Irgendwie hat sich beim Schreiben eines neuen Teils der Wellington-Geschichte eine eigene Story abgespalten, die ich hier mal gesondert veröffentliche. Wie immer, Kritik und Verbesserungsvorschläge ausdrücklich erwünscht!
Die NX-1031 ist ein Schiff der Constitution Refit Klasse, also ein Schwesterschiff der 1701-A, zeitlich ist diese Geschichte aber in der "Neuzeit" angesiedelt.
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"Computerlogbuch der NX-1031, kommandierender Offizier Lieutenant Commander Thomas Wellington. Wir befinden im Sektor Null Drei Fünf und versuchen, uns trotz des bevorstehenden Tests der AM-7 Sensoreneinheit von der Langeweile und Eintönigkeit eines NX Fluges abzulenken. Die einzigen, denen es auf diesem Flug nicht langweilig wird, sind die Offiziere und die Crew der technischen Abteilung, die teils aus Dienstpflicht aber auch teils aus Interesse jede Minute im Maschinenraum und den angrenzenden Versuchsdecks der 1031 verbringen. Für den Rest der Besatzung wird dieser Auftrag mehr und mehr zu einer Geduldsprobe ..."
Lieutenant Commander Wellington saß an einem der kleinen Tische im hinteren Teil der Offiziersmesse. Aus der angrenzenden Küche krochen recht angenehme Gerüche in seine Nase, der Koch bereitete gerade das Mittagessen für die einhundertzwanzig Mann starke Testcrew der NX-1031 vor. Mit einem freundlichen Kopfnicken stellte ihm der Steward eine dampfende Tasse Kaffee auf den Tisch und räumte das benutzte Besteck ab. Als er wieder alleine war, nahm er sein Aufzeichnungsgerät wieder in die Hand und setzte seinen Logbucheintrag fort.
"Die NX-1031 ist ein beeindruckendes Schiff. Weniger durch seine Ausmaße oder seine technische Beschaffenheit, sondern durch den Ursprung seiner Entstehung erinnert sie mich immer wieder an die guten alten Zeiten, als einem Raumschiffkommandant das Denken und Handeln noch nicht durch einen
Computer abgenommen wurde. Nach dem Durcheinander des Dominionkrieges und den darauf folgenden politischen und diplomatischen Unruhen um das Romulanische Reich beschloss die Sternenflotte, durch Wiederaufbau von ausgemusterten Schiffen Ihre volle Flottenstärke wiederzuerlangen. Die NX-1031 wurde sozusagen auf dem Schiffsfriedhof im Tertian Sektor geboren und besteht eigentlich aus Teilen von drei unterschiedlichen Schiffen. Dasbeste von drei Constitutionklassen wurde aneinandergeschweisst, wieder flott gemacht und als Testhülle für die verschiedensten Erfindungen von Starfleet Operations benutzt. Aber nicht nur die NX-1031 entstand auf diese Weise. Das Zentralkommando der Sternenflotte hatte aus mehr als Fünfhundert ausgemusterten Schiffswracks wieder Zweihundert intakte Schiffe gebaut - ein technisches Unterfangen und eine logistische Meisterleistung, die Ihresgleichen sucht ..."
Die Messe hatte sich gefüllt, die zweite Schicht der Versuchstechniker hatte Ihre verdiente Mittagspause angetreten und ungefähr zwei Dutzend verschwitzte Crewmen standen an der langen Theke der Essensausgabe. Der Koch nutzte seine momentane Situation in vollen Zügen aus und lies die Techniker so lange warte, bis er aus dutzenden flehenden Kehlen die Bitte nach einer warmen Mahlzeit vernahm. Lachend öffnete er das kleine Rolltor über der Theke und begann mit dem Verteilen des Eintopfes.
