Alpha Centauri
(Part II)
***
Der Raumfrachter Neuss II passierte das Ende vom Wurmloch Sol - Alpha Centauri, ritt auf einer der (fachlich nicht ganz korrekten) Übergangswelle, die jedes Wurmloch beim Öffnen ausstieß, in den Normalraum zurück. An Bord der Neuss II befanden sich statt der geplanten Neunzig Menschen lediglich Sechzig. Ein Problem bei einer der Kälteschlafsektionen hatte die Weltraumagentur veranlasst die Passagierliste zusammen zustreichen. Eine Reparatur hätte den Start auf voraussichtlich Neun Wochen verzögert. Da kein Risiko für die anderen Sektionen bestand, beschloss man die Passagierzahl zu verringern. Außer den Sechzig, sich im Kälteschlaf befindlichen, Menschen waren Ausrüstung, Baumaterial, Versorgungsgüter, medizinische Geräte und Medikamente sowie ein weitere Satellit an Bord.
Der Computer vom Raumfrachter folgte seiner Programmierung und setzte die Reise wie festgelegt fort. Jede Stunde checkte ein Unterprogramm die Sektionssysteme, überprüfte die Überwachungssysteme der Kälteschlafkammern und fand keinerlei Fehler.
Fünfzehn Stunden lang verlief der Flug reibungslos. Plötzlich bebte der Raumfrachter ohne ersichtlichen Grund. Die Vibrationen wuchsen. Eine Stromkonverterleitung platzte. Die Stromversorgung für Deck 17 brach daraufhin zusammen. Der Raumfrachter driftete von der Flugroute. Die Leistung eines der Schubtriebwerke nahm auf ab.
Mit den einströmenden Problemen war der Hochleistungscomputer keinesfalls überfordert. Innerhalb von Millisekunden reagierten die zuständigen Programme. Die Stromversorgung für Deck 17 wurde durch die Notleitungen wiederhergestellt. Die schwindende Leistung vom Schubtriebwerk wurde auf die beiden anderen Triebwerke verteilt. Eine simple Kurskorrektur hätte den Raumfrachter wieder auf Kurs gebracht. Die Sensoren stellten eine erhöhte Konzentration von Ionenpartikeln fest. Um weiteren Schäden vorzubeugen, setzte das Steuerungsprogramm einen neuen Ausweichkurs. Was die Reisezeit auf Eine Stunde erhöhte. Bis dahin gab es für den Computer keinen Grund die Wachinitialisierung für das ent-sprechende Fachpersonal an Bord zu starten.
Als der Raumfrachter in den sogenannten Zehn Stunden Radius um Alpha Centauri Prime kam, startete der Computer das Funkorientierungsprogramm, welches zur Landung auf dem Planeten genutzt wurde. Das Programm suchte in Zusammenarbeit mit den Sensoren im Orbit von Alpha Centauri nach dem Satelliten, der ein Stand-bye Signal ausstrahlen sollte. Anschließend würde sich der Computer in das Leitsystem des Satelliten loggen und durch die Bodenstation alle notwendigen Daten erhalten.
Die Sensoren entdeckten nach mehrmaligem Abtasten kein Stand-bye Signal vom Satelliten. Somit startete die vorgesehene Ausweichprogrammierung. Nun suchten die Sensoren auf dem Planeten nach der Signalabstrahlung der Bodenstation. Dafür verwendete der Computer die Positionsangabe der Bodenstation, die sich in seinem Speicher befand. Der Computer konnte keine Signalabstrahlung feststellen, woran sich auch nach mehrmaligen Versuchen nichts änderte.
Für diesen Fall sah die Programmierung der Systemdatei vor, die Pilotencrew an Bord zu wecken. Da eine automatische Vorstufe der Landung nicht möglich war. So initialisierte der Computer den Wachmodus bei Vier Kälteschlafkammern. Sollten sich die Menschen mit dem Problem herumschlagen. Der Computer hatte alles getan, wozu er programmiert wurde. Eine manuelle Landung enthielt die Programmierung nicht.
***
Auf eine solche Situation wurde die Pilotencrew geschult. Im Trainingszentrum der Welt-raumagentur trainierte man solche Szenarien. In der Theorie und Praxis. Für die Praxis wurde der Prototyp der Neuss Raumfrachterserie benutzt. Als Landezone diente neben der weiten Landschaft Arizonas (USA) auch die Sahara Wüste. Für die Raumflüge der Raumfrachter wurden nur die Besten der Besten genommen. Die Tests waren schwer, selbst für einige der Besten Piloten weltweit. Nach den Tests gab es sogenannte Leistungsstichproben. Zwei davon durften unter Vier liegen. Wer zum Dritten Mal eine Stichprobe mit Vier abschloss, musste gehen. Dabei spielte es keine Rolle ob man der Pilot, Co-Pilot, Technischer Offizier oder der Controller war. Es traf nicht den einzelnen sondern die ganze Crew. Bei einem einzelnen Neuzugang mussten die Abläufe neu trainiert werden, die Crew musste sich neu formieren. Das nahm viel Zeit in Anspruch. Und genau die Zeit wollte man einsparen.
In den letzten Vier Schulungsjährgängen traf es bisher Eine Crew. Die Crews besaßen eine enorme Leistungsdichte und trugen untereinander sogar Wettbewerbe aus. Was bei der Aus-wahl keinerlei Bedeutung hatte. Es zählten lediglich die Leistungsberichte und Abschluss-protokolle der Übungssitzungen.
Das Entscheidungskomitee hatte sich für den dritten Raumflug für die Crew um Lieutenant Sigmar Cech entschieden. Alle Angehörigen die an den Raumflugschulungen der Weltraum-agentur teilnahmen gehörten dem Air Command der Erdstreitkräfte an.
Im Moment hielt sich Lieutenant Cech in einer der Kälteschlafsektionen auf. Zwei Stunden lang hatten seine Crew und er probiert, was möglich war. Ihnen war es nicht gelungen Funk-kontakt mit dem Satelliten oder der Bodenstation herzustellen. Zu allem Überfluss war das zweite Schubtriebwerk nicht in der Lage mehr als Zweiundzwanzig Prozent Schubleistung zu liefern. Für die Landung an sich stellte das kein Problem dar, da beim Eintritt in die Atmosphäre die Steuertriebwerke benutzt wurden. Sie fanden für den Ausfall keine Er-klärung. Die Schadenkontrollprogramme zeigten keinerlei Schäden an. Eine Vermutung war das die Ionenpartikel möglicherweise die magnetische Schutzummantelung der Triebwerks-gondel deporalisiert hat. Bisher konnten sie keine entsprechenden Anzeichen ausmachen.
Dem Protokoll nach musste in solchen Fällen der Ranghöchste Offizier eines Raumfluges geweckt werden. In diesem Fall war es Captain Jason Greenberg, vom Erd Marine Corp. Zischend schob sich die Kälteschlafkapsel wenige Zentimeter aus der senkrechten Kammer und ging in die waggerechte Position. Dann wurde der Wachmodus initialisiert. Dreißig Sekunden später hob sich der gläserne Deckel der Kapsel. Ein blasser Mann, Anfang Dreißig, geschlossene Augen und in der dunkelgrünen Uniform vom Erd Marine Corp kam zum Vorschein.
Auf dem Biodisplay am Kopf der Kapsel sah man wie die Standardwerte langsam anstiegen. Die blasse Haut bekam nach und nach Farbe. Der Controller seiner Crew spritzte dem Captain einen Wachbeschleunigungscocktail. Dadurch wurde die ganze Wachprozedur beschleunigt. Nachteil waren die Kopfschmerzen, wie bei einem Kater.
Langsam öffnete Jason Greenberg die Augen. Anfangs sah er alles verschwommen. Das Seh-zentrum und die Sehnerven reaktivierten sich innerhalb von wenigen Sekunden. Angeblich sei die Einfrierung, wie Jason es nannte, ungefährlich. Eingefroren zu sein wie ein Stück Fleisch, gefiel ihm überhaupt nicht. Daher war er gar nicht begeistert als ihm der Generalstabschef mitteilte das seine Einheit für den nächsten Raumflug nach Alpha Centauri vorgesehen war. Ändern konnte er es nicht, also fand er sich damit ab wie ein Stück Fleisch eingefroren und später wieder aufgetaut zu werden. Eine andere Wahl blieb ihm ja nicht.
Nach Dreißig Sekunden saß Jason auf der Kapselliege. Die Kopfschmerzen vertrieben die vorherrschende Mattheit. Seine Glieder fühlten sich so schwer wie Blei an. Richtig bewegen konnte er sich nicht. Noch nicht.
„Sir. Wir haben ein Problem.“
So was hörte man gerne, wenn man gerade aufgetaut wurde, Millionen von Kilometer von Zuhause entfernt war und auf einem angeblichen hochmodernen Raumfrachter der durchs Weltall flog. „Die Kurzfassung, Lieutenant.“, bat Jason und massierte sich die Schläfen.
Cech gab seinem Befehlshaber die Kurzfassung. Der Computer hatte weder ein Signal vom Satelliten noch von der Bodenstation empfangen. Zudem sei der Pott in eine Ionenpartikel Wolke geflogen, wodurch eine Stromkonverterleitung geplatzt war und kurzfristig die Strom-versorgung für Deck 17 zusammenbrach. Über eine Notleitung wurde die Stromversorgung wieder hergestellt. Hinzu kam ein Leistungsabfall beim zweiten Schubtriebwerk. Dessen Ursache sich nicht feststellen ließ. Hinzu kam dass es ihnen nicht gelungen war Kontakt zum Satelliten und/oder der Bodenstation herzustellen. Eine manuell gesteuerte Landung schien unausweichlich.
Jason nahm Fünf Aspirintabletten, um Herr über den Kater zu werden. Bei keiner seiner jugendlichen Sauftouren hatte er einen solchen Kater gehabt. Scheiß Wachcocktail.
„Das wird wie Urlaub, Captain.“, hatte der Generalstabschef zu ihm gesagt. Schöner Urlaub. Schade das man keine Rückerstattung beantragen konnte. „Wie lange bis zur Landung?“, fragte Jason düster. Am liebsten würde er Cech aus der Luftschleuse werfen. Das Problem war, die Vorschrift besagte das bei jedem Raumflug Zwei Piloten an Bord sein mussten.
„Zwei Stunden.“
„Wecken sie Ramirez und seine Squad. Wie weit sind sie mit den Vorbereitungen?“
„Da wir keinerlei Kontakt mir der Kolonie haben, werden wir einen der Ausweichlande-plätze nehmen. Wir haben Drei zur Auswahl. Unser Favorit ist Landeplatz A.“ Cech zeigte ihm über eine der Terminalstationen die Ausweichlandeplätze. Landeplatz A lag in einem Canyon, der vor Millionen Jahren durch ein Erdbeben entstanden sein soll. B befand sich in einem erloschenen Vulkankrater. C war ein ausgetrocknetes Flussbett.
Aus militärischer Sicht war C vollkommen ungeeignet. Offenes Gelände keine Deckung zum errichten eines Verteidigungsgürtels. B hatte jene Voraussetzung, doch einmal eingekesselt würde es schwer werden die Hänge zurückzuerobern. Zudem konnte man sie bei B & C durch die Luft leichter entdecken. Durch den Canyon war das nahezu unmöglich. Desweiteren ließ sich A leichter verteidigen, da sie mehrere Verteidigungsposten errichten konnten. A erschien die einzig brauchbare Wahl.
„Einverstanden, Lieutenant.“
Cech schaltete den Bildschirm vom Terminal aus, aktivierte den Funkkanal zur Brücke und teilte seinem Co-Piloten mit das sie Landeplatz A nehmen würden. Flugtechnisch gesehen war A die schwerere Variante. Sie hatten eine geeignete Stelle im Canyon ausgemacht.
Während der Controller die Squad von Ramirez weckte, ging Jason sich Duschen. Vielleicht vertrieb eine kalte Dusche den Kater und die Mattheit aus seinem Körper.
***
Der Raumfrachter flog unter Kontrolle der Pilotencrew in den Orbit des Planeten. Bis dahin war noch alles in Ordnung. Sie hatten sich mit allen Steuerelementen vertraut gemacht, sie angepasst und kleine Kalibrierungen vorgenommen. Auf einem der kleinen LCD Bildschirme sah man die eingegebene Flugroute, welche die Crew errechnet hatte. Die Steuerung war auf Halbautomatik geschaltet.
Gerade als der Raumfrachter die obere Atmosphärenschicht erreichte, bebte der Koloss ohne jede Vorwarnung. Sie hörten, wie etwas den Rumpf traf. Erst einzeln, dann mehrere. Dann blinkte eine der Alarmlichter auf. Der Rumpf war durchschlagen worden, was einen Hüllen-riss zur Folge hatte. Betroffen war lediglich eins der unteren Lagerdecks. Bei den Passagier-decks gab es keinen Alarm.
„Verdammt, was ist das?“, wollte Gunny Juan Ramirez wissen. Er und seine Squad saßen angeschnallt auf ihren Sitzen, hatten Kopfschmerzen und waren über die Lage informiert.
Cech hatte keine Ahnung. Anscheinend waren sie durch ein Asteroidenfeld geflogen. Die Radarsensoren waren durch die Ionenpartikel wohl stärker beeinträchtigt worden, als gedacht. Andernfalls hätte sie das Asteroidenfeld entdecken müssen.
„Bitte bringen sie ihre Sitzlehnen in eine aufrechte Position und ziehen ihren Sicherheitsgurt fest.“, erwiderte Cech trocken und gab einige Einstellungen in den Steuercomputer ein.
Das Warnlicht erlosch, als ein Kraftfeld den Hüllenriss verschloss. Kurz darauf trat der Raumfrachter in die untere Atmosphärenschicht ein. Ein brutaler Ruck ging durch das Raum-schiff. Wie bei einem Erdbeben wurde der Raumfrachter durchgeschüttelt.
Lieutenant Cech hatte alle Händevoll zutun, das Steuerrad mittig zuhalten. Auf dem Horizontdisplay sah man wie der Zeiger zitterte. Die Stabilisatoren und Kompensatoren er-reichten langsam aber sicher ihren Maximalwert. Da mussten sie durch.
Der Bildschirm zeigte ihnen die Landschaft von Alpha Centauri. Schneebedeckte Berge. Grüne Täler. Weiße und sandfarbene Steppen und Wüsten. Flüsse und Seen. Von oben sah der Planet wie die Erde aus. Für die Landschaft hatten Cech und seine Crew im Moment keinen Blick. Ihnen lag mehr daran heil auf dem Planeten anzukommen, statt einen Krater in der Landschaft zurückzulassen.
Vor dem Eintritt in die obere Atmosphärenschicht hatte der Technische Offizier, Oberst Junior Rita Halmich, den Satelliten an Bord der Neuss II rausgeworfen. Da kein Satellit im Orbit von Alpha Centauri zu seien, schien, hatte man entschieden den mitgeführten Satelliten während des Landeanflugs auszusetzen. Wie sie feststellte, nahm der Satellit seine programmierte Orbitposition ein und schaltete sich auf Stand-bye. Wodurch eine geringe Signalsignatur ausgestrahlt wurde. Zudem lud der Satellit seine Brennstoffzellen durch seine Solarpanelle. In Drei Stunden war der Satellit einsatzfähig.
Der Einritt in die untere Atmosphärenschicht wurde durch einen erneuten Ruck, wie bei einem Aufprall von Zwei Verkehrsvehikeln, angekündigt. Man konnte sich vorstellen was die Robodummys bei den Crashtests erleiden mussten, entfernt zumindest.
Langsam begann die Temperatur anzusteigen. Der Hitzeschild schien zu funktionieren. Sie erhielten zumindest keine Schadensmeldung. Das Klimaausgleichsystem war Schrott. Bereits nach wenigen Minuten gab es seinen Geist auf. Wodurch die Hitze auf der Brücke anstieg.
Wie im Schneckentempo kam die Landschaft näher. Der Raumfrachter wurde wie ein Cock-tail durchgeschüttelt. Das der Kahn nicht auseinanderbrach war beachtlich. Anscheinend war der Pott moderner als Jason gedacht hatte. Eine subtropische Hitze breitete sich aus und trieb jedem die Schweißperlen ins Gesicht.
Irgendwann fiel der Zeiger für die Außentemperatur. Sie hatten die untere Atmosphären-schicht durchflogen. Das ruckeln, beben und schütteln nahm ab. So das man keine Angst be-kommen musste das der Raumfrachter auseinanderbrach.
Cech steuerte das Raumschiff sanft auf den Canyon zu, der langsam zum Vorschein kam und im Sichtbereich zu seiner vollen Größe anwuchs. Anfangs sah der Kraterspalt winzig aus. Inzwischen hatte er an Größe zugenommen, wirkte auf Jason immer noch zu klein um einen Raumfrachter dort zulanden.
An einer Stelle ging der Spalt weiter auseinander. Cech brachte den Megatonnen Frachter in die Schwebeposition, stellte die Schubdüsen in Position und langsam begann sich das Gefährt zusenken. Die Kraterwände erschienen im Sichtbereich. Ein kleiner Ruck ging durch das Raumschiff.
„Ups.“, kommentierte Cech den Ruck. Sie hatten einen der Vorsprünge wegrasiert.
Sein Co-Pilot ließ die Landestelzen ausfahren. Die Zahl am Höhenmesser wurde Zweistellig, Einstellig und die Landestelzen gruben sich schließlich in den Boden. Mit einem breiten Grinsen drehte sich Cech zu den anderen. „Danke das sie uns gebucht haben. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Wir haben angenehme 22 Grad. Beehren sie uns bald wieder.“
„Darf ich ihn erschießen?“, fragte Ramirez seinem Vorgesetzten. Er sah etwas blass aus. Der jüngste seiner Squad, ein Private, übergab sich.
„Später vielleicht, Gunny.“, meinte Jason und erhob sich aus dem Sessel.
***
Nach dem die nähere Umgebung gesichert wurde, begann man, damit die Zivilisten und letzten Marines zuwecken. Cech und seine Crew sahen sich von außen die Schäden am Raum-frachter an. Stellenweise war das Raumschiff regelgerecht durchlöchert worden. Das ent-sprechende Deck war zum Glück inaktiv, daher spielten die Schäden keinerlei Rolle. Die sichergestellten Fragmente ließen nur einen Schluss zu. Von Asteroiden stammten sie jeden-falls nicht.
Sie bekamen zudem keinen Funkkontakt, oder Signal rein. Das fehlen war nicht weiter tragisch, da Funkausfälle durchaus vorkamen. Mit der bisherigen Erkenntnis fügte sich ein weiteres Puzzelteil zusammen. Was Jason gar nicht gefiel.
„First Sergeant Hart.“
„Ja, Sir.“, antwortete ein etwas untersetzter Mann mit einem grauen Haaransatz.
