A Bittersweet Symphony - Harry Potter und der Orden der Macht - SciFi-Forum

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A Bittersweet Symphony - Harry Potter und der Orden der Macht

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    #31
    31. Chaos




    Draco wurde von Bellatrix’ Fluch frontal getroffen und fiel der Länge nach hin. Er schrie aus Leibeskräften und wand sich am Boden, während sie immer weiter lachte und lachte und lachte. Schließlich gab sie ihm den Auftrag, ein wenig in Hogsmeade “aufzuräumen“ und die “Neue Ordnung“ zu verbreiten.

    Crabbe und Goyle flankierten Malfoy, während dieser zusammen mit acht anderen, neuen Todessern in dem Ort nahe der Zauberer-Schule apparierte. Sie machten sich nicht mehr die Mühe, sich zu maskieren und ihre Gesichter vor der Öffentlichkeit zu verbergen, denn das hielten sie jetzt nicht mehr für erforderlich. Malfoy riss als erster seinen Zauberstab heraus und schleuderte einen Schwebezauber gegen einen unbeteiligten Passanten, der daraufhin durch die Luft geschleudert wurde. Die anderen lachten und taten es ihm gleich. Plötzlich wurden auch andere Menschen von Flüchen und Zaubern erfasst und durch die Luft katapultiert, doch das wurde schnell langweilig. Jetzt griffen die Todesser richtig an. Die verschiedensten Flüche peitschten durch die Luft und setzten Strassen und Schaufenster in Brand. Menschen, die schreiend aus den brennenden Häusern herausgelaufen kamen, wurden zum Spaß mit dem Cruciatus belegt und die Todesser ergötzten sich daran, wie sie sich am Boden in ihren Qualen wanden. Die jungen Wilden fielen bald im Honigtopf ein und verwüsteten den ganzen Laden. Danach ging es in die drei Besen – einen heben. Tische und Fässer wurden durchgeschüttelt und die Gäste wurden mit allem bespritzt, was nicht schon vorher zu Bruch ging. Einer, der sich schützend vor eine Frau stellen wollte, an denen die Todesser gefallen gefunden hatten, wurde per Todesfluch vom Diesseits in die andere Welt befördert.

    „Da, sieh nur! Sie rennen wie die Hasen!“, schrie Malfoy erfreut und jagte einigen Todesflüche auf den Hals, die getroffen über die Theke fielen oder einfach auf ihren Stühlen zusammensackten. Crabbe und Goyle vergnügten sich mit einem weiteren, weiblichen Gast und nach vollbrachter Missetat, um ihr die Schande zu ersparen, bedachten sie diese dämonisch lachend mit dem grünen Blitz. Draco dachte an seinen Vater und dessen Erzählungen aus den „guten, alten Tagen“, wo sie mit viel Geschrei im Namen des dunklen Lords durch die Strasse zogen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Ja, die guten Zeiten waren wieder zurück! Er nahm sich, was er wollte. Bald, sehr bald würden sie ihre Welt verlassen und Muggel jagen gehen. Ein in alter Zeit gut gepflegter Sport. Man suchte sich einen Muggel, entführte ihn in die Zauberwelt und ließ ihn irgendwo im Wald frei. Dann gab man ihm ein oder zwei Stunden Vorsprung, bevor die Jagd begann. Sie endete erst, wenn einer der Zauberer den Muggel erwischt hatte. Wie auch immer... Sein Vater machte sich einen Spaß daraus, den Muggel glauben zu lassen, er könnte entkommen, weswegen er ihm einen Handel anbot. Ging der Muggel darauf ein, führte er ihn an einen “geheimen Ort“, den nur er kannte. Dort warteten dann seine Freunde und gaben dem Schreienden den Rest. Ja, die guten Zeiten waren wieder angebrochen.

    Doch es gab etwas, auf das freute sich Draco noch mehr als auf jede Muggeljagd. Er wusste, das Schlammblut auf dem Thron würde ihm gehören. In seinen Gewaltphantasien malte er sich aus, wie er sie langsam, mit ausgeklügelten Foltertechniken, zu Tode brachte, nachdem sie ihm in den kommenden, goldenen Jahren als seine private Sklavin zu Diensten sein würde, wann und wo immer er es wünschte. Allein der Gedanke daran erregte ihn derartig, dass er fast vergaß, weshalb sie hergekommen waren. Er erschrak regelrecht, als Crabbe und Goyle ihn riefen.

    „Stupor! Träum nicht! Weiter. Es wartet noch viel Arbeit hier auf uns!“, sagten sie, während ihn seine beiden tumben Spießgesellen anstießen. „Ihr könntet hier mal saubermachen, Pack!“, schrieen sie lachend, bevor sie den Laden verließen, um sich mit den anderen Anhängern auf der Strasse zu vereinen.

    „Hier gibt es Ärger!“, schrie einer zu ihnen herüber und wartete darauf, dass man ihm zu Hilfe kam. Die Attacke war nicht lange verborgen geblieben. Aus dem ministerialen Aurorenbüro wurden schnell ein paar Leute zur Abwehr des Schlimmsten geschickt und man lieferte sich jetzt eine offene Straßenschlacht mit dem Gegner. Am Anfang sah es so aus, als ob die Todesser von den Auroren schnell zurückgedrängt wurden, doch als noch Malfoy, Crabbe und Goyle eingriffen und mit grünen Blitzen einen nach dem anderen erledigten, wendete sich rasch das Blatt.

    „Morsmorde!“, kreischte Goyle und das dunkle Mal erschien über den Drei Besen, Zonkos Scherzartikel Laden, dem Honigtopf und über der offenen Strasse. Der ganze Ort war in schwarzgrünes Glühen getaucht, als die letzten Auroren unter einem Gewitter aus Todesflüchen zusammenbrachen und ihr Leben auf ihren Knien um Gnade winselnd aushauchten. Immerhin ließ man ihnen die Wahl zwischen sterben oder sich seiner dunklen Herrin anzuschließen. Bedauerlicherweise wählten viele von denen den Tod. Einige jedoch erkannten die Zeichen und liefen zu den Reihen des Feindes über. Sie waren in der Tat die Helden der Stunde – jene Glücklichen, die noch in der Lage waren zu erkennen, dass das wahre Glück im Dienste Bellatrix’ bestand. Man würde sie reich belohnen für ihre Taten. Die Aufnahmeprüfung wurde gleich hier an Ort und Stelle vollzogen. Es liefen noch so viele Gestalten umher, denen sie nur einen Todesfluch auf den Hals jagen mussten. Jene, die es taten, wurden aufgenommen und jene, die es versuchten, sich doch noch gegen die Todesser zu wenden, mussten sterben. Alles in allem war Draco mit diesen letzten Stunden zufrieden. Überall lagen tote Zauberer am Straßenrand, Geschäfte brannten und Menschen rannten schreiend und unkontrolliert durch die Gegend. Sie hatten den Ort richtig aufgemischt – genau so, wie Bellatrix es ihnen befohlen hatte.

    Am nächsten Tag waren die Zeitungen voll mit Berichten über den Angriff der Todesser auf Hogsmeade. Man sprach von über fünfzig Toten und noch mehr Verletzten. Das Ausmaß der Verwüstungen wurde als unbeschreiblich betitelt. Im Ministerium verweigerte man jeden Kommentar zu den aktuellen Ereignissen. Zu frisch war noch der frühe Tod des Quidditch-Stars im Halbfinale der Weltmeisterschaft; zu frisch das Erlebnis im Finale; zu frisch der provisorische Minister Shackleboldt im Amt. Er hatte alle Hände voll zu tun, eine Spur von Ruhe zu bewahren, während der Tagesprophet unablässig hetzte. Heute war es Hogsmeade, morgen der unfähige Minister und Übermorgen konnten andere Schuld an der Misere sein. Sie waren führungslos – hoffnungslos.

    Es war beispiellos.

    Erst jetzt merkten sie, wie sehr ihnen Hermine Weasley wirklich fehlte.

    Andere auch.

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      #32
      32. Rückzug




      Natürlich blieb auch Harry nicht verborgen, was in der Welt geschah und wie die neuen Todesser Hogsmeade zugerichtet hatten. Er versuchte Mine anzusprechen, doch er hatte keinen Erfolg. Es war fast, als wäre er Luft. Sie ignorierte ihn komplett. Doch diese Ignoranz beschränkte sich nicht nur auf ihn. Auch ihre Kinder und jeder andere war nicht existent.

      Als Harry sie auf der Kinderschaukel hin- und herschwingen sah, hatte er das Bild eines Engels vor sich. Ihr langes, braunes Haar wiegte sich im Wind, während Hermine mit dem Schnatz in den Händen vor sich hinschaukelte. Er ging zu ihr, setzte sich auf den weichen Boden und beobachtete sie eine Weile, so als wartete er auf eine Reaktion ihrerseits, doch nichts geschah. Sie blickte nur leer geradeaus. Jede Freude war aus ihrem Blick gewichen und unablässig rollten Tränen über ihre Wangen.

      Den Kindern versuchte er zu erklären, dass ihre Mutter Ruhe brauchte und sie sich deshalb so komisch verhielt. Doch er glaubte durchaus zu erkennen, dass die Kleinen mehr mitbekamen, als er selbst wahrhaben wollte. Später im Fuchsbau berichtete er Molly und Arthur von Hermines immerwährend gleichbleibenden Zustand. Es trat keine Verbesserung ein, aber auch keine Verschlechterung. Molly schlug vor, sich an einen Heiler aus dem St. Mungos zu wenden, doch Harry winkte ab. Er war der Ansicht, man würde sich dort nicht genug um sie kümmern – stattdessen ließe man sie dort nur unter Aufsicht dahinvegetieren und das war nichts, was sie wirklich brauchte. Hermine bedurfte eines Impulses, um wieder aus der Agonie zu erwachen. Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er sich, dass die Antwort auf die Frage im verbotenen Wald zu finden war. Nur wie sah am Ende die Frage aus? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.

