Ich habe mir gedacht, ich foltere euch mal wieder mit einer kleinen Geschichte. Ich sage dann einfach mal viel Spass.
Der Morgen danach
Es war wie jedes Mal, wenn ich bei Hacki übernachtete. Wir waren viel zu spät dran und mussten rennen um unsere S-Bahn zu bekommen. Am Abend zuvor hatten wir gemeinsam mit einigen Bekannten das WM Finale zwischen Frankreich und Brasilien im Fernsehen angeschaut. Die Franzosen gewannen klar mit 3:0 und Zinedine Zidane war der Held des Abends. Doch mit dem Abpfiff der Partie war der Abend für uns noch lange nicht vorbei. Unser Spiel begann jetzt erst.
Die Erinnerung an den gestrigen Abend kämpfte sich durch die noch immer vom Alkohol vernebelten Bahnen und Winkel meines Hirns, verblasste auf ihrem langem Weg und zerplatzte kurz vor erreichen des Ziels wie eine Seifenblase.
Mein Körper hatte die Angewohnheit, nicht sonderlich gut auf Alkohol zu reagieren und sehr nachtragend bei zu starkem Genuss dessen zu sein.
Da ich nach dem Aufstehen auf meinem Weg zum Bad über insgesamt vier leere Bierkästen stolperte und im Badezimmerschrank neben der Mundspülung eine leere Flasche Wodka vorfand, war ich mir ziemlich sicher, den Alkoholgehalt meines Blutes in den Prozentbereich angehoben zu haben. Jedes Messgerät würde mich für tot erklären.
Nebenbei bemerkt, hatten wir damit den bisher bestehenden Rekord im sinnlosen Besaufen geradezu pulverisiert. Heute würde ich dafür die Rechnung zahlen müssen, das wusste ich. Besser gesagt, ich tat es schon. Jeder Schritt, jedes Auftreten dröhnte in meinem Kopf wie ein Glockenschlag, dessen Hall nie ganz verging. Wie sollte ich diesen Tag nur überstehen?
Gegen 5 Uhr, eine halbe Stunde zu spät, war ich aus dem Bett gefallen. Hacki hätte sicherlich den kompletten Tag verschlafen. Aber ich wurde auf der Couch von einem plätschernden Geräusch und einem unangenehmen Gefühl geweckt.
Es war meine Hand gewesen, die auf dem Tisch eine halbvolle Bierflasche umgestoßen hatte, deren Inhalt sich nun über den Tisch ergoss.
Ich versuchte, die sich anbahnende Sauerei kurzfristig mit einer provisorischen Kugelschreiber Barriere aufzuhalten. Bis auf die Tatsache, dass die Kugelschreiber allesamt nicht mehr nutzbar waren und stanken wie die Pest, führte dies aber zu keinem verwertbaren Ergebnis.
Allerdings wurde Hacki im Nebenraum durch mein gelalltes dreifaches "Verdammt!" geweckt.
Keine Minute später taumelte er schlaftrunken und mit beinahe komplett geschlossenen Augen, meinen verzweifelten, mittlerweile mit mehreren Lappen ausgefochtenen Kampf gegen die Bierflut ignorierend, an mir vorbei Richtung Bad.
Kurz darauf sah ich Bartels, mit Augenringen, die den Saturn vor Neid erblassen lassen dürften, wie er sich hastig die Jacke überzog, irgendetwas von "viel zu spät dran" faselte und zur Tür stürmte.
Nach heftigem Gepolter und einigen nicht jugendfreien Flüchen, kam er sich die Schläfe reibend wieder aus dem Wandschrank, zeigte dieses Mal in die entgegengesetzte Richtung und meinte er ginge dann jetzt.
Kaum hatte er die Tür hinter sich zugezogen, kam Hacki aus dem Bad. "Ist Bartman wieder in den Wandschrank gelaufen?" "Yupp" Dies nahm er mit einem kurzen Nicken entgegen und ging wieder in sein Schlafzimmer.
Das war vor gerade einmal 15 Minuten gewesen. Jetzt stolperten wir schon unsere Uniform tragend der S-Bahn Haltestelle entgegen.