„Nehmen sie sich ein paar Leute und erkunden die Umgebung.“, befahl er seinem First Sergeant. „Ramirez.“
Der Gunny trat näher. „Captain.“
„Ich will Drei Verteidigungspunkte zu beiden Seiten um den Pott.“ Jason sah die Canyon Wände hinauf. An einer hohen Stelle gab es einen kleinen Vorsprung, den Cech stehen ge-lassen hatte. „Schaffen sie es ein Funkscanner dort zu installieren?“
Ramirez sah sich die Stelle an. Der Gunny war ein leidenschaftlicher Bergsteiger und hatte auf der Erde und dem Mond so manchen Berghang bezwungen. In den meisten Fällen ohne irgendwelche Hilfsmittel. Was ihm einigen Ärger mit der Aufsichtsbehörde einbrachte. Warum er sich keinen Deut scherte.
Er sah Jason mit seinem typischen ausdruckslosen Gesicht an. Die Züge wirkten hart wie Kruppstall. Erst einmal hatte Jason den Gunny ansatzweise lächeln sehen, als sie ein Simulationsgefecht gegen General Hamit gewannen. Dabei waren sie Fünf zu Eins unter-legen, waren schlecht ausgerüstet und hatten keinerlei Unterstützungstruppen zu Verfügung.
„Ein Kinderspiel.“, beurteilte er die Aufgabe. Jason nickte und Ramirez begann mit den Vorbereitungen.
Nur wenige Minuten später instruierte Ramirez Zwei Marines. Ein Geologe aus dem Wissen-schaftsteam meldete sich bei ihm, da er ebenfalls Bergsteiger war. Zusammen bereiteten sie ihren Aufstieg vor.
Zwei Stunden später waren sie soweit und begannen mit dem klettern. Sie trugen Teile des Funkscanners auf dem Rücken. Diesmal verzichtete Ramirez nicht auf die entsprechenden Hilfsmittel.
Die Inspektion von Cech und seiner Crew am Raumfrachter brachte keine guten Nachrichten. Anscheinend war die Antriebssektion stärker in Mitleidenschaft gezogen worden als vermutet. Wie das 2. und mittlere Schubtriebwerk beschädigt wurde, konnten sie nicht sagen. Ohne voll funktionsfähige Schubtriebwerke blieb der Raumfrachter am Boden. Genau das lag nach bis-herigem Kenntnisstand nicht in Frage.
Zusammen mit Technikern und Ingenieuren aus der Dritten Kolonistengruppe versuchte man die Schäden genauer einzuschätzen und sie zu beseitigen. Rein theoretisch gesehen war man darin in der Lage aufweisende Schäden zu beseitigen.
Ramirez erreichte mit dem Geologen den Vorsprung und begannen nach einer kurzen Ver-schnaufpause den Funkscanner zusammenzubauen und betriebsbereit zumachen. Danach be-gannen sie mit dem Abstieg. Sie hatten den Boden gerade erreicht, als Hart mit seinem Späh-trupp zurückkehrte. In einem Umkreis von mehreren Kilometern keinerlei Lebenszeichen. Es wurden an den Canyon Zugängen Bewegungssensoren installiert und Detektoren aufgestellt.
Da die Dämmerung in wenigen Stunden einsetzte, beschloss Jason alle weiteren Aktivitäten auf die sichere Zone zu beschränken. Man begann ein Baugerüst am Heck aufzubauen. Oben auf dem Raumfrachter gab es nämlich Einstiegsluken zu den jeweiligen Schubtriebwerken. Vielleicht konnte man herausfinden was mit dem mittleren Schubtriebwerk nicht stimmte. Mit den restlichen Reparaturarbeiten wurde bereits begonnen. So wurde der Schweizer Käse in der Hülle, der Hüllenriss selbst und der Hitzeschild repariert. Zudem wurden im inneren die Leitungsschächte überprüft. Das Kühlungsaggregat für den Reaktorblock wurde gecheckt. Eine Menge Arbeit stand an. Was die Leute davon ablenkte, über die Situation nachzudenken und möglicherweise in Panik zugeraten.
***
Zusammen mit Drei Squads, a Fünf Marines, brach Jason am Morgen des Ersten Tages auf um der Kolonie einen Besuch abzustatten. Sie lag ungefähr Zwei Stunden vom Canyon ent-fernt.
Die Landschaft sah wie Zuhause aus, fand Jason. Zusammen mit seinem Bruder war er im Norden Kanadas aufgewachsen. Ihr Vater war Politiker, schaffte es einen Sitz im Erdparlament zuerhalten. Sie hatten keine besonders gute Beziehung zueinander. Sein Ent-schluss das College zu verlassen und sich Freiwillig bei den Marines zumelden, verursachte einen großen Streit. Als sein Vater letztlich verstarb, befand sich Jason in einem Manöver auf dem Mond.
Zu seinem Bruder hatte er ebenfalls kein gutes Verhältnis. Kurz vor der Abreise bat Calvin ihn auf seine Tochter aufzupassen. Sie gehörte den Mitgliedern auf Alpha Centauri an. Katja Greenberg war seine Nichte.
Die Täler und seichten Hügel waren mit kniehohen Gras bewachsen, dass stellenweise zwischen Grün und Braun wechselte. Ihre Panzerrüstung hatten sie dem Gelände angepasst, wodurch die Marines mit dem Gelände verschmolzen. Es wehte ein laues Lüftchen. Was einem sofort auffiel, waren die fehlenden Tiere, vor allem die Vögel. Kein einziges Tiergeräusch war zuhören. Lediglich der Wind und das Rascheln der Baumkronen nahmen sie wahr.
Die Kolonie lag in einem Tal, das einst ein See gewesen war. Darauf wiesen Bodenproben der Geologen hin, die eine Studie zur Kolonisierung des Planeten verfassten und Sechs Monate lang auf dem Planeten lebten. Nach ihrer Rückkehr dauerte es weitere Vier Monate, bis man sich entschloss, den Planeten zu kolonisieren. Es war eins der zukunftsträchtigsten Projekte der Menschen.
Sie kamen von Osten her zur Kolonie. Damit würden die Marines über den einzig noch ver-bliebenen Uferhang kommen. Was ihnen eine erhöhte Sichtweite über die Kolonie gab. Jason hatte extra einen Bogen gemacht um von Osten her zukommen. Eine erhöhte Position war taktisch gesehen die bessere Variante als sich vom offenen Gelände her der Kolonie zu nähern.
Coporal Forsell, ein Marine aus der Vorhut, kam zu ihnen. Wegen der Funkstille mussten die Späher ihre läuferischen Fähigkeiten unter beweis stellen. „Das sollten sie sich ansehen, Sir.“, meinte die junge Frau mit finnischen Wurzeln. Ihr war anzusehen das etwas nicht stimmte. Hinter dem Hang lag die Kolonie.
Zusammen mit First Lieutenant O’Brien, seiner Stellvertreterin, Gunny Ramirez und Forsell gingen sie den Hang hinauf, robbten zu der Position der beiden Marines der Dreier Vorhut und sahen von der erhöhten Stelle über das Talbecken hinweg.
Seine Befürchtung hatte sich bewahrheitet. Er schloss kurz die Augen. Neben ihm zog Lubow O’Brien die Luft ein. Juan Ramirez brummte vor sich hin. Von der Kolonie, dem Zu-kunftsprojekt der Menschen, war nicht viel übrig geblieben. Man sah deutliche Anzeichen eines Angriffs. Ausgebrannte Container. Trümmer lagen verstreut. In einigen Containern klafften Löcher, die nur von Geschossen oder Raketen stammen konnten. Russspuren an den Außenwänden deuteten auf ein Bodenangriff hin.
„Dort, Sir. Vier Uhr.“, meinte Private Unez Sanchez mit trockener Stimme.
Jason nahm den Feldstecher und sah an der angegebenen Position einige Holzkreuze stehen. Einige Spuren deuteten auf einen Luftangriff hin. Wer auch immer die Kolonie angegriffen hatte, verfügte über Lufteinheiten.
„Sir.“, flüsterte O’Brien.
Jason setzte den Feldstecher kurz ab und sah wie aus Elf Uhr ein Bodenfahrzeug zusammen mit Sieben Fremden die Außengrenze der Kolonie erreichten. Das Bodenfahrzeug ähnelte einem Schwebepanzer. Die Fremden trugen einen Schutzanzug komplett in mattem Schwarz. Ebenso der Schwebepanzer. Sie trugen einen Piloten ähnlichen Helm. Der Anzug schien sie keineswegs zu beeinträchtigen.
Eine Patrouille. Weitere Fragen ergaben sich. Sie konnten mit Sicherheit sagen das die Fremden über Lufteinheiten verfügten. Die Einheit schien zur Leichten Kategorie zugehören. Zur Klärung der Lage schickte man in der Regel eine Lufteinheit über das Zielgebiet. Andererseits hatte das Radar im Orbit kein Mutterschiff ausgemacht. Ihre Landung auf Alpha Centauri konnte nicht unbemerkt geblieben sein. Dennoch blieben die Fremden inaktiv. Darauf konnte es natürlich mehrere Erklärungen geben und im Moment wäre es müßig darüber nachzudenken.
Die Fremden schätzten die Lage als wenig bedrohlich ein. Eine Patrouille deutete auch daraufhin, das einige Menschen überlebt hatten und sich einen Guerillakrieg mit den Fremden lieferten.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Jason eine Bewegung. Er sah in die Richtung. Eine Gruppe aus Fünf Marines huschte unbemerkt in einen Graben, von dem man aus die Patrouille unter Beschuss nehmen konnte. Jason zoomte die Menschen heran. Er hatte ihre Personalakte ge-lesen. Darin enthalten war ein Foto. Sie waren sich Zweimal begegnet, hatten nie ein Wort miteinander gewechselt.
„Sir.“
„Ich hab sie gesehen. Forsell. Schicken sie die Spec Jungs zu mir. Sagen sie Nikolos er, soll mit seiner Squad nach Rechts in Stellung gehen. Ramirez. Geh mit deiner Squad nach Links.“, befahl Jason ohne den Feldstecher abzusetzen.
Forsell und Ramirez robbten vom Kamm und gingen nach unten. Dort schickte Coporal Forsell die Spec Squad zu Greenberg. Die Special (Abk.: Spec) Squad bestand aus Zwei Scharfschützen und einem Raketenschützen, plus dessen Munitionshelfer.
Die beiden Scharfschützen gingen augenblicklich in Stellung. Der Raketenschütze legte seinen armlangen Raketenwerfer an, sah durchs Zielfernrohr und bestätigte das anvisierte Ziel. Eine Funkaufnahme mit ihren Kameraden im Graben kam nicht in Frage. Dadurch konnten sie das Überraschungsmoment verlieren und auf sich aufmerksam machen. Sie mussten ihre Anwesenheit solange verschleiern wie möglich. Daraus ergab sich ein Taktischer Vorteil, der nicht leichtfertig verspielt werden durfte.
„Kamarov. Haben sie ihre Münze dabei?“, fragte Jason einen der Scharfschützen.
Private Sergej Kamarov sah weiter durch dass Zielvisier seiner Waffe. „Ich hab sie immer bei mir, Sir.“
„Leihen sie sie mir mal aus.“, bat er nicht wirklich. Im Dienst wurde niemand um etwas gebeten. Schon gar nicht von einem vorgesetzten Offizier.
Kamarov reichte seine Münze an O’Brien, sie lag neben ihm. Es handelte sich um eine Gold-münze mit der Prägung eines alten Kreuzers, der russischen Marine. Sein Vater hatte die Münze an ihn weitergegeben. Sergejs Urgroßvater hatte an Bord des Schiffes gedient. Sie war ein Glückspringer.
O’Brien reichte die Münze an Jason weiter. Er legte den Feldstecher ab. Sein Funkstöpsel vibrierte kurz. Nach wenigen Sekunden wieder. Das war das Zeichen. Die Squads befanden sich in Position. Jason hantierte mit der Münze herum. Zum Glück schien die Sonne. Dummerweise schoben sich Wolkenfetzen dazwischen. Kurz darauf schien die Sonne wieder und er unternahm einen weiteren Versuch.
Durch die Reflektion der Sonne auf die Münze versuchte er der Gruppe ihre Position und Anwesenheit mitzuteilen, ohne dass der Feind darauf aufmerksam wurde. Die Gruppe ging gerade in Stellung und wollte ihren Angriff starten, als er Captain Angela Josephine mit Hilfe der Münze blenden konnte. Sie sah in ihre Richtung.
Das Morsen wurde zwar als Steinzeitmethode angesehen, wurde den Rekruten in der Grund-ausbildung weiterhin beigebracht. Sein Können im Morsen war recht dürftig. Kurz nach ihm benutzte Josephine dieselbe Methode. Gut.
Jason gab die Münze an Kamarov zurück. Nahm sein Gewehr, lud das Magazin durch und legte an. „Ich will einen sauberen Treffer sehen, Levy.“
Coporal Levy war der Raketenschütze. Mit dem Satz erhielt er die Freigabe. Levy schaltete auf automatische Zielerfassung. Sekunden später ertönte in seinem Ohrstöpsel ein Piepen. Ohne zu zögern, feuerte er den Raketenwerfer ab. Die unterarmlange Rakete schoss zischend aus dem Rohr, zündete den Booster und traf das Ziel punktgenau. In diesem Moment hatten die Scharfschützen bereits Zwei Fremde getötet. Der Panzer explodierte, kippte zur Seite und bohrte sich in den Boden. Dabei wurde einer der Fremden zerquetscht. Ein weitere wurde durch die Explosion gegen eine Containerwand geschleudert und lag unnatürlich verrenkt auf dem Boden. Die Explosion war für die anderen das Zeichen. Sie eröffneten sofort das Feuer. Innerhalb von Zehn Sekunden war auch schon alles vorbei.
Ramirez und seine Squad sicherten die Kampfzone, überprüften die Toten Fremden, ob sie auch wirklich Tod waren. Nikolos und die Spec Squad sicherten sie ab.
Kurz darauf kamen Josephine und ihre Leute aus der Deckung. „Schön sie zusehen, Captain.“, sagte sie hörbar froh und erleichtert.
***
Sie gingen gemeinsam an einer seichten Stelle über den Zufluss vom Hauptfluss, und hinter der Uferböschung blieben sie unbemerkt. Anscheinend überquerten die Fremden den Fluss nicht. Selbst an der seichten Stelle nicht. Jedenfalls hatte Josephine keinen Fremden gesehen, der das tat.
„Vor Sechs Tagen wurden wir mitten in der Nacht angegriffen. Erst aus der Luft und wenige Stunden später, als wir die letzten Kolonisten evakuieren wollten, mit Bodentruppen sowie Panzerfahrzeugen. Danach haben sie sich zurückgezogen und kaum noch Interesse an uns gezeigt. Sie schicken regelmäßig Patrouillen in die Gegend. Anfangs mit Luftunterstützung. Seit Zwei Tagen haben wir keine Lufteinheit mehr gesehen. Ebenso bei den Panzer-fahrzeugen, bis auf eben. Sie scheinen ihr Truppenaufgebot zurückgefahren zuhaben.“, sagte Josephine und nahm ein Schluck vom angebotenen Wasser. „In der ersten Nacht haben sie die Kolonie praktisch auf den Kopf gestellt. Es ist uns gelungen den Hauptspeicher zulöschen, bevor wir uns zurückziehen mussten.“ Sie schwieg kurz. „Wir haben dann einige Störangriffe durchgeführt. Am Morgen hatten sie sich aus der Kolonie zurückgezogen. Seit dem schicken sie Patrouillen aus.“
Jason blickte kurz zu O’Brien. Seine Stellvertreterin war zum selben Schluss gekommen wie er. Wenn die Fremden in der Angriffsnacht mehr Einheiten einsetzten und ihre Aufkommen wieder zurückfuhren, konnte das nur eins bedeuten. Entweder sie sahen in den Menschen keine ernsthafte Gefahr mehr, oder sie hatten wieder eingepackt. Was einiges erklärte. Ein schrecklicher Gedanke kam Jason.
„Sind sie sicher das der Hauptspeicher gelöscht wurde?“; fragte O’Brien nach. Josephine nickte. An ihrem Gesicht konnte man erkennen das sie sich diese Gedanken ebenfalls ge-macht hatte.
„Auf unserem Flug hierher sind wir auf Reste von Ionenpartikeln gestoßen.“, erklärte Jason. Die Miene von Hauptmann Josephine wurde ausdruckslos. Ionenpartikel wurden beim öffnen von Wurmlöchern hinaus katapultiert.
„Wir haben mit einer Kaskade den Hauptspeicher gegrillt. Alle Daten wurden irreparabel zerstört oder beschädigt. Die sensiblen Daten haben wir zuvor mit Datenmüll überschrieben und dann mit einem Virus zerstören lassen. Der Virus hat dann die Kaskade ausgelöst.“ Zweifelsohne war das eine radikale Anwendung der Datenspeichervernichtung. Sie blieb auf keinen Datenblock unwirksam. Wie wirksam es gewesen war, ließ sich nur auf eine Art fest-stellen. Dafür mussten sie in die Kolonie zurück.
„Nikolos.“ Der Grieche kam zu ihm. „Ich will ein Auge auf die Kolonie haben. Falls unsere neuen Freund ihre Leute suchen.“ Nikolos nickte und ging mit seiner Squad los eine Video-überwachung installieren. Josephine gab ihm Zwei ihrer Marines mit, damit die Squad nach der Installation zum Alpha Stützpunkt fand. Zusammen mit den anderen gingen sie schon vor.
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Immer wieder schlugen sie hacken und kontrollierten, ob die Fremden ihnen folgten. Sie er-reichten den Höhleneingang, wo ein getarnter Bunkerposten stand. Nach einer kurzen Pause in der Höhle ging es weiter. Der Alpha Stützpunkt stellte für die Menschen ein Rückzugsort dar. Bei der Planung ging es eher darum, die Menschen bei einem Unwetter oder einer Natur-katastrophe in Sicherheit zubringen. Inoffiziell, beim Militär, wurde der Alpha Stützpunkt als Militärbasis bei einem Angriff vorgesehen.
Die Menschen sahen zu den Marines. In einigen Gesichtern sah man Hoffnung und Glück. Auf den Ersten Blick schienen die Menschen keinerlei Probleme zuhaben. Eine Wasserauf-bereitungsanlage versorgte die Überlebenden mit Wasser. Ein Garten für Obst und Gemüse. Die Notrationen sorgten für die weitere Verpflegung.
Eine Frau kam auf sie zu. Jason wusste, wer sie war, die Gouverneurin der Alpha Centauri Kolonie. „Captain Greenberg. Gouverneurin Catherine Vega. Ich bin froh sie zusehen. Ich hätte mir bessere Umstände gewünscht.“
„Gouverneurin Vega. First Lieutenant O ‘Brien. Gunny Ramirez und Sergeant Nikolos.“ Stellte Jason die anderen vor. „Wir haben einiges zu besprechen, Gouverneurin.“
Catherine nickte. Sie war zum einen froh das die Marines hier waren. Andererseits musste das zwangsläufig bedeuten das die Erde nichts von dem wusste was hier geschehen war. Dann waren die anderen Kolonisten ebenfalls auf Alpha Centauri.
