nach Fäkalien, Schweiß, Urin und Kupfer, der Geruch von Blut. Auf der gerillten Metallbodenplatte schwamm Blut. Frisches und bereits getrocknetes. Stellenweise sah man sogar Klumpen.
Taj wies, von alldem unvoreingenommen, die Pfleger ein. Karin starre dauerte keine Drei Sekunden. Während ihrer Zeit in der Notaufnahme hatte sie ähnliche Fälle gesehen. Daher saß der Schock nicht so tief. Sie ging zum nahesten Marine, auf ihrer Zeit, sah sich seine Wunde an, blickte ihm ins Gesicht und gab den Pflegern ihre Anweisungen.
Von den Siebzehn Marines im Helitransporter, wurden Drei sofort in den Not-OP gebracht. Bei fünfen musste die Blutung gestoppt werden. Zwei waren bereits beim eintreffen Tod. Der Rest bekam die Einstufung Gelb.
Kaum hatten sie den Helitransporter verlassen, startete er auch wieder. Zusammen mit Taj begaben sie sich zum nächsten eintreffenden Sanitätsboot. Auch dort sah es nicht anders aus. Verletzte und Tote Marines. Nach Fünf Minuten hatten sie die Frauen und Männer eingestuft und versorgt.
Weitere Sanitätsboote landeten. Vereinzelte Helitransporter mischten sich dazu. Auch wenn man den Eindruck hatte das ganze sei chaotisch, so täuschte es. Jeder einzelne der Mitarbeiter vom Camp kannte seine Aufgaben, wusste was zu tun war und handelte dementsprechend.
Diesmal hatte Karin keinen Blick für den Sonnenuntergang. Der Horizont war wieder ein prächtiges Farbspiel. Die Wolken verliehen dem ganzen einen besonderen Touch. Sie versorgte einen weiteren Marine. Nutzte den Bioscanner, verabreichte ein Blocker und Schmerzmittel.
Beim nächsten Marine bekam sie einen Schreck. Es handelte sich um den jungen Menschen der neben ihr in der Fähre gesessen hatte. Er war etwas blasser. Der Panzeranzug wies Dellen und Kratzer auf. Unterhalb der Linken Rippenpanzerung klaffte ein Loch. Sie startete den Bioscanner.
„Wie ist eigentlich ihr Name?“, fragte sie ihn und blickte kurz auf die Werte.
„Kevin Julien. Meine Kameraden nennen mich Kev. Wie sieht es aus? Muss ich operiert werden?“
Karin sah ihn an. Der junge Mensch lächelte sie an. „Ich glaube für eine einfache Fleischwunde müssen wir keine OP ansetzen. Außerdem sind sie ja ein Marine und niemand von der Flotte.“, entgegnete Karin locker. Im Vorzelt zum Behandlungsraum befanden sich an die Fünfzig Marines, mit unterschiedlichen Einstufungen. Pfleger und Krankenschwestern versorgten die Verletzten und kümmerten sich um die Frauen und Männer.
Kev lachte. „Ich werde die Wunde desinfizieren. Ihre Werte sehen soweit gut aus. Vielleicht muss ich nähen.“
„Können sie das denn?“, fragte Kev vorsichtig.
„Meine Nähte waren da wo sie hin mussten, Soldat.“ Sie begann mit der Desinfizierung der Wunde. Die Wunde musste nicht genäht. Karin nahm den Hautgenerator, fuhr den Laiser über die Wunde, solange bis sie geschlossen war.
„Fertig.“, meinte Karin und legte den Stiftgroßen Hautgenerator weg.
„Bekomm ich keinen Lolli?“, wollte Kev ernster Stimme wissen.
Indem Moment kam die Gvanerin bei ihnen vorbei. Sie sah Kev mit ihren harten Augen an und sah dann Katrin an. „Wir müssen los, Kev. Bist du einsatzfähig?“
Kev sah seine Krankenschwester an. Woraufhin auch die Gvanerin sie ansah. „Ich habe seine Wunde behandelt. Die Arztvisite steht noch aus.“ Ausdruckslos sah die Gvanerin wieder zu Kev.
„Ist er Fit?“, verlangte die Frau energischer.
Katrin schluckte. „Er hat einen gelben Status. Ich bin kein Arzt.“
„In Zwei Minuten draußen.“, sagte sie zu Kev und ging weiter.
„Sie ist netter wie sie tut.“, entschuldigte er die Frau.
Er stand auf und nahm seine Sachen. „Danke.“
Dann ging er aus dem Zelt. Katrin sah ihm nach.
***
Nach Zwölf Stunden wurde Katrin abgelöst. Kaum hatte sie das Zelt verlassen, überkam sie eine starke Müdigkeit. Ein Helitransporter war eben gelandet. Gilberto und einige Pfleger kümmerten sich die Einteilung und Einstufung der Verletzten. Eine kalte Böe ließ sie zittern.
Sie musste gähnen. Matt und Müde ging sie in ihr Zelt, froh darüber das Gilberto Dienst hatte und das Hector und Na’s nicht schnarchten. Katrin legte sich ins Bett. Nur wenige Sekunden später schlief sie, trotz des dröhnen der Luftvehikel.
Am nächsten Tag ging Katrin nachdem aufstehen ins Fitnesszelt, wählte im Laufholo-simulator eine Küstenstrecke auf A’mosh und lief. Danach duschte sie, frühstückte schnell was und meldete sich zum Dienst. Sie wurde zur Nachbehandlung eingeteilt. Zusammen mit Yiljz. Die junge Aquianerin war schüchtern. Jedoch war sie sehr gut in ihrem Job. Einige Marines gingen auf eigenen Wunsch. Wer stehen konnte, konnte auch kämpfen – sagte ein älterer Mischling.
Immer wieder starteten und landeten Helitransporter und Sanitätsboote. Eine leichte Vibration war zu spüren. Frauen und Männer in ihrem Alter und viel Jünger lagen in den Betten, hatten entweder Arme und Beine verloren. Manche waren mit Fingern, Füßen und/oder Händen davon gekommen. Ein Marine, der seine linken Zeige-, und Mittelfinger verloren hatte, ging ebenfalls auf eigene Faust zurück an die Front.
Sie konnten niemanden Zwingen zubleiben. Einen jungen Mann mussten sie ruhig stellen und anbinden, weil er ausflippte. Der Arme Kerl hatte beide Beine verloren. Bei Zwei Verletzten mussten Notoperationen vorgenommen werden. Während ihrem Dienst kehrte nur die Frau aus dem OP zurück.
Nach ihrer Pause kam Katrin wieder im Erste Hilfe Stab. Alle Dreißig Sekunden starteten und landeten die Luftvehikel. Kampfhubschrauber eskortierten immer wieder die Luftvehikel. Gerüchten zur Folge war es den Crjanern gelungen einen permanenten Luftkorridor einzurichten und der Flotte schwer zusetzen. Die nächste schlechte Nachricht war, das die Crjaner die Gamma Basis eingenommen hatten. An allen Fronten zog sich die Union zurück. Wodurch sich die Nachschubwege für den Feind verlängerten. Das Air Marine Corp bombardierte rund um die Frontlinie, schoss die Versorgungsboote ab und griff die crjanischen Basen hinter der Frontlinie an. Noch hatte die Union die Lufthoheit.
Einmal wusch sich Katrin ihr Gesicht. Die Luftvehikel wirbelten den feinen Sand auf. Ihre Haut hatte inzwischen die Farbe vom Sand. Ihre Uniform war mit der Sandschicht überzogen. Ein Helitransporter landete. Ein Sanitäter kam zu ihr. Marines trugen die Trage hinaus. Die Pfleger übernahmen. Als sich Katrin hinsah, erschreckte sie sich. Bei dem Verletzten handelte es sich um die Gvanerin, welche zur Kevin Julien gehörte. Katrin sah auf. Kevin stand vor ihr. Sein Gesicht war dunkelbraun durch den Dreck. Am Oberarm trug er eine Druckmanschette, die blutdurchnässt war. Getrocknete Rinnsäle zierten seinen linken Oberarm.
„Sie hat es schlimm erwischt.“, meinte der Sanitäter. Katrin sah sich kurz das Medipad an.
„Hab in den OP mit ihr. Status Rot.“, ordnete sie den Pflegern an.