Während ich versuchte den Lärm in meinem Schädel und den damit verbundenen pochenden Schmerz auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, warf ich im Laufen einen Blick zu Hacki.
Dieser lief mit raumgreifenden Schritten, noch immer halbgeschlossenen Augen und einem seeligen Lächeln im Gesicht neben mir her.
Was ihm wohl momentan durch den Kopf ging? In diesem Moment prallte ich mit voller Wucht gegen ein plötzlich auftauchendes Hindernis und meinte "Uff!".
Wie es eben in solchen Momenten ist, wusste ich sofort, dass ich nicht die geringste Chance hatte,mein Gleichgewicht zu halten und alles in meiner näheren Umgebung mit in den Untergang reißen würde.
Aufgrund einiger mir unverständlicher Laute, die das Hindernis kurz nach dem Frontalcrash von sich gab und die von meinem Gehirn nach anfänglichen schweren Fehlzündungen und einigem Hin und Her als "Pass´ doch auf, du Trampel" identifiziert wurden, ahnte ich, es mit einem lebenden Objekt, vermutlich der Gattung Mensch zu tun zu haben.
"Tut mir leid, ich habe sie nicht gesehen", lautete meine reflexmäßige, für solche Situationen antrainierte Reaktion.
Ich sollte vielleicht erwähnen, dass es mir tatsächlich gelang, diesen Satz sowohl zu lallen wie auch zu nuscheln und meine Stimme dabei einen sogar mir auffallenden mechanisch klingenden Tonfall hatte.
Der wieder auf den Beinen stehende menschliche Reifenstapel sah sich offensichtlich verwirrt durch meine Aussage auf dem hellerleuchteten, um diese Uhrzeit menschenleeren Weg um. Dann sah er zu mir und schüttelte seinen Kopf.
Es schien ihm unbegreiflich, wie man jemanden hier nicht sehen konnte. Was er mit einem eingesprungenem "Spinner" verbal untermauerte.
Das ich in meinem derzeitigem Zustand auch gegen eine tote Kuh einen Reaktionstest verlieren würde und ihm nicht einmal hätte ausweichen können, wenn er eine Rundumleuchte auf dem Kopf tragen würde, konnte er ja nicht ahnen.
Nachdem das vor sich hin fluchende Unfallopfer sich grob von seiner körperlichen Unversehrtheit überzeugt hatte, musterte es sein scheinbar orientierungsloses Gegenüber.
Sein Blick blieb an meiner Uniform hängen und ein breites Grinsen stahl sich in sein Gesicht. Das war etwas, was ich schon gewohnt war.
An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass es zwei Typen von Uniformen gibt. Es gibt die "Ich stehe auf Uniformierte und wenn ich dich sehe, würde ich am liebsten reinbeißen" Uniform und unsere.
Jeder dürfte in etwa eine Vorstellung davon haben, wie eine normale, eine gute Uniform aussieht. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Ausführungen. Doch alle haben sie eines gemeinsam, sie lassen den Träger gut oder zumindest männlich aussehen.
Unsere Uniform jedoch war ... anders. Wie soll man etwas beschreiben, für das es keinen Namen gibt?
Unsere Uniform bestand aus einem dicken Wollpullover aus dessen Ausschnitt der Kragen eines hellblauen Hemdes ragte, einer blauen Faltenstoffhose und als ob dies noch nicht genug wäre, einem Paar schrecklicher schwarzer Lacklederschuhe.
Kurzum, wir sahen grauenhaft aus.
Diese Uniform war offensichtlich die göttliche Strafe für den ansonsten sehr interessanten und abwechslungsreichen Job im Innendienst einer Luftwaffen-Fliegerstaffel.
Doch eines muss man der Bundeswehr ja lassen. Es gibt praktisch nichts was in der Lage wäre, dieses jämmerliche Bild noch zu toppen, doch sie haben es gefunden.
Auf der rechten Brusttasche des blauen Wollpullovers prangt in etwa vier Zentimeter großen Buchstaben der Name des Trägers.
Spätestens dieses Detail wirkt dermaßen demotivierend, dass man am liebsten auf der Stelle losheulen würde.
