Return to Home - Terra - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Return to Home - Terra

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Return to Home - Terra

    Return to Home
    Terra

    Prolog

    Zu sehen wie etwas wuchs, gedeiht und sich entwickelte, das man geschaffen und aufgebaut hatte gab einem mehr im Leben als alles andere. Vor allem dann wenn die Leute ihre Heimat beraubt wurden. Sie hatten sich hier etwas neues aufgebaut. Es sollte zu ihrer neuen Heimat werden. Für alle nachkommenden Generationen würde das hier ihr Zuhause sein, ihre Geburtsheimat. Von hier aus sollte die Suche nach der alten, verlorenen Heimat stattfinden. Vielleicht kehrten ihre Kinder eines Tages dahin zurück woher sie gekommen waren.
    Alle lebten harmonisch miteinander. Neue Familien wurden gegründet. Freundschaften geschlossen. Sie verband ein und das selbe. Wenn sie zusammenhielten konnten sie es schaffen. Den ihre neue Heimat war so gut wie unerforscht. Niemand wusste welche Gefahren außerhalb der gesicherten Siedlungsgrenze lagen.
    Captain Lubow O’Brien ging über den Zentralen Platz der Siedlung. In der Mitte des inzwischen gepflasterten Platzes, stand ein anmutiger Brunnen aus Grauweißen Kalkstein. Die Statuen im Brunnen waren aus Granit und Marmor. Sie war ein Denkmal ihrer Rettung und zeigte Gunny Ramirez, Sergeant Guien, Sergeant Yono, Coporal Schuster, Private Jackson und Private Neal-Santos.
    Jackson und Neal-Santos knieten, während Ramirez, Guien, Yono und Schuster hinter ihnen standen. Wie bei einem Gruppenfoto. Jene Statuen waren ihren Vorbildern wie aus dem Gesicht geschnitten. Man hatte auf jedes Detail sehr viel wert gelegt.
    Die Frauen und Männer posierten wie bei einem Gruppenfoto und lächelten. Unter ihnen, am Sockel, standen ihre Namen und all jene Menschen die auf Alpha Centauri ihr Leben gelassen hatten.
    Aus dem umliegenden Becken der Statuen schossen Wasserfontänen empor. Obwohl Lubow fast jeden Tag über den Platz ging, blieb sie jedes Mal andächtig stehen. Die Vorbilder für die Statuen waren ihre Freunde und Kameraden gewesen. Sie senkte leicht den Kopf und ging weiter.
    Ihr Weg führte sie zum Amtssitz der ehemaligen Gouverneurin von Alpha Centauri und heutige Gouverneurin von Neuss. So hieß der Raumtransporter der sie aus dem Sol System nach Alpha Centauri brachte und dann von dort hierher.
    Der Amtssitz von Gouverneurin Catherine Vega war ein Zweistöckiger Kastenbau. In dem hellen Landfarbigen Bau, war der gesamte Siedlungsrat untergebracht. Die Bürokratie war eben nicht Tod zukriegen. Über dem Eingang war das Wappen der Vereinten Erde eingelassen worden.
    An der Doppeltür aus Glas, standen Zwei Gardisten der Gouverneursgarde. Beide waren ehemalige Marines die unter ihrem Kommando gestanden haben. Die Gouverneursgarde bestand aus freiwilligen Siedlern und Marines. Sie sollten einzig und allein die Mitglieder des Siedlungsrates und deren Familien schützen.
    Als Captain O’Brien kam salutierten die Männer. Sie lächelte leicht und grüßte die beiden militärisch. Nicht nur die Bürokratie war nicht zu Tod zukriegen.

    In dem Rathaus(= Amtssitz von Gouverneurin Vega) war es ein kommen und gehen. Die Empfangshalle besaß keine extravagante Ausstattung. Darauf hatte Gouverneurin Vega bei den Planungen bestanden. Neben dem natur belassenen Granitboden und den weißen Kalksteinwänden war nichts Außergewöhnliches. Es gab einen Informationsschalter, mit Vier Plätzen, wo zurzeit Drei Junge Damen arbeiteten. Eine Übersichtskarte gab den Unwissenden weitere Informationen wo alle Büros der Siedlungsregierung lagen. Drei der Vier Aufzüge führten einen in die oberen Stockwerke. Einer ging ins Kellergeschoss, wo nur Zugangsberechtigte Personen hin durften. O’Brien war eine von diesen Personen. Im Kellergeschoss befand sich ein Bunker.
    In der Empfangshalle taten auch Zwei unscheinbar wirkende Gardisten ihren Dienst. O’Brien erkannte die ehemaligen Marines auf Anhieb. Schließlich hatten sie unter ihrem Kommando gedient. Mit einem der Fahrstühle fuhr sie in den Zweiten Stock des Gebäudes.
    Dort ging sie dann nach rechts, grüßte unterwegs alle bekannten Gesichter. Lubow O’Brien ging diesen Weg Fünfmal die Woche. Bei einer Kreuzung bog sie erst nach links, dann nach rechts ab. So erreichte sie den Sicherheitsbereich, wo nur berechtigte Personen Zutritt hatten. Der Diensthabende Gardist salutierte. Was O’Brien unbürokratisch erwiderte.
    „Ihre Zugangskarte, Ma’am?“, bat der ehemalige Private des Marine Corps.
    Inzwischen war er Coporal. Ohne sich zweimal bitten zulassen, händigte sie Samo Hong ihre Zugangs-karte aus. Es war das übliche Prozedere.
    Er zog die Zugangskarte durch das Lesegerät. Auf dem Bildschirm erschienen dann die selben Daten wie sonst auch und der Computer akzeptierte die Autorisation. Hong gab seiner ehemaligen Kommand-eurin die Karte zurück. Anschließend öffnete er die Panzertür, die den Sicherheitsbereich abschottete.
    Dahinter befand ein weiterer Gardist. Ein weiterer militärischer Gruß folgte. Die Räumlichkeiten auf der anderen Seite der Panzertür, unterschieden sich nur die Fensterlosigkeit. Dabei war der Ausblick auf die Vegetation von Terra, so hatten sie den Planeten getauft, sehr angenehm. Ihr Büro am anderen Ende der Kolonie, bot ihr eben diesen Ausblick.

    In dem Konferenzraum wurde Lubow O’Brien von Gouverneurin Vega, ihrem Stabschef Bruno Berger, dem Sicherheitsberater Carlo Fezzo und Captain Angela Josephine erwartet. Die ehemalige Befehlshaberin der Delta Blau Kompanie der Fünften Division des Vereinten Space Marine Corps auf Alpha Centauri, war ihr inzwischen zu einer guten Freundin geworden. Josephine leitete die Regierungsgarde. Während O’Brien das Terranische Marine Corps befehligte.
    Bei dem Treffen handelte sich um die wöchentliche Sicherheitssitzung. Dabei wurden die zukünftigen Siedlungsprojekte besprochen. In einer Woche sollte eine Gruppe von freiwilligen, eine zweite Siedlung gründen.
    Als die neusten Details zu diesem Vorhaben besprochen waren, kam man zum nächsten Punkt auf der Liste. Da Terra ein zum großen Teil unbekannt war, hatte man außerhalb der Hauptkolonie Forschungs-basen errichtet. Von denen aus die Umgebung erkundet und erforscht wurde. Wie Gouverneurin Vega ihr mitteilte, gab es keinen Kontakt mehr zu der Forschungsbasis im Ortega Tal.
    „Sie senden zwar noch ein Funksignal, antworten aber auf keinen unserer Rufe.“, berichtete Fezzo.
    Bereits auf Alpha Centauri gehörte er zum Stab der damaligen Gouverneurin.
    „Verstehe. Macht sich der Nachschubkonvoi für die Basis auf den Weg?“, fragte O’Brien nach.
    Die Gouverneurin nickte.
    „Ich werde den Begleitschutz verstärken. Außerdem wird es Zeit das Rinaldi abgelöst wird.“
    Jede Forschungsbasis besaß ein Sicherheitsteam des Terranischen Marine Corps. Rinaldi leitete eins dieser Teams.
    Niemand in der Runde ging von einem ernsthaften Problem aus. Wahrscheinlich gab es nur einen technischen Defekt. Schließlich musste die Reise des Nachschubkonvois dreimal verschoben werden, wegen schlechtem Wetter.