"Die Wechselfälle der Nachkriegszeit, die zum Einsatz dieses Schiffes geführt haben, haben auch mich zum kommandierenden Offizier gemacht. Ich und meine Crew dienen an der sogenannten Heimatfront, also im großen und ganzen ungefährlicher Dienst, Büroarbeiten, Testflüge und jeden Tag auf´s Neue Hoffnung auf einen Einsatz und das Bekämpfen der Langeweile, die uns träge und müde macht. Ich kann die Eingaben an die Sternenflotten nicht mehr zählen, mir und meinen Offizieren ein "echtes" Kommando zu übertragen. Aber wie jedesmal wurden wir mit der "Wichtigkeit unserer momentanen Aufgabe" vertröstet. Wir erledigen die Arbeit von Kadetten, während Kadetten an den Grenzen der Föderation jeden Tag in Raumkämpfe, Gefechten mit klingonischen oder romulanischen Splittergruppen und aussergewöhnlichen Entdeckungen verwickelt werden ..."
Lieutenant Commander Wellington trank den Rest seines Kaffees in einem Zug aus und stellte den inzwischen kalten Becher auf den Tisch. Zwei Tische neben ihm hörte er das aufgeregte Murmeln der verschiedensten Unterhaltungen. Alles in Allem herrschte auf der NX-1031 eine recht ausgelassene Stimmung - dies lag unter anderem daran, dass Starfleet Operations den Technikern, die an der Realisierung der verschiedenen Projekte beteiligt waren, große Freiheiten in Ihrem täglichen Dienst einräumte. Zufriedenes Personal arbeitet besser.
Inzwischen war der leitende Ingenieure der NX-1031, Lieutenant Nicholas Whitford, an seinen Tisch getreten und hatte sich nach einem fragenden Blick und einem bestätigenden Kopfnicken hingesetzt. Vor sich dampfte ein Teller Eintopf, und als er das Besteck aus der Serviette entfaltete, schaute er halb gelangweilt, halb belustigt auf den Stapel Aufzeichnungsgeräte, die in der Mitte des Tisches lagen.
"Viel zu tun?" Lieutenant Commander Wellington streckte seine Schultern, gähnte herzhaft und lehnte sich gemütlich in den Sessel. "Nicht wirklich, das übliche. Ein halbes Dutzend Berichte für das Kommando, ein paar Beurteilungen für die Akademie und den Schichtplan für die kommende Woche. Es gibt interessanteres ..." Nicholas nickte zustimmend, schluckte ein Stück Brot herunter und nippte an seinem Kaffee. Genau wie der "Captain", sein kommandierender Offizier Lieutenant Commander Wellington, war er auf diesem Schiff prinzipiell arbeitslos, denn den Großteil der Arbeiten übernahmen gezwungenermaßen die Techniker von Starfleet Operations. Ihm selbst als "Chefingenieur" und Erster Offizier der NX-1031 blieben mehr oder
weniger nur administrative Aufgaben - und das Vorrecht hier und dort einmal selbst Hand anzulegen. Aber diese Gelegenheiten boten sich nur selten. Es gab sogar Bereiche des Schiffes, die nicht mal er betreten durfte. Da wurde dann an den Geheimprojekten gearbeitet - und diese Geheimniskrämerei war nicht nur dem Lieutenant ein Dorn im Auge. Man fühlte sich wie ein blinder Passagier auf seinem eigenen Schiff. Obwohl, oder gerade weil die NX-1031 aus gerade noch verwertbaren Teilen drei anderer Schiffe der Constitution
Klasse bestand, verbanden die Führungsoffiziere eine beinahe freundschaftliche und familiäre Bindung an "die Kleine", wie der Raumer von Ihnen oft genannt wurde. Es war ein Durcheinander, welches sich vom
einfachen Einteilen der Schichtplänge bis hin zu Zugangsberechtigungen höchster Ebene durchzog. Das Schiff war zu einem Labyrinth geworden, in dem sich wohl nicht einmal mehr der Konstrukteur der NX-1031 zurechtfinden
würde.