Derartig entstellt in der Öffentlichkeit auftreten zu müssen, beschert einem entweder das dickste aller Felle, an dem jegliche Beleidigung wie ein Tropfen Wasser an einer Plane abprallte oder man wird zu einem nervlichen Wrack mit Minderwertigkeitskomplexen und extrem großen Aggressionspotential.
Ich war mir nicht sicher, welche der beiden Möglichkeiten auf mich zutraf.
Manchmal hatte ich das Gefühl, den einzigen freien Platz auf dem Pendel zwischen den beiden Extremen ergattert zu haben.
Ich sah auf meine Uhr und dann in Richtung, der noch immer viel zu weit entfernten Gleise. Die Bahn durfte ich einfach nicht verpassen. Ansonsten würde der Zug nach Kronskamp ohne mich den Hauptbahnhof verlassen und ich müsste über eine Stunde auf den nächsten warten.
Da erst fiel mir auf, dass Hacki weit und breit nicht zu sehen war. Anscheinend war er einfach weitergelaufen. Wahrscheinlich hatte er mein Fehlen noch nicht einmal bemerkt und stand bereits mehr schlafend als wach und noch immer lächelnd auf dem Bahnsteig.
Mein Gegenüber war inzwischen dazu übergegangen mich mehrsprachig zu verfluchen, was ich mit einem anerkennendem Nicken registrierte. Langsam wurde mir klar, es mit einem wahren Meister im Flüche ausstoßen und Verwünschungen aussprechen zu tun zu haben und ich bedauerte, kein Diktiergerät dabei zu haben.
Im Hintergrund war das langsam lauter werdende Geräusch einer sich nähernden Bahn zu hören. Ich warf noch ein kurzes "Tschuldigung" in die Runde, nahm die Beine in die Hand und lief los.
Der Herr der Flüche rief mir noch einen beeindruckenden Abschlussfluch hinterher, drehte sich um und ging fluchend von dannen.
Man glaubt gar nicht, wie kompliziert der Bewegungsablauf des menschlichen Köpers ist, wenn man sich durch Restalkohol geistig auf dem Niveau einer Melone befindet.
Ich kam mir vor wie Forrest Gump und erweckte bei jedem Außenstehenden wahrscheinlich den Eindruck einer außer Kontrolle geratenen menschlichen Kanonenkugel.
Als ich wild schnaufend und nach Luft japsend auf dem Bahnsteig ankam, ertönte gerade das Abfahrtssignal.
Mit letzter Kraft gelang es mir, mich durch die sich bereits schließenden Türen ins Wageninnere zu werfen, wo ich ziemlich unsanft aufschlug.
Völlig außer Atem umklammerte ich eine in der Nähe der Tür angebrachte Haltestange. Ich stellte gerade überrascht fest, dass Sterne sehen nicht nur ein Sprichwort war, sondern durchaus wörtlich genommen werden konnte.
Jemand tippte mir mit dem Finger an die Schulter.
Um den vor meinen Augen umhertanzenden grellen Farben und Formen Einhalt zu gebieten, legte ich die linke Hand vor meine Augen und sah durch einen Spalt zwischen Zeige- und Mittelfinger nach oben.
Ich blickte direkt in ein unrasiertes Gesicht mit schmalen, seltsam glänzenden Augen und einem wie eingebrannt wirkendem Lächeln. Es war Hacki.
"Und du hattest schon Panik. Das haben wir doch locker geschafft."
In diesem Moment gingen mir die wildesten Gedanken durch den Kopf. Allerdings war meine Fähigkeit mich zu artikulieren so stark eingeschränkt, dass ich nur mit einem jämmerlich klingendem "Hmmm" antwortete. Damit war für mich alles gesagt.
Den Anschlusszug am Hauptbahnhof erreichten wir im allerletzten Moment. Dieser hatte aufgrund einer durch ein Unwetter in der letzten Nacht unterspülten Brücke jedoch 2 Stunden Verspätung und wir kamen pünktlich zum Mittag im Geschwader an.
Hacki durfte daraufhin die nächsten zwei Wochen im Geschwader übernachten und ich jeden Morgen für die komplette Staffel Kaffee kochen. Das dieser stark genug war, um damit mehrere tote Elefanten wiederzubeleben, war natürlich nur ein Versehen.