Sofort trugen die Pfleger die schwer verletzte Gvanerin in das OP-Zelt. Vier Marines begleitete die Pfleger und sorgten dafür das es zu keiner Transportverzögerung kam. Der Sanitäter nickte und kehrte in den Helitransporter zurück. Eine Handvoll Marines stiegen ebenfalls ein. Zusammen mit Kevin ging sie einige Schritte weg. Die Transportrampe war noch offen als der Heli abhob.
Sie blickte auf die Druckmanschette. „Ich will mir das ansehen.“, sagte Katrin widerspruchslos.
Kommentarlos ließ er die Behandlung über sich ergehen. Dann brachte sie ihn in den Warteraum. Dort hielten sich die Marines auf, die mit der Gvanerin gekommen waren. Ihre Gesichter waren ausdruckslos. Sie schwiegen. Kevin gesellte sich zu Ihnen. Mit einem nicken bedankte er sich bei ihr. Katrin lächelte minimal und verließ den Raum.
***
„Danke.“, sagte die vertraute Stimme hinter ihr. Katrin drehte sich rum. Hinter ihr stand Kevin. Er trug seinen lädierten Panzeranzug und sah recht fertig aus.
„Deswegen bin ich hier.“, entgegnete sie mit einem sanften lächeln. Er erwiderte das lächeln.
„Es tut mir leid, um…“ Katrin stellte fest das sie nicht mal den Namen der Gvanerin. „Gunny Relja.“, fügte er hinzu. Die Gvanerin war während der OP gestorben. Ihre Verletzungen waren schwerer als angenommen. Sie hatte schwere innere Blutungen. Alle Versuche waren erfolglos geblieben.
„Danke. Sie hat mir das Leben gerettet.“, offenbarte er ihr. „Sie hat den Granatschützen gesehen und mich weggestoßen. Die Granate schlug in den Grabenwall ein und die Schrapnelle durchstießen ihn.“, schilderte er ihr.
Das hatte Katrin nicht gewusst. Da piepte sein Com Gerät. Er tippte drauf. „Squad 7c zur Alpha Zone.“
„Haben verstanden, Over.“ Bestätigte er den Ruf.
„Zurück an die Front?“
Er nickte nur.
„Wie schlimme ist es?“, wollte Katrin wissen. Die Gerüchte im Camp verhießen nichts gutes. Was auf die Stimmung drückte. Allem Anschein nach verloren sie hier und über ihnen. Schuld daran war die Fehleinschätzung der Feindaufklärungen. Mit einem solch Massiven Aufgebot hier hatte keiner gerechnet.
„Ich muss jetzt los. Verhindern das es noch schlimmer kommt.“, sagte leicht und küsste sie. Katrin war von dem Kuss so überrascht, dass sie einfach nur dastand und nichts machte. Sie sah wie Kevin in den Heli stieg und dieser abhob und immer kleiner wurde.
04
Keine Dreißig Stunden später hörten sie die Explosionen. Die Crjaner hatten die Westflanke der Front so stark attackiert, dass sie regelgerecht zusammenbrach. Alle Versuche eine erneute Frontlinie aufzubauen, waren bis vor Zwölf Stunden fehlgeschlagen. Stunde für Stunde verschob sich die Frontlinie immer weiter nach hinten. Demzufolge stand der Krieg praktisch vor der Tür von Camp Delta.
Der Strom von Verwundeten nahm seit Zwanzig Stunden gar kein Ende mehr. Inzwischen waren alle weiteren Medicamps aufgelöst worden. Man begann bereits mit der Evakuierung. Das Air Marine Corps besaß zwar immer noch die Lufthoheit, hatte aber die Nachschubzonen verloren. Wodurch die Aufmunitionierung praktisch ausblieb.
Hinter Camp Delta war schnell ein Stützpunkt aus dem Boden gestampft worden. Praktisch jede Zwei Sekunden landete ein Bomber, Jäger oder Angriffhelikopter um neu bestückt zu werden.
Die Sonne stand am höchsten Punkt, als der Befehl kam, den alle im Camp erwartet hatten. Camp Delta wurde evakuiert. Die Union Streitkräfte zogen sich vom Planeten zurück. Ein Chaos brach aus. Hunderte Verletzte mussten innerhalb von einer Stunde evakuriert werden. Transportfähren wurden voll gestopft. Die Maximale Passagierzahl wurde deutlich überschritten. Lastfähren schnappten sich einige Lufteinheiten und brachten sie vom Planeten. Die medizinische Ausrüstung wurde in Transportfrachter gepackt.
Das tobende Gefecht kam näher und näher. In einem unglaublichen Akkord schafften sie es die Mehrzahl der Verwundeten irgendwo unterzubringen. Inzwischen hatten sich die Marines im Camp eingenistet und bekämpften die Crjaner. Granaten schlugen ins Camp Areal ein. Bomber stießen immer wieder vom Himmel herab und bombardierten die feindlichen Stellungen. Eine Rakete zerstörte ein Patientenzelt. Man hatte es vor Stunden geräumt.
Katrin befand sich bei Doktor Ziyi im OP-Zelt. Sie versuchte einen schwer verletzten Marine trotz des tobenden Kampfes transportfähig zumachen. Außer Ihr und Katrin waren noch Drei aus dem Ärzteteam anwesend. Sie waren die letzten Zivilisten. Alle anderen hatte man evakuiert.
Ein Marine betrat das OP-Zelt. Eine Explosion ließ den Boden beben. Der Einschlag war nah. Viel zu nah für Katrins Geschmack. „Wie lange brauchen sie noch, Doktor?“, fragte der Marine.
Doktor Ziyi konzentrierte sich darauf mit einem Laiser die Blutungen zustoppen. Katrin versuchte das Blut mit einem Faustgroßen Blutsauger abzusaugen. Jedes Mal wenn Ziyi eine offene Stelle mit dem Laiser geschlossen hatte, tauchte irgendwo eine neue auf.
„Solange es dauert.“, erwiderte Ziyi ungehalten.
„In Einer Minute trifft die Fähre hier ein.“, erklärte der Marine und verschwand wieder. Das Ultimatum war mehr als deutlich.
Doktor Ziyi war es jedoch vollkommen egal, ob eine Minute oder eine Stunde. Sie würde den Patienten nicht sterben lassen. Ganz gleich wo und wann. Selbst wenn das bedeutete das die Crjaner sie gefangen nahmen.
„Komm schon.“, nuschelte Ziyi als sich der Blutdruck nicht stabilisierte. Sie suchte nach weiteren offen Stellen. Die Werte fielen weiter.
Eine Granate schlug in unmittelbarer Nähe ein. Ihnen lief die Zeit davon, in mehrer Hinsicht. Ziyi entdeckte eine weitere offene Stelle in der Arterie. Langsam ging die Energiezelle vom Handlaiser zuneige. Sie schloss die offene Stelle.
Sekunden verstrichen. Alle sahen auf den flackernden Bildschirm, wo der Blutdruckwert stand, ebenso wie die Herzschlagfrequenz. Erneut fiel der Wert um einen Punkt. Wenn der Wert weiter fiel, konnten sie nichts mehr für den Marine tun. Der Blutdruckwert veränderte sich seit Zehn Sekunden nicht mehr.
„Sind sie fertig?“, hörten alle den Marine fragen. Keiner sah ihn an. Alle blickten auf den Bildschirm. Weitere Fünfzehn Sekunden vergingen. Der Wert blieb konstant. Entweder jetzt oder nie.
„Mehr können wir nicht tun.“, sagte einer der Assistenten. Doktor Ziyi sah weiterhin den Wert an. Weitere Sekunden verstrichen. Eine Granate detonierte hinter dem OP-Zelt.
„Wir wagen es.“, entschied Ziyi.
Erleichtert packten alle zu und trugen den Marine auf der Trage raus. Die Sonne war am Untergehen. Das Camp sah wie eine Kraterlandschaft eines lebensfeindlichen Mondes aus. Von den Zelten war nichts mehr übrig. Manche brannten noch.
Um die gelandete Fähre hatten sich die letzten Marines gebildet. Zwei Angriffhelikopter feuerten ihre Miniguns im Dauerfeuermodus ab. Granaten explodierten um die rennenden Leute. Erde wurde hinauf geschleudert und regnete herab. Einmal mitten in einem Gefecht zu sein, hätte Katrin nicht gedacht. Umso überraschter war sie von ihrer Ruhe. Keinerlei Panik.