Die Gruppe zog sich in die Unterkunft, ein gewöhnliches Zelt mit Kevlar verstärkt, zurück. Vega bot ihnen was zu trinken und essen an, doch die Marines lehnten ab. Sie erzählte dem Captain und seinen Marines, was geschehen war. Als er ihr sagte das die Dritte Gruppe auf dem Planeten war, und keine Division der Marines, stand fest das die Erde nichts von den Geschehnissen wusste. Er berichtete ihr auch von den Ionenpartikeln, welche beim Flug nach Alpha Centauri den Raumfrachter getroffen hatten. Selbst ein Laie war in der Lage Eins und Eins zusammenzuzählen.
Nachdem Catherine die Möglichkeit verdaut hatte, dass die Fremden möglicherweise ins Sol System gereist sind, musste man überlegen, wie es weiter ging. Vorrangig musste festgestellt werden, ob die Fremden den Standort der Erde erfahren hatten, und wie man die Erde informieren konnte. Zumindest für den letzten Punkt hatte Jason eine Lösung. Der neue Satellit im Orbit verfügte über eine neue Kommunikationstechnologie für Langstrecken. Sie konnten per Hyperraumfunk ein Signal an die Relaisstation in der nahe des Wurmlochs und dem Marsorbit weiter über den Mond zur Erde schicken. So war eine Kommunikation mit Sieben Stunden Verzögerung möglich. Einziges Problem an der Sache war, man musste die Antenne kalibrieren. Das wiederum sollte über die Bodenstation geschehen. Beim Angriff war sie schwer beschädigt worden. Eine andere Wahl gab es nicht.
„Sir. Ein weiterer Trupp unser Freunde ist in der Kolonie eingetroffen.“, meldete ein Private aus Nikolos Squad.
Anscheinend hatten die Fremden ihre Patrouille vermisst und nach ihr Suchen lassen. Da Josephine mit ihren Marines einen Guerillakrieg führte, war die Situation für die Fremden keine neue. Bisher deutete alles daraufhin, dass die Fremden keine Ahnung von der An-wesenheit von Captain Greenberg und seinen Leuten hatten. Richtig eingesetzt konnte ihnen dieser kleine Vorteil sehr nützlich werden.
„Wie viele?“, fragte Nikolos.
„Zwei Teams a Fünf Mann. Außerdem gehen Zwei Panzer in Stellung. Im Norden und Südwesten. Die Bodentruppen durchkämen die Kolonie.“
***
Stunden nach dem Einmarsch der Fremden in die zerstörte Menschkolonie machten sie keine Anstalten sie wieder zuverlassen. Allem Anschein nach beabsichtigte der Kommandeur einen vorgeschobenen Verteidigungsposten errichten zu wollen. Ein drittes Team a Fünf Mann traf in der Kolonie ein. Somit befand sich je ein Team im Osten, Süden und Westen. Ein Panzer war im Norden stationiert. Panzer Nummer Zwei war in die Mitte verlegt worden.
Der Angriffplan war recht einfach gestrickt. Erst wurden die Panzer zerstört. Dafür waren die beiden Spec Squads zuständig. Die Squads von Sergeant Nikolos sollte das Ostteam an-greifen, mit Unterstützung von Captain Josephines Leuten. Gunny Ramirez Squad griff das Westteam an. Ihn unterstützte First Lieutenant O’Brien. Jason würde zusammen mit der Squad von Master Sergeant Rio Rinaldi zur Bodenstation vordringen. Damit das funktionierte, musste das Südteam der Fremden von seiner Position abgezogen werden. Sie konnten nicht riskieren das die Fremden herausfanden welchen Plan sie vollzogen.
Die Sonne erreichte ihren höchsten Punkt am Himmel. Alle waren in Stellung und bereit den Fremden zuzeigen, aus welchem Holz Menschen geschnitzt sind. Jason betätigte zweimal Kommunikator. Alle hatten ihn auf Vibration gestellt. Zweimal hieß sie waren in Stellung. Er sah die Frauen und Männer von Rinaldis Squad an. In jedem Gesicht sah man ein Spur der Furcht vor dem Unbekannten. Genau das wollten sie ändern.
Jason drückte ein weiteres Mal seinen Kommunikator, das Startsignal für den Angriff. Die folgenden Sekunden bis zur ersten Explosion zogen sich hin. Es schien eine Ewigkeit zu-dauern bis einer der Panzer von der Panzerabwehrrakete der Spec Squads getroffen wurde. Die Wucht der Explosion brachte den Boden zum beben. Unmittelbar danach setzte das zirpen der Tiger B3c Energiegewehre ein. Das Tatwerkzeug eines Marine. Indessen Händen wurde das Gewehr, aus einer Chrom-Vanadiumstahl Legierung, zur tödlichen Waffe.
Der Kampf tobte keine Minute, als eine zweite Explosion ertönte. Panzer Nummer Zwei war zerstört. Ein zufriedenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Phase Eins lief nach Plan. Das Zirpen und Fauchen der Energiewaffen gewann wieder die Oberhand. Detonationen von Granaten ließen den Boden der Kolonie erzittern.
Der Kommunikator vibrierte. Einmal. Pause. Zweimal. Pause. Einmal. Phase Eins war ab-geschlossen. Die Fremden hatten das Südteam abgezogen. Genau wie von den Menschen be-absichtigt. Nun war es an ihnen, Phase Zwei zu einem erfolgreichen Ende zubringen.
Jason atmete tief ein. Sein Puls war kaum gestiegen. In seinem Kopf herrschte kein lautes Wirrwarr an Gedanken oder Stimmen. Als Kommandeur musste man im Kampf die Ruhe bewahren. Furcht zuhaben war keine Schande. Im Gegenteil, es half sich aufs wesentliche zu konzentrieren. In ihrem Fall war es, herauszufinden ob die Fremden die Position der Erde aus dem Datensystem der Bodenstation gesaugt hatten. Niemand wollte sich vorstellen wenn die Antwort ja lautete.
Jason atmete flach aus. Ein kurzes nicken zu Master Sergeant Rinaldi und Phase Zwei be-gann. Sie hatten sich in einem Graben positioniert. Die Marines sprangen auf, die Tiger B3c im Anschlag und den Finger auf dem Abzug und liefen in einer gesicherten Rautenformation zum ersten Wohncontainer. Eine Böe trieb den Geruch von Ozon zu ihnen herüber. Vollkommen unbeeindruckt gingen sie an der Wand entlang, sicherten sich in alle Richtungen ab und spähten um die Ecke. Die Bodenstation lag auf einem kleinen Hügel, der die Be-zeichnung keineswegs verdiente, 150 Meter von ihrer Position aus entfernt. Dazwischen lagen Wohncontainer, ein ausgebranntes Gewächshaus und das Gerippe einer Baumaschine. Die Fremden konzentrierten sich auf die Ablenkungsgefechte der Marines. Mit Sicherheit war die Basis der Fremden von dem Angriff informiert worden. Vielleicht war Verstärkung auf dem Weg. Ihnen blieb nicht viel Zeit. Daher vergeudeten sie keine Sekunde.
Per Handzeichen wurde das weitere Vorgehen abgesprochen. Die Marines marschierten los, sicherten sich in alle Richtungen ab. Zügig erreichten sie die Anhöhe, auf der die Boden-station errichtet worden war. Zusammen mit Jason betraten Coporal Rudolf Heinz und Private Michelle Tallin die Bodenstation.
Im Dach klaffte ein riesiges Loch. Überall lagen Teile der Konstruktion. Die Bodenstation war in Drei Räume unterteilt. Raum Eins war eine Aufenthaltsnische mit zwei Betten für die Mitarbeiter. Raum Zwei war die Schaltzentrale für den Satelliten. Raum Drei beherbergte die Rechnerkapazitäten und benötigten Systemkomponenten der Antennenanlage.
Private Tallin war die Technikerin in Jasons Kommandostab. Sie begann sofort mit der Arbeit den Computer hochzufahren. Dabei sah es für Jason so aus, als sei das Wunderwerk der Technik nur als Briefbeschwerer zu gebrauchen. Coporal Heinz hatte Posten an der Ein-gangstür bezogen und beobachtete von ihrer erhöhten Position das tobende Gefecht.
Jason ließ Tallin alleine und verschaffte sich einen Überblick über die Kolonie. Die Fremden hatten beachtliche Arbeit geleistet. Sicherlich war es keine Leistung mit Luftunterstützung eine sich im Aufbau befindliche Kolonie platt zumachen. In gewisserweise war es Ver-schwendung von Ressourcen. Die Kolonie konnte man ohne Zweifel wieder aufbauen. Es würde nur Zeit brauchen und der Einsatz von Unmengen Material. Man bräuchte sicherlich genauso lange für den Wiederaufbau, wie beim Erstaufbau. Soweit Jason sah konnte der eine oder andere Wohncontainer zusammengeflickt werden. Die getöteten Menschen zuersetzen war da schwieriger. Zumal sie immer noch nicht wussten ob die Fremden die Position der Erde gefunden hatten. Etwas anderes kam ihm in den Sinn. Die Fremden hatten keine Ge-fangenen gemacht. Die Zahl der getöteten und der lebenden im Alpha Stützpunkt stimmte mit der Gesamtzahl der Kolonisten überein. Wenn man einen fremden Außenposten angriff, fielen einem automatisch bei einer Bodenoffensive Verletzte oder Verteidigende in die Hände. Captain Josephines Bericht nach, hatten die Fremden die Verletzten einfach ignoriert. Wer sich verteidigte wurde erschossen. Erst jetzt wurde im bewusst wie seltsam dieses Verhalten war.
„Sir.“, rief Tallin.
Jason klopfte dem Coporal auf die Schulter und ging zu Private Tallin. Der Bildschirm flackerte. Auf ihrem Gesicht lag ein zuversichtliches Grinsen.
„Verdammt gute Arbeit, Private.“, lobte er die junge Frau.
„Da ist doch eine Beförderung drin?“, fragte Tallin erleichtert ihrem typischen lächeln. Jason lachte. Sie könnte eine verdammt gute Offizierin werden. Der aufkommende Anflug von Trauer wurde unter den Armeestiefel zermalmt.
Die Technikexpertin, mit einem Abschluss in Technikwissenschaften der Armstrong Technik Hochschule auf dem Mond, stellte den Bildschirm aufrecht ihn, hob die Infrarottastatur vom Boden auf und befreite das Touchfeld vom Geröll. Ihre Finger flogen über die Tastatur, gab unzählige Kommandos ein und begutachtete die Werte auf dem Bildschirm. Das Panel hatte einen quer verlaufenen Riss.
„Captain Josephines Leute haben ganze Arbeit geleistet.“
„Schaffen sie es?“, fragte Jason knapp.
Die blonde Frau sah ihn mit ihren meerblauen Augen an. „Sich ins System von General Hamit einzuklinken war ein Kinderspiel, Sir.“
Er glaubte ihr zwar nicht, aber das machte keinen Unterschied. Sie würde es versuchen. Wenn es jemanden gelang den Schrotthaufen wieder zum laufen zubringen, dann vertraute Jason ganz auf ihren Fähigkeiten.
„An die Arbeit Soldat.“
Tallin machte sich wie befohlen an die Arbeit. Sie holte einen USB-Stick hervor. Zusammen mit einem Techniker im Alpha Stützpunkt hatte sie ein Bootprogramm geschrieben um die zerstörten Startdateien wiederherzustellen. Dann installierte sie das Kontrollprogramm über den Satelliten. Als letztes musste die Antenne kalibriert werden. Sollte das nicht möglich sein, konnte sie das Mobile Kontrollpanel benutzen um mit dem Satelliten zu kommunizieren. An die richtige Schnittstelle angeschlossen, kleine Konfigurationsänderungen und schon war auch das Problem überwunden.
„Sir.“, rief Coporal Heinz.
Jason ging zu ihm. Durch das Zielvisier am Tiger B3c sah er wie ein Verstärkungsteam der Fremden von Süden her eintraf. Sie kamen genau auf sie zu. Sekunden vergingen als Rinaldi mit ihren Leuten die Verstärkung unter Feuer nahm. Unterstützt wurden sie dabei von den Scharfschützen, die ihnen den Rücken frei halten sollten.
Heinz legte sein Gewehr an. Jason drückte den Lauf herunter. „Ein Schuss, Coporal, und sie wissen das wir hier sind.“ Scharmröte stieg dem Coporal ins Gesicht. „Rinaldi und ihre Squad schaffen das schon.“, versicherte er dem Coporal und klopfte ihm auf die Schulter. Er an seiner Stelle hätte das gleiche tun wollen. Tatenlos rumsitzen während die Kameraden kämpfen war nicht sein Ding. Manchmal war tatenlos sein wichtiger als sich ins Kampfge-tümmel zustürzen. „Sehen sie mal, ob Private Forsell eine helfende Hand braucht.“ Heinz verschwand und ließ seinen Befehlshaber alleine zurück. Das Gefecht nahm an stärke zu. Die Fremden kämpften verbissen um jeden Zentimeter. Inzwischen musste dem Befehlshaber klar geworden sein, dass die Angreifer zahlenmäßig stärker waren als vermutet. Falls nicht, ver-diente es der Mann oder die Frau, falls es bei den Fremden einen Geschlechtsunterschied gab, die Soldaten anzuführen.
Als erstes musste Gunny Ramirez seine Stellung aufgegeben und seine Squad woanders neu formieren. Darauf folgte Sergeant Nikolos mit seiner Squad. Die Unterstützungsgruppe von Captain Josephine und First Lieutenant O’Brien teilte sich auf, um beide Squads bei Rückzug Rückendeckung zugeben. Einige Minuten später musste auch Gunny Rinaldi mit ihrer Squad die Stellung aufgegeben. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit.
Jason bemerkte eine Bewegung am Südrand der Kolonie. Ein Fahrzeug hielt außerhalb der Koloniegrenze. Es hatte entfernte Ähnlichkeit mit einem Militärjeep aus dem 20. & 21. Jahr-hundert. Die Form sah grotesk deformiert aus. Auf Ästhetik legten die Fremden jedenfalls keinen Wert, soviel stand fest.
Aus dem Fahrzeug stiegen Drei Fremde. An sich unterschieden sie sich nicht von denen die in der Kolonie kämpften. Der rechte Fremde schaute durch eine Art Feldstecher. Der Linke wiederum betätigte etwas an seinem Anzug. Über dem ausgestreckten Handgelenk baute sich eine holografische Projektion auf. Merkwürdige Symbole zierten die Abbildung der Kolonie. Mit dem freien Arm zeigte der Linke Fremde auf einmal in seine Richtung. Der Fremde mit dem Feldstecher veränderte seine Haltung und blickte in die Richtung. Jason musste lächeln. Sie hatten sie entdeckt. Vielleicht war der Befehlshaber doch kein Dummkopf wie er dachte. Der Fremde in der Mitte sah ebenfalls in seine Richtung, genauer gesagt hatte Jason das Ge-fühl das er ihn direkt ansah.
Ein Energiegeschoss schlug dicht neben dem Eingang ein. Jason änderte die Richtung seines Gewehrs. Durch das Zielvisier sah er den Schützen und drückte ab. Das Energiegeschoss schlug durch den Schädel des Fremden Schützen. Als er wieder zu der Dreier Gruppe sah, waren sie verschwunden. Seltsam…
Coporal Heinz tauchte auf. „Sir. Wir empfangen ein Signal. Es kommt von der Erde.“
***
Gunny Ramirez und seine Squad erreichten den Sammelpunkt als letzte. Die Marines hatte Drei Verletzte und einen Toten zubeklagen. Ramirez und seine Leute hatten nicht viel Zeit um sich zuerholen. Die Fremden setzten ihnen entschlossen nach. Eine kurze Besprechung, dann brachen sie gemeinsam auf.
Sie hatten eine Distanz von gut 100 Metern zwischen sich und dem Sammelpunkt gebracht, als die Bewegungssensoren ausgelöst wurden und die versteckten Sprengsätze explodierten. Die Fremden waren mitten hinein gelaufen. Nichtsdestotrotz behielten die Marines das zügige Tempo bei, schlugen einige hacken und legten sich auf die Lauer. Falls man ihnen weiterhin nachjagte. Seit der Explosion fehlte von den Fremden jede Spur. Erleichterung und Zuver-sicht, sowie ein Gefühl des Sieges machte sich unter den Marines breit. Vor Einbruch der Dunkelheit erreichten sie den Alpha Stützpunkt. Sergeant Nikolos und seine Squad blieben im Feld zurück um sicher zugehen das die Fremden ihnen nicht gefolgt waren.
Im Alpha Stützpunkt wurden die Marines sehnsüchtig erwartet und dementsprechend empfangen. Das ärztliche Personal kümmerte sich um die Verletzten. Einige Zivilisten brachten ihnen Wasser und was zu Essen. Die Marines waren erschöpft.
Gouverneurin Vega kam auf Jason Greenberg zu. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts gutes. Im Gegenteil seine Miene war ernst. Viel zu ernst, fand Catherine.
***
Die Zuversicht der Menschen im Alpha Stützpunkt war der Ernüchterung gewichen. Jeder sah die Nachricht von der Erde, welche der Satellit während der Mission der Marines empfangen hatte. Eine halbe Stunde lang Schneegestöber. An manchen Stelle zuckte das Bild. Was nichts änderte.
Catherine sah kurz zu Berger. Ihr Freund und Stellvertreter schaltete die Nachricht ab. Einige Menschen starrten einige Sekunden in die Aufzeichnungsgeräte. Ihr Verstand wollte das offensichtliche nicht verarbeiten. Sie hatten der Erde eine Nachricht gesendet. Eine Antwort, abgesehen von der bereits eingetroffenen Nachricht, ließ auf sich warten. Dabei war die Sieben Stunden Karenzzeit längst überschritten.
„Was geschieht jetzt?“
„Schickt die Erde jemanden?, fragten Leute aus der schockierten Menge. Manche schienen die Tragweite der Nachricht nicht verstanden zuhaben, oder zuwollen. Was man ihnen nicht verübeln konnte. Wie setzte man sich damit auseinander das die Familie und Freunde Tod waren? Eine Antwort darauf konnte sie Catherine nicht mal selbst geben.
„Wurde die Erde angegriffen?“ Die Menschen erwachten nach und nach aus dem Schock. Angst und Furcht griffen wie ein Grippevirus um sich. Die letzte Hoffnung hatte sich soeben in Luft aufgelöst.
Catherine trat ein Schritt vor. „Wir haben keine Antwort auf ihre Fragen. Seit der Nachricht die die Marines an die Erde gesendet haben sind Fünfzehn Stunden vergangen. Eine Antwort von Erde steht noch aus.“ Längst war den Frauen und Männern klar welche Bedeutung ihre Worte hatten. Hilflosigkeit ergriff die Menschen. Einige begannen zuweinen. Andere schrien vor Wut und Enttäuschung. Zwei brachen zusammen und wurden von Sanitätern der Marines versorgt.
„Also besteht noch Hoffnung!“, rief jemand aus der Menge.
Jetzt trat Jason vor. „Zwei Zeitfenster sind verstrichen. Die Erde wird nicht antworten.“, stellte er so brutal nüchtern fest das die Menschen ihn anstarrten. Sie konnten nicht glauben das er das zu ihnen gesagt hatte. „Wir sind auf uns alleine gestellt.“ Wie bei einer Ohrfeige zuckten die Menschen zusammen.