    -1-

    Er war total erschöpft und ausgelaugt. Seine Kleidung war zerrissen. Überall befand sich getrocknetes Blut oder Dreck. Selbst sein Gesicht war davon nicht verschont. Inzwischen hatten seine Wunden aufgehört zu bluten.
    Stöhnend schleppte er sich durch die Gegend. Die Nacht war eingebrochen. Obwohl er nicht sicher war ob die Richtung stimmte, lief er weiter. Ihm blieb gar keine andere Wahl, schließlich wollte er nicht sterben. Ansonsten fand es ihn. Was sein Tod bedeutete.
    Er musste bald die Kolonie erreichen. Es war unmöglich zusagen wie lange er wirklich umher geirrt war, letztenendes zählte nur das er Lichter gesehen hatte. Darauf steuerte jetzt zu. Hinter ihm hörte er ein Rascheln. Dann knackte es im Unterholz.
    Gepackt von der Angst rannte er jetzt. Einmal sah er über seine Schultern, und probt stolperte er und fiel zu Boden. Er fing an zu zittern. Das Geräusch kam immer näher. Ohne weiter darüber nachzudenken, stand er auf, orientierte sich wieder und ging auf die Lichter zu.
    Wieder knackte und raschelte es. Es kam immer näher. Er glaubte sogar ein fauchen gehört zuhaben. Die Lichter kamen immer näher, seine Kehle war so trocken das er keinen Ton raus brachte. Kurz bevor er die Kolonie erreichte, spürte einen heißen, feuchten Atem in seinem Nacken.
    Beim zurückschauen prallte er gegen jemanden. Danach sah er nur noch verschwommen. Die Worte der Person drangen nicht mehr zu ihm durch.

    O’Brien war so schnell gekommen wie sie konnte. Gleich nach der Nachricht, löste sie den Sicherheitsalarm für die Kolonie aus. Wodurch alle Marines in Kampfausrüstung Dienst taten. Sie betrat die Notaufnahme des Krankenhauses.
    Gouverneurin Vega, Sicherheitsberater Fezzo und Captain Josephine waren bereits vor Ort. Als O’Brien den Mann sah, wurde ihr eins klar. So gefahrlos schien Terra doch nicht zu sein.
    Der Mann, sein Name war Heinz Breitkreuz, war übel zugerichtet worden. Sein Angreifer, was auch immer es war, hatte kein Erbarmen gezeigt. Viele der Bandagen waren nach wenigen Minuten voll gesogen mit Blut. Die Ärzte waren skeptisch ob er durchkam.
    „Ich setze den Nachschubkonvoi bis auf weiteres aus. Ebenso die Abreise der Siedlungsgruppe.“, teilte Vega ihr mit.
    „Er gehörte zum Forschungsteam im Ortega Tal.“, sagte Fezzo.
    Das bedeutete nichts gutes. Verständlicherweise wurde deswegen der Konvoi ausgesetzt. Gleichzeitig bedeutete es das eine Einheit Marines ausrücken musste um nachzusehen was geschehen war.
    „Bei Tagesanbruch rücken wir aus.“
    Vega nickte zustimmend. Das war noch nicht alles. Die Gouverneurin sah zu Captain Josephine.
    „Es gibt da noch etwas, Lubow. Zu dem Forschungsteam gehörte auch Natja.“

    Das Bodenfahrzeug schoss über das Grasbewachsende Tal hinweg. Durch die Hohe Geschwindigkeit riss das Fahrzeug einige Grasstücke raus. Man hatte es eilig. Eigentlich war eine solche Geschwindigkeit weder innerhalb der Kolonie noch außerhalb erlaubt. In diesem Fall machte man eine Ausnahme, was der Fahrer auch voll ausnutzte.
    Der Fahrer hielt vor einer Blockhütte aus Holz. Sie stand am Fuße des Tibet Gebirges. Besitzer der Blockhütte, mehrere Kilometer von der Hauptkolonie entfernt, war Colonel Jason Greenberg.
    O’Brien und Josephine stiegen aus. Hierher hatte sich ihr Mentor und Freund zurückgezogen. Ein schönes Plätzchen, das war nicht zu leugnen. Die beiden Frauen gingen zur Tür, klopften an und warteten. Anscheinend war keiner da.
    „Lubow.“
    Jason Greenberg hatte sich doch tatsächlich einen Vollbart wachsen lassen. Er kam gerade vom Wandern und Campen in den Bergen. Seit seinem Abschied vom Marine Corp vor einigen Jahren, hatte Greenberg sich zurückgezogen. Man sah ihn nur selten in der Hauptkolonie.
    „Wie geht es ihnen, Sir?“, fragte O’Brien verblüfft. Josephine konnte sich ein sanftes Grinsen nicht verkneifen. Lubow O’Brien empfand wohl mehr für ihren ehemaligen Vorgesetzten.
    „Ganz gut und ihnen beiden?“, gab er charmant zurück.
    Bisher hatte O’Brien ihn nicht als attraktiven Mann gesehen. Sie zwang sich die Gedanken zu verdrängen. Zum Beispiel an Luke Raymond, ihr Freund. Automatisch kam sie dann wieder zu Greenberg zurück und stellte den vergleich an.
    „Ebenfalls, Colonel.“, antwortete Josephine.
    Ihr war O’Briens zögern aufgefallen. Anscheinend wurde ihr erst jetzt klar was für ein Mann Jason Greenberg war.
    „Ich bin nicht mehr beim Corps. Also nennen sie mich Jason oder Greenberg.“
    Er ging auf die Verander, kippte einen der Pflanzenkübel um und holte einen altmodischen Schlüssel hervor.
    „Kommen sie doch rein.“, bat er die beiden Frauen freundlich.
    Kaum hatten die beiden die Hütte betreten, erstarrten sie vor Schreck. Aus einem der Nebenräume kam ein ausgewachsener Bergpuma. Das vierbeinige Raubtier unterschied sich kaum von seinem Erdzwilling. Der Terranische Bergpuma hatte ein Goldbraunes Fell, das im Hochsommer heller wurde und im Winter dunkler. Die Raumkatzen waren nur selten im Tal Gebiet anzutreffen. Ihr Lebensraum, war wie der Name schon sagte, die Berge.
    Trotz der Tatsache das Bergpumas keine Menschen angriffen, außer sie erachteten einen als Gefahr, traf sie der Schock. Die Mandelförmigen Augen musterten die Frauen, anschließend entblößte der
    Puma seine scharfen Zähne und knurrte leise.

    Das Tier ging auf Greenberg zu. Es räkelte sich an dessen Beinen. Wieder knurrte es. Schlagartig wurden ihnen klar, das die Gerüchte zustimmen schienen. In der Kolonie ging umher, das ein wilder Bergpuma bei Greenbergs Wohnsitz hauste.
    Er bückte sich, graulte dem Tier den Nacken. Was ihn schnurren ließ.
    „Wie es aussieht stimmen die Gerüchte bezüglich ihres Mitbewohners.“, entgegnete Josephine.
    Der Bergpuma kam auf sie zu, beschnüffelte sie und grunzte wohl. Dasselbe machte das Tier bei O’Brien. Sie ging in die Knie und graulte es ebenfalls.
    „Das wird den Planetenschützern gar nicht gefallen.“, äußerte O’Brien sich.
    „Sandoval.“ Probt sah der Bergpuma Greenberg an. Er machte eine Kopfbewegung zur Tür. Auf das Kommando hin verschwand der Bergpuma aus der Blockhütte. „Ich habe ihn gefunden da war er noch ein Welpe. Seine Mutter wurde von einem Oxabärin getötet. Bevor sie ihn fand, bin ich dazwischen. Mit einer Leuchtgranate.“, erwähnte Greenberg beiläufig.
    Seine Gäste lachten über diese Anekdote, obgleich eine Begegnung mit einem Oxabären kein Zuckerschlecken war. Sie wurden schlappe Drei Meter groß. Ein hieb mit der Tatze ließ einen nie wieder aufstehen.
    „Nach der Aktion nahm ich ihn mit und hab ihn wohl großgezogen.“ Jason Greenberg ein Vater! Warum war das so vorstellbar für sie.
    „Ist Sandoval ausgewildert?“, fragte Josephine.
    Sie setzte sich mit O’Brien auf die Couch. Der Geruch des Holzes lag leicht in der Luft. An einem Fenster stand ein Schreibtisch, indem ein Com-Schirm und ein Touchscreen Terminal eingelassen war. In dem Couchtisch, dessen Gestell aus Hartholz war und von einem Tischler aus der Kolonie gebaut wurde, war eine getönte Glasscheibe eingelassen. Der Kamin war mit Thermokeramik verkleidet, wodurch er sich die Blockhütte nicht abwackelte.
    Nach dem er ihnen was Trinken angeboten hatte, beantwortete Greenberg die Frage. „Nein. Als er in der Lage war sich sein Essen selber zu besorgen, hab ich ihn nicht mehr gefüttert. Was nicht weiter schlimm ist, denn in dem Alter werden die Jungtiere von ihrer Mutter entwöhnt.“
    Sie sahen sich erstaunt an. Obwohl die Tierforscher schon einiges gesammelt hatten, schien Greenberg sein Wissen aus erster Hand zuhaben.
    „Manchmal bekommt er jedoch einen Ambahirsch Schinken oder ein halbes Persie Schwein.“, gestand Greenberg. Diese Leckereien fand man nur in der Kolonie. Soweit würde sich ein Bergpuma nie vorwagen. Es waren Scheue Tiere.
    „Kommen wir nun zum Grund eures Besuchs.“, lenkte Greenberg das Thema.
    Trotz seines Vollbartes hatte er nichts von seiner Ausstrahlung verloren. Eher hinzu gewonnen. O’Brien wusste noch wie er sie in seinen Bann gezogen hatte. Sie profitierte von ihm. Denn ihr Können hatte sie ihm zu verdanken. Unter seiner Führung war der Rebellin und Unruhestifterin, die kurz vor einer Zelle in einem Militärgefängnis stand, zu einer Führungspersönlichkeit gewachsen. Und jetzt begann sie ihn langsam mit anderen Augen zusehen. Was ihr ganz und gar nicht behagte.
    Sie sahen sich beide an. Dann kamen sie zu dem Grund ihres Besuchs.