      Da er sich verantwortlich fühlte, ließ er sie fast nie allein. Die Kinder spielten im Garten und Harry beobachtete Mine entweder aus dem Haus, während der Arbeit in den Beeten oder er setzte sich einfach nur ein wenig zu ihr und sprach mit ihr, auch wenn sie scheinbar nicht zuhörte und auch keine Reaktion auf seine Worte zeigte. „Ich habe vorhin mit McGonagall gesprochen“, sagte er. Er legte eine kleine Pause ein, bevor er fortfuhr: “Ich habe sie gefragt, ob sie mich noch weiter vertreten kann und sie hat zugesagt. Irgendwie habe ich den Eindruck, als versuchte sie, etwas wiedergutzumachen. Ich denke, als eine der wenigen hat sie eingesehen, dass nicht alles, was unser Mentor ersonnen hatte, auch wirklich gut für uns war.“

      Jetzt wartete Harry wieder ab, ob sich eine Regung zeigte, doch nichts dergleichen war der Fall. Mine stierte mit nassen Augen auf den Boden und streichelte ihren Schnatz. Einmal hatte Harry versucht, ihr den kleinen Ball wegzunehmen und wurde das Opfer einer völlig unkontrollierten Schreiattacke. Es waren keine zusammenhängenden Worte, nur wildes, lautes Gekreische. Danach ließ er sie gewähren und unternahm keine weiteren Versuche in diese Richtung. „Ich muss in Hogwarts noch einige Dinge erledigen, aber ich möchte euch hier nicht allein lassen. Es ist in letzter Zeit zu viel passiert, als dass ich es verantworten kann, euch hier einfach so zurückzulassen!“, log Harry jetzt eiskalt. „Und außerdem möchte ich, wenn die Kinder mich begleiten, dass auch ihre Mutter bei ihnen ist!“, fügte er hinzu und tastete sanft nach ihrer Hand. Für einen winzigen Augenblick überkam ihn der Eindruck, als könne er ein unscheinbares Nicken wahrnehmen, doch der Moment war so schnell vorüber wie er gekommen war. Sie ließ zu, dass er ihre Hand in die seine nahm. Als er langsam aufstand, erhob auch sie sich ohne Widerstand und trottete ihm mit einem leisen Singsang auf den Lippen hinterher.

      Es war ein seltsames Bild, was sich da bot. Harry Potter mit einer scheinbar komplett verwirrten Hermine Weasley im Schlepptau, die ihm offensichtlich willenlos folgte. Er fragte sich allerdings unablässig, was sie in ihrem Zustand, wenn man es denn so beschreiben wollte, wirklich vernahm oder gar empfand.

      „Na Leute? Alles zusammengepackt?“, fragte er jetzt laut die Kinder und diese bejahten eifrig seine Frage. „Und auch alles schon in der Hosentasche? Mamas Sachen auch?“, erinnerte er aufmerksam. Als die Kinder auch dies bestätigten, versiegelte er das Haus mit einigen Schutzzaubern und nahm die Kinder und Hermine an die Hand, damit sie via Portschlüssel in die große Halle des Schulgeländes reisen konnten. Hier wurden sie alsbald von Minerva und einigen anderen Professoren begrüßt und in die hergerichteten Zimmer geführt. Die Jungen bekamen jeder ein eigenes, während Harry und Hermine zwei direkt nebeneinander liegende bezogen. McGonagall zeigte sich sehr bestürzt über ihren Zustand und fragte Harry, ob Poppy sie sich einmal ansehen dürfte. Nach anfänglichem Zögern stimmte Harry dem schließlich zu. Immerhin hatte er jener begnadeten Hexe, die den Krankenflügel von Hogwarts leitete, auch mehr als einmal seine Gesundheit zu verdanken. „Magst du dich ein wenig hinlegen, Mine?“, fragte er sie und wollte sie schon in das bereitgestellte Zimmer führen, doch sie wollte nicht und ging wie immer wortlos an den anderen vorbei. Ihr Weg schien sie auf direktem Weg in den Schulgarten zu führen. Harry ließ sie gehen und bedeutete auch den anderen, Hermine nicht aufzuhalten oder zu behelligen. Er war schon mehr als froh, dass sie sich hierher so unkompliziert hatte “entführen“ lassen, weshalb er jetzt nicht noch anderes von ihr verlangen wollte – jedenfalls nicht im Augenblick.

      In den darauf folgenden Tagen spielte sich zum Teil immer wieder das gleiche Ritual ab. Hermine kam zum Frühstück, wenn alle Schüler bereits fertig waren und in ihren Klassen verschwanden, so dass sie fast allein war. Immer weniger der jeweils Anwesenden nahmen Notiz von ihr. Sie behandelten sie so, wie sie behandelt werden wollte: Wie Luft. Harry hatte es am ersten Tag nach seiner Rückkehr anlässlich des Abendessens gesagt, dass die Zaubereiministerin auf unbestimmte Zeit als Gast im Hause weilen würde und es am besten wäre, wenn man sie nicht weiter beachtete. Einige der Slytherins glucksten bei seinen Worten, doch Professor Snape brachte jeden, der sich an ihr versuchte, mit harten Punktabzügen zur Räson. Und auch, wenn sich die beiden Männer von ganzem Herzen verabscheuten, konnte Harry eine gewisse Bewunderung nicht ganz unterdrücken. Genau wie damals, als er erkannte, auf welcher Seite der Zaubertränkemeister wirklich stand, doch zeigen konnte er es nicht. Im Grunde seines Herzens wusste Snape, dass es Harry genauso ging, wie ihm selbst. In einer stillen Minute nahm Snape ihn beiseite und sagte, dass er ihn zu verstehen glaubte, weshalb Harry jetzt nach all den Jahren gegenüber dem Orden so ausgerastet sei. Er machte ihm aber auch gleichzeitig klar, dass jene nicht anders handeln konnten, so wie auch er selbst und Potter nicht anderes handeln konnten. Harry wusste ganz genau, worauf er damit abzielte. Seine Schuldgefühle wegen Sirius im Ministerium! Die alte Wunde würde niemals heilen, aber jetzt konnte Harry zumindest erkennen, dass weder der eine noch der andere eine andere Wahl hatte. Nicht er, nicht Sirius, nicht Snape, nicht Dumbledore. Keiner!

      Madame Pomfrey ging ein paar Mal zu Hermine an den See und besah sie sich einfach nur. Sie wagte es nicht, sie untersuchen zu wollen und so verließ sie sich auf ihr Gespür. Jedoch konnte sie Harry nichts sagen, was der nicht schon selbst vermutete. Hermine ließ niemanden an sich heran. Die Kinder gingen ebenfalls öfter zu ihrer Mutter, um einfach nur bei ihr zu sein und ihr das Gefühl zu geben, nicht allein zu sein. Harry hoffte, dass sie durch diese immer wiederkehrende Nähe derjenigen, die sie von ganzem Herzen liebten, einen Weg zurückfinden würde.

      Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt, denn sie blieb apathisch

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        #33
        33. Im Wald




        Harry wusste, dass er seine Rückkehr zu Jonathan nicht mehr allzu lange hinauszögern konnte. Doch er hatte Furcht davor, ihm in die Augen zu sehen nachdem, was er getan hatte und doch war ihm klar, dass es keinen Sinn hatte wegzulaufen. Er würde dem nicht entkommen können. Irgendwann musste er sich stellen, jedoch war er noch nicht dazu bereit. Im Augenblick konnte er es einfach noch nicht. Hermine brauchte ihn vielleicht und dann war er nicht da wenn sie seiner bedurfte. So erledigte er seine täglichen Arbeiten und hing schwermütig der Vergangenheit nach.

        Ginny, oh Ginny, du fehlst mir so sehr – ich kann gar nicht sagen, wie sehr. Ich ertränke mich in Arbeit, nur, um nicht immerzu an dich denken zu müssen. Jeden Tag und jede Nacht wünsche ich mir, dass du bei mir bist und mich überkommt das Verlangen, einfach Schluss zu machen und zu dir zu kommen, um wieder deinen süßen Atem und deine liebevollen Berührungen zu spüren, die ich so sehr vermisse. Warum muss ich stark sein? Warum kann mich nicht auch einfach der süße Schleier des Vergessens übermannen, wie er es mit Hermine getan hat? Vielleicht ist sie jetzt glücklicher in ihrer Welt – jener Irrerealität, die sie für die Wirklichkeit hält und in der Ron immer noch bei ihr ist. Ich sehe sie dahinschweben wie einen Engel und beneide sie. Was soll ich nur tun? Sag mir was? Wird die große Leere jemals für mich enden?

        Während er seinen Gedanken nachhing, verschwanden die drei Kinder zum See – dorthin, wo sich Hermine immer zurückzuziehen pflegte. Sie hatten gemeinsam einen verwegenen Plan geschmiedet. Sie wollten in den Wald gehen und nach Jonathan suchen, um ihm ihre Erfolge zu präsentieren und dabei kamen sie auf einen verwegenen Plan.

        „Was meinst du, Jim… Ob sie uns bemerkt?“, sagte er und stieß ihn an, während er ihm bedeutete, nicht so schnell aufzuschließen. Doch James-Sirius schüttelte den Kopf. „Ich glaub’ nicht!“, sagte dieser und sie liefen weiter auf sie zu. Hermine hatte sich wie jeden Morgen mit dem Schnatz in den Händen an das Ufer des Schwarzen Sees begeben, um hier den Tag zu verbringen. Sie sprach nicht und sah auch niemanden an, der das Wort an sie richtete. Sie blickte einfach nur über das Wasser zum weit entfernten Ufer hinüber. Als die Kinder sie erreichten, stellten sich die drei hinter sie und beobachteten über ihre Schulter hinweg, wie sie den kleinen goldenen Ball mit den elfenhaften Flügeln streichelte.

        „Mama, können wie mit dir reden?“, versuchte es Connor, doch nicht passierte. „Mama, wir wollen in den Wald gehen! Kannst du nicht mitkommen, dann sind wir nicht so allein…“, fügte William hinzu und Jim wartete noch einen Augenblick, bis er sich einfach neben sie setzte und sich an ihre Schulter lehnte. Als Hermine die Wärme des Kindes spürte, begann sie zu schluchzen und die Tränen rollen nun wieder massiver aus den Augen. William nahm ihre Hand in die seine und zog sie sanft nach oben. Hermine folgte der Bewegung und stand tatsächlich auf. Connor nahm nun ihre andere Hand und die drei führten sie zusammen mit James-Sirius, der vorausging, in den verbotenen Wald.

        Es dauerte nicht lange, da wurden die vier von Zentauren flankiert, die sie still und schweigend begleiteten, bis sie selbst nicht weitergingen. Den Kindern aber bedeuteten sie, dass diese ohne Gefahr weitergehen konnten. Hier begann das Reich des Magiers, dessen Nähe sie suchten und alsbald fanden. Er lehnte an einem Baum und es sah so aus, als ob er schliefe, doch es sah nur so aus. Jonathan öffnete die Augen und blinzelte im Licht der morgendlichen Sonnenstrahlen, die durch das Dach der Blätter mit sanfter Wärme streichelten. Er lächelte und forderte die Kinder auf, sich zu setzen, was diese auch taten. Mine ließ sich von den Kindern einfach mit herunterziehen.