Sie erreichten die Fähre, gingen die Rampe hinauf. Eine Explosion riss ein Loch in den Schutzwall von Camp Delta. Kurz darauf tauchten crjanische Soldaten auf, in ihren Schwarzen Panzeranzügen. Die Marines fackelten nicht lange und feuerten. Ein Angriffhubschrauber feuerte ein Paar Raketen ab.
Als alle Marines an Bord waren, hob die Fähre gleich ab. Die Rampe schloss sich langsam. Viel zu langsam wie Katrin fand. Sie sah wie Drei Bomber über das Camp flogen. Dutzende von Bomben wurden abgeworfen. Die Explosionen machten das Camp dem Erdboden gleich. Geschockt über die Brutalität, denn durch die Bombardierung starben etliche Crjaner, wandte sich Katrin ab.
Ein Marine setzte sich neben sie. Das Helmvisier verschwand. Der Marine war Kevin. Er sah sie an, lächelte und nahm ihre Hand. Sie war erleichtert ihn zusehen. Da wurde ihr klar das er es gewesen war, der ins OP-Zelt gekommen war.
***
Katrin sah vom Oberdeck auf das rege treiben vom Panoramadeck, der Raumstation Ghandi. Sie befand sich an der Wurmlochpassage Indien. Der Krieg ließ die Raumstation noch überfüllter wirken als sie ohnehin schon war.
Nach der Evakuierung vom Planeten waren sie an Bord eines Kreuzers gekommen. Die Flotte zog sich eine Stunde später komplett zurück. Seit einem Tag war sie zusammen mit dem medizinischen Personal auf der Raumstation. Gleich nach ihrem eintreffen hatte sie erstmal Kontakt zu ihren Eltern aufgenommen. Danach duschte sie und schlüpfte in die neuen Schlafsachen. Das Bett war eine Annehmlichkeit die sie mehr vermisste als gedacht.
In wenigen Stunden würde ihr Flug zum Mediträger Ochsenknecht gehen. Mediträger waren die Raumschiffvarianten vom planetaren Camp Delta. Doktor Ziyi wollte sie als ihre Assistentin mitnehmen und war von dem Angebot überrascht gewesen.
Ob er ihre Nachricht bekommen hatte! Die Marines waren nach dem Eintreffen indem System Central Indien auf den Truppenträger Benedict verlegt worden. Stündlich trafen neue Kriegsschiffe der Flotte ein. Gerüchten zur Folge planten die Union Streitkräfte eine massive Gegenoffensive.
Katrin erblickte ihn, wie die Oberbrücke entlang schlenderte und auf sie zukam. Kevin Julien trug die Uniform der Marines. „Du bist gekommen.“
„Natürlich. Eine Einladung einer hübschen Frau lehnt man nicht leichtfertig ab.“, entgegnete er mit einem verschmitzten lächeln.
Sie küsste ihn ohne jede Vorahnung. Eigentlich war das nicht ihre Art. Zwischen ihnen war mehr. Sie fühlte sich stark zu ihm hingezogen. „Jetzt sind wir quitt.“
Kevin sah sie verdutzt an. „Da wir das nun geklärt haben, wollen wir zusammen essen?“
Sie hackte sich bei ihm ein. Zusammen gingen sie zum Promenadendeck, schlenderten entlang und genossen die gemeinsame Zeit. Bald trennten sich ihre Wege und ob sie jemals wieder zusammenkamen war nicht sicher. Daher nutzten sie die Zeit.
Nach dem Essen, spazierten sie eine Weile umher. Bei ihrem Quartier angekommen, bat Katrin ihn herein. Auf eine Tasse Kaffee. Obgleich sie keinen Kaffee trank.
Ende
12.05.2007
© by Alexander Döbber
*Kommentare sind erwünscht *
Nach mehr als Neunzig Stunden Flug und unzähligen Zwischenstopps landete der Versorgungsfrachter auf einem der Drei Parkdecks vom Trägerschiff Achilles. Neben medizinischer Ausrüstung, Medikamenten und medizinischen Gütern waren Siebzehn Frauen und Männer an Bord.
Die Gruppe verließ den Versorgungsfrachter und wurde von einer älteren Menschenfrau hinter der Orangen Linie empfangen. Deckarbeiter luden den Frachter aus. Kurz darauf heulte das Triebwerk auf, der Versorgungsfrachter hob ab und flog aus dem Parkdeck. Wenige Sekunden später landete ein weiterer Versorgungstransporter.
Die Frauen und Männer der Gruppe wurden von der Frau gebeten ihr ihre ID Karten auszuhändigen. Sie schob eine ID Karte nach der anderen in das tragbare Pad. Auf dem LCD Bildschirm erschienen alle notwendigen Daten. Jeder bekam dadurch von der Frau gesagt, wo man eingeteilt war.
„Karin Mumsa!“
Die angesprochene Mischlingsfrau nickte. Sie war Zweiundzwanzig Jahre alt.
„Sie sind Krankenschwester?“, fragte die Frau und sah auf.
Wieder nickte Karin.
Die Frau blickte aufs Pad. „Man hat sie Camp Delta zugewiesen. Parkdeck Zwei. Start – und Landesektion C.“
Karin nickte einfach, erhielt ihre Karte zurück und ging zum Turbolift. Zusammen mit Fünf anderen stieg sie in die Kabine ein. Einer ihrer Begleiter drückte Parkdeck Zwei.
Zusammen stiegen sie aus, gingen den kleinen Gang entlang und betraten dann das Parkdeck Zwei. Im Gegensatz zum vorherigen Parkdeck, befanden sich auf diesem Parkdeck mehrere Transportfähren.
Auf einer Infotafel konnte man sehen wo welche Landesektion lag. Karin ging zur Landesektion C. Am Einstieg von der Landefähre, stand ein Gvanischer Marine.
„Ihre ID Karte bitte, Ma’am.“
Sie händigte dem Marine ihre ID Karte aus. Der Gvaner schob sie in das Pad. Ein kurzer Blick aufs Pad. „Danke, Ma’am. Bitte gehen sie an Bord.“
Karin nickte und stieg ein.
***
Acht weitere Personen befanden sich bereits an Bord. Sie suchte sich einen leeren Platz in Sitzreihe. Ihr Gepäck, eine einfache Reisetasche, schob sie in das untere Fach. Danach setzte sie sich.
Kurz danach kam ein junger Mensch herein, sah sich um und setzte sich neben Karin. Er trug einen Panzeranzug. Zwei weitere Personen kamen innerhalb von Dreißig Minuten herein und setzten sich. Die letzte Person, eine gvanische Frau, trug ebenfalls einen Panzeranzug. Zwischen den beiden gab es einen kurzes nicken.
„Sie sind eine Krankenschwester.“
Karin blickte zur Seite. Der Mensch sah nicht viel jünger aus wie sie selbst. Seine Züge waren weich, überhaupt nicht so wie man sich einen Marine vorstellte. Die Augen strahlten eine jugendliche Stärke aus, die sie faszinierte. Beim schmunzeln tat sich ein sympathisches Kinngrübchen auf.
„Ja.“, entgegnete sie mit einem lächeln. Was der Marine ebenfalls lächeln ließ.
„Man schickt sie nach Camp Delta!“
„Muss wohl. Schließlich bin ich hier.“, erwiderte Karin ohne böse Absicht. „Und sie?“
„Bei einem Transportflug müssen Marines als Absicherung im Notfall an Bord sein. Die Transitfähre könnte abstürzen oder abgeschossen werden. Da ist es gut jemanden mit einem XP Rex Schnellfeuer Impulsgewehr unter den Passagieren zuhaben.“ Als er abstürzen und abgeschossen sagte, blickten sich einige der zivilen Passagiere unsicher an.
Karin blickte zu der gvanischen Marinefrau. Ihr Blick war knallhart. Sie machte einen weitaus weniger offeneren Eindruck wie ihr Sitznachbar. Im Gegensatz zu ihm musste sie bereits an der Front gekämpft haben. Zumindest gewann man diesen Eindruck.
„Wir starten in Fünf Minuten.“, kam es aus dem Com System.