    Von der anderen Seite der Trennscheibe sah Greenberg wie Breitkreuz, oder das was von ihm übrig war, da lag. Angeschlossen an Überwachungsschirme und Lebenserhaltungsstationen. Jede Zehn Minuten kam eine Schwester und kontrollierte alles.
    Am liebsten wäre rein gegangen, um Breitkreuz aus dem Koma zuholen und auszuquetschen. Während Greenberg ihn beobachtete, kam eine Zeit an die Oberfläche die versuchte zu verdrängen. Hinter ihm warteten Gouverneurin Vega, O’Brien – in ihrer Uniform, Josephine und Berger. Inzwischen war das Gerücht im Umlauf, dass das Marine Corps eine Schwerbewaffnete Einheit losschickte. Was wiederum zu fragen führte, die noch nicht beantwortet wurden. Ebenso wenig die Aussetzung des Nachschubkonvois und des Siedlungstrecks.
    „Wann brechen sie auf?“, fragte Greenberg ungewohnt hart.

    -2-

    Früher gehörte der tarnfarbene Kampfanzug zu seiner ersten Garnitur. Jetzt war es eher ein ungewohntes, aber dennoch vertrautes Gefühl ihn wieder zutragen. Nicht nur weil er feststellen musste, das er ihm nicht mehr passte. Dabei absolvierte er täglich ein Fitnessprogramm.
    Als er den geänderten Kampfanzug dann anprobierte, schien er irgendwie schwerer geworden zu sein. Vorher war ihm das Gewicht nicht besonders aufgefallen. Trotz seines Ausscheidens aus dem Marine Corps besaß seine komplette Ausrüstung noch. Er hatte sie wieder hervorgeholt. Als alles saß, nahm Greenberg sein Zeug und verließ seine Blockhütte.
    Draußen wartete ein Bodenfahrzeug aus dem Fuhrpark der Gouverneurin. Der Fahrer fuhr ihn zum Militärraumhafen, am südlichen Ende der Kolonie. Das Tor wurde von Drei Marines bewacht. Ein Schild wies daraufhin, das Zivilisten der Zutritt strengstens untersagt war. Sie winkten das Bodenfahrzeug durch, ohne es vorher zu kontrollieren.
    Noch bestand der Militärraumhafen aus lediglich einem Dutzend Gebäuden. Um das Gelände war ein Sensorgitterzaun gelegt worden. Eigentlich sollte das Militär den Raumhafen der Kolonie mitbenutzen, und dafür einen abgesperrten Bereich erhalten. Letztenendes setzte sich Lubow O’Brien durch, die darauf verwies, dass das Verkehrsaufkommen irgendwann eine Abspaltung notwendig machen würde. So erhielten die Marines ihren eigenen Raumhafen.
    Alle Nachschubkonvois zu den Forschungsbasen wurden vom zivilen Raumhafen aus gestartet. Die Marines, der Begleitschutz, wurden dahin verlegt.
    Im ersten Gebäude war die Verwaltung untergebracht. Es umfasste Zwei Stockwerke. Man würde es demnächst auf Vier erweitern. Dann gab es Drei Mehrzweckhallen. Wo die Marines ihren Fuhrpark, die Lufteinheiten und Reparaturen untergebracht hatten. Der Rest waren Baracken, sowie die Verpflegungsstation, Krankenhaus, Offiziersmesse und etliches mehr.
    Man merkte inzwischen das sich der Terranische Sommer dem Ende zuneigte. Es waren zwar noch immer sommerliche Temperaturen am Tage, in der Nacht hingegen fielen die Temperaturen unter die Null Grenze.
    „Achtung. Stillgestanden.“, schrie eine weibliche Stimme als Greenberg erschien.
    Sofort nahmen zehn Frauen und Männer Haltung an. Wie man es am ersten Tag der Grundausbildung beigebracht bekam. Die Stimme gehörte Gunnery Sergeant Rio Rinaldi. Ihre Anweisung widersetzte sich niemand. Selbst Captain O’Brien stand stramm.
    Greenberg verbarg seine Amüsiertheit. Salutieren vor Zivilisten war eigentlich verboten. Und er war jetzt ein Zivi. Kaum erkennbar nickte er Rinaldi zu. „Rühen, Marines.“
    Sie gingen in die Halbacht Stellung über. Einige der Marines kannte er mit Namen. Andere wiederum sahen noch aus wie Kinder. Nach dem die erste Phase des Aufbaus der Kolonie abgeschlossen war, schied Greenberg aus dem Dienst aus und zog sich zurück.
    Captain O’Brien trat vor, musterte ihn kurz und verkniff sich ein Lächeln. Gunny Rinaldi trat an ihre Seite. „Sie wissen noch wie es geht?“, fragte O’Brien ironisch.
    Greenberg ignorierte sie diesmal. Zumal er wusste das sie ihn auf den Arm nahm. So eine Gelegenheit ließ man sich einfach nicht ergehen. Er an ihrer Stelle hätte sich das auch nicht entgehen lassen. Seine Konzentration galt jedoch seiner Nichte Natja. Nicht viele Kolonisten besaßen Verwandte aus der Alten Heimat. Für ihn gab es nichts wichtigeres.
    „Der Weg zur Basis ist einer der Kategorie Zwei. Wir durchqueren das Territorium von Pancho Gorillas. Wenn wir Glück haben, sind sie gerade auf Wanderschaft. Ansonsten haben wir ein Problem.“, sagte er ihnen.
    In den Jahren auf Terra hatte er sich ausgiebig mit der heimischen Tierwelt befasst. Wobei dem ganzen Grenzen gesetzt waren. Den er war kein Tierforscher und besaß kein Schutteljet. Was seinen Radius erheblich vergrößert hätte.
    „Colonel…Sir.“, sagte O’Brien leicht unsicher. Sie schluckte ihre Zurechtweisung herunter, da sie ihm vieles verdankte. Einmal ein Marine. Immer ein Marine. „Gunny. Wir rücken ab.“, befahl sie letztlich.