Tom, der "Captain", stützte sich mit seinen Ellenbogen auf den Tisch ab und bot seinem Ersten Offizier eine exotische Süßigkeit von Betazed an, die dieser dankend entgegennahm und sich breit grinsend in den Mund steckte. "Ich weiss nicht, wie lange das noch so weitergehen soll. Manchmal befürchte ich, dass das Kommand vergessen hat, dass hier zwar alle technischen Spielereien ausgewechselt werden, sobald wir von einem Testflug wieder daheim sind, aber nicht die Mannschaft oder die Offiziere. Wir werden hier noch einrosten, ich sehe es vor mir. Im Grenzland wird die Zukunft der Föderation entschieden, und wir sorgen dafür dass irgendwelche dubiosen Sensoren ein verwackeltes Bild von ebendso dubiosen Gasriesen aufnehmen. Das kann doch nicht alle gewesen sein, oder? Nick, ich bin Vierunddreißig, ich will ja gar nicht befördert werden, aber, verdammtnochmal, versetzt mich auf ein richtiges Schiff und nicht auf so einem Seelenverkäufer ..."
Der Erste Offizier der NX-1031 nahm noch einen Schluck Kaffee, um die klebrige Süße aus seinem Mund loszuwerden. Er grinste immer noch, nicht zuletzt weil er und der "Captain" dieses Gespräch beinahe jeden Wochenanfang führten. Es war zu einem "Sport" geworden, sich über die momentane Lage zu beschweren, und eigentlich wäre er jetzt an der Reihe gewesen, die Aussage seines Freundes zu bekräftigen und noch eine eigene Leidensgeschichte obenauf zu setzen. Aber diesmal sparte er sich die Schimpftirade auf die Sternenflotte, und zog aus seiner Hosentasche ein kleines PADD hervor. Er gab es Tom und beugte sich verschwörerisch vor.
"Das kam gerade frisch rein, es ist zwar nicht die Welt, aber immerhin. Doktor Munro von Starfleet Medical Research hat uns gebeten ihn von Aussenposten 431 abzuholen und in die Forschungsstation im Mutarasektor zu bringen. Dauert zwar höchstens ein paar Tage, aber wir können dem Einheitstrott mal entfliehen. Na, was hälst Du davon?"
Tom hatte sich das kurze Communiqué der Sternenflotte angeschaut und blinzelte verwundert. Das kam wirklich überraschend, zumal die NX gerade in der "heißen Phase" eines Experimentes mit den neuen Strukturschilden war. Wenn Sie den Auftrag annehmen, würde noch einiges an Diskussionen mit den
Versuchsleitern auf Ihn zukommen. Aber, wenn er es sich das recht überlegte, war ihm das die Sache wert. Er stand auf, straffte seine schwarz-graue Uniform und legte seine Hand freundschaftlich auf Nick´s Schulter. "Na dann Lieutenant, auf Ihren Posten!"
Nick lachte fröhlich, stand ebendfalls auf und deutete ein Salutieren an. "Aye Sir!" In freudiger Erwartung gingen beide zum Turbolift.
Lieutenant Alicia Baxter, seit sechs Monaten als Taktische Offizierin und Sicherheitschefin auf der NX-1031 stationiert, stand mit Ensign Stanley Thompson, dem Steuermann des Schiffes, vor der großen Torpedorampe. Sie hatten den Auswurfmechanismus komplett freigelegt und arbeiteten sich durch
millimeterdünne Daten- und Energieleitungen zum eigentlichen Problem durch: Dem kleinen Computer im Kern der Anlage, der völlig autonom die Lade- und Abschussvorrichtung der Torpedowerfer steuerte. Wie Sie in einer der letzten Simulationen festgestellt hatten, arbeitete der kleine Subprozessor nicht synchron zur Steuerung der Hauptbrücke, so dass ein sicheres Abfeuern von Photonenladungen nicht mehr möglich war. Die durchtrainierte Offizierin wischte sich Ihr dunkelbraunes und von verführerischen Locken durchzogenes
Haar aus dem Gesicht, schmiss Ihr Werkzeug in die Ecke und schnaufte wütend.