Catherine hob beschwichtigend die Hände. „Der Funke einer Hoffnung bleibt.“, hörte sie sich sagen ohne wirklich an ihre Worte zuglauben. Auch ihre Hoffnung war zu staub zerfallen als Captain Greenberg ihr die Nachricht zeigte. „Wir werden den Alpha Stützpunkt auflösen und zur Neuss II gehen. Sollte sich die Erde bis dahin nicht gemeldet haben, können wir uns über-legen was wir machen. Bis dahin möchte ich das jeder für jeden da ist und wir uns gegenseitig helfen.“ Gemurmel entstand. Nicht alle schienen mit der Entscheidung einverstanden den Alpha Stützpunkt aufzulösen.
„Was ist mit den Fremden?“, wollte ein älterer Mann wissen.
„Darum kümmern wir uns.“, entgegnete Jason eine Spur zu scharf. Der Mann funkelte wütend.
„Bitte packen sie schon mal ihre Sachen zusammen. Morgen Vormittag werden wir auf-brechen.“ Catherine unterdrückte ein Seufzen. Sie sah die Menschen an. Ihnen blieb keine andere Wahl. Die Neuss II war ihre einzige Hoffnung Alpha Centauri doch noch zu verlassen. Wie Captain Josephine schon sagte, mit Sicherheit kommen die Fremden zurück um ihre Leute abzuholen, oder abzulösen. Wenn die dann berichteten was geschehen war, würde eine Großoffensive durchaus im Bereich des möglichen sein. Die Marines verfügten auf Alpha Centauri über keinerlei Reserven. Früher oder später konnten sie nur noch mit Steinen werfen. Eine Flucht mit der Neuss II war der einzige Ausweg der ihnen blieb. Immer unter der Voraussetzung die Erde schickte tatsächlich keine Verstärkung und Captain Greenberg irrte sich. Leider musste sie sich eingestehen nicht wirklich daran zuglauben das die Erde Hilfe schickte.
***
Wie erwartet hatten die Fremden alles in die Kolonie geschickt was laufen konnte. Die ver-bleiben Panzer waren im Norden in Stellung gegangen. Kleine Spähtrupps der Fremden sicherten die Hauptstreitmacht in der Kolonie im Umkreis von Zweihundert Metern ab. Die Kolonie zuumgehen kam nicht in Frage. Das Gelände um die Kolonie war zu weitläufig und flach. Ein Strom von Menschen blieb da nicht lange unbemerkt. Es war außerdem zu be-zweifeln ob ein zweites Ablenkungsmanöver klappte. Eine andere Lösung musste her. Zumal sie gewährleisten mussten das kein Fremder diesen Kampf überlebte. Sie durften keine Zeugen zurücklassen, sollte die Hauptstreitmacht zurückkehren. Der Gedanke missfiel der Gouverneurin zwar, war aber nicht zuändern. Entweder die oder wir. Bei solch einer Ent-scheidung entschied sie sich für das WIR. Die Marines würden erst die Gefahr durch die Fremden beseitigen müssen, bevor sich die Zivilsten zur Neuss II aufmachten.
Als der Angriffplan stand ordnete Captain Greenberg für die Marines eine Zehnstündige Ruhepause an. Jason las sich den Plan, den er zusammen mit O’Brien, Josephine, Ramirez, Rinaldi und Nikolos ausgearbeitet hatte noch Mal durch. Um mögliche Fehlerquellen festzu-stellen. Noch hatte er Zeit dazu. Obgleich im Gefecht selten ein Plan Punkt für Punkt ab-gearbeitet wurde, konnte man sich an ihm orientieren.
Ihr Schlag gegen die Fremden war entschlossen. Sie stellten für die lebenden Menschen ein-fach einen unglaublichen Gefahr dar. Falls die Hauptstreitmacht zurückkehrte oder Ver-stärkung schickte durfte es keinen Hinweis auf die Menschen auf Alpha Centauri geben. Um einfach so zuverschwinden durfte niemand als Zeuge zurückbleiben. Zweifel an dem Plan hatte Jason nicht. Er war Soldat. Die Fremden der Feind. Entweder sie oder wir.
Ramirez hielt ihm einen warme Schokolade hin. Sie duftete exotisch. Jason musste lachen. Immer in solchen Momenten brachte ihm Ramirez die selbst gemachte Schokolade. Er nahm die warme Tasse, zog den Duft tief ein und schloss die Augen. Der Duft erinnerte ihn an die feinen weißen Sandstrände Mexikos. Während eines Landgangs hatte ihn Ramirez mal mit-genommen. Damals war Jason frisch zum First Lieutenant befördert worden. Als er am Morgen mit einem höllischen Kater aufwachte, brachte Ramirez ihn dieses Gebräu. Nach einer Tasse war der Kater weg.
„Das Zeug macht laut einer Studie abhängig, Gunny.“ Ramirez zuckte mit den Schultern.
„Studien sind was für Weicheier. Ich habe sie anscheinend falsch eingeschätzt, Sir.“
„So was nennt man Insubordination. In der Regel kommt man vor ein Militärgericht.“, er-widerte Jason und nahm einen Schluck. Wie der Gunny es schaffte das Zeug immer wieder gleich hinzubekommen wunderte ihn. Laut einer Studie war es faktisch unmöglich das Zeug immer wieder gleich hinzubekommen.
„Pah.“, räusperte sich Ramirez abfällig. Jason lachte. Der Gunny war mit nichts zu erschrecken. Er war ein Fels in der Brandung. Lachte dem Tod mitten ins Gesicht, drehte sich um ging weg. Wenn es sein musste war er ein Dreckskerl den alle hassten. In anderen Situationen stellte er sich vor die Marines seiner Truppe und wehrte jeden Angriff ab um sie schützen. Dabei schreckte vor nichts und niemanden zurück. Jason war froh ihn an seiner Seite zuhaben. Von Ramirez Sorte gab es nicht viele im Corp.
„Sie werden es noch bereuen sich mit uns angelegt zuhaben.“, meinte Ramirez düster und sah aus dem kleinen Fenster. Jason sah zum Angriffsplan. Er schloss die Augen. Einige seiner Leute würden sterben. Auch wenn er es wollte, konnte er daran überhaupt nichts ändern. So war das im Gefecht.
„Huha.“, sagte Captain Greenberg und schlug mit der Faust auf den Tisch.
Ramirez drehte sich rum. „Meine Güte, Sir. Sie sind doch ein Marine.“ Jetzt lachten die beiden Männer herzhaft. Keiner von ihnen wusste ob sie ein weiteres Mal so zusammen kommen würden.
***
„Wie weit sind sie?“, fragte Jason Coporal Tallin. Sie tippte auf dem Mobilen Kontrollpanel ein. Kurz darauf ertönte ein leises Summen.
„Fertig.“
„Lassen wir es krachen.“, sagte Ramirez.
Jason nickte. Die Marines luden ihre Waffen durch, schlugen sich die Energiemagazine gegen den Panzerhelm. Ein Ritual bei der kämpfenden Truppe. Dann griffen die Marines von Drei Seiten her die Fremden an. Das Gefecht zum Überleben der Menschen von Alpha Centauri hatte begonnen.
Sergeant Nikolos griff mit seiner Squad und zusammen mit Captain Josephine die Linke Flanke der Fremden an. Gunny Rinaldi attackierte mit seiner Squad und einem Team unter dem Kommando von O’Brien die Rechte Flanke. Captain Greenberg und die Squad von Gunny Ramirez übernahmen zusammen mit den restlichen Marines die Mitte.
Zwei Squads waren im Alpha Stützpunkt geblieben. Sie sollten die Menschen schützen. Solange und so gut es eben ging. Die Spec Squads waren für die Panzer zuständig und sollten ihren Kameraden aus der Entfernung Feuerunterstützung geben. Für den Fall das sie scheiterten, hatten die Spec Squads Befehl zum Alpha Stützpunkt zurückzukehren. Sie waren die einzige Unterstützung die die Marines im Feld zu Verfügung hatte.
Da die Fremden einen solchen Angriff mit Sicherheit erwartet hatten, konnten die Marines keine schnellen Erfolge erzielen. Hinzu kam das die Panzer gut geschützt hinter der vermeint-lichen Frontlinie positioniert wurden. Wodurch die Spec Squads Probleme hatten sie auszu-schalten. Die Panzer feuerten Granaten ab und behakten die Marines mit ihren Gatling Bord-kanonen. Es grenzte an ein Wunder das in den ersten Minuten der Schlacht kein Marines ge-tötet wurde. Was sich mit der fortwährenden Dauer und zunehmenden Intensität änderte. Der Marine, der als erstes starb, war Private First Class Aiko Tanaka. Siebzehn andere sollten folgten.
Die Marines schafften es nach heftigen Kämpfen ihre Stellungen zufestigen und vereinzelte Gegenattacken zu starten. Je länger der Kampf dauerte, desto schwerer würde es werden die Fremden mit einem finalen Gegenschlag auszuschalten. Sie mussten einen schnellen Boden-gewinn erreichen, wodurch die Fremden einen Gegenschlag versuchten. Längst war die Kolonie eine heiße Gefechtszone und in eine Kraterlandschaft verwandelt worden. Wie bei der Gründung der Kolonie ging diesmal erneut um die Zukunft der Menschen. Sie mussten ihr Überleben sichern. Dieser Gedanke ließ die Marines einen ungeheuren Kraftakt vollziehen.
Den Spec Squads gelang es die feindlichen Panzer auszuschalten, und den Fremden damit einen entscheidenden Vorteil zunehmen. Das hatte zur Folge das nun ein Häuserkampf statt-fand. In der Grundausbildung wurden die Marines im Häuserkampf geschult. Hier mochten es keine Häuser sein, das Prinzip blieb das gleiche. Container für Container kämpften sich die Marines ins Zentrum vor. Die Fremden blieben hartnäckig. Jeder Zentimeter wurde teuer er-kauft.
Jason sah zum Himmel hinauf. Der Plan sah vor das Zentrum zuerobern und so lange wie möglich zuverteidigen. Bis der Satellit an dem von Private Tallin errechneten Punkt angelangt war, sie die Stellung im Zentrum aufgegeben konnten und über den Nordhang verschwinden konnten. Der Satellit würde genau im Zentrum einschlagen und die Brennstoffzellen eine ver-heerende Explosion auslösen. Niemand in der Kolonie würde überleben, was ja ihr Ziel war. Die Fremden hatten alle Truppen in der Kolonie versammelt, wohlwissend das die Menschen einen Angriff starteten.
„Also gut Leute. Verschwinden wir.“, befahl Jason seinen Truppen. Es wurde Zeit die heiße Zone zuverlassen.
Sie verließen den zerstörten Wohncontainer, feuerten auf die Fremden die Straßenzug für Straßenzug eroberten. Immer wieder mussten sie anhalten. Langsam kristallisierte sich heraus was sie vorhatten. Man wollte sie einkreisen. Die Marines blieben beweglich. Zulange an einer Stelle zu sein konnte den Fremden in die Hände spielen.
„Sir. Die Kerle nehmen uns in die Zange.“, sagte Private Diego Neal-Santos.
Jason sah Ramirez an. Der farbige Mann mit brasilianischen Wurzeln hatte recht. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit.
„Wir werden sie aufhalten, Sir.“, sagte Gunny Ramirez zu seinem kommandierenden Offizier.
„Ich werde sie nicht zurücklassen, Gunny.“
Ramirez schmunzelte. „Die Menschen brauchen sie. Finden sie eine neue Heimat. Ich kann ihnen diesmal nicht folgen und den Rücken frei halten.“
Eine Granate brachte den Boden zum zittern. Fauchende Energiebolzen schossen um sie herum. Die Fremden nahmen sie unter Kreuzfeuer. Viel Zeit blieb nicht.
„Ich Befehle ihnen…“
„Tut mir leid, Sir.“, waren die letzten Worte des Gunnys an Jason. „Auf geht’s Leute. Semper Fi.“ Keine aus der Squad zögerte auch nur eine Sekunde. Die Sechs Marines stürmten hinaus und stellten sich den Fremden in einem offenen Kampf.
Erst die Stimme von Private Tallin holte Jason aus der Starre. „Sir. Eine Minute bis zum Ein-schlag.“ Sein Drang dem Gunny zufolgen und Seite an Seite mit ihm zukämpfen war un-gemein groß. Ein Blick zu der jungen Frau reichte aus um ihn von seinem Vorhaben abzu-bringen. Die Menschen verließen sich auf ihn. Er nickte. Sie verließen die Deckung, rannten auf den Nordhang zu. Immer wieder schossen fauchende Energiebolzen an ihnen vorbei. Ein Fremder trat aus einem Seitenweg. Jason erschoss ihn aus dem Lauf heraus. Hinter ihnen tobte ein Höllengefecht. Die Fremden konzentrierten sich auf Ramirez Squad. Was das Ziel des Gunnys gewesen war.
Sie erreichten den Hang und stiegen ihn hinauf. Die Scharfschützen gaben Ramirez Squad vom Kamm aus Deckung. Ein lauter Knall ertönte über ihnen. Am Himmel tauchte der herab stürzende Satellit. Tallin hatte war wenige Meter vom rettenden Kamm entfernt, als sie ihren Halt verloren und den Hang herunterrutschte.
Jason schlug seine linke Hand und die Stiefel in den Hang. Mit der rechten Hand packte er ihre Hand. Ein brutaler Ruck ging durch seine Schulter. Der heiße Schmerz ließ ihn glauben alle Sehnen und Bänder seien gerissen. Trotz allem ließ er nicht los.
Über ihnen zog der Satellit einen Feuerschweif hinter sich her. Er raste weiter auf die Kolonie zu.
Tallin gelang es Halt zu finden. Zusammen stiegen sie den Hang empor. Die Beine wurden schwer. Ein Schmerz wie bei glühende Nadeln ging durch seine Muskeln. Schritt für Schritt stiegen sie weiter hinauf. Jason griff die rettende Kammnaht.
In diesem Moment lief alles in Zeitlupe ab. Der Satellit schlug ins Zentrum der Kolonie ein. Jason und Private Tallin waren über dem Kamm, als die Brennstoffzellen auseinanderbrachen und explodierten. Die Schockwelle riss alles mit, zermalmte die letzten Überbleibsel der Kolonie und ließ nichts zurück. Der Feuerball verbrannte die Erde.
Der Kamm lenkte die Schockwelle noch oben hin weg. Über den Marines ergoss sich ein Regen aus Erde und Teilen der Kolonie. Sekunden später herrschte eine Ruhe wie nach einer Apokalypse.
***
Zwei Tage später waren die Tests an der Neuss II abgeschlossen. Man hatte die Wasserturbinen ausgeschlachtet um den Frachter wieder flott zumachen. Noch immer herrschte unter den ehemaligen Kolonisten eine bedrückende Stimmung. Ohne den Satelliten wäre es ihnen nie gelungen die Fremden zuvernichten. Ob ihnen eine Wahl blieb, fragte sich Jason nicht. Es spielte so oder so keine Rolle mehr. Entscheidungen mussten getroffen werden. Danach musste man mit ihnen Leben. Das galt nicht nur für einen Soldaten, sondern auch für normale Menschen. Denn jeder war ein normaler Mensch, ob er nun eine Uniform trug oder nicht machte keinen Unterschied.
Jason stand auf der Rampe. In seiner Hand hielt er eine Tasse mit der Schokoladenmischung die ihm Ramirez oft gemacht hatte. Tatsächlich war es ihm nicht gelungen das Aroma so hin zubekommen wie es der Gunny stets schaffte.
Gouverneurin Vega trat neben ihn. Sie sah sich den Sonnenuntergang an. Ohne die Marines wären sie nicht hier. Ganz gleich wie andere über die Frauen und Männer dachten, für Catherine hatten sie unglaublichen Mut bewiesen. Jetzt lag es an ihnen für die Menschen eine neue Zukunft zuschaffen. Eines Tages kehrten sie zur Erde zurück. Daran glaubte sie fest. Zukünftige Generationen würden die Menschheit wiedervereinen.
„Ma’am. Die Letzte Gruppe ist jetzt dran.“, teilte ihr Berger mit.
„Ich komme.“
Sie sah Jason an, drückte ihm die Schulter und ging ins Innere des Frachters. Er blieb draußen, sah sich den Sonnenuntergang an und versuchte Antworten auf Fragen zu finden die er sich auszusprechen nicht wagte. Zweifel ob es das richtige gewesen ist, würden ihn stets begleiten bis in den Tod. Er konnte damit leben. Ein letzter Schluck bevor er sich einfrieren ließ.
Die Tasse hatte seine Lippen nicht berührt, als plötzlich jeder Partikel und jedes Atom ge-froren. Als hätte jemand die Zeit angehalten. Nichts bewegte sich mehr. Alles war wie in Starre.
„Historische Dokumentation beendet.“, ertönte es kristallklar. Kurz darauf löste sich die gesamte Umgebung mit einmal auf. Zurück blieb ein Raum mit Hunderten Punkten und Ver-bindungen die leuchteten.
„Habt ihr noch fragen?“, fragte die Lehrerin in der Zuschauerloge ihrer Schüler. Die Jugend-lichen hatten die Dokumentation über die Ereignisse auf Alpha Centauri mit großem Interesse verfolgt.
Eine Schülerin meldete sich. „Ja, Thaila.“ Sie war ein Mischling und eine gute Schülerin.
„Stimmt es das sie nicht wussten ob die Erde angegriffen wurde?“
Eine gute Frage. Die Lehrerin wartete wenige Sekunden, bevor sie antwortete. „Einiges von dem, was ihr in der Holodokumentation gesehen habt, basiert auf Vermutungen und wurde zum Teil frei erfunden. Die Aufzeichnungen der Neuss II und den Anfängen nach der Landung auf Terra sind unvollständig. Manches konnte nicht gerettet werden. Andere Daten-strömen werden in mühevoller Kleinarbeit restauriert.“ Sie machte eine Pause, sah jeden ihrer Schüler an und fuhr dann fort. „Eines Tages werden wir die Erde finden. Erst dann können wir mit Bestimmtheit sagen, ob die Entscheidung richtig oder falsch war.“
Eine weitere Meldung. „Marcus.“
„Wurde die Nachricht von der Erde gefunden?“
Die Lehrerin schmunzelte. „Nein.“
„Was ist mit der Position der Erde?“, fragte Ke’ja ohne sich vorher gemeldet zuhaben.
„Die Logbücher der Neuss II sind unvollständig. Man nimmt an, dass das eine Folge des langen Fluges ist und der Computer den Speicher gelöscht hat um Platz zuschaffen für andere Daten.“
Enttäuschung spiegelte sich in Ke’jas Gesicht.
Sekunden verstrichen. Da es keine weitere Meldung gab, verließ die Klasse die Zuschauer-loge. Der Klassenausflug in die Vergangenheit war vorbei. Morgen würden sie noch mal darüber sprechen und weitere Fragen beantworten.
Draußen wartete bereits eine weitere Schulklasse. So begann die Holodokumentation von vorne. Sie war eine Attraktion im Museum für historische Geschichte auf Terra in Vega Stadt.