Karin versuchte sich zu entspannen. Vor einem Flug wurde sie immer leicht nervös. Es war nicht direkt Flugangst, eher leichte Anspannung. Mit einer Entspannungstechnik, die sie in einem Chakra Kurs gelernt hatte, versuchte sie sich zu entspannen. Vielleicht lag ihre steigende Anspannung auch an der Tatsache das sie demnächst den Krieg direkt miterlebte. Camp Delta wurden die mobilen Frontlazarette auf Planeten genannt. Nach dem das Medizinische Corp sie eingezogen hatte, konnte sie keinen Einfluss darauf nehmen wohin man sie schickte.
„Nervös?“, fragte er sie flüsternd.
Der Klang der stets laufenden Triebwerke erhöhte sich. Nur noch wenige Augenblicke und die Transitfähre startete.
„Etwas.“
Wieder dieses lächeln. Irgendwie beruhigte sie es. Da hob die Transitfähre ab. Zum ersten Mal krallte sie sich nicht in die Armlehne. Ihre Hände lagen locker da. Ihr Atem ging regelmäßig. Als wäre nie etwas geschehen.
***
Bei der harten Landung knirschte das Metallskelett der Transitfähre. Karin bekam eine Gänsehaut. Bevor sie richtig reagieren konnte, hatten sich die Drei Marines an Bord von ihren Sitzplätzen erhoben, ihre Impulsgewehre in Händen und nickten einander knapp zu.
Oberhalb des Kabinendurchgangs leuchtete das rote Signal. Wie bei allen Vehikeln bedeutete es das man sitzen bleiben sollte. Natürlich hielten sich nicht alle Leute bei den zivilen Verkehrsmitteln, wie der Magnetbahn (Ober- und Unterirdisch), an die Bedeutung. Jeder der es ignorierte tat das auf eigene Gefahr hin.
Keiner der Zivilisten an Bord der Transitfähre berührte auch nur den Lösen Button für die Sicherheitsgurte. Erst als das Rote Signal ins Grün wechselte, betätigten sie langsam den Button.
Karin nahm ihre Tasche und folgte den anderen Passagieren nach draußen. Beim Verlassen musste Karin kurzzeitig schützend die Augen vor ihr Gesicht halten. Das Sonnenlicht ließ sie erblinden. Erst als sich ihre Augen nach wenigen Sekunden an die Lichtstärke gewöhnt hatten, nahm sie die Hand weg.
Camp Delta lag am Ufer eines Flusses, der sich natürlich durch die Gegend schlängelte. Am Flussufer, bzw. im seichten Wasser sah sie eine Gruppe von dunkel Grünen violetten Storchen stehen. Einige schauten sich das rege treiben am Ufer an und stolzierten dann weiter.
Das Camp selbst bestand lediglich aus Zelten. Auf allen befand sich das Logo der Vereinten Terra-Gvan Streitkräfte. Um das Camp war ein Wall errichtet worden. Der Landeplatz befand ich in der Mitte. Das nächstgelegene Zelt besaß ein Rotes Kreuz auf weißen Grund Symbol. Wie alle Zelte war auch dieses Nummeriert. Es trug die Nummer 1.
Ein schmächtiger Mann, mit Brille und geröteter Haut kam auf die Gruppe hinzu. „Guten Tag und Herzlich Willkommen im Camp Delta. Ich benötige ihre ID Karten.“
Als Karin an der Reihe war, nahm er ihre ID Karte, schob sich in das tragbare Pad, las die erschienenden Daten und blickte sie an. „Sie wurden dem Grünen Team zugewiesen. Melden sie sich bei Doktor Ziyi. Zelt Vier. Der Nächste Bitte.“ Karin nahm ihre ID Karte an sich und ließ den nächsten dran kommen. Die Informationen waren gut und schön, wenn sie bloß wüsste wo Zelt Vier stand. Hier gab es nämlich keine Standortkarte.
Etwas hilflos blickte sie sich um. Keins der Zelte die sie sah, trug die Vier als Nummer.
„Haben sie ihre Zuteilung?“, fragte die sympathische Stimme des namenlosen Marine.
Sie sah ihn an. In seinem matt glänzenden Panzeranzug, mit dem Impulsgewehr vor der Brust und dem jungenhaften Gesicht, wirkte er vollkommen fehl am Platz. Er wäre von seinem Erscheinungsbild her eine hervorragende Werbefigur.
„Ja. Jetzt muss ich nur noch dahin kommen.“
Er lachte. Das Grübchen tauchte auf. „Welchem Team wurden sie zugeteilt?“
„Grün. Soll Doktor Ziyi Team sein.“
„Doktor Ziyi. Sie ist die beste Chirurgin. Ihr ist es gelungen meinen kleinen Bruder wieder zusammen zuflicken. Zwar hat er statt seines Beins einen Arm und umgekehrt“ – er zuckte mit den Schultern. „aber das ist nicht weiter tragisch.“
Sekunden verstrichen. Ungläubig sah sie an. Dann lächelte der Marine herzhaft. Da wurde ihr klar, das er sich veralbert hatte. Karin musste ebenfalls lächeln.
„Kev.“, rief die gvanische Marine.
Er sah kurz zu ihr. „Ich muss gehen. Meine Squad wird nach Zero Point verlegt. Unter das Kommando von General Hamilton.“
„Bis dann.“, verabschiedete er sich beim traben.
Kurz bevor er in der Truppenfähre verschwand, blickte er sich nach ihr um. Dann schob sich die Rampe zwischen ihren Blick. Traurigkeit überkam Karin. Sie sah wie die Fähre sich in den Himmel erhob, eine Kurve flog und über sie hinweg schoss. Ob sie den Marine jemals wieder sah?
Bevor sie sich die Frage beantworten konnte, beschloss Karin Zelt Vier zu suchen. Sie ging los, ohne wirklich zu wissen wohin.
Nach Zehn Minuten erblickte sie Zelt Vier. Die Vier prangte in Grüner Farbe am Zelteingang. Zelt Vier lag in der vierten Reihe von Zelten, welche um die Landezone angeordnet waren.
02
Das Zelt war eine Gemeinschaftsunterkunft. Drei Doppelstockbetten. Sechs Spinde. Beim Folienfenster stand ein Tisch, an dem Sechs Personen Platz fanden. Zudem gab es Sechs kleine Kommoden mit Fünf Fächern.
„Team Grün?“, fragte ein junger Mann scheinbar in ihrem Alter.
Karin nickte. Vier Personen waren im Zelt Vier. Zwei junge Männer, sie saßen zusammen und spielten holografisches Stratego. Eine junge Aquianerin und ein opulenter Mischling.
Sie stellte ihre Tasche auf eine der beiden freien Liegen ab. Der Mischlingsmann saß in einem Stuhl und schlief. Sein rechter Arm war bis zum Ober- und Unterarmgelenk vernarbt. Die Aquianerin las in einem Pad. Ihre weichen Züge, die schmalen Lippen und die Grünen Augen machten sie zu einer hübschen Frau. Karin selbst betrachtete sich nicht unbedingt als hübsch.
Außer den Doppelstockliegen gab es noch Sechs Spinde und Sechs kleine Kommoden aus Leichtaluminium. Ihre glatten, poliert glänzenden Oberflächen hatten die Gegenstände längst verloren. Einige waren notdürftig geschweißt worden. Kratzer, Beulen und Risse zierten die Oberflächen.
Auf den Spinden und Kommoden, sowie an den Pfosten der Liegen standen Grüne Nummern. Karin hatte die Nummer Fünf. Im Spind hing ihre Schwesternuniform. Auf der Ablage lag ihr Com Gerät, das alle Einsatzkräfte bei sich zutragen hatten.
„Sind wir Doktor Ziyis Team?“, fragte Karin nach ihrer kurzen Inspektion.
Der Gvaner sah vom Spielfeld ab. Sein Gegenspieler grübelte über seinen nächsten Zug. „Yeah.“, antwortete er mit tiefer Bassstimme und einem harten Akzent.
„Sie ist die Beste. Wenn mir ein Crjaner irgendetwas abhackt, soll sie es mir wieder ranmachen.“, ergänzte der Mischling auf dem Stuhl.
