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    Gullivers Reisen

    Da dieses herausragende Buch hier bisher leider noch keinen eignen Thread hatte, sah ich mich genötigt, diesen hier zu eröffnen.
    Jonathan Swifts "Gullivers Reisen" (der Originaltitel ist weitaus sperriger) ist ein satirischer, phantastischer Roman, der die 4 Reisen des (fiktiven) Romanhelden Lemuel Gulliver beschreibt. Dabei wird nicht nur die englische Regierung dieser Zeit kritisiert, sondern auch das Hygieneverhalten des frühen 18. Jahrhunderts, die Staats- und Gesellschaftsformen dieser Zeit, die Wissenschaft, die Justiz und sogar die Geschichtsschreibung.

    Die letzte Reise überspannt dann mit der Geschichte von Yahoos und Houyhnhnms den Bogen etwas, weswegen Swift den Ruf eines Misanthropen erhalten hat (wobei Swift auch schon zuvor heftige Satire geliefert hatte).
    Das Werk ist voller Anspielungen und hat sogar die politische Literatur jener Zeit sehr geprägt, die unter dem Druck der Zensur oft auf "verdeckende" Begriffe aus diesem Werk zurück griff, um tatsächliche Ereignisse zu beschreiben.

    Dennoch ist das Buch auch heute noch sehr interessant. In diesem Thread soll über das Buch und seine Interpretation gesprochen werden.
    "Unterdrücke nie mit Gewalt Überzeugungen, die du für verderblich hälst, sonst unterdrücken diese Überzeugungen dich. " - B. Russell, 10 Gebote eines Liberalen.

    #2
    Leider ist das Buch durch vereinfachende und gekürzte Übersetzungen und Verfilmungen vor allem als Kinderbuch bekannt.

    Ich kannte auch nur den zumindest Dank Ray Harryhausen tricktechnisch sehr guten Film "Herr der drei Welten" und hatte außerdem eine Kinderbuchausgabe, die wie üblich nur die ersten beiden Reisen enthielt.

    Zum Glück brachte der Insel-Verlag 1974 eine vollständige Taschenbuchausgabe heraus, die mit zahlreichen ausführlichen Anmerkungen dabei hilft, die vielen zeitgenössischen Anspielungen und Seitenhiebe zu verstehen.

    1996 gab es noch eine ganz gute zweiteilige TV-Verfilmung.

    Wer nur das Kinderbuch kennt, sollte sich mal die Insel-TB-Ausgabe zulegen und wird sein blaues Wunder erleben.
    "Die Wahrheit ist so schockierend, die kann man niemandem mehr zumuten." (Erwin Pelzig)

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      #3
      Ich selbst habe nur eine unkommentierte Ausgabe gelesen, aber die Scherze und Seitenhiebe im Buch kann man sich auch erschließen, wenn man sich etwas mit der Zeitgenössischen Lage, oder den sonstigen Schriften (besonders die tagespolitischen sind gut) von Swift befasst.

      Das Buch ist auf jeden Fall mehr als ein Kinderbuch.
      "Unterdrücke nie mit Gewalt Überzeugungen, die du für verderblich hälst, sonst unterdrücken diese Überzeugungen dich. " - B. Russell, 10 Gebote eines Liberalen.

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        #4
        Zitat von DragoMuseveni Beitrag anzeigen
        Die letzte Reise überspannt dann mit der Geschichte von Yahoos und Houyhnhnms den Bogen etwas, weswegen Swift den Ruf eines Misanthropen erhalten hat
        Eh, was heißt hier überspannen? Meiner Meinung nach ist das die beste der Geschichten... und Misanthrop... das ist Ansichtssache. Gerade bei den Verfilmungen, wenn sie überhaupt bis zur vierten Reise kommen und die nicht einfach auslassen, weil sie so unangenehm ist, nimmt natürlich den offensichtlichen Weg, und interpretiert die Pferde als die besseren Menschen, die nicht mal wissen was "Krieg" bedeutet. Aber einer meiner Professoren hat mal ziemlich schlüssig dargelegt, dass die Houyhnhnms eben nicht besser als die Menschen sind und wie unheimlich doch Parallelen zu den Nazis Jahrhunderte später sind, inklusive einer "Endlösung" für die barbarischen Yahoos (ist für mich auch irgendwie schlüssiger, dass es hier wie bei der dritten Reise um Kritik an übermäßiger Rationalität ging (die Pferde), und nicht um das Böse und Barbarische im Menschen an sich (Yahoo). Man muss ja nur die Zeit bedenken, in der Swift gelebt hat) ... und komischerweise wird diese Position wohl vor allem von Deutschen Literaturwissenschaftlern vertreten.
        Los, Zauberpony!
        "Bin solch erzgutes Geschöpf und habe nun schon drei Menschen ermordet! Und unter den dreien zwei Priester."

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          #5
          Zitat von Moogie Beitrag anzeigen
          Aber einer meiner Professoren hat mal ziemlich schlüssig dargelegt, dass die Houyhnhnms eben nicht besser als die Menschen sind und wie unheimlich doch Parallelen zu den Nazis Jahrhunderte später sind, inklusive einer "Endlösung" für die barbarischen Yahoos (ist für mich auch irgendwie schlüssiger, dass es hier wie bei der dritten Reise um Kritik an übermäßiger Rationalität ging (die Pferde), und nicht um das Böse und Barbarische im Menschen an sich (Yahoo). Man muss ja nur die Zeit bedenken, in der Swift gelebt hat) ... und komischerweise wird diese Position wohl vor allem von Deutschen Literaturwissenschaftlern vertreten.
          Diese Position vertrat auch George Orwell in einem Essay über Gullivers Reisen, nur unterstellt er, dass Swift dabei auf Seiten der Houyhnhnms (ich muss den Namen immer wieder reinkopieren) steht. Man muss zumindest zugeben, dass der Verfasser (also Gulliver) eindeutig für die Houyhnhnms Stellung bezieht.
          Natürlich kann man das dann auch als Kritik am übermäßigen Rationalismus sehen. Fragt sich nur, auf welcher Seite Swift stand und wie gesagt, deutliche Übertreibung findet sich öfter bei ihn.
          Kritik am Rationalismus oder der Wissenschaft seiner Zeit wird jedenfalls auch schon währen der 3. Reise geübt, besonders bei Laputa und den Projekteuren. Die Houyhnhnms aber treiben keine Wissenschaft, sie lernen sogar erst von Gulliver.

          @Verfilmung:
          Die Verfilmungen legen oft andere Schwerpunkte als das Buch. Das ist auch völlig legitim.
          "Unterdrücke nie mit Gewalt Überzeugungen, die du für verderblich hälst, sonst unterdrücken diese Überzeugungen dich. " - B. Russell, 10 Gebote eines Liberalen.

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