Ende
(25.10.2007)
© by Alexander Döbber
(Part II)
***
Der Raumfrachter Neuss II passierte das Ende vom Wurmloch Sol - Alpha Centauri, ritt auf einer der (fachlich nicht ganz korrekten) Übergangswelle, die jedes Wurmloch beim Öffnen ausstieß, in den Normalraum zurück. An Bord der Neuss II befanden sich statt der geplanten Neunzig Menschen lediglich Sechzig. Ein Problem bei einer der Kälteschlafsektionen hatte die Weltraumagentur veranlasst die Passagierliste zusammen zustreichen. Eine Reparatur hätte den Start auf voraussichtlich Neun Wochen verzögert. Da kein Risiko für die anderen Sektionen bestand, beschloss man die Passagierzahl zu verringern. Außer den Sechzig, sich im Kälteschlaf befindlichen, Menschen waren Ausrüstung, Baumaterial, Versorgungsgüter, medizinische Geräte und Medikamente sowie ein weitere Satellit an Bord.
Der Computer vom Raumfrachter folgte seiner Programmierung und setzte die Reise wie festgelegt fort. Jede Stunde checkte ein Unterprogramm die Sektionssysteme, überprüfte die Überwachungssysteme der Kälteschlafkammern und fand keinerlei Fehler.
Fünfzehn Stunden lang verlief der Flug reibungslos. Plötzlich bebte der Raumfrachter ohne ersichtlichen Grund. Die Vibrationen wuchsen. Eine Stromkonverterleitung platzte. Die Stromversorgung für Deck 17 brach daraufhin zusammen. Der Raumfrachter driftete von der Flugroute. Die Leistung eines der Schubtriebwerke nahm auf ab.
Mit den einströmenden Problemen war der Hochleistungscomputer keinesfalls überfordert. Innerhalb von Millisekunden reagierten die zuständigen Programme. Die Stromversorgung für Deck 17 wurde durch die Notleitungen wiederhergestellt. Die schwindende Leistung vom Schubtriebwerk wurde auf die beiden anderen Triebwerke verteilt. Eine simple Kurskorrektur hätte den Raumfrachter wieder auf Kurs gebracht. Die Sensoren stellten eine erhöhte Konzentration von Ionenpartikeln fest. Um weiteren Schäden vorzubeugen, setzte das Steuerungsprogramm einen neuen Ausweichkurs. Was die Reisezeit auf Eine Stunde erhöhte. Bis dahin gab es für den Computer keinen Grund die Wachinitialisierung für das ent-sprechende Fachpersonal an Bord zu starten.
Als der Raumfrachter in den sogenannten Zehn Stunden Radius um Alpha Centauri Prime kam, startete der Computer das Funkorientierungsprogramm, welches zur Landung auf dem Planeten genutzt wurde. Das Programm suchte in Zusammenarbeit mit den Sensoren im Orbit von Alpha Centauri nach dem Satelliten, der ein Stand-bye Signal ausstrahlen sollte. Anschließend würde sich der Computer in das Leitsystem des Satelliten loggen und durch die Bodenstation alle notwendigen Daten erhalten.
Die Sensoren entdeckten nach mehrmaligem Abtasten kein Stand-bye Signal vom Satelliten. Somit startete die vorgesehene Ausweichprogrammierung. Nun suchten die Sensoren auf dem Planeten nach der Signalabstrahlung der Bodenstation. Dafür verwendete der Computer die Positionsangabe der Bodenstation, die sich in seinem Speicher befand. Der Computer konnte keine Signalabstrahlung feststellen, woran sich auch nach mehrmaligen Versuchen nichts änderte.
Für diesen Fall sah die Programmierung der Systemdatei vor, die Pilotencrew an Bord zu wecken. Da eine automatische Vorstufe der Landung nicht möglich war. So initialisierte der Computer den Wachmodus bei Vier Kälteschlafkammern. Sollten sich die Menschen mit dem Problem herumschlagen. Der Computer hatte alles getan, wozu er programmiert wurde. Eine manuelle Landung enthielt die Programmierung nicht.
***
Auf eine solche Situation wurde die Pilotencrew geschult. Im Trainingszentrum der Welt-raumagentur trainierte man solche Szenarien. In der Theorie und Praxis. Für die Praxis wurde der Prototyp der Neuss Raumfrachterserie benutzt. Als Landezone diente neben der weiten Landschaft Arizonas (USA) auch die Sahara Wüste. Für die Raumflüge der Raumfrachter wurden nur die Besten der Besten genommen. Die Tests waren schwer, selbst für einige der Besten Piloten weltweit. Nach den Tests gab es sogenannte Leistungsstichproben. Zwei davon durften unter Vier liegen. Wer zum Dritten Mal eine Stichprobe mit Vier abschloss, musste gehen. Dabei spielte es keine Rolle ob man der Pilot, Co-Pilot, Technischer Offizier oder der Controller war. Es traf nicht den einzelnen sondern die ganze Crew. Bei einem einzelnen Neuzugang mussten die Abläufe neu trainiert werden, die Crew musste sich neu formieren. Das nahm viel Zeit in Anspruch. Und genau die Zeit wollte man einsparen.
In den letzten Vier Schulungsjährgängen traf es bisher Eine Crew. Die Crews besaßen eine enorme Leistungsdichte und trugen untereinander sogar Wettbewerbe aus. Was bei der Aus-wahl keinerlei Bedeutung hatte. Es zählten lediglich die Leistungsberichte und Abschluss-protokolle der Übungssitzungen.
Das Entscheidungskomitee hatte sich für den dritten Raumflug für die Crew um Lieutenant Sigmar Cech entschieden. Alle Angehörigen die an den Raumflugschulungen der Weltraum-agentur teilnahmen gehörten dem Air Command der Erdstreitkräfte an.
Im Moment hielt sich Lieutenant Cech in einer der Kälteschlafsektionen auf. Zwei Stunden lang hatten seine Crew und er probiert, was möglich war. Ihnen war es nicht gelungen Funk-kontakt mit dem Satelliten oder der Bodenstation herzustellen. Zu allem Überfluss war das zweite Schubtriebwerk nicht in der Lage mehr als Zweiundzwanzig Prozent Schubleistung zu liefern. Für die Landung an sich stellte das kein Problem dar, da beim Eintritt in die Atmosphäre die Steuertriebwerke benutzt wurden. Sie fanden für den Ausfall keine Er-klärung. Die Schadenkontrollprogramme zeigten keinerlei Schäden an. Eine Vermutung war das die Ionenpartikel möglicherweise die magnetische Schutzummantelung der Triebwerks-gondel deporalisiert hat. Bisher konnten sie keine entsprechenden Anzeichen ausmachen.
Dem Protokoll nach musste in solchen Fällen der Ranghöchste Offizier eines Raumfluges geweckt werden. In diesem Fall war es Captain Jason Greenberg, vom Erd Marine Corp. Zischend schob sich die Kälteschlafkapsel wenige Zentimeter aus der senkrechten Kammer und ging in die waggerechte Position. Dann wurde der Wachmodus initialisiert. Dreißig Sekunden später hob sich der gläserne Deckel der Kapsel. Ein blasser Mann, Anfang Dreißig, geschlossene Augen und in der dunkelgrünen Uniform vom Erd Marine Corp kam zum Vorschein.
Auf dem Biodisplay am Kopf der Kapsel sah man wie die Standardwerte langsam anstiegen. Die blasse Haut bekam nach und nach Farbe. Der Controller seiner Crew spritzte dem Captain einen Wachbeschleunigungscocktail. Dadurch wurde die ganze Wachprozedur beschleunigt. Nachteil waren die Kopfschmerzen, wie bei einem Kater.
Langsam öffnete Jason Greenberg die Augen. Anfangs sah er alles verschwommen. Das Seh-zentrum und die Sehnerven reaktivierten sich innerhalb von wenigen Sekunden. Angeblich sei die Einfrierung, wie Jason es nannte, ungefährlich. Eingefroren zu sein wie ein Stück Fleisch, gefiel ihm überhaupt nicht. Daher war er gar nicht begeistert als ihm der Generalstabschef mitteilte das seine Einheit für den nächsten Raumflug nach Alpha Centauri vorgesehen war. Ändern konnte er es nicht, also fand er sich damit ab wie ein Stück Fleisch eingefroren und später wieder aufgetaut zu werden. Eine andere Wahl blieb ihm ja nicht.
Nach Dreißig Sekunden saß Jason auf der Kapselliege. Die Kopfschmerzen vertrieben die vorherrschende Mattheit. Seine Glieder fühlten sich so schwer wie Blei an. Richtig bewegen konnte er sich nicht. Noch nicht.
„Sir. Wir haben ein Problem.“
So was hörte man gerne, wenn man gerade aufgetaut wurde, Millionen von Kilometer von Zuhause entfernt war und auf einem angeblichen hochmodernen Raumfrachter der durchs Weltall flog. „Die Kurzfassung, Lieutenant.“, bat Jason und massierte sich die Schläfen.
Cech gab seinem Befehlshaber die Kurzfassung. Der Computer hatte weder ein Signal vom Satelliten noch von der Bodenstation empfangen. Zudem sei der Pott in eine Ionenpartikel Wolke geflogen, wodurch eine Stromkonverterleitung geplatzt war und kurzfristig die Strom-versorgung für Deck 17 zusammenbrach. Über eine Notleitung wurde die Stromversorgung wieder hergestellt. Hinzu kam ein Leistungsabfall beim zweiten Schubtriebwerk. Dessen Ursache sich nicht feststellen ließ. Hinzu kam dass es ihnen nicht gelungen war Kontakt zum Satelliten und/oder der Bodenstation herzustellen. Eine manuell gesteuerte Landung schien unausweichlich.
Jason nahm Fünf Aspirintabletten, um Herr über den Kater zu werden. Bei keiner seiner jugendlichen Sauftouren hatte er einen solchen Kater gehabt. Scheiß Wachcocktail.
„Das wird wie Urlaub, Captain.“, hatte der Generalstabschef zu ihm gesagt. Schöner Urlaub. Schade das man keine Rückerstattung beantragen konnte. „Wie lange bis zur Landung?“, fragte Jason düster. Am liebsten würde er Cech aus der Luftschleuse werfen. Das Problem war, die Vorschrift besagte das bei jedem Raumflug Zwei Piloten an Bord sein mussten.
„Zwei Stunden.“
„Wecken sie Ramirez und seine Squad. Wie weit sind sie mit den Vorbereitungen?“
„Da wir keinerlei Kontakt mir der Kolonie haben, werden wir einen der Ausweichlande-plätze nehmen. Wir haben Drei zur Auswahl. Unser Favorit ist Landeplatz A.“ Cech zeigte ihm über eine der Terminalstationen die Ausweichlandeplätze. Landeplatz A lag in einem Canyon, der vor Millionen Jahren durch ein Erdbeben entstanden sein soll. B befand sich in einem erloschenen Vulkankrater. C war ein ausgetrocknetes Flussbett.
Aus militärischer Sicht war C vollkommen ungeeignet. Offenes Gelände keine Deckung zum errichten eines Verteidigungsgürtels. B hatte jene Voraussetzung, doch einmal eingekesselt würde es schwer werden die Hänge zurückzuerobern. Zudem konnte man sie bei B & C durch die Luft leichter entdecken. Durch den Canyon war das nahezu unmöglich. Desweiteren ließ sich A leichter verteidigen, da sie mehrere Verteidigungsposten errichten konnten. A erschien die einzig brauchbare Wahl.
„Einverstanden, Lieutenant.“
Cech schaltete den Bildschirm vom Terminal aus, aktivierte den Funkkanal zur Brücke und teilte seinem Co-Piloten mit das sie Landeplatz A nehmen würden. Flugtechnisch gesehen war A die schwerere Variante. Sie hatten eine geeignete Stelle im Canyon ausgemacht.
Während der Controller die Squad von Ramirez weckte, ging Jason sich Duschen. Vielleicht vertrieb eine kalte Dusche den Kater und die Mattheit aus seinem Körper.
***
Der Raumfrachter flog unter Kontrolle der Pilotencrew in den Orbit des Planeten. Bis dahin war noch alles in Ordnung. Sie hatten sich mit allen Steuerelementen vertraut gemacht, sie angepasst und kleine Kalibrierungen vorgenommen. Auf einem der kleinen LCD Bildschirme sah man die eingegebene Flugroute, welche die Crew errechnet hatte. Die Steuerung war auf Halbautomatik geschaltet.
Gerade als der Raumfrachter die obere Atmosphärenschicht erreichte, bebte der Koloss ohne jede Vorwarnung. Sie hörten, wie etwas den Rumpf traf. Erst einzeln, dann mehrere. Dann blinkte eine der Alarmlichter auf. Der Rumpf war durchschlagen worden, was einen Hüllen-riss zur Folge hatte. Betroffen war lediglich eins der unteren Lagerdecks. Bei den Passagier-decks gab es keinen Alarm.
„Verdammt, was ist das?“, wollte Gunny Juan Ramirez wissen. Er und seine Squad saßen angeschnallt auf ihren Sitzen, hatten Kopfschmerzen und waren über die Lage informiert.
Cech hatte keine Ahnung. Anscheinend waren sie durch ein Asteroidenfeld geflogen. Die Radarsensoren waren durch die Ionenpartikel wohl stärker beeinträchtigt worden, als gedacht. Andernfalls hätte sie das Asteroidenfeld entdecken müssen.
„Bitte bringen sie ihre Sitzlehnen in eine aufrechte Position und ziehen ihren Sicherheitsgurt fest.“, erwiderte Cech trocken und gab einige Einstellungen in den Steuercomputer ein.
Das Warnlicht erlosch, als ein Kraftfeld den Hüllenriss verschloss. Kurz darauf trat der Raumfrachter in die untere Atmosphärenschicht ein. Ein brutaler Ruck ging durch das Raum-schiff. Wie bei einem Erdbeben wurde der Raumfrachter durchgeschüttelt.
Lieutenant Cech hatte alle Händevoll zutun, das Steuerrad mittig zuhalten. Auf dem Horizontdisplay sah man wie der Zeiger zitterte. Die Stabilisatoren und Kompensatoren er-reichten langsam aber sicher ihren Maximalwert. Da mussten sie durch.
Der Bildschirm zeigte ihnen die Landschaft von Alpha Centauri. Schneebedeckte Berge. Grüne Täler. Weiße und sandfarbene Steppen und Wüsten. Flüsse und Seen. Von oben sah der Planet wie die Erde aus. Für die Landschaft hatten Cech und seine Crew im Moment keinen Blick. Ihnen lag mehr daran heil auf dem Planeten anzukommen, statt einen Krater in der Landschaft zurückzulassen.
Vor dem Eintritt in die obere Atmosphärenschicht hatte der Technische Offizier, Oberst Junior Rita Halmich, den Satelliten an Bord der Neuss II rausgeworfen. Da kein Satellit im Orbit von Alpha Centauri zu seien, schien, hatte man entschieden den mitgeführten Satelliten während des Landeanflugs auszusetzen. Wie sie feststellte, nahm der Satellit seine programmierte Orbitposition ein und schaltete sich auf Stand-bye. Wodurch eine geringe Signalsignatur ausgestrahlt wurde. Zudem lud der Satellit seine Brennstoffzellen durch seine Solarpanelle. In Drei Stunden war der Satellit einsatzfähig.
Der Einritt in die untere Atmosphärenschicht wurde durch einen erneuten Ruck, wie bei einem Aufprall von Zwei Verkehrsvehikeln, angekündigt. Man konnte sich vorstellen was die Robodummys bei den Crashtests erleiden mussten, entfernt zumindest.
Langsam begann die Temperatur anzusteigen. Der Hitzeschild schien zu funktionieren. Sie erhielten zumindest keine Schadensmeldung. Das Klimaausgleichsystem war Schrott. Bereits nach wenigen Minuten gab es seinen Geist auf. Wodurch die Hitze auf der Brücke anstieg.
Wie im Schneckentempo kam die Landschaft näher. Der Raumfrachter wurde wie ein Cock-tail durchgeschüttelt. Das der Kahn nicht auseinanderbrach war beachtlich. Anscheinend war der Pott moderner als Jason gedacht hatte. Eine subtropische Hitze breitete sich aus und trieb jedem die Schweißperlen ins Gesicht.
Irgendwann fiel der Zeiger für die Außentemperatur. Sie hatten die untere Atmosphären-schicht durchflogen. Das ruckeln, beben und schütteln nahm ab. So das man keine Angst be-kommen musste das der Raumfrachter auseinanderbrach.
Cech steuerte das Raumschiff sanft auf den Canyon zu, der langsam zum Vorschein kam und im Sichtbereich zu seiner vollen Größe anwuchs. Anfangs sah der Kraterspalt winzig aus. Inzwischen hatte er an Größe zugenommen, wirkte auf Jason immer noch zu klein um einen Raumfrachter dort zulanden.
An einer Stelle ging der Spalt weiter auseinander. Cech brachte den Megatonnen Frachter in die Schwebeposition, stellte die Schubdüsen in Position und langsam begann sich das Gefährt zusenken. Die Kraterwände erschienen im Sichtbereich. Ein kleiner Ruck ging durch das Raumschiff.
„Ups.“, kommentierte Cech den Ruck. Sie hatten einen der Vorsprünge wegrasiert.
Sein Co-Pilot ließ die Landestelzen ausfahren. Die Zahl am Höhenmesser wurde Zweistellig, Einstellig und die Landestelzen gruben sich schließlich in den Boden. Mit einem breiten Grinsen drehte sich Cech zu den anderen. „Danke das sie uns gebucht haben. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt. Wir haben angenehme 22 Grad. Beehren sie uns bald wieder.“
„Darf ich ihn erschießen?“, fragte Ramirez seinem Vorgesetzten. Er sah etwas blass aus. Der jüngste seiner Squad, ein Private, übergab sich.
„Später vielleicht, Gunny.“, meinte Jason und erhob sich aus dem Sessel.
***
Nach dem die nähere Umgebung gesichert wurde, begann man, damit die Zivilisten und letzten Marines zuwecken. Cech und seine Crew sahen sich von außen die Schäden am Raum-frachter an. Stellenweise war das Raumschiff regelgerecht durchlöchert worden. Das ent-sprechende Deck war zum Glück inaktiv, daher spielten die Schäden keinerlei Rolle. Die sichergestellten Fragmente ließen nur einen Schluss zu. Von Asteroiden stammten sie jeden-falls nicht.
Sie bekamen zudem keinen Funkkontakt, oder Signal rein. Das fehlen war nicht weiter tragisch, da Funkausfälle durchaus vorkamen. Mit der bisherigen Erkenntnis fügte sich ein weiteres Puzzelteil zusammen. Was Jason gar nicht gefiel.
„First Sergeant Hart.“
„Ja, Sir.“, antwortete ein etwas untersetzter Mann mit einem grauen Haaransatz.