        „Kannst du uns nicht helfen?“, fragte Connor geradeheraus. „Wir möchten unsere Mutter wieder zurück. Sie fehlt uns so sehr!“, weinte der kleine Junge jetzt fast, als Jonathan sie ansah und die Hand vor ihrem Gesicht ein paar Mal hin und her bewegte, doch nichts geschah.

        „Ich weiß! Ich weiß, dass sie euch fehlt, aber ich denke, ich kann nicht.“, antwortete er leise und merkte, dass die Jungen darüber enttäuscht waren. „Ich darf nicht…“, fügte er hinzu. „Was ist, wenn ich versage? Dann kommt eure Mutter nie mehr zurück. Das darf ich nicht riskieren. Sie wird nicht mit mir gehen und für immer verschwinden, sollte ich versagen. Wollt ihr wirklich, dass ich es immer noch versuche?“, fragte er leise und ernst. „Wo ist sie denn?“, wollte nun Connor wissen und hoffte auf eine Erklärung des Magiers.

        „Sie ist auf einer anderen Bewusstseinsebene. Sie hat sich in der Magie verloren und nur jemand, dem sie blind vertraut, wird vielleicht in der Lage sein, sie zurückzuholen. Ich glaube nicht, dass ich das kann. Es ist eine Art Wachtraum. Der hat aber mit dem Zauber nichts zu tun. Versteht ihr?“, fragte er und obwohl sie nickten, war er sich sicher, dass keine Ahnung hatten, wovon er sprach. „Papa muss es tun, nicht wahr?!“, sagte James-Sirius feststellend und Jonathan stimmte ihm zu. „Ja, ich denke, er ist der einzige, der es kann, wenn er gelernt hat, wie. Sie waren in der Vergangenheit oft eins.“, antwortete der Magier und dachte weiter, dass seine Frau es auch gekonnt hätte, wenn sie denn noch am Leben gewesen wäre. Aber sie hatten alle noch lange nicht genug Zeit miteinander verbracht, um es wirklich hätten anwenden zu können. Ginny und Ron waren auf dem besten Wege sich weiterzuentwickeln, doch dann kamen die so jähen Enden. Mine war eine seiner besten Schülerinnen, die der Magier jemals hatte, doch auch Hermine konnte den Gefühlen nicht trotzen und erlag ihnen schließlich, statt diese zu nutzen. Doch es gab noch Hoffnung! Seine Hoffnung lag nun auf Harry, was Hermine betraf und für die Zukunft auf den Kindern, denn das waren sie. Die Kinder waren die Zukunft der Magie. „Und nun wollen wir doch mal sehen, wie weit ihr gekommen seid, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben!“, sagte er und hielt ihnen seine Hände, die diese auch ergriffen. „Wir schließen jetzt unsere Augen und befreien den Geist. Lasst einfach los. Denkt an nichts und fühlt die Magie.“, sagte Jonathan leise.

        Die Jungen reichten einander die Hände und verfielen schnell in den Zustand, den sie als den Wachtraumzauber beschrieben und erst nach mehreren Stunden kamen sie von der Reise zurück. „Es war phantastisch!“, meinte Will. „Ja? Na dann, wenn es so war, dann zeig uns doch mal, wie gut du klettern kannst“, sagte der Magier lächelnd, der sich nun neben Mine setzte und ihre Hand in die seine nahm. Hermine wehrte sich nicht. Stattdessen versiegten die Tränen und sie begann sich ein wenig zu entspannen. Es machte den Eindruck, als könne sie einen Teil von ihm fühlen und diesem Teil ergab sie sich. Vielleicht sprach er zu ihr in leisen, nur für sie verständlichen Worten, die jenes durchdrangen, was für alle anderen undurchdringlich war.

        Will nahm eine starre Haltung ein und plötzlich machte er ein zwei Sätze über die Äste nach oben, drehte sich und sprang in einen andern Baum. Die beiden anderen Jungen folgten schnell ihrem Freund. Es war eine Art magisches Training von Schnelligkeit, gepaart mit gefühlsbetontem handeln. „Seid vorsichtig“, mahnte Jonathan sie, “ihr dürft euch nicht in ihr verlieren. Sie kann eine tückische Braut sein. Sie will euch, sie lockt euch – mit immer neuen Versprechen, aber ihr dürft ihr nicht zu viel geben, sonst erliegt ihr, wie…“ Doch William unterbrach ihn und beendete den Satz mit den Worten: “Wie unsere Mutter!“ Jonathan nickte.

        „Muss er Mutter so zurückholen, wie du die Eltern von Mr. Longbottom zurückgeholt hast?“, wollte Connor jetzt wissen. „Ja, so ähnlich!“, antwortete der Magier. „War das schwer für dich?“, bohrte er weiter und Jonathan wurde kryptischer. „Ich wusste, was zu tun war. Eines Tages wirst du es auch wissen, wenn du jetzt schön weiterübst!“, sagte er und brachte den Jungen somit zum Schweigen. Er beobachtete jetzt nur noch, wie sich die Kinder in den Wellen des Windes schneller und schneller bewegten. Sie wurden sichtbar unsichtbar.

        Schatten.



        34. Merlins vergessene Kinder





        Als Jonathan das St. Mungos verlassen hatte, überschlugen sich die Heiler und alle, die glaubten, etwas damit zutun haben zu müssen. Jeder wollte einen Blick auf die beiden werfen. Keiner konnte es glauben, wenn er es nicht mit den eigenen Augen gesehen hatte. Alice und Frank Longbottom saßen aufrecht in ihren Betten und schwatzten wie die Kinder. Zum letzten Male hatten sie sich vor rund 30 Jahren bei Verstand gesehen. Jonathan hatte sie vielleicht zurückgeholt, was er allerdings nicht zurückbringen konnte, waren die verlorenen Jahre, die Freunde, die Familie. Sie ließen unzählige Untersuchungen über sich ergehen, bis Neville zusammen mit Luna eine Entlassung aus dem Krankenhaus erwirkte, denn schließlich ging es beiden gut. So gut, wie es ihnen ging, bevor Bellatrix und ihre Schergen ihrem Glück ein jähes Ende bereiteten und sie in den Wahn folterten.

        Neville konnte sein Glück kaum fassen und auch jetzt, nach ein paar Tagen, war er immer noch aus dem Häuschen. Luna hatte alle Hände voll zu tun, ihn am Überschnappen zu hindern. So sehr hatte ihn die Freude um die wundersame Rückkehr seiner Eltern übermannt. Luna bekam vom Ministerium Urlaub wegen der außerordentlichen, familiären Situation und Neville unterbrach seine Forschungen bis auf weiteres. Alles andere konnte jetzt warten.

        Der Tagesprophet und der Klitterer waren voll mit Artikeln über die Longbottoms. Jeder kannte sie auf einmal und jeder war auch mit ihnen irgendwann einmal befreundet oder zumindest gut bekannt. Die Zeitungen trieben immer unwahrscheinlichere Theorien und Vermutungen auf, was damals wie heute passiert sein konnte, doch nur Neville selbst kannte die Wahrheit – ein unbekannter Zauberer trat neben das Bett seiner Eltern, nahm deren Hände und weckte sie auf. Der immerwährende Schleier verflog, als ob er nie da gewesen wäre. Und für ein paar Augenblicke war Neville wieder der kleine, unsichere Junge, der voller Angst den Zaubertränke-Unterricht betrat, doch nur für ein paar Augenblicke.

        Nachdem er die beiden zu sich und Luna nach Hause geholt hatte, machten sie sich daran, ihnen beizubringen, was in den letzten Jahren alles passiert sei. Sie hatten es ruhig angehen wollen, den beiden Erwachten die Vergangenheit und Gegenwart zu erklären: Dass Harry Potter Voldemort besiegt hatte. Dass man kurzzeitig annahm, Neville selbst könnte der Auserwählte sein und nicht Harry, da ja auch er geboren wurde, als der siebte Monat starb. Doch das zerschlug sich schnell, da der dunkle Lord sich seinen Gegner selbst zeichnete und Harry eine Narbe trug und nicht er. Später kamen dann auch noch andere Mitglieder des Ordens vorbei. Sie fielen sich mit Mad-Eye, Molly und Arthur in die Arme, für die Franks und Alice’ Rückkehr aus dem Reich des lebenden Todes eine willkommene Abwechslung in ihrer eigenen Agonie darstellten, da sie im Laufe der letzten Wochen zwei ihrer Kinder auf so grausame Weise verloren hatten und Hermine ebenfalls auf der Schwelle zum Wahnsinn schwebte.

        Frank und Alice konnten kaum glauben, wer alles nicht mehr unter ihnen weilte. Siruis und Remus, die Prewetts, James und Lily, Benjy Fenwick, Bones und schließlich Dumbledore. „Alle tot?“, fragten sie leise und kopfschüttelnd, woraufhin Neville matt bejahte. „Es tut mir Leid, aber es ist leider so.“, antwortete ihr Sohn mit trauriger Stimme. Und dann kam die Frage, vor der er sich am meisten fürchtete. „Und was ist mit ihr? Mit Bellatrix? Ist sie auch tot?“, fragten sie nun fast gemeinsam. Neville schüttelte langsam seinen Kopf, bevor er zugeben musste: „Sie haben sie in Askaban eingesperrt, aber leider ist sie ein paar Mal zwischendurch entkommen. Jetzt auch wieder. Sie ist momentan auf freiem Fuß und verbreitet wieder Unruhe.“ Luna fiel ihm ins Wort und erklärte: „Wir nehmen zumindest an, dass sie dahinter steckt. Sie und ein paar andere, neue Todesser. Und sie morden wieder.“

        „Neville, Luna, hört mir zu! Es mag euch phantastisch vorkommen…“, begann sie, doch er winkte ab und meinte, seitdem er mit Luna zusammen war, wäre ihm wenig wirklich seltsam vorgekommen.