    Die Flora und Fauna von Terra unterschied sich von der Erde kaum. Es gab tödliche Giftpflanzen, dessen Gift auch eine heilende Wirkung hatten, Essbare Pflanzen, Blumen, Sträucher mit und ohne Beeren, unterschiedliche Bäume und etliches mehr.
    Die Tierwelt von Terra beherbergte von einer ungefährlichen Blutmücke, bis hin zur Cleopatra Cobra, Oxabären und Bergpumas zahllose Arten. Von harmlos bis Lebensgefährlich reichte die Palette.
    Das Landschaftsprofil von Terra war unterschiedlich. Es gab Berge, die eine Höhe zwischen Dreitausend und Achttausend Metern erreichten. Täler. Wüsten. Schneegebirge. Der einzige Unterschied zur Erde, war das es nur einen Kontinent gab. Welcher wiederum die Größe des Erdkontinents Amerika (Nord+Mittel+Süd) besaß. Dazu kamen Tausende von Inseln die um den Kontinent herum lagen. Auf der anderen Seite der Erdkugel lag eine Inselgruppe, die inoffiziell als zweiter Kontinent geführt wurde, die mehr als Tausend Inseln umfasste. Manche der Inseln besaßen die Größe von Spanien, Portugal, Deutschland oder Frankreich. Daher waren sich Wissenschaftler noch nicht sicher ob man jene Inseln nicht als eigenständige Kontinente führen sollte.
    Hinzu kam das Terra im Vergleich zur Erde näher an der Sonne lag, bzw. die Umlaufbahn des Planeten, und dadurch die einwirkende Strahlung stärker war. Nun besaß Terra eine intakte Ozonschicht, ein natürlicher Schutzschild gegen die Gamma Strahlung der Sonne, dennoch traf man Vorsorge. Zwar würden sich die Nachkommenden Generationen an diesen Umstand angepasst haben, für die Null Generation (so betitelten die Wissenschaftler die gelandeten) hingegen mussten Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Alle Drei Monate bekam man eine Art Impfung.
    Des Weiteren war das Terranische Jahr Vierzehn Monate lang. Alle Fünf Jahre hingegen kam ein Fünfzehnter Monat hinzu. Die Kalendermonate waren nummeriert.
    Die Marines hatten ein ordentliches Tempo an den Tag gelegt, so das man nach Sonnenuntergang die kalkulierte Stecke geschafft hatte. Am Abend fielen die Temperaturen unter die Null Grenze. Eine Stunde nach Sonnenaufgang, waren sie Abmarsch bereit.
    Das Tempo wurde an die Umgebung angepasst. Am Vormittag und am Nachmittag wurden die Pausen eingelegt. Sie erreichten das Hügelige Profil der Strecke. Der Weg führte durch Bäche, Waldstücke, Grasbewachsene Täler, steinige Anstiege und kahles Ödland. Zwar war die Umgebung erfasst worden, aber noch nicht ausgiebig erforscht. Sie waren noch dabei die nährende Umgebung der Kolonie datentechnisch zu erfassen. Manche Wissenschaftler kamen sich bei ihrer Arbeit wie Columbus vor, das sie ebenfalls eine neue Welt entdeckten. In ihrem Fall handelte sich gleich um einen gesamten Planeten. So was brauchte Zeit. Sie mussten auch eine gewisse Vorsicht wallten lassen.
    Die Forschungsbasis lag gute Vier Tage entfernt. Nicht geübte Wanderer konnten auch Fünf bis Sechs Tage brauchen. Bis das Marine Corps genügend Schutteljets zu Verfügung hatte, dauerte es noch eine Weile. Darum wurden die meisten Aufgaben, bzw. Einsätze wurden zu Fuß erledigt.
    Dreimal am Tag funkte man die Kolonie an. Damit Gouverneurin Vega und ihr Stab wussten was Sache war.
    Die Marines überquerten einen Hügelkamm, als Greenberg stehen blieb. Vor ihnen lag das Revier von Pancho Gorillas. Von der Herde fehlte jede Spur. Doch das konnte durchaus täuschen. Deshalb legte man am Hügelkamm eine Pause ein.
    Ein ungutes Gefühl stieg in ihm auf. Sein Blick blieb auf die Hügelkette gerichtet. Das Gefühl hatte er schon einmal gehabt. Bereits während seiner Schulzeit und anschließend beim Marine Corps hatte er diesen Instinkt. Welcher sich zu einem unguten Gefühl für bestimmte Situationen entwickelt.
    Bei einem Nachteinsatz, zur Zeit der Ausbildung, hatten die Ausbilder die Rekruten in Gruppen eingeteilt und im Dschungel abgesetzt. Ohne Frühwarnausrüstung. Man hatte ihnen mitgeteilt, was kurz vor der Landung gewesen ist, das man sie tief hinter feindlichen Linien absetzte.
    Mit dem Auftrag das Operationszentrum des Feindes, oder anderen feindliche Einrichtungen zu zerstören, aufzuspüren und zu zerstören. Ohne ledigliches Frühwarnsystem oder Positionsträger. Das einzige was die Gruppe erhalten hatte war die gängige Überlebensausrüstung, welche zudem unbrauchbar war. Das stellten sie erst nach der Landung fest.
    Nichtsdestotrotz gingen sie los um ihren Auftrag auszuführen. Rekrut Greenberg führte seine Fünfmann starke Einheit. Nach Beendigung dieser Feuertaufe wurde er vom Schiedskomitee gefragt, wie es ihm gelungen war seine Einheit so lange am Leben zulassen. Sie waren die einzige Einheit, die am Ende noch lebte. Mit einem beachtlichen Kontostand. Seine Antwort lautete. „Ich bin meinem Gefühl gefolgt.“
    Das Schiedskomitee wusste sofort, das ein Mann vor ihnen saß der mehr Potential besaß als sie selbst. Eines Tages, so die einhellige Meinung würde Rekrut Greenberg das Marine Corps führen.
    Der Unterschied zwischen dem damaligen und heutigen Gefühl war gewaltig. Greenberg konnte es nicht erklären, es war einfach so. Die Herde schien noch auf Wanderschaft zu sein. Deshalb beschlossen sie das Revier zu durchqueren. Nach verlassen dieser Gefahrenzone war das ungute Gefühl immer noch da. Es vermischte sich mit jenem Gefühl das man bekam wenn man sich beobachtet fühlte.
    Ab dem Revier der Pancho Gorillas waren es noch Acht Stunden bis zur Forschungsbasis. Die Strecke der Nachschubkonvois verlief um das Revier der Pancho Gorillas. Sie konnten sich einen Umweg im Moment nicht leisten. Man war stets in Alarmbereitschaft.
    Bereits vor dem erreichen der Basis, roch man Blut und die einsetzende Verwesung. Die schlimmsten Befürchtungen traten ein. In nähernder Umgebung der Basis war der Boden mit Blut voll gesogen. Man fand sogar abgetrennte Körperteile. Keine Spur von Überlebenden. Es wurden Proben genommen. Um die Opfer zu identifizieren.
    Innerhalb der Basis bot sich den Marines ein Bild des Grauens. Es sah wie in einem Schlachthaus aus. Überall war Blut, Innereien, Knochen und Gewebereste, zahllose Körperteile. Die Verwesung hatte bereits eingesetzt. Der Geruch ließ selbst einen alten Hasen nicht kalt. Stellenweise hatte sich Ungeziefer über die Szenerie ausgebreitet.
    Für die jungen Marines war der Anblick des ganzen zu viel. Greenberg, dem das ganze ebenfalls zusetzte, ging weiter. Wenn er einen Arktischen Sturm im Gebirge überlebte, dann sollte ihm das kaum behindern. Wohingegen die Situation etwas anders lag. Je weiter er ging desto deutlicher wurde es.
    Was auch immer hierfür verantwortlich war, es war etwas völlig unbekanntes. Er fand ein Impuls-gewehr, an dessen Abzug sich noch eine Hand befand. Dann traf er auf den ersten menschlichen Körper. Grausam, beschrieb es nicht annähernd. Da bemerkte Greenberg einen seichten Lichtschein am Ende des Ganges.

    -3-

    „Halt. Keine Bewegung. Langsam umdrehen.“
    Als sie die Personen umdrehten, blickten sie in menschliche Gesichter. Eines davon besaß bei Nadja Greenberg einen besonderen Platz. Erleichtert umarmte sie ihren Onkel. Nadja begann zu weinen.
    Man brachte sie zum Versteck der anderen Überlebenden. Was die Leute zu berichten hatten, machte einmal mehr deutlich wie wenige sie über Terra wussten. Allem Anschein nach hatte ein einzelnes Tier dieses Blutbad angerichtet. Niemand konnte sagen wie es ausgesehen hatte, da alles so schnell gegangen war.
    Von dem Zehnmann starken Forschungsteam und den Fünf Marines, die als Sicherheitsteam in allen Forschungsbasen stationiert waren, hatten Vier Forscher/Wissenschaftler und ein Marine überlebt. Alle Fünf hatten mehr oder weniger Verletzungen davon getragen. Drei waren schwerer verletzt. Die beiden Sanitäter machten sofort daran sie zu versorgen.
    Nach dem alles geklärt war, in Absprache mit der Kolonie, befahl O’Brien abzurücken. Sie hatte nicht vor noch länger vor Ort zu bleiben. Ihr war außerdem aufgefallen, das Greenberg bei denn Berichten der Überlebenden sehr gefasst war. Beinahe so als wüsste er bescheid. Was sie merkwürdig fand, schließlich soll es sich bei dem Tier um ein Raubtier ähnliches Monster gehandelt haben. Keine Gefühlregung, rein gar nichts. Die Erleichterung das Nadja überlebt hatte, war verflogen. Es steckte mehr dahinter. Da war sich O’Brien sicher. Im Augenblick musste sie das beiseite schieben. Vorrang hatte die Überlebenden sicher in die Kolonie zurückzubringen. Durch ein Gebiet, das inzwischen als unsicher galt.