Ein zustimmendes nicken von allen folgte. „Hab gehört ihr Raumkonvoi soll von Crjanischen Flotteneinheiten angegriffen worden sein.“, sagte ein Benien und ging an Karin vorbei. „Und macht er dich wieder fertig!“, meinte der Benien und klopfte dem grübelnden Menschen auf die Schulter.
Auf dem Gesicht des Gvaners erschien ein siegessicheres Lächeln.
„Angriff ist die beste Verteidigung.“, erwiderte der Mensch und machte seinen Zug. Sofort verging dem Gvaner das Lächeln. Jetzt lächelte der Mensch.
„Taj, mein Name.“, stellte sich der Beniener vor.
Karin gab ihm die Hand. „Karin.“
„Frisch eingezogen!“, stellte Taj fest.
Sie nickte.
„Ich stell ihnen mal die anderen vor. Außer mir hat hier nämlich keiner Manieren. Die beiden dort sind Hector und Na’s. Unser Dicker dort, hört auf den Namen Gilberto. Und unsere Eisprinzessin dort heißt Yiljz.“
Die Aquianerin blickte auf, sah Taj scharf an und streckte ihm dann den Mittelfinger entgegen. Diese Geste bedeutete Galaxieweit das gleiche. Taj lachte.
„Sie kommt eigentlich aus gutem Hause.“, entschuldigte er ihre Geste.
„Team Grün ins Besprechungszelt…Team Grün ins Besprechungszelt.“, hallte es aus den Lautsprechern des Camps.
***
„Die Gerüchte über meinen Tod, verehrte Damen und Herren sind übertrieben.“, meinte eine lebendige Doktor Ziyi. Die Gvanerin blickte sich um. Außer Team Grün waren noch die Teams Orange und Rot anwesend.
„Ich freue mich einige bekannte Gesichter zusehen.“ Jene die sich angesprochen fühlten nickten. „Für die neuen unter uns. Camp Delta ist die Erste Anlaufstelle für die Verletzten der Streitkräfte. Sobald die Kämpfe losgehen erhalten wir die Aufgabe der Erstvorsorgung. Team Grün übernimmt die Einschätzung der Verletzten und die Behandlung der leichten Fälle. Organe, die ärztliche Versorgung der Mittelschweren Fälle. Rot, die schweren bis lebensbedrohlichen Verletzten. Ihre Team Supervisor erläutern ihnen das Einstufungssystem. Laut dem Oberkommando haben wir noch keinen Frontstatus. Nutzen sie die Zeit um sich mit allem vertraut zumachen. Die Crjaner rücken schneller vor als von der Aufklärung eingeschätzt. Fragen?“ Keiner fragte etwas. Damit war die Besprechung beendet.
Zurück im Zelt setzten Hector und Na’s ihre Stratego Partie fort. Yiljz ging ins Postzelt um ihren Eltern einen Brief zuschreiben. Gilberto machte einen Abstecher ins Verpflegungszelt. Es war nämlich Essenszeit. Taj erklärte ihr das Einstufungssystem. Eine Stunde später, nachdem Yiljz zurückgekommen war, gingen sie gemeinsam ins Verpflegungszelt. Wo sie sich zu Gilberto setzten. Er lieferte sich gerade einen Disput mit dem Verpflegungschef. Anscheinend hatte der Gvaner das Limit der Essensmarken für einen Tag überschritten.
Obgleich Karin die Neue war, fühlte sie sich gleich wohl. Das Team schien okay. Die Harmonie stimmte jedenfalls. Alle waren mehr oder weniger freundlich zu ihr. Am Abend fand eine Einsatzsimulation für alle Teams statt. Außer einem Einschätzungsfehler hatte sie sich gut geschlagen. Team Grün hatte bei der Simulation als bestes Team abgeschlossen. Was eine ausgelassene Stimmung im Team verursachte.
***
Mitten in der Nacht des Zweiten Tages heulte der Alarm durchs Camp. Innerhalb von Dreißig Sekunden waren alle Mitglieder vom Grünen Team wach, angezogen und gingen zur Landezone. Ein Landungstransporter landete.
„Bleib bei mir.“, schrie Taj über das dröhnen der Triebwerke hinweg. Katrin nickte und ging an seine Seite.
„Was ist passiert?“, fragte Taj den Air Marine Crewmen.
„Ein Helitransporter ist abgestürzt. Ein schwer Verletzter. Der Rest hat Schrammen und Knochenbrüche.“, antwortete der Soldat. Er trug auf den Oberarmseiten ein Rotes Kreuz auf Weißem Grund. Demnach war er ein Feldsanitäter.
Mehrere Pfleger tauchten mit Tragen auf. Wenig später tauchte Doktor Ziyi bei ihnen auf. Taj gab die Infos an sie weiter.
„Nimmt den schwer Verletzten gleich mit.“, ordnete sie an. Die Pfleger übernahmen den schwer Verletzten. Er lag unter karierten Grauen Matte. Auf seiner Stirn befand sich ein Scanner. Am Hals trug er ein Plättchen. Sie gingen rasch ins Operationszelt.
Zusammen mit den anderen übernahmen sie die verletzten Marines. Tatsächlich handelte es sich nur um nicht lebensbedrohliche Verletzungen. Sie verabreichten den Damen und Herren ein Schmerzmittel, säuberten die Wunden und gingen, da wo es möglich war, mit einem Hautregenerator trüber. Damit sahen die Marines wieder wie neu aus. Im Gegensatz zu ihrem Kollegen hatten sie Glück gehabt. Nach Zwanzig Minuten waren alle versorgt.
Die Drei Frauen und Fünf Männer blieben. Sie würden erst wieder ihren Dienst aufnehmen wenn ihr Kamerad außer Gefahr war, verriet ihr Taj. Nach gut Zwei Stunden kehrte Team Grün wieder in ihr Zelt zurück. Alle legten sich schlafen. Karin schlief erst nach einer Weile wieder ein.
***
Außer dem Vorfall mit dem abgestürzten Helitransporter gab es keine weiteren Vorkommnisse. Tag um Tag wurden Übungen durchgeführt, Seminare für die Anfänger gehalten, Verhaltensregeln erklärt und die neusten Gerüchte verbreitet.
Karin joggte jeden Tag durchs Camp, stieg den Schutzwall hinauf und lief auf dem Kamm weiter. Von den majestätischen Storchen fehlte seit Drei Tagen jede Spur. Dabei handelte es sich bei dem Platz um die Hauptbrutstätte der Langbeinvögel. Yiljz hatte gehört dass das fehlen der Langbeinvögel kein gutes Zeichen war. Tiere verließen ihre Brutstätten nur wenn Gefahr drohte. Kurz darauf kamen Gerüchte von der Ersten Angriffswelle der Crjaner auf. Keine Minute verging als die höchste Einsatzalarmbereitschaft ausgegeben wurde.
Zurück im Teamzelt, sah sie wie Gilberto in seinem Bett lag und schnarchend schlief. Wie der Gvaner in solch einem Moment schlafen konnte, war ihr unbegreiflich. Sie war hellwach. Das Adrenalin tat sein übriges dazu bei.
Karin versuchte zu schlafen. Minute um Minute verging ohne das etwas geschah. Sie döste noch nicht mal ein. Andererseits hinderte das Schnarchen von Gilberto einen daran einzuschlafen. Also stand sie wieder auf, verließ das Zelt und ging im Camp Delta spazieren. Das Mondlicht erhellte die Wolkenformationen am Himmel auf eine spannende Weise. Zwischen den Wolken konnte man die Sterne sehen. Karin ging in das Casinozelt, wo wie sie einige Mitglieder der Camp Delta Mannschaft nicht schlafen konnten.
An einer C-Wing Konsole zockten Hector und Na’s gegen einen Aquianer und Beniener. Einige schauten sich das Schauspiel an. Karin ging zum Nahrungsspender, orderte eine warme Schokolade, nahm die Tasse und setzte sich an einen Tisch. Die Leute jubelten oder fluchten. Eins ums andere Mal klatschten sich Hector und Na’s ab. Sie schienen auf der Gewinnerseite zu stehen.
Taj löste sich aus der Gruppe, nach dem er Karin gesehen hatte. Am Nahrungsspender holte er sich eine Hühnersuppe. „Kann ich mich setzen?“, fragte er höflich.