        „Wir müssen nach Hogwarts gehen. Wir alle vier!“, sagte seine Mutter und Neville zeigte sich nun doch etwas erstaunt. „Nach Hogwarts?“, fragte er nach. „Ja, nach Hogwarts in den verbotenen Wald. Wir werden dort erwartet.“, meinte sie voller Zuversicht, doch im ersten Moment verstand er nicht. „Erwartet?“, fragt er ungläubig nach. „Ja, er wartet auf uns!“, sprach Alice lächelnd weiter. „Mutter, was weißt du von ihm? Du meinst doch den, der euch zurückgeholt hat oder?“, fragte ihr Sohn nun bestimmter und seine Eltern stimmten zu. „Er ist ein Sternenmagier und er ist gekommen, um zu teilen, mein Junge.“, sagte sie. „Ein Sternenmagier?“, wiederholte er verdutzt und sah hilfesuchend zu Luna hinüber, die daraufhin nur nickte. „Hermine und Harry haben ihn in vor einigen Monaten in Padua beschworen!“, sagte Luna. Sie steckte sich wieder einen von ihren roten Lollys in den Mund, um danach fortzufahren: „Er ist nicht für uns gekommen!“ Alice war mit dieser Aussage gar nicht einverstanden. Sie versuchte weiterhin, die anderen vom Gegenteil zu überzeugen, doch ohne Erfolg. Luna blieb stur und Neville folgte in diesem Punkt seiner Frau. Zum einen, weil sie in solchen Dingen das weitaus bessere Gespür hatte und zum anderen, weil er sich nicht einmischen wollte. Natürlich tat es ihm leid, dass er seinen Eltern diesen Wunsch nicht erfüllen konnte und er fragte sich schon, wann sie wieder so beisammen sein würden, es einfach allein zu tun – ohne ihre besserwisserischen Kinder zu fragen. Neville kam zu dem Schluss dass es bald sein würde. Später am Tag kam wieder MadEye vorbei, um sie zu einem Ordenstreffen mitzunehmen. Er besprach es kurz mit Luna, die dem widerwillig zustimmte. Danach gingen die drei.

        „Was ist?“, wollte Neville nun wissen.

        „Sie werden mit ihren Erfahrungen nicht lange hinter dem Berg halten und bald werden noch mehr als nur die beiden in den Wald aufbrechen, um nach dem Magier zu suchen, der sie zurückgebracht hat. Ich hab’ kein gutes Gefühl bei dem Gedanken daran, dass sich eine Horde selbsternannter Hüter der Ordnung auf die Suche nach ihm macht.“, antwortete Luna.

        „Luna, wie kannst du so etwas sagen?“, warf er ihr kleinlaut vor.

        „Ich mag vielleicht nicht dabei gewesen sein, Neville, aber Harry hat recht – ihr Bild ist verschoben! Es ist schon lange vorbei mit den wahren Zielen. Wir haben es nur nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Wir haben Harry schon einmal vertraut, damals in Hogwarts, weißt du noch? Wir dürfen nicht zulassen, dass sich etwas dazwischen schiebt. Sie sind unsere Freunde! Freundschaft sollte kein Misstrauen kennen. Ich werde nicht dahingehen und das solltest du auch nicht. Wenn sie uns brauchen werden wir da sein. Wie früher. Aber nicht vorher.“, erwiderte seine Frau.

        „Jetzt ist mit völlig klar, warum sie dich zur Leiterin der Mysterienabteilung gemacht hat!“, sagte er und strich Luna eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Manchmal war sie eben selbst eines der Mysterien.




        35. Quo Vadis?





        Als es Abend wurde und sowohl die Kinder als auch Hermine noch nicht zurück waren, begann Harry, sich Sorgen zu machen. Tief in seinem Innern wusste er, dass er nicht mehr weglaufen konnte. Harry hatte Jonathan eine Falle gestellt und jetzt rief er ihn zu sich. Was war, wenn er nicht kam? Wären die Jungen und Mine verloren? Harry spielte in Gedanken bereits das nächste Horrorszenario durch und kam zu dem Ergebnis: Er war der letzte. Er musste gehen. Jetzt!

        Es war angenehm kühl als Harry den Wald betrat und er in einiger Entfernung die Zentauren ausmachen konnte. Doch diesmal näherten sie sich nicht. Seine Füße trugen ihn Schritt um Schritt tiefer in das Dickicht hinein, bis er zu der Lichtung kam, auf der sie zum ersten Mal, es schien fast Jahre her zu sein und doch waren es erst wenige Monate, Jonathan begegnet waren. Hier herrschte eine seltsame Ruhe, von der auch er erfasst wurde. Der Ort war der Platz, an dem der Magier beschlossen hatte, sich niederzulassen. Dies war sein Reich mitten im verbotenen Wald, der nicht mehr länger verboten war. Niemand war zu sehen, jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Harry spürte, wie ihn ein paar Luftzüge streiften und er konnte einige Schemen zwischen den Bäumen ausmachen, die er nach einigen Augenblicken als die drei Jungen identifizieren konnte.

        „Da seid ihr ja. Meint ihr nicht, dass es langsam Zeit wird, zum Essen zu gehen und danach ins Bett?“, fragte er leise, aber die Kinder schüttelten den Kopf. Sie wollten bleiben. Erst nachdem Harry ihnen sagte, dass sie doch Morgen und in den kommenden Tagen wiederkommen durften, waren sie bereit, den Wald zu verlassen und ihn allein zu lassen. Wen er nicht entdecken konnte, war Hermine. Wo war sie? Und wo war Jonathan? Er ging um die hohen Bäume herum, hob den Kopf und blickte in das dichte Blätterdach, welches sich über ihm erstreckte. Jetzt rief er ein paar Mal nach Hermine, doch niemand antwortete. War sie denn überhaupt dort? Sie konnte doch auch genauso gut immer noch am Ufer des schwarzen Sees sitzen und dem leisen branden der Wellen zusehen. Harry lehnte sich an einen der Riesen und begann, seinen Kopf von allen Gedanken zu leeren. Er hatte keine Ahnung, warum er dies gerade jetzt tat. Seine Augenlider wurden schwerer, bis sie ihm zufielen und er in der Ferne eine bekannte Stimme hören konnte. Hatte ihn der Wachtraumzauber erfasst?

        „Endlich!“, glaubte er, Jonathans beruhigende Stimme zu hören.

        „Warum kommst du erst jetzt? Erst so spät?“, fragte sie weiter und Harry dachte mehr als er sprach.

        „Sagen wir, ich war nicht begeistert, aber ich hätte damit rechnen müssen, Harry. Mein Fehler.“, sagte die vertraute Stimme.

        Als nächstes wollte er wissen, wo sich Mine verbarg und der Magier erklärte ihm, dass er sie vor allzu neugierigen Augen verschwinden lassen musste, doch er, Harry, würde sie als bald sehen können. „Bin ich bereit?“, fragte er den Magier und dieser fragte ihn zurück, warum er sich und seine wirklichen Fähigkeiten so lange verleugnet hatte. Jedes Kind wusste doch, dass Harry Potter einer, wen nicht sogar der mächtigste Zauberer aller Zeiten war. Warum hatte er es verkümmern lassen? Vielleicht, so versuchte er sich zu erklären, hatte er Angst vor dem, was er war – was er hätte werden können.
        „Wie Voldemort?“, fragte Harry

        „Tom Riddle, Harry, hatte Angst vor dem Tod und hat versucht, diesen mit magischen Mitteln auszutricksen. Dabei ist er, wenn man das so nennen kann, auf die schiefe Bahn geraten und abgerutscht. Ihm fehlten Dinge, von denen du mehr als genug hast.“, versicherte Jonathan ihm.

        Es dauerte nicht lange, da konnte Harry Mine im weichen Laub sitzen sehen. Seine Kräfte schwollen an und er begleitete Jonathan auf der Reise durch die magische Welt – auch in jenes Land, aus dem der fremde Magier selbst kam. In den nächsten Wochen begab sich Harry jeden Abend für einige Stunden in den Wald, um von ihm aus den Pfad der Schatten zu lernen und auch der Magier selbst konnte sich einiges von Harry beibringen lassen.

        An einem dieser Abende tauchten andere auf, die von Jonathan nicht eingeladen waren. Der Orden des Phönix kam mit Alice, Frank und einigen anderen zu Besuch. Ein Besuch, auf den Harry gern verzichtet hätte, doch der Magier wertete es für Harry als Test, denn die anderen Zauberer standen zwar direkt vor ihnen, doch weder sahen noch hörten sie die anderen.

        Harry kam hinter einem Baum hervor. Er war nicht ärgerlich, so wie er es vorhergesehen hatte. Er blieb ganz ruhig und leise. Keine Spur von Erregung überkam in dieser Situation.

        „James Potter! Es ist unglaublich! Wie hast du es geschafft, so jung zu bleiben?“, fragte Frank. Neville nahm seinen Vater ein Stück beiseite und erklärte ihm, dass dies sein Sohn war. Dies war Harry Potter! Er drückte sich die Hand in den Mund und konnte kaum glauben, was seine Augen sahen. Das war nicht James? Sondern Harry? Harry Potter? Und er war schon jetzt älter, als sie damals, bevor es passierte.

        Neville näherte sich ihm und versuchte, die Anwesenheit der anderen zu erklären, doch Harry winkte ab. Er meinte stattdessen, es sei sogar gut, dass sie hergekommen waren. Jetzt ging er mit ihm zu Luna, die sich im Laub niedergelassen hatte. Er beobachtete sie und konnte erkennen, dass sich ihre Lippen bewegten. Sie schien mit jemandem zu sprechen und Harry wusste, dass sie mit Mine redete und sie sie, im Gegensatz zu den anderen, sogar sehen konnte. Er drehte sich um und erblickte nun Jonathan, der jedoch verneinend den Kopf schüttelte. Er ließ Harry wissen, dass die Zeit für diesen Schritt noch nicht reif war. Noch nicht. Aber der Moment würde bald kommen. Bald! Luna sah Harry an und wusste, dass es Zeit war, ihn wieder zu verlassen. Sie hatte es ohnehin nicht gutgeheißen herzukommen, wollte aber dann auch nicht, dass die anderen allein herkamen und schloss sich ihnen daher widerwillig an. Jetzt konnte sie seine Eltern davon überzeugen, dass es besser war, wenn sie wieder gingen und nach einigen Wortwechseln entfernten sich die ungebetenen Besucher.

        „Danke Luna!“, rief er ihr noch hinterher, doch sie hörte ihn schon nicht mehr. Harry trat wieder in den Wachtraumzauber ein und folgte Jonathans Worten, die ihm den Pfad der Schatten lehrten und zum Licht führten – ganz so, wie es die Freunde von Anfang an vorhatten. Anders war, dass sie nun zu zweit waren. Nur er und Jonathan und nicht mehr zu fünft. Dies war auch etwas, dass Harry immer wieder betrübte, was er auch mehrfach zum Ausdruck brachte. Er hätte allerdings ahnen müssen, dass Jonathan auch für diesen Punkt eine Lösung zu haben schien. Über Tag die Kinder und in den Abendstunden er. Mine war immer still dabei. Der Magier erklärte Harry allerdings, dass sie ihnen auch folgen würde. Es war nur ganz anders.