    Sie waren bis in die Nacht hinein marschiert um soviel Abstand wie möglich zwischen der Basis und sich zu bringen. Wenn es nach O’Brien gegangen wäre, wäre man die gesamte Nacht hindurch marschiert. Jedoch mussten die Verletzten versorgt und sie konnten Ruhe gebrauchen. Daher schlug man ein Nachtlager auf, teilte Wachposten ein und stündlich wurde gewechselt. Ob jemand ruhig schlafen konnte, war zu bezweifeln.
    Am Morgen fanden sie ein abgerissenes Bein und eine Menge Blut, bei einem der Wachpostenplätze. Das Bein gehörte Coporal Russel Chow. Er war gerade Mal Zwanzig Jahre alt und gehörte zu den Handvoll Kindern, die mit ihren Eltern nach Alpha Centauri gelandet waren.
    Schnell wurde ihnen klar, dass dieses Monster immer noch hinter ihnen her war. Obwohl ein Motto der Marines war, das Marines keinen Kameraden zurücklassen, brachen sie die Suche nach Chow ab und machten sich auf den Weg.
    Das nächste Problem lies jedoch nicht lange auf sich warten. Die Herde der Pancho Gorillas hatte sich in dem Tal, was sie Tags zuvor passiert hatten, niedergelassen. Pancho Gorillas waren meistens dunkelbraun, kräftig, ohne Fell und weiblich. Das besondere an ihnen war ihr Sozialverhalten. Es gab das Leittier, was Tierforscher auch Alpha Tier nannten. In jeder Herde, egal wie die Verteilung zwischen männlichen und weiblichen Tieren lag, war das Alpha Tier weiblich. Meistens war sie die stärkste, kräftigste und sehr anmutig. Nur sehr selten wurde eine Herdenmutter von jemand innerhalb der Gruppe herausgefordert. Bisher hatte man stets beobachtet wie weibliche Pancho Gorillas ein Alpha Tier herausforderten. In den meisten Beobachtungen unterlag die Herausforderung.
    Männliche Gorillas hingegen wurden groß gezogen und später aus der Herde verstoßen. Nur Fremde männliche Gorillas wurden toleriert. Man ging davon aus, um die Blutlinie stets aufzufrischen. Manchmal kam es vor das die Männer gleich nach dem ersten erfolgreichen Geschlechtsakt ausgestoßen wurden. Warum dem so war, konnten die Tierforscher nur vermuten.
    Was Greenberg hingegen beobachtet hatte, war Pancho Gorillas konnten unter den Menschen die Frauen und Männer herausfiltern. Wie das vonstatten ging, wusste er nicht genau. Seine Vermutung war, dass die Gorillas die Hormone riechen und unterscheiden konnten.
    Abseits der Reviergrenze machte die Gruppe eine unfreiwillige Pause. Die Herdenmutter hatte sie die ganze Zeit über im Blick. Greenberg sah ihr direkt in die Augen, wovon einem abgeraten wurde. Keiner wandte den Blick ab. Er stand genau auf der Reviergrenze der Herde. Ein Schritt und sie würde angreifen. Eine Herdenmutter beschützte die Jungtiere. Bis in den Tod.
    Reviere von Pancho Gorillas konnten sich über viele Kilometer erschrecken. Was durch die ständige Wanderschaft bedingt war.
    O’Brien trat neben ihn. Sie sah sich die Herde an. „Was genau ist es?“, fragte sie direkt.
    Seine Augen blieben auf dem Muttertier haften. „Ein chamäleonartiges Raubtier. Es steht an der Spitze der tierischen Nahrungskette.“
    Er war diesem Monster zwar noch nie begegnet, hatte jedoch gesehen wozu es in der Lage war. Bereits vor dem Schauspiel in der Forschungsbasis. Auf dem Rückweg, von einer seiner Touren, hatte er eine tote Oxabärin entdeckt. Als er sie sich näher ansah, bekam er dieses Gefühl beobachtet zu werden. Seine Nackenhaare standen stramm. Was immer Gefahr bedeutete.
    Als er sich in Folge dessen umsah, glaubte er etwas gesehen zu haben. Was genau es war, konnte er bis heute nicht genau sagen. Doch nach dem was die Überlebenden erzählt hatten, wusste er das es sich bei seinem Ereignis um genau jenes Monster gehandelt hatte. Anscheinend verfügte es über die Fähigkeit sich unsichtbar zumachen. Für das menschliche Auge.
    Für diese Tarnung, glaubte er war ein schwache elektromagnetisches Feld verantwortlich, welches das Tier anscheinend erzeugte. Das perfekte Raubtier.
    „Es kann mit der jeweiligen Umgebung verschmelzen, unsichtbar für uns. Nur wenn es sich bewegt kann man es ausmachen.“ Genau das hatte er damals gesehen. Als es verharrte verschmolz mit der Umgebung und war faktisch unsichtbar.
    O’Brien wusste nicht was sie davon halten sollte. Zum einen war sie sauer das er ihnen das nicht vorher mitgeteilt hatte. So was behielt man einfach nicht für sich. Gleichzeitig wurde ihr bewusst das dieses Monster wohl das gefährlichste Tier für die Menschen war. Wodurch es eine Gefahr für sie wurde.
    Am Ende des Winters sollten Zwei weitere Siedlergruppen neue Siedlungen gründen. Mit dieser unbekannten Gefahrenquelle war es fraglich ob man das Risiko eingehen würde. Zumal man keinerlei Kenntnisse besaß, bezüglich Verteidigungsmaßnahmen.
    „Seit wann wissen davon?“
    „Vierzehn Monate.“, lautete seine Antwort.
    Ihr Blick war wütend. „Verflucht. Sie wussten seit einem Jahr das es so ein Vieh gibt und haben es für sich behalten.“, warf sie ihm verärgert vor.
    Sein Blick blieb was das Muttertier gerichtet.
    „Was zum Teufel ist mit ihnen los! Seit wir gelandet sind haben sie sich total zurückgezogen. Sie haben jeden Kontakt zu ihren Freunden abgebrochen. Niemand weis wieso.“
    Ihre Worte entsprachen voll und ganz der Wahrheit. Greenberg hatte nicht vor sich zu rechtfertigen. Was immer der Grund für sein Tun war, er musste damit leben. Genau das tat er jeden Tag aufs neue.

    Nach Dreißig Minuten meinte Greenberg, könnten die Frauen immer Paarweise losgehen. Nach allem was sie erfahren hatte, zögerte O’Brien verständlicherweise. Ihr Vertrauen gegenüber ihrem Mentor war angegriffen. Nichtsdestotrotz hatte sie keine andere Wahl, was ihr nicht sonderlich behagte.
    Sieben Frauen gehörten zur Gruppe. Es wurden Drei Paare je Zwei Frauen gebildet. Gunny Rinaldi ging als erste mit einer Zivilistin rüber. Kurz bevor Rinaldi startete bat er sie einen Umschlang zunehmen. Ihr war sofort klar, was das bedeutete. Auf dem Briefumschlag stand der Name seiner Nichte. Danach folgte O’Brien mit Nadja Greenberg. Nach und nach erreichten alle Paare den Hügel. Ohne nennenswerten Zwischenfall. Nun waren nur noch Private Samantha Fayed und Greenberg auf der anderen Seite des Reviers.
    „Private. Geben sie mir ihre Blendgranaten.“
    „Sir…“
    „Ich werde ihnen Rückendeckung geben. Dafür werde ich ihre Blendgranaten brauchen.“
    Ohne groß zu überlegen, was das gesagte bedeutete, gab sie ihm ihre Blendgranaten.
    „Sollte das Muttertier auch nur zucken, bleiben sie stehen und rühren sich nicht vom Fleck. Sehen sie es nicht an. Haben sie verstanden, Private?“
    „Kommen sie den nicht mit?“
    „Ich komme nach. Sobald sie drüben sind, geben sie das Captain O’Brien.“ Er reichte ihr ein kleines Kästchen.
    Sie nahm es und ging dann los, ohne zu ahnen, das er ihr nicht folgen würde. Ihre Schritte waren langsam. Das Impulsgewehr befand sich griffbereit vor ihrer Brust. Die Hände waren frei. Ihr Puls und Herz rasten. Aus den Augenwinkeln beobachtete Fayed die Herde. Sobald sie eine Bewegung entdeckte, würde sie stehen bleiben. Insgeheim hoffte sie dass das auch tatsächlich ihr Leben rettete. Sie vertraute ihr Leben lieber ihrem Impulsgewehr an.
    „Was zum Teufel…“, stieß O’Brien hervor als sie sah wie Private Fayed alleine losging.
    Greenberg blieb wie angewurzelt stehen. Das Impulsgewehr hatte er wie alle Marines vor der Brust zu sitzen. Sein Blick blieb auf das Muttertier gerichtet.
    Sie wusste nicht mehr was sie davon halten sollte. Irgendetwas war seit Alpha Centauri passiert. Es bedrückte sie das er ihr anscheinend nicht vertraute.
    Dann geschah es…

    Private Fayed fuhr der Schrecken in die Glieder. Auf einmal bewegte sich eins der Jungtiere auf sie zu. Was das Muttertier dazu veranlasste eine blitzschnelle Bewegung zumachen. Fast automatisch ging ihre linke Hand zum Impulsgewehr. Dann erinnerte sie sich an das was Greenberg gesagt hatte. Obwohl der drang das Impulsgewehr zu benutzen stärker war, blieb sie stehen und betete…

    Innerhalb von einer Sekunde sah Greenberg durch den Zielzoomer des Impulsgewehrs. Nicht Private Fayed hatte das Muttertier dazu veranlasst sich zu bewegen, sondern das Jungtier. Anscheinend war es doch neugieriger als es denn Anschein hatte. Noch bevor das Jungtier Private Fayed erreichte, war das Muttertier zwischen ihm und ihr. Sofort schreckte das Jungtier zurück. Als Zusatz bekam es einen Hieb mit der Pfote. Es jaulte, warf sich zu Boden und machte sich aus dem Staub. Kein Gorilla aus der Herde interessierte sich für den Zwischenfall.
    Das Muttertier verharrte, sah Fayed an und blickte dann zu Greenberg. Sekunden verstrichen ohne das etwas geschah. Dann begann Private Fayed weiter zugehen. Was das Muttertier scheinbar nicht zur Kenntnis nahm. Sie blickte nur Greenberg an.