Der junge Ensign hatte sich sicherheitshalber auf die andere Seite der Konstruktion gestellt - man konnte ja nie wissen. Sich freiwillig zum Basteln an den Torpedorampen zu melden, erschien ihm im Nachhinein für eine unsinnige Idee, aber auf einem Sternenschiff, das die meiste Zeit reglos im Orbit irgendeines Asteroiden, eines toten Planeten oder eines Gasriesen verharrte, war für einen Steuermann nicht viel zu tun. Wie jeder junge Ensign wollte auch Stanley möglichst schnell die Lieutenantstreifen ernten,
und dafür benötigte man "E&E", Erfahrung und Empfehlung. Lieutenant Baxter war zwar von seinem Hilfsangebot nicht wirklich erfreut gewesen, hatte dann aber doch auf die zusätzlichen Hände nicht verzichten wollen. Alles lief gut, bis Sie den Fehler letztendlich gefunden hatten, aber nicht korrigieren
konnten. Jedenfalls nicht mit Bordmitteln. Die überaus hübsche, aber auch überaus resolute Waffenoffizierin war einen Schritt nach hinten getreten und trat mit voller Wucht gegen die Verkleidung des Computerzugangs. Dann setzte Sie sich auf die kleine Treppe, die auf die Gallerie oberhalb der Rampen
führte, und vergrub Ihr Gesicht in den Händen. Stanley war sich nicht ganz sicher, ob nun bei Ihr die Tränen flossen oder ob Sie sich gerade einen guten Plan zurechtlegte, ihn möglichst viel Schmerzen zu bereiten, um Ihr Gemüt zu kühlen. Er seufzte vernehmlich, raffte seinen ganzen Mut zusammen und ging zu Ihr rüber.
"Lieutenant, ist alles in Ordnung?" Keine Antwort. "Ma´am?" Endlich sah Alicia hoch, das Gesicht feuerrot und die Hände bleich wie Schnee. Da war jemand wirklich, wirklich sauer. Mit einer fahrigen Handbewegung wischte Sie seine Befürchtungen beiseite. "Lass gut sein Stanley, Du kannst ja nichts dafür. Aber dieser Haufen Schrott ..." sie war einen Tricorder nach dem bulligen Ende der Rampe, der danach mit lautem Scheppern zu Boden fiel, "... sollte mich eigentlich bis zum nächsten Raumdock vor dem Langeweiletot
bewahren. Kann ich ahnen dass das Ding sowas von hinüber ist, das ich gar nichts ausrichten kann? Ach verdammt ..."
Der Computer piepte kurz. In der zwar sehr breiten, aber kaum mannshohen Halle, in der die Lademechaniken der Torpedorohre mündeten, ertönte die ewig gleiche Stimme des Computers, der in seiner völlig harmlosen, fast schon desinteressierten Modulation die vorhin angeforderten Statusberichte der automatischen Diagnose preisgab.
"Ebene Drei Diagnose abgeschlossen. Fehler im Subprozessor Vier Drei Eins Sieben Gamma. Fehler im Subprozessor Vier Drei Eins Sieben Delta. Achtung: Fehler in der Ladesteuerung. Torpedorohre Eins bis Drei werden abgeschaltet."
Alicia antwortete dem Computer mit einem langgezogenen, völlig resignierenden Seufzer. Stanley hatte sich inzwischen vor die Offizierin hingehockt und versuchte ein zaghaftes grinsen. "Es tut mir Leid Lieutenant, vielleicht können wir ..." Er wurde jäh unterbrochen, als das charakteristische Pfeiffen der Rundumsprechanlage ertönte. Die beiden Offiziere schauten verwundert an die Decke, eine alte angewohnheit aus der Zeit, in der Lautsprecher noch standartmäßig unter die Decke gebaut wurden, um einen ganzen Raum zu beschallen. Inzwischen kamen die Nachrichten sowohl aus den einzelnen Konsolen direkt, als auch aus Ihren Kommunikatoren.
"Hier spricht Lieutenant Commander Wellington. Alle Führungsoffiziere sofort auf der Brücke melden. Ich wiederhole, alle Führungsoffiziere sofort auf der Brücke melden!" Dann schwieg das Interkom wieder. Stanley senkte seinen Blick wieder und schaute Alicia fragend an. "Wusste gar nicht, dass das
Schiff den Rundrufton kann ..." Sie stand auf, packte den jungen Steuermann am Arm und führte Ihn halb belustigt, halb die Vorgesetzte vor sich her aus dem kleinen Raum hinaus zum Turbolift.