Der Morgen danach
Es war wie jedes Mal, wenn ich bei Hacki übernachtete. Wir waren viel zu spät dran und mussten rennen um unsere S-Bahn zu bekommen. Am Abend zuvor hatten wir gemeinsam mit einigen Bekannten das WM Finale zwischen Frankreich und Brasilien im Fernsehen angeschaut. Die Franzosen gewannen klar mit 3:0 und Zinedine Zidane war der Held des Abends. Doch mit dem Abpfiff der Partie war der Abend für uns noch lange nicht vorbei. Unser Spiel begann jetzt erst.
Die Erinnerung an den gestrigen Abend kämpfte sich durch die noch immer vom Alkohol vernebelten Bahnen und Winkel meines Hirns, verblasste auf ihrem langem Weg und zerplatzte kurz vor erreichen des Ziels wie eine Seifenblase.
Mein Körper hatte die Angewohnheit, nicht sonderlich gut auf Alkohol zu reagieren und sehr nachtragend bei zu starkem Genuss dessen zu sein.
Da ich nach dem Aufstehen auf meinem Weg zum Bad über insgesamt vier leere Bierkästen stolperte und im Badezimmerschrank neben der Mundspülung eine leere Flasche Wodka vorfand, war ich mir ziemlich sicher, den Alkoholgehalt meines Blutes in den Prozentbereich angehoben zu haben. Jedes Messgerät würde mich für tot erklären.
Nebenbei bemerkt, hatten wir damit den bisher bestehenden Rekord im sinnlosen Besaufen geradezu pulverisiert. Heute würde ich dafür die Rechnung zahlen müssen, das wusste ich. Besser gesagt, ich tat es schon. Jeder Schritt, jedes Auftreten dröhnte in meinem Kopf wie ein Glockenschlag, dessen Hall nie ganz verging. Wie sollte ich diesen Tag nur überstehen?
Gegen 5 Uhr, eine halbe Stunde zu spät, war ich aus dem Bett gefallen. Hacki hätte sicherlich den kompletten Tag verschlafen. Aber ich wurde auf der Couch von einem plätschernden Geräusch und einem unangenehmen Gefühl geweckt.
Es war meine Hand gewesen, die auf dem Tisch eine halbvolle Bierflasche umgestoßen hatte, deren Inhalt sich nun über den Tisch ergoss.
Ich versuchte, die sich anbahnende Sauerei kurzfristig mit einer provisorischen Kugelschreiber Barriere aufzuhalten. Bis auf die Tatsache, dass die Kugelschreiber allesamt nicht mehr nutzbar waren und stanken wie die Pest, führte dies aber zu keinem verwertbaren Ergebnis.
Allerdings wurde Hacki im Nebenraum durch mein gelalltes dreifaches "Verdammt!" geweckt.
Keine Minute später taumelte er schlaftrunken und mit beinahe komplett geschlossenen Augen, meinen verzweifelten, mittlerweile mit mehreren Lappen ausgefochtenen Kampf gegen die Bierflut ignorierend, an mir vorbei Richtung Bad.
Kurz darauf sah ich Bartels, mit Augenringen, die den Saturn vor Neid erblassen lassen dürften, wie er sich hastig die Jacke überzog, irgendetwas von "viel zu spät dran" faselte und zur Tür stürmte.
Nach heftigem Gepolter und einigen nicht jugendfreien Flüchen, kam er sich die Schläfe reibend wieder aus dem Wandschrank, zeigte dieses Mal in die entgegengesetzte Richtung und meinte er ginge dann jetzt.
Kaum hatte er die Tür hinter sich zugezogen, kam Hacki aus dem Bad. "Ist Bartman wieder in den Wandschrank gelaufen?" "Yupp" Dies nahm er mit einem kurzen Nicken entgegen und ging wieder in sein Schlafzimmer.
Das war vor gerade einmal 15 Minuten gewesen. Jetzt stolperten wir schon unsere Uniform tragend der S-Bahn Haltestelle entgegen.
Während ich versuchte den Lärm in meinem Schädel und den damit verbundenen pochenden Schmerz auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, warf ich im Laufen einen Blick zu Hacki.