    Sie konnte sich sein Verhalten einfach nicht erklären. Am liebsten wäre sie ihm gefolgt und hätte ihn verprügelt, vielleicht käme er dadurch wieder zu Besinnung. Jeder Mensch traf eine Entscheidung. Tag täglich. Welche Entscheidung auch immer er getroffen hatte, er lebte mit ihr. Sie wüsste nur gerne welche Entscheidung er getroffen hatte. Damit sie sein tun besser verstand.
    Im Moment kamen die Überlebenden an Erster Stelle. Sie in Sicherheit zubringen war ihre Aufgabe. Danach würde sie sich mit Jason Greenberg befassen. So schloss Captain O’Brien der Nachhut der Gruppe an.

    Die Dämmerung begrüßte Terra. Greenberg saß gelassen und entspannt an dem Lagerfeuer. Neben ihm auf dem Baumstamm lagen die Drei Leuchtgranaten. Links war das Impulsgewehr gegen den Stamm gelehnt. Vor seinen Füssen lag ein kleiner Stapel Feuerholz, den er vor ein Einbruch der Dämmerung gesammelt hatte. Man konnte zwischen die Baumkronen den Himmel sehen. Facetten aus helldunklen Blautönen, sowie violette Streifen wechselten sich beim Sonnenuntergang ab. Nach und nach kamen die Sterne zum Vorschein.
    Sein Blick kehrte in das Lagerfeuer zurück. Er kehrte in Gedanken auf die Erde zurück. Sah das Häuschen seiner Eltern, indem bereits ihre Großeltern gelebt hatten. Zwischen ihm und seinem Bruder hatte es nie eine feste brüderliche Bindung gegeben. Wenn man ihn rumschubste, ging Jason dazwischen. Ansonsten waren sie einfach zu verschieden. Selbst die alljährlichen Ausflüge mit ihrem Vater änderten daran nichts.
    Jason Greenberg, ein Sportler, durchschnittlicher Schüler, mit einem sportlich veranlagten Freundeskreis. Sie waren ständig unterwegs. Ihr Vater musste ihn das eine oder mal aus der U-Haft holen.
    Calvin Greenberg hingegen war ein ganz anderer Typ. Einer der besten Schüler. Zeit seines Lebens. Statt mit auf Partys oder in Clubs zugehen, steckte er seine Nase in Bücher. Dementsprechend setzte sich sein Freundeskreis zusammen. Mit ihm hatten seine Eltern selten Probleme.
    Unterschiedlicher konnten Brüder kaum sein. Nach einem mittelmäßigen Abschluss am College, trat Jason beim Vereinten Space Marine Corps ein. Entweder das Corps oder die Uni. Da fiel ihm die Entscheidung leicht.
    Unterdessen machte Calvin seinen Abschluss mit Eins und konnte sich die Unis aussuchen. Er studierte Interstellare Raumfahrttechnik und Antriebstechnologie. Die Uni schloss er als Bester seines Jahrgangs ab. Danach konnte er sich die Jobs aussuchen.
    Jason verpflichtete sich nach der Grundausbildung beim Corps. Verzichtete damit auf jenen Teil des Lebens den Calvin kennen lernte.
    Sein Bruder lernte eine hübsche Frau kennen, heiratete sie und zeugte ein Kind. Er sorgte für seine Familie.
    Als Erwachsende wurde ihr Verhältnis nicht besser. Wofür es jedoch einige Gelegenheiten gegeben hatte. Weder Jason noch Calvin ergriffen sie. Als ihre Eltern starben war die Kluft zu groß zwischen ihnen geworden. Zweimal verbrachte Jason Weihnachten und Sylvester bei seinem Bruder und dessen Familie. Initiator war Calvins Frau. Danach herrschte eiserne Funkstille. Bis Nadja sich freiwillig für die Alpha Centauri Mission meldete. Sein Besuch kurz vor seinem Abflug nach Alpha Centauri taute das Verhältnis für kurze Zeit auf.
    Während Jason Greenberg so nachdachte, nahm er scheinbar abwesend eine der Leuchtgranaten, betätigte den Auslöser und warf sie nach hinten. Fünf Sekunden später detonierte die Granate und machte die Umgebung für Fünfzehn Sekunden zum Tage.
    Nadja war alles was ihm von seiner Familie übrig geblieben war. Sie war die einzig die regelmäßigen Kontakt zu ihm hatte. Er hatte eine Verantwortung übernommen, die sein Bruder längst eingegangen war. Jason hegte nie die Absicht eine Familie zugründen. Dafür fand er sich noch nicht bereit.
    Die zweite Granate erhellte die Umgebung…
    Durch seine Nichte wusste Jason was in der Kolonie vor sich ging. Sie besuchte ihn so oft sie konnte. Daher wusste Nadja auch von Sandoval. Sie redeten über alles mögliche, bloß nicht über die Vergangenheit.
    Granate Drei detonierte…
    Als die Nacht wieder Herr der Umgebung war, beendete Greenberg seine gedanklichen Aktivitäten. Ihm mochte es zwar vergönnt bleiben eine eigene Familie zuhaben, dafür würde er alles tun um Nadja eine sicherer Zukunft zu hinterlassen. Er genoss die eingekehrte Stille im Wald. Was eigentlich untypisch war. Jene Menschen die im Wald campten wussten das. Im Wald gab es in Nacht eigentlich keine Stille. Außer es drohte Gefahr von etwas das jeder fürchtete. Er nahm das Impulsgewehr, stand auf und verließ das Lagerfeuer.
    Keine Minute war vergangen als eine getarnte Silhouette am Lagerfeuer vorbei ging und ihm folgte.

    -4-

    O’Brien war stinksauer. Zum einen deswegen weil sie zu langsam waren, und zum anderen wegen ihrem Mentor. Trotz der aufgetretenen Gefühle, die wohl immer in ihr geschlummert hatten, konnte sie sein Verhalten nicht gutheißen. Er wusste mehr als er ihnen gesagt hatte. Sein zurückbleiben sollte ihnen die nötige Zeit verschaffen um die Kolonie zu erreichen. Ihr ehemaliger Befehlshaber lenkte das Monster auf seine Fährte. Auch wenn er sich dessen nicht bewusst war, spielte er noch immer eine große Rolle in der Kolonie. Für viele war er ein Held, eine Ikone und irgendwann sicherlich eine Legende. Immerhin besaß er immer noch eine Aufgabe und Pflichten gegenüber der Kolonie. Was er nicht einzusehen schien. Wenn er wollte könnte er Gouverneurin Vega jeder Zeit entmachten ohne das jemand es wagen würde etwas dagegen zu unternehmen. Nicht das O’Brien sich so was wünschte.
    Andererseits konnte Greenberg mehr Einsatz zeigen. Sie alle mussten mit dem geschehenen auf Alpha Centauri leben. Alles was sie wussten sprach für einen Angriff der Aliens auf die Erde. Eine Rückkehr zur Erde hätte sie demnach ins verderben geführt. Darum war es die logische Wahl sich eine neue Heimat, weit weg von Alpha Centauri zusuchen.
    Sie hatten ein Nachtlager auf einer Anhöhe aufgeschlagen. Bis zur Kolonie dauerte es einen Tag. Man konnte jedoch eine Pause vertragen. Vielleicht konnte man sie morgen aus der Luft evakuieren, falls die Evakuierung der Forschungsstation auf dem Quanti Berg beendet war. Ein gewaltiges Unwetter zog in Richtung des Berges. Als Sicherheitsmaßnahme hatte man die Evakuierung des Personals angeordnet.
    Sie sah über die vor ihr liegende Landschaft. Irgendwie erinnerte sie eine Gebiete an die Erde. Die Umgebung, fand O’Brien, ähnelte Neuseeland. Wo sie geboren und aufgewachsen war. Wie wohl jeder der Kolonisten überkam sie an manchen Tagen Heimweh.
    Ein fernes Grollen ertönte. Sie bemerkte einen grellweißen Blitz im südlichen Waldgebiet. Ein Schreck fuhr ihr in die Glieder. Ihr war sofort klar was ganze zu bedeuten hatte. Gunny Rinaldi trat neben sie. In das südliche Waldgebiet, das hinter der Reviergrenze der Pancho Gorillas lag, hatte sich Greenberg zurückgezogen. So heroisch sein Tun auch sein mochte, sie konnte und wollte es nicht tolerieren. Er war ihr einfach zu wichtig. Diese Erkenntnis überraschte O’Brien längst nicht mehr.

