31. Chaos
Draco wurde von Bellatrix’ Fluch frontal getroffen und fiel der Länge nach hin. Er schrie aus Leibeskräften und wand sich am Boden, während sie immer weiter lachte und lachte und lachte. Schließlich gab sie ihm den Auftrag, ein wenig in Hogsmeade “aufzuräumen“ und die “Neue Ordnung“ zu verbreiten.
Crabbe und Goyle flankierten Malfoy, während dieser zusammen mit acht anderen, neuen Todessern in dem Ort nahe der Zauberer-Schule apparierte. Sie machten sich nicht mehr die Mühe, sich zu maskieren und ihre Gesichter vor der Öffentlichkeit zu verbergen, denn das hielten sie jetzt nicht mehr für erforderlich. Malfoy riss als erster seinen Zauberstab heraus und schleuderte einen Schwebezauber gegen einen unbeteiligten Passanten, der daraufhin durch die Luft geschleudert wurde. Die anderen lachten und taten es ihm gleich. Plötzlich wurden auch andere Menschen von Flüchen und Zaubern erfasst und durch die Luft katapultiert, doch das wurde schnell langweilig. Jetzt griffen die Todesser richtig an. Die verschiedensten Flüche peitschten durch die Luft und setzten Strassen und Schaufenster in Brand. Menschen, die schreiend aus den brennenden Häusern herausgelaufen kamen, wurden zum Spaß mit dem Cruciatus belegt und die Todesser ergötzten sich daran, wie sie sich am Boden in ihren Qualen wanden. Die jungen Wilden fielen bald im Honigtopf ein und verwüsteten den ganzen Laden. Danach ging es in die drei Besen – einen heben. Tische und Fässer wurden durchgeschüttelt und die Gäste wurden mit allem bespritzt, was nicht schon vorher zu Bruch ging. Einer, der sich schützend vor eine Frau stellen wollte, an denen die Todesser gefallen gefunden hatten, wurde per Todesfluch vom Diesseits in die andere Welt befördert.
„Da, sieh nur! Sie rennen wie die Hasen!“, schrie Malfoy erfreut und jagte einigen Todesflüche auf den Hals, die getroffen über die Theke fielen oder einfach auf ihren Stühlen zusammensackten. Crabbe und Goyle vergnügten sich mit einem weiteren, weiblichen Gast und nach vollbrachter Missetat, um ihr die Schande zu ersparen, bedachten sie diese dämonisch lachend mit dem grünen Blitz. Draco dachte an seinen Vater und dessen Erzählungen aus den „guten, alten Tagen“, wo sie mit viel Geschrei im Namen des dunklen Lords durch die Strasse zogen, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Ja, die guten Zeiten waren wieder zurück! Er nahm sich, was er wollte. Bald, sehr bald würden sie ihre Welt verlassen und Muggel jagen gehen. Ein in alter Zeit gut gepflegter Sport. Man suchte sich einen Muggel, entführte ihn in die Zauberwelt und ließ ihn irgendwo im Wald frei. Dann gab man ihm ein oder zwei Stunden Vorsprung, bevor die Jagd begann. Sie endete erst, wenn einer der Zauberer den Muggel erwischt hatte. Wie auch immer... Sein Vater machte sich einen Spaß daraus, den Muggel glauben zu lassen, er könnte entkommen, weswegen er ihm einen Handel anbot. Ging der Muggel darauf ein, führte er ihn an einen “geheimen Ort“, den nur er kannte. Dort warteten dann seine Freunde und gaben dem Schreienden den Rest. Ja, die guten Zeiten waren wieder angebrochen.
Doch es gab etwas, auf das freute sich Draco noch mehr als auf jede Muggeljagd. Er wusste, das Schlammblut auf dem Thron würde ihm gehören. In seinen Gewaltphantasien malte er sich aus, wie er sie langsam, mit ausgeklügelten Foltertechniken, zu Tode brachte, nachdem sie ihm in den kommenden, goldenen Jahren als seine private Sklavin zu Diensten sein würde, wann und wo immer er es wünschte. Allein der Gedanke daran erregte ihn derartig, dass er fast vergaß, weshalb sie hergekommen waren. Er erschrak regelrecht, als Crabbe und Goyle ihn riefen.