„Nehmen sie sich ein paar Leute und erkunden die Umgebung.“, befahl er seinem First Sergeant. „Ramirez.“
Der Gunny trat näher. „Captain.“
„Ich will Drei Verteidigungspunkte zu beiden Seiten um den Pott.“ Jason sah die Canyon Wände hinauf. An einer hohen Stelle gab es einen kleinen Vorsprung, den Cech stehen ge-lassen hatte. „Schaffen sie es ein Funkscanner dort zu installieren?“
Ramirez sah sich die Stelle an. Der Gunny war ein leidenschaftlicher Bergsteiger und hatte auf der Erde und dem Mond so manchen Berghang bezwungen. In den meisten Fällen ohne irgendwelche Hilfsmittel. Was ihm einigen Ärger mit der Aufsichtsbehörde einbrachte. Warum er sich keinen Deut scherte.
Er sah Jason mit seinem typischen ausdruckslosen Gesicht an. Die Züge wirkten hart wie Kruppstall. Erst einmal hatte Jason den Gunny ansatzweise lächeln sehen, als sie ein Simulationsgefecht gegen General Hamit gewannen. Dabei waren sie Fünf zu Eins unter-legen, waren schlecht ausgerüstet und hatten keinerlei Unterstützungstruppen zu Verfügung.
„Ein Kinderspiel.“, beurteilte er die Aufgabe. Jason nickte und Ramirez begann mit den Vorbereitungen.
Nur wenige Minuten später instruierte Ramirez Zwei Marines. Ein Geologe aus dem Wissen-schaftsteam meldete sich bei ihm, da er ebenfalls Bergsteiger war. Zusammen bereiteten sie ihren Aufstieg vor.
Zwei Stunden später waren sie soweit und begannen mit dem klettern. Sie trugen Teile des Funkscanners auf dem Rücken. Diesmal verzichtete Ramirez nicht auf die entsprechenden Hilfsmittel.
Die Inspektion von Cech und seiner Crew am Raumfrachter brachte keine guten Nachrichten. Anscheinend war die Antriebssektion stärker in Mitleidenschaft gezogen worden als vermutet. Wie das 2. und mittlere Schubtriebwerk beschädigt wurde, konnten sie nicht sagen. Ohne voll funktionsfähige Schubtriebwerke blieb der Raumfrachter am Boden. Genau das lag nach bis-herigem Kenntnisstand nicht in Frage.
Zusammen mit Technikern und Ingenieuren aus der Dritten Kolonistengruppe versuchte man die Schäden genauer einzuschätzen und sie zu beseitigen. Rein theoretisch gesehen war man darin in der Lage aufweisende Schäden zu beseitigen.
Ramirez erreichte mit dem Geologen den Vorsprung und begannen nach einer kurzen Ver-schnaufpause den Funkscanner zusammenzubauen und betriebsbereit zumachen. Danach be-gannen sie mit dem Abstieg. Sie hatten den Boden gerade erreicht, als Hart mit seinem Späh-trupp zurückkehrte. In einem Umkreis von mehreren Kilometern keinerlei Lebenszeichen. Es wurden an den Canyon Zugängen Bewegungssensoren installiert und Detektoren aufgestellt.
Da die Dämmerung in wenigen Stunden einsetzte, beschloss Jason alle weiteren Aktivitäten auf die sichere Zone zu beschränken. Man begann ein Baugerüst am Heck aufzubauen. Oben auf dem Raumfrachter gab es nämlich Einstiegsluken zu den jeweiligen Schubtriebwerken. Vielleicht konnte man herausfinden was mit dem mittleren Schubtriebwerk nicht stimmte. Mit den restlichen Reparaturarbeiten wurde bereits begonnen. So wurde der Schweizer Käse in der Hülle, der Hüllenriss selbst und der Hitzeschild repariert. Zudem wurden im inneren die Leitungsschächte überprüft. Das Kühlungsaggregat für den Reaktorblock wurde gecheckt. Eine Menge Arbeit stand an. Was die Leute davon ablenkte, über die Situation nachzudenken und möglicherweise in Panik zugeraten.
***
Zusammen mit Drei Squads, a Fünf Marines, brach Jason am Morgen des Ersten Tages auf um der Kolonie einen Besuch abzustatten. Sie lag ungefähr Zwei Stunden vom Canyon ent-fernt.
Die Landschaft sah wie Zuhause aus, fand Jason. Zusammen mit seinem Bruder war er im Norden Kanadas aufgewachsen. Ihr Vater war Politiker, schaffte es einen Sitz im Erdparlament zuerhalten. Sie hatten keine besonders gute Beziehung zueinander. Sein Ent-schluss das College zu verlassen und sich Freiwillig bei den Marines zumelden, verursachte einen großen Streit. Als sein Vater letztlich verstarb, befand sich Jason in einem Manöver auf dem Mond.
Zu seinem Bruder hatte er ebenfalls kein gutes Verhältnis. Kurz vor der Abreise bat Calvin ihn auf seine Tochter aufzupassen. Sie gehörte den Mitgliedern auf Alpha Centauri an. Katja Greenberg war seine Nichte.
Die Täler und seichten Hügel waren mit kniehohen Gras bewachsen, dass stellenweise zwischen Grün und Braun wechselte. Ihre Panzerrüstung hatten sie dem Gelände angepasst, wodurch die Marines mit dem Gelände verschmolzen. Es wehte ein laues Lüftchen. Was einem sofort auffiel, waren die fehlenden Tiere, vor allem die Vögel. Kein einziges Tiergeräusch war zuhören. Lediglich der Wind und das Rascheln der Baumkronen nahmen sie wahr.
Die Kolonie lag in einem Tal, das einst ein See gewesen war. Darauf wiesen Bodenproben der Geologen hin, die eine Studie zur Kolonisierung des Planeten verfassten und Sechs Monate lang auf dem Planeten lebten. Nach ihrer Rückkehr dauerte es weitere Vier Monate, bis man sich entschloss, den Planeten zu kolonisieren. Es war eins der zukunftsträchtigsten Projekte der Menschen.
Sie kamen von Osten her zur Kolonie. Damit würden die Marines über den einzig noch ver-bliebenen Uferhang kommen. Was ihnen eine erhöhte Sichtweite über die Kolonie gab. Jason hatte extra einen Bogen gemacht um von Osten her zukommen. Eine erhöhte Position war taktisch gesehen die bessere Variante als sich vom offenen Gelände her der Kolonie zu nähern.
Coporal Forsell, ein Marine aus der Vorhut, kam zu ihnen. Wegen der Funkstille mussten die Späher ihre läuferischen Fähigkeiten unter beweis stellen. „Das sollten sie sich ansehen, Sir.“, meinte die junge Frau mit finnischen Wurzeln. Ihr war anzusehen das etwas nicht stimmte. Hinter dem Hang lag die Kolonie.
Zusammen mit First Lieutenant O’Brien, seiner Stellvertreterin, Gunny Ramirez und Forsell gingen sie den Hang hinauf, robbten zu der Position der beiden Marines der Dreier Vorhut und sahen von der erhöhten Stelle über das Talbecken hinweg.
Seine Befürchtung hatte sich bewahrheitet. Er schloss kurz die Augen. Neben ihm zog Lubow O’Brien die Luft ein. Juan Ramirez brummte vor sich hin. Von der Kolonie, dem Zu-kunftsprojekt der Menschen, war nicht viel übrig geblieben. Man sah deutliche Anzeichen eines Angriffs. Ausgebrannte Container. Trümmer lagen verstreut. In einigen Containern klafften Löcher, die nur von Geschossen oder Raketen stammen konnten. Russspuren an den Außenwänden deuteten auf ein Bodenangriff hin.
„Dort, Sir. Vier Uhr.“, meinte Private Unez Sanchez mit trockener Stimme.
Jason nahm den Feldstecher und sah an der angegebenen Position einige Holzkreuze stehen. Einige Spuren deuteten auf einen Luftangriff hin. Wer auch immer die Kolonie angegriffen hatte, verfügte über Lufteinheiten.
„Sir.“, flüsterte O’Brien.
Jason setzte den Feldstecher kurz ab und sah wie aus Elf Uhr ein Bodenfahrzeug zusammen mit Sieben Fremden die Außengrenze der Kolonie erreichten. Das Bodenfahrzeug ähnelte einem Schwebepanzer. Die Fremden trugen einen Schutzanzug komplett in mattem Schwarz. Ebenso der Schwebepanzer. Sie trugen einen Piloten ähnlichen Helm. Der Anzug schien sie keineswegs zu beeinträchtigen.
Eine Patrouille. Weitere Fragen ergaben sich. Sie konnten mit Sicherheit sagen das die Fremden über Lufteinheiten verfügten. Die Einheit schien zur Leichten Kategorie zugehören. Zur Klärung der Lage schickte man in der Regel eine Lufteinheit über das Zielgebiet. Andererseits hatte das Radar im Orbit kein Mutterschiff ausgemacht. Ihre Landung auf Alpha Centauri konnte nicht unbemerkt geblieben sein. Dennoch blieben die Fremden inaktiv. Darauf konnte es natürlich mehrere Erklärungen geben und im Moment wäre es müßig darüber nachzudenken.
Die Fremden schätzten die Lage als wenig bedrohlich ein. Eine Patrouille deutete auch daraufhin, das einige Menschen überlebt hatten und sich einen Guerillakrieg mit den Fremden lieferten.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Jason eine Bewegung. Er sah in die Richtung. Eine Gruppe aus Fünf Marines huschte unbemerkt in einen Graben, von dem man aus die Patrouille unter Beschuss nehmen konnte. Jason zoomte die Menschen heran. Er hatte ihre Personalakte ge-lesen. Darin enthalten war ein Foto. Sie waren sich Zweimal begegnet, hatten nie ein Wort miteinander gewechselt.
„Sir.“
„Ich hab sie gesehen. Forsell. Schicken sie die Spec Jungs zu mir. Sagen sie Nikolos er, soll mit seiner Squad nach Rechts in Stellung gehen. Ramirez. Geh mit deiner Squad nach Links.“, befahl Jason ohne den Feldstecher abzusetzen.
Forsell und Ramirez robbten vom Kamm und gingen nach unten. Dort schickte Coporal Forsell die Spec Squad zu Greenberg. Die Special (Abk.: Spec) Squad bestand aus Zwei Scharfschützen und einem Raketenschützen, plus dessen Munitionshelfer.
Die beiden Scharfschützen gingen augenblicklich in Stellung. Der Raketenschütze legte seinen armlangen Raketenwerfer an, sah durchs Zielfernrohr und bestätigte das anvisierte Ziel. Eine Funkaufnahme mit ihren Kameraden im Graben kam nicht in Frage. Dadurch konnten sie das Überraschungsmoment verlieren und auf sich aufmerksam machen. Sie mussten ihre Anwesenheit solange verschleiern wie möglich. Daraus ergab sich ein Taktischer Vorteil, der nicht leichtfertig verspielt werden durfte.
„Kamarov. Haben sie ihre Münze dabei?“, fragte Jason einen der Scharfschützen.
Private Sergej Kamarov sah weiter durch dass Zielvisier seiner Waffe. „Ich hab sie immer bei mir, Sir.“
„Leihen sie sie mir mal aus.“, bat er nicht wirklich. Im Dienst wurde niemand um etwas gebeten. Schon gar nicht von einem vorgesetzten Offizier.
Kamarov reichte seine Münze an O’Brien, sie lag neben ihm. Es handelte sich um eine Gold-münze mit der Prägung eines alten Kreuzers, der russischen Marine. Sein Vater hatte die Münze an ihn weitergegeben. Sergejs Urgroßvater hatte an Bord des Schiffes gedient. Sie war ein Glückspringer.
O’Brien reichte die Münze an Jason weiter. Er legte den Feldstecher ab. Sein Funkstöpsel vibrierte kurz. Nach wenigen Sekunden wieder. Das war das Zeichen. Die Squads befanden sich in Position. Jason hantierte mit der Münze herum. Zum Glück schien die Sonne. Dummerweise schoben sich Wolkenfetzen dazwischen. Kurz darauf schien die Sonne wieder und er unternahm einen weiteren Versuch.
Durch die Reflektion der Sonne auf die Münze versuchte er der Gruppe ihre Position und Anwesenheit mitzuteilen, ohne dass der Feind darauf aufmerksam wurde. Die Gruppe ging gerade in Stellung und wollte ihren Angriff starten, als er Captain Angela Josephine mit Hilfe der Münze blenden konnte. Sie sah in ihre Richtung.
Das Morsen wurde zwar als Steinzeitmethode angesehen, wurde den Rekruten in der Grund-ausbildung weiterhin beigebracht. Sein Können im Morsen war recht dürftig. Kurz nach ihm benutzte Josephine dieselbe Methode. Gut.
Jason gab die Münze an Kamarov zurück. Nahm sein Gewehr, lud das Magazin durch und legte an. „Ich will einen sauberen Treffer sehen, Levy.“
Coporal Levy war der Raketenschütze. Mit dem Satz erhielt er die Freigabe. Levy schaltete auf automatische Zielerfassung. Sekunden später ertönte in seinem Ohrstöpsel ein Piepen. Ohne zu zögern, feuerte er den Raketenwerfer ab. Die unterarmlange Rakete schoss zischend aus dem Rohr, zündete den Booster und traf das Ziel punktgenau. In diesem Moment hatten die Scharfschützen bereits Zwei Fremde getötet. Der Panzer explodierte, kippte zur Seite und bohrte sich in den Boden. Dabei wurde einer der Fremden zerquetscht. Ein weitere wurde durch die Explosion gegen eine Containerwand geschleudert und lag unnatürlich verrenkt auf dem Boden. Die Explosion war für die anderen das Zeichen. Sie eröffneten sofort das Feuer. Innerhalb von Zehn Sekunden war auch schon alles vorbei.
Ramirez und seine Squad sicherten die Kampfzone, überprüften die Toten Fremden, ob sie auch wirklich Tod waren. Nikolos und die Spec Squad sicherten sie ab.
Kurz darauf kamen Josephine und ihre Leute aus der Deckung. „Schön sie zusehen, Captain.“, sagte sie hörbar froh und erleichtert.
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Sie gingen gemeinsam an einer seichten Stelle über den Zufluss vom Hauptfluss, und hinter der Uferböschung blieben sie unbemerkt. Anscheinend überquerten die Fremden den Fluss nicht. Selbst an der seichten Stelle nicht. Jedenfalls hatte Josephine keinen Fremden gesehen, der das tat.
„Vor Sechs Tagen wurden wir mitten in der Nacht angegriffen. Erst aus der Luft und wenige Stunden später, als wir die letzten Kolonisten evakuieren wollten, mit Bodentruppen sowie Panzerfahrzeugen. Danach haben sie sich zurückgezogen und kaum noch Interesse an uns gezeigt. Sie schicken regelmäßig Patrouillen in die Gegend. Anfangs mit Luftunterstützung. Seit Zwei Tagen haben wir keine Lufteinheit mehr gesehen. Ebenso bei den Panzer-fahrzeugen, bis auf eben. Sie scheinen ihr Truppenaufgebot zurückgefahren zuhaben.“, sagte Josephine und nahm ein Schluck vom angebotenen Wasser. „In der ersten Nacht haben sie die Kolonie praktisch auf den Kopf gestellt. Es ist uns gelungen den Hauptspeicher zulöschen, bevor wir uns zurückziehen mussten.“ Sie schwieg kurz. „Wir haben dann einige Störangriffe durchgeführt. Am Morgen hatten sie sich aus der Kolonie zurückgezogen. Seit dem schicken sie Patrouillen aus.“
Jason blickte kurz zu O’Brien. Seine Stellvertreterin war zum selben Schluss gekommen wie er. Wenn die Fremden in der Angriffsnacht mehr Einheiten einsetzten und ihre Aufkommen wieder zurückfuhren, konnte das nur eins bedeuten. Entweder sie sahen in den Menschen keine ernsthafte Gefahr mehr, oder sie hatten wieder eingepackt. Was einiges erklärte. Ein schrecklicher Gedanke kam Jason.
„Sind sie sicher das der Hauptspeicher gelöscht wurde?“; fragte O’Brien nach. Josephine nickte. An ihrem Gesicht konnte man erkennen das sie sich diese Gedanken ebenfalls ge-macht hatte.
„Auf unserem Flug hierher sind wir auf Reste von Ionenpartikeln gestoßen.“, erklärte Jason. Die Miene von Hauptmann Josephine wurde ausdruckslos. Ionenpartikel wurden beim öffnen von Wurmlöchern hinaus katapultiert.
„Wir haben mit einer Kaskade den Hauptspeicher gegrillt. Alle Daten wurden irreparabel zerstört oder beschädigt. Die sensiblen Daten haben wir zuvor mit Datenmüll überschrieben und dann mit einem Virus zerstören lassen. Der Virus hat dann die Kaskade ausgelöst.“ Zweifelsohne war das eine radikale Anwendung der Datenspeichervernichtung. Sie blieb auf keinen Datenblock unwirksam. Wie wirksam es gewesen war, ließ sich nur auf eine Art fest-stellen. Dafür mussten sie in die Kolonie zurück.
„Nikolos.“ Der Grieche kam zu ihm. „Ich will ein Auge auf die Kolonie haben. Falls unsere neuen Freund ihre Leute suchen.“ Nikolos nickte und ging mit seiner Squad los eine Video-überwachung installieren. Josephine gab ihm Zwei ihrer Marines mit, damit die Squad nach der Installation zum Alpha Stützpunkt fand. Zusammen mit den anderen gingen sie schon vor.
***
Immer wieder schlugen sie hacken und kontrollierten, ob die Fremden ihnen folgten. Sie er-reichten den Höhleneingang, wo ein getarnter Bunkerposten stand. Nach einer kurzen Pause in der Höhle ging es weiter. Der Alpha Stützpunkt stellte für die Menschen ein Rückzugsort dar. Bei der Planung ging es eher darum, die Menschen bei einem Unwetter oder einer Natur-katastrophe in Sicherheit zubringen. Inoffiziell, beim Militär, wurde der Alpha Stützpunkt als Militärbasis bei einem Angriff vorgesehen.
Die Menschen sahen zu den Marines. In einigen Gesichtern sah man Hoffnung und Glück. Auf den Ersten Blick schienen die Menschen keinerlei Probleme zuhaben. Eine Wasserauf-bereitungsanlage versorgte die Überlebenden mit Wasser. Ein Garten für Obst und Gemüse. Die Notrationen sorgten für die weitere Verpflegung.
Eine Frau kam auf sie zu. Jason wusste, wer sie war, die Gouverneurin der Alpha Centauri Kolonie. „Captain Greenberg. Gouverneurin Catherine Vega. Ich bin froh sie zusehen. Ich hätte mir bessere Umstände gewünscht.“
„Gouverneurin Vega. First Lieutenant O ‘Brien. Gunny Ramirez und Sergeant Nikolos.“ Stellte Jason die anderen vor. „Wir haben einiges zu besprechen, Gouverneurin.“
Catherine nickte. Sie war zum einen froh das die Marines hier waren. Andererseits musste das zwangsläufig bedeuten das die Erde nichts von dem wusste was hier geschehen war. Dann waren die anderen Kolonisten ebenfalls auf Alpha Centauri.