Die NX-1031 ist ein Schiff der Constitution Refit Klasse, also ein Schwesterschiff der 1701-A, zeitlich ist diese Geschichte aber in der "Neuzeit" angesiedelt.
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"Computerlogbuch der NX-1031, kommandierender Offizier Lieutenant Commander Thomas Wellington. Wir befinden im Sektor Null Drei Fünf und versuchen, uns trotz des bevorstehenden Tests der AM-7 Sensoreneinheit von der Langeweile und Eintönigkeit eines NX Fluges abzulenken. Die einzigen, denen es auf diesem Flug nicht langweilig wird, sind die Offiziere und die Crew der technischen Abteilung, die teils aus Dienstpflicht aber auch teils aus Interesse jede Minute im Maschinenraum und den angrenzenden Versuchsdecks der 1031 verbringen. Für den Rest der Besatzung wird dieser Auftrag mehr und mehr zu einer Geduldsprobe ..."
Lieutenant Commander Wellington saß an einem der kleinen Tische im hinteren Teil der Offiziersmesse. Aus der angrenzenden Küche krochen recht angenehme Gerüche in seine Nase, der Koch bereitete gerade das Mittagessen für die einhundertzwanzig Mann starke Testcrew der NX-1031 vor. Mit einem freundlichen Kopfnicken stellte ihm der Steward eine dampfende Tasse Kaffee auf den Tisch und räumte das benutzte Besteck ab. Als er wieder alleine war, nahm er sein Aufzeichnungsgerät wieder in die Hand und setzte seinen Logbucheintrag fort.
"Die NX-1031 ist ein beeindruckendes Schiff. Weniger durch seine Ausmaße oder seine technische Beschaffenheit, sondern durch den Ursprung seiner Entstehung erinnert sie mich immer wieder an die guten alten Zeiten, als einem Raumschiffkommandant das Denken und Handeln noch nicht durch einen
Computer abgenommen wurde. Nach dem Durcheinander des Dominionkrieges und den darauf folgenden politischen und diplomatischen Unruhen um das Romulanische Reich beschloss die Sternenflotte, durch Wiederaufbau von ausgemusterten Schiffen Ihre volle Flottenstärke wiederzuerlangen. Die NX-1031 wurde sozusagen auf dem Schiffsfriedhof im Tertian Sektor geboren und besteht eigentlich aus Teilen von drei unterschiedlichen Schiffen. Dasbeste von drei Constitutionklassen wurde aneinandergeschweisst, wieder flott gemacht und als Testhülle für die verschiedensten Erfindungen von Starfleet Operations benutzt. Aber nicht nur die NX-1031 entstand auf diese Weise. Das Zentralkommando der Sternenflotte hatte aus mehr als Fünfhundert ausgemusterten Schiffswracks wieder Zweihundert intakte Schiffe gebaut - ein technisches Unterfangen und eine logistische Meisterleistung, die Ihresgleichen sucht ..."
Die Messe hatte sich gefüllt, die zweite Schicht der Versuchstechniker hatte Ihre verdiente Mittagspause angetreten und ungefähr zwei Dutzend verschwitzte Crewmen standen an der langen Theke der Essensausgabe. Der Koch nutzte seine momentane Situation in vollen Zügen aus und lies die Techniker so lange warte, bis er aus dutzenden flehenden Kehlen die Bitte nach einer warmen Mahlzeit vernahm. Lachend öffnete er das kleine Rolltor über der Theke und begann mit dem Verteilen des Eintopfes.