Der Beniener lächelte sanft. Er war ein netter. „Klar.“
„Kannst du nicht schlafen?“, fragte Taj und löffelte seine Hühnersuppe.
Karin schüttelte den Kopf. „Und selbst wenn, Gilberto schnarcht lauter als der Verkehrslärm in Vega Stadt.“
Der Vergleich brachte Taj zum lachen. „Man gewöhnt sich daran. Das Geheimwort ist Brathähnchen.“
Karin nahm einen schluck ihrer Schokolade, dachte an Zuhause. Ihre Eltern lebten zusammen mit ihrer kleinen Schwester auf A’mosh, dem Zwillingsplanet von Terra. Als Karin vom Medizinische Corp der Vereinten Terra-Gvan Streitkräfte eingezogen wurde, waren ihre Eltern nicht begeistert gewesen das sie keinen Widerspruch gegen die Entscheidung einlegte. Zumal sie einen Job hatte. Karin hingegen war Krankenschwester geworden um den Leuten zu helfen. Für sie spielte es keine Rolle ob nun in der Notaufnahme oder hier im Camp Delta. Ihre Eltern hingegen sahen das einwenig anders.
Sie hatten ihnen geschrieben. Wegen der erhöhten Alarmstufe waren die Postsendungen eingeschränkt worden. Der letzte Brief ihrer Eltern stammte vor einer Woche.
Ein junger E’aner kam ins Casinozelt. „Sie sind gelandet.“
Die Leute hielten inne und sahen zum E’aner. Allen war klar was das bedeutete. Die Crjaner waren auf dem Planeten gelandet. Der Krieg hatte sie erreicht. Bald würde die ruhige Zeit im Camp vorbei sein.
„Hey, kleiner. Früher wurden die Boten schlechter Nachrichten erschossen.“, meinte Hector und wandte sich wieder der C-Wing Konsole zu. Nach und nach kehrte wieder Normalität ein. Schließlich konnte keiner von ihnen wissen wann sie einen solchen Moment demnächst wieder hatten.
03
Am Mittag des folgenden Tages trafen die ersten Verletzten der Kämpfe gegen die Crjaner ein. Hauptsächlich handelte es sich um leicht Verwundete. Sie wurden behandelt und bekamen Schmerzmittel. Manche mussten bandagiert werden. Danach entließ man sie. Die Marines stiegen in die Transporter.
Knapp Drei Stunden ging das so. Dann wurde es ruhig. Hector sagte Karin, das sei die Ruhe vor dem Sturm. Einige Leute kehrten in ihre Zelte zurück, legten sich aufs Ohr oder nutzten die Ruhe.
Eine Stunde lang trafen keine Verletzten ein. Gerüchte kursierten im Camp. Man habe die Erste Angriffswelle stellenweise zurückgeschlagen. Die Gefechte im Weltraum wurden verbissen geführt.
Als der Alarm los heulte, zuckte Karin zusammen. Sie saß auf dem Wallkamm, sah zum Fluss und hatte einen Storch entdeckt. Der Storch grub mit seinem Schnabel im Boden herum. Beim Alarm sah er auf. Irgendwie hatte Karin den Eindruck das Storch würde sie direkt ansehen. Ein Sanitätsboot überflog sie. Karin sah hinauf. Zwei Helitransporter flogen eine Kurve, um nicht mit dem Sanitätsboot zukollidieren. Der Lärm der Triebwerke ließ den Boden erzittern. Kleine Lawinen vom Sand rieselten den Wall hinunter.
Karin erhob sich. Sie blickte zum Storch. Der war jedoch nirgendwo zusehen. Ihr Com piepte. „An alle. Status Orange. An alle. Status Orange.“, ertönte des blechern aus ihrem Com. Ohne sich weiter Gedanken um den Storch und seinem plötzlichen Verschwinden zu machen, stieg sie den Wall hinab.
Unten angekommen, landete gerade das Sanitätsboot. Alle Mitarbeiter vom Camp Delta strömten zur Landezone. Karin entdeckte Taj, der ihr zuwinkte. Er ging zusammen mit einigen Pflegern zu einem der landenden Helitransporter. Die Rampe war bereits offnen. Der Heli hatte noch gar nicht aufgesetzt, da sprang Taj hinauf.
Der Triebwerkslärm übertönte zum Teil die Schrei der Marines, die zum Teil auf Barren indem Helikopter lagen. Beinahe jeder Marine an Bord schien schwer Verwundet zu sein. Es roch stark nach Fäkalien, Schweiß, Urin und Kupfer, der Geruch von Blut. Auf der gerillten Metallbodenplatte schwamm Blut. Frisches und bereits getrocknetes. Stellenweise sah man sogar Klumpen.
Taj wies, von alldem unvoreingenommen, die Pfleger ein. Karin starre dauerte keine Drei Sekunden. Während ihrer Zeit in der Notaufnahme hatte sie ähnliche Fälle gesehen. Daher saß der Schock nicht so tief. Sie ging zum nahesten Marine, auf ihrer Zeit, sah sich seine Wunde an, blickte ihm ins Gesicht und gab den Pflegern ihre Anweisungen.
Von den Siebzehn Marines im Helitransporter, wurden Drei sofort in den Not-OP gebracht. Bei fünfen musste die Blutung gestoppt werden. Zwei waren bereits beim eintreffen Tod. Der Rest bekam die Einstufung Gelb.
Kaum hatten sie den Helitransporter verlassen, startete er auch wieder. Zusammen mit Taj begaben sie sich zum nächsten eintreffenden Sanitätsboot. Auch dort sah es nicht anders aus. Verletzte und Tote Marines. Nach Fünf Minuten hatten sie die Frauen und Männer eingestuft und versorgt.
Weitere Sanitätsboote landeten. Vereinzelte Helitransporter mischten sich dazu. Auch wenn man den Eindruck hatte das ganze sei chaotisch, so täuschte es. Jeder einzelne der Mitarbeiter vom Camp kannte seine Aufgaben, wusste was zu tun war und handelte dementsprechend.
Diesmal hatte Karin keinen Blick für den Sonnenuntergang. Der Horizont war wieder ein prächtiges Farbspiel. Die Wolken verliehen dem ganzen einen besonderen Touch. Sie versorgte einen weiteren Marine. Nutzte den Bioscanner, verabreichte ein Blocker und Schmerzmittel.
Beim nächsten Marine bekam sie einen Schreck. Es handelte sich um den jungen Menschen der neben ihr in der Fähre gesessen hatte. Er war etwas blasser. Der Panzeranzug wies Dellen und Kratzer auf. Unterhalb der Linken Rippenpanzerung klaffte ein Loch. Sie startete den Bioscanner.
„Wie ist eigentlich ihr Name?“, fragte sie ihn und blickte kurz auf die Werte.
„Kevin Julien. Meine Kameraden nennen mich Kev. Wie sieht es aus? Muss ich operiert werden?“
Karin sah ihn an. Der junge Mensch lächelte sie an. „Ich glaube für eine einfache Fleischwunde müssen wir keine OP ansetzen. Außerdem sind sie ja ein Marine und niemand von der Flotte.“, entgegnete Karin locker. Im Vorzelt zum Behandlungsraum befanden sich an die Fünfzig Marines, mit unterschiedlichen Einstufungen. Pfleger und Krankenschwestern versorgten die Verletzten und kümmerten sich um die Frauen und Männer.
Kev lachte. „Ich werde die Wunde desinfizieren. Ihre Werte sehen soweit gut aus. Vielleicht muss ich nähen.“
„Können sie das denn?“, fragte Kev vorsichtig.
„Meine Nähte waren da wo sie hin mussten, Soldat.“ Sie begann mit der Desinfizierung der Wunde. Die Wunde musste nicht genäht. Karin nahm den Hautgenerator, fuhr den Laiser über die Wunde, solange bis sie geschlossen war.
„Fertig.“, meinte Karin und legte den Stiftgroßen Hautgenerator weg.
„Bekomm ich keinen Lolli?“, wollte Kev ernster Stimme wissen.
Indem Moment kam die Gvanerin bei ihnen vorbei. Sie sah Kev mit ihren harten Augen an und sah dann Katrin an. „Wir müssen los, Kev. Bist du einsatzfähig?“
Kev sah seine Krankenschwester an. Woraufhin auch die Gvanerin sie ansah. „Ich habe seine Wunde behandelt. Die Arztvisite steht noch aus.“ Ausdruckslos sah die Gvanerin wieder zu Kev.