        „Ich hätte mir gewünscht, dass wir es zu viert schafften! Mit Mine, Ron und Ginny. Nicht ich allein. Denn das bin ich nun – allein.“, sagte Harry betrübt.

        „Wirklich? Nehmen wir mal an, Harry…“, jetzt war er da, wo er ihn haben wollte.

        Harry Potter hatte noch keine Ahnung, dass der Magier seinen letzten Kampf beschwor, nämlich den mit sich selbst. Mit seinem Gewissen. Konnte er das Schicksal ändern? Wollte er es überhaupt ändern? Was sollte er annehmen?

        „Es wäre möglich, dein Schicksal zu ändern! Was würdest du tun? Welche Entscheidungen würdest du anders treffen? Könntest du dir selbst begegnen, ohne dem Wahnsinn zu verfallen? Wärst du in der Lage, Hermine in einem Traum zu weissagen von der Geschichte der Dinge, die da kommen werden und sie damit ändern? Könntest du töten, um sie zu retten? Aber bedenke, du würdest vielleicht auch gute Dinge ändern! Wenn Ron nicht stürbe, würde niemand mit dem Heiler reden wollen und ich wäre nicht in das Krankenhaus gegangen. Nevilles Eltern könnten noch immer dahinvegetieren, doch du hättest die Chance mich zu fragen. Es würde kein Erlebnis in Padua geben zwischen dir und ihr. Hermine würde dir vielleicht nie gehören. Kannst du das, Harry? Die andere Variante ist: Du setzt ein, was du hier gelernt hast, stößt zu, bringst sie zurück und werdet vielleicht glücklich, bis ans Ende eurer Tage.“, philosophierte der Magier.

        Jonathan hielt ihm den Zeitumkehrer vor die Nase, den er einst von Ollivander erhalten hatte.

        „Quo vadis, Harry Potter. Wohin gehst du?“, fragte er mit mysteriösem Unterton.

        Kommentar


          #34
          36. Das Herz des Löwen




          Wenn er auch glaube, dass nichts mehr ihn schocken könne, so irrte er auch in diesem Punkt. Er hatte den Magier zum Tanz aufgefordert und dieser übernahm nun die Führung. Mit allem hatte Harry gerechnet, aber nicht damit. Er hielt ihm dieses kleine Ding mit dem kleinen, drehbaren Stundenglas in der Mitte hin und offerierte eine Möglichkeit, die Dinge zum Guten zu wenden. Zum Guten! Aber was war das Gute? Harry erkannte das Wagnis des Schattenpfades. Immer auf Messers Schneide. Konnte er das? Immer zwischen Leben und Tod. Zwischen Recht und Rache. Licht und Dunkelheit. Sein Blick glitt von Jonathan hinüber zu Hermine, die am Baum sitzend mit leisem Singsang einer Blüte die Blätter ausriss und wie in dem Kinderreim “Sie liebt mich, sie liebt mich nicht“ fallen ließ. Was konnten sie werden? Was waren sie schon? Wozu kam er? Was wollte er? Wohin ging er? Wohin muss ich gehen? Waren alle seine Entscheidungen denn am Ende falsch? Hatte er Ginnys und auch Rons Tod am Ende mitzuverantworten? Konnte es eine Möglichkeit geben, die Entscheidungen rückgängig zu machen und ihre Leben zu retten? Aber was wird dann aus Hermine? Was wird mit seiner Liebe zu ihr? Musste er sie aufgeben, um sie zu retten? Vielleicht konnte es aber auch sein, das sie in Wirklichkeit der Schlüssel war. Konnte er wirklich daran denken, ihr das aufzubürden?

          Seine Hand zitterte als er den Zeitumkehrer aus seiner Hand nahm und ihn betrachtete. Harry sagte nichts mehr. Er steckte ihn ein, ging zu Hermine und fasste sie behutsam an der Hand, um mit ihr wegzugehen. Was sollte er tun? Es raste durch seinen Kopf. Jonathan hatte gewonnen.

          Harry führte Hermine in ihr Zimmer und setzte sich neben sie, während sie in ihr Bettchen stieg. Was, wenn beides geht? Er hatte gesagt, ich könnte sie zurückholen und mit ihr glücklich werden. Was, wenn ich sie zurückhole und wir gemeinsam einen Plan schmieden, gleich so, wie wir es früher auch getan hatten. Immer zusammen. Ja, das schien ihm eine wahrscheinlichere Lösung des Ganzen zu sein. Harry blieb noch einen Moment bei ihr, um zu warten, bis sie eingeschlafen war, danach kehrte er in seinen Raum zurück, legte sich in sein Bett und schlief nach fast endlosem Durchspielen verschiedenster Möglichkeiten irgendwann ein.

          Am nächsten Tag ging Hermine wieder mit den Kindern zum See und verbrachte fast den ganzen Tag dort am Ufer. Es war eine seltsame Sache, doch das fiel ihm erst später auf. Sie gingen zum See. Nicht in den Wald, so wie in den Wochen zuvor. Harry wusste, etwas war passiert. Jonathan schien nichts mehr sagen zu wollen. Er versuchte, keinen Kontakt mehr mit ihnen herzustellen. Warum nicht? Harry konnte sich die Frage selbst beantworten. Er war jetzt am Zug. Seine Entscheidung war gefallen.

          Gegen Nachmittag, als der Unterricht beendet war und die Kinder das Schulgebäude verließen, packte Harry ein paar Sachen ein und ging in den Astronomieturm. Heute wollte er es wagen! Keinen Tag Aufschub mehr. Warum auch? Er zauberte mit seinem neuen Stab den Raum so, wie er glaubte, dass es Mine gefallen würde, wenn sie es denn bewusst sehen könnte. Die Wände hatten nun einen warmen orangefarbenen Ton und an den Seiten loderten kleine, magische Feuer, die leuchteten, doch nichts verbrannten. Ein Himmelbett für zwei erschien in der Mitte und Harry hoffte, dass sie es nicht falsch verstand und ihm vertraute. Immerhin wusste er zwar, was er tun musste, doch nicht, was ihn erwarten würde. Wie war es, eine Persönlichkeit in einem anderen finden zu müssen? Jonathan sprach davon, dass er seinen Gefühlen vertrauen musste – eine andere Wahl als das hatte er auch nicht mehr. Nach etwa zwei Stunden war Harry mit seinen Vorbereitungen fertig. Er öffnete die Tür und wollte nun Hermine zu sich holen, doch das brauchte er nicht mehr. Die Kinder standen mit ihr im Schlepptau bereits vor ihm.

          „Wirst du jetzt Mama wieder wecken?“, fragten Connor und William fast aus einem Mund und Harry nickte ihnen lächelnd zu. Die Jungen schienen nicht den geringsten Zweifel daran zu haben, dass ihm gelingen würde, was er vorhatte. Aber woher wussten sie überhaupt, dass er etwas Derartiges vorhatte? Wieder kam er zu dem Schluss, dass die Kleinen schon weit mehr von dem Magier erlernt hatten, als er es hatte zugeben wollen. Sie waren reine Wesen; hatten ihr ganzes Leben noch vor sich. Mussten noch keine Entscheidungen auf Leben und Tod treffen. Mussten noch keinem dunklen Magier wie Voldemort die Stirn bieten. Sie waren frei von alledem. Er hatte sie nicht zufällig ausgewählt. Genau deshalb hatte er entschieden, auch ihnen zu geben, was für uns bestimmt war. Sie waren so arglos, die Kleinen. Nachdem wir ihm unser Vertrauen schenkten, sahen sie keinen Grund, es nicht auch zu tun. Und was er ihnen beigebracht haben muss... Sie konnten die Dinge bereits sehen, bevor sie geschahen. Sie kamen mit ihrer Mutter hierherauf, bevor ich sie holen konnte. Er nahm ihre Hand aus Wills und ging mit ihr in das Zimmer, welches dem Turm selbst vorgelagert war. Die Jungen blieben stehen und schlossen die Tür von außen, ohne dass Harry etwas sagen oder gar tun musste. Wie weit sie waren! Was Harry jedoch nicht mehr sah war, dass die Jungen sich in eine Ecke an der Tür zurückzogen, sich auf den Boden setzten und einander an den Händen nahmen. „Bereit?“, fragte James-Sirius und die anderen stimmten ihm zu. „Aber still! Erst wenn es wirklich sein muss!“, sagte nun Will. Die Jungen leerten ihren Geist und stießen zu, so wie sie es von Jonathan gelernt hatten. Sie stellten sich vor, wie sie in die Gedanken ihrer Mutter eindrangen und verhielten sich, wie verabredet, still. Sie warteten.

          Hermine ließ sich von Harry an das Himmelbett führen. Sie setzte sich in den Schneidersitz und hielt ihre Hände vor sich, als wolle sie ihm sagen, er solle einfach zugreifen. Er folgte ihr in die gleiche Sitzposition und war so bereit, wie es nur ging. Als er ihre Hände nahm, die Augen schloss und das tat, was Jonathan als „zustoßen“ bezeichnete, er jedoch als fortgeschrittene Legilimentik kannte. Oder ein Mittelding aus beidem.

          Fast wie von selbst konnte er jetzt mit seinen Gedanken die ihren erfühlen. Sie hatte ihn erwartet. Die Reise führte ihn in ihr Wesen. Einmal noch durchzuckte ihn die Annahme, dass es sich hierbei um einen weiteren Test handeln könnte. Doch sollte ihm hier auch Jonathan selbst begegnen, der verneinte. Es hätte nur einen Versuch gegeben und er durfte diesen nicht unternehmen. Es waren Dinge, die Hermine mit dem Magier erlebte, als die Kinder sie mit in den Wald genommen hatten. Jetzt nahm das Tempo zu. Sein Geist raste durch ihren Verstand auf der Suche nach ihr. Harry erblickte die Stationen ihres Lebens und fühlte, was sie fühlte. Es war eine Himmelsmacht. Und es war seine Macht. Sie wollte sich teilen und zerbrach daran. Als er sie schließlich fand, sah es so aus, als schliefe sie nur. Hermine lag da wie ein Engel. So rein und so unschuldig. Er näherte sich ihr, setzte sich auf die Bettkante und strich ihr eine Strähne ihres braunen Haares aus dem Gesicht. Sie zuckte und öffnete die Augen. „Was tust du hier?“, sagte sie in seinem Kopf und er antwortete mit leisen Gedanken, dass er habe kommen müssen, um sie zurückzubringen – zurück zu ihren Kindern. Zurück in die Welt die, sie braucht. Zurück zu ihm. Und Ron? Was war mit Ron? Hier war sie doch immer bei ihm und er bei ihr. Sie wollte ihn nicht aufgeben und in purer Erinnerung zurücklassen müssen. Sie wollte bei ihm bleiben – ihn nicht verlassen. Und als auch Harry fürchtete, hier nicht bestehen zu können, sollte er unerwartete Hilfe erhalten. Die drei Jungen tauchen einer nach dem anderen an ihrem Bett auf. Sie sagten nichts, sondern blieben nur dort stehen. Erst in ihrer Gegenwart erkannte Hermine, dass es ihre Bestimmung war, bei ihnen zu sein; und nicht bei den Geistern vergangner Zeiten. Dein Platz ist in unserer Welt, Mine! In unserer! Und als Harry ihr seine Hand hinhielt, zögerte sie noch einen Augenblick, doch am Ende griff sie zu und ließ sich von ihm aus dem leeren Raum hinausführen.