"Die Wechselfälle der Nachkriegszeit, die zum Einsatz dieses Schiffes geführt haben, haben auch mich zum kommandierenden Offizier gemacht. Ich und meine Crew dienen an der sogenannten Heimatfront, also im großen und ganzen ungefährlicher Dienst, Büroarbeiten, Testflüge und jeden Tag auf´s Neue Hoffnung auf einen Einsatz und das Bekämpfen der Langeweile, die uns träge und müde macht. Ich kann die Eingaben an die Sternenflotten nicht mehr zählen, mir und meinen Offizieren ein "echtes" Kommando zu übertragen. Aber wie jedesmal wurden wir mit der "Wichtigkeit unserer momentanen Aufgabe" vertröstet. Wir erledigen die Arbeit von Kadetten, während Kadetten an den Grenzen der Föderation jeden Tag in Raumkämpfe, Gefechten mit klingonischen oder romulanischen Splittergruppen und aussergewöhnlichen Entdeckungen verwickelt werden ..."
Lieutenant Commander Wellington trank den Rest seines Kaffees in einem Zug aus und stellte den inzwischen kalten Becher auf den Tisch. Zwei Tische neben ihm hörte er das aufgeregte Murmeln der verschiedensten Unterhaltungen. Alles in Allem herrschte auf der NX-1031 eine recht ausgelassene Stimmung - dies lag unter anderem daran, dass Starfleet Operations den Technikern, die an der Realisierung der verschiedenen Projekte beteiligt waren, große Freiheiten in Ihrem täglichen Dienst einräumte. Zufriedenes Personal arbeitet besser.
Inzwischen war der leitende Ingenieure der NX-1031, Lieutenant Nicholas Whitford, an seinen Tisch getreten und hatte sich nach einem fragenden Blick und einem bestätigenden Kopfnicken hingesetzt. Vor sich dampfte ein Teller Eintopf, und als er das Besteck aus der Serviette entfaltete, schaute er halb gelangweilt, halb belustigt auf den Stapel Aufzeichnungsgeräte, die in der Mitte des Tisches lagen.
"Viel zu tun?" Lieutenant Commander Wellington streckte seine Schultern, gähnte herzhaft und lehnte sich gemütlich in den Sessel. "Nicht wirklich, das übliche. Ein halbes Dutzend Berichte für das Kommando, ein paar Beurteilungen für die Akademie und den Schichtplan für die kommende Woche. Es gibt interessanteres ..." Nicholas nickte zustimmend, schluckte ein Stück Brot herunter und nippte an seinem Kaffee. Genau wie der "Captain", sein kommandierender Offizier Lieutenant Commander Wellington, war er auf diesem Schiff prinzipiell arbeitslos, denn den Großteil der Arbeiten übernahmen gezwungenermaßen die Techniker von Starfleet Operations. Ihm selbst als "Chefingenieur" und Erster Offizier der NX-1031 blieben mehr oder
weniger nur administrative Aufgaben - und das Vorrecht hier und dort einmal selbst Hand anzulegen. Aber diese Gelegenheiten boten sich nur selten. Es gab sogar Bereiche des Schiffes, die nicht mal er betreten durfte. Da wurde dann an den Geheimprojekten gearbeitet - und diese Geheimniskrämerei war nicht nur dem Lieutenant ein Dorn im Auge. Man fühlte sich wie ein blinder Passagier auf seinem eigenen Schiff. Obwohl, oder gerade weil die NX-1031 aus gerade noch verwertbaren Teilen drei anderer Schiffe der Constitution
Klasse bestand, verbanden die Führungsoffiziere eine beinahe freundschaftliche und familiäre Bindung an "die Kleine", wie der Raumer von Ihnen oft genannt wurde. Es war ein Durcheinander, welches sich vom
einfachen Einteilen der Schichtplänge bis hin zu Zugangsberechtigungen höchster Ebene durchzog. Das Schiff war zu einem Labyrinth geworden, in dem sich wohl nicht einmal mehr der Konstrukteur der NX-1031 zurechtfinden
würde.