    Das Monster war ein Raubtier. Es war der Löwe von Terra. Sie jagten, bekamen Nachwuchs, beschützten diesen und lebten seit Jahrhunderten auf dem Planeten über den alleine sie herrschten. Für diese Raubtiere, oder Monster, gab es keine natürlichen Feinde.
    Sie verfügten über kein Langzeitgedächtnis. Trotz allem trauerten sie über ihre Lebenspartner oder den Nachwuchs. Ihre Erinnerung daran verblasste. Wie bei Raubtieren üblich herrschte der Instinkt für das töten vor. Das Töten sicherte ihr Überleben.
    Sie wussten zwar nicht woher diese Zweibeinigen Wesen hergekommen waren, doch das interessierte sie auch nicht. Vor allem nicht wenn man die Spitze an der heimischen Nahrungskette war. Dennoch besaß jedes Raubtier eine Schwäche. Das Töten.
    Der grelle Blitz, welcher aus dem ovalen Gegenstand gekommen war, beeinträchtigte das Tier noch immer. Es hatte die Fährte ihrer Beute verloren. Da Tiere keinen Zeitfaktor kannten, wusste es nicht wie lange es inzwischen suchte. Das einzige was ihm bewusst wurde war, dass das keine gewöhnliche Jagd war. Diese Beute verhielt sich anders, wie jene in dem Gebäude.
    Angezogen von den hellen Lichtern bei der Dämmerung, hatte es die Beute verfolgt. Eigentlich hätte es seine Beute längst angegriffen und getötet, doch diesmal wollte das Monster die Fähigkeiten der Zweibeiner testen. Sie waren ganz anders wie die restliche Beute.
    Von dem Zweibeiner fehlte jedenfalls jede Spur…

    Die Sonne war noch nicht aufgegangen, da hatte die Gruppe aus Zivilisten und Marines das Nachtlager verlassen. Seit der Morgendämmerung waren sie unterwegs. Kaum einer hatte richtig schlafen können. Bei jedem Geräusch erschraken sie. Jeder rechnete mit einem Angriff des Monsters.
    Als der Luftlandetransporter startete, war die Sonne seit Drei Stunden aufgegangen. An Bord des Luft-vehikels befanden sich die Marines.

    In dem südlichen Waldgebiet, was sich teilweise nach Westen und Osten ausbreitete, gab es ein Tausend Quadratmeter großes Feuchtgebiet. Der sumpfartige Boden, so die Planetenforscher, war sehr reich an Mineralien und Erzkristallen. Ein Abbau, mit anschließendem Trennungsprozess, lohnte sich nach ihrer Einschätzung nicht.
    Von all dem besaß das Monster keine Ahnung. Es lief auf dem festen Boden, entlang des Sumpfes. Dadurch konnte man ihre Silhouetten erkennen. Als es stehen blieb, um mit ihren Jagdfähigkeiten ihre Beute aufzuspüren, verschmolzen die schemenhaften Silhouetten nicht mit der Umgebung.
    Das musste eine Folge der Blitzgranate sein, welche direkt vor ihr detoniert war. Es ließ seinen Blick über das Sumpfgebiet schweifen. Ohne dass das Tier es merkte, wurden ein Paar Augenglieder geöffnet. Die grünbraunen Augen sahen zu der Silhouette. Das Tier blickte in eine andere Richtung.
    Greenberg hob vorsichtig das Impulsgewehr, so das der Lauf knapp herausschaute. Da er in dem Sumpf lag, war es nicht gerade einfach. Den automatischen Zielerfassungston hatte er ausgeschaltet. Der Ton hätte ihn schließlich verraten können. Greenberg wartete, dann feuerte er Zwei kinetische Energiebolzen ab.
    Der erste Schuss verfehlte sein Ziel und schlug in einen Baumstumpf ein. Schuss Nummer Zwei traf das Monster in die rechte Seite. Ein Furcht einflößendes Fauchen ertönte. Der Treffer bewirkte ein aufflackern des Energiefeldes, welches das Tier tarnte. Die Tarnung brach zusammen und das Monster erschien in seiner wahren Gestalt.
    Es war an die Zweimeter groß. Eine kräftige Statur. Mit einem Schildkröten ähnlichen Rückenpanzer. Zwei Beine und Arme. Sechs scharfe bogenförmige lange Krallen, an die Drei Zentimeter lang. Wie der Mensch ging es auf Zwei Beinen. Der Kopf war wohl das hässlichste am ganzen Tier.
    Sein Mund war mittelgroß. An den flanken besaß es Vier Zentimeter nach außen gebogene Spitzknochen. Das Gebiss bestand aus scharfkantigen Zähnen. Die Augen, Nase und Ohren waren dort wo sie auch beim Menschen zu finden waren. Mit ihren funkelnden Organen Augen schweifte der Blick des Raubtieres über das Sumpfgebiet.
    Jeden Augenblick rechnete er damit das es ihn angriff, aus dem Schlamm zog und in der Luft zerfetzte. Nichts von all dem geschah. Was ihn nachdenklich machte, nicht unbedingt förderlich in seiner Situation.
    Plötzlich raschelte es. Das Monster drehte sich in die entsprechende Richtung. Wie aus dem Nichts tauchte eine Oxabärin auf. Sie hatte die selben körperlichen Vorraussetzungen wie das Monster. Obwohl es an der Spitze stand, griff die Bärin an.
    Greenberg wusste kurzzeitig nicht was er tun sollte. Dann erhob er sich aus dem Matsch. Da tauchte eine zweite Oxabärin auf. Sie hielt jedoch direkt auf ihn zu…

    Kaum hatte O’Brien den Luftlandetransporter verlassen, trat Rinaldi ihr gegenüber.
    „Ma’am. Bitte um die Erlaubnis Colonel Greenberg zu evakuieren.“
    Sie sah zu der Gruppe Zivilisten. Man versorgte sie medizinisch und therapeutisch. Chief Hijka Forsell, der Polizeichef der Kolonie Neue Hoffnung, befragte mit seinen beiden Assistenten die Überlebenden. Wie die Gouverneursgarde setzte sich die Polizei aus ehemaligen Marines zusammen. Auch wenn es Zurzeit nur Sieben Polizisten gab, würde sich die Zahl durch die neuen Siedlungen und das wachsen der Kolonie die Zahl stetig vergrößern.
    Nach der Grundausbildung bei den Marines, stand es jedem frei sich weiter zu verpflichten, zur Polizei oder der Gouverneursgarde zugehen, bzw. Reservist zu werden.
    Da erschien die Gouverneurin. Sie ging direkt zu Forsell, der seine Befragung an einen Assistenten weitergab. Während der Unterhaltung sah Vega zu O’Brien. Forsell musste ihr gesagt haben, das Greenberg nicht unter den Ankömmlingen war.
    Genau deshalb wollte Rinaldi zurück. Marines ließen niemanden zurück. Geschweige den Zivilisten. Ein weiteres Motto der Marines. Auf einmal sah O’Brien etwas, was ihr vorher nicht aufgefallen war. Es öffnete eine bisher verschlossene Tür.

    Mit der Zündung der zweiten und letzen Blitzgranate hatte er sich sein Leben gerettet. Ein Kampf mit einer Oxabärin war ohne entsprechende Hilfsmittel nicht zu gewinnen. Das Impulsgewehr besaß nur noch Schrottwert. Zwar der Schlamm eine kühlende Wirkung auf seine Waffe, dummerweise verstopfte es jedoch die Mikroporen am Gehäuse, welche eine Überhitzung verhinderten. Deshalb war die Blitzgranate sein einziger Ausweg. Jetzt stand er jedoch vor einem anderen Problem.
    Da schrillte der Bioscanner Alarm, welchen er sofort unterdrückte. Er horchte in den Wald hinein, fühlte sich an die Waldindianer im Amazonas erinnert. Ihm blieb nicht viel Zeit. Die vorherrschende Stille bedeutete Gefahr…

    Das Monster besaß wie jedes Raubtier entsprechende Fähigkeiten um seine Beute aufzuspüren. Es gab die unterschiedlichsten Fähigkeiten zu diesem Zweck der Jagd. Riech-, Hör- oder Tastfähigkeiten. Andere setzten Schallwellen ein.
    Der Löwe von Terra hatte ein ausgeprägtes Wärmesinnesorgan. Jedes Lebewesen strahlte Wärme ab wenn es sich bewegte. Auf dem Boden des Waldes waren Blutflecken, die noch Wärme abstrahlten. Sobald das nicht mehr der Fall war, griff das Monster auf sein gutes Riechorgan zurück. Erkaltetest Blut konnte es riechen. In der Terranischen Tierwelt besaßen manche Tiere weitaus bessere Riechorgane.
    Es folgte der Blutspur durch das Unterholz, bis sie aufhörte. Das Monster blieb stehen. Blutende Beute verschwand nicht einfach so, so weit reichte das Gedächtnis. Riechen konnte es die verletzte Beute auch nicht. Ein frustrierendes Grunzen ertönte. Dennoch gab es nicht auf. Diese Beute unterschied von allen anderen, welche es getötet hatte. Falls Tiere keinen Ergeiz hatten, entwickelte dieses Raubtier gerade welches.