          Als sie ihre Augen aufschlug, saß Harry immer noch vor ihr und hatte ihre Hände in den seinen. Die Augen geschlossen.

          „Harry?“, fragte sie erst leise. Dann noch ein Mal, diesmal etwas lauter: “Harry?“ Sie begann sich aus seinem Griff lösen zu wollen, doch er hielt sie weiter fest. „HARRY!“, schrie sie ihn jetzt an und merkte, wie sich der eiserne Griff seiner Finger löste, er erschöpft zur Seite kippte und auf den Kissen landete. Sie drehte ihn um und wischte ihm mit den weichen Ärmeln den Schweiß von der Stirn. „Harry! Harry, wach auf! Tu mir das nicht an! Du hast mich doch nicht aus diesem bodenlosen Abgrund zurückgeholt, um mich jetzt allein zu lassen?! Bitte nicht, Harry! Bitte nicht!“, flehte sie und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als er zu husten begann. „Mine? Oh, Hermine!“, sagte er leise und sah sie an, wie sie sich über ihn beugte und wie fürsorglich sie war. Er schloss die Augen wieder für einen Moment. Es kostete ihn Kraft, nicht zu versinken, doch er musste bleiben. Er musste wach bleiben! Harry blinzelte ein paar Mal in dem Licht. Es war gedämpft und doch schmerzte es in seinen Augen. Es fühlte sich an, als würde jemand mit hellsten Strahlen blendete. „Hermine?“, fragte er. „Ja, was denn? Ich bin ja da. Ich bin bei dir! Es ist alles gut, Harry. Ich bin bei dir.“, sagte sie immer noch erregt und er konnte nicht sagen, woher der Überschwang an Gefühlen kam. So ließ er sie still gewähren und entzog sich ihnen nicht.

          Es kam ihm vor, als wenn sie stundenlang schweigend ansehend nebeneinander lagen. Schließlich brach er das Schweigen. Harry hatte Fragen – tausend Fragen. „Weißt du, was passiert ist?“, wollte er wissen und sie nickte ihm zu und legte ihren Finger auf seinen Mund. „Es mag so ausgesehen haben, dass ich komplett weggetreten war, aber ich habe Dinge gesehen und erfahren, die ich nie für möglich gehalten hätte. Ich habe den Ort erblickt, von dem Jonathan kommt. Er hat mich geleitet auf meinem Weg zurück zu dir. Ja, ich weiß alles, auch was du tun musst!“, sagte sie und streichelte ihn wieder, als sie merkte, dass Zorn in ihm aufzuflammen begann. „Harry, ein Teil von mir will, dass alles wieder so wird, wie es war und ein anderer Teil will das nicht. Er will, dass du bleibst und nicht gehst, aber ich fühle, dass du gehen musst. Nicht weil du es nicht mit mir ertragen könntest. Es war einfach falsch.“, sagte sie, während sich wieder Tränen in ihren Augen bildeten. Er zeigte ihr den Zeitumkehrer, den er von Jonathan erhalten hatte.
          Sie sprach aus, was er dachte. Es war falsch! Sie hätten ihn niemals nur zu zweit beschwören dürfen. Danach gingen die Dinge nicht so vorwärts, wie es hätte sein sollte. Ihr Leben und alles, wofür sie gekämpft und gelitten hatten, verloren sich im Strudel der Zeit, die unablässig und gnadenlos voranschritt.

          „Du hast noch mehr gesehen oder? Was wird geschehen, wenn ich bleibe?“, fragte er mit großen Augen. Harry konnte nicht anders – er musste es wissen! Sie hatte sich vor dieser Frage gefürchtet und doch nahm sie nun seine Hand und ließ ihn an ihrem Ausblick, den sie innerhalb ihres scheinbar so endlosen Wachtraumzaubers hatte, teilhaben:


          Er zeigte sie in seinem Büro. Sie waren nicht mehr wirklich sie selbst.

          „Wir müssen sie doch gefangen nehmen und in Askaban einsperren!“, versuchte Minerva McGonagall einzulenken, doch beschwor sie damit nur Harrys unbändigen Zorn auf die Todesser.

          „Gefangen nehmen? Einsperren? Nein! Wir haben schon zu viele Kompromisse gemacht – zu viele Rückschläge erfahren! Sie haben unsere Leben zerstört und wir sind zurückgewichen. Sie haben unsere Lieben umgebracht und wir sind zurückgewichen. Sie zerstören alles, woran wir glauben und wir weichen immer wieder zurück. Doch jetzt nicht! Hier wird der Schlussstrich gezogen! Bis hierher und nicht weiter! Und ich, ich werde sie bezahlen lassen für ihre Taten!“, sagte Harry.

          Snape erwiderte: „Rache ist wie ein Gift! Bevor du dich umsiehst, verwandelt sie dich in etwas Hässliches.“

          Die Diskussion mit Potter führte zu nichts. Snape hatte ihn gewarnt. Der Mann hatte seinen eigenen Kopf und war bereit, diesen durchzusetzen – gegen seine Warnung, obgleich er ihn allemal verstehen konnte. Zu frisch waren noch die Erinnerungen an die Frau, die er liebte. Und seinen besten Freund, der noch nicht einmal merkte, was ihn traf. Er hatte vielleicht von allen den besten Abgang, den sich ein Zauberer und erfolgreicher Quidditch-Spieler wünschen konnte. Abtreten im Augenblick des Triumphes. Doch für die Anverwandten, die zurückblieben, war es der blanke Horror und sie wollten keine Gerechtigkeit. Jetzt war es Rache! Dafür waren beide jetzt auch bereit, ihre Hände mit dem Blut der Feinde zu tränken. Er hatte diesen Anblick schon tausend Mal gesehen. Sie spiegelten blanken Hass. Bereit, Leben auszulöschen, um Befriedigung zu erlangen. Sie wollten sie bezahlen lassen für die Lieben, die sie verloren hatten. Für den Schmerz, den sie haben ertragen müssen. Für das Leid, dass den ihren zugefügt wurde. Nur ein kleiner Schritt würde ausreichen. Ein winziger Übertritt reichte, um aus dem Schatten in die Dunkelheit zu treten.

          „Wie nah waren wir dran?“, wollte Severus wissen. Jonathan antwortete ihm: „Zu nah, um es zu ignorieren. Sie müssen hier nicht mitgehen.“

          „Ich habe vieles getan, worauf ich nicht stolz bin. Es ist Zeit!“, sagte der alte Zaubertrankbrauer und trat mit seinem Zauberstab in der Hand neben Jonathan. „Und wir gehen auch mit!“, sagten Hermine und Harry, die ebenfalls schwer atmend und mit rotunterlaufenen Augen neben die beiden traten.

          Snape und Jonathan warfen sich vielsagende Blicke zu, bevor sie sie fast gleichzeitig lähmten, indem sie “PETRIFICUS TOTALUS!“ sagten. Snape fing Hermine auf und setzte sie neben Harry ab. „Diesmal noch nicht!“, sagte Jonathan und legte ihr seinen Sandelholz-Zauberstab in die Hand, bevor er dafür den ihren an sich nahm. „Wir haben schon Blut an unseren Händen. Wird vielleicht ein wenig ungenau, aber darauf kommt es nicht mehr an. Euch ist ein anderer Weg bestimmt als mir! Es gibt kein Wiedersehen in dieser Welt.“

          Die Todesser und ihre dunkle Herrin kamen mit Booten über den Schwarzen See und wurden sogleich in Kämpfe mit den restlichen Mitgliedern des Phönixordens verwickelt, doch gegen die Übermacht der von Bellatrix aufgebotenen Schergen konnten sie nicht allzu viel ausrichten. Von der Treppe her setzten sich Snape und Jonathan schnellen Schrittes und fluchschleudernd in Bewegung. Nach einem kurzen Sprint erreichten sie den kämpfenden Mob, der sich seinen Weg in die Schule zu bahnen versuchte. Bellatrix und die anderen versuchten, Snape nach Kräften zu entwaffnen, doch die Todesflüche streckten seine Gegner reihenweise nieder. Jonathans Sectumsempra riss Avery auseinander. Er steckte Hermines Zauberstab weg und nahm stattdessen seinen silbernen zur Hand. Der orangefarbene Blitz teilte Fenrir Greyback der Länge nach in zwei zuckende, verbrannte Fleischteile.

          Als McGonagall die Treppe hinunterkam, sah sie, dass Harry und Hermine bewegungslos im Eingang an der großen Treppe lagen und zum Zusehen verdammt waren. Sie versuchte, den Lähmfluch von ihnen zu nehmen, als sie ebenfalls einer von hinten traf. Es war schwer zu sagen, wer diesen Fluch angewendet hatte – ob nun Severus oder Jonathan.

          Zaubersprüche halfen da nicht mehr. Jedes Mal, wenn er sprang und mit dem Stab zuschlug, gab es dieses kurze, surrende Geräusch zusammen mit dem orangefarbenen Zucken. Die Todesser fielen mit abgetrennten Extremitäten zu Boden. Von einigen blieb nur noch ein sich in Schmerzen windender Torso übrig. Andere wurde der Länge nach wie mit einem machtvollen Sectumsempra aufgerissen oder einfach in der Mitte durchgeschnitten und aufgeschlitzt. Bellatrix erledigte Snape von hinten mit einem hohlen Lachen, um danach die Wirbelsäule bei lebendigem Leib herausgerissen zu bekommen. Als die orangefarbenen Strahlen viel länger zu sehen waren, als immer nur einen kurzen Augenblick, steigerte sich Jonathan in einen wahren Blutrausch. Es wurde schneller und schneller. Ein schlitzender Derwisch wirbelte durch die Reihen, bis der Boden von zuckenden, wimmernden Fleischklumpen übersät war.