Tom, der "Captain", stützte sich mit seinen Ellenbogen auf den Tisch ab und bot seinem Ersten Offizier eine exotische Süßigkeit von Betazed an, die dieser dankend entgegennahm und sich breit grinsend in den Mund steckte. "Ich weiss nicht, wie lange das noch so weitergehen soll. Manchmal befürchte ich, dass das Kommand vergessen hat, dass hier zwar alle technischen Spielereien ausgewechselt werden, sobald wir von einem Testflug wieder daheim sind, aber nicht die Mannschaft oder die Offiziere. Wir werden hier noch einrosten, ich sehe es vor mir. Im Grenzland wird die Zukunft der Föderation entschieden, und wir sorgen dafür dass irgendwelche dubiosen Sensoren ein verwackeltes Bild von ebendso dubiosen Gasriesen aufnehmen. Das kann doch nicht alle gewesen sein, oder? Nick, ich bin Vierunddreißig, ich will ja gar nicht befördert werden, aber, verdammtnochmal, versetzt mich auf ein richtiges Schiff und nicht auf so einem Seelenverkäufer ..."
Der Erste Offizier der NX-1031 nahm noch einen Schluck Kaffee, um die klebrige Süße aus seinem Mund loszuwerden. Er grinste immer noch, nicht zuletzt weil er und der "Captain" dieses Gespräch beinahe jeden Wochenanfang führten. Es war zu einem "Sport" geworden, sich über die momentane Lage zu beschweren, und eigentlich wäre er jetzt an der Reihe gewesen, die Aussage seines Freundes zu bekräftigen und noch eine eigene Leidensgeschichte obenauf zu setzen. Aber diesmal sparte er sich die Schimpftirade auf die Sternenflotte, und zog aus seiner Hosentasche ein kleines PADD hervor. Er gab es Tom und beugte sich verschwörerisch vor.
"Das kam gerade frisch rein, es ist zwar nicht die Welt, aber immerhin. Doktor Munro von Starfleet Medical Research hat uns gebeten ihn von Aussenposten 431 abzuholen und in die Forschungsstation im Mutarasektor zu bringen. Dauert zwar höchstens ein paar Tage, aber wir können dem Einheitstrott mal entfliehen. Na, was hälst Du davon?"
Tom hatte sich das kurze Communiqué der Sternenflotte angeschaut und blinzelte verwundert. Das kam wirklich überraschend, zumal die NX gerade in der "heißen Phase" eines Experimentes mit den neuen Strukturschilden war. Wenn Sie den Auftrag annehmen, würde noch einiges an Diskussionen mit den
Versuchsleitern auf Ihn zukommen. Aber, wenn er es sich das recht überlegte, war ihm das die Sache wert. Er stand auf, straffte seine schwarz-graue Uniform und legte seine Hand freundschaftlich auf Nick´s Schulter. "Na dann Lieutenant, auf Ihren Posten!"
Nick lachte fröhlich, stand ebendfalls auf und deutete ein Salutieren an. "Aye Sir!" In freudiger Erwartung gingen beide zum Turbolift.
Lieutenant Alicia Baxter, seit sechs Monaten als Taktische Offizierin und Sicherheitschefin auf der NX-1031 stationiert, stand mit Ensign Stanley Thompson, dem Steuermann des Schiffes, vor der großen Torpedorampe. Sie hatten den Auswurfmechanismus komplett freigelegt und arbeiteten sich durch
millimeterdünne Daten- und Energieleitungen zum eigentlichen Problem durch: Dem kleinen Computer im Kern der Anlage, der völlig autonom die Lade- und Abschussvorrichtung der Torpedowerfer steuerte. Wie Sie in einer der letzten Simulationen festgestellt hatten, arbeitete der kleine Subprozessor nicht synchron zur Steuerung der Hauptbrücke, so dass ein sicheres Abfeuern von Photonenladungen nicht mehr möglich war. Die durchtrainierte Offizierin wischte sich Ihr dunkelbraunes und von verführerischen Locken durchzogenes
Haar aus dem Gesicht, schmiss Ihr Werkzeug in die Ecke und schnaufte wütend.