„Ist er Fit?“, verlangte die Frau energischer.
Katrin schluckte. „Er hat einen gelben Status. Ich bin kein Arzt.“
„In Zwei Minuten draußen.“, sagte sie zu Kev und ging weiter.
„Sie ist netter wie sie tut.“, entschuldigte er die Frau.
Er stand auf und nahm seine Sachen. „Danke.“
Dann ging er aus dem Zelt. Katrin sah ihm nach.
***
Nach Zwölf Stunden wurde Katrin abgelöst. Kaum hatte sie das Zelt verlassen, überkam sie eine starke Müdigkeit. Ein Helitransporter war eben gelandet. Gilberto und einige Pfleger kümmerten sich die Einteilung und Einstufung der Verletzten. Eine kalte Böe ließ sie zittern.
Sie musste gähnen. Matt und Müde ging sie in ihr Zelt, froh darüber das Gilberto Dienst hatte und das Hector und Na’s nicht schnarchten. Katrin legte sich ins Bett. Nur wenige Sekunden später schlief sie, trotz des dröhnen der Luftvehikel.
Am nächsten Tag ging Katrin nachdem aufstehen ins Fitnesszelt, wählte im Laufholo-simulator eine Küstenstrecke auf A’mosh und lief. Danach duschte sie, frühstückte schnell was und meldete sich zum Dienst. Sie wurde zur Nachbehandlung eingeteilt. Zusammen mit Yiljz. Die junge Aquianerin war schüchtern. Jedoch war sie sehr gut in ihrem Job. Einige Marines gingen auf eigenen Wunsch. Wer stehen konnte, konnte auch kämpfen – sagte ein älterer Mischling.
Immer wieder starteten und landeten Helitransporter und Sanitätsboote. Eine leichte Vibration war zu spüren. Frauen und Männer in ihrem Alter und viel Jünger lagen in den Betten, hatten entweder Arme und Beine verloren. Manche waren mit Fingern, Füßen und/oder Händen davon gekommen. Ein Marine, der seine linken Zeige-, und Mittelfinger verloren hatte, ging ebenfalls auf eigene Faust zurück an die Front.
Sie konnten niemanden Zwingen zubleiben. Einen jungen Mann mussten sie ruhig stellen und anbinden, weil er ausflippte. Der Arme Kerl hatte beide Beine verloren. Bei Zwei Verletzten mussten Notoperationen vorgenommen werden. Während ihrem Dienst kehrte nur die Frau aus dem OP zurück.
Nach ihrer Pause kam Katrin wieder im Erste Hilfe Stab. Alle Dreißig Sekunden starteten und landeten die Luftvehikel. Kampfhubschrauber eskortierten immer wieder die Luftvehikel. Gerüchten zur Folge war es den Crjanern gelungen einen permanenten Luftkorridor einzurichten und der Flotte schwer zusetzen. Die nächste schlechte Nachricht war, das die Crjaner die Gamma Basis eingenommen hatten. An allen Fronten zog sich die Union zurück. Wodurch sich die Nachschubwege für den Feind verlängerten. Das Air Marine Corp bombardierte rund um die Frontlinie, schoss die Versorgungsboote ab und griff die crjanischen Basen hinter der Frontlinie an. Noch hatte die Union die Lufthoheit.
Einmal wusch sich Katrin ihr Gesicht. Die Luftvehikel wirbelten den feinen Sand auf. Ihre Haut hatte inzwischen die Farbe vom Sand. Ihre Uniform war mit der Sandschicht überzogen. Ein Helitransporter landete. Ein Sanitäter kam zu ihr. Marines trugen die Trage hinaus. Die Pfleger übernahmen. Als sich Katrin hinsah, erschreckte sie sich. Bei dem Verletzten handelte es sich um die Gvanerin, welche zur Kevin Julien gehörte. Katrin sah auf. Kevin stand vor ihr. Sein Gesicht war dunkelbraun durch den Dreck. Am Oberarm trug er eine Druckmanschette, die blutdurchnässt war. Getrocknete Rinnsäle zierten seinen linken Oberarm.
„Sie hat es schlimm erwischt.“, meinte der Sanitäter. Katrin sah sich kurz das Medipad an.
„Hab in den OP mit ihr. Status Rot.“, ordnete sie den Pflegern an.
Sofort trugen die Pfleger die schwer verletzte Gvanerin in das OP-Zelt. Vier Marines begleitete die Pfleger und sorgten dafür das es zu keiner Transportverzögerung kam. Der Sanitäter nickte und kehrte in den Helitransporter zurück. Eine Handvoll Marines stiegen ebenfalls ein. Zusammen mit Kevin ging sie einige Schritte weg. Die Transportrampe war noch offen als der Heli abhob.
Sie blickte auf die Druckmanschette. „Ich will mir das ansehen.“, sagte Katrin widerspruchslos.
Kommentarlos ließ er die Behandlung über sich ergehen. Dann brachte sie ihn in den Warteraum. Dort hielten sich die Marines auf, die mit der Gvanerin gekommen waren. Ihre Gesichter waren ausdruckslos. Sie schwiegen. Kevin gesellte sich zu Ihnen. Mit einem nicken bedankte er sich bei ihr. Katrin lächelte minimal und verließ den Raum.
***
„Danke.“, sagte die vertraute Stimme hinter ihr. Katrin drehte sich rum. Hinter ihr stand Kevin. Er trug seinen lädierten Panzeranzug und sah recht fertig aus.
„Deswegen bin ich hier.“, entgegnete sie mit einem sanften lächeln. Er erwiderte das lächeln.
„Es tut mir leid, um…“ Katrin stellte fest das sie nicht mal den Namen der Gvanerin. „Gunny Relja.“, fügte er hinzu. Die Gvanerin war während der OP gestorben. Ihre Verletzungen waren schwerer als angenommen. Sie hatte schwere innere Blutungen. Alle Versuche waren erfolglos geblieben.
„Danke. Sie hat mir das Leben gerettet.“, offenbarte er ihr. „Sie hat den Granatschützen gesehen und mich weggestoßen. Die Granate schlug in den Grabenwall ein und die Schrapnelle durchstießen ihn.“, schilderte er ihr.
Das hatte Katrin nicht gewusst. Da piepte sein Com Gerät. Er tippte drauf. „Squad 7c zur Alpha Zone.“
„Haben verstanden, Over.“ Bestätigte er den Ruf.
„Zurück an die Front?“
Er nickte nur.
„Wie schlimme ist es?“, wollte Katrin wissen. Die Gerüchte im Camp verhießen nichts gutes. Was auf die Stimmung drückte. Allem Anschein nach verloren sie hier und über ihnen. Schuld daran war die Fehleinschätzung der Feindaufklärungen. Mit einem solch Massiven Aufgebot hier hatte keiner gerechnet.
„Ich muss jetzt los. Verhindern das es noch schlimmer kommt.“, sagte leicht und küsste sie. Katrin war von dem Kuss so überrascht, dass sie einfach nur dastand und nichts machte. Sie sah wie Kevin in den Heli stieg und dieser abhob und immer kleiner wurde.
04
Keine Dreißig Stunden später hörten sie die Explosionen. Die Crjaner hatten die Westflanke der Front so stark attackiert, dass sie regelgerecht zusammenbrach. Alle Versuche eine erneute Frontlinie aufzubauen, waren bis vor Zwölf Stunden fehlgeschlagen. Stunde für Stunde verschob sich die Frontlinie immer weiter nach hinten. Demzufolge stand der Krieg praktisch vor der Tür von Camp Delta.
Der Strom von Verwundeten nahm seit Zwanzig Stunden gar kein Ende mehr. Inzwischen waren alle weiteren Medicamps aufgelöst worden. Man begann bereits mit der Evakuierung. Das Air Marine Corps besaß zwar immer noch die Lufthoheit, hatte aber die Nachschubzonen verloren. Wodurch die Aufmunitionierung praktisch ausblieb.
Hinter Camp Delta war schnell ein Stützpunkt aus dem Boden gestampft worden. Praktisch jede Zwei Sekunden landete ein Bomber, Jäger oder Angriffhelikopter um neu bestückt zu werden.