          Als es zu Ende war, suchte er Snape in dem Leichenberg, der rücklings in der blutgetunkten Erde lag. Er kniete neben ihm nieder und drehte ihn herum. Jonathans Hand begann bereits, blau zu leuchten, als er versuchte, den Zauberstab aus dessen Brust zu ziehen, doch der Zaubertrankbrauer griff nach seiner Hand, schüttelte den Kopf und drückte sie weg, bis er losließ. „Lass mich gehen und vielleicht einen alten Freund wiedersehen. Bitte! Gib mir Frieden nach einem Leben des Krieges.“

          Als letztes wandte er sich Malfoy zu, dessen verbrannter Körper versuchte, dem Unausweichlichen zu entkommen. Jonathan griff nach seinem Kopf und drückte ihn in die weiche, blutgetränkte Erde. Er zwang ihn, seinen Mund zu öffnen. Mit den Fingern griff er nach seiner Zunge und riss diese mit einem Ruck heraus. Danach hob er den zuckenden Fleischbrocken auf und rannte in den Wald. „CRUCIO!“, röchelte Malfoy nur noch. „Rache, mein Freund, hat nichts mit Tod zu tun! Nein, nein, es wird noch nicht gestorben! Damit wollen wir noch etwas warten!“, sagte er. Er setzte ihn noch ein Mal dem Folterfluch aus. „Wir beide werden jetzt eine kleine Reise in machen!“, drohte er. Er warf ihm den Zeitumkehrer um, wirbelte ihn richtig an, so dass sie etwa zweihundert Jahre in die Vergangenheit geschleudert wurden.

          Die Zigeuner hatte ihr Nachtlager an einer kleinen Lichtung aufgeschlagen, als sich der fremde Zauberer mit seinem Paket näherte. „Und habt ihr, was ihr versprochen habt?“, fragte eine Stimme aus dem Dunkel und Jonathan nickte. Er warf dem Zigeuner das Bündel vor die Füße und kniete sich anschließend daneben, um ihm ein paar Dinge zuzuflüstern: „Ihr Zauberer werdet sehr alt, hab ich mir sagen lassen. Das ist gut – sehr gut sogar! Du wirst die Kinder gut sehen, die sich bei deinem Anblick erschrecken und ihre Blicke ertragen, während ihre Schreie in deinen perfekten Ohren widerhallen. Das, mein Freund, ist Rache! Du wirst schön weiterleben, während ich mich in die süße Umarmung des baldigen Todes zurückziehen kann.“ Mit diesen Worten überließ er ihn dem Zirkus, die ihn als neuste Jahrmarktsattraktion ausstellen würden. Der Zigeuner warf ihm einen Beutel zu, den der Schatten auffing. „Seid ihr verletzt?“, fragte der Mann und trat einen Schritt an Jonathan heran. „Nein! Nehmt ihn und geht. Jetzt gleich! Und füttert es gut, dann habt ihr und eure Zuschauer lange Freude an der Erwerbung. Geht!“, befahl Jonathan und half mit einem kleinen Stoss Magie nach. Er sah zu, wie der Zigeuner Malfoy an seinem blonden Haarschopf packte und das schreiende, blutige Bündel über den Waldboden schliff.

          Anschließend sank er an einem Baum nieder und befühlte seinen Arm, aus dem ein Fleischfetzen herabhing. Sein Rücken fühlte sich ebenfalls seltsam warm und feucht an. Das Atmen fiel ihm schwer. Er konnte nur noch kurze Atemzüge nehmen und auch die schmeckten bereits nach Blut. Er schloss die Augen, nahm den Zeitumkehrer zwischen die Finger und brach das in ihm befindliche, kleine Stundenglas auseinander. Jetzt suchten seine Finger nach seinem Zauberstab. Er öffnete das silberne Ding, entnahm den inliegenden Kristall und vergrub ihn mit den Händen neben sich. Das restliche Innere riss er heraus und verteilte es in der Umgebung, bevor er die Hülle an einer anderen Stelle ebenfalls verscharrte. Mit letzter Kraft zerbrach er Hermines Stab.

          Kein Weg zurück.


          Hermine stand daneben und konnte nichts weiter tun, als Jonathan beim Sterben zuzusehen.

          „Aber Hermine, es nur eine mögliche Zukunft!“, widersprach er ihr, doch sie wollte davon nichts hören. Stattdessen führte sie ihm vor Augen, was bislang alles geschehen war und dass alles darauf hindeutete, dass es sich so oder so ähnlich zutragen würde. Harry wurde ein wenig hektisch, doch sie versuchte, ihn zu beruhigen.

          „Wo soll ich anfangen, Mine?“, fragte er, doch die Antwort lag auf der Hand. Er musste in einer Nacht zu ihr gehen, bevor sie nach Padua aufbrachen, ihr die Geschichte der Dinge die, kommen mochten, verraten und hoffen, dass sie ihm glaubte und es nicht als einen wirren Traum abtat.

          „Du gehst mit deinen Fähigkeiten zu einem von uns und wirst uns wohl überreden müssen, vernünftig zu sein und zu warten, bis sich die Dinge so erfüllt haben, wie sie sein sollen!“, sagte sie und merkte dabei, dass Harry der Gedanke daran nicht gefiel. Sie konnte spüren, dass er sich verfluchte, so ein sturer Dickkopf zu sein. „Ich werde mir nicht zuhören!“, protestierte er.

          „Aber ich werde!“, versicherte sie nun sanft.

          „Ja, du wirst. Du warst schon immer die stärkere von uns beiden, Mine!“, meinte er, doch Hermine schüttelte den Kopf. „Es wird nicht reichen, mir nur vorauszusagen, Harry. Es wird mehr brauchen, als das. Du wirst danach zu dem Tag zurückkehren, an dem Fred und George heiraten. Du wirst mir sagen, was passieren wird und dort sein, um das Schlimmste zu verhindern, wenn ich versage. Das bedeutet, du wirst die drei umbringen müssen. Entweder du oder ich! Ron muss dein Angebot annehmen, ja? Vergiss nicht, mir auch das zu sagen. Du musst dich auch hier überzeugen, dass er nicht spielt, sondern ein anderer und wenn er doch spielen wird, musst du den Klatscher ablenken. Was, wenn wir beide zurückgehen, so wie damals?“, fragte Mine und wusste, dass Harry ablehnen würde. So war er eben.

          37. Requiem for a Dream



          Das Stundenglas begann, sich schneller und schneller zu drehen. Die Momente ihrer Leben flogen in wenigen Sekunden an ihm vorbei, während Harry seine Reise durch die Zeit unternahm. Der Geist arbeitete fieberhaft. Wo sollte er stoppen und wann musste er Hermine treffen, um ihr die Geschichte der Dinge die, da kommen werden, zu verraten? Es konnte nur die Nacht sein, bevor sie nach Padua aufbrechen wollten. Er würde sich ihr in seiner jetzigen Gestalt nähern und zustoßen, wenn sie schliefe. Er würde ihr als Traum erscheinen – so realistisch, wie sie es nie für möglich halten würde. Sie wird ihm zuhören – dessen war sich Harry sicher! Sie musste es einfach. Es hing doch so viel davon ab. Als sich die Bewegungen verlangsamten, kam auch die Umgebung zur Ruhe. Harry war an seinem ersten Ziel angekommen. Der Turm war leer. Wie ein Dieb schlich er sich durch die dunklen Gänge, nur um keiner Seele über den Weg zu laufen. Dumbledores Worte von einst kamen ihm wieder in den Sinn: „Niemand darf euch sehen!“ Jetzt durch die Große Halle hinaus ins Freie und dann schnell weiter zum Tor. Hier wirkten die Schutzzauber nicht mehr und er konnte endlich apparieren.

          Harry hatte keine Probleme damit, sich zu ihrem Haus Zutritt zu verschaffen. Er brauchte sich nicht vorzutasten. Er sah durch die Magie. Es war alles ein wenig anders – die Farben waren verschwommener, doch ansonsten war es wie immer. Wieder und wieder erinnerte er sich an ihre Worte – So hast du dich in mein Herz geschlichen und ich ließ dich ein – damals, jetzt für immer. Sie hatten alles besprochen und doch kamen ihm Zweifel an seinem Vorhaben. Sollte er besser doch versuchen, mit sich selbst zu reden? Sich selbst im Traum zu erscheinen, statt Hermine? Harry schob den Gedanken beiseite. Nein, die Entscheidung war gefallen! Jetzt gab es kein zurück mehr. Er schlich sich in eine dunkle Ecke, von wo aus er sie gut sehen konnte. Sie war dicht an Ron gekuschelt und das Gefühl der Eifersucht verlangte, gehört zu werden. Warum sollte er es tun? Hat es sich nicht am Ende so entwickelt, wie sie es beide gebraucht hatten? Sie waren die Liebenden und wenn er jetzt zurückgehen würde, waren sie es noch immer. Nein! Nein! Ron war sein bester Freund! Wie konnte er nur einen solchen Gedanken überhaupt denken? Er hatte die Pflicht, sie zu warnen. Sie durften in Padua nur zu viert erscheinen. Sie durften den Sternenmagier nur zu viert beschwören. Zu viert! Er würde Ginny lieben und Ron Hermine. Wenn er in wenigen Augenblicken zurückkäme, würde es keine Nacht mehr mit ihr geben. Stattdessen hätten sie zwei Kinder in jener magischen Nacht gezeugt. Eines würde seine Ginny zur Welt bringen und das andere Hermine. Seines hätte schwarze Harre und grüne Augen und Mines vielleicht dunkle Augen und rote Haare, so wie die von Ron. Es gäbe keinen Zweifel. Ja, so war es richtig! Alles andere war falsch. Beseelt von diesem Gedanken stieß er zu. Langsam und behutsam drang er in ihren Geist ein und offenbarte sich dort.


          Ich bin ein Traum und bin es doch nicht.

          Wir sind berufen, etwas zu beschwören, dass man einen Sternenmagier nennt. Er kommt, um die Magie zu entwickeln, aber es darf nur uns vieren zusammen gelingen – nicht nur uns beiden allein. Er wird uns Dinge zeigen, von denen wir nie zu träumen gewagt haben. Hörst du?

          Ich weiß, wir werden uns in jener Nacht unsere Liebe gestehen. Wir werden beide zusammen die Macht entfesseln, die der dunkle Lord nicht kannte, aber es ist falsch und alles wird dahingehen.


          Hermine stöhnte und rollte sich auf die Seite.

          Ja, ich liebe dich. Ich habe es immer getan und es mir nie eingestanden. Es ist immer um mich. Ich werde den Gedanken an dich nie los, Harry.