Der junge Ensign hatte sich sicherheitshalber auf die andere Seite der Konstruktion gestellt - man konnte ja nie wissen. Sich freiwillig zum Basteln an den Torpedorampen zu melden, erschien ihm im Nachhinein für eine unsinnige Idee, aber auf einem Sternenschiff, das die meiste Zeit reglos im Orbit irgendeines Asteroiden, eines toten Planeten oder eines Gasriesen verharrte, war für einen Steuermann nicht viel zu tun. Wie jeder junge Ensign wollte auch Stanley möglichst schnell die Lieutenantstreifen ernten,
und dafür benötigte man "E&E", Erfahrung und Empfehlung. Lieutenant Baxter war zwar von seinem Hilfsangebot nicht wirklich erfreut gewesen, hatte dann aber doch auf die zusätzlichen Hände nicht verzichten wollen. Alles lief gut, bis Sie den Fehler letztendlich gefunden hatten, aber nicht korrigieren
konnten. Jedenfalls nicht mit Bordmitteln. Die überaus hübsche, aber auch überaus resolute Waffenoffizierin war einen Schritt nach hinten getreten und trat mit voller Wucht gegen die Verkleidung des Computerzugangs. Dann setzte Sie sich auf die kleine Treppe, die auf die Gallerie oberhalb der Rampen
führte, und vergrub Ihr Gesicht in den Händen. Stanley war sich nicht ganz sicher, ob nun bei Ihr die Tränen flossen oder ob Sie sich gerade einen guten Plan zurechtlegte, ihn möglichst viel Schmerzen zu bereiten, um Ihr Gemüt zu kühlen. Er seufzte vernehmlich, raffte seinen ganzen Mut zusammen und ging zu Ihr rüber.
"Lieutenant, ist alles in Ordnung?" Keine Antwort. "Ma´am?" Endlich sah Alicia hoch, das Gesicht feuerrot und die Hände bleich wie Schnee. Da war jemand wirklich, wirklich sauer. Mit einer fahrigen Handbewegung wischte Sie seine Befürchtungen beiseite. "Lass gut sein Stanley, Du kannst ja nichts dafür. Aber dieser Haufen Schrott ..." sie war einen Tricorder nach dem bulligen Ende der Rampe, der danach mit lautem Scheppern zu Boden fiel, "... sollte mich eigentlich bis zum nächsten Raumdock vor dem Langeweiletot
bewahren. Kann ich ahnen dass das Ding sowas von hinüber ist, das ich gar nichts ausrichten kann? Ach verdammt ..."
Der Computer piepte kurz. In der zwar sehr breiten, aber kaum mannshohen Halle, in der die Lademechaniken der Torpedorohre mündeten, ertönte die ewig gleiche Stimme des Computers, der in seiner völlig harmlosen, fast schon desinteressierten Modulation die vorhin angeforderten Statusberichte der automatischen Diagnose preisgab.
"Ebene Drei Diagnose abgeschlossen. Fehler im Subprozessor Vier Drei Eins Sieben Gamma. Fehler im Subprozessor Vier Drei Eins Sieben Delta. Achtung: Fehler in der Ladesteuerung. Torpedorohre Eins bis Drei werden abgeschaltet."
Alicia antwortete dem Computer mit einem langgezogenen, völlig resignierenden Seufzer. Stanley hatte sich inzwischen vor die Offizierin hingehockt und versuchte ein zaghaftes grinsen. "Es tut mir Leid Lieutenant, vielleicht können wir ..." Er wurde jäh unterbrochen, als das charakteristische Pfeiffen der Rundumsprechanlage ertönte. Die beiden Offiziere schauten verwundert an die Decke, eine alte angewohnheit aus der Zeit, in der Lautsprecher noch standartmäßig unter die Decke gebaut wurden, um einen ganzen Raum zu beschallen. Inzwischen kamen die Nachrichten sowohl aus den einzelnen Konsolen direkt, als auch aus Ihren Kommunikatoren.
"Hier spricht Lieutenant Commander Wellington. Alle Führungsoffiziere sofort auf der Brücke melden. Ich wiederhole, alle Führungsoffiziere sofort auf der Brücke melden!" Dann schwieg das Interkom wieder. Stanley senkte seinen Blick wieder und schaute Alicia fragend an. "Wusste gar nicht, dass das
Schiff den Rundrufton kann ..." Sie stand auf, packte den jungen Steuermann am Arm und führte Ihn halb belustigt, halb die Vorgesetzte vor sich her aus dem kleinen Raum hinaus zum Turbolift.