Dieser lief mit raumgreifenden Schritten, noch immer halbgeschlossenen Augen und einem seeligen Lächeln im Gesicht neben mir her.
Was ihm wohl momentan durch den Kopf ging? In diesem Moment prallte ich mit voller Wucht gegen ein plötzlich auftauchendes Hindernis und meinte "Uff!".
Wie es eben in solchen Momenten ist, wusste ich sofort, dass ich nicht die geringste Chance hatte,mein Gleichgewicht zu halten und alles in meiner näheren Umgebung mit in den Untergang reißen würde.
Aufgrund einiger mir unverständlicher Laute, die das Hindernis kurz nach dem Frontalcrash von sich gab und die von meinem Gehirn nach anfänglichen schweren Fehlzündungen und einigem Hin und Her als "Pass´ doch auf, du Trampel" identifiziert wurden, ahnte ich, es mit einem lebenden Objekt, vermutlich der Gattung Mensch zu tun zu haben.
"Tut mir leid, ich habe sie nicht gesehen", lautete meine reflexmäßige, für solche Situationen antrainierte Reaktion.
Ich sollte vielleicht erwähnen, dass es mir tatsächlich gelang, diesen Satz sowohl zu lallen wie auch zu nuscheln und meine Stimme dabei einen sogar mir auffallenden mechanisch klingenden Tonfall hatte.
Der wieder auf den Beinen stehende menschliche Reifenstapel sah sich offensichtlich verwirrt durch meine Aussage auf dem hellerleuchteten, um diese Uhrzeit menschenleeren Weg um. Dann sah er zu mir und schüttelte seinen Kopf.
Es schien ihm unbegreiflich, wie man jemanden hier nicht sehen konnte. Was er mit einem eingesprungenem "Spinner" verbal untermauerte.
Das ich in meinem derzeitigem Zustand auch gegen eine tote Kuh einen Reaktionstest verlieren würde und ihm nicht einmal hätte ausweichen können, wenn er eine Rundumleuchte auf dem Kopf tragen würde, konnte er ja nicht ahnen.
Nachdem das vor sich hin fluchende Unfallopfer sich grob von seiner körperlichen Unversehrtheit überzeugt hatte, musterte es sein scheinbar orientierungsloses Gegenüber.
Sein Blick blieb an meiner Uniform hängen und ein breites Grinsen stahl sich in sein Gesicht. Das war etwas, was ich schon gewohnt war.
An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass es zwei Typen von Uniformen gibt. Es gibt die "Ich stehe auf Uniformierte und wenn ich dich sehe, würde ich am liebsten reinbeißen" Uniform und unsere.
Jeder dürfte in etwa eine Vorstellung davon haben, wie eine normale, eine gute Uniform aussieht. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Ausführungen. Doch alle haben sie eines gemeinsam, sie lassen den Träger gut oder zumindest männlich aussehen.
Unsere Uniform jedoch war ... anders. Wie soll man etwas beschreiben, für das es keinen Namen gibt?
Unsere Uniform bestand aus einem dicken Wollpullover aus dessen Ausschnitt der Kragen eines hellblauen Hemdes ragte, einer blauen Faltenstoffhose und als ob dies noch nicht genug wäre, einem Paar schrecklicher schwarzer Lacklederschuhe.
Kurzum, wir sahen grauenhaft aus.
Diese Uniform war offensichtlich die göttliche Strafe für den ansonsten sehr interessanten und abwechslungsreichen Job im Innendienst einer Luftwaffen-Fliegerstaffel.
Doch eines muss man der Bundeswehr ja lassen. Es gibt praktisch nichts was in der Lage wäre, dieses jämmerliche Bild noch zu toppen, doch sie haben es gefunden.
Auf der rechten Brusttasche des blauen Wollpullovers prangt in etwa vier Zentimeter großen Buchstaben der Name des Trägers.
Spätestens dieses Detail wirkt dermaßen demotivierend, dass man am liebsten auf der Stelle losheulen würde.