          Wenn wir zusammenkommen, wird es für einige Augenblicke wunderschön, doch es wird fürchterlich enden. Du warst schon immer die Stärkere von uns beiden, deshalb komme ich zu dir und versuche nicht, mich selbst zu überzeugen, denn ich würde mir nicht zuhören.

          Ja, das denke ich auch.

          Solange du schläfst, kann ich bei dir sein.

          Dann werde ich ewig schlafen, bleib bei mir ja? Träumte Hermine.

          Ginny und Ron werden sterben und du wirst dem Wahnsinn anheim fallen. Er fuhr unbeirrt fort und seine Zweifel verstärkten sich jetzt nur noch.

          Am Tag, wenn George und Fred heiraten, werden wir zusammen am Tisch sitzen und feiern. Ginny wird von hinten angelaufen kommen und sagen, dass sie noch ihrer Mum helfen will. Das ist der Moment, in dem du wachsam sein musst. Sie wird zum Fuchsbau gehen und hinter dem Haus wird sie von Malfoy, Crabbe und Goyle abgeschlachtet. Du darfst es nicht zulassen!
          Werd’ ich nicht. Ich werde es nicht zulassen.

          Ich werde dafür Sorgen, dass Ron am 1. September bei uns ist. Das darf auch nicht passieren. Ich werde meine Macht benutzen, ihn am spielen zu hindern und er wird sehr zornig auf das sein, was ich getan habe.

          Das wäre ich auch, aber ich werde dich stoppen.

          Als Wiedergutmachung werde ich ihm Madam Hoochs Posten anbieten. Du musst dafür sorgen, dass ich das dennoch mache. Und auch dafür, dass Ron den Posten annimmt und zwar bevor er im Halbfinale antritt! Denn dort wird ihn ein Klatscher von McLaggen treffen und sein Genick wird brechen. Er wird den Tod finden, bevor er auch nur den Boden berührt. Danach wirst du nicht mehr dieselbe sein.

          Sie schluchzte, als der vormals schöne Traum mit ihrem unsterblich Geliebten zu einem Horrortrip mutierte und sie “sah“, wie Ron sterben würde.

          Dies ist meine verzweifelste Stunde und nur du kannst uns retten Mine.

          Das werde ich Harry, das werde ich. Ich werde uns retten. Das verspreche ich.

          Hermine wachte erschrocken auf und hatte ihren Zauberstab in der Hand. „Lumos!“, sagte sie leise. Sie hielt ihn im Raum hoch, jedoch konnte sie nichts Ungewöhnliches entdecken. Alles war so, wie es immer war und doch fühlte sie, dass etwas anders war als sonst.

          Ron nahm sie schlaftrunken und ein paar unverständliche Worte murmelnd wieder in den Arm. Sie sagte so etwas wie „schlecht geträumt“ und schmiegte sich wieder an ihn.

          Harry hatte sich mit dem Chamäleon-Zauber behaftet in eine Ecke gepresst. Er konnte förmlich fühlen, wie das weiße Licht des Stabes ihn streifte und doch merkte sie nichts. Jedenfalls nichts, was sie sehen konnte. Er war mit seiner Umgebung komplett verschmolzen. Nachdem es wieder dunkel war, huschte er nach draußen und kehrte wieder zurück.


          38. Sangreal



          Als er wieder im Astronomieturm erschien, war Hermine immer noch da. Sie hatte ihr Gesicht in den Händen vergraben und weinte.

          „Warum, warum bist du noch hier?“, fragte Harry, doch er kannte bereits die Antwort. „Du hast nichts getan, nicht wahr? Du hast es gewusst und dennoch alles geschehen lassen.“, sagte er bestürzt.

          Seine Blicke versuchten, sie zu strafen, doch sie hielt ihnen stand.

          „Und es war richtig. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, Harry. Sie ist unauslöschlich! Jedes mal, wenn sich ein Ereignis näherte, was du mir vorausgesagt hast, erinnerte ich mich an meine Gefühle. Ich habe schon damals gewusst, dass ich dich liebe und dass es irgendwann nicht mehr zu verbergen sein wird. Jonathan hat es in meinem Herzen gesehen. Ich wollte mit Ron darüber reden und hätte ihm damit sehr wehgetan, also entschied ich mich dazu, es sein zu lassen. Er ist mit meiner Liebe im Herzen gestorben. Mit dem Wissen, welches du mir gegeben hast, Harry, wusste ich, dass es in dir genauso aussah. Ich habe dich an jenem Tag am Waldesrand beobachtet, wie du mit dir gerungen hast, die drei zu töten und als ich nichts tat, bist du auch unverrichteter Dinge verschwunden. Nein Harry, nur die Zukunft ist es, die wir ändern können. Nichts anderes! Wie du es mir aufgetragen hast, habe ich UNS gerettet.“, erklärte sie ihm.

          Hatte er zuvor auf dem Bett gesessen, rutschte er jetzt von ihr weg, doch Hermine ließ ihn nicht gehen. Sie packte seinen Arm, zog ihn wieder zurück und küsste ihn. Er erwiderte ihre Wildheit. Es war eine unselige Liebe und Harry wusste, dass beide daran vermutlich zugrunde gehen würden, doch er wehrte sich nicht. Er ließ es geschehen. So wie bei seiner Beobachtung am Waldesrand, als Malfoy und die anderen, neuen Todesser seine Ginny zerrissen und auch er nur zusah und nichts unternahm.

          Sie nahm ihm den Zeitumkehrer ab und bevor er reagieren konnte, warf sie ihn mit voller Wucht gegen die Wand, so dass das kleine Glas in ihm zersprang und der feine Sand auf den Boden rieselte. Harry blickte sie geschockt an. Die Reste seines Verstandes fuhren Achterbahn.

          „Ich habe begonnen, die Zukunft zu ändern. Er hat uns EINE Zukunft sehen lassen, in der er in einer Vergangenheit sterben wird, die vielleicht existent sein kann, Harry! Kann! Nun, jetzt nicht mehr. Wenn er schon sterben muss, dann hier. Ich denke, als er gemerkt hat, dass nur wir beide ihn beschworen hatten, wusste er bereits, dass sein Plan scheitern würde. Er hat die menschliche Komponente unterschätzt. Er dachte, jeder Zauberer würde für das, was er anzubieten hatte, alles tun. Ron und Ginny hatte den Ehrgeiz nicht und waren trotzdem glücklich. Die Macht der Gefühle ist sehr gefährlich! Wir waren in der Lage, dieser Gefahr zu trotzen. Das hier war nur ein weiterer Test. Der letzte! Wenn wir etwas aus der Vergangenheit verändert hätten, wäre das blanke Chaos daraus entstanden.“, sagte sie erklärend.

          Er begann zu begreifen, was sie meinte. Wer hätte für den dreifachen Mord büßen müssen? Etwa Hermine? Was hätte man mit ihr getan, wenn niemand etwas herausfinden konnte? Welche Verschleppungen hätte sie sich unterstellen lassen müssen, wenn es kein vorzeigbares Ergebnis gegeben hätte? Was würde sie tun müssen, um die Sache zu verschleiern? Am Ende kam er zu dem Schluss, dass sie sie wirklich gerettet hatte und zwar, in dem sie nichts tat. Hermine war sich sicher, dass sie Jonathan nicht mehr sehen sollten und behielt mit dieser Annahme auch recht. Im Moment ihres entgültigen Erwachens, als sie erkannte, dass sie nur die Zukunft ändern könne und auch danach handelte, konnte sie ihn fühlen. Sie fühlte eine nie da gewesene Zufriedenheit, aber auch eine gewisse Traurigkeit. Sie fühlte, wie er Abschied nahm. Seine Mission war erfüllt. Das einzige, was ihn betrübte war, dass ihr Jonathan nicht sagen konnte, was sie war: Seine beste Schülerin! Sie hatte die Fallen erkannt und diese unbarmherzig zerschlagen. Er hatte sich in ihr nicht getäuscht. Hermine würde tun, was erforderlich war. Immer.

          Die beiden saßen noch Stunden im Astronomieturm. Die magischen Feuer brannten langsam herunter und tauchten das Turmzimmer in einen unbeschreiblich warmen Farbton. Sie beobachteten den Nachthimmel, als Hermine auf einen Regenbogenschweif am Firmament zeigte, der sich breit gefächert, sehr schnell weiter nach oben bewegte und dann langsam verblasste.

          "Schau, glaubst du, das kann..." Doch er verstummte, als Hermine ihre Arme um ihn schlang und ihren Kopf an seine Schulter legte.

          "Vielleicht, aber das würde uns niemand glauben. Nicht einmal in unserer Welt.", flüsterte sie, als die orangefarbene, glühende Silhouette von Jonathan neben ihnen auftauchte und nach einem kurzen Erstrahlen verblasste.

          „Gut gemacht.“, raunte die Stimme und beide durchzuckte ein kurzes Glühen um ihre Finger, als sie sahen, wie sich um den Ringfinger die rotgoldenen Zauberringe seiner Eltern schlossen. Mine weinte wieder, doch dieses Mal waren es Tränen der Freude.

          Harry brauchte sie nicht zu fragen, was als nächstes kam. Was nun zu tun war, wusste Hermine ganz genau. Wenn sie nun kamen, würden sie sich mit allem entgegenstellen, was sie hatten und das war eine ganze Menge. Sie hatten sich weiterentwickelt. Ihre Kinder hatten sich entwickelt. Für die nächsten Generationen Zauberer war gesorgt. Sie besaßen etwas, das weder Bellatrix und ihre Anhänger noch irgendein anderer kannte.

          „Er ist nicht allein und war es nie. Eines Tages werden wir bei ihm sein, doch dieser Tag ist noch fern. Es ist Zeit zu handeln und wir werden handeln! Mit den anderen: Mit Neville, Luna und seinen Eltern, mit Tonks und King. Ja, auch mit Moody, Minerva, den Weasleys und den de la Vegas. Es war richtig von dir, die Phönixe zu zerschlagen. Hier in der Wiege der Magie wird es noch etwas anderes geben, wachend zwischen Licht und Dunkelheit. Uns! Die Schatten – Den Orden der Macht.“

          Jetzt konnte sich Hermine an das erinnern, was er ihr in dem ersten der Wachtraumzauber anvertraute. Sie entfernte den Desillusionierungszauber und da lagen sie: Glatt und funkelnd im Sternenlicht –

          gebettet auf weichen, dunklen Kissen.

          Jonathans Feuerschwerter.


          ENDE



          Jetzt ist es Euch das Mysterium der Geschichte zu entschlüsseln:

          Wer war Jonathan?
          Was sind seine Feuerschwerter wirklich?

          Schickt Eure Lösung per PN. Ich bin gespannt.

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