Die Gruppe zog sich in die Unterkunft, ein gewöhnliches Zelt mit Kevlar verstärkt, zurück. Vega bot ihnen was zu trinken und essen an, doch die Marines lehnten ab. Sie erzählte dem Captain und seinen Marines, was geschehen war. Als er ihr sagte das die Dritte Gruppe auf dem Planeten war, und keine Division der Marines, stand fest das die Erde nichts von den Geschehnissen wusste. Er berichtete ihr auch von den Ionenpartikeln, welche beim Flug nach Alpha Centauri den Raumfrachter getroffen hatten. Selbst ein Laie war in der Lage Eins und Eins zusammenzuzählen.
Nachdem Catherine die Möglichkeit verdaut hatte, dass die Fremden möglicherweise ins Sol System gereist sind, musste man überlegen, wie es weiter ging. Vorrangig musste festgestellt werden, ob die Fremden den Standort der Erde erfahren hatten, und wie man die Erde informieren konnte. Zumindest für den letzten Punkt hatte Jason eine Lösung. Der neue Satellit im Orbit verfügte über eine neue Kommunikationstechnologie für Langstrecken. Sie konnten per Hyperraumfunk ein Signal an die Relaisstation in der nahe des Wurmlochs und dem Marsorbit weiter über den Mond zur Erde schicken. So war eine Kommunikation mit Sieben Stunden Verzögerung möglich. Einziges Problem an der Sache war, man musste die Antenne kalibrieren. Das wiederum sollte über die Bodenstation geschehen. Beim Angriff war sie schwer beschädigt worden. Eine andere Wahl gab es nicht.
„Sir. Ein weiterer Trupp unser Freunde ist in der Kolonie eingetroffen.“, meldete ein Private aus Nikolos Squad.
Anscheinend hatten die Fremden ihre Patrouille vermisst und nach ihr Suchen lassen. Da Josephine mit ihren Marines einen Guerillakrieg führte, war die Situation für die Fremden keine neue. Bisher deutete alles daraufhin, dass die Fremden keine Ahnung von der An-wesenheit von Captain Greenberg und seinen Leuten hatten. Richtig eingesetzt konnte ihnen dieser kleine Vorteil sehr nützlich werden.
„Wie viele?“, fragte Nikolos.
„Zwei Teams a Fünf Mann. Außerdem gehen Zwei Panzer in Stellung. Im Norden und Südwesten. Die Bodentruppen durchkämen die Kolonie.“
***
Stunden nach dem Einmarsch der Fremden in die zerstörte Menschkolonie machten sie keine Anstalten sie wieder zuverlassen. Allem Anschein nach beabsichtigte der Kommandeur einen vorgeschobenen Verteidigungsposten errichten zu wollen. Ein drittes Team a Fünf Mann traf in der Kolonie ein. Somit befand sich je ein Team im Osten, Süden und Westen. Ein Panzer war im Norden stationiert. Panzer Nummer Zwei war in die Mitte verlegt worden.
Der Angriffplan war recht einfach gestrickt. Erst wurden die Panzer zerstört. Dafür waren die beiden Spec Squads zuständig. Die Squads von Sergeant Nikolos sollte das Ostteam an-greifen, mit Unterstützung von Captain Josephines Leuten. Gunny Ramirez Squad griff das Westteam an. Ihn unterstützte First Lieutenant O’Brien. Jason würde zusammen mit der Squad von Master Sergeant Rio Rinaldi zur Bodenstation vordringen. Damit das funktionierte, musste das Südteam der Fremden von seiner Position abgezogen werden. Sie konnten nicht riskieren das die Fremden herausfanden welchen Plan sie vollzogen.
Die Sonne erreichte ihren höchsten Punkt am Himmel. Alle waren in Stellung und bereit den Fremden zuzeigen, aus welchem Holz Menschen geschnitzt sind. Jason betätigte zweimal Kommunikator. Alle hatten ihn auf Vibration gestellt. Zweimal hieß sie waren in Stellung. Er sah die Frauen und Männer von Rinaldis Squad an. In jedem Gesicht sah man ein Spur der Furcht vor dem Unbekannten. Genau das wollten sie ändern.
Jason drückte ein weiteres Mal seinen Kommunikator, das Startsignal für den Angriff. Die folgenden Sekunden bis zur ersten Explosion zogen sich hin. Es schien eine Ewigkeit zu-dauern bis einer der Panzer von der Panzerabwehrrakete der Spec Squads getroffen wurde. Die Wucht der Explosion brachte den Boden zum beben. Unmittelbar danach setzte das zirpen der Tiger B3c Energiegewehre ein. Das Tatwerkzeug eines Marine. Indessen Händen wurde das Gewehr, aus einer Chrom-Vanadiumstahl Legierung, zur tödlichen Waffe.
Der Kampf tobte keine Minute, als eine zweite Explosion ertönte. Panzer Nummer Zwei war zerstört. Ein zufriedenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Phase Eins lief nach Plan. Das Zirpen und Fauchen der Energiewaffen gewann wieder die Oberhand. Detonationen von Granaten ließen den Boden der Kolonie erzittern.
Der Kommunikator vibrierte. Einmal. Pause. Zweimal. Pause. Einmal. Phase Eins war ab-geschlossen. Die Fremden hatten das Südteam abgezogen. Genau wie von den Menschen be-absichtigt. Nun war es an ihnen, Phase Zwei zu einem erfolgreichen Ende zubringen.
Jason atmete tief ein. Sein Puls war kaum gestiegen. In seinem Kopf herrschte kein lautes Wirrwarr an Gedanken oder Stimmen. Als Kommandeur musste man im Kampf die Ruhe bewahren. Furcht zuhaben war keine Schande. Im Gegenteil, es half sich aufs wesentliche zu konzentrieren. In ihrem Fall war es, herauszufinden ob die Fremden die Position der Erde aus dem Datensystem der Bodenstation gesaugt hatten. Niemand wollte sich vorstellen wenn die Antwort ja lautete.
Jason atmete flach aus. Ein kurzes nicken zu Master Sergeant Rinaldi und Phase Zwei be-gann. Sie hatten sich in einem Graben positioniert. Die Marines sprangen auf, die Tiger B3c im Anschlag und den Finger auf dem Abzug und liefen in einer gesicherten Rautenformation zum ersten Wohncontainer. Eine Böe trieb den Geruch von Ozon zu ihnen herüber. Vollkommen unbeeindruckt gingen sie an der Wand entlang, sicherten sich in alle Richtungen ab und spähten um die Ecke. Die Bodenstation lag auf einem kleinen Hügel, der die Be-zeichnung keineswegs verdiente, 150 Meter von ihrer Position aus entfernt. Dazwischen lagen Wohncontainer, ein ausgebranntes Gewächshaus und das Gerippe einer Baumaschine. Die Fremden konzentrierten sich auf die Ablenkungsgefechte der Marines. Mit Sicherheit war die Basis der Fremden von dem Angriff informiert worden. Vielleicht war Verstärkung auf dem Weg. Ihnen blieb nicht viel Zeit. Daher vergeudeten sie keine Sekunde.
Per Handzeichen wurde das weitere Vorgehen abgesprochen. Die Marines marschierten los, sicherten sich in alle Richtungen ab. Zügig erreichten sie die Anhöhe, auf der die Boden-station errichtet worden war. Zusammen mit Jason betraten Coporal Rudolf Heinz und Private Michelle Tallin die Bodenstation.
Im Dach klaffte ein riesiges Loch. Überall lagen Teile der Konstruktion. Die Bodenstation war in Drei Räume unterteilt. Raum Eins war eine Aufenthaltsnische mit zwei Betten für die Mitarbeiter. Raum Zwei war die Schaltzentrale für den Satelliten. Raum Drei beherbergte die Rechnerkapazitäten und benötigten Systemkomponenten der Antennenanlage.
Private Tallin war die Technikerin in Jasons Kommandostab. Sie begann sofort mit der Arbeit den Computer hochzufahren. Dabei sah es für Jason so aus, als sei das Wunderwerk der Technik nur als Briefbeschwerer zu gebrauchen. Coporal Heinz hatte Posten an der Ein-gangstür bezogen und beobachtete von ihrer erhöhten Position das tobende Gefecht.
Jason ließ Tallin alleine und verschaffte sich einen Überblick über die Kolonie. Die Fremden hatten beachtliche Arbeit geleistet. Sicherlich war es keine Leistung mit Luftunterstützung eine sich im Aufbau befindliche Kolonie platt zumachen. In gewisserweise war es Ver-schwendung von Ressourcen. Die Kolonie konnte man ohne Zweifel wieder aufbauen. Es würde nur Zeit brauchen und der Einsatz von Unmengen Material. Man bräuchte sicherlich genauso lange für den Wiederaufbau, wie beim Erstaufbau. Soweit Jason sah konnte der eine oder andere Wohncontainer zusammengeflickt werden. Die getöteten Menschen zuersetzen war da schwieriger. Zumal sie immer noch nicht wussten ob die Fremden die Position der Erde gefunden hatten. Etwas anderes kam ihm in den Sinn. Die Fremden hatten keine Ge-fangenen gemacht. Die Zahl der getöteten und der lebenden im Alpha Stützpunkt stimmte mit der Gesamtzahl der Kolonisten überein. Wenn man einen fremden Außenposten angriff, fielen einem automatisch bei einer Bodenoffensive Verletzte oder Verteidigende in die Hände. Captain Josephines Bericht nach, hatten die Fremden die Verletzten einfach ignoriert. Wer sich verteidigte wurde erschossen. Erst jetzt wurde im bewusst wie seltsam dieses Verhalten war.
„Sir.“, rief Tallin.
Jason klopfte dem Coporal auf die Schulter und ging zu Private Tallin. Der Bildschirm flackerte. Auf ihrem Gesicht lag ein zuversichtliches Grinsen.
„Verdammt gute Arbeit, Private.“, lobte er die junge Frau.
„Da ist doch eine Beförderung drin?“, fragte Tallin erleichtert ihrem typischen lächeln. Jason lachte. Sie könnte eine verdammt gute Offizierin werden. Der aufkommende Anflug von Trauer wurde unter den Armeestiefel zermalmt.
Die Technikexpertin, mit einem Abschluss in Technikwissenschaften der Armstrong Technik Hochschule auf dem Mond, stellte den Bildschirm aufrecht ihn, hob die Infrarottastatur vom Boden auf und befreite das Touchfeld vom Geröll. Ihre Finger flogen über die Tastatur, gab unzählige Kommandos ein und begutachtete die Werte auf dem Bildschirm. Das Panel hatte einen quer verlaufenen Riss.
„Captain Josephines Leute haben ganze Arbeit geleistet.“
„Schaffen sie es?“, fragte Jason knapp.
Die blonde Frau sah ihn mit ihren meerblauen Augen an. „Sich ins System von General Hamit einzuklinken war ein Kinderspiel, Sir.“
Er glaubte ihr zwar nicht, aber das machte keinen Unterschied. Sie würde es versuchen. Wenn es jemanden gelang den Schrotthaufen wieder zum laufen zubringen, dann vertraute Jason ganz auf ihren Fähigkeiten.
„An die Arbeit Soldat.“
Tallin machte sich wie befohlen an die Arbeit. Sie holte einen USB-Stick hervor. Zusammen mit einem Techniker im Alpha Stützpunkt hatte sie ein Bootprogramm geschrieben um die zerstörten Startdateien wiederherzustellen. Dann installierte sie das Kontrollprogramm über den Satelliten. Als letztes musste die Antenne kalibriert werden. Sollte das nicht möglich sein, konnte sie das Mobile Kontrollpanel benutzen um mit dem Satelliten zu kommunizieren. An die richtige Schnittstelle angeschlossen, kleine Konfigurationsänderungen und schon war auch das Problem überwunden.
„Sir.“, rief Coporal Heinz.
Jason ging zu ihm. Durch das Zielvisier am Tiger B3c sah er wie ein Verstärkungsteam der Fremden von Süden her eintraf. Sie kamen genau auf sie zu. Sekunden vergingen als Rinaldi mit ihren Leuten die Verstärkung unter Feuer nahm. Unterstützt wurden sie dabei von den Scharfschützen, die ihnen den Rücken frei halten sollten.
Heinz legte sein Gewehr an. Jason drückte den Lauf herunter. „Ein Schuss, Coporal, und sie wissen das wir hier sind.“ Scharmröte stieg dem Coporal ins Gesicht. „Rinaldi und ihre Squad schaffen das schon.“, versicherte er dem Coporal und klopfte ihm auf die Schulter. Er an seiner Stelle hätte das gleiche tun wollen. Tatenlos rumsitzen während die Kameraden kämpfen war nicht sein Ding. Manchmal war tatenlos sein wichtiger als sich ins Kampfge-tümmel zustürzen. „Sehen sie mal, ob Private Forsell eine helfende Hand braucht.“ Heinz verschwand und ließ seinen Befehlshaber alleine zurück. Das Gefecht nahm an stärke zu. Die Fremden kämpften verbissen um jeden Zentimeter. Inzwischen musste dem Befehlshaber klar geworden sein, dass die Angreifer zahlenmäßig stärker waren als vermutet. Falls nicht, ver-diente es der Mann oder die Frau, falls es bei den Fremden einen Geschlechtsunterschied gab, die Soldaten anzuführen.
Als erstes musste Gunny Ramirez seine Stellung aufgegeben und seine Squad woanders neu formieren. Darauf folgte Sergeant Nikolos mit seiner Squad. Die Unterstützungsgruppe von Captain Josephine und First Lieutenant O’Brien teilte sich auf, um beide Squads bei Rückzug Rückendeckung zugeben. Einige Minuten später musste auch Gunny Rinaldi mit ihrer Squad die Stellung aufgegeben. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit.
Jason bemerkte eine Bewegung am Südrand der Kolonie. Ein Fahrzeug hielt außerhalb der Koloniegrenze. Es hatte entfernte Ähnlichkeit mit einem Militärjeep aus dem 20. & 21. Jahr-hundert. Die Form sah grotesk deformiert aus. Auf Ästhetik legten die Fremden jedenfalls keinen Wert, soviel stand fest.
Aus dem Fahrzeug stiegen Drei Fremde. An sich unterschieden sie sich nicht von denen die in der Kolonie kämpften. Der rechte Fremde schaute durch eine Art Feldstecher. Der Linke wiederum betätigte etwas an seinem Anzug. Über dem ausgestreckten Handgelenk baute sich eine holografische Projektion auf. Merkwürdige Symbole zierten die Abbildung der Kolonie. Mit dem freien Arm zeigte der Linke Fremde auf einmal in seine Richtung. Der Fremde mit dem Feldstecher veränderte seine Haltung und blickte in die Richtung. Jason musste lächeln. Sie hatten sie entdeckt. Vielleicht war der Befehlshaber doch kein Dummkopf wie er dachte. Der Fremde in der Mitte sah ebenfalls in seine Richtung, genauer gesagt hatte Jason das Ge-fühl das er ihn direkt ansah.
Ein Energiegeschoss schlug dicht neben dem Eingang ein. Jason änderte die Richtung seines Gewehrs. Durch das Zielvisier sah er den Schützen und drückte ab. Das Energiegeschoss schlug durch den Schädel des Fremden Schützen. Als er wieder zu der Dreier Gruppe sah, waren sie verschwunden. Seltsam…
Coporal Heinz tauchte auf. „Sir. Wir empfangen ein Signal. Es kommt von der Erde.“
***
Gunny Ramirez und seine Squad erreichten den Sammelpunkt als letzte. Die Marines hatte Drei Verletzte und einen Toten zubeklagen. Ramirez und seine Leute hatten nicht viel Zeit um sich zuerholen. Die Fremden setzten ihnen entschlossen nach. Eine kurze Besprechung, dann brachen sie gemeinsam auf.
Sie hatten eine Distanz von gut 100 Metern zwischen sich und dem Sammelpunkt gebracht, als die Bewegungssensoren ausgelöst wurden und die versteckten Sprengsätze explodierten. Die Fremden waren mitten hinein gelaufen. Nichtsdestotrotz behielten die Marines das zügige Tempo bei, schlugen einige hacken und legten sich auf die Lauer. Falls man ihnen weiterhin nachjagte. Seit der Explosion fehlte von den Fremden jede Spur. Erleichterung und Zuver-sicht, sowie ein Gefühl des Sieges machte sich unter den Marines breit. Vor Einbruch der Dunkelheit erreichten sie den Alpha Stützpunkt. Sergeant Nikolos und seine Squad blieben im Feld zurück um sicher zugehen das die Fremden ihnen nicht gefolgt waren.
Im Alpha Stützpunkt wurden die Marines sehnsüchtig erwartet und dementsprechend empfangen. Das ärztliche Personal kümmerte sich um die Verletzten. Einige Zivilisten brachten ihnen Wasser und was zu Essen. Die Marines waren erschöpft.
Gouverneurin Vega kam auf Jason Greenberg zu. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts gutes. Im Gegenteil seine Miene war ernst. Viel zu ernst, fand Catherine.
***
Die Zuversicht der Menschen im Alpha Stützpunkt war der Ernüchterung gewichen. Jeder sah die Nachricht von der Erde, welche der Satellit während der Mission der Marines empfangen hatte. Eine halbe Stunde lang Schneegestöber. An manchen Stelle zuckte das Bild. Was nichts änderte.
Catherine sah kurz zu Berger. Ihr Freund und Stellvertreter schaltete die Nachricht ab. Einige Menschen starrten einige Sekunden in die Aufzeichnungsgeräte. Ihr Verstand wollte das offensichtliche nicht verarbeiten. Sie hatten der Erde eine Nachricht gesendet. Eine Antwort, abgesehen von der bereits eingetroffenen Nachricht, ließ auf sich warten. Dabei war die Sieben Stunden Karenzzeit längst überschritten.
„Was geschieht jetzt?“
„Schickt die Erde jemanden?, fragten Leute aus der schockierten Menge. Manche schienen die Tragweite der Nachricht nicht verstanden zuhaben, oder zuwollen. Was man ihnen nicht verübeln konnte. Wie setzte man sich damit auseinander das die Familie und Freunde Tod waren? Eine Antwort darauf konnte sie Catherine nicht mal selbst geben.
„Wurde die Erde angegriffen?“ Die Menschen erwachten nach und nach aus dem Schock. Angst und Furcht griffen wie ein Grippevirus um sich. Die letzte Hoffnung hatte sich soeben in Luft aufgelöst.
Catherine trat ein Schritt vor. „Wir haben keine Antwort auf ihre Fragen. Seit der Nachricht die die Marines an die Erde gesendet haben sind Fünfzehn Stunden vergangen. Eine Antwort von Erde steht noch aus.“ Längst war den Frauen und Männern klar welche Bedeutung ihre Worte hatten. Hilflosigkeit ergriff die Menschen. Einige begannen zuweinen. Andere schrien vor Wut und Enttäuschung. Zwei brachen zusammen und wurden von Sanitätern der Marines versorgt.
„Also besteht noch Hoffnung!“, rief jemand aus der Menge.
Jetzt trat Jason vor. „Zwei Zeitfenster sind verstrichen. Die Erde wird nicht antworten.“, stellte er so brutal nüchtern fest das die Menschen ihn anstarrten. Sie konnten nicht glauben das er das zu ihnen gesagt hatte. „Wir sind auf uns alleine gestellt.“ Wie bei einer Ohrfeige zuckten die Menschen zusammen.