„Stupor! Träum nicht! Weiter. Es wartet noch viel Arbeit hier auf uns!“, sagten sie, während ihn seine beiden tumben Spießgesellen anstießen. „Ihr könntet hier mal saubermachen, Pack!“, schrieen sie lachend, bevor sie den Laden verließen, um sich mit den anderen Anhängern auf der Strasse zu vereinen.
„Hier gibt es Ärger!“, schrie einer zu ihnen herüber und wartete darauf, dass man ihm zu Hilfe kam. Die Attacke war nicht lange verborgen geblieben. Aus dem ministerialen Aurorenbüro wurden schnell ein paar Leute zur Abwehr des Schlimmsten geschickt und man lieferte sich jetzt eine offene Straßenschlacht mit dem Gegner. Am Anfang sah es so aus, als ob die Todesser von den Auroren schnell zurückgedrängt wurden, doch als noch Malfoy, Crabbe und Goyle eingriffen und mit grünen Blitzen einen nach dem anderen erledigten, wendete sich rasch das Blatt.
„Morsmorde!“, kreischte Goyle und das dunkle Mal erschien über den Drei Besen, Zonkos Scherzartikel Laden, dem Honigtopf und über der offenen Strasse. Der ganze Ort war in schwarzgrünes Glühen getaucht, als die letzten Auroren unter einem Gewitter aus Todesflüchen zusammenbrachen und ihr Leben auf ihren Knien um Gnade winselnd aushauchten. Immerhin ließ man ihnen die Wahl zwischen sterben oder sich seiner dunklen Herrin anzuschließen. Bedauerlicherweise wählten viele von denen den Tod. Einige jedoch erkannten die Zeichen und liefen zu den Reihen des Feindes über. Sie waren in der Tat die Helden der Stunde – jene Glücklichen, die noch in der Lage waren zu erkennen, dass das wahre Glück im Dienste Bellatrix’ bestand. Man würde sie reich belohnen für ihre Taten. Die Aufnahmeprüfung wurde gleich hier an Ort und Stelle vollzogen. Es liefen noch so viele Gestalten umher, denen sie nur einen Todesfluch auf den Hals jagen mussten. Jene, die es taten, wurden aufgenommen und jene, die es versuchten, sich doch noch gegen die Todesser zu wenden, mussten sterben. Alles in allem war Draco mit diesen letzten Stunden zufrieden. Überall lagen tote Zauberer am Straßenrand, Geschäfte brannten und Menschen rannten schreiend und unkontrolliert durch die Gegend. Sie hatten den Ort richtig aufgemischt – genau so, wie Bellatrix es ihnen befohlen hatte.
Am nächsten Tag waren die Zeitungen voll mit Berichten über den Angriff der Todesser auf Hogsmeade. Man sprach von über fünfzig Toten und noch mehr Verletzten. Das Ausmaß der Verwüstungen wurde als unbeschreiblich betitelt. Im Ministerium verweigerte man jeden Kommentar zu den aktuellen Ereignissen. Zu frisch war noch der frühe Tod des Quidditch-Stars im Halbfinale der Weltmeisterschaft; zu frisch das Erlebnis im Finale; zu frisch der provisorische Minister Shackleboldt im Amt. Er hatte alle Hände voll zu tun, eine Spur von Ruhe zu bewahren, während der Tagesprophet unablässig hetzte. Heute war es Hogsmeade, morgen der unfähige Minister und Übermorgen konnten andere Schuld an der Misere sein. Sie waren führungslos – hoffnungslos.
Es war beispiellos.
Erst jetzt merkten sie, wie sehr ihnen Hermine Weasley wirklich fehlte.
Andere auch.
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