    Natürlich hatte Greenberg Angst. Erst recht als das Vieh direkt neben ihm auftauchte. Seine Wunde hatte er mit Sumpfmatsch überzogen. Das Risiko einer möglichen Infektion, nahm er gerne in Kauf. Ihm wurde klar, dass er eine Entscheidung zutreffen hatte.
    Als einzige Waffe war ihm ein Kampfmesser geblieben, dass mit zur Standardausrüstung der Marines gehörte. Wofür er irgendwie dankbar war. Seine Chancen standen schlecht, mies drückte es wohl besser aus. Das Monster hatte die eine Oxabärin ohne ernsthafte Schwierigkeiten getötet und die andere schwer verletzt. Ohne sich über die Maßen angestrengt zuhaben.
    Ihm blieb keine andere Wahl. Mut hatte nichts damit zutun. Alleine sein Überlebenswille verleitete ihn zu seinem tun. Vorsichtig, beinahe in Zeitlupe, zog Greenberg das Kampfmesser aus der Scheide. Danach gefror seine Bewegung kurzzeitig. Er merkte wie das Adrenalin anfing zukochen. Sein Kopf war leer von Gedanken. Das hier und jetzt schrumpfte zu einem Stecknadelkopf zusammen.
    Ohne das er es wirklich bewusst steuerte, stürzte er sich auf das Monster, rammte ihm das Messer bis zum Griff zwischen Hals und Schulter. Wieder ertönte das Fauchen, gemischt mit einem schmerzverzerrten Schrei. Bei dem einem der Schreck in die Glieder fuhr.
    Das Raubtier reagierte schneller als Greenberg vermutete hatte. Es schlug seine rechten Handkrallen schlug es ihm über die linkes Seite in den gepanzerten Kampfanzug. Was Greenberg aufschreien ließ. Dann packte es ihn und schleuderte ihn nahezu Vierzig Meter weit weg.
    Der Moos bewachsene und leicht matschige Boden, federten seinen Aufprall ein wenig ab. Als Greenberg jedoch landete, brach er sich das rechte Handgelenk und erlitt Drei Rippenprellungen. Den Schmerz registrierte er gar nicht. Benommen drehte er sich auf den Rücken. Das Moos war voller Blut. Seinem Blut.
    Das Messer steckte noch immer in dem Monster. Was es nicht zu beeinträchtigen schien. In dem Gesicht des Raubtieres lag die reinste Mordlust. Das war längst keine Jagd mehr. An diesem Tier war etwas anders. Greenberg konnte es nicht genau Spezifizieren.
    Früher dachte er immer in einer großen Schlacht neben seinen Kameraden zu sterben. Stattdessen starb er alleine, auf einem unbekannten Planeten. Eine Folge seiner Entscheidungen. Früher hätte es ihn erschüttert wie ihm egal das war.
    Sein Henker befand sich genau über ihm und brüllte ihn animalisch an. Der Mundgeruch war brutal. Auf seinem Gesicht erschien ein grinsen, obgleich das Tier wohl nicht wusste was damit auf sich hatte. Es holte zum finalen Todesstoß aus. Der Tod hatte die halbe Stecke zurückgelegt, als Greenberg einen Schatten bemerkte.

    Der Schatten warf das Monster zu Boden. Es handelte sich bei dem Schatten um die Herdenmutter der Panchogorillas. Was Greenberg vollkommenen Überraschte. Das Monster kam schnell wieder auf die Beine. Es fauchte die Gorilladame bedrohlich an. Was diese kalt ließ.
    Sie johlte tief, aber nicht weniger bedrohlich. Wie aus dem Nichts tauchte aus dem Unterholz die gesamte Herde der Panchogorillas auf. Sie bildeten einen Ring um das Monster. Unbeeindruckte fletschte es die Zähne und brüllte seine Mordlust heraus.
    Das Monster machte nur einen einzigen Schritt auf Greenberg zu, da fielen die Gorillas allesamt über es her. Wild um sich schlagend hieb der Löwe von Terra mit den Krallen auf die Angreifer ein. Gegen eine ganze ausgewachsener Gorillas war es chancenlos.
    Sie schlugen mit ihren Armen auf das Monster ein, das nicht aufgab. Sein Brüllen ging schließlich in ein gurgeln über, bis es völlig erstarb. Ein Laut der Gorillamutter ließ die Gruppe inne halten.
    Ein tiefes dröhnen über ihnen ertönte. Was einige der Tiere aufschreckte. Andere sahen wie Greenberg nach oben. Über den Baumkronen schwebte gut sichtbar einer der Lufttransporter. Das er sich mal so über diese Blechbüchse freute, war ihm bisher vergönnt geblieben.
    Sein Blick kehrte zu der Gorilladame zurück. Sie sah ihn ebenfalls an. Dann machte er kehrt und die restlichen Gorillas folgten ihr. Da tauchte Gunny Rinaldi mit ihrer Einheit auf. Der Sanitäter sah sich sofort seine Wunde an.
    Er sah noch einige Augenblick der verschwundenen Gorillas hinterher. Zwei Marines näherten sich dem Toten Monster. Es war regelrecht zermanscht worden. Möglicherweise war der Angriff der Beginn einer Revolution im Tierreich von Terra. Wahrscheinlich bildete er sich das auch ein. Der Sanitäter hatte ihm wohl hartes Zeug verabreicht.
    Ohne das Greenberg etwas dagegen unternehmen konnte, wurde er auf einmal sehr müde. Kaum lag er auf der Trage, schlief er auch schon.
    Epilog

    Gouverneurin Vega sah von dem Bericht auf, der als Streng Geheim eingestuft war. Ihr gegenüber saß eine Frau in ihrem Alter. Sie hieß Marusha Lin und war eine angesehene Tierbiologin auf der Erde gewesen. Die Dozentin an der Universität in Singapur hatte sich freiwillig für das Alpha Centauri Projekt eingeschrieben. Gehörte jedoch erst zur zweiten Gruppe Kolonisten.
    Der Bericht beinhaltete die Untersuchungsergebnisse der Obduktion des Monsters, oder was die Pancho Gorillas übrig gelassen hatten.
    „Sind sie sich sicher?“, fragte Vega noch mal nach.
    „Bei dem Skelett handelte es sich eindeutig um ein Jungtier. Der Kadaver ist eindeutig ein erwachsendes Exemplar.“, antwortete Lin fachlich kühl.
    Nur wenige Leute wussten von dem Skelett, das bei Probeentnahmen nahe der Forschungsbasis Beta III gefunden wurde. Durch die Probeentnahmen war das Forschungsteam von Beta III auf ein Höhlensystem gestoßen, in dem ein Skelett gefunden wurde. Als Vega einen vorläufigen Bericht von der Untersuchung des Fundstücks erhielt, erklärte sie es als Streng geheim.
    Wie sich inzwischen rausgestellt hatte, handelte es sich bei dem Höhlensystem um eine Art Nest. Jetzt hatten sie wenigstens Gewissheit.
    Beide Tiere waren von der selben Art. Daher konnte man durchaus davon ausgehen das sich die Population nicht auf die beiden beschränkte.
    Vega bedankte sich bei ihr. Man musste sie nicht wegen der Geheimhaltung ermahnen. Ein mehr als Beunruhigens Schweigen trat ein. Sie erhob sich aus ihrem Sessel. Was oder wer auch immer diese Lebewesen waren, sie stellten eine ernste Bedrohung für die Menschen da. Die Sicherheit der Kolonie und der kommenden Generationen war wichtiger als alles andere.
    Darum hatte sie etwas angeordnet, was ihr früher wohl nie in den Sinn gekommen wäre. Nicht nur Jason Greenberg hatte mit seinen Entscheidungen zukämpfen. Beide trafen die Entscheidungen aus ein und demselben Grund, das sichern des Überlebens der Menschheit. Nur gingen sie unterschiedlich damit um.
    Vega kehrte an ihren Schreibtisch zurück. Sie durfte es einfach nicht zulassen, das irgendeine Raubtierart des Planeten die Menschen auf die Liste der bedrohten Arten setzte. Die Jagd war eröffnet…

    Ende
    © Alexander Döbber
Lädt...
X