Derartig entstellt in der Öffentlichkeit auftreten zu müssen, beschert einem entweder das dickste aller Felle, an dem jegliche Beleidigung wie ein Tropfen Wasser an einer Plane abprallte oder man wird zu einem nervlichen Wrack mit Minderwertigkeitskomplexen und extrem großen Aggressionspotential.
Ich war mir nicht sicher, welche der beiden Möglichkeiten auf mich zutraf.
Manchmal hatte ich das Gefühl, den einzigen freien Platz auf dem Pendel zwischen den beiden Extremen ergattert zu haben.
Ich sah auf meine Uhr und dann in Richtung, der noch immer viel zu weit entfernten Gleise. Die Bahn durfte ich einfach nicht verpassen. Ansonsten würde der Zug nach Kronskamp ohne mich den Hauptbahnhof verlassen und ich müsste über eine Stunde auf den nächsten warten.
Da erst fiel mir auf, dass Hacki weit und breit nicht zu sehen war. Anscheinend war er einfach weitergelaufen. Wahrscheinlich hatte er mein Fehlen noch nicht einmal bemerkt und stand bereits mehr schlafend als wach und noch immer lächelnd auf dem Bahnsteig.
Mein Gegenüber war inzwischen dazu übergegangen mich mehrsprachig zu verfluchen, was ich mit einem anerkennendem Nicken registrierte. Langsam wurde mir klar, es mit einem wahren Meister im Flüche ausstoßen und Verwünschungen aussprechen zu tun zu haben und ich bedauerte, kein Diktiergerät dabei zu haben.
Im Hintergrund war das langsam lauter werdende Geräusch einer sich nähernden Bahn zu hören. Ich warf noch ein kurzes "Tschuldigung" in die Runde, nahm die Beine in die Hand und lief los.
Der Herr der Flüche rief mir noch einen beeindruckenden Abschlussfluch hinterher, drehte sich um und ging fluchend von dannen.
Man glaubt gar nicht, wie kompliziert der Bewegungsablauf des menschlichen Köpers ist, wenn man sich durch Restalkohol geistig auf dem Niveau einer Melone befindet.
Ich kam mir vor wie Forrest Gump und erweckte bei jedem Außenstehenden wahrscheinlich den Eindruck einer außer Kontrolle geratenen menschlichen Kanonenkugel.
Als ich wild schnaufend und nach Luft japsend auf dem Bahnsteig ankam, ertönte gerade das Abfahrtssignal.
Mit letzter Kraft gelang es mir, mich durch die sich bereits schließenden Türen ins Wageninnere zu werfen, wo ich ziemlich unsanft aufschlug.
Völlig außer Atem umklammerte ich eine in der Nähe der Tür angebrachte Haltestange. Ich stellte gerade überrascht fest, dass Sterne sehen nicht nur ein Sprichwort war, sondern durchaus wörtlich genommen werden konnte.
Jemand tippte mir mit dem Finger an die Schulter.
Um den vor meinen Augen umhertanzenden grellen Farben und Formen Einhalt zu gebieten, legte ich die linke Hand vor meine Augen und sah durch einen Spalt zwischen Zeige- und Mittelfinger nach oben.
Ich blickte direkt in ein unrasiertes Gesicht mit schmalen, seltsam glänzenden Augen und einem wie eingebrannt wirkendem Lächeln. Es war Hacki.
"Und du hattest schon Panik. Das haben wir doch locker geschafft."
In diesem Moment gingen mir die wildesten Gedanken durch den Kopf. Allerdings war meine Fähigkeit mich zu artikulieren so stark eingeschränkt, dass ich nur mit einem jämmerlich klingendem "Hmmm" antwortete. Damit war für mich alles gesagt.
Den Anschlusszug am Hauptbahnhof erreichten wir im allerletzten Moment. Dieser hatte aufgrund einer durch ein Unwetter in der letzten Nacht unterspülten Brücke jedoch 2 Stunden Verspätung und wir kamen pünktlich zum Mittag im Geschwader an.
Hacki durfte daraufhin die nächsten zwei Wochen im Geschwader übernachten und ich jeden Morgen für die komplette Staffel Kaffee kochen. Das dieser stark genug war, um damit mehrere tote Elefanten wiederzubeleben, war natürlich nur ein Versehen.
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