Catherine hob beschwichtigend die Hände. „Der Funke einer Hoffnung bleibt.“, hörte sie sich sagen ohne wirklich an ihre Worte zuglauben. Auch ihre Hoffnung war zu staub zerfallen als Captain Greenberg ihr die Nachricht zeigte. „Wir werden den Alpha Stützpunkt auflösen und zur Neuss II gehen. Sollte sich die Erde bis dahin nicht gemeldet haben, können wir uns über-legen was wir machen. Bis dahin möchte ich das jeder für jeden da ist und wir uns gegenseitig helfen.“ Gemurmel entstand. Nicht alle schienen mit der Entscheidung einverstanden den Alpha Stützpunkt aufzulösen.
„Was ist mit den Fremden?“, wollte ein älterer Mann wissen.
„Darum kümmern wir uns.“, entgegnete Jason eine Spur zu scharf. Der Mann funkelte wütend.
„Bitte packen sie schon mal ihre Sachen zusammen. Morgen Vormittag werden wir auf-brechen.“ Catherine unterdrückte ein Seufzen. Sie sah die Menschen an. Ihnen blieb keine andere Wahl. Die Neuss II war ihre einzige Hoffnung Alpha Centauri doch noch zu verlassen. Wie Captain Josephine schon sagte, mit Sicherheit kommen die Fremden zurück um ihre Leute abzuholen, oder abzulösen. Wenn die dann berichteten was geschehen war, würde eine Großoffensive durchaus im Bereich des möglichen sein. Die Marines verfügten auf Alpha Centauri über keinerlei Reserven. Früher oder später konnten sie nur noch mit Steinen werfen. Eine Flucht mit der Neuss II war der einzige Ausweg der ihnen blieb. Immer unter der Voraussetzung die Erde schickte tatsächlich keine Verstärkung und Captain Greenberg irrte sich. Leider musste sie sich eingestehen nicht wirklich daran zuglauben das die Erde Hilfe schickte.
***
Wie erwartet hatten die Fremden alles in die Kolonie geschickt was laufen konnte. Die ver-bleiben Panzer waren im Norden in Stellung gegangen. Kleine Spähtrupps der Fremden sicherten die Hauptstreitmacht in der Kolonie im Umkreis von Zweihundert Metern ab. Die Kolonie zuumgehen kam nicht in Frage. Das Gelände um die Kolonie war zu weitläufig und flach. Ein Strom von Menschen blieb da nicht lange unbemerkt. Es war außerdem zu be-zweifeln ob ein zweites Ablenkungsmanöver klappte. Eine andere Lösung musste her. Zumal sie gewährleisten mussten das kein Fremder diesen Kampf überlebte. Sie durften keine Zeugen zurücklassen, sollte die Hauptstreitmacht zurückkehren. Der Gedanke missfiel der Gouverneurin zwar, war aber nicht zuändern. Entweder die oder wir. Bei solch einer Ent-scheidung entschied sie sich für das WIR. Die Marines würden erst die Gefahr durch die Fremden beseitigen müssen, bevor sich die Zivilsten zur Neuss II aufmachten.
Als der Angriffplan stand ordnete Captain Greenberg für die Marines eine Zehnstündige Ruhepause an. Jason las sich den Plan, den er zusammen mit O’Brien, Josephine, Ramirez, Rinaldi und Nikolos ausgearbeitet hatte noch Mal durch. Um mögliche Fehlerquellen festzu-stellen. Noch hatte er Zeit dazu. Obgleich im Gefecht selten ein Plan Punkt für Punkt ab-gearbeitet wurde, konnte man sich an ihm orientieren.
Ihr Schlag gegen die Fremden war entschlossen. Sie stellten für die lebenden Menschen ein-fach einen unglaublichen Gefahr dar. Falls die Hauptstreitmacht zurückkehrte oder Ver-stärkung schickte durfte es keinen Hinweis auf die Menschen auf Alpha Centauri geben. Um einfach so zuverschwinden durfte niemand als Zeuge zurückbleiben. Zweifel an dem Plan hatte Jason nicht. Er war Soldat. Die Fremden der Feind. Entweder sie oder wir.
Ramirez hielt ihm einen warme Schokolade hin. Sie duftete exotisch. Jason musste lachen. Immer in solchen Momenten brachte ihm Ramirez die selbst gemachte Schokolade. Er nahm die warme Tasse, zog den Duft tief ein und schloss die Augen. Der Duft erinnerte ihn an die feinen weißen Sandstrände Mexikos. Während eines Landgangs hatte ihn Ramirez mal mit-genommen. Damals war Jason frisch zum First Lieutenant befördert worden. Als er am Morgen mit einem höllischen Kater aufwachte, brachte Ramirez ihn dieses Gebräu. Nach einer Tasse war der Kater weg.
„Das Zeug macht laut einer Studie abhängig, Gunny.“ Ramirez zuckte mit den Schultern.
„Studien sind was für Weicheier. Ich habe sie anscheinend falsch eingeschätzt, Sir.“
„So was nennt man Insubordination. In der Regel kommt man vor ein Militärgericht.“, er-widerte Jason und nahm einen Schluck. Wie der Gunny es schaffte das Zeug immer wieder gleich hinzubekommen wunderte ihn. Laut einer Studie war es faktisch unmöglich das Zeug immer wieder gleich hinzubekommen.
„Pah.“, räusperte sich Ramirez abfällig. Jason lachte. Der Gunny war mit nichts zu erschrecken. Er war ein Fels in der Brandung. Lachte dem Tod mitten ins Gesicht, drehte sich um ging weg. Wenn es sein musste war er ein Dreckskerl den alle hassten. In anderen Situationen stellte er sich vor die Marines seiner Truppe und wehrte jeden Angriff ab um sie schützen. Dabei schreckte vor nichts und niemanden zurück. Jason war froh ihn an seiner Seite zuhaben. Von Ramirez Sorte gab es nicht viele im Corp.
„Sie werden es noch bereuen sich mit uns angelegt zuhaben.“, meinte Ramirez düster und sah aus dem kleinen Fenster. Jason sah zum Angriffsplan. Er schloss die Augen. Einige seiner Leute würden sterben. Auch wenn er es wollte, konnte er daran überhaupt nichts ändern. So war das im Gefecht.
„Huha.“, sagte Captain Greenberg und schlug mit der Faust auf den Tisch.
Ramirez drehte sich rum. „Meine Güte, Sir. Sie sind doch ein Marine.“ Jetzt lachten die beiden Männer herzhaft. Keiner von ihnen wusste ob sie ein weiteres Mal so zusammen kommen würden.
***
„Wie weit sind sie?“, fragte Jason Coporal Tallin. Sie tippte auf dem Mobilen Kontrollpanel ein. Kurz darauf ertönte ein leises Summen.
„Fertig.“
„Lassen wir es krachen.“, sagte Ramirez.
Jason nickte. Die Marines luden ihre Waffen durch, schlugen sich die Energiemagazine gegen den Panzerhelm. Ein Ritual bei der kämpfenden Truppe. Dann griffen die Marines von Drei Seiten her die Fremden an. Das Gefecht zum Überleben der Menschen von Alpha Centauri hatte begonnen.
Sergeant Nikolos griff mit seiner Squad und zusammen mit Captain Josephine die Linke Flanke der Fremden an. Gunny Rinaldi attackierte mit seiner Squad und einem Team unter dem Kommando von O’Brien die Rechte Flanke. Captain Greenberg und die Squad von Gunny Ramirez übernahmen zusammen mit den restlichen Marines die Mitte.
Zwei Squads waren im Alpha Stützpunkt geblieben. Sie sollten die Menschen schützen. Solange und so gut es eben ging. Die Spec Squads waren für die Panzer zuständig und sollten ihren Kameraden aus der Entfernung Feuerunterstützung geben. Für den Fall das sie scheiterten, hatten die Spec Squads Befehl zum Alpha Stützpunkt zurückzukehren. Sie waren die einzige Unterstützung die die Marines im Feld zu Verfügung hatte.
Da die Fremden einen solchen Angriff mit Sicherheit erwartet hatten, konnten die Marines keine schnellen Erfolge erzielen. Hinzu kam das die Panzer gut geschützt hinter der vermeint-lichen Frontlinie positioniert wurden. Wodurch die Spec Squads Probleme hatten sie auszu-schalten. Die Panzer feuerten Granaten ab und behakten die Marines mit ihren Gatling Bord-kanonen. Es grenzte an ein Wunder das in den ersten Minuten der Schlacht kein Marines ge-tötet wurde. Was sich mit der fortwährenden Dauer und zunehmenden Intensität änderte. Der Marine, der als erstes starb, war Private First Class Aiko Tanaka. Siebzehn andere sollten folgten.
Die Marines schafften es nach heftigen Kämpfen ihre Stellungen zufestigen und vereinzelte Gegenattacken zu starten. Je länger der Kampf dauerte, desto schwerer würde es werden die Fremden mit einem finalen Gegenschlag auszuschalten. Sie mussten einen schnellen Boden-gewinn erreichen, wodurch die Fremden einen Gegenschlag versuchten. Längst war die Kolonie eine heiße Gefechtszone und in eine Kraterlandschaft verwandelt worden. Wie bei der Gründung der Kolonie ging diesmal erneut um die Zukunft der Menschen. Sie mussten ihr Überleben sichern. Dieser Gedanke ließ die Marines einen ungeheuren Kraftakt vollziehen.
Den Spec Squads gelang es die feindlichen Panzer auszuschalten, und den Fremden damit einen entscheidenden Vorteil zunehmen. Das hatte zur Folge das nun ein Häuserkampf statt-fand. In der Grundausbildung wurden die Marines im Häuserkampf geschult. Hier mochten es keine Häuser sein, das Prinzip blieb das gleiche. Container für Container kämpften sich die Marines ins Zentrum vor. Die Fremden blieben hartnäckig. Jeder Zentimeter wurde teuer er-kauft.
Jason sah zum Himmel hinauf. Der Plan sah vor das Zentrum zuerobern und so lange wie möglich zuverteidigen. Bis der Satellit an dem von Private Tallin errechneten Punkt angelangt war, sie die Stellung im Zentrum aufgegeben konnten und über den Nordhang verschwinden konnten. Der Satellit würde genau im Zentrum einschlagen und die Brennstoffzellen eine ver-heerende Explosion auslösen. Niemand in der Kolonie würde überleben, was ja ihr Ziel war. Die Fremden hatten alle Truppen in der Kolonie versammelt, wohlwissend das die Menschen einen Angriff starteten.
„Also gut Leute. Verschwinden wir.“, befahl Jason seinen Truppen. Es wurde Zeit die heiße Zone zuverlassen.
Sie verließen den zerstörten Wohncontainer, feuerten auf die Fremden die Straßenzug für Straßenzug eroberten. Immer wieder mussten sie anhalten. Langsam kristallisierte sich heraus was sie vorhatten. Man wollte sie einkreisen. Die Marines blieben beweglich. Zulange an einer Stelle zu sein konnte den Fremden in die Hände spielen.
„Sir. Die Kerle nehmen uns in die Zange.“, sagte Private Diego Neal-Santos.
Jason sah Ramirez an. Der farbige Mann mit brasilianischen Wurzeln hatte recht. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit.
„Wir werden sie aufhalten, Sir.“, sagte Gunny Ramirez zu seinem kommandierenden Offizier.
„Ich werde sie nicht zurücklassen, Gunny.“
Ramirez schmunzelte. „Die Menschen brauchen sie. Finden sie eine neue Heimat. Ich kann ihnen diesmal nicht folgen und den Rücken frei halten.“
Eine Granate brachte den Boden zum zittern. Fauchende Energiebolzen schossen um sie herum. Die Fremden nahmen sie unter Kreuzfeuer. Viel Zeit blieb nicht.
„Ich Befehle ihnen…“
„Tut mir leid, Sir.“, waren die letzten Worte des Gunnys an Jason. „Auf geht’s Leute. Semper Fi.“ Keine aus der Squad zögerte auch nur eine Sekunde. Die Sechs Marines stürmten hinaus und stellten sich den Fremden in einem offenen Kampf.
Erst die Stimme von Private Tallin holte Jason aus der Starre. „Sir. Eine Minute bis zum Ein-schlag.“ Sein Drang dem Gunny zufolgen und Seite an Seite mit ihm zukämpfen war un-gemein groß. Ein Blick zu der jungen Frau reichte aus um ihn von seinem Vorhaben abzu-bringen. Die Menschen verließen sich auf ihn. Er nickte. Sie verließen die Deckung, rannten auf den Nordhang zu. Immer wieder schossen fauchende Energiebolzen an ihnen vorbei. Ein Fremder trat aus einem Seitenweg. Jason erschoss ihn aus dem Lauf heraus. Hinter ihnen tobte ein Höllengefecht. Die Fremden konzentrierten sich auf Ramirez Squad. Was das Ziel des Gunnys gewesen war.
Sie erreichten den Hang und stiegen ihn hinauf. Die Scharfschützen gaben Ramirez Squad vom Kamm aus Deckung. Ein lauter Knall ertönte über ihnen. Am Himmel tauchte der herab stürzende Satellit. Tallin hatte war wenige Meter vom rettenden Kamm entfernt, als sie ihren Halt verloren und den Hang herunterrutschte.
Jason schlug seine linke Hand und die Stiefel in den Hang. Mit der rechten Hand packte er ihre Hand. Ein brutaler Ruck ging durch seine Schulter. Der heiße Schmerz ließ ihn glauben alle Sehnen und Bänder seien gerissen. Trotz allem ließ er nicht los.
Über ihnen zog der Satellit einen Feuerschweif hinter sich her. Er raste weiter auf die Kolonie zu.
Tallin gelang es Halt zu finden. Zusammen stiegen sie den Hang empor. Die Beine wurden schwer. Ein Schmerz wie bei glühende Nadeln ging durch seine Muskeln. Schritt für Schritt stiegen sie weiter hinauf. Jason griff die rettende Kammnaht.
In diesem Moment lief alles in Zeitlupe ab. Der Satellit schlug ins Zentrum der Kolonie ein. Jason und Private Tallin waren über dem Kamm, als die Brennstoffzellen auseinanderbrachen und explodierten. Die Schockwelle riss alles mit, zermalmte die letzten Überbleibsel der Kolonie und ließ nichts zurück. Der Feuerball verbrannte die Erde.
Der Kamm lenkte die Schockwelle noch oben hin weg. Über den Marines ergoss sich ein Regen aus Erde und Teilen der Kolonie. Sekunden später herrschte eine Ruhe wie nach einer Apokalypse.
***
Zwei Tage später waren die Tests an der Neuss II abgeschlossen. Man hatte die Wasserturbinen ausgeschlachtet um den Frachter wieder flott zumachen. Noch immer herrschte unter den ehemaligen Kolonisten eine bedrückende Stimmung. Ohne den Satelliten wäre es ihnen nie gelungen die Fremden zuvernichten. Ob ihnen eine Wahl blieb, fragte sich Jason nicht. Es spielte so oder so keine Rolle mehr. Entscheidungen mussten getroffen werden. Danach musste man mit ihnen Leben. Das galt nicht nur für einen Soldaten, sondern auch für normale Menschen. Denn jeder war ein normaler Mensch, ob er nun eine Uniform trug oder nicht machte keinen Unterschied.
Jason stand auf der Rampe. In seiner Hand hielt er eine Tasse mit der Schokoladenmischung die ihm Ramirez oft gemacht hatte. Tatsächlich war es ihm nicht gelungen das Aroma so hin zubekommen wie es der Gunny stets schaffte.
Gouverneurin Vega trat neben ihn. Sie sah sich den Sonnenuntergang an. Ohne die Marines wären sie nicht hier. Ganz gleich wie andere über die Frauen und Männer dachten, für Catherine hatten sie unglaublichen Mut bewiesen. Jetzt lag es an ihnen für die Menschen eine neue Zukunft zuschaffen. Eines Tages kehrten sie zur Erde zurück. Daran glaubte sie fest. Zukünftige Generationen würden die Menschheit wiedervereinen.
„Ma’am. Die Letzte Gruppe ist jetzt dran.“, teilte ihr Berger mit.
„Ich komme.“
Sie sah Jason an, drückte ihm die Schulter und ging ins Innere des Frachters. Er blieb draußen, sah sich den Sonnenuntergang an und versuchte Antworten auf Fragen zu finden die er sich auszusprechen nicht wagte. Zweifel ob es das richtige gewesen ist, würden ihn stets begleiten bis in den Tod. Er konnte damit leben. Ein letzter Schluck bevor er sich einfrieren ließ.
Die Tasse hatte seine Lippen nicht berührt, als plötzlich jeder Partikel und jedes Atom ge-froren. Als hätte jemand die Zeit angehalten. Nichts bewegte sich mehr. Alles war wie in Starre.
„Historische Dokumentation beendet.“, ertönte es kristallklar. Kurz darauf löste sich die gesamte Umgebung mit einmal auf. Zurück blieb ein Raum mit Hunderten Punkten und Ver-bindungen die leuchteten.
„Habt ihr noch fragen?“, fragte die Lehrerin in der Zuschauerloge ihrer Schüler. Die Jugend-lichen hatten die Dokumentation über die Ereignisse auf Alpha Centauri mit großem Interesse verfolgt.
Eine Schülerin meldete sich. „Ja, Thaila.“ Sie war ein Mischling und eine gute Schülerin.
„Stimmt es das sie nicht wussten ob die Erde angegriffen wurde?“
Eine gute Frage. Die Lehrerin wartete wenige Sekunden, bevor sie antwortete. „Einiges von dem, was ihr in der Holodokumentation gesehen habt, basiert auf Vermutungen und wurde zum Teil frei erfunden. Die Aufzeichnungen der Neuss II und den Anfängen nach der Landung auf Terra sind unvollständig. Manches konnte nicht gerettet werden. Andere Daten-strömen werden in mühevoller Kleinarbeit restauriert.“ Sie machte eine Pause, sah jeden ihrer Schüler an und fuhr dann fort. „Eines Tages werden wir die Erde finden. Erst dann können wir mit Bestimmtheit sagen, ob die Entscheidung richtig oder falsch war.“
Eine weitere Meldung. „Marcus.“
„Wurde die Nachricht von der Erde gefunden?“
Die Lehrerin schmunzelte. „Nein.“
„Was ist mit der Position der Erde?“, fragte Ke’ja ohne sich vorher gemeldet zuhaben.
„Die Logbücher der Neuss II sind unvollständig. Man nimmt an, dass das eine Folge des langen Fluges ist und der Computer den Speicher gelöscht hat um Platz zuschaffen für andere Daten.“
Enttäuschung spiegelte sich in Ke’jas Gesicht.
Sekunden verstrichen. Da es keine weitere Meldung gab, verließ die Klasse die Zuschauer-loge. Der Klassenausflug in die Vergangenheit war vorbei. Morgen würden sie noch mal darüber sprechen und weitere Fragen beantworten.
Draußen wartete bereits eine weitere Schulklasse. So begann die Holodokumentation von vorne. Sie war eine Attraktion im Museum für historische Geschichte auf Terra in Vega Stadt.
Ende
(25.10.2007)
© by Alexander Döbber