Die Sonne stand am höchsten Punkt, als der Befehl kam, den alle im Camp erwartet hatten. Camp Delta wurde evakuiert. Die Union Streitkräfte zogen sich vom Planeten zurück. Ein Chaos brach aus. Hunderte Verletzte mussten innerhalb von einer Stunde evakuriert werden. Transportfähren wurden voll gestopft. Die Maximale Passagierzahl wurde deutlich überschritten. Lastfähren schnappten sich einige Lufteinheiten und brachten sie vom Planeten. Die medizinische Ausrüstung wurde in Transportfrachter gepackt.
Das tobende Gefecht kam näher und näher. In einem unglaublichen Akkord schafften sie es die Mehrzahl der Verwundeten irgendwo unterzubringen. Inzwischen hatten sich die Marines im Camp eingenistet und bekämpften die Crjaner. Granaten schlugen ins Camp Areal ein. Bomber stießen immer wieder vom Himmel herab und bombardierten die feindlichen Stellungen. Eine Rakete zerstörte ein Patientenzelt. Man hatte es vor Stunden geräumt.
Katrin befand sich bei Doktor Ziyi im OP-Zelt. Sie versuchte einen schwer verletzten Marine trotz des tobenden Kampfes transportfähig zumachen. Außer Ihr und Katrin waren noch Drei aus dem Ärzteteam anwesend. Sie waren die letzten Zivilisten. Alle anderen hatte man evakuiert.
Ein Marine betrat das OP-Zelt. Eine Explosion ließ den Boden beben. Der Einschlag war nah. Viel zu nah für Katrins Geschmack. „Wie lange brauchen sie noch, Doktor?“, fragte der Marine.
Doktor Ziyi konzentrierte sich darauf mit einem Laiser die Blutungen zustoppen. Katrin versuchte das Blut mit einem Faustgroßen Blutsauger abzusaugen. Jedes Mal wenn Ziyi eine offene Stelle mit dem Laiser geschlossen hatte, tauchte irgendwo eine neue auf.
„Solange es dauert.“, erwiderte Ziyi ungehalten.
„In Einer Minute trifft die Fähre hier ein.“, erklärte der Marine und verschwand wieder. Das Ultimatum war mehr als deutlich.
Doktor Ziyi war es jedoch vollkommen egal, ob eine Minute oder eine Stunde. Sie würde den Patienten nicht sterben lassen. Ganz gleich wo und wann. Selbst wenn das bedeutete das die Crjaner sie gefangen nahmen.
„Komm schon.“, nuschelte Ziyi als sich der Blutdruck nicht stabilisierte. Sie suchte nach weiteren offen Stellen. Die Werte fielen weiter.
Eine Granate schlug in unmittelbarer Nähe ein. Ihnen lief die Zeit davon, in mehrer Hinsicht. Ziyi entdeckte eine weitere offene Stelle in der Arterie. Langsam ging die Energiezelle vom Handlaiser zuneige. Sie schloss die offene Stelle.
Sekunden verstrichen. Alle sahen auf den flackernden Bildschirm, wo der Blutdruckwert stand, ebenso wie die Herzschlagfrequenz. Erneut fiel der Wert um einen Punkt. Wenn der Wert weiter fiel, konnten sie nichts mehr für den Marine tun. Der Blutdruckwert veränderte sich seit Zehn Sekunden nicht mehr.
„Sind sie fertig?“, hörten alle den Marine fragen. Keiner sah ihn an. Alle blickten auf den Bildschirm. Weitere Fünfzehn Sekunden vergingen. Der Wert blieb konstant. Entweder jetzt oder nie.
„Mehr können wir nicht tun.“, sagte einer der Assistenten. Doktor Ziyi sah weiterhin den Wert an. Weitere Sekunden verstrichen. Eine Granate detonierte hinter dem OP-Zelt.
„Wir wagen es.“, entschied Ziyi.
Erleichtert packten alle zu und trugen den Marine auf der Trage raus. Die Sonne war am Untergehen. Das Camp sah wie eine Kraterlandschaft eines lebensfeindlichen Mondes aus. Von den Zelten war nichts mehr übrig. Manche brannten noch.
Um die gelandete Fähre hatten sich die letzten Marines gebildet. Zwei Angriffhelikopter feuerten ihre Miniguns im Dauerfeuermodus ab. Granaten explodierten um die rennenden Leute. Erde wurde hinauf geschleudert und regnete herab. Einmal mitten in einem Gefecht zu sein, hätte Katrin nicht gedacht. Umso überraschter war sie von ihrer Ruhe. Keinerlei Panik.
Sie erreichten die Fähre, gingen die Rampe hinauf. Eine Explosion riss ein Loch in den Schutzwall von Camp Delta. Kurz darauf tauchten crjanische Soldaten auf, in ihren Schwarzen Panzeranzügen. Die Marines fackelten nicht lange und feuerten. Ein Angriffhubschrauber feuerte ein Paar Raketen ab.
Als alle Marines an Bord waren, hob die Fähre gleich ab. Die Rampe schloss sich langsam. Viel zu langsam wie Katrin fand. Sie sah wie Drei Bomber über das Camp flogen. Dutzende von Bomben wurden abgeworfen. Die Explosionen machten das Camp dem Erdboden gleich. Geschockt über die Brutalität, denn durch die Bombardierung starben etliche Crjaner, wandte sich Katrin ab.
Ein Marine setzte sich neben sie. Das Helmvisier verschwand. Der Marine war Kevin. Er sah sie an, lächelte und nahm ihre Hand. Sie war erleichtert ihn zusehen. Da wurde ihr klar das er es gewesen war, der ins OP-Zelt gekommen war.
***
Katrin sah vom Oberdeck auf das rege treiben vom Panoramadeck, der Raumstation Ghandi. Sie befand sich an der Wurmlochpassage Indien. Der Krieg ließ die Raumstation noch überfüllter wirken als sie ohnehin schon war.
Nach der Evakuierung vom Planeten waren sie an Bord eines Kreuzers gekommen. Die Flotte zog sich eine Stunde später komplett zurück. Seit einem Tag war sie zusammen mit dem medizinischen Personal auf der Raumstation. Gleich nach ihrem eintreffen hatte sie erstmal Kontakt zu ihren Eltern aufgenommen. Danach duschte sie und schlüpfte in die neuen Schlafsachen. Das Bett war eine Annehmlichkeit die sie mehr vermisste als gedacht.
In wenigen Stunden würde ihr Flug zum Mediträger Ochsenknecht gehen. Mediträger waren die Raumschiffvarianten vom planetaren Camp Delta. Doktor Ziyi wollte sie als ihre Assistentin mitnehmen und war von dem Angebot überrascht gewesen.
Ob er ihre Nachricht bekommen hatte! Die Marines waren nach dem Eintreffen indem System Central Indien auf den Truppenträger Benedict verlegt worden. Stündlich trafen neue Kriegsschiffe der Flotte ein. Gerüchten zur Folge planten die Union Streitkräfte eine massive Gegenoffensive.
Katrin erblickte ihn, wie die Oberbrücke entlang schlenderte und auf sie zukam. Kevin Julien trug die Uniform der Marines. „Du bist gekommen.“
„Natürlich. Eine Einladung einer hübschen Frau lehnt man nicht leichtfertig ab.“, entgegnete er mit einem verschmitzten lächeln.
Sie küsste ihn ohne jede Vorahnung. Eigentlich war das nicht ihre Art. Zwischen ihnen war mehr. Sie fühlte sich stark zu ihm hingezogen. „Jetzt sind wir quitt.“
Kevin sah sie verdutzt an. „Da wir das nun geklärt haben, wollen wir zusammen essen?“
Sie hackte sich bei ihm ein. Zusammen gingen sie zum Promenadendeck, schlenderten entlang und genossen die gemeinsame Zeit. Bald trennten sich ihre Wege und ob sie jemals wieder zusammenkamen war nicht sicher. Daher nutzten sie die Zeit.
Nach dem Essen, spazierten sie eine Weile umher. Bei ihrem Quartier angekommen, bat Katrin ihn herein. Auf eine Tasse Kaffee. Obgleich sie keinen Kaffee trank.
Ende
12.05.2007
© by Alexander Döbber
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